Biopsie der Prostata
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Biopsie der Prostata
Leitthema Urologe 2014 · 53:1046–1051 DOI 10.1007/s00120-014-3536-y Online publiziert: 5. Juli 2014 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014 S. Machtens1 · A. Roosen2 · C.G. Stief2 · M.C. Truß3 1 Klinik für Urologie und Kinderurologie, Marienkrankenhaus Bergisch Gladbach, Bergisch Gladbach 2 Urologische Klinik und Poliklinik, Ludwig-Maximilians-Universität München, Klinikum Großhadern, München 3 Urologische Klinik, Klinikzentrum Nord, Dortmund Biopsie der Prostata Update zu Indikation, Durchführung und zukünftiger Entwicklung Die Biopsie der Prostata bleibt wei terhin die einzige verlässliche dia gnostische Maßnahme, um ein Pros tatakarzinom zu identifizieren. Ob wohl sich die Methoden der Bildge bung in den letzten Jahren mit der Einführung multiparametrischer so nographischer und magnetresonanz tomographischer Verfahren kontinu ierlich verbessert haben, ist der histo pathologische Nachweis eines Pros tatakarzinoms im Rahmen einer dia gnostischen Biopsie die Bedingung für jede weitergehende Empfehlung bezüglich weiterer therapeutischer Schritte in der Primärdiagnostik. In diesem Review sollen die aktuellen Empfehlungen zur Indikation und Durchführung und die zukünftigen Entwicklungen zur Prostatabiopsie dargestellt werden. Indikation zur primären Prostatabiopsie Die aktuell etablierten Maßnahmen in der Diagnostik des Prostatakarzinoms sind die digitorektale Untersuchung (DRU), die Bestimmung der Serum-PSA-Konzentration und die transrektal ultraschallgesteuerte Prostatabiopsie. Die Indikation zur Prostatabiopsie sollte auf der Basis einer wiederholt erhöhten Serum-PSA-Bestimmung, eines suspekten digitorektalen Tastbefunds und unter 1046 | Der Urologe 7 · 2014 der Berücksichtigung des biologischen Alters des Patienten, seiner Begleiterkrankungen und der potentiellen therapeutischen Konsequenzen gestellt werden. Dabei sollte ein einmalig erhöhter SerumPSA-Wert nicht zur Indikationsstellung führen und erst eine Kontrolle des Wertes nach einigen Wochen erfolgen. Dabei werden etwa 18% aller Prostatakarzinome nur durch einen suspekten rektodigitalen Tastbefund, unabhängig vom SerumPSA-Wert, identifiziert [1]. Der positive prädiktive Wert eines verdächtigen digitorektalen Tastbefunds wird auch bei Serum-PSA-Werten von <2 ng/ml mit 5–30% berichtet [2]. Die DRU zeigt aber eine relativ hohe Spezifität und einen hohen negativen prädiktiven Wert. In einer Metaanalyse wurden eine durchschnittliche Spezifität von 94%(91–96%) und ein durchschnittlicher negativer prädiktiver Wert von 99% (98– 99%) beschrieben [3]. Die Grenzwerte des Gesamt-SerumPSA-Wertes, die in verschiedenen Leitlinien als Cut-offs für die Empfehlung zur Prostatabiopsie angegeben werden, schwanken erheblich. Dabei scheinen PSA-Cut-offs zwischen 3 und 3,1 ng/ml in Assays, die nach Empfehlungen der WHO kalibriert wurden, gleiche Sensitivitäten und Spezifitäten zu erzielen wie Cut-off-Werte von 4 ng/ml in herkömmlich kalibrierten Verfahren (Hybritech). Hintergrund dieser Beobachtung ist die Tatsache, dass in identischen Proben et- wa 20% höhere PSA-Werte bei Messverfahren gefunden werden, die nicht nach den Empfehlungen der WHO kalibriert wurden [4]. » Eine Korrelation des PSA-Wertes mit der im transrektalen Ultraschall gemessenen Prostatagröße erscheint sinnvoll Ein Cut-off von 4 ng/ml wurde bei Männern der Normalbevölkerung ermittelt. Diese unterscheiden sich in der Regel von Männern, bei denen im Rahmen von opportunistischen Früherkennungsuntersuchungen PSA-Bestimmungen