Kohlenhydrate/Saccharide:
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Kohlenhydrate/Saccharide:
Kohlenhydrate/Saccharide: Kohlenhydrate sind Polyhydroxyaldehyde oder -ketone, die aus der pflanzlichen Photosynthese [CO2 + H2O --> CH2O + O2] stammen. Der Name "Hydrat des Kohlenstoffs" [SCHMIDT, 1844] bezog sich ursprünglich auf Verbindungen der Zusammensetzung Cn(H2O)n, das heute für viele Kohlenhydrate, wie z.B. Desoxyzucker, Aminozucker und Pseudozucker jedoch nicht mehr zutrifft; weiterhin gibt es Substanzen die der allgemeinen Summenformel entsprechen, jedoch keine Zucker sind (Milchsäure, Essigsäure,…). Die Einteilung der Kohlenhydrate erfolgt nach der Zahl der Bausteine: • • • Monosaccharide [griechisch saccharon = Zucker], die aus einer Zuckereinheit bestehen, wie z.B. Glucose, Fructose, Ribose, etc. Monosaccharide kommen in freier Form kaum in der Natur vor, man findet sie hauptsächlich in Form von Oligo- und Polysacchariden und in Verbindung mit anderen Naturstoffen, z.B. als Glykoside, Glykolipide und Glykoproteine. Oligosaccharide sind Kondensationsprodukte aus 2 bis etwa 9 Monosaccharideinheiten, zu ihnen zählen Disaccharide, wie z.B. Saccharose, Maltose, etc., Trisaccharide wie die Raffinose, Tetrasaccharide, usw. Polysaccharide sind hochmolekulare Stoffe und bestehen aus bis über 1.000 Monosaccharideinheiten. Homopolysaccharide sind aus einem einzigen Zuckermonomeren aufgebaut; Heteropolysaccharide bestehen aus verschiedenen Zuckern Glycerinaldehyd gilt als Bezugssubstanz. Auf dessen Chiralitätszentrum wird das asymmetrische Kohlenstoffatom C-5 der Glucose bezogen. Dem rechtsdrehenden (+)-Enantiomer des Glyceraldehyds wurde die perspektivische Formel, bei der die OH-Gruppe am Chiralitätszentrum auf der rechten Seite der Hauptkette liegt, willkürlich zugeordnet und als D-Glyceraldehyd bezeichnet. Mit der später entwickelten (R/S)-Konvention des CIP-Systems ergibt sich für D-(+)-Glyceraldehyd die absolute Konfiguration (R) und für L-(-)-Glyceraldehyd die (S)-Konfiguration. In der FISCHER-Projektion wird das Monosaccharid so gezeichnet, daß die C-C-Bindungen der Kette hinter die Zeichenebene zeigen, während die rechts und links angeordneten Substituenten vor der Zeichenebene liegen. Das Atom mit der höchsten Oxidationsstufe steht oben. Die Zuordnung zur D-Reihe [dexter = rechts] oder L-Reihe [laevus = links] richtet sich nach der Stellung der sekundären Hydroxygruppe, die am weitesten von der Carbonylfunktion (höchste Positionsnummer) entfernt ist. Steht diese in der Projektion nach rechts und besitzt damit die gleiche Konfiguration wie der D-(+)-Glycerinaldehyd, so zählt man die Verbindung zur D-Reihe, steht sie nach links, entspricht sie der L-Reihe. 