Januar - Euroregion Elbe/Labe

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Januar - Euroregion Elbe/Labe
1.1.2013
Radio.cz
Auf dem Bahnhof Prag-Bubny könnte Gedenkstätte für ShoahOpfer errichtet werden
Auf dem Bahnhof Bubny im Prager Stadtteil Holešovice könnte in der Zukunft eine
Gedenkstätte errichtet werden, die an die Transporte von Zehntausenden Juden in die
Konzentrationslager errinnern wird. Während der Nazi-Okkupation sind 150.000 Juden
von diesem Bahnhof in die KZs transportiert worden. In dem nicht mehr genutzten
Bahnhofsgebäude könnte künftig ein Museum entstehen, das an die Shoah-Opfer
erinnern wird. Über das Vorhaben informierte der Nachrichtenserver idnes.cz am
Dienstag. Initiator der Gedenkstätte ist der tschechische Filmregisseur Pavel Štingl.
Vorläufig hängt sein Vorhaben von der Entscheidung ab, was alles auf dem ehemaligen
Bahnhofsgelände und in seiner Umgebung erbaut wird. Auf dem nicht mehr genutzten
Gelände soll den bisherigen Informationen zufolge ein neues Wohnviertel entstehen.
Mittwoch, 02.01.2013
(Sächsische Zeitung)
PIRNA
DIE SCHULE IM DETAIL
Die Schule kann gleich auf zwei lange Traditionen verweisen, ist sie doch sowohl aus dem
Rainer-Fetscher-Gymnasium als auch aus dem Schiller-Gymnasium hervorgegangen.
Heute trägt die 2008 fusionierte Schule den Namen „Schiller“ und hat ihren Sitz im
Gebäude des einstigen Fetscher-Gymnasiums. Das Schulhaus ist komplett saniert.
Darüber hinaus verfügt die Einrichtung über ein eigenes Internat. Bundesweit einmalig ist
ein binationaler-bilingualer Bildungsgang. Das deutsch-tschechische Profil eröffnet den
Absolventen besondere Chancen im Studium und schafft gute Grundlagen für ihre
spätere berufliche Karriere. Das Abitur wird gleichermaßen in Deutschland und in
Tschechien anerkannt. Die Absolventen haben beste Voraussetzungen, das CertilinguaExzellenzlabel zu erlangen. Hohe Sprachkompetenz vermittelt das Gymnasium auch in
anderen Sprachen. (SZ/alm)
Donnerstag, 03.01.2013
(Sächsische Zeitung)
PIRNA
Das Schiller-Gymnasium kann mehr als nur
Deutsch und Tschechisch
Die Einrichtung ist vor allem für ihre binationale
Ausrichtung und Sprachvielfalt berühmt. Doch die
Schule hebt sich mit weiteren Dingen ab.
Von Alexander Müller
Namensvetter hat es viele in Deutschland. Ansonsten aber
glänzt das Pirnaer Friedrich-Schiller-Gymnasium mit
Individualität und hebt sich in vielen Dingen von anderen
Im Schiller-Gymnasium wird viel
Einrichtungen ab. Und selbst beim Namen lässt sich noch
gesprochen, nicht nur Deutsch
anfügen, dass sich das Gymnasium auf dem Gelände des
und Tschechisch, sondern vor
allem miteinander.Archivfoto:
traditionsreichen Rainer-Fetscher-Gymnasiums befindet, das
Daniel Förster
nach der Fusion der beiden Schulen ebenfalls zur Geschichte
der Einrichtung gehört und nicht vergessen werden darf.
Doch was macht das heutige „Schiller“ nun so einzigartig? Allem voran natürlich seine
Binationalität. Hier lernen sowohl deutsche als auch tschechische Schüler. Das gibt es auf
diese Art in Deutschland wirklich kein zweites Mal. Die Schüler werden in gemeinsamen
Klassen unterrichtet, so dass keine Abgrenzung stattfindet, sondern sich beide
Nationalitäten tatsächlich zusammenfinden.
Zu diesem Konzept gehören selbstverständlich auch tschechische Pädagogen und dass in
den gemeinsamen Klassen nicht nur die tschechischen Jugendlichen Deutsch lernen,
sondern die deutschen Schüler natürlich auch Tschechisch. Dass sie das in vorbildlicher
Form tun, zeigen die vielen Preise, die sie für ihre Schule schon geholt haben. Etwa beim
diesjährigen Bundeswettbewerb für Fremdsprachen. Da gab es zum einen im
Zweisprachenwettbewerb einen dritten Preis bei den Sprachen Englisch und Tschechisch
und sogar den ersten Preis im Einzelwettbewerb der Sprache Tschechisch. So verwundert
es nicht, dass auch die Schule selbst mehrfach ausgezeichnet ist. So ist sie Träger des
Europäischen Sprachensiegels und auch der renommierten Theodor-Heuss-Medaille.
Doch das Pirnaer Schiller-Gymnasium ist mehr als eine binationale Schule. Dem
Schulleiter Bernd Wenzel ist nicht nur das Format seiner Einrichtung wichtig, sondern vor
allem das seiner Schüler. „Das entscheidende ist, dass jeder seine eigene Persönlichkeit
entwickelt“, erklärt der Direktor. Alles in der Schule sei darauf ausgerichtet, den jungen
Leuten konstruktive Stützen zu geben, so dass sie positive Bilder entwickelten. „Wir
brauchen doch eigenständige Bürger, die der Gesellschaft Impulse geben können und
nicht nur auf sie reagieren“, erläutert Bernd Wenzel.
Damit das auch gelingt, braucht es aber auch die passenden Rahmenbedingungen.
Schließlich sind die Gymnasiasten sehr oft und sehr lange hier, bis sie ihr Abitur in der
Tasche haben. Das weiß auch der Direktor. „Schule ist Lebensraum und -zeit zugleich.“
Nicht nur die Freizeit sei Leben, sondern eben auch die Schule. „Unser Credo ist deshalb,
dass wir während dieser Zeit positive Bilder bei den Schülern hervorrufen.“
Damit das auch gelingt, müssten Konflikte, die es natürlich auch am Pirnaer SchillerGymnasium gibt, angstfrei gelöst werden. Die Schule ist auch hier einen eigenen Weg
gegangen. „Wir haben zwar eine Hausordnung“, berichtet Schulleiter Bernd Wenzel, „die
Schüler haben aber auch einen eigenen Ethik-Kanon, mit dem sie sich selbst
verpflichten.“ Man könne den Schülern ruhig auch etwas zutrauen. „Die Jugend ist nicht
schlechter, als wir es ihnen vormachen.“
Zu den Tugenden, welche die Schüler des Schiller-Gymnasiums inzwischen erlernen
konnten, gehört auch die Beharrlichkeit. Vor allem durften sie inzwischen erfahren, dass
Beharrlichkeit sich lohnt. Denn obwohl das Gebäude des Schiller-Gymnasiums – oder
vielmehr das des ehemaligen Fetscher-Gymnasiums – umfangreich saniert und
ausgebaut wurde, gibt es bis heute noch einen großen Makel an der Schule. Und das ist
die Turnhalle. Auch die hat Tradition, wenn man ihr Alter als Kennzeichen dafür
heranzieht. Doch den sportbegeisterten Schülern bringt das eher Ungemach. Die Halle ist
hoffnungslos marode und einer Schule, egal welcher, nicht mehr würdig. Durch ständigen
und jahrelangen Druck auf die Verantwortlichen hat es die Schule inzwischen geschafft,
dass nebenan eine neue Sporthalle gebaut wird. Sie soll Anfang des kommenden
Schuljahrs eröffnet werden.
Donnerstag, 03.01.2013
(Sächsische Zeitung)
DRESDNER LAND
Erste Eisenbahnbrücke 1852 gebaut
Von Peter Hilbert
Vor allem die Entwicklung der Eisenbahn macht Mitte des 19. Jahrhunderts den Bau der
Marienbrücke nötig. Denn links der Elbe endet die Sächsisch-Böhmische Eisenbahn am
Böhmischen Bahnhof, dem heutigen Hauptbahnhof. Auf der anderen Seite ist für die
Strecken der Leipziger und Schlesischen Bahn am Leipziger Bahnhof, dem heutigen
Neustädter Bahnhof, Schluss.
Mit Spatenstich am 26. August 1846 beginnt der Bau der ersten Eisenbahnbrücke über
die Elbe, die mit einer Straßenquerung kombiniert wird. Nur acht Meter Breite stehen für
die zwei Bahngleise und weitere neun Meter für den öffentlichen Verkehr zur Verfügung.
1852 wird die Brücke feierlich eingeweiht. Benannt ist sie nach Königin Maria Leopoldina
Anna, der Frau von König Friedrich August II.
Zwischen 1898 und 1901 entsteht neben der Straßenbrücke eine viergleisige
Eisenbahnbrücke. Umgestaltet wird der Oberbau der alten Marienbrücke. Ab 1902 rollen
auch Straßenbahnen über die elf Meter breite Fahrbahn. Auf beiden Seiten führen drei
Meter breite Fußwege über die Elbe.
Wenige Tage vor Kriegsende sprengen die Nazis 1945 einen Pfeiler auf der Neustädter
Seite, zwei Bögen stürzen ein. Die Schäden wurden aber schon bis zum 21.Dezember
1946 behoben. Die Stadt lässt Dresdens älteste Sandsteinbogenbrücke von 1997 bis
1999 sanieren und verbreitern. Zwischen 2001 und 2004 kommt der stählerne
Eisenbahn-Nachbar an die Reihe. Die Brücke wird mit Spannbeton-Hohlkästen erneuert.
Donnerstag, 03.01.2013
(Sächsische Zeitung)
RIESA
Auf den Spuren der Zwangsarbeiter
In der Mittelschule Siegfried Richter starten die Arbeiten für ein
Ausstellungsprojekt zur NS-Zeit. Dazu werden Zeitzeugen befragt.
Von Eric Weser
Die Freude ist ihnen anzusehen: Tschechische Zwangsarbeiter verlassen im Jahr 1945 die
Region über den Dresdener Hauptbahnhof. Für viele bedeutete das Kriegsende die
Befreiung aus der Schikane. Foto: SZ
Schüler der Gröditzer Mittelschule „Siegfried Richter“ arbeiten an der Ausstellung „Gröditz
unterm Hakenkreuz – NS-Zwangsarbeit im ländlichen Raum“ mit. Diese wird vom Verein
Projektgruppe „Zwangsarbeit“ umgesetzt. Zu sehen sein wird sie ab Ende April 2013 in
der Gröditzer Kulturstätte.
Die Schüler der achten Klasse gehen bei dem
Projekt verschiedenen Fragen nach: Wer
erinnert sich noch an die Franzosen, Tschechen,
Polen oder die sowjetischen Kriegsgefangenen
und Zivilisten, die während des Zweiten
Weltkriegs in Gröditz und Umgebung zur
Zwangsarbeit eingesetzt waren? Welche
Geschichten haben die Großeltern über den
Alltag im Nationalsozialismus zu erzählen?
Bei den Gröditzer Schülern stieß die Thematik
auf großes Interesse. „Manche brachten sogar
Fotos und Dokumente aus der NS-Zeit von zu
Die Freude ist ihnen anzusehen:
Hause mit“, sagt Jacob Venuß, der Koordinator
Tschechische Zwangsarbeiter verlassen im
des Gröditzer Schulprojektes.
Jahr 1945 die Region über den Dresdener
Zwangsarbeiter gab es zur Zeit des
Hauptbahnhof. Für viele bedeutete das
Nationalsozialismus in fast allen Gröditzer
Kriegsende die Befreiung aus der Schikane.
Foto: SZ
Betrieben: bei Schustern, Schreinern oder
Landwirten. Aber vor allem im Stahlwerk von
Friedrich Flick (1883 – 1972) gab es in Gröditz besonders viele ausländische
Zwangsarbeiter. Legitimiert durch die Rassenideologie der NSDAP wurden sie drangsaliert
und ausgebeutet – teilweise bis hin zum Tod. In den Nürnberger Prozessen gegen die
Hauptkriegsverbrecher wurde das Gröditzer Stahlwerk deswegen als ein besonders
grausames Beispiel im Umgang mit Zwangsarbeitern genannt.
Im Januar werden von den Schülern zudem Gröditzer Zeitzeugen nach ihren
Erinnerungen an die Zeit des Nationalsozialismus befragt und Erinnerungsorte in der
Stadt dokumentiert. „Mir ist bei diesem Projekt wichtig, dass sich junge Menschen
zielgerichtet mit dem Nationalsozialismus auseinandersetzen. Dies wird besonders durch
den persönlichen Kontakt mit Zeitzeugen aus der Region gefördert“, begründet Lehrerin
Karin Meissner die Projektteilnahme der Mittelschule. Im kommenden Jahr werden die
Schüler – professionell angeleitet – auch Gröditzer Bürger nach ihrer Meinung zum
Umgang mit diesem dunklen Kapitel der Gröditzer Geschichte befragen.
Mitarbeiter der Projektgruppe Zwangsarbeit recherchieren zudem gemeinsam mit ihren
Partnerorganisationen in Tschechien, Polen, Weißrussland und der Ukraine Zeitzeugen,
die zwischen 1939 und 1945 in Gröditz arbeiten mussten. Ihre Erinnerungen sollen in der
Ausstellung die Forschungsergebnisse zur Dimension der Zwangsarbeit in Gröditz und
Umgebung flankieren. Dazu werden durch die Projektgruppe erstmals systematisch die
Bestände regionaler, überregionaler sowie internationaler Archive sondiert und
wissenschaftlich ausgewertet.
„In Sachsen ist gerade die Geschichte der größten Opfergruppe des Nationalsozialismus,
der Zwangsarbeit, kaum aufgearbeitet worden. Die Verbrechen der Nationalsozialisten
fanden aber nicht nur in Nürnberg, Berlin oder Auschwitz sondern auch vor der eigenen
Haustür in Gröditz statt,“ so der Erste Vorstand der Projektgruppe Zwangsarbeit, Chris
Humbs. „Wir hoffen, dass wir in vielen Regionen Sachsens Nachahmer für die
Aufarbeitung finden. Es wäre unverzeihlich, wenn die noch lebenden Zeitzeugen für die
einzelnen Regionen nicht nach ihren Erinnerungen befragt und die Interviews für die
Nachwelt gesichert werden würden“, sagte Humbs noch weiter.
Finanziell gefördert wird das Projekt unter anderem von der Kulturstiftung des Bundes,
der Bundesstiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“, dem DeutschTschechischen Zukunftsfonds, der Landeszentrale für politische Bildung Sachsen, der
Hans-Böckler-Stiftung sowie der Stadt Gröditz.
Für die Ausstellung suchen die Schüler Fotografien, Dokumente und persönliche
Erinnerungen aus der NS-Zeit.
Wer den Schülern helfen möchte, wendet Sie sich bitte an das „Bündnis für Demokratie
und Zivilcourage“, Reppiser Straße 10 in Gröditz, 035263 32846
Freitag, 04.01.2013
(Sächsische Zeitung)
PIRNA
Euroregion wirbt für Weltnaturerbe
Auf der morgigen Wahlkonferenz der Sozialdemokraten (CSSD) der Aussiger Region in
Chomutov (Komotau) wird Klaus Fiedler, Koordinator der SPD-AG Euroregion Elbe-Labe,
für ein grenzüberschreitendes Weltnaturerbe Sächsisch-Böhmische Schweiz werben.
Außerdem findet dazu ein Gespräch mit dem Bezirksrat für Außenbeziehungen,
Regionalentwicklung/Tourismus, Jan Szanto statt. In den vergangenen Jahren warb
Fiedler für Unterstützung für den Lückenschluss auf der Schiene zwischen Dolni
Poustevna und Sebnitz. (SZ)
Verfassungsgericht bestätigt Termin der Präsidentenwahl –
Teilurteil zum Fall Okamura
radio.cz
4.1.2013
Die für kommende Woche geplante erste direkte Wahl des tschechischen
Staatspräsidenten kann wie geplant stattfinden. Das entschied das Verfassungsgericht in
Brno / Brünn am Freitag. Die Höchstrichter wiesen damit einen Teil der Beschwerde des
Kandidaten Tomio Okamura ab, er war aus formalen Gründen von der Wahl
ausgeschlossen worden. Der Senator mit japanischen Wurzeln hatte zwar die für eine
Kandidatur erforderlichen 50.000 Wähler-Unterschriften gesammelt, die Wahlbehörde
erklärte aber einen Teil davon für ungültig. Die Präsidentenwahl ist für 11. und 12.
Januar geplant.
Weitere Punkte von Okamuras Verfassungsbeschwerde will das Gericht in Brünn indes
noch prüfen. Dazu gehört der Antrag des Senators, den die Wahl betreffenden Teil der
Verfassung und das Durchführungsgesetz aufzuheben. Sollte das Gericht entscheiden,
den Anträgen stattzugeben, müssten daraus möglicherweise Auswirkungen auf die
Präsidentschaftswahl abgeleitet werden. Die Beschwerden dreier weiterer
Präsidentschaftskandidaten hat das Verfassungsgericht indes als unbegründet
zurückgewiesen.
Samstag, 05.01.2013
(Sächsische Zeitung)
DIPPOLDISWALDE
Verstärkung fürs Projektteam von Archaeo Montan
Das deutsch-tschechische ArchaeoMontan-Projekt zur Erkundung und Erforschung des
mittelalterlichen Bergbaus in Sachsen und Böhmen hat weitere personelle Verstärkung
erhalten. Hinzugekommen sind als wissenschaftliche Hilfskräfte Anne Beer und Susann
Lentzsch, informiert Projektleiterin Dr. Christiane Hemker vom Landesamt für
Archäologie.
Susann Lentzsch hat bereits eine Magisterarbeit zu den Dippoldiswalder Bergbauhölzern
verfasst. Anne Beer beschäftigt sich im Rahmen einer Dissertation mit dem
Dippoldiswalder Steinzeug und hat dazu umfangreiches Material gesammelt. Innerhalb
des ArchaeoMontan-Projektes recherchieren beide zu Fundstücken. (SZ/schl)
RÖDERTAL
Die Goldene Taube fliegt nach Polen
Die Radeberger Pestalozzi-Mittelschule ist jetzt Teil eines internationalen
Jugendprojekts. Und gab auch ihren Friedenspreis weiter.
Den Namen Radeberg kennen seit Kurzem auch Schüler in Polen, Rumänien, Spanien,
Bulgarien, Italien und der Türkei. Und das liegt nicht etwa daran, dass sie im Fernsehen
eine Werbung für das in Radeberg produzierte Bier gesehen haben – sondern an der
Radeberger Pestalozzi-Mittelschule. Die nimmt an einem internationalen Projekt teil, das
Schulen aus jenen sieben europäischen Ländern
zusammenführt.
In diesem sogenannten Comenius-Projekt geht es um das
gegenseitige Kennenlernen, um Umweltschutz und vor allem
darum, mit einander Englisch zu sprechen. Und zwar nicht
„Lehrbuch-Englisch“, sondern um den Gebrauch der Sprache im
Alltag.
In den kommenden beiden Jahren werden sich Schüler der
sieben Schulen dabei regelmäßig in den Teilnehmer-Ländern
treffen, um dort gemeinsame Projekte auf den Weg zu bringen.
Monika Fuchs (l.) von
Demnächst werden sich die Radeberger beispielsweise auf den
der PestalozziWeg an den Gardasee in Italien machen, um dort Bäume zu
Mittelschule übergibt die
pflanzen. Und im Juni geht’s in ein Tierheim nach Rumänien.
Goldene Taube an
Start des gemeinsamen Projektes war dieser Tage in Polen. Per
Bürgermeister Jacek
Zug ging‘s für drei Radeberger Zehntklässler und zwei Lehrer
Sleczka.
nach Katowitze und von dort dann per Bus in den nahe
gelegenen Ort Lgota Gorna. In einem Workshop präsentierten sich dort alle
teilnehmenden Schulen – „und wir gingen auch auf das Thema Umweltschutz in
Deutschland ein“, beschreibt Brian Wolf, einer der drei Pestalozzi-Schüler. Die
Präsentation war dabei im Vorfeld bei einem Projekttag der zehnten Klassen der
Mittelschule entstanden – wie überhaupt alle Schüler ins Projekt einbezogen sind. „Übers
Internet bauten beispielsweise gemischte Gruppen aus allen Ländern aus diversen
Abfällen abstrakte Öko-Roboter, die dann auch in den Schulen ausgestellt wurden“, so
Brian Wolf weiter. Fasziniert war er dabei auch vom Land und vor allem von den
Menschen, wie er sagt. „Die Gastfreundschaft und der Freundlichkeit der Polen haben
mich überrascht.“ Zum Programm in Polen gehörte zudem der Besuch des berühmten
Salzbergwerks in Wieliczka und der Kulturstadt Krakau.
Ganz besonderes Gastgeschenk
Dabei hatten die Radeberger aber auch ein ganz besonderes Geschenk dabei. Im Juli war
die Pestalozzi-Mittelschule bekanntlich mit der „Goldenen Taube für Menschenrechte“
ausgezeichnet worden. Einem Preis für Personen oder Projekte, die sich um Toleranz und
Menschenwürde verdient gemacht haben. Die Idee dazu hatte der bayerische Künstler
Richard Hillinger, der aus Anlass des 60. Jahrestags der Erklärung der Allgemeinen
Menschenrechte durch die Vereinten Nationen besagte 30 goldene Tauben geschaffen
hatte. Jede steht dabei für einen der 30 Artikel dieser Menschenrechts-Erklärung. Seither
werden die Tauben weltweit weitergegeben. Zu den Preisträgern gehörten bereits der
Dalai Lama, der tschechische Menschenrechtler und spätere Präsident Vaclav Havel – und
eben die Radeberger Pestalozzi-Mittelschule.
Die Auszeichnung bleibt dabei nur gut ein halbes Jahr bei jedem Preisträger – dann
wandert sie weiter. Die Preisträger selbst suchen den nächsten Preisträger. Und so ging
die Radeberger Goldene Taube nun an die Schule in Lgota Gorna. „Die Schule arbeitet
eng mit einer Schule für Behinderte zusammen, pflegt Partnerschaften zu Schulen in
Holland, Österreich, Portugal, Großbritannien und Ungarn – und die Schüler besuchen
regelmäßig die Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrationslagers in Auschwitz“,
begründet der an der Pestalozzi-Schule für das Comeniusprojekt verantwortliche Lehrer
Heiko Heinze die Wahl. „Nicht zuletzt unterstützt die Schule auch Kinder, die keine Eltern
mehr haben –wir sind also der festen Überzeugung, einen würdigen, neuen Besitzer der
Goldenen Taube gefunden zu haben“, schiebt er nach. (SZ/JF)
radio.cz /nachbarnkennen.cz,
5.1.2013
Flüsse in West- und Nordböhmen über die Ufer getreten
In West- und Nordböhmen sind wegen des anhaltenden Regens einige Flüsse und Bäche
über die Ufer getreten und haben Keller und Straßen unter Wasser gesetzt. Am
kritischsten war die Lage am Flüsschen Svatavá / Zwodau in Kraslice / Graslitz, am
Samstagvormittag fiel aber der Wasserpegel dort bereits wieder. Auch die Bílina / Bilin in
Nordböhmen trat über die Ufer, die Feuerwehr musste deswegen zu mehr als 30
Einsätzen ausrücken. Vor allem mussten Keller ausgepumpt und umgestürzte Bäume
beseitigt werden, sagte ein Sprecher der Feuerwehr. In geringerem Maße waren
Feuerwehreinsätze auch im Kreis Liberec / Reichenberg nötig.
Montag, 07.01.2013
(Sächsische Zeitung)
LÖBAU
Alles auf die lange Bank
Von [email protected]
Nicht selten geraten gute Vorsätze vom Neujahrstag oder zu erledigende Aufgaben im
Jahresverlauf auf die „lange Bank“ oder werden verschoben auf den Sankt
Nimmerleinstag. Bei unseren tschechischen oder
polnischen Nachbarn ist dies genauso gang und gäbe –
und wird blumig umschrieben.
Neulich ließ mein tschechischer Freund so nebenbei die
Bemerkung fallen: „To zaplatím na Svátého Dindy“. Als er
merkte, dass ich nicht komplett verstand, erklärte er
grinsend: „Das heißt bei uns „Das bezahl ich zum Sankt
Nimmerleinstag – oder eben gar nicht, je nachdem.“ Der
Heilige Dinda (Svátého Dinda) soll ein Verkünder des
slawischen Halbgottes Swantovit gewesen sein und sich immer dann wolkig geäußert
haben, wenn eine Sache schwierig oder gar nicht zum guten Ende zu bringen war.
Da ich diese Redewendung noch nie gehört hatte, fragte ich meinen polnischen Freund,
ob ihm dies im Polnischen bekannt sei. „Ähnlich, doch anstelle des mythischen Dindy sagt
man schlicht nigdy – niemals,“ grinste er. Also sagt man in Polen „To robim na œwiêty
nigdy“ – Das schieb ich auf die lange Bank. Da sind wir uns doch näher, als wir
manchmal denken.
Montag, 07.01.2013
(Sächsische Zeitung)
NIESKY
Kampf gegen das Teufelszeug
über den Handel mit der Droge Crystal
Von Steffen Gerhardt
Wo Bedarf da ist, da blüht der (Schwarz-)Handel auch mit Rauschmitteln. In jüngeren
Jahren ist es die synthetische Droge Crystal, die auch in Deutschland „gedealt“ wird.
Zusammengebraut wird sie vorrangig in Tschechien, wo sie schon ein Jahrzehnt fester
Bestandteil der Drogenszene ist. Diese lässt sich immer wieder neue Stoffe einfallen, die
nicht nur berauschen sollen, sondern auch kreuzgefährlich sind. Wie einst das „Polski
kompot“ aus aufgekochtem Mohnstroh, das vor 20 Jahren „Mode“ war. Ganz gleich, wie
sich das Teufelszeug auch nennt, der Handel damit lässt sich durch die offenen Grenzen
noch schwerer unterbinden. Auch wenn wie im Fall Crystal deutsche und tschechische
Behörden enger zusammenarbeiten und einige Erfolge vorweisen können.
Montag, 07.01.2013
(Sächsische Zeitung)
DIPPOLDISWALDE
Eine viel gefragte Frau
Christiane Hemker gräbt nach Schätzen aus dem Altbergbau in
Dipps. Dafür interessieren sich auch Fernsehteams.
Von Regine Schlesinger
Für Christiane Hemker war das letzte Jahr ein erfolgreiches. Und das
quasi vom Start weg. Denn Anfang März kam das deutschtschechische Projekt Archaeo-Montan ins Laufen – ein Projekt, in das
die Archäologin anderthalb Jahre Vorbereitungszeit gesteckt
Archäologin Christiane Hemker
hat und an dessen Spitze sie steht.
in Dippoldiswalde, wo eine
Als 2008 in Dippoldiswalde bei Arbeiten der Bergsicherung
Wanderausstellung zum
Altbergbau vorbereitet wird.
über Jahrhunderte hinweg unberührt gebliebene
Foto: Egbert Kamprath
Silberbergwerke aus dem Hochmittelalter entdeckt wurden,
wusste sie sofort, was für eine Sensation das bedeutete.
Zugleich war ihr aber auch klar, dass die Kräfte und Mittel des Landesamtes für
Archäologie nicht ausreichen würden, um mit diesen Entdeckungen so umgehen zu
können, dass es deren Bedeutung gerecht wird.
Deshalb begann sie, nach Wegen zu suchen, die es ermöglichen, für diese Forschungen
mehr Fachleute einzusetzen und durch die Gewinnung anderer Partner wie Historiker und
Naturwissenschaftler die Forschungsarbeit insgesamt breiter aufzustellen. Der Gedanke,
in die Erforschung des Altbergbaus auch das Nachbarland Tschechien einzubeziehen, lag
nahe, denn als die Bergleute vor rund 800 Jahren auf die Suche nach dem begehrten
Silbererz gingen, taten sie das diesseits und jenseits der heutigen Landesgrenze.
So entstand in einem langen Prozess und nach vielen Gesprächen das Archaeo-MontanProjekt zur Erkundung und Erforschung des mittelalterlichen Bergbaus in Sachsen und
Böhmen, vorerst angelegt für einen Zeitraum von drei Jahren und gefördert mit Mitteln
der EU.
Seitdem im März der offizielle Startschuss fiel, ist schon einiges passiert. Die
Projektpartner treffen sich regelmäßig zu Arbeitsgruppensitzungen, um sich gegenseitig
über den Stand der Arbeiten zu unterrichten und das weitere Vorgehen abzustimmen.
„Jeder hat seine Aufgaben und jedes Ergebnis führt dazu, dass sich unser Bild vom
Altbergbau mehr und mehr verdichtet“, sagt Christiane Hemker.
