kaspar maase - Hamburger Institut für Sozialforschung

Transcrição

kaspar maase - Hamburger Institut für Sozialforschung
Diskussionspapiere
Kaspar Maase
Gerd Hallenberger
Mel van Elteren
Amerikanisierung der Alltagskultur?
Zur Rezeption US-amerikanischer
Populärkultur in der Bundesrepublik
und in den Niederlanden
KASPAR MAASE
GERD HALLENBERGER
MEL VAN ELTEREN
Amerikanisierung der Alltagskultur?
Zur Rezeption US-amerikanischer Populärkultur in der Bundesrepublik und in den
Niederlanden
Diskussionspapier, 9-90
Hamburger Institut für Sozialforschung, 1990
Hamburger Institut für Sozialforschung
2
Mittelweg 36, 2000 Hamburg 13
Telefon: 040/414097-12
Telefax: 040/414097-11
Zu den Autoren:
Kaspar Maase, Dr. phil., Kulturwissenschaftler, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Hamburger
Institut für Sozialforschung.
Gerd Hallenberger, Dr. phil., wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Europäische
Ethnologie und Kulturforschung der Universität Marburg im DFG- Sonderforschungsbereich
240 "Bildschirmmedien".
Mel van Elteren, Dr. phil., Professor für sozial-kulturelle Wissenschaften und Geschichte
industrieller Gesellschaften an der Fakultät für Geschichte und Kunstwissenschaften, ErasmusUniversität Rotterdam.
Bildnachweise
Abb. 1: Bravo 4/1957
Abb. 2: Bravo 37/1957
3
Abb. 3: Bravo 10/1958
Abb. 4: Bravo 11/1958
Abb. 5: Bravo 44/1958
Abb. 6: Bravo 15/1958
Abb. 7: Bravo 3/1959
Abb. 8: Foto von Erich Andres, aus: Deutscher Werkbund e.V. und Würtem- bergischer
Kunstverein Stuttgart (Hg.), Schock und Schöpfung, Darmstadt und Neuwied 1986, S. 225.
Abb. 9: Foto von Alfred Cermak, aus: Gerhard Jagschitz und Klaus-Dieter Mulley (Hg.), die
"wilden" fünfziger Jahre, St. Pölten und Wien 1985, S. 71.
Abb. 10: Jürgen Struck, Rock around the cinema, Reinbek 1985, S. 11.
Vorbemerkung
Die "Verwestlichung" der bundesdeutschen Gesellschaft nach der Niederwerfung der
NS-Herrschaft ist ebenso unbestreitbar wie ihre Bedeutung und Bewertung umstritten sind.
Genaueres Wissen über die damit verbundene Umorientierung in Mentalitäten und
Dispositionen ist gerade angesichts der Herausforderungen des Zusammen- wachsens im
vereinigten Deutschland gefragt. Da erweist es sich als bedeutender Mangel, daβ einschlägige
Studien vor allem politischen Fragen nachgegangen sind; die Sozialgeschichte der
Nachkriegszeit ist erst in Ansätzen erforscht, und "Amerikanisierung" wurde vor allem als
Schlagwort politischer und kulturkritischer Debatten benutzt. Das Defizit abzutragen und
Aspekte der Alltagskultur in die Diskussion um Kontinuität und Wandel in der
Nachkriegsgeschichte einzubringen, ist Anliegen der drei hier vorgelegten Aufsätze.
Es handelt sich dabei um überarbeitete Vorträge, die anläβlich eines Kolloquiums des
Hamburger Instituts für Sozialforschung zum Thema "Dialektik der Amerikanisierung" im Juli
1990 gehalten wurden.
Alle Texte verweisen darauf, daβ es wenig nützlich ist, pauschal von "Amerikanisierung"
zu sprechen und daβ konkrete Analysen der damit gemeinten Aneignungs- und
Veränderungsprozesse noch eine Menge wichtiger Befunde zu erbringen haben. Der Blick auf
die Niederlande macht bewuβt, daβ die bundesdeutsche Nachkriegsentwicklung bei allen
4
Besonderheiten auch im Rahmen eines westeuropäischen Modernisierungsprozesses zu sehen
ist, dem die Vorstellung einer nach 1945 von auβen aufgenötigten "Amerikanisierung" nicht
gerecht wird. Die widersprüchliche Verbindung von inneren Modernisierungstrends und
US-ameri- kanischen Mustern, von Übernahme und Umwandlung, von Kommerzialisierung
und Zivilisierung, von Konsumorientierung und Autonomiegewinnen findet sich in den ganz
verschiedenen Gegenständen der drei Beiträge und verweist damit auf interessante
Fragestellungen für die weitere Forschung.
Bernd Greiner
Kaspar Maase
Kaspar Maase
Auf dem Weg zum zivilen Habitus
Zusammenfassung
Auf der Basis von lebensgeschichtlichen Interviews und einer Analyse der Jugendzeitschrift
BRAVO untersucht der Beitrag die "Amerikanisierung" von Jugendkultur in der zweiten
Hälfte der 50er Jahre. Er entwickelt die These, daβ die Rezeption US-amerikanischer
Populärkultur zur Ausbildung eines "zivilen Habitus" beigetragen habe. Abwertung
soldatischer Männlichkeit und Stärkung kommerzieller Haltungen werden interpretiert als
Momente eines Informalisierungsprozesse, der die Bedingungen für demokratische politische
Kultur in der Bundesrepublik verbesserte.