durchgeführt werden. Letztere suchen häufig bei Miktionsbeschwerden den Urologen auf, die durch Prostatavergrößerungen bedingt sind und sekundär zu Harnwegsinfektionen und Restharnbildung führen können. Deshalb ist es sinnvoll den PSA-Wert dieser Männer auch unter Abschätzung dieser Begleiterscheinungen zu interpretieren, die per se zur Erhöhung des Serum-PSA beitragen können. Eine Korrelation des PSA-Wertes mit der im transrektalen Ultraschall gemessenen Prostatagröße erscheint sinnvoll [5, 6, 7]. Die Kalkulation des Quotienten von freiem zu gesamten Serum-PSA scheint von diesen Kalibrierungsunterschieden nicht betroffen zu sein [8]. Infobox 1 Indikationen zur primären Prostatabiopsie Ein tumorsuspekter digital-rektaler Prostatabefund Ein kontrollierter Serum-PSA-Wert von ≥4 ng/ ml bei der Früherkennungsuntersuchung Ein kontrollierter Serum-PSA-Wert von >2 bis <4 ng/ml bei jüngeren Männern Ein auffälliger Serum-PSA-Anstieg bei gleichem Bestimmungsverfahren Infobox 2 Indikation zur Rebiopsie Neu detektierter suspekter digital-rektaler Tastbefund Auffälliger Serum-PSA-Anstieg Nachweis ASAP bei Primärbiopsie. Rebiopsie nach 6 Monaten Nachweis eines multifokalen High-gradePIN bei der Primärbiopsie. Rebiopsie nach 6 Monaten Die sehr divergierenden Empfehlungen bezüglich des Serum-PSA-Cut-offs als Indikation zur Prostatabiopsie haben ihre Begründung in den berichteten Ergebnissen des „Prostate Cancer Prevention Trials“ (PCPT), bei dem in einem randomisierten placebokontrollierten Design die Bedeutung von Finasterid zur Prävention von Prostatakarzinomen bei Männern mit erhöhtem Risiko untersucht wurde. Zum Ende der Studie wurden Prostatabiopsien auch bei allen Männern, die Placebo erhalten hatten, durchgeführt und es zeigten sich 26,9% detektierte Prostatakarzinome im Serum-PSABereich von 3,1–4,0 ng/ml [9]. Dies führt derzeit bei einigen Fachgesellschaften zu Empfehlungen, bereits bei PSA-Werten zwischen 2,5 und 4,0 ng/ml eine Biopsie zu erwägen, wobei die Frage nach Reduktion unnötiger Biopsien unbeantwortet bleibt [10]. Verschiedene Derivate des PSA, Korrelationen des Serum-PSA mit der Prostatagröße, der Transitionalzone der Prostata oder dem Patientenalter sowie zeitliche Verläufe des PSA-Wertes wurden auf ihre Bedeutung für die Sensitivität und die Spezifität der Prostatakarzinomdetektion untersucht. So wurde der Quotient aus freiem und Gesamt-PSA (%fPSA) eingesetzt, um bei einem Wert <0,10 bei 56% der untersuchten Männer unterhalb dieses Cut-offs ein Prostatakarzinom bioptisch zu sichern, wogegen sich nur bei 8% der Männer mit einem Quotienten >0,25 ein maligner Tumor fand [11]. Dieses Ergebnis wurde bei 27.730 Männern in einer Screeninguntersuchung reproduziert, die einen Gesamt-PSA-Wert zwischen 2,1 und 10,0 ng/ml zeigten [12]. So erscheint der %fPSA ein geeigneter Parameter zu sein, um Männer mit Serum-PSA-Werten im „Graubereich“ verlässlicher im Bezug auf die Notwendigkeit für eine Prostatabiopsie beraten zu können. Die Serum-PSA-Verlaufsbeobachtungen mittels PSA-Velocity und PSA-Verdopplungszeit haben sich in prospektiven Studien nicht effektiver in ihrer Vorhersagegenauigkeit für das Vorliegen eines Prostatakarzinoms gezeigt als der SerumPSA-Wert allein [13, 14]. Dennoch haben Arbeiten der letzten Jahre eine PSA-Anstiegsgeschwindigkeit zwischen 0,35 und 0,75 ng/ml/Jahr als mögliche Hinweise auf das Vorliegen eines Prostatakarzinoms beschrieben. Die Ergebnisse sind aber teilweise divergierend. Während eine Untersuchung an 4800 Männern eine PSA-Anstiegsgeschwindigkeit von 0,5 ng/ml/Jahr als besten Prädiktor zur Identifikation von