Auch in diesem Jahr konnten wieder bislang einmalige Funde wie ein geflochtener
Erzkorb an die Restauratoren übergeben werden. Auf tschechischer Seite wurden die
Überreste einer alten Bergbausiedlung entdeckt. Dank der Dammbaustelle in Niederpöbel
bei Schmiedeberg öffnet sich den Archäologen ein zweites großes, mittelalterliches
Bergbaugebiet. Es ist etwas jünger als das von Dippoldiswalde. Hemker hält es für
möglich, dass die Bergleute hierher weitergezogen sind, nachdem die Gruben in Dipps
erschöpft waren.
Immer wieder ist die Projektleiterin für Vorträge, aber auch bei Terminen von Presse,
Funk und Fernsehen gefragt. Spiegel online drehte 2012 ebenso in Dippoldiswalde wie
das Team der ZDF-Serie Terra X oder das von Sat-1-Wissensmagazin Planetopia. Die
Archäologin ist froh, dass Oberbergamt und Bergsicherung Verständnis für den
Medienansturm zeigen, der einiges an Langmut von ihnen erfordert, wie sie sagt.
Über die Zusammenarbeit mit der Behörde muss sie sich zum Glück auch nach dem
Wechsel an der Spitze des Oberbergamtes Freiberg keine Sorgen machen. Die bislang
einmalige, vertraglich vereinbarte Kooperation zwischen einem Oberbergamt und einem
Landesamt für Archäologie wird weitergeführt, versicherte ihr der neue Chef,
Oberberghauptmann Prof. Dr. Bernhard Cramer, nach einem Treffen in Niederpöbel.
Christiane Hemker leitet aber nicht nur das Archaeo-Montan-Projekt, als Referatsleiterin
ist sie auch für die archäologischen Grabungen in Südwestsachsen zuständig. Das
funktioniere, weil ihr das Projektteam ganz viel Arbeit abnehme, sagt sie.
Zum erfolgreichen Jahr gehört auch die Internationale Fachtagung zum Archaeo-MontanProjekt, die im Oktober in Dippoldiswalde abgehalten wurde und große Resonanz fand.
„Es macht mir viel Freude, zu sehen, dass das, was man sich überlegt hat, funktioniert.
Das Projekt läuft gut und ich denke, das wird auch in diesem Jahr so weitergehen“, sagt
Christiane Hemker. Sicher ist, dass 2013 wieder spannende Aufgaben für sie und ihr
Team bereithält, wie die Grabungen auf dem Gelände vom „Roten Hirsch“ am Dippser
Obertorplatz.
Dienstag, 08.01.2013
(Sächsische Zeitung)
BÖHMISCHE SCHWEIZ
Treffen zum Weltnaturerbe vereinbart
Ein Treffen zum Thema „Weltnaturerbe Sächsisch-Böhmische Schweiz“ soll es im Februar in Usti nad Labem geben.
Dies vereinbarte Jan Szanto, Bezirksrat für Außenbeziehungen und regionale
Entwicklung/Tourismus, mit dem Koordinator der SPD-AG Euroregion Elbe-Labe, Klaus
Fiedler, am Rande einer Wahlkonferenz der Sozialdemokraten der Aussiger Region.
Fiedler sprach am vergangenen Sonnabend im Kulturhaus der Stadt Chomutov ein
Grußwort und warb für eine grenzüberschreitende Wanderung am 14.September. (SZ)
SÄCHSISCHE SCHWEIZ
1200Kilometer in einem Handbuch
Der Tourismusverband Sächsische Schweiz will mit einer kostenlosen Broschüre Lust aufs
Wandern in der Nationalparkregion Sächsische Schweiz machen. Auf 64Seiten informiert
das Handbuch „Wanderromantik in der Nationalparkregion“, was man über den Malerweg
wissen sollte. Insgesamt findet man in der Sächsischen Schweiz 1200Kilometer Wege. Da
sei für jeden etwas dabei, vom gemütlichen Ausflug bis zum Sportwandern. (SZ)
Bildhauersymposium in Nebelschütz ist finanziell gesichert
Der Kulturraum fördert die Ausrichtung des Events. Es gibt eine neue
Skulpturidee in der Land-Art-Werkstatt.
Von Helmut Schippel
Wer die seit 2006 währende Tradition einer internationalen Bildhauerwerkstatt im
Steinbruch Miltitz fortsetzen möchte, der muss früh wach werden. Die öffentliche
Förderung muss rechtzeitig beantragt und eine überzeugende Konzeption vorgelegt
werden. Dies ist dem ausrichtendem Verein Steinleicht offenbar gelungen, das
Vergabegremium des Kulturraumes wird das nächste Künstlersymposium in der zweiten
Augusthälfte 2013 mit einer beträchtlichen Summe unterstützen. Offensichtlich sind die
internationalen Bildhauertage bei Kamenz zu einem Begriff in Ostsachsen und darüber
hinaus geworden.
Auf eine solide finanzielle Grundlage bauend kann der Verein nun die deutschlandweite
Ausschreibung zur Gewinnung anerkannter Künstler ins Internet stellen, flankiert von
Kontakten zu polnischen und tschechischen Künstlerverbänden. Die große Werkstatt am
Rande des Steinbruchs wird bis zum Sommer einen Betonfußboden erhalten, Werkzeuge
und Aggregate sind zu überholen. Selbst die Öffentlichkeitsarbeit ist schon im Gange. Alle
Horte im Altkreis wurden auf Möglichkeit hingewiesen, während des Symposiums einen
erlebnisreichen Ferientag am Steinbruch verbringen zu können. Die ersten Anmeldungen
dafür liegen bereits vor. Aber das bildnerische Schaffen am Krabatstein hat 2013 eine
sehr viel größere Dimension als in den Vorjahren.
Die Land-Art-Werkstatt wird junge Leute mit künstlerischen Ambitionen aus dem
Dreiländereck unter Anleitung erfahrener, renommierter Künstler in Nebelschütz
begrüßen. Auch in diesem Fall ist die öffentliche Förderung gesichert. Land-Art ist eine
noch junge Strömung in der Bildenden Kunst. Es geht um Kunst in der Landschaft,
praktiziert mit den dort zu findenden Materialien. Auf Tradition kann der Verein
Steinleicht durchaus verweisen, denn schon zweimal
Das Foto zeigt das Modell für ein mögliches Skulpturen-Rondell, das in der
Land-Art-Werkstatt beim Bildhauersymposiums entstehen könnte. Die drei
Wege mit den symbolisierten Flaggen stehen ebenso wie die zwei sich
fassenden Hände für den Willen eines harmonischen Zusammenlebens der
drei Völkerschaften.Foto: H. Schippel
fanden Werkstätten dieser Art parallel zu Bildhauertagen in
der Flur von Miltitz statt. Nun steht ein drittes, noch
größeres Projekt an.
Zwei tschechische und ein italienischer Bildhauer, die per Internet auf die romantische
Kulisse und das künstlerische Geschehen im Steinbruch aufmerksam wurden, waren auf
Kontaktsuche beim Verein. Als sie vor Ort vom jahrhundertelangen Neben- und
Miteinander der Deutschen und Sorben in der Lausitz erfuhren, lag die Thematik für eine
Skulpturengruppe auf der Hand. Inzwischen haben die Ideen ein ermutigendes
Zwischenergebnis gezeitigt. Im Ausstellungssaal der Gemeinde stehen drei Modelle im
Maßstab 1:5, gefertigt aus Gips und Kartonage mit dem Titel „Wind der Hoffnung (auf
dauerhaftes friedliches Miteinander), des Glaubens und der Liebe“.
In der ersten Augusthälfte soll das Skulpturenensemble im Steinbruch gefertigt und
neben einem Rad- und Fußweg zwischen Kamenz und Nebelschütz platziert werden. Die
Sockel der Skulpturen werden von einheimischem Granit sein, die Skulpturen selbst aus
bestem tschechischem Marmor aus dem Jesenikgebirge. Das Projekt wird beim Deutschtschechischen Zukunftsfonds eingereicht und besitzt aufgrund seiner Symbolik und
Reputation der Künstler gute Erfolgsaussichten.
Mittwoch, 09.01.2013
(Sächsische Zeitung)
DIPPOLDISWALDE
Computer im Dippser Museumscafé
Die Arbeit an der Wander-Ausstellung zum Altbergbau hat begonnen. Viel Zeit
ist dafür nicht.
Von Regine Schlesinger
Ins ehemalige Museumscafé am Lohgerber-, Stadt- und Kreismuseum ist nach langer
Zeit der Ruhe wieder Leben eingezogen. Auch Kaffeeduft zieht wieder durch das Haus.
Doch anstelle von weißgedeckten Tischen für Cafébesucher stehen jetzt
Computerarbeitsplätze in dem großen Raum. Daran sitzen seit Monatsbeginn Wendy
Eixler und Nadine Ludwig-Egermann. Sie bilden das Ausstellungssekretariat, das die
Wanderausstellung für das deutsch-tschechische Altbergbau-Projekt ArchaeoMontan
vorbereitet. Wendy Eixler ist die Chefin, Nadine Ludwig-Egermann assistiert ihr. Beide
sind studierte Archäologen und bringen für ihre neue Aufgabe Erfahrungen im Aufbau von
Ausstellungen mit.
Wendy Eixler, die aus Westfalen stammt, hat gerade eine Ausstellung in Singapur auf die
Beine gestellt. Jetzt freut sie sich, mit der Wanderausstellung wieder zur Archäologie
zurückkehren zu können. Das habe für sie auch den Ausschlag gegeben, sich um dieses
Projekt zu bewerben, sagt sie. Berührungspunkte zum Bergbau kann sie einige
vorweisen. So hatte sie es unter anderem schon mit dem Salzbergbau in Halle zu tun und
außerdem einen Großvater, der Bergmann im Ruhrgebiet war.
Nadine Ludwig-Egermann lebt zwar heute mit ihrer Familie in Pirna, doch auch in ihren
Adern fließt Bergarbeiterblut. Ursprünglich stammt sie nämlich aus dem Mansfelder Land,
wo ihre Vorfahren Bergleute waren. Beste Voraussetzungen also für die beiden Neuen im
ArchaeoMontan-Projektteam, sich mit ganzer Kraft dem Altbergbau von Sachsen und
Böhmen widmen zu können. Voller Einsatz wird auch nötig
sein, denn schon in anderthalb Jahren soll die Ausstellung das
erste Mal gezeigt werden, und zwar auf tschechischer Seite.
Zur gleichen Zeit wird auch der nicht minder mit Spannung
erwartete Ausstellungskatalog vorliegen.
Dieser Zeitdruck schreckt die Frauen aber nicht, im Gegenteil,
sie sehen darin eine Herausforderung und nehmen’s sportlich.
Optimistisch stimmen sie auch die Arbeitsbedingungen, die
Ausstellungsleiterin Wendy
ihnen seitens der Stadt, die Partner des ArchaeoMontanEixler (r.) und Assistentin
Nadine Ludwig-Egermann
Projektes ist, geschaffen wurden und über die sie voll des
machen sich mit ihren
Lobes sind. Ein großer heller Raum, ausgestattet mit neuester
neuen Arbeitsplätzen im
Technik und viel Staufläche, ein weiterer Raum für
ehemaligen Museumscafé
Besprechungen in größerer Runde und eine Küche, die auch als
vertraut. Foto: Karl Ludwig
Oberthür
Lager für Exponate genutzt werden kann, sind genau das, was gebraucht wird,
versichern beide.
Zunächst wollen sie ein Grobkonzept für die Ausstellung entwickeln, einzelne Themen
und erste Vorstellungen darüber, was gezeigt werden soll, zu Papier bringen, sich aber
auch schon recht bald nach einem Gestalter umschauen. Eine der Vorgaben lautet, dass
die Schau flexibel gestaltet sein muss, da sie in verschiedenen Räumlichkeiten gezeigt
werden soll.
In Dipps wird das die Osterzgebirgsgalerie sein. Wendy Eixler hat sie sich schon einmal
angeschaut. Sie hat auch an der Internationalen Fachtagung zum ArchaeoMontan-Projekt
im Oktober in Dippoldiswalde teilgenommen und dabei die Stadt schon mal ein bisschen
kennengelernt, in der sie und ihre Kollegin in den nächsten Jahren viel zu tun haben
werden.
Mittwoch, 09.01.2013
(Sächsische Zeitung)
DRESDEN
Ein letztes SOS in trüber See
über die Proteste der Mitarbeiter
Von Tobias Wolf
Im kalten Nieselregen vor dem alten Kraftwerk Mitte
demonstrieren, während andere darin feiern: Die Angestellten der Laubegaster
Schiffswerft tun das aus purer Not, aus Sorge um ihre Arbeitsplätze. Für das insolvente
Unternehmen hat sich noch kein Investor gefunden – und die Zeit läuft davon. Für die
Mitarbeiter ist das wie ein Sturm in trüber See.
Kommt keine Rettung, gibt es die Werft nur noch wenige Wochen. Dabei geht es nicht
nur um den Verlust von Jobs. Ein Ende der über 150 Jahre alten Schiffbautradition in
Dresden könnte große Auswirkungen auf Tourismus und Elbeschifffahrt haben. Zwischen
Tschechien und Sachsen-Anhalt gibt es dann keine Möglichkeit mehr, alte Raddampfer zu
reparieren. Vor allem die Sächsische Dampfschiffahrt müsste deshalb ein großes
Interesse haben, dass die Laubegaster Werft erhalten bleibt. Mit ihr der Freistaat, der in
dem Unternehmen mitentscheidet und sich sonst gern als Wirtschaftsförderer geriert.
Doch die Staatsregierung stellt sich taub.
Eine kleine Werft am Stadtrand ist eben keine Fabrik von BMW, Porsche oder Global
Foundries, wo Millionen Euro an Fördergeldern verbraten werden. Für die Identität
Dresdens sind die Schiffbauer dennoch unersetzlich–nicht nur wegen ihrer Bedeutung für
die Stadtgeschichte. Die Proteste der Mitarbeiter sind das wahrscheinlich letzte SOS an
die Politik.
Pirnaer Rundschau
Ausgabe vom 9.Januar 2013
Pirnaer Rundschau
Ausgabe vom 9.Januar 2013
Mittwoch, 09.01.2013
(Sächsische Zeitung)
Tschechien sucht den Superstar
Am Freitag und Sonnabend wird der neue Staatspräsident erstmals vom Volk
gewählt.
Von Hans-Jörg Schmidt, SZ-Korrespondent in Prag
Wenn ein privater tschechischer Fernsehsender die beste Sendezeit für ein Politikerduell
freiräumt, dann nicht für irgendeine langweilige Abfragerei von Ansichten und Absichten
der Kandidaten. Der Sender „TV Prima“, der mit Politik ansonsten wenig am Hut hat,
lässt es richtig krachen. Der ohrenbetäubende Lärm, den die Zuschauer im Studio schon
zu Beginn veranstalten, gehört zum Konzept. Ein „Applausometer“ misst die Lautstärke,
mit dem der Einmarsch der beiden vermeintlichen Favoriten der bevorstehenden
Präsidentenwahl beklatscht und begrölt wird.
Eine Wahl nach dem Vorbild von „Tschechien sucht den Superstar“, hatte Amtsinhaber
Vaclav Klaus misslaunig vorhergesagt, als das Parlament erstmals die Direktwahl des
Staatsoberhauptes beschlossen hatte. „Dieser Präsident wird nicht vom Volk gewählt,
sondern im Fernsehen gekürt“, meinte Klaus. Er sollte recht behalten.
An diesem Freitag und Sonnabend treten insgesamt neun Kandidaten an, um Klaus nach
zehn Jahren im Amt abzulösen. Letzte Umfragen sehen Ex-Regierungschef Milos Zeman
mit 25,1 Prozent knapp vorn. Er würde in einer Stichwahl am 25. und 26. Januar auf den
Statistikexperten Jan Fischer treffen, der bei 20,1 Prozent liegt. Auf Rang 3 kommt der
Theaterprofessor Vladimir Franz mit 11,4 Prozent.
Zeman hatte nach 1989 die lange verbotenen Sozialdemokraten wieder aufgebaut und
nach ein paar mageren Jahren bis in die Regierung geführt. Zeman war nicht nur
Premier und Parlamentspräsident, sondern schon einmal Kandidat für das höchste
Staatsamt. Vor zehn Jahren scheiterte er gegen Klaus, weil die eigenen Genossen ihn
nicht wollten. Dennoch schätzen sich Zeman und Klaus bis heute, obwohl sie ideologisch
andere Richtungen verfolgen. Der Respekt füreinander rührt aus der Zeit her, da Klaus
Mitte der 90er-Jahre die sozialdemokratische Minderheitsregierung Zemans tolerierte und
er selbst dafür den Posten des
Parlamentspräsidenten übernahm. Damit brachten
sie viele Tschechen gegen sich auf, die nicht mehr
von Demokratie sprachen, sondern von
„Demokratura“.
Zeman ist auch deshalb heute der Favorit von
Klaus, weil er aus der Sicht des amtierenden
Präsidenten am ehesten so wie er die „nationalen
tschechischen Interessen“ verteidigen könnte. Wie
gut Zeman das kann, hatte er als Regierungschef
bewiesen, als er die Sudetendeutschen als „5.
Kolonne“ Hitlers verunglimpfte, die sich glücklich
Der Favorit: Für Milos Zeman (68) spricht
hätten schätzen können, dass sie nach dem Krieg
die politische Erfahrung. Er war bereits
„Heim ins Reich“ gedurft hätten, statt alle an die
Regierungschef, Parlamentspräsident und
Wand gestellt zu werden. Das war seinerzeit selbst
Präsidentschaftskandidat.
Zemans Berliner Genossen Gerhard Schröder zu
©dpa
viel: Er sagte damals demonstrativ einen Besuch in
Prag ab.
Favorit im Internet
Der zweite der Favoriten ist Jan Fischer. Der hat einst Tschechien die EURatspräsidentschaft gerettet. Mitten in dieser Präsidentschaft hatten die damals
oppositionellen Sozialdemokraten den bürgerlichen Premier Mirek Topolanek aus
nichtigen Gründen gestürzt. Fischer, seinerzeit Chef des Statistischen Amtes, wurde zum
Premier einer Beamtenregierung auserkoren und hielt fortan den katastrophalen
Imageverlust für Tschechien in Grenzen. Nach seinem Ausscheiden wurde er mit dem
Posten eines Vizechefs der in London ansässigen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung
belohnt.
Mit Politik wurde die tosende Menge in der TV-Show nicht allzu sehr behelligt. Am Ende
schlug das „Applausometer“ mehr für Fischer aus, was die Zeman-Fans mit wütenden
Rufen „Betrug“ quittierten. Doch vielleicht irren sich die Umfragen. Geht man nach der
Zahl der Fans im Internet, dann hieße der neue Präsident mit großem Abstand Karel
Schwarzenberg. Doch bei Facebook tummeln sich deutlich besser Gebildete als der
Durchschnitt der Wähler. So hat Vaclav Havels ehemaliger Kanzler und jetzige weltweit
renommierte Außenminister maximal Außenseiterchancen.
Wochenkurier
9.1.2013
Radio.cz
9.1.2013
Präsident Klaus zu Abschiedsbesuch in Berlin – Treffen mit Merkel,
Gauck und Lammert
Der tschechische Staatspräsident Václav Klaus weilte am Mittwochnachmittag zu einem
Abschiedsbesuch in Deutschland. Bei seinem Treffen mit Angela Merkel habe er der
Bundeskanzlerin von einer weiteren Integration der EU abgeraten, sagte Klaus gegenüber
Journalisten in Berlin. Václav Klaus, der nach zehn Jahren aus dem Amt scheidet, gilt in
Europa als einer der härtesten EU-Kritiker. Empfangen wurde der tschechische Präsident
auch von Joachim Gauck. Der Bundespräsident warnte bei dem Treffen vor einer
zunehmenden anti-europäischen Stimmung. Derzeit würden „bei vielen Bürgerinnen und
Bürgern vor allem die Sorgen und Ängste überwiegen“, sagte Gauck bei einem
Mittagessen in seinem Amtssitz Schloss Bellevue. Die Politik müsse sich deshalb darum
bemühen, für die Europäische Union wieder eine „gute Balance“ zu finden. Klaus traf
zudem noch mit Bundestagspräsident Norbert Lammert zusammen. Gauck und Lammert
hätten sich am meisten für die anstehenden ersten direkten Präsidentschaftswahlen in
Tschechien interessiert, sagte Klaus.
Der bisher letzte offizielle Besuch von Klaus in Berlin fand im April 2008 statt. In den
darauffolgenden Jahren hielt er sich zu Arbeitsvisiten in der Bundeshauptstadt und in
weiteren Städten Deutschlands auf.
Donnerstag, 10.01.2013
(Sächsische Zeitung)
BISCHOFSWERDA
„Als ob ein Schalter umgelegt wird“
Die Droge Crystal verbreitet sich in Ostsachsen rasant. Banker Mike P. ist
Konsument der ersten Stunde.
Von Tobias Wolfund Christoph Scharf
Mike P. entspricht nicht dem Klischeebild des durchschnittlichen Drogenabhängigen. Er
sagt von sich, dass er seinen Crystal-Konsum unter Kontrolle hat. Foto: Sven Ellger
Mike P.* setzt sich auf das braune Ledersofa in seiner Wohnung. Sofort trommelt er mit
seinen Fingern auf dem Couchtisch. Der Schweiß an seinen Händen hinterlässt feine
Schlieren auf der Glasplatte. Lichtstreifen wandern über die Wand, wenn Autos
vorbeifahren. Es ist kurz vor Mitternacht. Der 29-Jährige ist hellwach. Das Knirschen
seiner Zähne mischt sich unter das Trommeln der Finger seiner rechten Hand. Die linke
fährt auf seinem Oberschenkel über die Jeans. Sein Blick ist auf ein Häufchen weißer
Kristallbrocken auf dem Glastisch gerichtet. Mike zückt sein Portemonnaie, holt die
Sparkassen-Karte heraus und zerhackt mit der Kante die Kristalle zu Pulver. Schnell und
präzise.
Ein halbes Gramm Pulver schiebt er zu einer schmalen Linie zusammen. Immer wieder.
Von links nach rechts. Und umgekehrt. Mike P. nimmt die synthetische Droge Crystal,
seit er 16 ist. Er selbst nennt es nur noch „C“. Süchtige sprechen auch von Ice oder
Meth. Für Chemiker ist das weiße Pulver N-Methylamphetamin. Für Zollfahnder und
Kriminalisten ist die gefährliche Droge ein großes Problem. Vor allem in Ostsachsen.
Mike schläft seit drei Tagen nicht. „Auf Crystal bist du immer an“, sagt er und pulverisiert
weitere Kristalle zu weißem Pulver. Die Linie auf seinem Tisch wird länger. „Als ob ein
Schalter umgelegt wird, und plötzlich bist du total aktiv.“ Mike lässt sich beim Sprechen
keine Zeit zum Atmen. Es fällt schwer, seinen Worten zu folgen. Als sein Blick sofort
wieder auf die Pulverlinie zurückkehrt, entspannt sich sein Gesicht. Mike lächelt. Jetzt
„ruppt“ er sich „nur mal schnell“ eine, seine Bezeichnung für das Inhalieren der
salzartigen Substanz. Es zischt wie beim Hochziehen, wenn jemand Schnupfen hat. Nur
schneller und kräftiger. Dann ist das Pulver in seiner Nase verschwunden. Mike schließt
die Augen, seine Züge entspannen sich.
„Anfangs tat es noch weh“
Das Trommeln seiner Finger hört auf, die Kreditkarte bleibt griffbereit auf dem Tisch
liegen. Mike erzählt von den Risiken seines Drogenkonsums. Dass die scharfkantigen
Kristalle seine Nasenschleimhäute ruiniert haben, spürt er nicht. „Am Anfang tat es noch
weh. heute nicht mehr.“ Angefangen hat es vor 19 Jahren in einem Dresdner Park. Mike
ist gerade zehn Jahre alt, skatet zu dieser Zeit oft mit Freunden. Ein paar Jugendliche
haben etwas zu rauchen dabei und lassen ihn mal „ziehen.“ Es ist sein erster Joint. Was
er genau geraucht hat, weiß er nicht, nur dass es „irgendwie gut war“. Es folgen immer
neue Erfahrungen mit Haschisch, Marihuana, Ecstasy. Sechs Jahre lang steigert er den
Konsum, bis die leichten Drogen nicht mehr den gewünschten Effekt haben. Bei Crystal
ist das anders. An die synthetische Droge gerät er erstmals mit 16 – wieder bei
Freunden.
Seit seinem „Ruppen“, spricht Mike langsamer, erinnert sich an viele Details. Wer seine
Sucht nicht kennt, würde sie jetzt nicht bemerken. Der Bankangestellte trägt ein enges,
orangefarbenes T-Shirt, unter dem sich sein muskulöser Oberkörper abzeichnet, sein
Gesicht ist glatt rasiert, sein Duft unaufdringlich, angenehm. Wenn er morgens stets
pünktlich zur Arbeit geht, trägt Mike Hemd und Anzug, wie so mancher seiner Nachbarn
auch.
„Den meisten sieht man es nicht an, dass sie Crystal nehmen“, sagt Mike. Auch seine
Kollegen am Bankschalter merken nichts. „Du kannst damit tagelang durchmachen,
manchmal auch zwei Wochen am Stück.“ Tagsüber Banker, nachts auf irgendeiner Party.
Nach zehn Stunden Arbeit gibt es eine Nase voll Crystal und dann Party bis zum nächsten
Morgen. Immer, wenn die Müdigkeit kommt, legt er noch mal eine „Line“ nach.
Bevor Mike wieder zur Arbeit geht, gönnt er sich eine Dusche, eine Stunde Intimität mit
seiner Freundin und dann wieder Bank. „Das sollte man aber nicht zu oft machen und
man darf die Dosis nicht übertreiben.“ Mike doziert jetzt wie ein Mediziner, lässt sich über
die richtige Lebensweise und Ernährung aus. Bananen und Wasser nehme er auch auf
seinen Drogentrips in regelmäßigen Abständen zu sich, weil er sonst nicht mehr „klar
wird“. Seinen Körper trainiert er mindestens dreimal pro Woche im Fitnessstudio. „Wenn
du dein Leben trotz Crystal auf die Reihe kriegst, merkt niemand etwas“, sagt er. „Nicht
einmal deine eigene Freundin.“ Sie wundere sich nur über seine Leistungsfähigkeit. Ein
Satz, der ihn grinsen lässt. Um vor dem nächsten Trip doch mal ein paar Stunden Schlaf
zu finden, nimmt er Cannabis. – Mike nennt sich selbst süchtig, ein Problem sieht er in
seinem Drogenkonsum nicht. Deswegen war er auch noch nicht bei Claudia MesserThomalla.
Die 32-Jährige arbeitet bei der Suchtberatung der Bautzener Arbeiterwohlfahrt (Awo). In
die Räume an der Löbauer Straße kommen Crystal-Abhängige erst, wenn die Droge zu
einem Problem für sie geworden ist – und sie es noch selbst bemerken. Auch wenn viele
Konsumenten meinen, mit Crystal zurechtzukommen: Seit gut sechs Jahren hat die
Suchtberatung mit immer mehr Abhängigen zu tun. Kamen 2011 noch 85CrystalBetroffene in die Büros im Bautzener Osten, waren es bis Oktober 2012 bereits 137. Die
Entwicklung belegen auch die Zahlen des Landeskriminalamts, das die Straftaten erfasst,
die mit Crystal in Verbindung stehen. Allein von 2002 bis 2011 haben sich demnach die
Fälle auf mehr als 3000 vervierfacht. Das LKA rechnet mit einer weiter stark steigenden
Tendenz.
In der Oberlausitz gilt die Situation als besonders schlimm. Die tschechische Grenze ist
nur wenige Kilometer entfernt. Gleich dahinter gibt es Crystal auf jedem Markt, dazu
existieren zahlreiche gut organisierte Drogenküchen. „Bautzen ist ein beliebter
Umschlagplatz für Crystal“, weiß Claudia Messer-Thomalla von ihren Klienten. Die
Kreisstadt liegt immerhin so weit entfernt von der Grenze, dass der Zoll weniger
kontrolliert als in Sohland. Gleichzeitig ist Bautzen über die A4 gut Richtung Dresden und
Berlin angebunden, wo der Stoff reißenden Absatz findet. – Verbreitet ist die Droge in
allen Schichten: Am Schreibtisch der Sozialpädagogin sitzen Lehrlinge mit Anfang 20, die
mit ihrem Job und den Eltern nicht mehr klarkommen. Sie kennt Hartz-IV-Empfänger, die
nur Anfang des Monats richtig konsumieren können, weil das Geld vom Amt nicht weiter
reicht. Sie kennt Kinder wohlhabender Eltern, denen der Start ins Leben schwerfällt. Es
gibt aber auch Unternehmer, die glauben, nur mit Crystal den Stress im Beruf zu
meistern. „Die Droge verleiht Selbstbewusstsein – damit kann man in der Gesellschaft
richtig gut mithalten.“
Schlank, schön, süchtig
So wie Mike, der zwanghaft aufräumt. Seine Wohnung ist beinah klinisch rein. Er kann
sich im blank polierten Glastisch zusehen, wenn er sich wieder eine „ruppt“. Spuren des
Pulvers werden penibel weggewischt, sobald er „durch“ ist. Fehler auf Arbeit fallen Mike
keine ein.