Towards a civil habitus
Abstract
The essay analyses the "americanization" of west german youth culture in the second half of
the fifties. The empirical basis is constituted by oral history material and the youth magazine
5
BRAVO. The reception of US popular culture has stimulated the forming of a "civil habitus".
Military features of masculinity lost acceptance and commercial orientations were spread. This
was part of a process of informalization which helped grounding democratic political culture
in western Germany.
Gerd Hallenberger
Anmerkungen zur Amerikanisierung der Fernsehunterhaltung in der Bundesrepublik
Zusammenfassung
Problematisiert man das Schlagwort von der "Amerikanisierung" der Fernseh- unterhaltung,
wird eine Fülle unterschiedlicher Einfluβformen sichtbar, die von der direkten Präsenz
amerikanischer Kauf- und Lizenzproduktionen bis zur indirekten Vorbildfunktion reicht, die
US-Fernsehen für viele Programmacher hat. Gemeinsamer Nenner ist dabei die Orientierung
am Ideal eines professionellen, funktional optimierten, primär unterhaltungsorientierten
Fernsehens mit kommerzieller Ausrichtung.
Notes on the "americanization" of TV entertainment in the Federal Republic
Abstract
Although "americanization" is widely used as a simple catch-word, the term refers to many
different types of influence. "americanization" includes program sales as well as more subtle
processes, like American TV serving as a model for many German producers of entertainment.
On a more general level, "americanization" hints at the ideal of a TV system that is highly
professionalized, offers a maximum of entertainment and has commercial potential.
Mel van Elteren
Holländische Jugendliche und amerikanische Massenkultur in den 1920er und 1950er
Jahren
6
Zusammenfassung
Der Aufsatz behandelt die Rezeption von Elementen der amerikanischen Massen- kultur in
den Niederlanden der 20er und 50er Jahre, speziell unter Jugendlichen. In diesen beiden
Perioden wurde die "Dialektik der Amerikanisierung" intensiv erfahren. Nach einer Skizze der
konzeptionellen Probleme bei der Analyse kultureller Übertragungs- und Austauschprozesse
werden die wichtigen Entwicklungen im Überblick dargestellt. Ein wesenliches Moment der
Rezeption ist die Tatsache, daß "Amerika" verschiedene Formen von Modernität verkörperte
und symbolisierte. Damit spielte es eine bedeutsame Rolle in den unterschiedlichen
Antworten, die die verschiedenen Gruppen auf den westlichen Zivilisationsprozeß gaben.
Dutch youths and American mass culture in the 1920s and 1950s
Abstract
This essay focuses on the reception of American mass cultural forms in the Netherlands,
particularly among young people, during the 1920s and 1950s; two periods in which the
"dialectics of Americanization" were intensily experienced by contemporaries. After an outline
of the conceptual problems of cultural transmission and exchange, an overview of the relevant
developments is given. A crucial element in these reception processes was the fact that
"America" embodied and symbolized various kinds of modernity. As such it played a
significant role in the differential responses to the western civilization process of the groups
involved.
7
KASPAR MAASE
AUF DEM WEG ZUM ZIVILEN HABITUS
Rock'n'Roller, Teenager, BRAVO und die US-Populärkultur in der zweiten Hälfte der 50er
Jahre
"... wir wollten ja heraus aus diesem Grauflanell, aus diesem
Wehrmachtsdrillich, wir wollten ein besseres, schöneres, amerikanisches Leben führen" (Hermann Glaser) 1
Was interessiert ZeitgenossInnen des "Endes der Nachkriegszeit" die "Amerika- nisierung" der
50er Jahre? Ich gebe nur zwei unkommentierte Hinweise darauf, daβ es um Entwicklungen
geht, die für beide deutsche Gesellschaften auf unterschiedliche Weise prägend waren und
sind, deren Analyse also für den Umgang mit den Problemen des "Zusammenwucherns" von
Nutzen sein kann.
1. Aus einem internen Bericht der Partei "Die Republikaner" vom Januar 1990 zur Stimmung in
der DDR: "Völlige Ablehnung besteht ... gegenüber einer primitiv- kapitalistischen Lebensart,
die bei uns zunehmend aus den USA übernommen wird." 2
2. Eine Meldung von der entgegengesetzten Seite des politischen Spektrums, der gegenüber
der Vorwurf des "Antiamerikanismus" in den letzten Jahren immer schnell bei der Hand war. 3
Nach dem Willen der Grünen in Hessen soll der Armeesender AFN bleiben, auch wenn alle
US-Soldaten abziehen. Für die Nachkriegsgeneration sei der AFN nie ein "Soldatensender"
gewesen. Er habe vielmehr das Gefühl und die Erfahrung vermittelt, daβ es "jenseits des
kulturellen Miefs der fünfziger und frühen sechziger Jahre" und jenseits von Bully Buhlan und
Horst Wendland "eine andere Kultur" gebe. Der AFN habe ein Verdienst daran, daβ diese
1
Kultur ist alles das, was nicht ist. Gespräch mit Hermann Glaser, DIE ZEIT, 4. Mai 1990, S. 56 (Hervorh. im
Orig.).
