Dezember - Institut für Meteorologie

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Dezember - Institut für Meteorologie
Beiträge des Instituts für Meteorologie
der Freien Universität Berlin zur Berliner Wetterkarte
05/08
SO 03/08
Herausgegeben vom Verein BERLINER WETTERKARTE e.V.
c/o Carl-Heinrich-Becker-Weg 6-10, 12165 Berlin
http://www.Berliner-Wetterkarte.de
ISSN 0177-3984
22.01.2008
Der Dezember in der 100-jährigen Beobachtungsreihe von Berlin-Dahlem 1908 bis 2007
von Jürgen Heise und Georg Myrcik
Dezember veränderlich und lind,
der ganze Winter wird ein Kind
Foto: Georg Myrcik
23. Dezember 2007
Berlin-Steglitz
Mit Raureif geschmückte Baumäste
In jedem Dezember stellt sich dieselbe große Frage: Gibt es weiße Weihnachten? Nach der Statistik lag
seit 1908 in 12 Fällen an allen drei Weihnachtsfeiertagen (24. – 26. 12.) um 7 Uhr morgens eine geschlossene
Schneedecke von mindestens 1 cm Höhe, in 10 weiteren Fällen an zwei Tagen. Insgesamt erlebten wir also in
22 Jahren (=22%) ein weißes Weihnachtsfest. In manchen Jahren war aber die Schneedecke recht dünn, in
anderen Jahren dagegen mehr als 10 cm mächtig. Der meiste Schnee lag vom 24. – 26. 12. 1981, als er eine
Höhe von 15 – 17 cm erreichte. Gelegentlich sind schneereiche Weihnachten auch mit strenger Kälte
verbunden: So 1961, als am 26. 12. die Temperatur bis -17,8°C zurückging. Interessant ist, dass es in jenem
Jahr zu Beginn des Monats extrem mild war: So wurde am 5. 12. mit 15,4°C die bis dahin höchste
Dezembertemperatur gemessen. In anderen Jahren herrschte Weihnachten winterlich kaltes Wetter mit
Dauerfrost, ohne dass Schnee lag.
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Schnee zur Weihnachtszeit gibt keine Auskunft über die Witterung im Gesamtwinter: So trat in dem sehr
milden Winter 1956/57 die einzige nennenswerte Kältewelle mit Schnee nur in der letzten Dezemberwoche
auf, also auch zu Weihnachten. Dem ungewöhnlich schneereichen Dezember 1981 (s. o.) folgten nahezu
schneelose Hochwintermonate: Nur einmal fiel von Januar bis März 1982 mehr als 1 cm Schnee. In nicht
wenigen Jahren herrschte an den Festtagen recht mildes Wetter, teils mit Regen und Sturm, teils aber auch mit
viel Sonnenschein, so dass das grüne Weihnachtsfest schon einen fast vorfrühlingshaften Charakter annahm.
Am wärmsten war es zu den Feiertagen am 24. 12. 1977 (15,7°C) sowie am 25. und 26. 12. 1997 mit 10,8°C
bzw. 11,3°C.
Die Mitteltemperatur des Dezember liegt bei 1,2°C (Klimamittel der Normalperiode 1961 – 1990). Die
höchste Mitteltemperatur gab es im Dezember 2006 mit 5,5°C, die niedrigste 1969, als nur -5,4°C gemessen
wurde. Wie die eingangs angegebene Bauernregel zeigt, schloss die Landbevölkerung ganz allgemein auf
einen milden Hochwinter, wenn der Dezember zu mild war. F. Baur hat diese Regel präzisiert: Wenn im
mittleren Norddeutschland (Berlin) als Folge von Westlagen sowohl im ersten Monatsdrittel als auch in der
ersten Monatshälfte die Temperatur um mehr als 2,5 K über dem Durchschnitt liegt, kann mit hoher
Wahrscheinlichkeit in Mitteleuropa mit einem milden Winter gerechnet werden.
Die Tagesmitteltemperatur geht nur noch langsam zurück: Sie beträgt im ersten Monatsdrittel an 7 Tagen
mehr als 2°C (Maximum 2,5°C am 5. 12.), danach schwankt sie nur wenig um 1°C, und nur am 31. 12. liegt
sie mit -0,4°C unter dem Gefrierpunkt. Das sog. Weihnachtstauwetter spiegelt sich nicht mehr in der
Mitteltemperatur wider, sie schwankt zwischen dem 22. 12. und 29. 12. nur wenig zwischen 0,7°C und 0,9°C.
In der alten Dahlemer Reihe (1909 bis 1969 ohne 1945) heben sich dagegen die Warmluftvorstöße im letzten
Monatsdrittel recht deutlich ab: So liegt die Temperatur vom 20. – 24. 12. zwischen 0,0°C und -0,4°C, danach
etwas über 0°C, um zwischen dem 28. 12. und 30. 12. mit +0,4°C bis +0,9°C ihre höchsten Werte zu
erreichen. Die mittleren Tagesextreme (Maximum/Minimum) sinken von 4 bis 5°C/0°C im ersten Drittel auf
2 bis 3°C/-2 bis -3°C im letzten Drittel. Die höchste Temperatur wurde am 24. 12. 1977 gemessen, als 15,7°C
erreicht wurde. Dagegen wurde nur einmal die -20°C-Marke unterschritten, nämlich am 21. 12. 1969: An
jenem Tag zeigte das Thermometer ein Minimum von -20,2°C.