Prostatakarzinomen zeigte, konnte in der ERSPC-Studie („European Randomized Study of Screening for Prostate Cancer“) kein klinisch relevanter Nutzen der PSAAnstiegsgeschwindigkeit bei der Messung von zwei PSA-Werten in einem zeitlichen Abstand von 4 Jahren identifiziert werden [15, 16]. Deshalb muss bei Empfehlungen sehr niedriger Grenzwerte für die PSA-Anstiegsgeschwindigkeit von 0,35 ng/ml/ Jahr durch die „National Comprehensive Cancer Network Clinical Practice Guideline“ ein signifikantes Risiko der Überdiagnostik befürchtet werden, da allein natürliche Schwankungen dieses Werts zu Veränderungen in diesem Wertebereich führen können [17]. PCA3 ist ein prostatakarzinomspezifischer Biomarker, der nach Prostatamassage aus dem Urin gewonnen wird. Bisher hat sich der Einsatz dieses Markers bei der Indikationsstellung zur Primärbiopsie nicht bewährt. Allerdings weisen erste Berichte darauf hin, dass dieser Biomar- ker hilfreich bei der Indikationsstellung zur Rebiopsie bei Patienten sein könnte, die einen persistierend erhöhten SerumPSA-Wert nach erster Biopsie haben. So waren die PCA3-Scores für Patienten mit positiven Rebiopsien signifikant höher als bei Männern mit negativen Biopsien (69,5 vs. 37,7; p<0,001). In Kombination mit %fPSA<10%, aber auch bei %fPSA zwischen 10 und 20% und %fPSA>20% zeigte sich ein PCA3-Score >30 mit einer höheren Rate an positiven Rebiopsien korreliert [18, 19]. Zusammengefasst soll im Rahmen der Früherkennung eine Prostatabiopsie bei Vorliegen von mindestens einem der folgenden Kriterien empfohlen werden (s. . Infobox 1): 1.ein kontrollierter PSA-Wert von ≥4 ng/ml bei der erstmaligen Früherkennungskonsultation unter Berücksichtigung von Einflussfaktoren, 2.ein karzinomverdächtiges Ergebnis bei der digitorektalen Untersuchung, 3.einem auffälligen PSA-Anstieg (ohne Wechsel des Bestimmungsverfahrens). Bei jüngeren Patienten kann individuell auch bei niedrigen PSA-Werten eine Biopsieindikation gestellt werden. Indikation zur Rebiopsie Die Indikationen für eine Rebiopsie können ein persistierend erhöhter SerumPSA-Wert, ein suspekter digitorektaler Tastbefund, eine „atypical small acinar proliferation“ (ASAP) und multifokale „high grade prostatische intraepitheliale Neoplasien“ (PIN) sein (s. . Infobox 2). So zeigen Patienten mit ASAP in 42– 48% und Patienten mit High-grade-PIN in 35–47% ein invasives Karzinom in der Kontrollbiopsie. Im Fall, dass sich sowohl ASAP als auch High-grade-PIN in der Primärbiopsie finden, steigt die Wahrscheinlichkeit für eine positive Rebiopsie gar auf 57% [20, 21, 22]. Der richtige Zeitpunkt zur Durchführung der Rebiopsie ist weiterhin unklar, wird aber in der Literatur zwischen 6 bis12 Monaten angegeben. Die Diagnose einer ASAP wird von pathologischer Seite aber häufig als Hinweis an den Urologen genutzt, um bei einem unklaren hisDer Urologe 7 · 2014 | 1047 Leitthema Zusammenfassung · Abstract Tab. 1 Dokumentationsschema für Pros- Urologe 2014 · 53:1046–1051 DOI 10.1007/s00120-014-3536-y © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014 tatabiopsie Lokalisation 1. Links lateral apikal (LLA) 2. Links lateral medial (LLM) 3. Links lateral basal (LLB) 4. Links mittig medial (LMM) 5. Links mittig basal (LMB) 6. Rechts lateral apikal (RLA) 7. Rechts lateral medial (RLM) 8. Rechts lateral basal (RLB) 9. Rechts mittig medial (RMM) 10. Rechts mittig basal (RMB) n topathologischen Befund die Notwendigkeit einer möglichst umgehenden Rebiopsie zu signalisieren. Dabei steigt die Wahrscheinlichkeit für eine positive Rebiopsie mit dem zeitlichen Abstand zwischen der Primärbiopsie und der Rebiopsie [23]. » Der richtige Zeitpunkt zur Durchführung der Rebiopsie ist weiterhin unklar Ergänzend mehren sich Hinweise, dass die Durchführung eines multiparametrischen MRT vor der Rebiopsie Hinweise auf suspekte Areale in der Prostata liefern kann, die dann gezielt biopsiert werden sollten [24, 25]. Empfehlungen bezüglich weiterer Biopsien lassen sich nicht evidenzbasiert geben. Eine ergänzende Bedeutung hat die Rebiopsie bei der Diagnostik eines Lokalrezidivs nach definitiver Therapie eines Prostatakarzinoms. Während die Biopsie zur histopathologischen Sicherung eines Lokalrezidivs vor geplanter Salvagetherapie nach primärer strahlentherapeutischer Intervention verlangt wird, ist die Indikation zur Einleitung einer palliativen Strahlentherapie nach primärer operativer Therapie nicht an einen stanzbioptischen Nachweis vitalen Tumors gebunden. Durchführung der Prostatabiopsie Vor der Durchführung der Prostatabiopsie soll der Patient in einem ausreichenden zeitlichen Abstand aufgeklärt werden. Inhalt der Aufklärung muss der potentielle Nutzen, das Risiko und die Konsequen- 1048 | Der Urologe 7 · 2014 S. Machtens · A. Roosen · C.G. Stief · M.C. Truß Biopsie der Prostata. Update zu Indikation, Durchführung und zukünftiger Entwicklung Zusammenfassung Die transrektal ultraschallgestützte Prostatabiopsie mit der Entnahme von ≥10 Proben, die nach lateral ausgerichtet sein sollen, unter antibiotischem Schutz mit begleitendem Einsatz einer Lokalanästhesie ist der Standard bei der primären Abklärung eines suspekten Prostatabefunds. Die Indikation zur Biopsie wird unter Berücksichtigung des Ergebnisses der transrektalen Tastuntersuchung, des Serum-PSA-Werts, des patientenindividuellen Wunsches und seiner Komorbidität gestellt. Der Einsatz multiparametrischer bildgebender Verfahren vor und während der Durchführung der Primär- oder Re- biopsie zur Identifikation suspekter Prostatabefunde bleibt Gegenstand laufender Untersuchungen. Erweiterte Biopsieprotokolle bedürfen zusätzlicher klinischer Untersuchungen bevor sie zu neuen Standards in der Diagnostik werden können. Dieser Beitrag gibt einen aktuellen Überblick über die Indikation und die Techniken der Prostatabiopsie. Schlüsselwörter Prostatabefund, suspekter · Tastuntersuchung, transrektale · Prostatakarzinom · Antigen, prostataspezifisches · Rebiopsie Prostate biopsy. Update for indication, procedure, and future developments Abstract The transrectal ultrasound-guided prostate biopsy with ≥ 10 probes, which are taken also from the lateral side of the prostate under the protection of an antibiotic and after applying local anesthesia, is regarded as the standard in the primary investigation of a suspicious prostate-related finding. The indication for a biopsy is orientated on the result of the digitorectal examination, the serum PSA, the individual patient’s wish and his comorbidities. The need for the application of mulitparametric imaging before or during the course of a primary or repeated biopsy in order to iden- zen der Biopsie sein. Erst nach Dokumentation dieser Inhalte und schriftlicher Einverständniserklärung soll die Biopsie durchgeführt werden (s. . Infobox 3, . Tab. 1). Die Stanzbiopsie soll unter transrektal ultraschallgestützer Kontrolle durchgeführt werden. Hierbei können palpatorisch suspekte Areale gesondert biopsiert werden. Bei der Biopsie sollen in der Regel 10–12 Gewebezylinder entnommen werden. Die Biopsienadel sollte einen Durchmesser von 20 Gg haben. Grundlage der Empfehlung ist ein systematischer Review von Eichler 2005 [26], der zeigte, dass mit einer Gesamtzahl von 10–12 