Anders als bei Cannabis oder Heroin erleben Crystal-Konsumenten im Rausch keine
bunte Welt, sondern sind klar und nüchtern. Doch irgendwann verkehren sich die
positiven Anfangserfahrungen ins Gegenteil. Spätestens, sobald die Betroffenen mit
Crystal Schluss machen wollen. Auf die Hochstimmung folgt der Kater: Die Leute sind
gereizt und unausgeglichen. Langjährigen Crystal-Konsumenten drohen Psychosen und
Depressionen. Mike P. glaubt fest daran, dass er seinen Konsum im Griff hat. Bis er
vielleicht doch irgendwann bei der Drogenberatung sitzt.
*Name von der Redaktion geändert.
Kontakt zur Awo-Suchtberatung in Bischofswerda, Am Lutherpark 7, 03594 703313
Donnerstag, 10.01.2013
(Sächsische Zeitung)
SEBNITZ/NEUSTADT
Tschechische Amnestie beunruhigt Grenzorte
Das Nachbarland begnadigt 7500 Kleinkriminelle. Nun wächst hierzulande die
Sorge vor neuen Straftaten.
Von Thomas Möckel
Für viele Tschechen, die es bisher mit dem Gesetz nicht so genau nahmen, beginnt das
neue Jahr mit überraschender Freiheit. Das Nachbarland begnadigte zu Jahresbeginn ein
Heer von Kleinkriminellen. Anlässlich des 20. Jahrestages der Staatsgründung
Tschechiens am 1. Januar 1993 entrümpelte der scheidende Präsident Vaclav Klaus die
staatlichen Gefängnisse und verkündete eine Massenamnestie für rund 7500 Häftlinge,
unter ihnen zumeist Kleinkriminelle mit niedrigen Haftstrafen. Die frohe Kunde für
Gauner und Ganoven löst diesseits der Grenze allerdings kaum Freude aus.
In den Grenzanlieger-Gemeinden in der Sächsischen
Schweiz wächst derzeit die Sorge, dass aufgrund der
Massenentlassung eine neue Kriminalitätswelle in die
Region schwappen könnte. Während in der
Bevölkerung die Angst vor neuen Straftaten zunimmt,
kritisieren hiesige Politiker den tschechischen
Neujahrsgruß heftig.
Neustadts Bürgermeister Manfred Elsner (FDP) und
sein Sebnitzer Amtskollege Mike Ruckh (CDU)
beurteilen den Straferlass als kontraproduktiv für die
Sicherheitslage im Grenzgebiet. „Die Vermutung liegt nahe, dass es sich zu einem großen
Teil gerade um jene Kriminellen handelt, die unserer Bevölkerung im Grenzgebiet das
Leben schwer machen“, sagt Elsner. Ruckh
Beinahe nahtlos geht es von Sebnitz
argumentiert ergänzend, dass auf diese Weise die
nach Dolni Poustevna hinüber. Der
gute Arbeit der Polizei dies- und jenseits der Grenze
Grenzübergang nach Tschechien ist
blockiert und verhindert werde.
aber häufig auch das Einfallstor für
Die beiden Politiker appellieren nun besonders an den
Kriminelle. Dieses Problem könnte
sich aufgrund einer Generalamnestie
Freistaat Sachsen, die Bundespolizei sowie die
in Tschechien verschärfen. Foto:
tschechische Polizei, ihre Kräfte entlang der Grenze zu
Steffen Unger
verstärken. Laut Ruckh und Elsner könne es nicht
sein, dass die hiesigen Beohner nun zu den
Leidtragenden dieser Amnestie werden. Mit ihrer Meinung sehen sie sich auf einer Linie
mit Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU), der den von Vaclav Klaus verkündeten
Straferlass bereits massiv kritisiert hatte.
Die Sorge scheint generell nicht unbegründet zu sein. Regelmäßig registriert die Polizei in
den Orten an der Grenze Straftaten tschechischer Krimineller – die Täter brechen
beispielsweise in Gartenlauben und Häuser ein, überfallen Passanten, stehlen Autos und
rauben Geschäfte aus. Erst zuletzt beunruhigte eine Diebstahlsserie die Besitzer teurer
Allround-Baufahrzeuge, weil in kurzer Zeit mehrere Multicars verschwanden.
Aus dieser Serie resultiert nun eine Aktion, die zumindest ein wenig mehr Sicherheit
bringen könnte. Opfer der Multicar-Diebe haben eine Petition an den sächsischen Landtag
initiiert. Darin fordern sie die Landesregierung auf, gegen die steigende Grenzkriminalität
vorzugehen. Für praktisch sinnvoll erachten die Initiatoren zunächst, Wald- und Feldwege
wieder zu versperren, damit Fahrzeuge nicht mehr über diese Routen verschoben werden
können. Laut Ruckh will der Sebnitzer Stadtrat noch in der Januar-Sitzung entscheiden,
ob einige der Wege wieder mit großen Steinen oder versenkbaren Pollern gesichert
werden.
Donnerstag, 10.01.2013
(Sächsische Zeitung)
EBERSBACH/SOHLAND
Kurioser Drogentransport aufgedeckt
In Sohland ging am Montag Beamten der Bundespolizeiinspektion Ebersbach ein 26jähriger Deutscher ins Netz, der Drogen auf ungewöhnliche Weise schmuggelte. Die
Beamten kontrollierten den Mann, der soeben aus Tschechien einreiste. Auf Befragen
nach gefährlichen Gegenständen, Waffen oder Drogen gab der Mann an, nichts
Entsprechendes bei sich zu haben. Der 26-Jährige war allerdings schon polizeibekannt
wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz. Aufgrund dessen und wegen des
nervösen Verhaltens wurde er zum Polizeirevier Bautzen gebracht und dort gründlich
durchsucht. In einem von einem Kondom überzogenen Überraschungsei transportierte
der Mann zirka zehn Gramm Marihuana in seinem After. Der Sachverhalt wurde an den
Zoll übergeben.
Wenige Stunden später, ebenfalls in der Ortslage Sohland wurde ein weiterer Deutscher
bei der unerlaubten Einfuhr und unerlaubtem Besitzes von Betäubungsmitteln erwischt.
Auf die Nachfrage, ob er gefährliche Gegenstände, Waffen oder Drogen mit sich führe
gab er an, soeben in Tschechien Betäubungsmittel gekauft zu haben. Er holte aus seiner
rechten Jackentasche ein Cliptütchen, in dem sich mehrere Kristalle befanden. Laut
eigenen Aussagen handelt es sich hierbei um die Droge „Crystal“, für die er in Tschechien
25Euro bezahlt habe. Der junge Mann wird sich nun ebenfalls vor Gericht verantworten
müssen. Auch dieser Fall wurde zuständigkeitshalber an den Zoll übergeben. (SZ)
LÖBAU
Fünfgemeinde veranstaltet Fußballturnier
Das Turnier, das am Sonnabend in der Sporthalle in Sohland/Spree stattfindet, ist das
1.Hallenfußballturnier der Fünfgemeinde. Teilnehmen werden daher acht Mannschaften
aus den Mitgliedsorten der Fünfgemeinde. Beginn ist 13Uhr in der Oberlandsporthalle.
Die teilnehmenden Teams erhalten Preise und Pokale.
Zur Fünfgemeinde gehören in Deutschland und Tschechien: Oppach, EbersbachNeugersdorf, Neusalza-Spremberg mit Friedersdorf, Šluknov (Schluckenau), Jirikov
(Georgswalde) und Sohland. (rok)
Donnerstag, 10.01.2013
(Sächsische Zeitung)
SÄCHSISCHE SCHWEIZ/ SEBNITZ
Handbuch zum Elberadweg noch größer
Es gibt Infos zu Strecken und Unterkünften für Radler – erweitert um
Tschechien.
Von Katrin Richter
Zur Vorbereitung der kommenden Radsaison ist das „Offizielle Elberadweg Handbuch
2013“ erschienen. Erstmals ist auch Tschechien im Heft, mit einer Beschreibung ab Prag.
Wer eine Tour zwischen Moldau und Nordsee plant, findet auf 100Seiten radfreundliche
Übernachtungsbetriebe – vom Zeltplatz bis zum Fünf-Sterne-Hotel.
Das 21 x 15Zentimeter große, im Querformat gedruckte Handbuch passt in jede
Lenkertasche und ist auch während der Radtour sehr nützlich. Als zusätzlichen Service
enthält es Karten, die den Verlauf des Radweges skizzieren, Angaben zu
Sehenswürdigkeiten, Fährverbindungen und zu den Touristinformationen am Elberadweg.
Für den Fall einer Radpanne sind Reparaturwerkstätten aufgeführt. Der Radführer ist
kostenlos in vielen Touristinformationen erhältlich.
Bestellung ist möglich unter:
www.elberadweg.de/prospekte-service/prospektbestellung.html
Wochenkurier
10.1.2013
Sächsische Schweiz
Dem "Innenleben" der Schlösser auf der Spur
Schloss Weesenstein und Schloss Decin beginnen ein neues EU-Projekt
Weesenstein. Nachdem das dreijährige Projekt „Grenzräume“ erfolgreich mit der
Präsentation zweier Bücher im August 2012 beendet wurde, stecken die Schlösser Decin
und Weesenstein schon in einem neuen Projekt.
Mit der deutsch-tschechischen Buchpremiere „Burgen im Grenzraum“, dem ersten Buch
überhaupt, das einen Gesamtüberblick über die 30 böhmischen und 27 sächsischen
Burgen gibt und dem Comic über den böhmischen Adligen „Johann von Wartenberg“,
die von Mitarbeitern beider Schlösser herausgegeben wurden, fand ein dreijähriges
Projekt, das mit über 800.000 Euro gefördert wurde, einen sehenswerten Abschluss. Das
neue Vorhaben „Schlossinterieurs in Sachsen und Böhmen“ wird über das Ziel 3Programm der EU bis Mitte 2014 mit 725.000 Euro gefördert. Aufgearbeitet wird dabei
die Geschichte des 20. Jahrhunderts, beispielhaft am Schicksal der wertvollen
Interieurbestände der beiden Schlösser des Grenzraumes. Und da ging es derweilen
ziemlich drüber und drunter. Weesenstein wurde 1917 von den Wettinern verkauft, ist
seit 1936 Museum. „Authentisches Mobilar ist bei uns noch vorhanden, jedoch nicht am
angestammten Ort. Andere Schlösser standen vor allem nach dem Krieg leer, als die
Adligen auszogen oder sie wurden zweckentfremdet“, sagt die Weesensteiner
Museumschefin Dr. Andrea Dietrich.
Schlossinterieure unterlagen und unterliegen einem ständigen Wandel. Verkäufe, Kriege
und Umnutzungen wirkten sich häufig verheerend auf die Anlagen, aber noch viel
gravierender auf den oft über Jahrhunderte gewachsenen Interieurbestand aus. Schloss
Decin hatte ein ganz anderes Schicksal. Fast 60 Jahre war die ehemalige adlige
Wohnstätte militärische Einrichtung. Drei Armeen, zuletzt die sowjetische hatten hier ihre
Kaserne eingerichtet. Und der Zustand war Anfang der 1990er so desatrös, das man
zunächst daran dachte, das Schloss als Ruine zu erhalten. Zum Glück wurde das Schloss
wunderschön restauriert. „ Unsere tschechischen Schlösser sind zwar möbliert, aber
durch Restitution, Besitzerwechsel und Fremdbestimmung muss recherchiert werden
wie authentisch die Einrichtungen sind. Das trifft auch auf Schloss Decin zu“, bestätigt
Iveta Krupickova, Deciner Schlossleiterin. Im Rahmen des Projektes sollen nun
ausgewählte Räume in beiden Schlössern in den Zustand von 1900 zurückgeführt
werden.
„In Weesenstein wollen wir den Ledertapetensaal wieder authentisch einrichten“, kündigt
Andrea Dietrich an. Mir drei Vernissagen und zwei Präsentationen eines Sammelbandes
zum Projekt werden die Ergebnisse beiderseits der Grenze präsentiert. „Der
touristischen Attraktivität unserer Schlösser wird es auf jeden Fall weiteren Auftrieb
geben“, ist Iveta Krupickova überzeugt. Anfang November fand auf Schloss Decin ein
erstes Symposium zur Geschichte von sächsischen und böhmischen Schlossinterieuren
statt. (caw)
Freitag, 11.01.2013
(Sächsische Zeitung)
Wer wird Tschechiens neuer Präsident?
Die Tschechen können ihren Präsidenten erstmals
direkt wählen - ohne Umweg über das Parlament.
Zwei Favoriten buhlen um die Nachfolge des EUKritikers Vaclav Klaus. Den etablierten Parteien
droht ein Fiasko.
Von Michael Heitmann
Prag. Es ist eine bunte Truppe, die da in Tschechien um
die Wählergunst kämpft: Karel Schwarzenberg, ein Fürst
aus dem europäischen Hochadel, trifft auf den
ganzkörper-tätowierten Komponisten Vladimir Franz.
Karel Schwarzenberg erfreut sich
Der Statistik-Experte Jan Fischer wetteifert mit dem
vor allem bei gebildeten Tschechen
linken Vollblut-Politiker Milos Zeman. Sie alle fühlen sich
großer Popularität. Foto: dpa
für das Amt des Staatspräsidenten berufen. Erstmals
dürfen die Bürger ihren Präsidenten direkt wählen.
Im Rennen sind auch eine Schauspielerin, eine Ärztin und eine EU-kritische TVModeratorin. Die Entscheidung den Bürgern zu überlassen, ist nicht unumstritten. „Bei
einigen Kandidaten habe ich das Gefühl, dass ich nach ihrer Wahl auswandern müsste“,
hatte der neoliberale Amtsinhaber Vaclav Klaus zum Besten gegeben. Die Wahllokale sind
an diesem Freitag und Samstag offen. Eine Stichwahl gilt als wahrscheinlich und würde
zwei Wochen später stattfinden.
Die Wahl kann für das EU-Land politisch richtungsweisend sein. Der Präsident ernennt die
Regierung. „Ich lehne das ab“, sagte Kandidat Fischer in einem Fernsehduell auf die
Frage, ob er ein Bündnis aus Sozialdemokraten und Kommunisten absegnen würde. Sein
linker Kontrahent Zeman empfindet keine solchen Skrupel. Fischer (62) und Zeman (68)
sind die Favoriten der Meinungsforscher. Die Agentur ppm factum sieht Zeman bei 25,1
und Fischer bei 20,1 Prozent.
Mit einem Paukenschlag hat der scheidende Präsident Klaus wenige Tage vor der Wahl
demonstriert, welche Machtfülle der Mann auf der Prager Burg hat. In einer Amnestie
zum 20. Staatsjubiläum begnadigte er fast jeden dritten Häftling des Landes. Bei seinen
möglichen Nachfolgern stieß das „Zeichen der Versöhnung“ im Wahlkampf auf bitteren
Widerstand. „Es war ein grober Fehler“, bemängelte Fischer.
Kampf gegen die Korruption
Fischer steht selbst wegen seiner kommunistischen Vergangenheit in der Kritik. „Nur die
Besten waren in der KSC“, prangt es dem Wähler auf Plakatwänden entgegen. Er hatte
1980 das rote Parteibuch der Kommunistischen
Partei (KSC) angenommen. Nun verlangt der
unabhängige Kandidat die Rückkehr zu
„Anständigkeit, Professionalität und mehr Achtung
der Bürger“ in der Politik. Das kommt bei vielen
Tschechen gut an, die nach Korruptionsaffären von
den großen Parteien enttäuscht sind.
Während für Außenminister Karel Schwarzenberg
(75) die unbeliebte Sparpolitik seiner Regierung zu
einer großen Belastung geworden ist, feiert mit
Milos Zeman ein alter Hase ein Comeback. Der
Liebhaber des Kräuterlikörs Becherovka nimmt
selten ein Blatt vor den Mund. Als „fünfte Kolonne
Professor Vladimir Franz gilt neben Milos
Hitlers“ diffamierte der Linkspolitiker einst die
Zeman (rechts) und Jan Fischer (links) als
Sudetendeutschen. „In der tschechischen Politik
Geheimfavorit.
bewegen sich nur Amateure“, urteilt der
©dapd
Provokateur nun und will sich einmischen.
Alle neun Kandidaten eint das Versprechen, gegen
die Korruption anzukämpfen. Doch nicht jeder geht mit gutem Beispiel voran. Die
Organisation Transparency International (TI) hat die Finanzierung der Wahlkampagnen
bewertet. Die beste Note für Transparenz erhält Fischer. Auf einem hinteren Platz landet
Zeman, dem Prager Medien undurchsichtige Verbindungen zu russischen Firmen
nachsagen.
Favorit der Jugend ist der Komponist und Theaterprofessor Vladimir Franz (53), der für
seine Ganzkörper-Tätowierung bekannt ist. Meinungsforscher trauen dem Intellektuellen
den dritten Platz zu. In einer Umfrage unter Schülern erreichte er sogar eine Beliebtheit
von 41 Prozent. Ihren Präsidenten kennen die Schüler vom Porträt an der Wand. Aus
Hunderten Klassenzimmern verschwand das Bild von Klaus nun vorzeitig - nicht weil er
im März geht, sondern aus Protest gegen seine umstrittene Gefangenenamnestie. (dpa)
Freitag, 11.01.2013
(Sächsische Zeitung)
SÄCHSISCHE SCHWEIZ/SEBNITZ
Wer sammelt Geschichten aus der Grenzregion?
Der tschechische Verein Antikomplex, das Unternehmen Zeitengang und der Verein
Aktion Zivilcourage suchen Geschichtensammler für die deutsch-tschechische
Grenzregion. Gemeinsam ist geplant, mit Bewohnern aus Städten und Dörfern entlang
der Grenze sowie Interessierten Erlebnisse und Berichte zusammenzutragen. Gibt es im
Grenzraum deutsch-tschechische Freundschaften, die schon seit vielen Jahrzehnten
bestehen? Wer Lust hat, Geschichten mit anderen deutschen und tschechischen
Teilnehmern zusammenzutragen, kann sich anmelden. (SZ)
Ansprechpartnerin ist Ramona Meisel,
Verein Aktion Zivilcourage: 03501 460880,
E-Mail: [email protected].
Freitag, 11.01.2013
(Sächsische Zeitung)
Der rote Prinz ist der Liebling im Internet
Fürst Schwarzenberg hat nur geringe Chancen bei der Präsidentenwahl in
Tschechien.
Von Hans-Jörg Schmidt, SZ-Korrespondent in Prag
Wenn sich Freitagnachmittag in Tschechien die Wahllokale zur ersten Direktwahl des
neuen Präsidenten öffnen, dann wird sich Karel Schwarzenberg zum ersten Mal seit
Wochen zurücklehnen können. Sein Wahlkampf war anstrengend. Fürst Karel
Schwarzenberg hat ihn vorwiegend allein bestritten, obwohl er für seine Partei, die
liberal-konservative „TOP 09“, um die Nachfolge von Vaclav Klaus kandidiert. Doch die
Partei konnte ihm nicht helfen: Sie ist Teil der in der jungen tschechischen Geschichte
wegen ihrer Sparprogramme unbeliebtesten Koalition. Damit wollte der „Fürst“, wie ihn
die Tschechen nennen, nicht hausieren gehen.
Sein politischer Lebenslauf spricht jedoch für sich. Aus dem Exil in Österreich hat er sich
weit vor 1989 für die Prager Dissidenten stark gemacht. Vaclav Havel machte ihn zum
Dank zu seinem Kanzler. Schwarzenberg brachte Noblesse in den Mief und die
Unkultiviertheit, die die Kommunisten hinterlassen hatten.
Glaubt man den Umfragen, dann könnte er auf dem dritten Platz landen – zu wenig, um
in die Stichwahl zu kommen. Der frühere Wiener „Rote Prinz“, der sich zum Liberalen
gewandelt hat, hat mit seinen Freunden zuletzt dennoch am meisten Gas gegeben.
Künstler veranstalteten für ihn Konzerte, über der Stadtautobahn grüßt ein riesiges
Poster mit Havel, der in einem T-Shirt steckt, das Werbung für den „Fürsten“ macht.
Immer wieder suchte er kleine Formen des Wahlkampfs, debattierte mit Leuten in der
Kneipe beim Bier. Im Internet ist er bei den Tschechen der Superstar – aber dort sind
vor allem gebildete Menschen zu Gange, nicht der Durchschnitts-Tscheche.
Vieles von dem, was er angekündigt hat, würde Tschechien guttun: Debatten mit
Architekten, Künstlern, Literaten, Wissenschaftlern. „Ich will die Atmosphäre in der
Gesellschaft beeinflussen. Dazu muss man klugen Leuten zuhören können.“ Seine Fans
loben den Unterschied zu Amtsinhaber Klaus. Der hielt sich allein für allwissend.
MEISSEN
In den Fängen der Drogenszene?
Ein Großenhainer wird zweimal mit Drogen im Auto erwischt. Dealerei kann ihm
nicht nachgewiesen werden.
Von Thomas Riemer
Nein, den Eindruck eines Drogenabhängigen macht Michael Thor (*) nicht, als die
Verhandlung vor dem Riesaer Amtsgericht beginnt. Leicht nervös, aber gefasst und
wachen Blickes verfolgt der 30-Jährige aus einem kleinen Dorf bei Großenhain das
Verlesen der Anklageschrift. Sie wirft ihm den „Ankauf und Weiterverkauf“ von Drogen
„zur teilweisen Finanzierung seines Lebensunterhaltes“ vor. Im Klartext: Michael Thor soll
ein Drogendealer sein.
Am 29. Mai 2012, kurz nach Mitternacht, ging er der Polizei in Großenhain zum ersten
Mal ins Netz. Knapp 13 Gramm Kokain, Crystal, Haschisch und Marihuana fanden die
Beamten in seiner Jacke, die sich im Auto befand. Drei Monate später dasselbe Szenario
in Zabeltitz. Diesmal kurz vor Mitternacht und in einem Skoda waren es sogar rund 42
Gramm – Haschisch, Marihuana, Crystal.
Michael Thor schweigt, lässt seinen Verteidiger Robert Thees für sich sprechen. „Der
Besitz der Drogen wird eingeräumt“, sagt der. Damals habe sein Mandant ein Mal im
Monat Drogen gekauft. Allerdings nur zum Eigenverbrauch. Finanziert wurden die Drogen
nach Thees‘ Angaben aus Ersparnissen der früheren Arbeitstätigkeit. Ebenfalls bei einer
der beiden Kontrollen gefundenes Bargeld in Höhe von knapp 500 Euro sei
Privatvermögen, keinesfalls aber aus dem Verkauf irgendwelcher Rauschmittel
stammend. Die Drogen selbst seien jeweils säuberlich verpackt worden, „um nichts
durcheinanderzubringen“, so Thees.
Eine Hausdurchsuchung am 29.Mai lässt zumindest keinen Schluss zu, dass Michael Thor
gedealt hat. Gefunden wurde nichts, was darauf hinweisen könnte, so Richter Mischa
Hecker. Der eingesetzte Drogenhund schlug lediglich auf Thors Schlafmatratze an – ein
Zeichen dafür, dass er selbst Drogen konsumiert hat. Mehr nicht.
Zweifel aber bleiben. Ein Zettel zum Beispiel wirft Fragen
auf. Er wurde bei einer der beiden Razzien in Thors
Geldbörse sichergestellt. „In Verbindung mit der Sache hier
könnte man ihn durchaus als eine Art Bestellzettel werten“,
glaubt Zeuge Torsten Spitz (*). Er war als Polizist – zufällig
– bei beiden Kontrollen dabei, beschreibt, dass Thor jeweils
durch gerötete Augen und auffällige Pupillen auffiel. Sein
Kollege Gerald Knarr (*) bestätigt, dass es im Revierbereich
Großenhain „hauptsächlich Crystal“ ist, wenn Drogen
gefunden werden. Und: „Wir kennen zwei oder
Fein säuberlich verpackt und sortiert waren
drei, aber noch nicht den ,großen‘ Händler“, so
Drogen, darunter Crystal, die die Polizei bei
Knarr. Es sei jedenfalls „immer wieder
einem Großenhainer bei zwei Kontrollen fand.
überraschend“, wie viele Konsumenten es in
Trotz einiger Indizien konnte ihm beim Prozess
zu Wochenbeginn keine Dealerei nachgewiesen
Großenhain gibt. Michael Thor wiederum räumt
werden. Aber wer macht dann den Reibach?
– endlich auch selbst gesprächsbereit – ein, die
Foto: Archiv/dpa
Drogen meistens in Gröditz, manchmal in
Großenhain gekauft zu haben. „Von wem?“ will Richter Hecker wissen. „Das weiß ich
nicht“, antwortet Thor. Mit anderen Worten: Es gibt sie also doch – die Großenhainer
Drogenszene.
Der Leiter des Riesaer Amtsgerichts Herbert Zapf macht keinen Hehl daraus. „Es gibt in
Großenhain wie in Riesa und anderen Städten eine aktive Drogenszene“, sagt er. Es sei
hinreichend bekannt, dass in Schulen, Gaststätten und der Diskoszene mit Rauschmitteln
umgegangen und gehandelt wird. Der Drogenkonsum sei im Elbland in den letzten Jahren
„massiv gestiegen“. Um die sieben Prozent.
Damit liege der Großenhainer Raum zwar nicht höher als zum Beispiel Meißen oder Riesa.
Aber die letzten größeren Drogenfälle, die Herbert Zapf und seine Richterkollegen
verhandelten, stammten aus dem Raum in und um die Röderstadt. So der Prozess gegen
einen jungen Mann, der unter Drogeneinfluss Anfang August 2009 einen 65-jährigen
Radfahrer auf der B 101 zwischen Meißen und Priestewitz auf dem Radweg anfuhr. Der
Mann verstarb vier Monate später.
In Großenhain selbst wiederum gab es einen Dealer, der in beinahe jeder Klasse einer
Schule einen Mittelsmann sitzen hatte, der die Drogen – vorrangig Crystal – unter die
Mitschüler brachte. Jetzt sitzt er eine mehrjährige Haftstrafe ab, so Herbert Zapf.
Crystal – das ist das jüngste Reizwort unter den Drogenexperten. Die Szene versetzt sich
im Verborgenen in einen Rausch. Nachschub kommt hauptsächlich aus Tschechien, im
sogenannten Ameisenverkehr. An der Grenze fallen die Drogen kaum auf, weil sie nahezu
geruchlos sind. Die Wirkung ist umso aggressiver. Konsumenten hätten zwei Tage das
Gefühl, im siebten Himmel zu schweben, sagt Herbert Zapf. Aber: Die Droge greife den
Organismus an, „macht den Menschen in kürzester Zeit kaputt“.
So weit ist es bei Michael Thor bislang nicht gekommen. Seit der Razzia Ende August,
habe er keine Drogen mehr genommen. Die Polizisten schreiben ihm zu, bei den
Kontrollen eine „gute Kooperationsbereitschaft“ sowie keine Ausfallerscheinungen
offenbart zu haben. Zudem hat er dem Vernehmen nach Kontakt zur Drogenberatung bei
der Diakonie aufgenommen.
Doch da allein der Besitz von Rauschmitteln strafbar ist, kommt Thor nicht ungeschoren
davon. Auch wenn zunächst vieles dafür sprach, dass er dealt, sei „eine Verkaufsabsicht
hier nicht feststellbar“, konstatiert die Vertreterin der Staatsanwaltschaft. Für diesen Fall
wäre eine Freiheitsstrafe fällig gewesen. So aber bleibt es bei einem vergleichsweise
milden Urteil: 750Euro Strafe muss der Hartz-IV-Empfänger bezahlen. Auf seine
Fahrerlaubnis muss er allerdings noch eine Weile verzichten. Denn Drogen am Steuer –
das wird ein anderes Gericht noch beschäftigen.
(*) Namen von der Redaktion geändert
Radio.cz
11.1.2013
Erste Direktwahl des Staatspräsidenten in Tschechien hat
begonnen
In Tschechien hat die Präsidentschaftswahl begonnen. Punkt 14 Uhr wurden im ganzen
Land die Wahllokale geöffnet, denn zum ersten Mal in der Geschichte der Republik wird
das Staatsoberhaupt in einer Direktwahl durch die Bevölkerung gewählt. In den vier
Wahlen davor haben die Parlamentarier per Abstimmung entschieden, wer das Amt des
Präsidenten ausüben darf. Je zweimal wurden dabei der inzwischen verstorbene Václav
Havel und der noch amtierende Präsident Václav Klaus zum Staatsoberhaupt gewählt.