1 O H Aldoses OH Ketoses OH OH O O H H OH OH HO H OH D-Erythrose HO H H O H OH OH OH H HO H OH H OH OH O OH OH OH OH HO H H H OH H HO H H OH O H H OH HO HO H OH OH OH H OH OH H H OH O OH OH H H OH O H OH HO H O H H OH OH OH D-Ribulose O HO HO H H OH OH D-Lyxose OH D-Allose D-Altrose D-Glucose OH OH O H OH OH OH O OH H OH H HO H O HO HO H OH D-Ribose D-Arabinose D-Xylose O OH D-Psicose D-Fructose D-Sorbose D-Tagatose O OH OH OH OH O H OH OH HO H H OH D-Threose O H H H H O OH OH OH H H H H OH OH H H H D-Glycerinaldehyd OH H H HO H O OH OH H OH OH HO H HO H D-Xylulose O H HO HO H H OH H OH OH OH D-M annose D-Gulose D-Idose O OH H H OH HO HO HO H H H H OH OH OH D-Galactose D-Talose Monosaccharide zeigen zwar typische Carbonylreaktionen, die C=O-Bande im IR-Spektrum besitzt aber nur geringe Intensität, und bei Behandlung mit CH3OH/HCl entstehen zwei Derivate. Die Ursache dafür ist die Ausbildung einer cyclischen Halbacetalform. Dadurch entsteht ein neues Chiralitätszentrum und entsprechend zwei Diastereomere, welche man als Anomere bezeichnet. Fischerprojektion O H HO OH H H OH H OH Fischerprojektion, Halbacetal H HO H H H OH H O OH OH Steroprojektion HO O OH OH e OH OH O HO HO HO Haworth-Form Sessel O OHOH e OH a OH HO OH OH CH2OH OH O H OH H OH H OH OH H H H H H OH OH OH O OH H O OH e HO OH OH O O HO HO a OH e OH HO OH OH OH a Die neu gebildete Halbacetal-Hydroxygruppe wird als anomere oder glykosidische OHGruppe, die beiden diastereomeren Formen als Anomere bezeichnet. 2 Die Verbindung, bei der in der FISCHER-Projektion die anomere OH-Gruppe die gleiche Konfiguration besitzt wie die für die Zuordnung zur D- und L-Reihe herangezogene Hydroxygruppe, wird als α-Anomer (rechts), die andere als β-Anomer (links) bezeichnet. Sechsring-Halbacetale, die durch intramolekulare Cyclisierung der C-5-Hydroxygruppe einer Aldose entstehen, werden als Pyranosen bezeichnet, Zucker in der FünfringHalbacetalform werden Furanosen genannt. Kristallin liegen Zucker ausschließlich als Halbacetale vor, in wäßriger Lösung stehen die cyclischen Formen der Monosaccharide über die offene Form miteinander im Gleichgewicht. Als Epimere bezeichnet man zwei Zucker die sich in der absoluten Konfiguration nur eines Kohlenstoffatoms unterscheiden (Glucose–Mannose:C-2; Glucose–Galactose:C-4) HO O O OH OH OH HO CHO H OH HO H H OH CH2 OH OH O OH OH OH OH α-D-Xylofuranose HO O HO HO OH α-D-Xylopyranose O OH O HO HO OH OH HO OH OH OH β-D-Xylofuranose β-D-Xylopyranose HO OH OH OH O HO HO OH O Energetisch um ca. 25 KJ/mol höher OH OH HO OH 1 C4 4 C1 Die isomeren Sesselformen der den HAWORTH-Projektionen entsprechenden Darstellung der "Sesselkonformationen" der Pyranosen werden durch die Deskriptoren 1C4 und 4C1 spezifiziert, C steht für chair, die Ziffern geben an, welches der beiden Ring-Atome (C-1 bzw. C-4) oberhalb bzw. unterhalb der Ringebene angeordnet ist. O O 1 C4 O O O 4 C1 1,4 B O B1,4 5 S0 0 H5 Prinzipiell treten auch andere Konformationen auf (B: boat, H: half chair, S: skew), die jedoch energetisch wesentlich höher liegen und (fast) keine Rolle spielen. Daher ist die 4C1Konformation der Glucose die einzige im NMR-Spektrometer beobachtbare. 