Kuhmilch- Welche Partikel messen Laserbeuger?

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Kuhmilch- Welche Partikel messen Laserbeuger?
BR 9552DSGER
APPLIKATION
Partikeltechnologie
Kuhmilch: Welche Partikel messen Laserbeuger?
Universität Karlsruhe (TH)
Institut für Bio- und Lebensmitteltechnik; Bereich I: Lebensmittelverfahrenstechnik
Karsten Köhler; Heike P. Schuchmann
Einführung
Milch ist ein Naturprodukt, das jeder vom Frühstück kennt. Aber wie oft macht man sich Gedanken darüber, welche Partikel in dieser „weißen Flüssigkeit“ enthalten sind? Hier findet man feste Kugeln aus Butterfett, verschiedene Eiweißstoffe (Proteine), die als
Aggregate in der Molke „schwimmen“ (man sagt: kolloidal gelöst sind) und natürlich die echt löslichen Stoffe, wie den Milchzucker
(Laktose) oder die Mineralstoffe. Alle nicht gelösten Stoffe kann man messtechnisch erfassen, d.h. sowohl die Butterfett-Kugeln
als auch die kolloidal gelösten Milchproteinaggregate, v.a. das aus dem Käse als Gerüstgeber bekannte Casein. Deren Größen
bestimmen maßgeblich die Qualität von Trinkmilch und Milchprodukten, wie Joghurt, Quark oder Käse. Je kleiner die Fettkugeln
sind, desto weniger kommt es zum Aufrahmen, einem Phänomen, das jenen gut bekannt ist, die schon einmal Rohmilch auf dem
Bauernhof getrunken haben oder die Milch für ein paar Tage stehen gelassen und dann den Rahm genossen haben. Aber auch
die Kremigkeit und Farbe von Milchprodukten kann man mit Hilfe der Fettkugelngröße beeinflussen. Kleinere Fettkugeln führen zu
kremigeren, sahniger schmeckenden und weißeren Milchprodukten. Joghurt und Käse wird fester in der Textur. Die Partikelgrößenbestimmung von Kuhmilch stellt damit einen wichtigen Schritt in der Qualitätssicherung dar.
Die Bestimmung der Partikelgrößen in Milch ist allerdings nicht trivial, da es sich um ein Naturprodukt handelt, welches starken Schwankungen in der Zusammensetzung unterliegt. Was die Messung zusätzlich erschwert, ist, dass es unterschiedliche
Substanzen gibt, die mit dem Laserstrahl interagieren.
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In diesem Artikel wird dargestellt, wie mit Hilfe der statischenLichtstreuung (Laserbeugung) die Größen unterschiedlicher
Komponenten der Milch gemessen werden können und welche
Besonderheiten dabei zu beachten sind.
• Die Proteine, die bei der Homogenisation der Milch zur Stabilisierung der Fetttropfen benötigt werden und die bei der
Joghurt und Käseherstellung das texturgebende Gerüst ausbilden können.
Heute wird davon ausgegangen, dass die Kuhmilch aus bis zu
2.000 Komponenten bestehen kann [1]. Für die Partikelgrößenbestimmung sind jedoch nur drei Komponenten wichtig:
• Die Molke, also Wasser mit den darin gelösten Milchinhaltsstoffen (hauptsächlich Laktose und Mineralstoffe), die in der
Milch die kontinuierliche Phase darstellt.
• Das Butterfett, das als runde Partikel vorliegt und die disperse
Phase bildet.
Interessant sind hier
hauptsächlich die
Casein(aggregat)e.
Caseine, wie es das
Wort vermuten läßt,
haben als Zentrales
Atom Calcium, um
welche sie ihre Proteinstruktur in globulären
Mizellen aufbauen [2].
Abbildung 1:
Aufbau der Sekundären Fettkugelmembran
nach dem Homogenisieren. [2]
APPLIKATION
Partikeltechnologie
Messmethode:
Die Partikelstrukturen in Milch können mit dynamischer Lichtstreuung (DLS) oder mit statischer Lichtstreuung (Laserbeugung) analysiert werden.
Als Kriterium für die Wahl des „richtigen“ Verfahrens kann die
Frage des Größenbereichs und des Agglomerationsgrads der
zu messenden Partikelstrukturen herangezogen werden.
Für das Messprinzip der dynamischen Lichtstreuung (z.B.
Delsa™Nano) wird eine ungestörte Brownsche Molekularbewegung benötigt, daher können nur Partikel oder Agglomerate
bis zu max. 5 µm erfasst werden.
Dagegen ermöglicht die Laserbeugung auch die Messung von
größeren Partikeln (bis zu 2000 µm), zeigt aber einen zu kleinen Partikeln begrenzten Messbereich (40 nm statt 4 nm bei
der DLS).
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kto
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S-D
D
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P
EDTA (Ethylendiamintetraacetat, Na-Salz) ist ein Komplexbildner, in dem z.B. Calcium als zentrales Atom einen stabilen
Komplex bildet. Wird er beispielsweise zu Milch gegeben, löst
er das Calcium aus den Caseinaggregaten und löst so deren
Struktur auf.
Bei Zugabe von EDTA werden sowohl freie Caseinaggregate
in der Molke als auch die an der Oberfläche der Milchfettpartikel adsorbierten Caseinaggregate aufgelöst. Als Folge verschwindet der Peak in der Partikelgrößenverteilung um die 0,1
µm, der durch die Caseinmizellen (-aggregate) gebildet wurde
(siehe Abb. 2a). Auch die Caseinaggregate in der Milchfettkugelgrenzfläche werden aufgelöst, was eigentlich die Fettkugeln
destabilisieren und deren Aggregation auslösen sollte.