Um das Amt des Staatspräsidenten bewerben sich neun Kandidaten, sechs Männer und
drei Frauen. Die Stimmzettel haben die Wähler bereits per Post bekommen. Die
Wahllokale sind am Freitag von 14 bis 22 Uhr und am Samstag von 8 bis 14 Uhr
geöffnet. Wenn nach Abschluss der Wahl kein Kandidat die absolute Mehrheit erreicht
hat, wird es in zwei Wochen eine Stichwahl zwischen den beiden Kandidaten geben, die
nach der ersten Wahlrunde die meisten Stimmen auf sich vereint haben.
Freitag, 11.01.2013
(Sächsische Zeitung)
SÄCHSISCHE SCHWEIZ/ SEBNITZ
Wer sammelt Geschichten aus der Grenzregion?
Der tschechische Verein Antikomplex, das Unternehmen Zeitengang und der Verein
Aktion Zivilcourage suchen Geschichtensammler für die deutsch-tschechische
Grenzregion. Gemeinsam ist geplant, mit Bewohnern aus Städten und Dörfern entlang
der Grenze sowie Interessierten Erlebnisse und Berichte zusammenzutragen. Gibt es im
Grenzraum deutsch-tschechische Freundschaften, die schon seit vielen Jahrzehnten
bestehen? Wer Lust hat, Geschichten mit anderen deutschen und tschechischen
Teilnehmern zusammenzutragen, kann sich anmelden. (SZ)
Radio.cz
12.1.2013
Präsidentschaftswahl: Zeman und Schwarzenberg weiter im
Rennen
Nach der ersten Runde der Direktwahl um das tschechische Präsidentenamt haben sich
Miloš Zeman und Karel Schwarzenberg durchgesetzt. Dem vorläufigen Wahlergebnis
zufolge erhielt der ehemalige Premier und Ex-Sozialdemokratenchef Zeman mit 24,2
Prozent den höchsten Stimmenanteil der Wähler. Außenminister Schwarzenberg kam auf
23,4 Prozent der Stimmen und zieht damit als Zweitplazierter in die Stichwahl ein. Die
Stichwahl zwischen Zeman und Schwarzenberg findet am 25. und 26. Januar statt.
Die erste Direktwahl des tschechischen Staatsoberhauptes hatte eine Wahlbeteiligung
von über 61 Prozent. Diese relativ hohe Beteiligung führen Analysten unter anderem
darauf zurück, dass die Bevölkerung unter neun Kandidaten wählen konnte, die aufgrund
ihrer unterschiedlichen Prioritäten ein breites Publikum ansprachen. Von den sieben
Kandidaten, die den Sprung in die zweite Runde verpasst haben, bekamen Jan Fischer
und Jiří Dienstbier die meisten Stimmen. Ihr Stimmenanteil lag mit 16,4 beziehungsweise
16,1 Prozent aber letztlich deutlich hinter den beiden Top-Kandidaten. Die anderen fünf
Kandidaten landeten abgeschlagen auf den weiteren Plätzen, ihre Stimmenzahl lag
jeweils im einstelligen Prozentbereich. Nach dem vorläufigen Ergebnis der ersten
Wahlrunde belegen sie die Plätze fünf bis neun in dieser Reihenfolge: Vladimír Franz,
Zuzana Roithová, Tat`ana Fischerová, Přemysl Sobotka und Jana Bobošíková.
Ersten detaillierten Auswertungen zufolge war Zeman in allen Wahlkreisen auf den
Rängen eins und zwei platziert. Den Spitzenrang hat ihm Schwarzenberg allerdings in
Prag, Mittelböhmen, Südböhmen, den Kreisen Hradec Králové, Liberec und Pilsen sowie
bei den Tschechen, die im Ausland wählten, abgelaufen. Dafür kam Schwarzenberg in
drei der 15 Wahlkreise nicht über den vierten Platz hinaus.
Samstag, 12.01.2013
(Sächsische Zeitung)
DRESDEN, SÜDVORSTADT-WEST
200 Kletterer starten beim Turnier
Am heutigen Sonnabend findet in der Kletterarena an der Zwickauer Straße 42 ein erstes
großes Turnier statt. Bis zu 200 Sportler werden erwartet, darunter sind auch die aktuelle
deutsche und tschechische Meisterin sowie Starter aus dem Weltcup. Die Wettkämpfe
finden von 12 bis 18 Uhr statt. Das Finale ist 19 Uhr. Ab 20.30 Uhr gibt es eine Party.
Teilnehmer zahlen neun Euro Startgebühr. Die Anmeldung ist vor Ort möglich. Zuschauer
haben freien Eintritt. Die Kletterarena wurde im vergangenen Sommer neu eröffnet.
(acs)
Burgherr Klaus hält Direktwahl für einen Irrtum
Der tschechische Präsident wird erstmals vom Volk bestimmt.
Prag. Rund 8,4 Millionen Tschechen sind seit Freitagnachmittag aufgerufen, einen neuen
Präsidenten zu wählen. Erstmals seit der Unabhängigkeit 1993 wird das Staatsoberhaupt
in direkter Wahl bestimmt.
Entgegen ersten Ankündigungen gab auch Amtsinhaber Vaclav Klaus seine Stimme ab.
Klaus hatte die Direktwahl seines Nachfolgers als „tragischen populistischen Irrtum“
bezeichnet, die zur Sache der Medien werden würde. Nach seiner Stimmabgabe
kritisierte Klaus die Medien erneut. Die Tschechen sollten sich nicht von deren Einfluss
leiten lassen.
Mehrere große Zeitungen hatten am Freitag die Empfehlung gegeben, für den
international anerkannten derzeitigen Außenminister Karel Schwarzenberg zu votieren.
Als Favoriten in den Umfragen gelten jedoch die beiden Ex-Regierungschefs Milos Zeman
und Jan Fischer. Klaus deutete an, dass er seine Stimme Zeman gegeben habe, der sich
bereits um Tschechien verdient gemacht habe. Zeman und Klaus hatten 1998 eine Art
Großer Koalition geschlossen, die bis heute von Kritikern als „Schlag gegen die
Demokratie“ bezeichnet wird.
Beobachter in Prag gehen davon aus, dass keiner der neun Kandidaten die erste Runde
der Wahlen mit absoluter Mehrheit für sich entscheidet. Der Präsident würde demnach
erst in einer Stichwahl der beiden bestplatzierten Kandidaten entschieden werden. Diese
Stichwahl ist in 14 Tagen anberaumt. Der tschechische Präsident wird für fünf Jahre
gewählt. Er hat nur geringe Vollmachten, genießt in Tschechien aber traditionell große
moralische Autorität. (SZ-Korr./hjs)
Samstag, 12.01.2013
(Sächsische Zeitung)
BAD SCHANDAU/SEBNITZ
Polizisten schnappen Diebespaar
Eine Frau und ein Mann wollten auf der Basteistraße ein Auto stehlen. Nun
sitzen sie im Gefängnis.
Von Thomas Möckel
Der Polizei ist jetzt erneut ein Schlag gegen Kriminelle geglückt. Beamten des
Polizeireviers Sebnitz sowie der Bundespolizei gelang es am Donnerstagmittag, eine
Diebespaar zu schnappen. Nach Angaben der Ermittler hatten die 25-jährige Frau sowie
der 25-jährige Mann bei einem auf der Basteistraße in Bad Schandau abgestellen Renault
Laguna eine Seitenscheibe eingeschlagen. Anschließend versuchten sie, das Auto zu
starten. Der Versuch misslang allerdings. Wie die Recherchen der Polizei ergaben, muss
sich das Gauner-Duo vor dem Einbruch in das Auto auf dem an den Stellplatz
angrenzenden Grundstück aufgehalten haben. Aus einem dort stehenden Unterstand
stahlen sie einige Werkzeuge. Deren Gesamtwert beträgt rund 50 Euro. Ihre Beute
hatten die mutmaßlichen Diebe bereits in den Renault Laguna geladen. Nachdem die
beiden den Wagen nicht starten konnten, verließen laut der Ermittler den Tatort. Nach
dem Hinweis eines Zeugen, der die Täter recht präzise beschrieb, konnten Polizisten
zunächst die 25-jährige Frau auf dem Parkplatz eines in der Nähe befindlichen
Supermarktes stellen. Beamte der Bundespolizei nahmen wenig später den gleichaltrigen
Komplizen auf dem Bahnhof in Bad Schandau fest. Das Gauner-Duo aus Tschechien
wurde gestern Vormittag in Pirna dem Haftrichter vorgeführt. Der Jurist erließ einen
Haftbefehl, die beiden Kriminellen wurden daraufhin in die Justizvollzugsanstalt Dresden
gebracht.
PIRNA/RUMBURK
Radeln für Rumburk
Eine gute Idee: Die evangelische Kirchgemeinde im tschechischen Rumburk plant, in
ihrem Pfarrhaus ein Familienzentrum mit Kindergarten einzurichten. Ziel ist die
Integration von Roma-Familien. Doch das Projekt steht erst am Anfang.
Grenzüberschreitende Hilfe kam jetzt von der Diakonie Pirna. Tobias Hupfer konnte der
Pfarrgemeinde in Tschechien einen Scheck über 1000Euro überreichen.
Die Summe wurde „erradelt“. Bereits im September organisierte die Diakonie die
Spenden- und Sponsorenrallye „Mensch – Behindere mich nicht…!“. 59 Fahrer
strampelten für einen guten Zweck.
Die Christen in Rumburk benötigen die Hilfe sehr, denn erst zwei Räume im Pfarrhaus
sind zu einer Art Kindergarten ausgebaut. Regelmäßig treffen sich hier 15 Kinder im Alter
von drei bis sechs Jahren. „Aber noch fehlt dieser Betreuung die staatliche Anerkennung.
Sie ist notwendig, um Fördergelder zu erhalten und somit eine kontinuierliche Arbeit
leisten zu können“, erklärt Hupfer. Deshalb will die Diakonie die tschechische
Kirchgemeinde auch weiterhin unterstützen. Zum Beispiel bei der Erstellung eines
Konzeptes für die künftige Kita beziehungsweise des geplanten Familienzentrums. (hui)
Radio.cz
13.1.2013
Mitfavorit Fischer nach Niederlage und Absturz auf Platz drei
enttäuscht
Einer der Favoriten für das Präsidentenamt, Ex-Premier Jan Fischer, war vom
Wahlausgang sehr enttäuscht. „Die Menschen haben sich dafür entschieden, dass in der
zweiten Wahlrunde zwei Parteikandidaten gegeneinander antreten. Ich wünsche der
Tschechischen Republik von Herzen das Beste“, sagte der 62-Jährige am Samstag
lakonisch nach seiner Niederlage. Bei der Stichwahl werde er keinen der beiden vor ihm
platzierten Kandidaten unterstützen, so Fischer.
Nach den Ergebnissen der Meinungsumfragen zu Beginn des Wahlkampfes galt Fischer
als großer Favorit, kurz vor dem ersten Wahlgang wurde er zumindest als Mitfavorit und
Herausforderer von Miloš Zeman gehandelt. Im ersten Wahlgang erhielt er jedoch
lediglich 16,4 Prozent der Wählerstimmen und belegte damit abgeschlagen hinter Zeman
und Schwarzenberg den dritten Platz.
Jan Fischer, der Sohn des Ministerpräsidenten der Übergangsregierung von 2009 bis
2010, äußerte vor Journalisten, dass sein Vater auch verloren habe, weil im finalen
Wahlkampf gegen ihn eine Hetzkampagne gelaufen sei. Der Absturz Fischers war
folgerichtig: In den medialen Diskussionsrunden unmittelbar vor der Wahl gab Fischer
keine gute Figur ab, und seine Widersacher rieben ihm wiederholt seine Mitgliedschaft in
der kommunistischen Partei der ehemaligen Tschechoslowakei (KPTsch, von 1980 bis
Januar 1990) unter die Nase
Montag, 14.01.2013
(Sächsische Zeitung)
KOMMENTAR
Es kann nur besser werden
über die Wahl in Tschechien
Von Hans-Jörg Schmidt
Als der aus dem Amt scheidende tschechische Präsident Klaus letzte Woche seinen
Abschiedsbesuch in Berlin machte, hatte Kanzlerin Merkel gerade mal 15 Minuten für ihn.
Das ist die unterste Grenze, die das diplomatische Protokoll für solche Treffen vorsieht.
Das Viertelstündchen sagt etwas über das Maß an Wertschätzung, das Klaus in
Deutschland genießt. In Berlin wie auch in Brüssel ist man froh, dass seine Tage im Amt
gezählt sind.
Zehn Jahre ister mit aller Macht gegen den Strom geschwommen. Er hat die EU
attackiert, wo er konnte, hat den Lissabon-Vertrag erst in allerletzter Minute
unterzeichnet und sieht im Euro nichts als Teufelszeug. Tschechien hat unter ihm zwar
gern EU-Milliarden genommen, umgekehrt aber jedwede Solidarität verweigert.
Es wird nicht leicht für den Klaus-Nachfolger, egal ob er Zeman oder Schwarzenberg
heißen wird, das ramponierte Image der Tschechen zu verbessern. Dazu wird es nicht
genügen, künftig, anders als Klaus, auf der Burg die EU-Flagge zu hissen. Es wäre aber
das Symbol für einen Neuanfang. Schwerer wird es, die Tschechen von der EU-Skepsis zu
befreien. Bei denen hat Klaus ganze Arbeit geleistet. Gut, dass er geht.
FÜRSTENAU
Geschichten gesucht aus der Grenzregion
Der tschechische Verein „Antikomplex“, die Aktion Zivilcourage aus Pirna und die
Fürstenauerin Nicole Börner mit ihrer Agentur Zeitengang wollen die Geschichte der
Grenzregion im Osterzgebirge erkunden. Sie planen, mit Einwohnern aus den Orten
entlang der Grenze Geschichten und Erlebnisse zusammenzutragen, wie Nicole Börner
informiert.
Dabei interessieren sich die Geschichtensammler für alle Aspekte des Zusammenlebens
auf beiden Seiten der Grenze. Wer kann sich noch an die Nachkriegswirren im
Osterzgebirge erinnern? Gibt es im Grenzraum deutsch-tschechische Freundschaften, die
schon seit vielen Jahrzehnten bestehen? Welche Erinnerungen gibt es an Ereignisse wie
die Schließung der Grenze 1989? Wie gestaltet sich das Leben heute zwischen
tschechischen und deutschen Nachbarn?
Wenn genug Geschichten gesammelt wurden, sind Erzählabende in verschiedenen Orten
der Region geplant, wo die Berichte der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Wer sich an
dem Geschichtsprojekt beteiligen will, kann sich bei der Ansprechpartnerin Ramona
Meisel vom Verein Aktion Zivilcourage in Pirna melden. Mitmachen kann dabei jeder, der
mindestens 18Jahre alt ist. (SZ/fh)
Montag, 14.01.2013
(Sächsische Zeitung)
HOYERSWERDA
Dreiste Kriminelle gehen zu weit
Nicht nur an der Grenze klagen Firmen über hohe Verluste. Die tschechische
Amnestie wird es nicht besser machen.
Von Ralph Schermann& Frank Oehl & Uwe Schulz
Fast 400 Liter Diesel wollten die Diebe nachts vom Gelände einer Spedition stehlen. Aber
die Polizei war schon vor ihnen da. Als der Skoda mit dem tschechischen Kennzeichen
aufs Betriebsgelände fuhr, schnappte die Falle zu.
Das liegt schon ein paar Monate zurück. Selten läuft es so gut. Thomas Elitzsch, Besitzer
eines Autohauses in Kamenz und Hoyerswerda, büßte im September ein hochwertiges
Testgerät ein, das vom Firmengelände gestohlen wurde. In nur fünf Monaten wurden
vom VW-Autohaus-Areal in Kamenz drei teure Pkw gestohlen. Einmal scheiterten die
Diebe, aber Sachschaden machten sie trotzdem. „Das kann so nicht weitergehen“, gab
Thomas Elitzsch im September zu Protokoll. Man beuge vor, wo man kann, aber offenbar
seien die Täter technisch immer einen Schritt weiter. Betroffen sind Auto(haus)besitzer in
der ganzen Oberlausitz. In Hoyerswerda sind die Fahrzeuge etlicher Autohäuser
mittlerweile nachts hinter hohen Zäunen weggeschlossen. Aber jetzt kommt auch noch in
Tschechien die Amnestie für Kleinkriminelle. Da schwant den Nachbarn nichts Gutes,
auch wenn darüber in Tschechien mancher nur lächelt.
Bedrohung nimmt zu
Handwerksmeister Knut Scheibe klingt jedenfalls verbittert. Er hatte bereits vor zwei
Jahren darauf hingewiesen, dass Handwerker durch Grenzkriminalität hohe Verluste
hinnehmen müssen. Jetzt wird er deutlicher: „Wenn Kollegen in Kommunen entlang der
Grenzen zu Tschechien und Polen bereits sechs-, siebenmal ausgeraubt wurden, dann
sind sie in ihrer Existenz bedroht.“ Da koche die Wut hoch, bestätigt der Präsident der
Handwerkskammer Dresden, Jörg Dittrich. Eine Umfrage unter 532 Firmen zeigt: 31
Prozent der Betriebe im Kammerbezirk Dresden sehen die kriminelle Bedrohung
schlimmer als 2011. Immer mehr Firmen werden Opfer von Einbrüchen. Als Spitzenreiter
schätzen 60 Prozent der Handwerker im Landkreis Görlitz die Lage schlecht ein. Im
Landkreis Bautzen sind es zwar weniger, aber auch hier ist jeder fünfte Unternehmer
ernsthaft besorgt über die Sicherheit. Vor allem Fahrzeug- und Baufirmen stehen im
Visier der Gauner. Der wirtschaftliche Schaden sei immens, so Dittrich. Von September
2011 bis September 2012 entstand im Kammerbezirk Schaden von 1,35 Millionen Euro.
Ein Mitarbeiter einer Metallbaufirma, der anonym bleiben möchte, empört sich: „Es kann
doch nicht sein, dass unsere Werkstätten zu Hochsicherheitstrakten werden müssen.“
Auch er habe sich längst besser abgesichert. „Dafür brauche ich nicht erst Beratung.“
Was seitens der Kriminalpolizei zwar oft, aber nicht gern gehört wird. Fast immer
entdecken die Experten bei
Kontrollen doch
Schwachstellen an Türen
und Fenstern. Womöglich
auch deshalb hat trotz
Anstiegs der
Grenzkriminalität die
Polizeischelte nachgelassen.
„Die Beamten tun mir nur
leid, was sollen sie denn
machen“, sagen
Handwerker wie Lothar
Gottwald. Für ihn ist die
Politik verantwortlich, deren
Grenzöffnung eine „heilige
Kuh“ sei. „Die darf offenbar
nicht geschlachtet werden.“
Unternehmer fordern mehr
Präsenz von Landes- und Bundespolizei auch weiter weg von der Grenze. Knut Scheibe:
„Da muss auch technische Überwachung her, da muss der Stellenwert der Beamten
aufgewertet werden. Und ein festgenommener Dieb darf nicht schneller wieder auf freiem
Fuß sein als der Polizist Feierabend hat.“ Conny Stiehl, Präsident der Polizeidirektion
Görlitz, kennt die Sicht, ist aber an Gesetze gebunden. Er kann bereits auf Erfolge gegen
die Grenzkriminalität verweisen, auf enges Zusammenwirken mit den Dienststellen
jenseits der Neiße. Vor allem aber ist er auf Mithilfe der Bevölkerung angewiesen und für
Hinweise dankbar. Auch Handwerkskammern appellieren an Mitglieder, Firmen stärker zu
sichern und Wachdienste einzusetzen. Jörg Dittrich fordert: „So eine Prävention sollte
vom Land finanziell unterstützt werden.“ Auch darüber wird Thomas Elitzsch mit der
Politik im Gespräch bleiben. Am 17. Januar, so hört man, soll es in Kamenz eine Runde
mit Landtagsabgeordneten Aloysius Mikwauschk, Staatssekretär Michael Wilhelm und
Polizeipräsident Conny Stiehl geben. Klingt interessant.
Montag, 14.01.2013
(Sächsische Zeitung)
Ausländische Ärzte sichern Versorgung in ländlichen Regionen
Dresden. Sachsen ist bei der ärztlichen Versorgung vor allem auf dem Land weiter
dringend auf ausländische Ärzte angewiesen. «Einige Kliniken könnten den Betrieb
mancher Stationen ohne sie nicht aufrechterhalten, weil sie in Deutschland keine Ärzte
finden», sagte Landesärztekammerpräsident Jan Schulze am Montag in Dresden. Wie der
sächsische Ausländerbeauftragte Martin Gillo befürwortet Schulze weitere
Integrationshilfen für diese Fachkräfte, beispielsweise berufsbegleitende Sprachkurse.
Wichtig sei zudem, die interkulturelle Verständigung in Kliniken, Praxen und
Versorgungszentren zu fördern, betonte Gillo. Derzeit haben etwa neun Prozent aller
berufstätigen Ärzte im Freistaat ihre Wurzeln im Ausland.
Vor gut einem Jahr arbeiteten in Sachsen 1620 ausländische Ärzte aus 91 Nationen.
Aktuelle Zahlen liegen der Landesärztekammer noch nicht vor. Nach der Statistik von
2011 stammten die meisten Ärzte aus Tschechien, gefolgt von der Slowakei, Polen,
Rumänien und Russland. 1302 Mediziner arbeiten damals im stationären und 136 im
ambulanten Bereich, davon 75 als niedergelasse Ärzte und 61 als Angestellte in einer
Praxis. (dpa)
Stichwahl in Tschechien
Prag. Überraschung bei der Direktwahl des Präsidenten in Tschechien: Außenminister
Karel Schwarzenberg trifft in einer Stichwahl in zwei Wochen auf den linken ExMinisterpräsidenten Milos Zeman. Der als Favorit gehandelte Bürgerliche Jan Fischer
schied aus. Zeman führte mit 24,2 Prozent der Stimmen vor Schwarzenberg mit 23,4
Prozent. Der amtierende Präsident und EU-Kritiker Vaclav Klaus durfte nach fast zehn
Amtsjahren nicht mehr antreten. (dpa)
Entert der Fürst jetzt die Prager Burg?
Montag, 14.01.2013
(Sächsische Zeitung)
Mit Außenminister Schwarzenberg hatte im Kampf um Tschechiens
Präsidentenamt niemand gerechnet.
Von Hans-Jörg Schmidt,SZ-Korrespondent in Prag
Tschechiens früherer EU-Kommissar Vladimir Spidla bildet sich ein, ein guter Analytiker
und Kenner seines Landes zu sein. Doch am Sonnabendabend war auch er platt: „Dass
Schwarzenberg derart abschneiden würde, hätte ich nicht für möglich gehalten.“
Spidla war nicht der einzige Experte in Tschechien, der sich mit seiner Prognose für den
Ausgang der ersten Runde der Wahl des Nachfolgers für Vaclav Klaus vertan hatte. Die
Tatsache, dass neben dem erklärten Favoriten Milos Zeman, dem früheren linken
tschechischen Premier, auch der amtierende Außenminister Karel Schwarzenberg in die
Stichwahl in zwei Wochen kommt, hat alle überrascht. Selbst seine eigenen Anhänger in
einem Prager Theater waren so überwältigt, dass sie ihn schon wie den kommenden
Staatschef bejubelten und spontan die Nationalhymne anstimmten.
Analytiker gegen Adelsspross
„Ich habe schon viele Schlachten geschlagen, die am Anfang aussichtslos erschienen“,
schmunzelte der „Fürst“, wie die Tschechen Schwarzenberg (75) liebevoll nennen. Der
böhmische Adelsspross, der vor der Revolution von Österreich aus die Dissidenten in der
Tschechoslowakei unterstützt hatte und dafür von Vaclav Havel zum Kanzler auf der
Prager Burg gemacht wurde, brachte keine guten Voraussetzungen für die Wahl mit.
Immerhin ist er Vizepremier der aktuellen Regierung, die im Volk wegen ihrer Sparpolitik
so unbeliebt ist wie keine zweite vor ihr. Doch die Tschechen,
so ergaben die ersten Analysen, haben weniger nach
Parteizugehörigkeit gewählt, sondern auf die Personen
geachtet, die zur Wahl standen.
Das gilt auch für Schwarzenbergs Widersacher Milos Zeman
(68). Der rhetorisch begnadete ausgefuchste Analytiker mit
dem Hang zu Bonmots und zu scharfen Getränken gehörte in
der jungen Geschichte Tschechiens zu den wenigen politischen
Schwergewichten. Zwar ist er seit zehn Jahren nicht mehr aktiv in der Politik gewesen,
doch diese Pause hat ihm eher gut getan. Angriffslustig bezeichnete er die derzeitige
Politikerklasse als eine „Ansammlung von Amateuren“. Er sei Profi, habe in seiner Zeit als
Premier von 1998 bis 2002 Tschechien aus der Krise geführt. Mit dieser Argumentation
hat er seinen vermeintlich schärfsten Konkurrenten bei der Wahl, den farblosen ExPremier Jan Fischer, alt aussehen lassen.
Dass Milos Zeman am Ende mit 24,2 Prozent nur äußerst knapp vor Schwarzenberg
(23,4 Prozent) einkam, verspricht einen offenen Ausgang der Stichwahl in zwei Wochen.
Dienstag, 15.01.2013
(Sächsische Zeitung)
Bauleute im Gefängnis
Die Oberstraße verändert sich: Rossmann zieht Donnerstag an die Hauptstraße
– dafür kommt NKD. Und es tut sich noch mehr – eine Serie der SZ. Heute: Was
wird aus dem Stadtgefängnis?
Von Jens Fritzsche
Bis Dezember Gaststätte, jetzt leer – aber nach dem Umbau soll hier wieder Leben
einziehen. Foto: Willem Darrelmann
Das Gefängnis ist leer. Was nach der Amnestie für Kleinkriminelle in unserem
Nachbarland Tschechien gilt, gilt auch in Radeberg. Wenn auch ein wenig anders. Denn
Radebergs letztes noch aktives Gefängnis war eine Gaststätte. „Zum alten
Stadtgefängnis“ nämlich, direkt an der Kreuzung zwischen Oberstraße und Pulsnitzer
Straße.
Seit Jahresbeginn sind die Räume nun leer, „und bis in den Sommer oder auch Herbst
hinein wird umgebaut und saniert“, sagt Christoph Richter, dem das Gebäude gehört und
der gemeinsam mit seiner Frau auch den benachbarten Laden „Birgit‘s Lotto-Shop“
betreibt. Denn auf Dauer leer stehen soll das alte Stadtgefängnis nicht, stellt er klar.
„Aber eine Gaststätte wird es nicht mehr werden“, so viel steht fest. Was oder auch wer
hier einziehen wird, ist allerdings noch offen. „Wir schließen nichts aus, und es gibt auch
schon einige Interessenten“, verrät Christoph Richter. Der Standort dürfte jedenfalls fast
ideal sein – direkt gegenüber dem bestehenden Lidl-Markt und dem ab Frühjahr
wachsenden neuen Edeka-Markt der Generationen. Zudem quasi direkt am Zugang zur
Innenstadt. „Und wenn nach dem Umzug des Rossmann-Markts ab Anfang März dann
NKD in die Rossmann-Räume als Nachmieter einzieht, wird auch weiterhin jede Menge
Laufkundschaft da sein“, freut sich Christoph Richter. Und überhaupt sieht er den
Standort Oberstraße als sehr attraktiv an: „Hier läuft es derzeit in Sachen Handel richtig
super“, schwärmt er. Und es wird sich demnächst noch eine Menge tun an der
Oberstraße. Nicht nur im alten Stadtgefängnis.
Morgen: Warum der Lederwaren-Laden auf die gegenüberliegende Straßenseite zieht.
Wochenkurier
16.1.2013
Wochenkurier
16.1.2013
Donnerstag, 17.01.2013
(Sächsische Zeitung)
ZITTAU-RUMBURK
Begnadigte begehen keine Straftaten
Die Polizei hat von den aus Gefängnissen Freigelassenen bisher keine Verstöße
gegen Gesetze erfasst. Indes wird stärker kontrolliert.
Von Katja Zimmermann
Bei den Begnadigten, die aus den Gefängnissen zu ihren Familien rund um Rumburk
zurückgekehrt sind, handelt es sich meist um Kleinkriminelle und Drogenabhängige. Das
erklärte Rumburks Sprecherin Gabriela Dousova auf eine SZ-Anfrage. Demnach sei
keiner der aus den Gefängnissen Freigelassenen ein Gewalttäter, Mörder oder
Finanzbetrüger. Eine positive Nachricht ist auch: „In der letzten Zeit hat die Tschechische
Polizei in Rumburk keine von Amnestierten verübte Straftat registriert und auch keinen
Gesetzesverstoß.“ Die Stadt habe einen guten Überblick über alle freigelassenen
Straftäter in ihrem Gebiet und deren Vergehen. Das liege daran, weil sie sehr eng mit
dem Sozialamt und der Tschechischen Polizei zusammenarbeite.