3 Mutarotation: Bei einer frisch zubereiteten wässrigen Zuckerlösung beobachtet man nach einiger Zeit eine Änderung des Drehwerts. Diese als Mutarotation bezeichnete Gleichgewichtseinstellung erfolgt durch Tautomerie zwischen offenkettiger Struktur und den ringförmigen Halbacetalformen, die dadurch eintretende Änderung der optischen Drehung kann polarimetrisch verfolgt werden. α-D-Glucose Gleichgewichtsgemisch αD = 112° αD = 52.7° β-D-Glucose αD = 19° Es überwiegt diejenige Sesselform, die die größte Häufung equatorialer Substituenten aufweist und die energetisch günstigste Konformation darstellt. Der bei Glucose gefundene Endwert von 52.7° entspricht 36 % α- und 63 % β-Form, < 1 % sind offenkettige und furanoside Formen. Der (höher als erwartete) Anteil von 36% des energetisch ungünstigen α-Anomer mit axialem C-1-Substituenten wird mit dem anomeren Effekt erklärt. Der freie Energieinhalt der Sesselform wird (vor allem) durch 1,3-diaxiale Wechselwirkungen bestimmt. Daher werden Hexopyranosen bevorzugt die Konformation einnehmen, in der möglichst wenig Substituenten axial stehen. Die β-Form der D-Glucose ist thermodynamisch stabiler als die α-Form, da sich alle sekundären Hydroxygruppen als auch die CH2-OH Gruppe in der bevorzugten äquatorialen Lage befinden. Anomerer Effekt: Dennoch bevorzugen elektronegative Gruppen wie Alkoxy-, Acyloxygruppen oder Halogen die axiale Position. Dieser stereoelektronische Effekt wird anomerer Effekt genannt und nimmt mit der Reihe: Br > Cl > OCOPh > OCOCH3 > OCH3 > SR > OH > NH2 > COOCH3 ab. Hervorgerufen wird der anomere Effekt durch elektrostatische Wechselwirkungen. Eine elektronegative Gruppe in 1-Position wird durch elektrostatische Abstoßung der freien Elektronen mit dem benachbarten Ringsauerstoff in die axiale Position gedrängt. Im Falle des β-Anomeren addieren (ungünstig) sich die Dipoleffekte während sie sich beim α-Anomeren teilweise aufheben (günstiger). Wegen der Solvatation in wässriger Lösung überwiegt die energetisch günstigere β Form. (Bei langsamer Kristallisation wasserfreier Glucose bildet sich jedoch ausschließlich die α-Form.) 4 Reaktionen der Zucker: Reduktion: Die Reduktion der Carbonylgruppe von Monosacchariden mit NaBH4, Natriumamalgam oder durch katalytische Hydrierung führt zu Zuckeralkoholen [Alditole]. Da aus unterschiedlichen Aldosen sowie Ketosen der gleiche Alkohol entstehen kann, verringert sich gegenüber den Zuckern die Anzahl der möglichen Stereoisomeren der Alditole. D-Glucit [Glucitol, D-Sorbit, Sorbitol] entsteht sowohl aus D-Glucose wie aus L-Gulose. Außerdem erhält man ihn neben D-Mannit [Mannitol], dem Reduktionsprodukt von D-Mannose, durch Reduktion von D-Fructose. Sorbit ist in den Früchten der Vogelbeere [Sorbus aucuparia] enthalten, wird technisch durch Reduktion von D-Glucose hergestellt und dient als Zuckerersatz und als Ausgangsverbindung bei der Vitamin-C-Synthese! OH O H HO H H OH H OH OH H HO H H OH H OH OH OH H HO H H OH H OH OH OH OH O D-Glucose D-Sorbit L-Gulose OH HO H H O H OH OH OH D-Fructose O HO HO H H H H OH OH OH D-Mannit Oxidation: Die wichtigsten Oxidationsprodukte sind die durch Oxidation entstehenden Aldonsäuren (nur Aldehydfunktion oxidiert), Aldarsäuren/Zuckersäuren (Aldehydfunktion und primäre, terminale Hydroxygruppe) sowie die Uronsäuren (nur die primäre Hydroxygruppe). Aldonsäuren: Durch Oxidation mit milden Oxidationsmitteln wie Bromwasser, Jod oder verdünnte HNO3 erhält man die Aldonsäuren. Die Säuren gehen leicht in Lactone über, bei der Oxidation der Glucose entsteht aus dem Produkt Gluconsäure zuerst ein δ-Lacton, aus dem sich pH-abhängig das stabilere γ-Lacton bildet. Gegenüber den Halbacetalen und Glykosiden sind bei Lactonen aufgrund der Winkelaufweitung des sp2-Carbonylkohlenstoffs die γLactone (Fünfring) stabiler als die δ-Lactone (Sechsring). 