Im Durchschnitt sinkt die Temperatur an 17,0 Tagen unter den Gefrierpunkt. Selbst sehr milde
Wintermonate blieben nicht frostfrei, und der extrem warme Dezember 1974 hatte 2 Frosttage. Im kältesten
Dezembermonat (1969, s. o.) war mit 30 Frosttagen nur 1 Tag ohne Frost. An 7,2 Tagen steigt die Temperatur
auch in einem 24-stündigem Zeitraum nicht über 0°C (Eistag). Ohne Eistage waren in den vergangenen 100
Jahren 17 Dezembermonate, also fast jeder fünfte. Dagegen gab es in dem schon erwähnten Dezember 1969
26 Eistage.
In der Normalperiode 1961 – 1990 fiel im Dezember 54,5 Liter Niederschlag pro Quadratmeter. Am
trockensten war seit 1908 der Dezember 1932 (5,6 Liter), am nassesten der Dezember 1974 (130,2 Liter). An
18,2 Tagen fällt messbarer Niederschlag, davon an 9,0 Tagen als Schnee oder Regen mit Schnee vermischt.
Eine geschlossene Schneedecke tritt an 9,4 Tagen auf. Schneehöhen von mehr als 10 cm gibt es aber nur
selten. Immerhin lag am 31. 12. 1913 nach einem Starkschneefall (ca. 30 cm Neuschnee in 24 Stunden) der
Schnee in Berlin-Dahlem 36 cm hoch. Ein ungewöhnlich heftiger Kaltluftvorstoß ereignete sich zum
Jahresende 1978: Nachdem am 29. 12. noch ein Höchstwert von +8,1°C gemessen worden war, sank die
Temperatur innerhalb von 24 Stunden in Begleitung von teilweise gefrierendem Regen bis -10°C. Am
Silvestertag wurde -15,2°C nicht mehr überschritten. Am Vormittag sank die Temperatur bei einem
Schneesturm mit Böen bis Stärke 7 sogar bis -18°C! (s. S. 6+7).
Der Dezember ist der dunkelste Monat des Jahres: Im Mittel scheint die Sonne nur noch an 37,4 Stunden,
das sind 15,6% des astronomisch Möglichen (November 52,4 Stunden, 19,8%). Im Dezember 1972 gab es
immerhin noch 97,5 Sonnenscheinstunden, während ein Jahr zuvor mit nur 10,3 Stunden der trübste Monat
überhaupt registriert wurde.
Wie schon in den beiden vorangegangenen Monaten wirkte sich die globale Erwärmung im Dezember
nicht aus, war doch die Mitteltemperatur im dreißigjährigen Zeitraum 1961 – 1990 mit 1,2°C ebenso hoch wie
in den darauf folgenden 15-jährigen Zeitabschnitt 1991 – 2005.
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* alle Werte in den Tabellen und Grafiken auf Seite 3, 4, 5 und 8 sind nicht reduziert bzw.
homogenisiert. Das Mittel und die Abweichungen der Sonnenscheindauer sowie das Mittel der 5 cm
Lufttemperatur beziehen sich auf die Messreihe 1961-1990. Die im Kriegsjahr 1945 entstandenen
Datenlücken wurden teilweise mit Werten der Säkularstation Potsdam ergänzt.
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Ein Tag vor dem großen Kälteeinbruch
Am Rande von Tiefdruckwirbeln über Irland und
westlich der Biskaya liegt der größte Teil
Deutschlands
noch
in
einer
milden
Südwestströmung, in der auch in Berlin mittags bei
Regen +9°C gemessen werden. Insbesondere an
der Ostseeküste hat aber bei Temperaturwerten um
den Gefrierpunkt ein Schneesturm aus Ost
eingesetzt. Am Okklusionspunkt an der Warthe
spaltete sich ein Wellentief ab (dreistündige
Luftdruckfalltendenzen über dem Norden Polens
bis zu 5 hPa), hinter der sich die Kaltluft südwärts
durchsetzte. In ihr ging 24 Stunden später in Berlin
die Temperatur bis -4°C zurück. Es regnete aber
auch weiterhin, da in knapp 800 m Höhe in der
abgedrängten Warmluft noch +4°C herrschte. Erst
in den Abendstunden ging bei Temperaturrückgang
bis -10°C auch in Berlin der Niederschlag in
Schnee über.
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Schneesturm bei ungewöhnlicher Kälte
Am Silvestertag hat sich die extrem kalte Luft bis
zu den Mittelgebirgen durchgesetzt. Im
Grenzbereich der sehr unterschiedlich warmen
Luftmassen – in Oberbayern wurden mittags bei
heiterem Himmel bis zu +13°C gemessen –
entstand der Tiefdruckwirbel E (ERNA), der rasch
ostwärts ziehend über Norddeutschland einen
heftigen Schneesturm auslöste. In Berlin fiel
innerhalb von zwei Tagen 15 cm Neuschnee, der
stark verwehte. Beispiellos war aber die
Kombination von großer Kälte und heftigem
Schneefall (mäßiger bis starker Schneefall bei
Böen bis zu Windstärke 7 und einer
Mittagstemperatur von -18°C!). Der Niederschlag
entstand allerdings in der gehobenen Warmluft: In
ca. 1600 m Höhe betrug die Temperatur noch
-5°C. Das in der Neujahrsnacht gemessene
Minimum von -18,6°C galt dabei sowohl für 1978
als auch für 1979 als Jahrestiefstwert.
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