Die Tschechische und die Stadt- Polizei in Rumburk indes gehen doppelt so viel Streife
wie sonst. Neben der höheren Polizeipräsenz auf den Straßen werden nun auch
Polizeihunde eingesetzt. Nachts werden Bars, Spielotheken, Discos und andere Orte
kontrolliert. „Es werden auch intensive Kontrollen von Objekten wie Wochenendhäusern
oder nichtbewohnten Gebäuden durchgeführt“, so Dousova. Der Grund: Es könnten sich
die – durch die Amnestie des Staatspräsidenten Václav Klaus – Freigelassenen oder
Kriminellen hier treffen.
Das Gerücht, dass Rumburk ein Heim für freigelassene Straftäter eingerichtet hat,
dementiert die Stadt. Allerdings gebe es seit zwei Jahren in Horní Jindrichov (OberHennersdorf), dem Ortsteil Richtung Seifhennersdorf, eine privat geführte Armen-
Unterkunft, mit dessen Besitzer die Stadt zusammenarbeite. Die Bewohner seien meist
anständige Menschen, die in Existenzschwierigkeiten gekommen seien – zum Beispiel
Mütter mit Kindern, Menschen nach einer Scheidung oder Menschen, die um ihre Arbeit
gekommen sind und kein Geld für die Miete haben. Die Stadt Rumburk und ihre
Bewohner hätten nur gute Erfahrungen mit diesem Haus gemacht.
Donnerstag, 17.01.2013
(Sächsische Zeitung)
DIPPOLDISWALDE
Dippoldiswalde greift nach Welterbetitel
Bisher schien das aussichtslos, weil der Altbergbau nichts zum Vorzeigen ist.
Doch es gibt ein neues Argument.
Von Regine Schlesinger
Noch vor wenigen Monaten schien die Sache hoffnungslos. Die Montanregion Erzgebirge
strebt mit 42 Projekten den Unesco-Welterbetitel an. Doch Dipps blieb dabei trotz der
Entdeckung der hochmittelalterlichen Silberbergwerke mit ihren europaweit einmaligen
Funden außen vor. Aus der Region stehen die Montanlandschaften von Altenberg und
Zinnwald, Schloss und Stadtkirche Lauenstein sowie Denkmale der Glashütter
Uhrenindustrie auf der Liste.
Bilderstrecke
Am Museum ist ein
Bergbauzentrum
geplant, das auch
Bergbaufunde zeigt.
Auch dieses in Dipps
unter Tage entdeckte
Relief verdient es,
gezeigt zu werden.
Dieses Korbteil könnte
Stück einer
Ausstellung mit
Bergbaufunden sein.
Zur Begründung, weshalb der Dippser
Altbergbau es nicht auf die Projektliste
schaffte, hieß es bislang, dass fürs Welterbe nur Objekte infrage
kommen, die unter Denkmal- oder Naturschutz stehen und
Besuchern gezeigt werden können. Doch die Dippser
Silberbergwerke müssen aus Sicherheitsgründen verfüllt werden.
Damit sind sie nicht mehr zugänglich. Zwar können die unter Tage
gemachten Funde wie Leitern, Haspelteile oder Kratzen und
Bergeisen gezeigt werden, was in Form einer Wanderausstellung für
2014 auch geplant ist. Doch das reiche nicht für den Titel. Das war
noch bis vor Kurzem die Leserart.
So sieht es unter dem
Dippoldiswalder
Busbahnhof aus. Das Bild
entstand während der
Sicherungsarbeiten in
einem der alten
Silberbergwerke. Hermann
Kuntzsch von der
Bergsicherung Freital steht
am Ende einer Strecke
unter einem Pfeiler des
Busbahnhofes direkt vor
der Raiffeisenbank. Fotos:
Egbert Kamprath
Bergwerke sind ja da
Inzwischen wird das aber anders gesehen, wie Professor Helmuth Albrecht, Direktor des
Instituts für Industriearchäologie, Wissenschafts- und Technikgeschichte an der TU
Bergakademie Freiberg, bestätigt. Er leitet die Projektgruppe Montanregion Erzgebirge.
Der Wissenschaftler geht davon aus, dass es aus fachlicher Sicht gerechtfertigt ist, die
wichtige archäologische Stätte, die in Dippoldiswalde entdeckt wurde, für den
Welterbetitel vorzuschlagen. „Es stehen auch andere Bergbaulandschaften wie die von
Gersdorf auf der Projektliste“, erklärt er. Die liegen wie die von Dippoldiswalde zwar
unter der Erde, „… aber wir wissen ja, dass sie da sind. Vielleicht können Infotafeln
angebracht werden, die darauf hinweisen“, sagt Albrecht. Es sei zwar schade, dass kein
Bergwerk begehbar sei, aber das sei nun einmal so. Schließlich gehe es vor allem um die
Bewahrung von Kulturgut. Dadurch, dass die Bergwerke auf lange Zeit nicht mehr
zugänglich sein werden, würden sie zugleich ja auch bewahrt.
Diese Sichtweise teilt die Archäologin Dr. Christiane Hemker vom Landesamt für
Archäologie. Sie leitet das für drei Jahre angelegte deutsch-tschechische ArchaeoMontanProjekt zur Erforschung und Erkundung des mittelalterlichen Bergbaus in Sachsen und
Böhmen. Im Rahmen des 2012 gestarteten Projektes wird auch die Wanderausstellung
mit Bergbaufunden vorbereitet. Sie erarbeitet zurzeit die gutachterliche Stellungnahme
zur Dippser Bewerbung um den Welterbe-Titel. Laut Professor Albrecht wird der
Welterbekonvent am 4. Februar darüber abstimmen.
Dipps muss was einfallen
Der Dippser Oberbürgermeister Ralf Kerndt (Freie Wähler) hofft, dass die Bewerbung
durchkommt. Der Stadtrat hatte noch im alten Jahr der Bewerbung zugestimmt.
Inzwischen ist der Antrag zusammen mit den nötigen Unterlagen eingereicht. Im Moment
sind laut Kerndt die für die Stadt mit der Bewerbung verbundenen finanziellen
Aufwendungen nicht sehr hoch.
Ihm ist aber klar, dass das anders aussehen wird, wenn der Unesco-Titel Wirklichkeit
wird. Dann muss Dippoldiswalde auch was daraus machen. Das wird nicht zum Nulltarif
gehen. Derzeit herrsche allerdings noch keine 100-prozentige Klarheit darüber, wie man
mit diesem Erbe praktisch umgehen kann, sagt Kerndt. Verschiedene Gedanken dazu
gebe es aber bereits. Der OB denkt dabei auch an den Plan, im Stadtmühlenhof am
Museum ein Sächsisches Bergbauzentrum zu schaffen, das auch der Forschung dient.
Etwas Zeit bleibt den Dippsern noch, sich zu überlegen, was sie mit dem Welterbe-Titel
anfangen. Die Entscheidung, wer in die Welterbeliste aufgenommen wird, fällt erst 2015.
Zunächst müssen bis Ende April dieses Jahres die Unterlagen für den Antrag im
sächsischen Innenministerium vorliegen. Nach gründlicher Prüfung schauen sich
internationale Experten den Antrag an. Geht er durch, kann er im Februar 2014 bei der
Unesco in Paris eingereicht werden.
Donnerstag, 17.01.2013
(Sächsische Zeitung)
PIRNA
1361 Kriminelle in Nordböhmen auf freiem Fuß
Erste Wiederholungstäter sind nach der Amnestie schon wieder hinter Gittern.
Von Steffen Neumann
Usti n.L. Die umstrittene Amnestie des tschechischen Präsidenten beschäftigt zwar noch
das tschechische Verfassungsgericht. Doch inzwischen sind alle, die davon betroffen sind,
auf freiem Fuß. Mittlerweile liegen auch endgültige Zahlen vor. Von den rund 6900 in
ganz Tschechien kamen 1361 allein aus nordböhmischen Gefängnissen frei. Wie viele
davon jedoch tatsächlich auch in Nordböhmen leben, ist bislang nicht bekannt. Trotzdem
ist die Angst vor einem Anstieg der Kriminalität im Grenzgebiet weiterhin hoch. Denn die
großzügige Amnestie bezog sich auch auf rückfällige Straftäter.
Drei Überfälle in einer Woche
Wie jenen 28-Jährigen, der einem Polizeibericht zufolge seit seiner Entlassung bereits
drei Raubüberfälle auf dem Konto hat. Zuletzt stieg er in Decin (Tetschen) ins Auto einer
jungen Frau und bedrohte sie mit einem Messer. „Aus Angst um ihre zwei Kinder auf dem
Rücksitz gab sie ihm alles Bargeld, das sie bei sich hatte“, erklärte Polizeisprecherin
Veronika Hysplerova. Danach zwang er sie, ihn noch ein Stück mit dem Auto
mitzunehmen. Die Polizei konnte den Mann nach den Beschreibungen der Frau kurze Zeit
später festnehmen. Ihm drohen bis zu zehn Jahre Gefängnis.
PIRNA
Deutsch-tschechische Radiowerkstatt
Dresden/Usti n.L. Das Brücke/Most-Zentrum Dresden veranstaltet vom 4. bis 9. März
2013 in Zusammenarbeit mit dem Freiwilligenzentrum Usti nad Labem (Aussig) und
coloRadio Dresden einen Radioworkshop von und für junge Leute aus Deutschland und
Tschechien.
Sieben deutsche und sieben tschechische junge Erwachsene im Alter von 18 bis 29
Jahren aus der Euroregion Elbe/Labe werden von professionellen Medienpädagogen
angeleitet, ihre ersten Schritte im Radio zu gehen. Seminarsprache ist Englisch,
Anmeldeschluss ist der 31. Januar. Die Teilnahme am Workshop kostet 100 Euro. (stn)
[email protected]
Donnerstag, 17.01.2013
(Sächsische Zeitung)
PIRNA
Grenzgeschichten der jüngeren Geschichte gesucht
Pirna/Prag. Wer kann sich noch an die Nachkriegswirren erinnern? Gibt es im Grenzraum
deutsch-tschechische Freundschaften, die schon seit vielen Jahrzehnten bestehen?
Welche Erinnerungen gibt es an Ereignisse wie z.B. die Schließung der Grenze 1989? Die
Vereine Aktion Zivilcourage, Antikomplex und das Projekt Zeitensprünge suchen
Geschichten entlang der deutsch-tschechischen Grenze in Geschichte, aber auch
Gegenwart.
Die gesammelten Geschichten werden in Erzählabenden in der Region vorgestellt. Wer
mitmachen will, sollte mindestens 18 Jahre alt sein und sich bei Ramona Meisel, Aktion
Zivilcourage, melden. (stn)
Kontakt: 03501 460880,
[email protected]
PIRNA
Neuer Fotoband über Usti
Usti n.L. Wie sehr sich die Elbestadt Usti nad Labem (Aussig) in den letzten Jahrzehnten
verändert hat, zeigt der neue Fotoband „Aussig im Wandel der Zeiten“. Das Buch der
Fotografin Ludmila Hajkova zeigt die Stadt in vergleichenden Abbildungen vom 19.
Jahrhundert bis zum Anfang des dritten Jahrtausends. Autor der Begleittexte, die in
Tschechisch, Deutsch und Englisch vorliegen, ist der Historiker Vaclav Houfek. Das Buch
ist im tschechischen Buchhandel erhältlich. Vergleichbare Bände liegen bereits für die
Städte Teplice (Teplitz), Litomerice (Leitmeritz) und Decin (Tetschen) vor. (stn)
KOMMENTAR
Einheitliche Regeln in der EU fehlen
über die Entscheidung in Tschechien
Von Maik Brückner
Die Gegner des Windparks in Moldava haben viele Argumente zusammengetragen,
weshalb dieser nicht errichtet werden soll – zumindest nicht in dieser Größe. Doch ein
nun vorgelegtes Gutachten wischt alle Bedenken zur Seite, auch den Hinweis auf die
schützenswerten Tiere auf dem Erzgebirgskamm. Für die Aktivisten der Bürgerinitiative
Gegenwind ist das ein herber Rückschlag. Es rächt sich, dass in Sachen erneuerbare
Energien noch jeder EU-Staat sein eigenes Süppchen kochen kann. Leider fehlen
Vorgaben, die für alle Mitgliedsländer verbindlich sind.
Freitag, 18.01.2013
(Sächsische Zeitung)
DIPPOLDISWALDE
Rückenwind für Windpark Moldava
Dürfen Windräder ins Vogelschutzgebiet? Ja, sagt ein Gutachten des Prager
Umweltministeriums. Es sorgt für Wirbel bis Brüssel.
Von Steffen Neumann,Usti nad Labem
Der geplante Windpark auf dem Erzgebirgskamm im tschechischen
Moldava (Moldau), direkt an der Grenze zu Sachsen, hat eine
wichtige Hürde genommen. Ein mehrere hundert Seiten starkes
Gutachten, das im Rahmen der gesetzlichen Umweltprüfung erstellt
wurde, fällt positiv für das Bauvorhaben aus. Es hält die
Auswirkung von 18 Windkraftanlagen auf das Landschaftsgepräge
für „vertretbar“ und sieht keine Einflüsse, die für Flora und Fauna
nicht akzeptabel wären.
Das Gutachten ist bereits auf Deutsch im Internet einsehbar und
soll in den kommenden Wochen öffentlich zur Einsichtnahme ausliegen. Das
verantwortliche Landratsamt Mittelsachsen hat aber noch keinen Termin genannt.
Stellungnahmen beim Umweltministerium in Prag können aber ab sofort eingereicht
werden.
Damit dürfte eine Vorentscheidung für den Bau des Windparks mitten in einem
europäischen Vogelschutzgebiet und direkt an der Grenze zu Sachsen gefallen sein.
Anders als die bisherigen Studien wurde das Gutachten nämlich nicht vom Investor
finanziert, sondern vom tschechischen Umweltministerium in Auftrag gegeben. Das misst
dem Gutachten daher besondere Bedeutung bei und richtet sich in der Regel nach den
darin gegebenen Empfehlungen.
Kam es bei vergleichbaren Projekten in Schutzgebieten
zu einer deutlichen Minderung der Windradzahl, will der
Gutachter Jaroslav Tomasek lediglich bei sechs der
Windräder noch einmal prüfen lassen, ob bei den
Standorten nicht doch ein Vorkommen des bedrohten
Birkhuhns zu beobachten ist. Für die restlichen zwölf
Anlagen ist dagegen mit der Zustimmung des
Dieser Anblick könnte sich bald an
der sächsisch-böhmischen Grenze
bei Neu-Rehefeld bieten. Ein
Investor will in Moldava 18
Windkraftanlagen errichten. Foto:
dpa
Ministeriums zu rechnen.
Doch schon rührt sich Protest in Tschechien und Sachsen.
Gegen das Projekt waren aus beiden Ländern im
vergangenen Sommer zahlreiche Einwände eingegangen.
Die Autoren der Studie fegten sie aber alle vom Tisch.
Michael Eilenberger von der Bürgerinitiative „Gegenwind“
nannte das Gutachten „skandalös“. Auch Joachim Schruth vom Naturschutzbund NABU
sieht erhebliche Lücken und eine Bedrohung vor allem für das gefährdete Birkhuhn. „Bei
uns ist der Bau solcher Anlagen im Vorkommensgebiet von streng geschützten Arten
verboten und Tschechien setzt sich darüber hinweg. Das ist absurd“, schimpft er und
kündigte erneut Einspruch an.
Doch die Umweltprüfung lässt nicht mehr viele Gelegenheiten dafür zu. Voraussichtlich
im Februar wird es eine öffentliche Anhörung zu dem Projekt geben, danach gibt das
Ministerium seine Entscheidung bekannt. Schruth denkt daher auch über eine mögliche
Klage nach. Doch der NABU allein könnte diese aus Finanzgründen sicher nicht stemmen.
„Hier wäre die Politik gefragt“, fordert Schruth.
Die regt sich zumindest in Brüssel. „Der Petitionsausschuss des EU-Parlaments wird sich
wieder mit dem Vorhaben befassen“, kündigte der sächsische Abgeordnete und
Ausschussmitglied Peter Jahr an. „Sollte sich das Ministerium tatsächlich diesem
Gutachten anschließen, dann können wir uns die Ausweisung von Natura-2000-Gebieten
in Zukunft sparen. Doch wir sollten das endgültige Ergebnis abwarten“, so Jahr weiter.
Doch viel Zeit bleibt nicht, denn der Investor drückt aufs Tempo. Frantisek Cupr,
Vorstand von EP Renewables, rechnet damit, noch in diesem Jahr mit dem Bau beginnen
zu können. „Sobald die Umweltprüfung abgeschlossen ist, beantragen wir die
Baugenehmigung“, sagt Cupr. Die Eile ist begründet. Denn der Regionalplan des Bezirks
Usti (Aussig) verbietet seit fast zwei Jahren Windparks in geschützten Gebieten und
direkt an der Staatsgrenze. Um Investorenschutz zu bieten, wurde dem Projekt eine
Übergangszeit eingeräumt. Die endet im Herbst.
Freitag, 18.01.2013
(Sächsische Zeitung)
SEBNITZ
Die Angst geht um in Hertigswalde
Solche Szenen könnten sich derzeit
auch im Sebnitzer Ortsteil
Hertigswalde abspielen. Vermutlich
kundschaften Unbekannte nachts die
Häuser und Grundstücke aus, um zu
sehen, ob und was sie dort noch
herausholen können.Foto: dpa
Unbekannte schleichen nachts durch den
Sebnitzer Ortsteil Hertigswalde. Vermutlich
kundschaften sie die Häuser aus.
Von Anja Weber
Noch ein gestohlener Multicar – das ist wohl das Letzte,
was Heike Fritsche und ihre Lebensgefährte Jürgen
Petschel brauchen. Denn der jetzt in der Garage steht,
ist schon der Ersatz für den im Herbst 2012
gestohlenen Multicar. Doch seit einigen Tagen leben sie
in ständiger Angst. Denn in Hertigswalde schleichen
offenbar nachts Unbekannte um die Grundstücke. Dass
die nichts Gutes im Schilde führen, da ist sich Heike
Fritsche sicher. Gestohlen wurde zwar noch nichts.
„Wir vermuten, dass jetzt die Häuser
ausgekundschaftet werden, um zu sehen, ob und vor
allem auch was noch zu holen ist“, sagt die
Hertigswalderin.
In der Nacht zum Sonnabend hat eine größere Gruppe Menschen ihr Grundstück
betreten. Das konnte sie zumindest an den Fußspuren erkennen. Und so konnten sie und
ihr Lebensgefährte auch sehen, wo sich die Unbekannten zu schaffen gemacht haben.
Sämtliche Türen wurden untersucht. Außerdem wurde aus dem Schuppen eine
Schneeschippe geholt und mit dieser schaufelten die Unbekannten die Kellerfenster frei.
Auch am gegenüberliegenden Pferdestall waren Spuren zu sehen. Gehört hätten sie und
ihr Mann nichts.
Doch nicht nur dort wurden Spuren entdeckt. Auch auf den Grundstücken nebenan und
am Kaninchenstall des Nachbarn waren Fußabdrücke zu sehen. Sofort hatte Heike
Fritsche am Sonnabend die Polizei gerufen. Die Beamten konnten die Fußspuren sehen.
Doch sichern konnten sie die nicht mehr, da sie zum Teil schon mit Schnee bedeckt und
verwischt waren. Dass dann in den darauffolgenden Nächten weitere Grundstücke
vermutlich „ausgekundschaftet wurden“, bestätigen andere Einwohner. Um die Gebäude
sowie an Schuppen waren erneut Fußspuren sichtbar. Ob diese nach Tschechien führen
oder ob die Täter irgendwo in ein Auto gestiegen sind, kann nicht nachvollzogen werden.
„Wir sind sicher, das hier Beutezüge vorbereitet wurden“, sagt Heike Fritsche.
Das Makabre daran: Vor wenigen Tagen hatte sie die Eingangsbestätigung ihrer Petition
an den Landtag erhalten. In diesem Schreiben wird sie um Zeit und um Geduld gebeten,
da die Prüfung des Sachverhaltes dauern würde. „Angesichts der Vorkommnisse haben
wir aber keine Zeit mehr“, sagt sie. Mit der Petition fordert sie die Landesregierung auf,
gegen die steigende Grenzkriminalität vorzugehen. Sie fordert unter anderem, dass die
Waldwege wieder mit Grenzsperren gesichert werden, weil dort Fahrzeuge über die
Grenze gebracht werden. Außerdem müsse der stetige Abbau der Polizei beendet
werden. Fast 700 Menschen haben ihre Petition unterzeichnet. Oberbürgermeister Mike
Ruckh (CDU) hat den Hertigswaldern seine Unterstützung zugesichert. „Aus aktuellem
Anlass besteht die Notwendigkeit sowohl der verstärkten Präsenz der Polizei als auch der
erhöhten Wachsamkeit der Bürger.“ In der gestrigen turnusmäßigen Besprechung
zwischen dem Leiter des Sebnitzer Polizeireviers, Steffen
Ettrich, und dem Oberbürgermeister wurde ebenfalls darüber gesprochen. Der
Revierleiter habe dabei mit der Verstärkung der Streifentätigkeit in Hertigswalde eine
erhöhte Aufmerksamkeit für das Grenzgebiet zugesichert. Bis Ende März werden
außerdem in Hertigswalde auch wieder nachts die Straßenlampen leuchten. Außerdem
werden die Sebnitzer Stadträte in ihrer Sitzung am 23. Januar darüber diskutieren, ob
der Wanderweg am Waldhaus nach Mikulasovice mit Pollern gesichert wird.
Geständnis im Prozess um Baby-Entführung
Freitag, 18.01.2013
(Sächsische Zeitung)
Das Lügenkonstrukt bricht zusammen: Eine Frau denkt sich eine unglaubliche
Geschichte aus, um ihrem Freund eine Fehlgeburt zu verschweigen.
Von Christian Schultz
Koblenz. Umfassendes Geständnis im Prozess um das entführte Baby Michala: Die 48jährige Angeklagte hat zugegeben, ihrem Lebensgefährten die Geburt eigener Kinder
vorgespielt und so die Entführung des Babys in Tschechien ausgelöst zu haben. Sie sei
zwar von ihrem mitangeklagten 51-jährigen Freund schwanger gewesen, habe ihm aber
eine spätere Fehlgeburt verschwiegen, ließ sie gestern vor dem Landgericht Koblenz über
ihre Verteidigerin mitteilen. Nach einer vorgetäuschten Geburt gemeinsamer Drillinge im
tschechischen Ústí nad Labem habe sie behauptet, die eigenen Kinder seien entführt
worden.
In dem Verfahren geht es um die Entführung der damals wenige Wochen alten Michala
am 4. Juli 2012 in der Nähe von Ústí nad Labem. Der 51 Jahre alte Mitangeklagte soll das
Baby vor den Augen der tschechischen Mutter aus dem Kinderwagen gerissen und es
gemeinsam mit der 48-Jährigen nach Deutschland gebracht haben. Am 9. Juli des
vergangenen Jahres war Michala dann wohlbehalten in der Wohnung der Mutter der
Angeklagten in Neuwied gefunden worden.
Das Paar wurde festgenommen und sitzt seitdem in Untersuchungshaft. Die
Staatsanwaltschaft wirft ihnen Kindesentführung vor. Beiden droht eine Freiheitsstrafe
von bis zu fünf Jahren.
Wochenlang Bauch ausgestopft
Gestern las die Verteidigerin der 48-Jährigen eine ausführliche Stellungnahme vor: Ihre
Mandantin habe ein Kind von dem 51-Jährigen erwartet, ihm aber „wider besseres
Wissen“ gesagt, dass sie Drillinge erwarte. Dafür gebe es keine Erklärung. Die Fehlgeburt
habe sie für sich behalten und wochenlang Lappen und Handtücher unter ihre Kleidung
gesteckt, damit sie schwanger aussehe. Der Familie zeigte sie demnach Ultraschallbilder
aus dem Internet.
Als Erklärung für die vorgetäuschte Geburt in Tschechien habe die Frau erzählt, sie sei in
Deutschland nicht krankenversichert. Nach der angeblichen Geburt – bei der der Vater
nicht dabei war – habe sie ihm dann unterschiedliche Versionen über den angeblichen
Tod und die Entführung der Kinder aufgetischt.
Der 51-Jährige schilderte in einer Stellungnahme, wie ihn seine Freundin über Monate
systematisch anlog. Ab Anfang April 2012 – also nach der Fehlgeburt – habe sie sich ihm
gegenüber nicht mehr nackt gezeigt. Rückblickend komme er sich naiv vor, sagte der
Mann. Damals habe er aber keinen Grund gehabt, an den Aussagen seiner Freundin zu
zweifeln. (dpa)
Präsident Klaus kritisiert
Kandidatur Schwarzenbergs
Prag. Der scheidende tschechische Präsident
Vaclav Klaus hat den Außenminister und
Kandidaten für seine Nachfolge Karel
Schwarzenberg wegen dessen Zeit im Exil
kritisiert. „Es geht mir darum, dass derjenige
Präsident wird, der zu diesem Land gehört (...)
und hier sein Leben in schweren, guten, den
besten und den schlechteren Zeiten verbracht
hat“, sagte Klaus gestern der
Nachrichtenagentur CTK. Der Fürst zu
Schwarzenberg hatte von 1948 bis zur Wende
vom Herbst 1989 in Deutschland und
Österreich gelebt.
Klaus fügte hinzu, dass Tschechien sich nicht
in Europa „wie der Zucker im Kaffee“ auflösen
dürfe. Schwarzenberg trifft am 25. und 26.
Januar in einer Stichwahl um das Präsidentenamt auf Ex-Premier Milos Zeman. (dpa)
Der Elbtal-Weinlauf ist zu einer touristischen
Attraktion im Landkreis geworden. Jährlich
wandern 3000 Teilnehmer aus Deutschland
und dem umliegenden Ausland im Oktober
durch die Weinberge und sorgen damit nicht
nur bei den Winzern, sondern auch in
Pensionen, Hotels, Restaurants und Museen für
Umsatz. Foto: PR
Freitag, 18.01.2013
(Sächsische Zeitung)
COSWIG/MEISSEN
Halb Europa will zum Elbtal-Weinlauf
In nur 20 Minuten waren die 3000 Startplätze vergeben. Der Veranstalter will
das Weinspektakel trotzdem nicht erweitern.
Von Philipp Siebert
Noch nie war der Ansturm auf die Startnummern zum Elbtal-Weinlauf so groß wie in
diesem Jahr. 3000 Startplätze waren innerhalb von nur 20 Minuten vergeben. „Das
macht aller 2,7 Sekunden eine Buchung“, sagt Torsten Schröder, 1.Vorsitzende des SV
Elbland Coswig-Meißen e.V. Der Rekord aus dem Vorjahr wurde damit überboten. 2012
war nach 50 Minuten kein Startplatz mehr zu haben.
Schröder und sein Team haben damit jedoch gerechnet. Und sich mit Profitechnik auf den
Ansturm der Weinwander-Freunde aus Deutschland, Österreich, Tschechien, der Schweiz
und Skandinavien vorbereitet. Denn Teilnehmer können sich seit vier Jahren nur im
Internet in die Startlisten eintragen. Das erleichtert die Vergabe der Startnummern. „Im
letzten Jahr ist durch den Andrang aber das System zusammengebrochen“, sagt
Schröder. Das sollte nicht noch einmal passieren. Kurzerhand mietete der IT-Profi einen
zusätzlichen Server, über den sich die Teilnehmer nun ohne Verbindungsprobleme
registrieren konnten.
„Mit einer solchen Anmeldeflut haben wir trotzdem nicht gerechnet“, sagt Schröder. Die
Meldeteam um Manfred und Jan Göhler ist immer noch dabei, die Startlisten zu erstellen
– und frei werdende Plätze neu zu vergeben. Haben gemeldete Starter ihren
Teilnehmerbeitrag nicht gezahlt, bekommen sie keine Startnummer. Die wird dann an
einen der 500 Wanderfreunde, die sich in die Warteliste eingetragen haben, vergeben.
Der Elbtal-Weinlauf ist in seinem zehnten Jahr zum Selbstläufer geworden. „Wir haben
etwas geschaffen, was einmalig ist“, sagt Torsten Schröder stolz. Deshalb habe sich der
Verein das Konzept bereits patentieren lassen. Denn der Elbtal-Weinlauf ist mehr, als nur
ein Wander- und Genussspektakel entlang der Elbe. „Der Weinlauf ist zu einem wichtigen
Wirtschaftsfaktor für das Elbtal geworden“, sagt Schröder.