5 Aldarsäuren: Stärkere Oxidationsmittel wie halbkonz. HNO3 oxidieren beide funktionellen Endgruppen der Aldosen unter der Bildung von Aldarsäure, auch Zuckersäuren genannt (D-Zuckersäure/DGlucarsäure aus D-Glucose, D-Mannozuckersäure/D-Mannarsäure aus D-Mannose) Uronsäuren: Bei der Oxidation von Aldosen zu Uronsäuren wird einzig die terminale, primäre Hydroxygruppe oxidiert. Dies ist nur nach vorangehendem Schutz der Carbonylfunktion bzw. der Halbacetal-OH-Gruppe möglich. Als Schutzgruppen kommen Glykoside, Acetate, Acetale und Ketale in Frage, zur Oxidation dient Distickstofftetroxid oder KMnO4. Osazonbildung: Monosaccharide bilden mit einem Äquivalent Phenylhydrazin die entsprechenden Phenylhydrazone. In schwach saurer Lösung reagieren Aldosen und Ketosen jedoch mit 3 Moläquivalenten Phenylhydrazin zu den kristallinen Osazonen, die zur Charakterisierung von Kohlenhydraten herangezogen wurden. Liefern zwei Aldosen das gleiche Osazon, handelt es sich um C-2-epimere Zucker. C 6H5 H5 C6 H N 1 2 HO 4 NH N N Chelatsruktur des Osazon abgeleitet von Glucose 3 OH 5 OH 6 OH (Es ist bis heute nicht restlos geklärt, warum Phenylhydrazin (als starkes Reduktionsmittel) sich durch die Waserstoffe der HCOH-Gruppe (C-2) leicht in Anilin und Ammoniak spalten lässt und warum die Hydroxygruppe am C-3 resistent gegen weitere Einwirkung von Phenylhydrazin ist.) 6 Osazone lassen sich durch Umsetzung mit Benzaldehyd leicht zu Osonen spalten. Deren Aldehydfunktion ist leichter reduzierbar als die Ketonfunktion, so dass Aldosen über ihre Osone in den entsprechenden Ketosen überführt werden können. In wässrigem alkalischen Milieu finden bereits bei Raumtemperatur Umlagerungen statt, die auf der Einstellung eines Tautomerie-Gleichgewichtes beruhen. Die basenkatalysierte Ketose-Aldose-Isomerisierung liefert als Zwischenprodukt ein Endiol, das sowohl die Entstehung von Epimeren als auch Isomeren (Aldose Ketose) bewirkt. Bei der Einwirkung von verdünntem Alkali auf D-Glucose stehen durch Epimerisierung 63,5% Glucose und 2,5% Mannose im Gleichgewicht, und durch Isomerisierung 31% Fructose (und 3 % andere Zucker wie z.B. Psicose). Mit verdünnten Mineralsäuren tritt bei Monosacchariden in wässriger Lösung Anomerisierung durch Umwandlung α-Zucker <-> β-Zucker ein. Stärkere Säuren bewirken Wasserabspaltung unter Bildung von Furanderivaten. Bei der Umsetzung von Pentosen entsteht Furfural [α-Furfurylaldehyd], Aldohexosen und Fructose ergeben 5Hydroxymethylfurfural. Die Synthese von Furfural durch säurekatalysierte Wasserabspaltung aus Pentosen, welche als Polysaccharide [Pentosane] in Haferspelzen, Mais, Schilf, Reis, Kleie, Erdnußschalen, usw. vorkommen, wird im technischen Maßstab durchgeführt. Durch Decarbonylierung mit Metalloxiden (400°C) wird Furan gewonnen. 