Der Verlust an Grenzfläche stabilisierendem Material wird jedoch durch das SDS (Sodium Dodecyl Sulfate) kompensiert,
so dass die Milchfettpartikel weiterhin stabil bleiben.
Als Konsequenz kann mit diesem Verfahren die reine Milchfettpartikelgröße bestimmt werden, ohne eine Verfälschung durch
in Milch immer vorhandene Caseinmizellen zu habe [3,4].
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ekto
Det
Filterrad
Wolframlampe
Messzelle
Abbildung 2a:
Dichteverteilung q3 gemessen von Milch in rot dargestellt nach Verdünnung mit Wasser und blau dargestellt nach Verdünnung in SDS-EDTA
Lösung, bei der die Caseinemizellen aufgelöst wurden
HL-Laser
Analyse:
Das hier benutzte LS13320 (Beckman Coulter Inc.) mit der integrierten PIDS-Technologie (Polarisation Intensity Differential
Scattering) ermöglicht neben der Analyse von Casein-Aggregaten auch eine Messung der Fettkugeln und deren Aggregate,
da die Kombination aus Laserbeugung und PIDS-Technik eine
Messung sowohl im Bereich einiger Mikrometer als auch im
Bei der Hochdruckhomogenisation von Milch (ein Standardverfahren zur Stabilisierung der Milch gegen das Aufrahmen
und zur Verbesserung des sämigen Mundgefühls) kommt es
– je nach Prozessführung – oft zu einer Aggregation der gerade zerkleinerten Fettkugeln, da manche Caseinaggregate nicht
nur an einem Fettpartikel, sondern gleichzeitig an mehreren
adsorbieren und so regelrecht Brücken zwischen den Partikeln
aufbauen. Da bei der Zugabe von SDS-EDTA-Lösung vor der
Messung alle Caseinmizellen aufgelöst werden – auch die an
Ergebnis:
Das LS13320 bietet mit seiner PIDSTechnik und dem damit verbundenen sehr
großen Messbereich
von 0.04 – 2000 µm zusammen mit dieser Präparationstechnik eine optimale Möglichkeit zur gezielten Untersuchung der
verschiedenen Komponenten der Milch und so beispielsweise
eine genaue Auskunft über eine Auswirkung unterschiedlicher
Verarbeitungsprozesse auf die Zusammensetzung des Produktes.
Abbildung 2b:
Dichteverteilung q3 zeigt das Auflösen von Agglomeraten
durch die Zugabe von SDS-EDTA Lösung
den Fettpartikelgrenzflächen - werden auch Agglomerate aus
den Fettpartikeln aufgelöst [5] (siehe Abb. 2b). Da sich die
Struktur von Fettpartikeln durch eine SDS-EDTA-Lösung nicht
verändern kann, lässt sich eine Verschiebung der Partikelgrößenverteilung nur durch das Auflösen von Fettkugelagglomeraten erklären. Gut zu erkennen ist, dass gerade die großen
Partikelstrukturen zwischen 2 und 7 μm nach Zugabe der SDSEDTA-Lösung in der Verteilung verloren gehen.
Die vorgestellte Probenpräparation und Messmethodik erlaubt
es damit, nicht nur die in Kuhmilch immer vorhandenen unterschiedlichen Partikelfraktionen (Caseinaggregate bzw. –mizellen und Butterfettpartikel) zu unterscheiden, sondern auch
mögliche Agglomerationserscheinungen, die bei der Behandlung der Rohmilch zu homogenisierter Milch auftreten zu detektieren. Letzteres ist eine wichtige Basis, um den Prozess
optimieren zu können. Vor einer Entscheidung für die Probenpräparation muss damit die Frage gestellt werden, was man
mit der Messung detektieren will:
Soll nur die reine Fettpartikelgröße (und damit z.B. der Homogenisationserfolg) bestimmt werden, ist der Einsatz einer SDSEDTA-Lösung zur Verdünnung der Probe vor der Messung zu
empfehlen. Eine vergleichende Messung mit Wasser als Verdünnungsmedium erlaubt dann die effektive Unterscheidung
zwischen kleinen Fettpartikeln und Caseinmizellen sowie zwischen großen Fettpartikeln und Fettkugel-Aggregaten.
[1] Töpel, A.: Chemie und Physik der Milch, Behr‘s Verlag,
2004.
[2] Kessler, H. G.: Lebensmittel- und Bioverfahrenstechnik Molkereitechnik, Verlag A. Kessler, München, 1996.
[3] Bericht - AiF FV 14073N: Energiesparende und schonende
Homogenisierung von Milch und Auswirkungen auf die
Textur von Milchprodukten, Universitäten Hohenheim (Lebensmittel tierischer Herkunft), Universität Karlsruhe (TH)
(Lebensmittelverfahrenstechnik), Technische Universität
München / Weihenstephan (Lehrstuhl für Lebensmittelverfahrenstechnik und Molkereitechnologie), 2008.
[4] Köhler, K., Karasch, S., Schuchmann, H. P., Kulozik, U.: Energiesparende Homogenisierung von Milch mit etablierten
sowie neuartigen Verfahren, Chemie Ingenieur Technik, 80
(8) 1107-1116, 2008.
[5] Strawbridge, K. B., Ray, E., Hallett, F. R., Tosh, S. M., Dalgleish, D. G.: Measurement of Particle-Size Distributions in
Milk Homogenized by A Microfluidizer - Estimation of Populations of Particles with Radii Less-Than 100 Nm, Journal Of
Colloid And Interface Science, 171 (2) 392-398, 1995.
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