Und damit hat der Vereinsvorsitzende nicht unrecht. Traditionell findet das Spektakel
zwei Wochen nach den großen Weinfesten in Meißen und Radebeul statt. Die Teilnehmer,
von denen mehr als drei Viertel nicht aus dem Elbtal stammen, füllen so kurz vor dem
Winter noch einmal die Betten der Pensionen und Hotels, sorgen für ausgebuchte
Restaurants und Warteschlangen vor den touristischen Besonderheiten und Museen
zwischen Radebeul, Meißen und Moritzburg. „Viele verbinden den Lauf mit einem Dreioder Viertageurlaub im Elbland“, weiß Schröder aus Gesprächen mit den Läufern.
Trotz des riesigen Ansturms auf die freien Plätze für den Run durch die Weinreben wollen
die Organisatoren das Spektakel nicht vergrößern. Auch wenn sich das Teilnehmer als
auch Hoteliers und Gastronomen wünschen. „Wir bleiben bei einem Weinlauf pro Jahr“,
sagt Schröder. Schon jetzt sei die Veranstaltung nur durch die Mithilfe von über 400
Helfern möglich. „Ohne die Ehrenamtlichen könnten wir den Lauf nicht auf die Beine
stellen“, weiß Schröder. Die und das zehnköpfige Organisationsteam wolle der Verein
nicht damit belasten, die Mammutaufgabe „Planung des Weinlaufes“ zweimal im Jahr zu
stemmen.
Auch eine zusätzliche, fünfte Route, etwa bis in die Weinberge von Radebeul, sei keine
Option, um zumindest das Teilnehmerfeld zu vergrößern. „Dafür brauchen wir noch mehr
Helfer. Die haben wir aber nicht“, sagt Schröder. Außerdem hätte der Verein in der
Lößnitzstadt bislang noch keine Partner gefunden, die sich am Weinlauf beteiligen
würden.
Konkrete Pläne gebe es in dieser Richtung daher nicht. „Mehr als 3000 Leute, die in
sieben Stunden über die Wanderwege marschieren, wollen wir außerdem der Natur nicht
zumuten“, sagt Schröder. Denn beliebt bei den Läufern ist vor allem die zwölf bzw. 17
Kilometer lange Strecke.
Zusätzliche Teilnehmer würden sich dann wahrscheinlich auch auf diesen Routen
tummeln. Der Weinlauf ist und bleibt damit ein exklusives Spektakel.
Diejenigen, die schnell genug waren und eine Startnummer ergattert haben, können sich
in diesem Jahr außerdem auf viele Besonderheiten entlang der Strecke freuen. Neben
den knapp 45 Verpflegungsständen und sechs Weingütern, bei denen die Wanderer die
Rebsorten verkosten können, erwartet die Teilnehmer zum zehnten Jubiläum
musikalische und kulturelle Höhepunkte entlang der Strecke, verspricht Schröder.
Schröder: „Verschiedene Bands aus der Region werden zu hören sein, mehr verrate ich
jetzt aber noch nicht.“
Samstag, 19.01.2013
(Sächsische Zeitung)
Antideutsche Töne im Prager Wahlkampf
Präsidentschaftskandidat Karel Schwarzenberg wehrt sich gegen Vorwürfe. Es
geht auch um die Sprache.
Von Hans-Jörg Schmidt, SZ-Korrespondent in Prag
Eine Woche vor der Stichwahl zum tschechischen Staatsoberhaupt machen die Gegner
des bürgerlichen Kandidaten mobil. Außenminister Karel Schwarzenberg, der im
Zweikampf mit dem früheren linken Premier Milos Zeman vorn liegt, wehrt sich gegen
den Vorwurf, er sei kein „authentischer Tscheche“. Angestoßen hat diese Debatte
Amtsinhaber Vaclav Klaus.
„Präsident sollte ein Mensch werden, der zu diesem Land gehört, der Teil dieses Landes
ist, der sein Leben hier verbracht hat“, in guten wie in schlechten Zeiten, sagte das
scheidende Staatsoberhaupt. Das zielte gegen Schwarzenberg, dessen Familie 1948
gezwungenermaßen ins Exil gehen musste. Schwarzenberg hat von dort aus die Prager
Dissidenten unterstützt. Er kehrte nach der Revolution von 1989 in seine Heimat zurück.
Der Sohn von Klaus machte sich öffentlich über die angeblich unzureichenden
tschechischen Sprachfertigkeiten Schwarzenbergs lustig. Schwerer noch wog sein
Vorwurf, der Vater Schwarzenbergs habe mit den Deutschen kollaboriert. Klaus junior
bezog sich dabei auf in der Zeit des Sozialismus erschienene „wissenschaftliche Werke“,
die als Propaganda entlarvt wurden.
Tschechisch auch im Exil
Die Familie Schwarzenberg gehörte zu den größten böhmischen Patrioten. Ihr Besitz
wurde von den Nazis konfisziert. Wegen ihrer pro-tschechischen Haltung durfte die
Familie nach dem Krieg ihre tschechoslowakische Staatsbürgerschaft behalten und wurde
nicht mit den Sudetendeutschen vertrieben. Folgerichtig erhielt Schwarzenberg nach
1989 auch einen Großteil seines früheren Eigentums zurück.
Schwarzenberg nahm die Vorwürfe gelassen hin. „Ich habe mir meine tschechische
Sprache so gut es ging, auch im Exil erhalten. Ich habe jede Woche ein tschechisches
Buch gelesen. Und die Nationalhymne habe ich schon gesungen, als Klaus junior noch
gar nicht auf der Welt war.“ Wenig überrascht zeigte sich der Minister von der präsidialen
Parteinahme für Zeman. Beide verbinde die Zeit des gemeinsamen Regierens in der Zeit
des „Oppositionsvertrages“.
In einer Fernsehdebatte am Donnerstagabend zog Zeman dann die „deutsche Karte“. Er
hielt Schwarzenberg vor, dem ersten Nachwende-Präsidenten Vaclav Havel zur
Entschuldigung bei den Sudetendeutschen geraten und den Vertriebenen die Rückgabe
ihres Eigentums in Aussicht gestellt zu haben. Schwarzenberg erwiderte, dass die
Vertreibung aus heutiger Sicht als „grobe Verletzung der Menschenrechte“ anzusehen ist.
Dafür müssten sich heute die damalige Regierung und ihr Präsident Edvard Benesch in
Den Haag verantworten.
Dienstag, 22.01.2013
(Sächsische Zeitung)
RUMBURK/NEUGERSDORF
Begnadigte begehen keine Straftaten
Die Polizei hat von den aus Gefängnissen Freigelassenen bisher keine Verstöße
gegen Gesetze erfasst. Indes wird stärker kontrolliert.
Von Katja Zimmermann
Bei den Begnadigten, die aus den Gefängnissen zu ihren Familien rund um Rumburk
zurückgekehrt sind, handelt es sich meist um Kleinkriminelle und Drogenabhängige. Das
erklärte Rumburks Sprecherin Gabriela Dousova auf eine SZ-Anfrage. Demnach sei
keiner der aus den Gefängnissen Freigelassenen ein Gewalttäter, Mörder oder
Finanzbetrüger. Eine positive Nachricht ist auch: „In der letzten Zeit hat die Tschechische
Polizei in Rumburk keine von Amnestierten verübte Straftat registriert und auch keinen
Gesetzesverstoß.“ Die Stadt habe einen guten Überblick über alle freigelassenen
Straftäter in ihrem Gebiet und deren Vergehen. Das liege daran, weil sie sehr eng mit
dem Sozialamt und der Tschechischen Polizei zusammenarbeite.
Die Tschechische und die Stadt- Polizei in Rumburk indes gehen doppelt so viel Streife
wie sonst. Neben der höheren Polizeipräsenz auf den Straßen werden nun auch
Polizeihunde eingesetzt. Nachts werden Bars, Spielotheken, Discos und andere Orte
kontrolliert. „Es werden auch intensive Kontrollen von Objekten wie Wochenendhäusern
oder nichtbewohnten Gebäuden durchgeführt“, so Dousova. Der Grund: Es könnten sich
die – durch die Amnestie des Staatspräsidenten Václav Klaus – Freigelassenen oder
Kriminellen hier treffen.
Das Gerücht, dass Rumburk ein Heim für freigelassene Straftäter unweit des
Grenzübergangs nach Neugersdorf eingerichtet hat, dementiert die Stadt. Allerdings gebe
es seit zwei Jahren in Horní Jindrichov (Ober-Hennersdorf), dem Ortsteil Richtung
Seifhennersdorf, eine privat geführte Armen-Unterkunft, mit dessen Besitzer die Stadt
zusammenarbeite. Die Bewohner seien meist anständige Menschen, die in
Existenzschwierigkeiten gekommen seien – zum Beispiel Mütter mit Kindern, Menschen
nach einer Scheidung oder Menschen, die um ihre Arbeit gekommen sind und kein Geld
für die Miete haben. Die Stadt Rumburk und ihre Bewohner hätten nur gute Erfahrungen
mit diesem Haus gemacht.
Dienstag, 22.01.2013
(Sächsische Zeitung)
Schlafanzugpartys und fettige Finger
Die Ballsaison bei unseren tschechischen Nachbarn hat begonnen – mit einigen
sehr kuriosen Veranstaltungen.
Von Katja Zimmermann
Männer in Nachthemden und Zipfelmützen, Frauen in Nachthauben á la Witwe Bolte. – So
etwas findet man heute nur noch zu Nachtwäschepartys, wie beispielsweise eine am 22.
Februar im Saal der Liberecer „Lidové sady“ (hinter dem Zoo-Gelände) steigt. Natürlich
sind dort auch aufreizendere Teile aus der Neuzeit gern gesehen. Das Motto lautet
nämlich schlicht: „Zeigen Sie der Welt, worin Sie schlafen.“
Überhaupt entwickeln unsere tschechischen Nachbarn einen großen Ideenreichtum, wenn
bis ins Frühjahr hinein die Ball-Saison läuft. Die SZ hatte im vergangenen Jahr das
Thema schon aufgegriffen. Tanzbegeisterte Leser äußerten daraufhin den Wunsch, auch
dieses Jahr wieder etwas darüber zu erfahren – weil es auf deutscher Seite nur ein paar
Bälle gibt; die Faschingsveranstaltungen und wenigen Stadt-Bälle ausgenommen.
Fast jeder noch so kleine tschechische Ort bietet mindestens einen Tanzabend an – es
lohnt sich, einfach mal auf den Internetseiten nach dem Wort „ples“ (Ball) zu stöbern.
Nicht alle sind jedoch für die breite Öffentlichkeit. Beispielsweise organisiert der Ort
Janov nad Nisou bei Jablonec nad Nisou am 15. März anlässlich des Lehrertags einen
Schulball.
Eine tolle Idee für tanzfreudige Eltern hatte das Eurozentrum in Jablonec nad Nisou:
Während sich die Großen am 16. Februar ab 20 Uhr auf der Salsa-Night tummeln,
können sie ihre Kleinen zur Schlafanzugparty im Mutterzentrum MC Jablíèko abgeben.
Andrea Pravcová vom Zentrum sagt, dass die Veranstaltung für Kinder ab zwei Jahren
geeignet ist. Die Eltern müssten nur bis 14. Februar eine Mail schreiben (an:
[email protected]) und die Kinder dann am 16. Februar, um 19 Uhr, schon nach
dem Abendbrot, mit Schlafanzug, Schlafsack und guter Laune abgeben. Abgeholt werden
sollen die Kleinen dann, nach dem Frühstück, am Sonntag um 10 Uhr. Wie Jan Ocilka
vom Eurozentrum sagte, ist die Salsa-Night auch für Neulinge gedacht: Verteilt über den
Abend gibt es immer wieder mal Übungen zum Salsa-Lernen.
„Fettige Hände und Münder“ werden laut Bürgermeister Petr Krupka die Tänzerinnen und
Tänzer auf dem „Halušky bál“ (etwa „Nockerl-Ball“) am 30. März in Loužnice haben. Der
Ort zwischen Tanvald und Železný Brod veranstaltet diesen beliebten Tanzabend laut
Krupka schon zum dritten oder vierten Mal. Das Spezielle hier sind das gemeinsame
Zubereiten und Essen von Kartoffelpuffern.
Zum „Tennis-Ball“ am 2. Februar in der Turnhalle in Železný Brod sind die Gäste
aufgefordert, in Tennis-Sachen – und zwar im Retro-Look – zu erscheinen. Notfalls ist
aber auch Abendgarderobe erlaubt. Karten gibt es laut Info-Zentrum auch noch an der
Abendkasse.
Der für den 3. Mai im Theater von Železný Brod angesetzte „Swingový veèer“ soll
übrigens keine Assoziationen zum Begriff „Swinger-Club“ wecken: Laut Info-Zentrum gibt
um 18 Uhr die künstlerisch geprägte Schule vor Ort ein Konzert. Tanzbegeisterte, die den
einen oder anderen Ball im Schluckenauer Zipfel oder auch der Liberecer Region
besuchen wollen, sollten sich einige Zeit im Vorhinein in den Touristinfos vor Ort beraten
lassen, wie sie an die Karten kommen.
Dienstag, 22.01.2013
(Sächsische Zeitung)
PIRNA/DECIN
Mutmaßlicher Straftäter auf der Flucht
Die tschechische Polizei rät weiter dringend von einem Besuch der Böhmischen
Schweiz ab. Spezialeinheiten durchkämmen den Wald.
Von Steffen Neumann
Leichter Flockenwirbel, verschneite Häuschen und Winterwald. Diese Idylle trügt. Über
der Böhmischen Schweiz kreist ein Hubschrauber mit Wärmebildkamera, und am Boden
durchstreifen schwer bewaffnete Polizisten einer Spezialeinheit mit schusssicheren
Westen das Gelände. Es läuft der fünfte Tag der Großfahndung nach Jindrich Jetmar. Von
dem flüchtigen mutmaßlichen Straftäter fehlt immer noch jede Spur.
Wie ist es möglich, dass es der 47-Jährige trotz Frost und Schnee so lange schafft, sich
vor der Polizei zu verstecken? Menschen, die ihn kennen, bescheinigen ihm eine gute
Kondition. „Außerdem kennt sich der Mann sehr gut aus, ist Bergsteiger und
naturverbunden – das ist sein Vorteil“, räumt Polizeisprecherin Veronika Hysplerova ein.
Dass er ohne Handy oder Auto unterwegs ist, macht die Fahndung nicht leichter.
Ein ganz normales Leben
Der Gesuchte kennt die Böhmische Schweiz offenbar wie sein Wohnzimmer. Außerdem
gebe es zahlreiche Wochenendhäuser, in denen er übernachten könne, sagt ein Mann,
der ungenannt bleiben will. Jetmar hatte vor gar nicht so langer Zeit selbst noch ein
Wochenendhaus in Janov, oberhalb von Hrensko, und nicht weit von der sächsischen
Grenze entfernt. Damals arbeitete er als Unternehmer in der Textilbranche. Er hatte
Frau, einen Sohn und einen Hund – alles normal. Bis das Geschäft nicht mehr lief und er
in Schulden geriet. Sein Wochenendhaus wurde zwangsversteigert, die Ehe ging in die
Brüche. Aus Rache sei er später in „sein“ Wochenendhaus eingestiegen und habe es
ausgeraubt, schreibt die Tageszeitung „Decinsky denik“. Weitere Diebstähle folgten.
Jindrich Jetmar wurde erstmals zur Fahndung ausgeschrieben. Das war letzten August.
Doch erst seit er wegen versuchten Mordes gesucht wird, läuft die Großfahndung.
Die Tschechische Polizei betreibt einen ziemlich großen Aufwand für
nur einen Mann. Doch Sprecherin Hysplerova entgegnet, die Aktion
sei der Gefahr angemessen. Denn der mutmaßliche Täter ist
bewaffnet. Wie ernst er es meint, hätte er bei der ungewollten
Begegnung mit Rangern des Nationalparks letzten Donnerstag
gezeigt. „Da schoss er zur Warnung in die Luft“, so Hysplerova, die
dringend davor warnt, dem Flüchtigen zu nahe zu kommen. Er sei
psychisch krank und habe schon mehrere Tage keine Medikamente
eingenommen. Er sei unberechenbar.
Wo genau derzeit die Fahndung läuft, will die Polizei aus taktischen
Gründen nicht bekannt geben. Seit der Flüchtige in der Nähe von
Hajenka bei Ruzova gesehen wurde, ist er verschwunden. Die
Polizei empfiehlt aber, die Böhmische Schweiz ganz zu meiden.
Dieser Mann wird
Ebenso sei nicht ausgeschlossen, dass der Verdächtige die Grenze
gesucht. Foto: Polizei
nach Sachsen passiert hat, weshalb die tschechische Polizei eng mit
den sächsischen Kollegen zusammenarbeitet. Eine Großfahndung
wie in Tschechien läuft hier aber nicht. Bisher gebe es dazu keinen begründeten
Verdacht, heißt es aus sächsischen Polizeikreisen.
Die Angst der Unternehmer
Dienstag, 22.01.2013
(Sächsische Zeitung)
Diebstähle bedrohen Firmen in Grenznähe in ihrer Existenz. Autohäuser werden
zur Festung.
Von Ralph Schermann, Frank Oehl und Uwe Schulz
2 Kommentare
Fast 400 Liter Diesel wollten die Diebe nachts vom Gelände
einer Spedition stehlen. Aber die Polizei war vor ihnen da. Als
der Skoda mit dem tschechischen Kennzeichen aufs
Betriebsgelände fuhr, schnappte die Falle zu.
Das liegt schon ein paar Monate zurück. Selten läuft es so gut.
Thomas Elitzsch, Besitzer eines Autohauses in Kamenz und
©dpa
Hoyerswerda, büßte im September ein hochwertiges Testgerät
ein, das vom Firmengelände gestohlen wurde.
In nur fünf Monaten wurden vom VW-Autohaus-Areal in Kamenz drei teure Pkw
gestohlen. Einmal scheiterten die Diebe, aber Sachschaden machten sie trotzdem. „Das
kann so nicht weitergehen“, gab Thomas Elitzsch im September zu Protokoll. Man beuge
vor, wo man kann, aber offenbar seien die Täter technisch immer einen Schritt weiter.
Betroffen sind Auto- und Autohausbesitzer in der ganzen Oberlausitz. In Hoyerswerda
sind die Fahrzeuge etlicher Autohäuser mittlerweile nachts hinter hohen Zäunen
weggeschlossen. Nun lässt die tschechische Amnestie für Kleinkriminelle viele
Unternehmer nichts Gutes denken.
Handwerksmeister Knut Scheibe klingt verbittert. Er hatte bereits vor zwei Jahren darauf
hingewiesen, dass Handwerker durch Grenzkriminalität hohe Verluste hinnehmen
müssen. Jetzt wird er deutlicher: „Wenn Kollegen in Kommunen entlang der Grenzen zu
Tschechien und Polen bereits sechs-, siebenmal ausgeraubt wurden, dann sind sie in
ihrer Existenz bedroht.“
Da koche die Wut hoch, bestätigt der Präsident der Handwerkskammer Dresden, Jörg
Dittrich. Eine Umfrage unter 532 Firmen zeigt: 31 Prozent der Betriebe im Kammerbezirk
Dresden sehen die kriminelle Bedrohung schlimmer als 2011. Immer mehr Firmen
werden Opfer von Einbrüchen. Als Spitzenreiter schätzen 60 Prozent der Handwerker im
Landkreis Görlitz die Lage schlecht ein. Im Landkreis Bautzen sind es zwar weniger, aber
auch hier ist jeder fünfte Unternehmer ernsthaft besorgt über die Sicherheit. Vor allem
Fahrzeug- und Baufirmen stehen im Visier der Gauner. Der wirtschaftliche Schaden sei
immens, so Dittrich. Von September 2011 bis September 2012 entstand im
Kammerbezirk Schaden von 1,35 Millionen Euro.
Mehr Polizei gefordert
Ein Mitarbeiter einer Metallbaufirma, der anonym bleiben möchte, empört sich: „Es kann
doch nicht sein, dass unsere Werkstätten zu Hochsicherheitstrakten werden müssen.“
Auch er habe sich längst besser abgesichert. „Dafür brauche ich nicht erst Beratung.“
Was seitens der Kriminalpolizei zwar oft, aber nicht gern gehört wird. Fast immer
entdecken die Experten bei Kontrollen doch Schwachstellen an Türen und Fenstern.
Unternehmer fordern derweil mehr Präsenz von Landes- und Bundespolizei auch weiter
weg von der Grenze. Knut Scheibe: „Da muss auch technische Überwachung her, da
muss der Stellenwert der Beamten aufgewertet werden. Und ein festgenommener Dieb
darf nicht schneller wieder auf freiem Fuß sein, als der Polizist Feierabend hat.“
Conny Stiehl, Präsident der Polizeidirektion Görlitz, kennt die Sicht, ist aber an Gesetze
gebunden. Er kann bereits auf Erfolge gegen die Grenzkriminalität verweisen, auf enges
Zusammenwirken mit den Dienststellen jenseits der Neiße. Vor allem aber ist er auf
Mithilfe der Bevölkerung angewiesen und für Hinweise dankbar. Auch
Handwerkskammern appellieren an Mitglieder, Firmen stärker zu sichern und
Wachdienste einzusetzen. Jörg Dittrich fordert: „So eine Prävention sollte vom Land
finanziell unterstützt werden.“ Auch darüber wird Thomas Elitzsch mit der Politik im
Gespräch bleiben.
Heidenau und Benesov wollen Geld von der EU
Dienstag, 22.01.2013
(Sächsische Zeitung)
Das war der Weg dem Heidenauer Bürgermeister Jürgen Opitz (CDU) und
Gymnasiumsleiter Uwe Beck wert: Am Donnerstag fuhren sie in die tschechische
Partnerstadt Benesov. Dort unterschrieben sie mit Bürgermeisterin Dagmar Tesarcikova
ein Fördermittel-Formular. Mit dem beantragen sie von der Euroregion Elbe-Labe Geld für
die gemeinsame Senioren- und Schülerarbeit. Beide Städte arbeiten seit 1992
zusammen. Voriges Jahr verlängerten sie ihren Partnerschaftsvertrag um fünf Jahre.
(SZ/sab)
Ein „Bud“ ist kein „Budweiser“
Wem gehört die Biermarke „Bud“? Anheuser-Busch
und die tschechische Budweiser-Brauerei streiten seit
Jahren um diese Frage. Nun hat das EU-Gericht
entschieden: Nur der US-Riese darf sein Bier so
nennen.
Luxemburg/Löwen. Wo „Bud“ draufsteht, muss Bier der USBrauerei Anheuser-Busch drin sein. Das hat das EU-Gericht
am Dienstag in Luxemburg entschieden. In dem jahrelangen
Ein Etikett der Marke
Markenstreit mit der tschechischen Budweiser-Brauerei
„Budweiser Budvar“
erzielte der US-Bierriese nun einen Erfolg vor Gericht.
©dpa
Anheuser-Busch hat demnach das alleinige Recht, die
Kurzbezeichnung „Bud“ für seine Biere in der EU zu verwenden. Die Richter wiesen
mehrere Klagen der Tschechen ab (Rechtssachen T-225/06 u.a.). Anheuser-Busch hatte
„Bud“ als Gemeinschaftsmarke beim EU-Markenamt HABM eintragen lassen.
Die Budweiser-Brauerei darf laut Urteil ihre Biere nur unter der tschechischen
Originalbezeichnung Budejovický Budvar verkaufen. Zwar habe das Unternehmen die
Marke „Bud“ in Frankreich, Italien, Portugal und Österreich schützen lassen, allerdings
habe es diese Bezeichnung zu wenig genutzt, schrieben die Richter. Bei dem Verkauf
handle es sich um ein vernachlässigbares Volumen, das nur örtliche Bedeutung habe.
Das Unternehmen kann gegen die Entscheidung Rechtsmittel einlegen.
„Bud“ den Amerikanern, „Budweiser“ den Tschechen
Anders verhält es sich mit dem kompletten Namen „Budweiser“: Der gehört weiterhin
den Tschechen. Bereits 2010 hatten die EU-Richter entschieden, die tschechische
Brauerei in Deutschland und Österreich habe das ältere Recht an der Bezeichnung
„Budweiser“. Dieser Name bleibt somit in der EU dem Bier aus Tschechien in der grünen
Flasche mit roter Schrift auf weißem Etikett vorbehalten.
Die jüngste Entscheidung wurde von Anheuser-Busch begrüßt. „Mit diesem Urteil haben
wir in so gut wie allen Ländern der Welt einen Schutz für die Marken Bud oder
Budweiser“, teilte eine Sprecherin im belgischen Löwen mit.
Anheuser-Busch und Budejovický Budvar streiten sich schon seit Jahren weltweit um die
Rechte an den Marken „Bud“ und „Budweiser“. Mal gewinnt Anheuser-Busch vor Gericht,
mal Budejovický Budvar. In der EU hatte der US-Brauereikonzern in den 1990er Jahren
seine Marke eintragen lassen und damit den Bierkrieg ausgelöst.
„Budweiser“ bedeutet übersetzt „aus Budweis“, einer böhmischen Stadt. In den USA
wurde Budweiser 1878 als Warenzeichen eingetragen. In Südböhmen wird das Budweiser
Bier aber bereits seit dem 13. Jahrhundert gebraut. (dpa)
Wochenkurier
23.1.2013
Mittwoch, 23.01.2013
(Sächsische Zeitung)
PIRNA
Revier weg, Polizisten bleiben
Die Bundespolizei macht in Schmilka dicht. Trotzdem soll die Kriminalität nicht
steigen.
Von Katrin Richter
Ab Mitte des Jahres werden die Bundespolizisten in Schmilka keinen Stützpunkt mehr
haben. Bislang überwachten die Beamten den Verkehr zwischen Deutschland und
Tschechien im Bereich der ehemaligen Grenzabfertigungsanlage. Doch nun plant die
Bundespolizei ein neues Revier in Bautzen, und die Zahl der Standorte darf insgesamt
nicht wachsen. Daher fällt Schmilka weg.
„Der Dienstbetrieb wird aber dadurch nicht
beeinträchtigt“, verspricht Sascha Reichelt,
Pressesprecher der Bundespolizeidirektion Pirna.
„Schmilka befindet sich nur etwa zwei Kilometer
Luftlinie von einem weiteren unserer Standorte,
nämlich Krippen, entfernt“, sagt Reichelt.
Viele Argumente für Bautzen
Bautzen indes sei ein strategischer Schwerpunkt,
dort fließen viele Hauptstraßen zusammen, gleich
zwei Bundesstraßen stoßen auf die Autobahn A4.
Die Stadt ist daher ein beliebtes „Einfallstor“ für die
unerlaubte Einreise in die Bundesrepublik. Bereits
jetzt gebe es viele Kontrollfahrten im Bereich
Bautzen, daher habe man sich entschlossen, dort
ein Revier zu errichten, heißt es. Bislang müssen die Polizisten jedes Mal von Ebersbach
nach Bautzen fahren. Hinzu komme, dass wichtige Partner wie die Landespolizei und die
Justiz ebenfalls in der ostsächsischen Kreisstadt ansässig sind.
Wie bereits Schmilka, untersteht das neue Bautzener Revier organisatorisch der
Bundespolizeiinspektion Ebersbach. Viele Beamten werden von Ebersbach nach Bautzen
Die ehemalige Grenzabfertigungsanlage
Schmilka ist seit Tschechiens SchengenBeitritt ungenutzt. Dennoch
patrouillieren dort regelmäßig
Bundespolizisten. Foto: Mike Jäger
wechseln, damit das neue Revier optimal arbeiten kann. Die Personalstärke im Oberen
Elbtal werde sich durch die neue Struktur nicht verändern, versichert Reichelt. In Zukunft
wird jedoch Krippen und nicht mehr Schmilka der Ausgangspunkt für alle Patrouillen sein.
Auch bleibt es beim bisherigen Schwerpunkt: Die Kontrolle des grenzüberschreitenden
Verkehrs steht im Vordergrund.
Handwerker fühlen sich nicht sicher
Nötig ist das gerade in diesen Wochen. Zumal in den Grenzanlieger-Gemeinden der
Sächsischen Schweiz derzeit die Sorge wächst, dass aufgrund der Massenentlassung
Krimineller aus Gefängnissen in Tschechien eine neue Kriminalitätswelle in die Region
schwappen könnte.