7 Cyanhydrinsynthese nach KILIANI-FISCHER (Zuckeraufbau): Die klassische C5+C1-Verknüpfung zum Aufbau von Aldohexosen ist die Cyanhydrinsynthese nach KILIANI-FISCHER. Addition von HCN an Arabinose gibt ein Cyanhydrin, dessen neugebildetes Chiralitätszentrum C-2 racemisch ist. Durch Hydrolyse werden zwei diastereomere Carbonsäuren bzw. Lactone gebildet, deren anschließende Reduktion zu den Epimeren D-Glucose und D-Mannose führt. Statt eines 1:1-Gemisches der Diastereomeren wird dabei bevorzugt das Epimere gebildet, bei dem die Hydroxyle am C-2 und C-3 trans-ständig angeordnet sind (Mannose). (Dies ist nach der CRAM'schen Regel nicht zu erwarten, nach der der CN-Angriff von der sterisch weniger gehinderten Seite erfolgen sollte. Bevorzugtes Produkt sollte Glucose sein.) Zuckerabbau: Beim WOHL-Abbau [WOHL und ZEMPLEN] wird eine Aldose in die um ein C-Atom ärmere Aldose überführt. Dabei wird z.B. eine Hexose zunächst in ihr Oxim überführt, Acetylierung und Wasserabspaltung gibt ein Nitril, welches beim Behandeln mit NH3/AgO oder Natriummethanolat Blausäure abspaltet. Die Hydrolyse der Acetate führt zum verkürzten Zucker, das C-2-Atom des ursprünglichen Zuckers wird Träger der neuen Carbonylfunktion . Der WOHL-Abbau gibt die Möglichkeit, in Verbindung mit der Oxidation zu Aldarsäuren die vier möglichen Aldopentosen zu unterscheiden. Unterwirft man eine Aldopentose dem Wohlabbau und oxidiert die resultierende Aldotetrose zur entsprechenden Dicarbonsäure, so lässt sich aus deren optischer Aktivität bzw. Inaktivität die Konfiguration der ursprünglichen Aldopentose ableiten. 8 Der RUFF-Abbau einer D-Aldose verläuft über die entsprechende Aldonsäure, deren Calciumsalz mit H2O2 in Gegenwart von Eisen-III-acetat CO2 abspaltet und in die um ein CAtom kleinere Aldose übergeht. Ascorbinsäuresynthese: L-(+)-Ascorbinsäure, Vitamin C [(S)-Ascorbinsäure, (R)-5-[(S)-1,2-Dihydroxyethyl]-3,4dihydroxy-5H-furan-2-on] wurde erstmals aus Paprika, Kohl und Nebennieren in kristalliner Form gewonnen. Die Strukturaufklärung und erste Synthese erfolgte 1933 durch E.L. HIRST und W.N. HAWORTH. 9 Schutzgruppen: In Lösung liegen die Kohlenhydrate meist als cyclische furanoside bzw. pyranoside Halbacetale vor. Es kann daher zwischen 3 unterschiedlich reaktiven Hydroxygruppen unterschieden werden. primäre OH-Gruppe OH OH OH H O H H OH H glykosidische OH-Gruppe OH sekundäre OH-Gruppen Glykosidierung: Ersetzt man die glykosidische OH-Gruppe der cyclischen Halbacetalform von Aldosen oder Ketosen durch eine nucleophile Gruppe, so entstehen die als Glykoside bezeichnete gemischten Vollacetale. Die Zuckerkomponente wird als Glykon bezeichnet, der zuckerfremde Anteil als Aglykon. Zur Synthese von Glykosiden wird im allgemeinen die glykosidischen OH-Funktion gegen einen anderen Substituenten nucleophil ausgetauscht. Das nach Umsetzung mit Alkohol in Gegenwart von HCl nach SN1 entstehende Carbeniumion wird durch den Ringsauerstoff stabilisiert. Die Reaktion der DGlucose mit Methanol ergibt ein Gemisch der