Gewebezylindern ein sinnvoller Kompromiss zwischen Sensitivität und Spezifität der Karzinomdetektion und tify suspicious prostate lesions remains a subject of current investigations. Extended biopsy protocols require further clinical investigations until they might become the new standard in the diagnostic work-up. This review delivers an update on the indication and technique of prostate biopsies. Keywords Prostate-related findings, suspicious · Digital rectal examination · Prostate neoplasms · Prostate-specific antigen · Rebiopsy der Invasivität der Maßnahme zu erreichen ist. Die Proben sollen separat nach entnommener Region der Prostata gekennzeichnet und separat eingesandt werden. Dabei sollte ein standardisiertes Entnahmeschema die apikalen, mittleren und basisnahen Areale der Prostata abdecken. Auch die laterale periphere Region muss biopsiert werden. Eine Biopsie der transitionalen Zone bei der Primärbiopsie wird nicht empfohlen. Die Biopsie soll unter antibiotischem Schutz entnommen werden. Dabei wird der orale oder i.v.-Einsatz von Chinolonen vor und direkt im Anschluss an die Biopsie empfehlen. Grundlage dieser Empfehlung ist ein Review von Bootsma et al. [27], die zwar Infobox 3 Hinweise zur Durchführung der Prostatabiopsie Der Patient muss in einem zeitlichen Abstand zur Biopsie über deren potentiellen Nutzen, Risiken und Konsequenzen aufgeklärt werden Die Biopsie soll unter transrektale ultraschallgestützter Kontrolle durchgeführt werden Palpatorisch suspekte Areale können zusätzlich digital gesteuert biopsiert werden Es sollen mindestens 10–12 lateral ausgerichtete Gewebeproben entnommen werden Transrektale periprostatische Injektionen eines Lokalanästhetikums sollten dem Patienten angeboten werden Ein orales oder i.v.-Antibiotikum soll begleitend zur Infektionsprophylaxe eingesetzt werden Eine Biopsie der Transitionalzone im Rahmen der Primärbiopsie wird nicht empfohlen Die Biopsie kann transrektal oder transperineal durchgeführt werden nicht eine signifikante Reduktion fiebriger oder gar septischer Komplikationen unter der Gabe einer Antibiose nachwiesen, aber eine deutliche Reduktion einer Bakteriurie dokumentierten. Obwohl es in der jüngsten Zeit zu Hinweisen vermehrter schwerwiegender infektiöser Komplikationen im Zusammenhang mit Biopsien gekommen ist, ist keine generelle Empfehlung für die Anfertigung von mikrobiologischen Befunden rektaler Abstriche vor der Durchführung der Biopsie gegeben [28–30]. Eine lokale Infiltrationsanästhesie zu Beginn der Prozedur verringert das Schmerzempfinden des Patienten signifikant und ist deshalb zu empfehlen. Die histopathologische Aufarbeitung der Biopsien ist die Grundlage für die Diagnosefindung beim Prostatakarzinom. Dabei soll für jeden Biopsiezylinder im Fall der Diagnose eines Prostatakarzinoms der Gleason-Score entsprechend der Klassifikation von 2005 und der Befall der einzelnen Stanze in Millimetern und prozentual angegeben werden. Ein Gleason-Score ≤4 sollte nicht befundet werden. Eine extraprostatische Ausbreitung des Tumors, eine Invasion der perineuralen Strukturen und eine High-grade-PIN sollen berichtet werden. » Eine lokale Infiltrationsanästhesie zu Beginn der Biopsie ist zu empfehlen Eine immunhistochemische Aufarbeitung der Biopsien ist nur in dem Fall indiziert, wenn eine konventionelle Aufarbeitung keine sichere Aussage bezüglich der Dignität zulässt. Auch ein sehr kleiner Karzinombefund sollte mit der Bezeichnung <1% gekennzeichnet und berichtet werden, da evtl. weitergehende diagnostische Schritte indiziert sein können [31–33]. Zukunft der Prostatabiopsie Die