Ein Abbau der Polizeipräsenz wäre nicht zu vertreten, so Klaus Tittel, Geschäftsführer der
Kreishandwerkerschaft Südsachsen. Das Handwerk beklagt, dass in der Nähe zu Polen
und Tschechien in den letzten Jahren die Kriminalität stark zugenommen habe. Vor allem
machten Autodiebstähle und Einbrüche in Wohnungen und Betrieben den Bewohnern der
Grenzregion das Leben schwer. Die Dresdner und die Cottbuser Handwerkskammern
hatten gemeinsam bei ihren Mitgliedern das Sicherheitsempfinden zwischen September
2011 und September 2012erfragt. 36Prozent der Betriebe beurteilten die Polizeipräsenz
im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge als zu gering.
Gemeinsame Fahndung ab März
Um den Ängsten offensiv zu begegnen, sollen laut sächsischem Innenministerium ab
März gemeinsame Fahndungsgruppen aus deutschen und tschechischen Polizeibeamten
zum Einsatz kommen. Gleichzeitig werde ein Pilotprojekt zwischen dem
Bundesinnenministerium sowie dem Freistaat Sachsen vorangebracht. Dessen Ziel es sei,
die Polizeikontrollen auf Abschnitten der Autobahnen A4 und A17 zu verstärken. An den
geplanten Aktionen wird sich auch die Bundespolizei beteiligen.
Donnerstag, 24.01.2013
(Sächsische Zeitung)
pirna
Hrensko wird vor Felssturz geschützt
Barrieren und Fangnetze halten in Zukunft kleine und mittelgroße Felsblöcke
zurück.
Von Steffen Neumann
Hrensko. Der Grenzort Hrensko (Herrnskretschen) bekommt eine Art
Rundumversicherung gegen Felsstürze. Der Nationalpark Böhmische Schweiz plant die
Errichtung von Barrieren und Fangnetzen oberhalb des Dorfes. Damit können bis zu fünf
Kubikmeter große Steinblöcke, aber auch Bäume aufgehalten werden. Die geplanten
Maßnahmen sind laut Nationalparkverwaltung langfristig angelegt und sollen die
Gemeinde über mehrere Generationen schützen. Die Bauarbeiten sollen noch in diesem
Jahr beginnen.
Hrensko gehört aufgrund seiner Lage zu den am meisten von Felssturz bedrohten
Gemeinden in Tschechien. „Wir gehen davon aus, dass in diesem Gebiet ständig etwas
passieren kann, das ein Eingreifen zum Schutz von Leben, Gesundheit und Eigentum der
Menschen erforderlich macht“, begründet Nationalparksprecher Tomas Salov die
präventive Maßnahme. Zuletzt sorgte der Absturz eines Felsblocks auf die Elbstraße
Richtung Schmilka vor über drei Jahren für Aufsehen. Ein Felsen in unmittelbarer Nähe
wird gerade aufwendig stabilisiert.
Doch viel gefährlicher sind laut Tomas Salov die unzähligen „kleinen“ Felsbewegungen,
die viel öfter vorkommen, aber von der Öffentlichkeit weniger wahrgenommen werden.
„Sie sind viel gefährlicher, weil weniger vorhersehbar“, warnt Salov. Dagegen soll nun
das Schutzsystem helfen. Es kostet insgesamt 167 Millionen Kronen (rund 6,7 Millionen
Euro) und wird zum Großteil von der Europäischen Union finanziert.
Komplett geschützt ist das Dorf damit aber nicht. Auch nicht, weil die Barrieren zwar
oberhalb des Elbufers, aber nur an einer Seite des Kamnitz-Tals gebaut werden. Die
andere Seite bleibt ungeschützt, denn sie liegt außerhalb des Nationalparks.
Donnerstag, 24.01.2013
(Sächsische Zeitung)
PIRNA
Amnestie befreit auch Zuhälter
Gerichtliche Pannen und gezielte Prozessverschleppung verhinderten ein
schnelles Urteil.
Von Steffen Neumann
Teplice. Nach der Neujahrsamnestie des tschechischen Präsidenten Vaclav Klaus werden
immer mehr Fälle bekannt, deren Strafverfolgung nun eingestellt werden muss. So auch
der Prozess gegen die Bande von 14 Zuhältern, die Anfang des Jahrtausends in einem
Nachtklub in Dubi (Eichwald) Frauen gefoltert und zur Prostitution gezwungen haben
sollen. Noch ist es nicht offiziell, aber einer der Hauptverdächtigen, Sergej Onyskiv, hat
der Tageszeitung „Mlada fronta Dnes“ bereits bestätigt, dass das Verfahren eingestellt
wird.
So weist es die Amnestie an, wenn der Strafprozess sich bereits über acht Jahre hinzieht
und kein Strafmaß über zehn Jahre droht. Dabei stand der erste Prozess schon 2005 vor
dem Abschluss. Doch die Geschichte der 14 Verdächtigen aus dem ehemaligen
Jugoslawien, Russland und Weißrussland ist auch voll von gerichtlichen Pannen und
Verzögerungstaktik. So mussten die Verdächtigen wegen eines schweren
Verfahrensfehlers des ersten Richters kurz vor der Urteilsverkündung freigelassen
werden. Ein Teil der mutmaßlichen Täter nutzte die einmalige Chance, um aus
Tschechien zu verschwinden und nie wiederzukommen. Die anderen trafen nur
sporadisch zum mehrfach anberaumten Prozessbeginn ein, weshalb dieser immer wieder
verschoben werden musste. Insgesamt arbeiteten an dem Fall vier Richter. Den ersten
kostete sein grober Schnitzer den Beruf, eine Richterin ging in Elternzeit und der dritte
machte Karriere.
BAD SCHANDAU/DECIN
Großfahndung nach Mörder dauert an
Die Großfahndung in der Böhmischen Schweiz nach dem flüchtigen Jindrich Jetmar blieb
auch am siebten Tag erfolglos, wie tschechische Behörden mitteilten.
Der 47-jährige wird von den Einsatzkräften der Polizei wegen versuchten Mordes
gesucht. Der Mann ist bewaffnet, 1,78 Meter groß und hat grau melierte Haare. Zuletzt
wurde er in einem grauen Mantel, karierten Hosen und mit einem Rucksack gesehen. Er
wird als unberechenbar eingeschätzt. (stn)
Polizei und Zoll verstärken Kampf gegen Modedroge Crystal
Sie gilt als Droge mit fatalen Folgen. Trotzdem greifen immer mehr Deutsche zu
Crystal - für Nachschub sorgen Labore in Tschechien. Denen wollen deutsche
und tschechische Fahnder jetzt das Handwerk legen.
Nürnberg/Dresden. Anfänglich waren es Kleinstmengen inzwischen gelangt die gefährliche Modedroge Crystal kiloweise
nach Deutschland. Jetzt wollen deutsche und tschechische Zollund Polizeibehörden noch entschiedener gegen Hersteller und
Drogenschmuggler vorgehen. Sie setzen dabei auf eine
stärkere grenzüberschreitende Zusammenarbeit, kündigte
Finanzstaatssekretär Hartmut Koschyk (CSU) sowie
tschechische Zoll- und Polizeivertreter am Donnerstag in Nürnberg an. Jüngste
Schwerpunktaktionen seien bereits vielversprechend verlaufen.
Bilderstrecke
So hätten deutsche und tschechische Fahnder im vergangenen Jahr im Rahmen der
Operation «Speedway II» zwischen Juli und Dezember rund
10.000 Personen in Deutschland und 1.000 in Tschechien
kontrolliert. Dabei hätten sie neben 900 Gramm Crystal auch
fünf Kilogramm Marihuana und 500 Gramm Haschisch
sichergestellt. Allein die 900 Gramm Crystal reichten für rund
40.000 Konsumeinheiten, erläuterte Koschyk. Die Droge
stamme zumeist aus illegalen tschechischen Drogenlaboren.
Ihr jährlicher Ausstoß liege bei rund zehn Tonnen, fünf Tonnen
davon seien für das Ausland bestimmt.
Ein Edding-Stift dient auch
Besorgt zeigte sich Koschyk vor allem über die wachsende
als Schmuggler-Versteck.
Verbreitung der gefährlichen Synthetik-Droge in Deutschland.
Hätten Zollfahnder im Jahr 2010 bei Kontrollen lediglich 15
Kilogramm sichergestellt, seien es im Jahr 2012 bereits 23
Kilogramm gewesen. Auch die Zahl der Konsumenten in Deutschland wachse rasant:
Waren etwa der bayerischen Polizei noch 2009 lediglich 24 sogenannte auffällige
Erstkonsumenten bekannt, so seien es 2012 bereits 456 gewesen, berichtete Gerald
Busch vom bayerischen Landeskriminalamt. Allerdings sei die
Beutel mit der Droge
Dunkelziffer
groß.
Crystal Speed, zum
Schmuggeln in
PkwAnfänglich
in einem
Grenzregionen
zu Tschechien verbreitet, griffen inzwischen auch immer
Außenspiegel
versteckt.
mehr Drogenabhängige etwa in Nürnberg trotz hoher Gesundheitsrisiken zu Crystal.
«München ist dagegen noch nicht so betroffen», berichtete der bayerische LKA-Vertreter.
Ähnlich stark verbreite sich Crystal auch in Sachsen, vor allem in Leipzig und Dresden,
sagte Gerth Riemer vom LKA in Dresden. «In Leipzig sind inzwischen zu unserer
Überraschung frühere Heroin-Konsumenten auf Crystal umgestiegen», berichtete Riemer.
Dass die tschechische Polizei das Crystal-Problem keineswegs auf die leichte Schulter
nehme, machte der Leiter der Nationalen Polizei in Prag, Jakub Frydrych, deutlich: «Die
tschechische Polizei hat für 2013 den Kampf gegen die Drogenkriminalität zur obersten
Priorität erklärt», betonte er. «Wir werden alle Polizeieinheiten - ob Verkehrspolizei,
Ausländerpolizei oder Ordnungspolizei - im Kampf gegen Drogen beteiligen», betonte der
Vertreter der tschechischen
Der Zollfahnder Markus Möckel vom
Polizei.
Hauptzollamt Regensburg zeigt einen
Neben dem Schmuggel
Verbandskasten, in dem Mitarbeiter
habe die tschechische
des Zolls in einer
Polizei vor allem die
Rauschgiftkontrolloperation in der
Drogenlabore im Blick.
deutsch-tschechischen Grenzregion
Aber obwohl die Fahnder
das Amphetamin Crystal gefunden
seit gut fünf Jahren jährlich
haben. ©dapd
300 bis 400 illegale
Drogenküchen ausheben, sei es
Die Zollbeamtin Grit
bislang nicht gelungen, die CrystalWenzel demonstriert an
Herstellung zu stoppen, räumte
einem Fahrzeug mit ihrer
Frydrych ein. Koschyk berichtete,
Rauschgiftspürhündin Elli
wegen des verstärkten
(Belgischer Schäferhund)
Polizeieinsatzes wichen inzwischen
die Suche nach der Droge
Crystal-Produzenten ins benachbarte
Crystal Speed.
Polen aus. Dort ließen sich die benötigten Grundsubstanzen noch leichter als in
Tschechien beschaffen. Nach Informationen der tschechischen Polizei wird ein großer Teil
der Crystal auf Vietnamesen-Märkten an der tschechisch-deutschen Grenze abgesetzt.
(dpa)
24-01-2013 19:32
Radio.cz
Deutsche und tschechische Polizisten sagen Drogenschmuggel den
Kampf an
Deutsche und tschechische Zöllner und Polizisten haben dem zunehmenden Schmuggel
der Droge Crystal (Pervitin) den Kampf angesagt. Der Staatssekretär im
Bundesfinanzministerium Hartmut Koschyk kündigte am Donnerstag auf einer
internationalen Pressekonferenz in Nürnberg an, eine verstärkte Zusammenarbeit solle
künftig noch wirksamer Schmugglern das Handwerk legen. Vertreter der tschechischen
Polizei erklärten, die Bekämpfung der Drogenkriminalität habe für sie in diesem Jahr
oberste Priorität. Alle Polizeieinheiten seien angewiesen worden, sich am Kampf gegen
Drogenbanden zu beteiligen. Das tschechische Innenministerium hat vor, die tolerierte
Menge der Droge zu reduzieren, die der Mensch bei sich haben darf, ohne damit eine
Straftat zu begehen.
Freitag, 25.01.2013
(Sächsische Zeitung)
OSTERZGEBIRGE/DIPPOLDISWALDE
Unterlagen zu Windpark gefordert
Über das umstrittene Bauprojekt in Moldava wird Anfang Februar verhandelt.
Von Steffen Neumann
Die strategische Umweltprüfung des geplanten Baus von 18 Windkraftanlagen auf dem
Erzgebirgskamm in Tschechien nahe der sächsischen Grenze geht in die letzte Runde. In
nicht einmal zwei Wochen, am Mittwoch, dem 6. Februar, wird das Projekt im Volkshaus
in Dubi verhandelt. Laut tschechischem Umweltministerium findet die Veranstaltung nur
in tschechischer Sprache statt. Beginn der Verhandlung ist nachmittags, 14 Uhr.
Wer aus Sachsen teilnehmen will, muss sich also einen Dolmetscher besorgen. Außerdem
droht, dass sächsischen Bürgern bis dahin wichtige Informationen fehlen. Denn eine
öffentliche Auslegung des unabhängigen Gutachtens, das Ende Dezember fertiggestellt
wurde, ist weiterhin nicht möglich. Denn die von Prag gelieferten Unterlagen waren
unvollständig, heißt es aus dem zuständigen Landratsamt Mittelsachsen. Zwar hat das
Amt schon am 9. Januar um Nachsendung der fehlenden Unterlagen gebeten, doch
bisher steht die Antwort aus Prag noch aus. Schon jetzt kann das Gutachten aber im
Internet unter „Posudek“ eingesehen werden.
http://portal.cenia.cz/eiasea/detail/EIA_MZP306
Sebnitz macht die Grenze dicht
Ein neuer Poller am Waldhaus soll vor allem Autodiebe abschrecken. Wunder
erwartet aber niemand davon.
Von Thomas Möckel
Eine Diebstahlserie ganz spezieller Art hatte Ende vergangenen Jahres die Menschen in
der Sebnitzer Grenzregion besonders beunruhigt. Kriminelle hatten es offensichtlich auf
Multicars abgesehen, gleich mehrere dieser allradgetriebenen, geländegängigen
Alleskönner verschwanden. Bei der Rücktour nach den Beutezügen bevorzugten die Täter
die kürzeste Strecke. Statt über Straßengrenzübergänge zu fahren, verschoben sie die
robusten Fahrzeuge mehrfach über den Wanderweg, der vom Waldhaus in Hertigswalde
nach Mikulasovice führt. Betroffen waren beispielsweise die Familie Heike Fritsche und
Jürgen Petschel aus Hertigswalde sowie die Gärtnerei Klein in Sebnitz.
Beängstigt von der Situation initiierte das Paar aus Hertigswalde eine Petition. Darin
fordern sie, mögliche Fluchtrouten abseits der Straßen wieder mit Steinen oder Pollern zu
blockieren. Zudem verlangen sie, dass die Polizei in der Grenzregion verstärkt präsent
ist. Über 700 Menschen haben unterschrieben, die Petition liegt inzwischen beim Landtag.
Die Initiative der beiden mündet nun auch in unmittelbarer Nähe in einen ersten Erfolg.
Sebnitz macht die Grenze wieder dicht – teilweise zumindest. Der Stadtrat beschloss in
dieser Woche, auf dem grenzüberschreitenden Wanderweg einen verschließbaren Poller
zu installieren. Die Sperre soll vor allem potenzielle Autodiebe abschrecken.
Damit er nicht zur Farce gerät, ist er stabil gefertigt. Der Poller besteht aus Metall und
hat einen schweren Innenkern, die Konstruktion ruht auf einem tief in den Boden
eingelassenen Betonfundament. Um ihn umzulegen, bedarf eines einerseits eines
speziellen Schlüssels und andererseits einiger Muskelkraft. Allein mit roher Gewalt ist der
massive Pfeiler nicht einfach aus der Verankerung zu heben.
Sebnitz hatte im Vorfeld mehrere Varianten analysiert, weil für die Stadt generell nur
wenig Möglichkeiten bestehen, die Grenze zu sichern. „Der Wanderweg am Waldhaus war
der einzige, der übrig blieb“, sagt der Sebnitzer Oberbürgermeister Mike Ruckh. Auf
einem anderen prädestinierten Pfad am Wachberg versperren bereits Steine den Weg,
der Wanderweg von Hinterhermsdorf nach Mikulasovice ist bereits mit einem Poller
gesichert. Ansonsten gibt es im Stadtgebiet mehrere Stellen, auch abseits der Wege, an
denen geländegängige Fahrzeuge die Grenze nahezu problemlos passieren können. Ein
umfassender Schutz scheint nahezu unmöglich. „Man kann ein Sieb nicht an jeder Stelle
stopfen“, sagt Ruckh.
Die Wahl für einen verschließbaren Poller und der gleichzeitige Verzicht auf massivere
Sperren resultiert daraus, dass künftig auch Rettungsfahrzeuge den Weg am Waldhaus
passieren müssen. Hinzu kommen noch Wanderer, Skifahrer, Radfahrer sowie das
Spurgerät für Loipen, für die ein Schlupfloch neben der Grenzsperre bleiben muss.
Die neue Sperre beruht auch nicht auf Einseitigkeit. Laut Ruckh ist das Vorhaben mit der
Bürgermeisterin von Mikulasovice zuvor besprochen worden. Sie habe zugestimmt und
die Aktion begrüßt und sie keinesfalls für einen unfreundlichen Akt gehalten.
Aus Sicht der Polizei kann der Poller auch für die Beamten eine wichtige Wirkung
entfalten. „Er schneidet zunächst eine Fluchtroute ab, so haben wir eine Stelle weniger,
an der wir massiv kontrollieren müssen“, sagt Steffen
Ettrich, Leiter des Sebnitzer Polizeireviers.
Stattdessen können die Ermittler dann an anderen
Schwerpunkten verstärkt präsent sein.
Allerdings dämpfte der Revierleiter allzugroße
Hoffnungen in das neue Sicherheitssystem. Laut
Ettrich werde der Poller die Kfz-Kriminalität an der
Grenze nicht beenden. Auch Ruckh schränkt ein, dass
die Sperre lediglich einen begrenzten Schutz biete.
Heike Fritsche und Jürgen Petschel begrüßen
Jürgen Petschel steht auf dem Weg vom
dennoch, dass der Poller aufgestellt wurde. Sie hoffen,
Waldhaus in Hertigswalde nach
dass er recht lange stehen bleibt. Jedoch sehen sie die
Mikulasovice, über den Diebe seinen
neue Sperre lediglich als Teilerfolg auf dem Weg zu
Multicar nach Tschechien schafften. Auf
mehr Sicherheit in der Region. „Es muss wieder mehr
die Kriminellen ist er immer noch sauer,
Polizei her, so wie in den Jahren 2006 bis 2008“, sagt
dennoch freut er sich, dass bald ein
Heike Fritsche.
Poller an dieser Stelle verhindern soll,
Diese Forderung hat sie auch in ihrer Petition an den
dass Täter ihr Diebesgut außer Landes
schaffen. Foto: Steffen Unger
sächsischen Landtag verankert. Heike Fritsche will
zunächst das Ergebnis abwarten, dann will sie weiter
kämpfen. „Wir müssen hier doch sicher leben können“, sagt sie, „derzeit haben wir aber
große Angst.“
Samstag, 26.01.2013
(Sächsische Zeitung)
SEBNITZ
Bürger fordern mehr Polizei
Ein Poller – schön und gut, sagen die Hertigswalder. Damit sei das Problem der
Diebstähle nahe der Grenze aber nicht gelöst.
Von Anja Weber
Dass jetzt ein Poller den Weg für Fahrzeug-Diebe versperren wird, begrüßen Heike
Fritsche und Jürgen Petschel aus Sebnitz-Hertigswalde. Und sie hoffen, dass der Poller
auch recht lange stehen bleibt. „Doch es ist eben nur die eine Seite. Auf der anderen
Seite müsste hier auch wieder mehr Polizei her“, sagt Heike Fritsche. Das hatte sie unter
anderem auch in ihrer Petition an den Sächsischen Landtag gefordert.
Fast 700 Menschen haben ihre Petition unterzeichnet. Und Heike Fritsche wird auch
weiter dafür kämpfen. Denn die Unsicherheit in Hertigswalde wächst. Nicht zuletzt, weil
einige Häuser dort an tschechische Bürger verkauft wurden. Nun befürchten die
Hertigswalder, dass nicht alle neuen Besitzer gute Absichten haben. In den Häusern
könne zum Beispiel auch Diebesgut gelagert werden. Auf jeden Fall wollen sie ein waches
Auge darauf haben. Neben der Petition an den Sächsischen Landtag hatten Heike Fritsche
und ihr Lebensgefährte am Mittwochnachmittag auch einen Termin beim CDULandtagsabgeordneten Jens Michel. „Für uns ist es wichtig, dass wir so viele Politiker wie
möglich auf die Situation in den Grenzgemeinden aufmerksam machen“, sagt Heike
Fritsche. Und sie wertet auch dieses Gespräch als Erfolg. So habe Jens Michel ein Forum
für Sebnitzer Bürger angeregt, in welchem die Zuständigen der Landesregierung Rede
und Antwort stehen könnten.
Um einen Termin und die entsprechenden Gesprächspartner bemühe er sich. Für die
Hertigswalderin steht auf jeden Fall fest, dass sie auch weiter dafür kämpft, dass in die
Grenzgemeinden mehr Polizei kommt. Dabei sei es egal, ob vom Land oder vom Bund.
„Ohne mehr Polizeipräsenz werden die Diebe hier auch weiterhin ihr Unwesen treiben“,
sagt Heike Fritsche.
Dass es sicherlich auch finanzielle Hintergründe habe, weshalb die Polizei weiter
ausgedünnt werde, sie ihr auch klar. Doch der Staat habe die Pflicht, für die Sicherheit
seiner Bürger zu sorgen. Und im Moment fühlten sich die Hertigswalder eben gar nicht
sicher.
Samstag, 26.01.2013
(Sächsische Zeitung)
DIPPOLDISWALDE
1700 Euro Geldstrafe für Kupferdieb
Kupferrohre sind wegen der
gestiegenen Preise zu einer begehrten
Ware geworden – auch bei Dieben.
Gestern erhielt ein Mann vom
Amtsgericht in Dippoldiswalde einen
Strafbefehl für eine Diebestour, auf der
er Fallrohre und Bleche abgerissen und
mitgenommen hat. Zur
Gerichtsverhandlung ist er nicht
gekommen. Seine Partnerin ist ganz
abgetaucht. Foto: dpa
Wegen Kupferklau sollte ein Teplicer in Dipps
vor Gericht. Der Angeklagte kam nicht. Einen
Strafbefehl gab’s dennoch.
Von Franz Herz
Schnee fiel, die Temperaturen lagen unter null Grad.
Diese Winternacht zum 25. Januar vor zwei Jahren
hat ein Pärchen aus Teplice (Teplitz) zu einer
Diebestour durchs Osterzgebirge genutzt, haben
Kupferrohre und -bleche gestohlen – wurde aber
erwischt. Gestern war der Prozess vor dem Amtsgericht Dipps angesetzt. Die Frau ist
abgetaucht und für das Gericht nicht mehr zu erreichen. Der Mann sollte sich der
Richterin stellen. Doch auch er kam nicht. Richterin und Staatsanwalt einigten sich nach
einer halben Stunde auf eine Lösung, wie der Angeklagte dennoch zu seiner Strafe
kommt. Er erhält einen Strafbefehl mit einer Geldstrafe über 170 Tagessätze für drei
Diebstähle. Der Tagessatz wurde bei zehn Euro festgesetzt.
Der Angeklagte kann dagegen in Widerspruch gehen. In dem Fall kommt es zu einer
neuen Verhandlung. Dann muss er aber kommen, sonst gilt der Strafbefehl. Damit war
der Fall nach einer Dreiviertelstunde erledigt. Sieben Zeugen sind umsonst zum Gericht
gekommen. Unter ihnen war auch der aufmerksame Dippser, dem die Aufklärung zu
verdanken ist.
Vor Gericht war seine Aussage nun nicht gefragt, aber der Sächsischen Zeitung erzählte
er seine Geschichte. Der Dreißigjährige, der anonym bleiben will, ist in der Nacht selbst
in Tschechien tanken gewesen und fuhr zurück nach Hause. Direkt an der B170 sah er
das tschechische Fahrzeug und einen Mann, der am Fallrohr herumdokterte. „Das war ja
wirklich nicht normal“, dachte er. Er fuhr etwas weiter, um nicht aufzufallen, und rief
sofort die Polizei. Danach drehte er um und fuhr zurück, um zu beobachten, was weiter
an dem Haus passiert. Da waren die Kupferdiebe schon weg. Nur im frischen Schnee
waren die Spuren zu sehen, die in Richtung Altenberg führten.
Der Rest war Aufgabe der Polizei. Wenig später hielt eine Streife der Bundespolizei in
Altenberg das Diebesfahrzeug an. Darin saßen eine 28-jährige Frau und ein 29-jähriger
Mann. Einen Zentner Kupfer lud die Polizei später aus ihrem Skoda Felicia. Arnd Vogt aus
Geising und Lutz Dittrich aus Glashütte wissen zu dem Zeitpunkt noch gar nicht, dass sie
auch Opfer geworden sind. Sie sollten gestern ebenfalls aussagen, wozu es dann aber
nicht kam.
Arnd Vogt arbeitet in Geising im Kirchenvorstand mit. Er hat Tage später gemerkt, dass
das Gotteshaus Opfer der Diebe geworden ist. „Ich habe von der Diebestour in der
Zeitung gelesen und gleich an der Kirche nachgeschaut“, erinnert er sich. Vorne waren
die Kupferrohre noch da. Also war er beruhigt. Erst später fiel ihm auf, dass auf der
Rückseite kupferne Abdeckbleche von den Stützpfeilern abgerissen waren. Drei hatten
die Diebe mitgenommen. Zwei waren beschädigt. Die hatten die Täter hochgebogen,
aber nicht abreißen können. Er hat den Pfarrer informiert und den Diebstahl angezeigt.
Der Polizist, mit dem Vogt sprach, kannte die Bleche schon. Die hatte er selbst aus dem
Skoda geräumt.
Von Geising hatten die Diebe ihren Weg nach Glashütte geführt, wo sie am ehemaligen
Kulturhaus rund zehn Meter Fallrohre abgerissen haben. Mitarbeiter der Sächsischen
Uhrentechnologie hatten zum Arbeitsbeginn am Morgen die Schäden am Haus bemerkt,
wie Lutz Dittrich berichtet. Er war damals für die Verwaltung des Gebäudes zuständig
und sollte gestern auch als Zeuge aussagen. Bisher hatte er mit dem Fall nur Kosten und
Ärger. Nun hofft er, dass das ausgestanden ist.
Samstag, 26.01.2013
(Sächsische Zeitung)
Als spiegelten sich Engel im Wasser
Vor 82 Jahren kam Ingrid Struckmann in Dresden zur Welt. Als sie sieben war,
wurde ihre Mutter depressiv – und fiel der „Medikamenten- Euthanasie“ der
Nazis zum Opfer.
Von Oliver Reinhard
Es gibt einen Ort, an dem Ingrid Struckmanns Hoffnung ein wenig Halt findet: an einer
Mauer, am eisernen Tor darin, auf der Brache dahinter, wo unter Baumkronen eine
verwitternde Skulptur ihren steinernen Leib gegen den Wind und die Zeit stemmt. Dass
hier, mitten in der Einsamkeit der Felder südlich von Pilsen, einst ein Gräberfeld war und
die Erde immer noch Tote birgt; nichts erinnert daran. Zu gründlich wurde alles
eingeebnet, vor zu vielen Jahren schon, für eine Fasanerie, die ebenfalls längst wieder
verschwunden ist, spurlos wie das Gräberfeld, als hätte es beides nie gegeben.
Bilderstrecke
Margareta Schmits mit Tochter Ingrid an
der Ostsee. Als sie 1938 eine Reise an die
Adria unternahmen, erkrankte die Mutter.
Die Diagnose „Schizophrenie“ machte sie
für die Nazis zu „lebensunwertem Leben“.
Foto: Familienbesitz
Für Ingrid Struckmann ist dieser Ort in Tschechien mehr als nur ein aufgelassener und
vergessener Friedhof. Irgendwo hinter dieser Mauer und diesem Tor, so glaubt sie
zumindest, hat ihre Mutter die letzte Ruhestätte gefunden. „Ich hätte nur gerne wirkliche
Gewissheit“, sagt sie. „Und vielleicht eines Tages sogar eine kleine Tafel, die hier an
meine Mutter, an die anderen Toten und an deren Schicksale erinnert.“
Ihre Mutter war Margareta Schmits, 1902 in Schweden geboren, später Kunststudentin in
Dresden, nach Heirat in Berlin und früher Scheidung 1934 zurückgezogen an die Elbe mit
der damals vierjährigen Ingrid.