α/β-Anomeren von Methyl-D-glucopyranosid und Methyl-D-glucofuranosid. Bei der Bildung des Methylglykosids spielt aufgrund des Mechanismus der Anomere Effekt eine große Rolle, damit ist der hohe Anteil an αAnomer an Methylglucopyranosid zu erklären. Ester: Ester organischer Säuren haben als Ausgangsprodukte und Schutzgruppen für Zuckersynthesen Bedeutung. Acetylierung von D-Glucose mit Acetanhydrid gibt die gut kristallisierende 1,2,3,4,6-Penta-O-acetyl-b-Dglucopyranose, deren reaktionsfähige C-1Acetoxygruppe für Glykosidsynthesen Bedeutung besitzt. 10 Bei der Hydrolyse der Acetatreste wird die Konfiguration des C-Atoms, an dem die acetylierte OH-Gruppe steht nicht verändert. Die Abspaltung erfolgt durch Umesterung mit Alkoholat. Eine selektive Blockierung der primären OH-Funktion ist vor allem mit raumerfüllenden Schutzgruppen (Pivaloat und Benzoat) möglich, tiefe Temperaturen erlauben bei verschiedenen Monosacchariden eine selektive Acylierung von äquatorialen Hydroxygruppen vor axialen. Ether, Acetale, Ketale: Methylether von Monosacchariden entstehen durch Methylierung mit Dimethylsulfat oder Methyliodid und lassen sich meist nicht mehr spalten. Tritylether [Triphenylmethylether] Hydroxygruppen Bedeutung. besitzen als Schutzgruppen für primäre Benzylether zeichnen sich durch leichte Abspaltung des Benzylrestes durch katalytische Hydrierung aus. Silylether sind leicht herzustellen und können sauer wieder abgespalten werden. Die Stabilität der Silyl-Schutzgruppe hängt dabei von den Resten am Silizium ab. Durch räumlich anspruchsvolle Reste kann eine Regioselektivität erreicht werden. 11 Acetale/Ketale bilden sich sauerkatalysiert durch Umsetzung von freien Hydroxygruppen des Zuckers mit einer Carbonylverbindung (Keton, Aldehyd) oder deren Acetalen durch Umacetalisierung. Es wird jeweils die maximale Zahl von Hydroxygruppen acetalisiert, die Umwandlung der α- in die β-Form sowie der Ringwechsel von Pyranose zu Furanose ist zu berücksichtigen! Isopropylidenacetale werden meist zum Schutz von cis-1,2-Diolen benutzt. Mit Aceton reagiert D-Glucose zum 1,2,5,6-Diacetonid, D-Mannose bildet ein 2,3,5,6-Diacetonid, Galactose hingegen bildet ein pyranosides 1,2,3,4-Diacetonid. Benzylidenacetale werden hauptsächlich zum Schutz der 4,6-Position der Pyranosen benutzt. Mit Benzaldehyd reagiert Glucose zur 4,6-Benzylidengluco(pyrano)se. Ein Beispiel angewandter Schutzgruppentechnik, Oxidation und nucleophile Substitution zur Synthese von 3-Amino-3-eoxy-D-glucose. H3C H3C H3C CH3 O CH3 O O O O OH PCC O NaBH 4 O O CH3 OH O O CH3 O CH3 O OMs CH3 CH3 CH3 O MesCl, Py O O CH3 CH3 O O O O O O H3C CH3 CH3 NaN3, DMF H3C OH O O O NH2 OH 3-Deoxy-3-amido-D-glucose CH3 O O NH2 HO H3C CH3 H2 / Pd O O CH3 CH3 O O N3 O O CH3 CH3 12 Disaccharide, Oligosaccharide: Saccharose [Sukrose, Rohrzucker, Rübenzucker] ist das am häufigsten vorkommende Disaccharid überhaupt und aus vielen Pflanzen und Früchten isoliert worden. Den höchsten Saccharosegehalt weisen Zuchtformen des Zuckerrohrs [Saccharum officinarum, 14 - 20 %] und die Zuckerrübe [Beta vulgaris saccharifera, 16 20 %] auf. Saccharose ist über beide anomeren C-Atome der Zuckerbausteine Glucose und Fructose (1-2)-verknüpft, der Glucoserest besitzt α-, der Fructoserest β-Konfiguration. Die Röntgenstrukturanalyse zeigt, dass die Glucose in der pyranosiden, die Fructose in der furanosiden Form vorliegen. Der systematische Name lautet β -D-Fructofuranosyl-α α-D-glucopyranosid. Durch Erhitzen einer Lösung von Saccharose (αD= +66.5°) mit Säuren entsteht Invertzucker, der zu gleichen Mengen die Bausteine Glucose (αD= +52.7°) und Fructose (αD= -92.4°) enthält, wodurch der Drehwert dieses Gemisches linksgerichtet ist. Invertzucker ist Bestandteil des Kunsthonigs. Maltose [Malzzucker] entsteht durch enzymatische Spaltung von Stärke durch α-Amylase bzw. Diastase bei der Bierherstellung. Maltose besteht aus zwei α(1-4)-glykosidisch verknüpften Glucoseeinheiten und kann als α-Maltose [4-(α-D-Glucopyranosyl)-α-Dglucopyranose] oder β-Maltose [4-(α-D-Glucopyranosyl)-β-D-glucopyranose] auftreten. Cellobiose besteht wie Maltose aus zwei Molekülen Glucose, die aber β-glykosidisch miteinander verknüpft sind. Sie entsteht beim Abbau von Cellulose; die Spaltung zu Glucose wird durch das Enzym Emulsin [b-Glucosidase] bewirkt. Lactose [Milchzucker, Lactobiose, 4-(ß-D-Galactopyranosyl)-D-glucopyranose], mit 4 % in Kuhmilch enthalten, kann sowohl in der α- als auch der β-Form auftreten. Sie wird aus Molke gewonnen und findet häufig Verwendung als Süßungsmittel von Kindernahrung. 13 Das verbreitetste Trisaccharid ist die Raffinose [α-D-Galactopyranosyl-(1−6)-α-Dglucopyranosyl-(1-2)-β-D-fructofuranosid], die in zahlreichen Pflanzen vorkommt und aus Zuckerrübenmelasse gewonnen wird. Cyclodextrine [CDs] sind cyclische, nicht reduzierende und kristalline Oligosaccharide. Sie entstehen durch Verknüpfung der helikalen Windungen der Amylose in den Formen α-, β- und γ−Cyclodextrin und bestehen aus 6, 7 bzw. 8 Glucopyranoseeinheiten. Alle sekundären OH-Gruppen befinden sich auf der einen, breiteren Seite, alle primären OHGruppen auf der unteren Seite eines offenen Kegelstumpfs. OH HO O O O OH HO OH OHO OH O O OH HO O HO OH O OH O HO OH O OH OH OH O OH O α: 6 β: 7 γ: 8 OH OHO OHO O OH HO O OH Polysaccharide: Polysaccharide bestehen aus einer Vielzahl glykosidisch gebundener Zuckerkomponenten. Sind sie aus nur einem Zuckermonomeren als Baustein zusammengesetzt, spricht man von Homopolysacchariden, die aus mehreren Zuckern aufgebauten heißen Heteropolysaccharide. In Polysacchariden können mehrere Bindungstypen vorliegen, und ausgehend von einer Hauptkette mit reduzierender Endgruppe können kammartige oder baumartige Verzweigungen auftreten. Glucane (von Glucose) sind die verbreitetsten Polysaccharide. Zu den β-D-Glucanen gehört vor allem die β -D(1-4)verknüpfte Cellulose, zu den α-D-Glucanen zählen die stärkeähnlichen Polysaccharide. (1-3)-, (1-4)- und (1-6)-Bindungen kommen in Glucanen von Algen, Pilzen, Flechten und höheren Pflanzen vor. Die Cellulose besteht aus linear ß-glykosidisch verknüpften Glucoseeinheiten und stellt das häufigste Kohlenhydrat dar. Jährlich werden von Pflanzen etwa 10 Billionen t Kohlenstoff als Cellulose gebunden. Baumwolle ist fast reine Cellulose (ca. 98 % des Trockengewichts). Holz besteht neben Hemicellulosen und Lignin aus 40 - 50 % Cellulose. 