Prostatabiopsie wird auch in Zukunft die einzige diagnostische Modalität zur Sicherung eines Prostatakarzinoms bleiben. Weiterhin werden die multiparametrischen bildgebenden Verfahren bei der Primärdiagnostik des Prostatakarzinoms nicht empfohlen. Erst die Ergebnisse von jüngst initiierten Studienprotokollen werden die Wertigkeit der multiparametrischen diagnostischen Verfahren bei der Primärdiagnose beurteilbar machen. So untersucht z. B. die PICTURE-Studie den prädiktiven Wert des multiparametrischen MRT und des Histoscannings im Vergleich zur Template-gestützten systematischen perinealen Biopsie ([34], . Abb. 1, 2, 3). Bis zum Abschluss dieser Untersuchungen muss auch eindeutig davor gewarnt werden, die multiparametrischen Diagnostikverfahren mit einer evtl. deutlich verringerten Biopsiezahl (<10) in der klinischen Routine als ausreichend zu propagieren, da insbesondere die Information zum negativen prädiktiven Wert der Verfahren unzureichend ist. Bezüglich der aktuellen Entwicklungen im Bereich des Einsatzes des multiparametrischen MRT im Rahmen der Primärdiagnostik vor Prostatabiopsie sei auf einen Beitrag zur fokalen Therapie des Prostatakarzinoms (Beitrag in diesem Heft) hingewiesen. Hier erscheint der Hinweis auf die standardisierte Evaluation der multiparametrischen MRT mit Hilfe der PIRADS-Klassifikation („prostate imaging reporting and data systems“) wichtig. Nur mit Einsatz dieser 5-Punkte-Likert-Skalen ist ein reproduzierbarer Primärbefund des mp-MRT (multiparametrisches MRT) im Vorfeld einer Prostatabiopsie zu erheben, der dann im Rahmen der Biopsie eine Berücksichtigung in der Ausrichtung der Stanzzylinder finden kann [35]. Informationen zum aktuellen Stand der klinischen Evaluation MRT-gestützter und MRT-ultraschallfusionierter Biopsietechniken können ebenfalls aus dem Beitrag zur fokalen Therapie (Beitrag in diesem Heft) entnommen werden. Im Rahmen der Vorbereitung einer Rebiopsie nach primär negativer Erstbiopsie weisen dagegen erste klinische Ergebnisse auf die Bedeutung des mp-MRT im Vorfeld hin. So konnte ein systematischer Review von 6 prospektiven Studien an insgesamt 215 Patienten eine durchschnittliche Steigerung der Detektionsrate um 32% mit Hilfe des multiparametrischen MRT nach primär negativer Biopsie ermitteln [36]. Eine weitere kontrolliert randomisierte Untersuchung konnte bei 180 Patienten eine Steigerung der Prostatakarzinomdetektionsrate um 21% bei Ergänzung von zwei gezielten MRT-geführten Biopsien in Ergänzung zu einer 10fach-Biopsie nach primär negativer Biopsie berichten [37]. Weitere Diskussionen werden aktuell um die sinnvolle Anzahl zu entnehmender Biopsien geführt. Während eine bereits zitierte systematische Metaanalyse aus dem Jahr 2006 [26] keinen Vorteil für eine Entnahme von mehr als 12 Biopsien zeigte, mehren sich Berichte über einen vermehrten Nachweis von signifikanten Prostatakarzinomen bei Einsatz von transperineal Template-gestützten Mehrfachbiopsien. So wurde berichtet, dass eine Zweitbiopsie mit einer Template-gestützten Biopsietechnik mit 5 mm Entnahmeabständen nach Primärbiopsien mit konventionellen transrektal ultraschallgestützten Verfahren, zu einem „Upgrading“ auf einen Tumor mit einem Gleason-Score ≥7 in 16–58% und einem „Upstaging“ von einem unilateralen zu einem bilateralen Karzinom in 46–61% führte [38, 39, 40, 41]. Diese Publikationen unterstützen die Annahme, dass eine konventionelle TRUS-gestützte Biopsie mit der Entnahme von 10–12 Gewebeproben nicht ausreichend sein könnte, um eine zuverlässige Information zum Tumorbefall der Der Urologe 7 · 2014 | 1049 Leitthema Abb. 