Die anderen waren mindestens mehrere Hundert. Sie starben während des Zweiten
Weltkriegs ein paar Steinwürfe nordwärts des Friedhofs in der Heil- und Pflegeanstalt
Wiesengrund, dem heutigen Dobrány, und wurden hier verscharrt.
Ihr Schicksal war die Vernichtung. Sie wurden zu Opfern der „Medikamenten-Euthanasie“
der Nationalsozialisten. Die ließen von 1939 bis 1945 zwischen 100000 und 150000
geistig und körperlich Erkrankte töten. Zumeist durch überdosierte Abgabe von
Beruhigungs- und Schlafmitteln und durch gezieltes Verhungernlassen. Viele dieser
„lebensunwerten Leben“ endeten erst nach einer Odyssee von Anstalt zu Anstalt. Ein
Kreislauf der Massentötung, beamtensorgfältig organisiert bis zur letzten Leidensstation.
Die hieß auch für Margareta Schmits Wiesengrund. Dort kam sie 1941 im Alter von 39
Jahren ums Leben. Genaueres weiß ihre Tochter nicht. „Man müsste in den
Anstaltsbüchern von Dobrány nachforschen“, sagt Ingrid Struckmann. Doch deren Inhalt
fällt laut Gesetz unter das Medizingeheimnis, für die Dauer von 100 Jahren.
So bleiben Fragen dort, wo Ingrid Struckmann auf Antworten hofft, auf ein bisschen
mehr Gewissheit. Birgt die Erde jener Brache wirklich die Überreste ihre Mutter? Woran
genau ist sie gestorben? Und wie genau? Obwohl ... man muss nicht unbedingt alles
wissen. Jedenfalls nicht jedes Detail. Nur das Wichtigste, das würde schon genügen: dass
ihre Mutter einen Platz hat, nicht nur in der Erinnerung. Und dass man es an diesem Platz
vielleicht irgendwann irgendwie sagen oder schreiben kann: Hier ruht ein Mensch, der
nicht namenlos war. Der ein Leben gehabt hat. Und eine Tochter.
Ingrid Struckmann ist keine gramgebeugte Frau. Sie wuchs in
einem Potsdamer Internat auf und besuchte ihren Vater und
dessen zweite Gattin regelmäßig in Berlin, sie heiratete, bekam
Kinder und Enkel und lebt immer noch ein schönes Leben in der
Geborgenheit ihrer Familie. Kostüm und Schmuck zeugen von
unaufdringlicher Eleganz und passen prächtig zum Lächeln, dass
sie oft und gerne im wachen Gesicht trägt.
Der aufgelassene
„Hier.“ Ihr schlanker
Anstaltsfriedhof im
Ingrid Struckmann mit
Finger tippt auf eine
tschechischen Dobrány.
ihrer Enkelin. Die
Seite des Fotoalbums,
Wurde Margareta Schmits
Zwanzigjährige heißt
das sie hervorgeholt
hier bestattet? Foto: Boris
Margaretha – wie ihre
hat, vorsichtig; es ist
Böhm
Urgroßmutter. Foto:
Maxim Sergienko
nicht mehr das
Jüngste. „Hier, das sind wir beide“: eine Frau
im weißen Sommerkleid, das dichte Haar zerteilt ein modischer
Seitenscheitel, ihre Arme umschließen ein strahlendes Mädchen, Ingrid, sie steht auf
einem Stuhl. Über ihnen weht eine Hakenkreuzfahne. „Da sind wir an der Ostsee. Das
war der letzte Urlaub, bevor es passiert ist.“ Ingrid Struckmanns Mund lächelt noch
immer. Ihre Augen tun es nicht mehr.
„Es“ passierte 1938. Margareta Schmits reiste mit Ingrid nach Triest an die italienische
Adria. Sie unternahmen einen Schiffsausflug, es war herrliches Wetter, auf dem Rückweg
ging die Sonne unter wie im Märchen. „Da hat meine Mutter auf das Meer gezeigt, hat
gelächelt und gesagt: ,Schau mal, das sieht ja aus, als würden sich Engel im Wasser
spiegeln.‘ Dann stand sie auf, ganz ruhig, ging zur Reling ... und dann wollte sie sich ins
Wasser stürzen.“
Andere Passagiere sahen es, reagierten und hielten Margareta Schmits zurück. An Land
brachte man sie mit ihrer Tochter ins Hotel. In der Nacht habe ihre Mutter immer wieder
versucht, aus dem Fenster zu springen, erinnert sich Ingrid Struckmann. „Am Morgen
wurde sie in eine Triester Klinik gefahren. Ich weiß noch, dass ich mich an sie
geklammert und furchtbar geschrien und geweint habe, den ganzen Tag, noch lange,
nachdem man mich ihr weggenommen hatte. Das war das letzte Mal, dass ich meine
Mutter gesehen habe.“
Einige Wochen später, Ingrid war inzwischen beim Vater in Berlin, wurde Margareta
Schmits nach Dresden verlegt, mit der Diagnose „Exogene Depression“. Ob dafür ihr
anhaltender Schmerz mitverantwortlich war? Darüber, dass sie nach kurzer Ehe und
Geburt der Tochter von ihrem Mann für eine andere verlassen wurde? Sie kam in die
Privatklinik des Mäzens, Nervenarztes und Naturheilkundlers Heinrich Stadelmann.
Einmal noch hatte Frau Schmits Besuch von einer Freundin aus Schweden. „Hol mich hier
raus“, soll sie gebeten haben. „Die Therapien sind so schrecklich.“
„Über ihr weiteres Schicksal haben wir immerhin einige Informationen“, sagt Boris Böhm,
Leiter der Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein, einst eine der sechs großen NSKrankenmordanstalten. „Sie blieb in Behandlung, zunächst in der Psychiatrischen und
Nervenklinik am Stadtkrankenhaus Löbtauer Straße.“ Deren Direktor beantragte die
Zwangssterilisation, wie es das bereits 1933 von den Nationalsozialisten erlassene
„Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ vorschrieb. Die Anordnung vom
Erbgesundheitsgericht erging am 19.Juli 1939, als Frau Schmits schon im Sanatorium
Hartheck bei Leipzig war.
Das Drama nahm seinen tödlichen Lauf. Am 1.September überantwortete Hitlers
„Euthanasiebefehl“ unheilbar Kranke dem „Gnadentod“. Eine Meldepflicht wurde
eingeführt, auch für „Geisteskranke“ in Anstalten und Heimen. Zwei Monate später
drängte Herbert Schmits das Dresdner Gesundheitsamt, man möge seine frühere und
jetzt als schizophren geltende Gattin dauerhaft einweisen in eine Landesanstalt, da diese
billiger seien. Was das für Margareta bedeuten und was mit ihr und den anderen Kranken
geschehen würde; es ist ungewiss, ob Herbert Schmits davon wusste. Dass die gebürtige
Schwedin nur wegen der drei Ehejahre mit ihm Deutsche geworden war und allein
deshalb der „Euthanasiebefehl“ nun auch sie betraf, dürfte ihm indes bewusst gewesen
sein.
Tatsächlich wurde Margareta Schmits Anfang 1940 von Hartheck in die Landesanstalt
Arnsdorf verlegt, eine Art „Sammelstelle“, von der aus man Patienten auf diverse
Tötungsanstalten verteilte. Ihre Krankenakte vermerkt: „Schmits, Margareta Beate, geb.
Egerström“ und „Tochter: Ingrid Sch., geb. 19.9.1930, wohnh. b. Vater“. Am 23. April
1941 kam sie auf ihren letzten Transport Richtung „Wiesengrund Sud-G“.
Boris Böhm forscht im Rahmen eines gemeinsamen Projekts mit der Gedenkstätte
Hartheim in Österreich sowie dem Institut für Zeitgeschichte in Prag auch über die Rolle
der sudetendeutschen Gau-Anstalten während der „Medikamenten-Euthanasie“.
Insgesamt 5500 Wiesengrunder Patienten kamen zwischen 1939 und 1945 ums Leben.
Einer davon war Margareta Schmits. „Die enorm hohe Sterblichkeit resultiert offenbar auf
deutlicher Mangelversorgung, viele ließ man absichtlich verhungern. Es wurden aber auch
zahllose Patienten mit Medikamenten getötet“, sagt Böhm. „Das zeigt sich auch am
Schicksal der 476 Patienten aus Arnsdorf, die mit Frau Schmits nach Wiesengrund
kamen. Nur ganz wenige haben überlebt.“
Ihre Tochter erfuhr vom Vater nur, dass die Mutter nicht mehr lebte. „Sie ist ja krank
gewesen, und Kranke sterben eben manchmal. Für mich war das sehr traurig. Es schien
mir aber nichts Ungewöhnliches zu sein“, erinnert sich Ingrid Struckmann. „Noch als
mein Mann mich lange nach dem Krieg fragte, was denn mit Mutter geschehen sei, sagte
ich nur: ,Sie ist gestorben, als ich sieben war.‘“ Tatsächlich war sie sieben, als sie ihre
Mutter zum letzten Mal sah. Als man Margareta Schmits umbrachte, war Ingrid schon elf.
Erst in den Sechzigern wollte sich Frau Struckmann mit ihrer Unkenntnis selbst nicht
mehr zufriedengeben. Zu viel war inzwischen bekannt geworden über die „Euthanasie“Morde. Sie stellte Strafanzeige wegen Mordes gegen unbekannt. Sogar die tschechische
Staatssicherheit nahm Ermittlungen auf. Die wurden zwar 1968 eingestellt, aber nur
vorläufig, und hinterließen umfangreiches Aktenmaterial.
Darauf stieß vor einigen Jahren Michal Simunek vom Prager Institut für Zeitgeschichte.
„Ohne die Anzeige von Frau Struckmann wäre das Schicksal ihrer Mutter hier unbekannt
geblieben“, so der Historiker. „Stattdessen wurde es zum Präzedenzfall für unsere
Forschungen zur Euthanasie im früheren Sudetengau.“ Simunek informierte seinen
Kollegen Boris Böhm. Der fuhr nach Dobrány, um den früheren Anstaltsfriedhof zu
suchen, und entdeckte ihn schließlich. Daraufhin nahm Michal Simunek Kontakt auf mit
den Hinterbliebenen von Margareta Schmits in Hamburg.
Einige Zeit später standen sie vor dem schmiedeeisernen Tor und schauten auf die
Brache, Michal Simunek, Ingrid Struckmanns Tochter und Schwiegersohn, ihre Enkelin,
und sie selbst. „Ich war erleichtert. „Endlich konnte ich sehen, wo meine Mutter wohl
hingekommen ist. Obwohl so eine Brache in Tschechien natürlich schon etwas anderes ist
als unser Familiengrab in Hamburg, in dem auch meine anderen Angehörigen liegen.“
Auf dem Standesamt von Dobrány durften sie das Totenregister einsehen – und fanden
sie: Margareta Schmits, geboren am 1. 4. 1902, gestorben am 31. 8. 1941 in
Wiesengrund. An „Lungenentzündung“. Einer der üblichen offiziellen NS-Euphemismen
für „ermordet“. Die Spalte über den Begräbnisort gibt ein weiteres Rätsel auf: Zwar steht
dort „Anstaltsfriedhof“, aber das Wort wurde wieder durchgestrichen. „Vielleicht können
wir über Umwege doch noch herausfinden, ob Margareta Schmits wirklich dort begraben
wurde oder anderswo“, sagt Michal Simunek. „Nur – das wird schwierig und kann lange
dauern.“
Zumindest hat Margareta Schmits jetzt schon Eingang gefunden in ein Sächsisches
Gedenkbuch-Projekt. „Die meisten Menschen wissen ja nur vom ungleich bekannteren
Gas-Massenmord an Kranken, von der sogenannten Euthanasie-Aktion T4 in den Jahren
1940 und 1941“, sagt Boris Böhm. „Die ,Medikamenten-Euthanasie‘ der
Nationalsozialisten an Kindern, Psychiatriepatienten, geistig Behinderten, Pflege- und
Altersheimbewohnern ist dagegen weniger bekannt. Eben deshalb wollen wir mit
unserem Gedenkbuch gezielt an diese Opfer erinnern.“
Dass am verlassenen Friedhof bei Dobrány irgendwann einmal ein paar Worte an ihre
Mutter und die anderen Toten von Wiesengrund erinnern; Ingrid Struckmann wird weiter
drauf hoffen. Immerhin besteht die Erinnerung an Margareta Schmits nicht allein aus
Gedanken. „In Schweden, auf dem Familiengrundstück meiner Mutter, steht ein
Gedenkstein an sie. Und Herr Simunek hat uns ein paar Steine vom Friedhof geschickt“,
sagt sie. Dann lächeln auch ihre Augen wieder mit: „Einer davon liegt jetzt auf dem
Gedenkstein in Schweden.“
Das ist mehr, als den meisten Hinterbliebenen von Opfern des NS-Krankenmords
geblieben ist. Doch da wäre noch etwas. Genauer: noch jemand. Ihre Enkelin. Sie heißt
Margaretha. „Ich glaube fest daran, dass etwas von unseren Toten in den Nachkommen
weiterlebt“, sagt Ingrid Struckmann. Dass sie damit recht haben dürfte, man kann es
sehen: Nicht nur in ihrem Gesicht, auch in den Zügen der 20-jährigen Margaretha lebt
mehr weiter als eine nur ferne Erinnerung an deren Urgroßmutter Margareta Schmits.
Samstag, 26.01.2013
(Sächsische Zeitung)
PIRNA/ USTI NAD LABEM
Verbrecherjagd in Böhmen bislang erfolglos
Die seit über einer Woche laufende Großfahndung in der Böhmischen Schweiz nach
einem mutmaßlichen Verbrecher ist bislang ohne Erfolg geblieben. Jindrich Jetmar sei
weiterhin auf der Flucht, bestätigte die tschechische Polizei gestern. Die Fahndung werde
auch am Wochenende fortgesetzt. „Für die Aktion ist kein zeitliches Limit gesetzt“, sagte
Polizeisprecherin Alena Bartosova. Wo die Fahndung genau läuft, wollte Bartosova aus
ermittlungstaktischen Gründen nicht mitteilen, warnte aber erneut vor Ausflügen in die
Böhmische Schweiz. Der Gesuchte sei gefährlich, es sei davon auszugehen, dass er von
der Schusswaffe Gebrauch macht.
Der 47-Jährige wird wegen versuchten Mordes gesucht. Er ist 1,78 Meter groß und hat
grau melierte Haare. Zuletzt wurde er in einem grauen Mantel, karierten Hosen und mit
Rucksack gesehen. (stn)
Hinweise an die Polizei in Tschechien unter 158
RUMBURK
Polizei findet keine illegale Unterkunft
Freigelassene Straftäter im Schluckenauer Zipfel haben bisher keine Straftat
begangen. Die Polizei kontrolliert aber stark.
Bei dem früheren Bürogebäude einer Speditionsfirma in Rumburk am ehemaligen
Transitgrenzübergang von Neugersdorf handelt es sich nach Auskunft der Stadt Rumburk
um eine private Unterkunft. Der Eigentümer dort biete armen Menschen eine Unterkunft
an, erfuhr die SZ auf Nachfrage. Das Gerücht, dass es sich bei diesen um freigelassene
Straftäter handele, konnte die Sprecherin von Rumburk, Gabriela Dousova, nicht
bestätigen.
Die Polizei sei wegen der SZ-Anfrage extra dort nachsehen gegangen, ob es sich hierbei
um eine illegale Unterkunft handele, so die Auskunft. Auch von der deutschen Polizei
seien Anregungen dazu gekommen. „Bisher haben sie nichts und niemanden gefunden“,
so Dousova.
Einer neuerlichen Zusammenkunft der Vertreter Rumburks, der Bezirkspolizei und
anderen habe gezeigt, dass im Schluckenauer Zipfel bisher keine von Begnadigten
begangene Straftat registriert worden ist. Wie die SZ bereits berichtete, hat Rumburk
einen guten Überblick über alle wegen der großangelegten Amnestie entlassenen
Gefangenen in ihrem Gebiet. Demnach handelt es sich bei diesen meist um
Kleinkriminelle und Drogenabhängige und nicht um Gewalttäter, Mörder oder
Finanzbetrüger. Nichtsdestotrotz hat die tschechische Polizei ihre Streifen verstärkt. (kaz)
Samstag, 26.01.2013
(Sächsische Zeitung)
SÄCHSISCHE SCHWEIZ
Radrennen mit Rauschgift im Gepäck
Eine sportliche Flucht vor Polizei und Zoll legte am Dienstag ein Fahrradfahrer aus dem
Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge in Neurehefeld hin. Er kam soeben aus
Tschechien und wollte nach Hause fahren. Jedoch reagierte er nicht auf die
Anhaltezeichen und fuhr sportlich weiter. Auch einen zweiten Versuch mit der AnhalteKelle ignorierte der Mann, schildert die Polizei. Da nahmen die Beamten das
Dienstfahrzeug und stellten den Mann in Rehefeld. Der 39-Jährige erklärte, er betreibe
Leistungssport und sei deshalb so schnell gefahren, als ob er flüchte. Zudem sei es ja
eisig kalt. Bei der Durchsuchung des Mannes im Polizeiauto breitete sich jedoch
Cannabisgeruch aus. Im Rucksack stellten die Fahnder dann elf Gramm Cannabis und
eine geringe Menge Crystal fest. Für seine sportliche Leistung bei dieser Witterung bekam
er keinen Preis verliehen. Stattdessen erwartet den Mann nun eine Anzeige wegen des
Verdachts eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz. (SZ)
Spannende Stichwahl in Tschechien
Ein kauziger Fürst oder ein linker Meister des Bonmots: Wer folgt auf Präsident
Vaclav Klaus?
Prag. Die erste Direktwahl des tschechischen Präsidenten geht ins hartumkämpfte Finale.
Am Freitag begann die zweitägige Endrunde zwischen dem Linkspopulisten Milos Zeman
(68) und dem konservativen Adeligen und Außenminister Karel Schwarzenberg (75).
Mehr als acht Millionen Tschechen sind wahlberechtigt. Meinungsforscher erwarten ein
Kopf-an- Kopf-Rennen, sehen aber einen leichten Vorteil
für den linken Ex-Regierungschef Zeman.
„Zeman und Schwarzenberg haben mit einer
hysterischen Kampagne die Gesellschaft gespalten“,
bemängelte Ministerpräsident Petr Necas. Zentrales
Streit-Thema war die Vertreibung von Millionen
Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg. „Die Vertreibung
war für uns kein Ruhmesblatt“, hatte Schwarzenberg
betont und Kritik geerntet.
Schwarzenberg ist Vizechef einer nach harten
Sparmaßnahmen unbeliebten Mitte-Rechts-Regierung.
Zeman präsentiert sich als linker Kandidat und
propagiert ein skandinavisches Wohlfahrtsmodell. „Diese
Wahl lässt niemanden in Tschechien kalt“, sagte der
Politologe Jiri Pehe. „Die politische Spannung ist so hoch
wie seit (der Wende von) 1989 nicht mehr.“
Für Erstaunen sorgte am ersten Wahltag, dass Schwarzenberg an seinem Wohnort
Sykorice eine ungültige Stimme abgab. Im Medienrummel habe der adelige Fürst
vergessen, seinen Stimmzettel in den obligatorischen Umschlag einzutüten, berichtete
das Fernsehen.
Das Staatsoberhaupt ernennt den Ministerpräsidenten und die Verfassungsrichter. Der
bisherige Präsident und scharfe EU-Kritiker Vaclav Klaus konnte nach zwei Amtszeiten
nicht erneut antreten. (dpa)
Milos Zeman am Samstag in Prag.
Der Linkspopulist hat die
Präsidentenwahl in Tschechien
gewonnen.
©dapd
Samstag, 26.01.2013
(Sächsische Zeitung)
Tschechien erlebt einen Linksruck
Mit Milos Zeman zieht ein Provokateur und Volkstribun in den Palast auf dem
Prager Hradschin. Seinem Herausforderer, dem Fürsten Karel Schwarzenberg,
wurde die Zeit im Exil zum Verhängnis.
Prag.Der populistische Ex-Ministerpräsident Milos Zeman (68) hat die Präsidentenwahl
gewonnen. Nach Auszählung von mehr als 97 Prozent der Wahlbezirke erreichte er eine
Zustimmung von 55,3 Prozent. Zeman setzte sich gegen den konservativen
Herausforderer und amtierenden Außenminister Karel Schwarzenberg (75) durch. Der
Adelige kam nur auf 44,6 Prozent, wie das Statistikamt in Prag am Samstag mitteilte.
In dem historischen Urnengang konnten rund acht Millionen Tschechen erstmals direkt
ihren Präsidenten bestimmen. Der bisherige Amtsinhaber und scharfe EU-Kritiker Vaclav
Klaus durfte nach zehn Jahren auf dem Prager Hradschin nicht mehr antreten.
Das vorläufige Endergebnis wurde am späten Nachmittag erwartet. Die Beteiligung lag
mit rund 56 Prozent niedriger als bei ersten Wahlgang vor zwei Wochen. Der
tschechische Präsident hat weitgehend repräsentative Aufgaben, ernennt aber den
Regierungschef und die Verfassungsrichter.
Zeman bezeichnet sich selbst im Gegensatz zu Klaus als «Euro-Föderalisten». Der Linke
inszenierte sich in einem teils schmutzigen Wahlkampf als bodenständiger Volkstribun.
Der Zweimetermann suchte die Konfrontation mit seinem adeligen Herausforderer, der
lange in Wien gelebt hatte.
Schwarzenberg geriet wegen kritischen Äußerungen zur Nachkriegsvertreibung der
Deutschen zunehmend in die Defensive. Auch seine Zeit im Exil wurde ihm angekreidet.
Zudem ist er Vizechef einer nach Sparmaßnahmen unbeliebten Regierung.
Zeman stand von 1998 bis 2002 an der Spitze einer Minderheitsregierung. In seiner
Regierungszeit häuften sich internationale Skandale. So diffamierte er in einem Interview
einmal die vertriebenen Sudetendeutschen als «fünfte Kolonne Hitlers». Selbst seine
Gegner anerkennen indes, dass er den Bankensektor erfolgreich privatisierte und
ausländische Investoren ins Land holte. (dpa)
Samstag, 26.01.2013
Radio.cz
Miloš Zeman ist erster direkt gewählter Staatspräsident der
Tschechischen Republik
Miloš Zeman ist nach dem vorläufigen Endergebnis der erste direkt gewählte
Staatspräsident der Tschechischen Republik. Unerwartet deutlich kam der ehemalige
Ministerpräsident Zeman auf knapp 55 Prozent der Stimmen. Sein Konkurrent, der
amtierende Außenminister Karel Schwarzenberg, erreichte etwas über 45 Prozent.
Zeman konnte vor allem auf dem Land und in kleineren Gemeinden punkten, während
Schwarzenberg in den größeren Städten des Landes gewinnen konnte. Besonders stark
konnte Außenminister Schwarzenberg unter den Auslandstschechen punkten. Insgesamt
erhielt der Adelige dort 84 Prozent der abgegebenen Stimmen. Die Amtseinführung des
neuen Präsidenten findet am 8. März statt, am 7. März läuft die zweite Amtszeit von
Amtsinhaber Václav Klaus ab.
Miloš Zeman kündigt an, Präsident aller Tschechen zu sein
Miloš Zeman dankte in einer ersten Pressekonferenz allen seinen Wählern und
bezeichnete seinen Sieg als überzeugend. Als erster direkt gewählter Präsident wolle er
Präsident aller Tschechen sein. Er wolle die unteren 10 Millionen vertreten, unter denen
sowohl seine als auch die Wähler von Karel Schwarzenberg seien, so Zeman weiter.
Beteiligung an Stichwahl bei 59 Prozent
Das Interesse der Bürger an der zweiten Runde der Präsidentenwahl war etwas niedriger,
als in der ersten Runde. Obwohl aus den touristischen Ski-Zentren im ganzen Land eine
besonders hohe Wahlbeteiligung gemeldet wurde, gaben nur wenig mehr als 59 Prozent
der Wahlberechtigten ihre Stimme ab. In der ersten Runde der ersten direkten
Präsidentenwahl des Landes gingen 61 Prozent zur Urne. Etwa ein halber Prozentpunkt
der abgegebenen Wahlzettel war ungültig, darunter auch die Stimme von Karel
Schwarzenberg, der am Freitag seinen Zettel ohne den nötigen Umschlag in die Urne
geworfen hatte.
Zeman von Anhänger der Sozialdemokraten und Kommunisten gewählt,
Schwarzenberg von ODS und Top 09
In der Stichwahl haben die Anhänger der Sozialdemokratie, der Kommunisten sowie der
erfolglosen Kandidaten Jan Fischer und Vladimír Franz den ehemaligen
sozialdemokratischen Premierminister Miloš Zeman gewählt. Auch die Anhänger der
Christdemokraten (KDU-ČSL) haben in der Mehrheit für Zeman gestimmt. Sein Gegner,
der amtierende Außenminister Karel Schwarzenberg, konnte vor allem auf die Stimmen
seiner eigenen Partei Top 09, auf die Wähler der Bürgerdemokraten (ODS), aber auch auf
die Anhänger von Taňa Fischerová zählen.
Václav Klaus: Wahl Zemans ist Sieg von Wahrheit und Liebe über Lüge und Hass
Der amtierende tschechische Staatspräsident Václav Klaus äußerte sich auf seiner
Auslandsreise in Chile zum Wahlergebnis. Er sei stolz auf die tschechische Nation, die
nicht einer medialen „Gegenkampagne“ erlegen sei. Die Wahl von Zeman sei ein Sieg von
Wahrheit und Liebe über Lüge und Hass, so Klaus gegenüber der Presseagentur ČTK.
Zeman wird Präsident
Samstag, 26. 01. 2013
Prager Zeitung
Die Tschechen haben Miloš Zeman zum neuen Staatsoberhaupt gewählt.
Der frühere Regierungschef und Vorsitzende der Sozialdemokraten (ČSSD) soll offiziell
am 8. März in sein Amt eingeführt werden. Zeman erhielt in der Stichwahl mit 54,80
Prozent knapp 470.000 Stimmen mehr als sein Konkurrent Karel Schwarzenberg. Die
Wahlbeteiligung lag bei 59,11 Prozent.
Zeman hatte sich vor den Wahlen als linksgerichteter Kandidat bezeichnet und sich im
Wahlkampf klar gegen die derzeitige Regierung von Premier Petr Nečas gestellt.
Eigenen Worten zufolge will Zeman als Präsident "aktivistisch" handeln, der von der
Prager Burg aus seine eigenen Pläne verfolgt und sich auch in Regierungs- und
Parlamentsverhandlungen einmischen will. Die Frage ist jedoch, in welchem Maße sich
diese Ziele im Rahmen der beschränkten Befugnisse des Staatsoberhaupts durchsetzen
lassen.
Ein einfacher Partner wird der neue Präsident auch für die oppositionellen
Sozialdemokraten nicht sein. Die Parteiführung der ČSSD hatte sich zunächst gegen
eine Präsidentschaftskandidatur Zemans gestellt und ihn beschuldigt, dem Ruf der
Sozialdemokratie geschadet zu haben.
Gemeinsam mit Václav Havel und Václav Klaus gehört Zeman zu den drei
markantesten Politikern der tschechischen Nachwendezeit. Seine Karriere in den
neunziger Jahren wurde von einigen Politaffären und kontroversen Privatisierungen
begleitet. Seine Kritiker werfen Zeman auch das Bündnis mit Václav Klaus vor, mit
dem er im Jahr 1998 den sogenannten Oppositionsvertrag beschloss, der eine
Minderheitsregierung der Sozialdemokraten ermöglichte.
Zemans klarer Sieg erleichtert den Abgang von
Präsident Klaus, der sich im Wahlkampf ausdrücklich
gegen die Kandidatur Schwarzenbergs stellte.
Zeman sagte mehrfach, er würde Klaus ungeachtet
unterschiedlicher Ansichten respektieren und dessen
derzeitigen Kanzler Jiří Weigl in seinem Amt
belassen.
Gegenüber Klaus versteht sich Zeman als
europäischer Föderalist. Inoffiziellen Angaben
zufolge blickt er mit großer Zuversicht auf Frankreich und Deutschland, die in der Lage
wären, die europäischen Probleme zu lösen.
Zeman konnte mit Ausnahme der Hauptstadt in allen tschechischen Regionen die
Stimmenmehrheit erringen. Schwarzenberg, der in Prag mehr als 66 Prozent der
Stimmen erhielt, war auch bei den im Ausland lebenden Tschechen (84,21 Prozent)
sowie in den meisten Kreisstädten erfolgreich. Zeman siegte lediglich in Ústí nad
Labem, Pardubice, Jihlava, Olomouc und Ostrava.
Text: čtk/PZ, Foto: SPOZ

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