14 Die wichtigste Gruppe der α-D-Glucane sind die stärkeähnlichen Polysaccharide Amylose, Amylopektin, und Glycogen mit (1-4)- bzw. (1-4)- und (1-6)-Bindungen. Stärke ist das Assimilationsprodukt grüner Pflanzen und ist als Hauptbestandteil von Kartoffeln, Getreide und Reis ein wichtiges Nahrungsmittel. Sie ist ein Gemisch aus 15-25% Amylose und 75-85% Amylopektin. Die Amylose besteht im wesentlichen aus etwa 1001400 α-glykosidisch 1,4-verknüpften D-Glucopyranoseeinheiten (15.000-220.000 Da) in Form linearer Ketten, und zu einem geringen Teil aus β-glykosidischen Bindungen in Verzweigungen. Die α-glykosidische Bindung bedingt eine schraubenförmige Anordnung der Glucosereste. Amylopektin ist stark verzweigt und besitzt eine Molmasse von etwa 400.000-1.000.000 Da. Die einzelnen Ketten sind durch 4-6% a(1−6)-glykosidische Bindungen vernetzt, die α(1-4)-verknüpften Seitenketten bestehen aus je 20 bis 25 Glucoseresten. Amylopektin quillt in heißem Wasser und bildet viskosen Stärkekleister. 15 Chitin ist das einzige Homopolysaccharid, das aus einem Aminozucker (N-Acetyl-Dglucosamin) aufgebaut ist. Es dient im Pflanzen- und Tierreich als Gerüstsubstanz, in Pilzen und Grünalgen ist es Bestandteil der Zellmembran, bei Insekten und Crustaceen Hauptbestandteil des Exogerüstes. Analog zur Cellulose sind N-Acetyl-D-glucosaminMoleküle in β (1-4)-glykosidischer Bindung zu langen Ketten vereinigt. Heteropolysaccharide sind aus mehr als einem Monosaccharid-Baustein aufgebaut und werden entsprechend der Struktur der Monomeren eingeteilt. Glycane Die Hauptkomponente der cellulosebegleitenden, alkalilöslichen Hemicellulosen der verholzten Zellwand höherer Pflanzen sind die Glycanoxylane, die weit verbreitetste Gruppe der Glycane. Die Glycanoxylane der Liliatae enthalten Seitenketten aus L-Arabinofuranose. 20-30% des Trockengewichtes von Stroh machen diese Arabinoxylane aus. Arabinogalactane wurden aus Sojabohnen und Hölzern von Pinadeen isoliert. Glycanoglycuronanen gehören die meisten Gummen und Schleime der Pflanzen. Als Schleime werden Polysaccharide bezeichnet, die meist in der Zellwand der Pflanze vorkommen und hochviskose, kolloidale Lösungen bilden. Die festen, klebrigen Gummen werden dagegen erst nach Verletzung gebildet und ausgeschieden. Glycuronane oder Polyuronide sind Polysaccharide, deren Ketten hauptsächlich aus Glycuronsäuren. Daneben gibt es zahlreiche Heteropolysaccharide [Glycanoglycuronane] und komplexe Polysaccharide [Mucopolysaccharide], die geringere Mengen an Uronsäuren enthalten. Am besten bekannt ist Gummi arabicum, das von verschiedenen Acacia-Arten gebildet wird. Die salzfreie Arabinsäure ist ein Glycuronogalactan, das zusätzlich noch LArabinose und L-Rhamnose enthält. Heparin, aus Lungen von Schlachttieren gewonnen, ist ein geradkettiges Heteropolysaccharid, das größtenteils aus Glucosamin und Glucuronsäure besteht und ein Molgewicht von 5.000 - 40.000 Da besitzt. 16