1 9 Ausrichtung der Biopsien. Modifiziert nach PREFEREStudienprotokoll (präferenzbasierte randomisierte Studie zur Evaluation von vier Behandlungsmodalitäten beim Prostatakarzinom mit niedrigem und frühem intermediären Risiko) Abb. 2 8 Darstellung einer Template-gestützten perinealen Biopsie reren Identifikation klinisch signifikanter Tumoren führen muss. Fazit für die Praxis Abb. 3 9 Einbettkassetten für Prostatazylinder (eigene Abbildung) Prostata insbesondere vor geplanten Therapieempfehlungen mit „active surveillance“ oder einem experimentell fokalen Ansatz zu liefern. Allerdings fehlt für eine abschließende Beurteilung bezüglich der Notwendigkeit dieser extendierten Biopsieprotokolle eine hochwertige Evidenz. Ergänzend wird die Diskussion bezüglich extendierter Biopsieprotokolle in Kombination mit molekularpathologischen Analyseverfahren durch eine aktuelle Publikation von Haffner et al. [42] angeregt. Diese Gruppe zeigte bei der intensiven molekulargenetischen Aufarbeitung von Metastasen eines an einem Prostatakarzinom verstorbenen Patienten, dass alle genetischen Alterationen in den Metastasen nur in einem einzigen kleinen Tumorfokus innerhalb der Prostata nachweisbar war, der primär als ein Karzinom 1050 | Der Urologe 7 · 2014 mit der Gleason-Summe 6 identifiziert wurde [42]. Dieser kleine Fokus wäre durch eine konventionelle Biopsie mit standardisierter histologischer Aufarbeitung in seiner klinischen Bedeutung wahrscheinlich unentdeckt geblieben. Nur eine genetische Analyse eines Biopsats dieser Läsion wäre ein potentielles Werkzeug, um die zukünftige klinische Bedeutung dieses Fokus zu prädiktieren. Auch der Einsatz multiparametrischer bildgebender Verfahren hätte in diesem Fall wahrscheinlich keinen Hinweis auf eine klinisch signifikante Läsion gegeben. Hier müssen weitere prospektive und retrospektive Analysen zeigen, ob dieser Einzellfallbericht reproduzierbar ist und dann zu veränderten diagnostischen Konzepten zur siche- FDie transrektal ultraschallgestützte Prostatabiopsie mit der Entnahme von ≥10 Proben, die nach lateral ausgerichtet sein sollen, unter antibiotischem Schutz mit begleitendem Einsatz einer Lokalanästhesie ist der Standard bei der primären Abklärung eines suspekten Prostatabefunds. FDie Indikation zur Biopsie wird unter Berücksichtigung des Ergebnisses der transrektalen Tastuntersuchung, des Serum-PSA-Werts, des patientenindividuellen Wunsches und seiner Komorbidität gestellt. FDer Einsatz multiparametrischer bildgebender Verfahren vor und während der Durchführung der Primär- oder Rebiopsie zur Identifikation suspekter Prostatabefunde bleibt Gegenstand laufender Untersuchungen. FErweiterte Biopsieprotokolle bedürfen zusätzlicher klinischer Untersuchungen bevor sie zu neuen Standards in der Diagnostik werden können. Korrespondenzadresse S. Machtens Klinik für Urologie und Kinderurologie, Marienkrankenhaus Bergisch Gladbach, Dr.-Robert-Koch-Straße 16, 51465 Bergisch Gladbach [email protected] Einhaltung ethischer Richtlinien Interessenkonflikt. S. Machtens, A. Roosen, C.G. Stief und M.C.Truß geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht. Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren. Literatur 1. Carvalhal GF, Smith DS, Mager DE et al (1999) Digital rectal examination for detecting prostate cancer at prostate specific antigen levels of 4 ng/ml or less. J Urol 161:835–839 2. Loeb S, Catalona WJ (2009) What is the role of digital rectal examination in men undergoing serial screening of serum PSA levels? Nat Clin Pract Urol 6:68– 69 3. 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