2
Volkszeitung, 6. April 1990, S. 15.
3
FAZ, 11. April 1990, S. 41.
8
Generation bei Folklore stets eher an Country-and-Western-Music denke als an oberschlesische
Volksmusik und daβ für sie die New Yorker Freiheitsstatue das Niederwalddenkmal "um
Längen" überrage.
Zu Material und Ansatz
Dieser Aufsatz stellt vorläufige Ergebnisse einer Studie vor, die der Verfasser am Hamburger
Institut für Sozialforschung durchführt. Ihr Gegenstand ist die Aufnahme einiger Sektoren der
US-amerikanischen Populärkultur (Rock'n'Roll, Kinofilme, Jazz) sowie damit verbundener
alltagskultureller Stilelemente und Haltungen (Kleidung, Frisuren, Körpersprache) in der
Bundesrepublik in der zweiten Hälfte der 50er Jahre. Diese Rezeption war Gegenstand heftiger
Auseinandersetzungen vor allem entlang der Generationslinie. In ihnen reflektiert sich die
beginnende Herausbildung eines neuen Typs von Jugendkultur (vgl. Baacke 1987; Zinnecker
1987); dieser bezieht sich wesentlich auf Vor-Bilder aus der US-Populärkultur, die in ihrem
Herkunftsland für ein jugendliches Publikum produziert worden waren. Hierin gründet die
These, daβ der gewählte Zeitraum und das interpretierte Material Aufschluβ geben über
Wandlungstendenzen der Alltagskultur. Der Generationswechsel ist Umschlagpunkt für
Veränderungen der Lebensweise (vgl. Mannheim 1964; Maase 1984); mit dem Rock'n'Roll, den
"Halbstarken" und "Teenagern" zeigen sich in der zweiten Hälfte der 50er Jahre neuartige
kulturelle Phänomene; und die breite Debatte über ihre Bewertung gibt der Interpretation
wichtige Hinweise auf den Wandel in Haltungen und Mentalitäten.
Spezifische Materialgrundlage sind fünfundvierzig lebensgeschichtliche Interviews mit
dem Schwerpunkt 50er Jahre, die im Rahmen zweier anderer Studien erhoben wurden. 4 Dazu
kommen einige eigene Interviews sowie die Auswertung der Jahrgänge 1956-1959 der
Zeitschrift BRAVO. In diesem 1956 gestarteten Blatt begegnen und brechen sich
4
Mein Dank geht an Werner Fuchs und Jürgen Zinnecker, Heinz-Hermann Krüger und Hans-Jürgen von
Wensierski sowie Thomas Groeneveld für freundliche Genehmigung und praktische Hilfe bei der Auswertung der
Interviews, die für Fischer/Fuchs/Zinnecker (1985, Bd. 3) und Krüger (1985) erhoben wurden. Die Gespräche für
die letztgenannte Studie wurden nicht durchgängig wörtlich transkribiert; gestraffte Passagen wechseln mit
wörtlicher Wiedergabe ab. Dies ist im vorliegenden Text daran zu erkennen, daβ einfache Anführungszeichen im
Zitat die wörtliche Wiedergabe markieren. Soweit dem Material zu entnehmen, werden die InterviewerInnen
genannt.
9
unterschiedliche Generations-Perspektiven auf die US-Kulturimporte; 5 das macht es (ohne
dies hier ausführlich begründen zu können) mentalitäts- geschichtlich aufschluβreich.
Der Begriff "Amerikanisierung" ist höchst problematisch; er entstammt keiner analytischen,
sondern der publizistischen Debatte. Ich will daher das kultur wissenschaftliche Interesse kurz
gegen andere Fragestellungen abgrenzen. Mein Herangehen an diesen Aneignungsprozeβ teilt
mit der Mentalitätengeschichte das Interesse am Alltäglichen und Automatischen, daran, was
den individuellen Subjekten der Geschichte nicht oder allenfalls verzerrt bewuβt wird, weil es
jene relativ elementaren Inhalte ihrer Psyche ausmacht, die sie mit einer Vielzahl anderer als
fraglosen, "unpersönlichen Inhalt ihres Denkens" (Le Goff 1987, 21) teilen. Daraus folgt die
Notwendigkeit eines indirekten, hermeneutischen Vorgehens, das aus den überlieferten
Quellen Verhaltens- und Imaginationsstrukturen rekonstruiert und als Hinweise auf
zugrundeliegende Mentalitäten interpretiert (vgl. Bruguière u.a. 1987).
Gegenüber der Gefahr, Mentalität als quasi vor-soziale homogene Macht, als "Gefängnis"
(Braudel) zu fetischisieren, bietet sich ein Verständnis von Alltags- geschichte an, das die
soziale Praxis der Menschen konzeptionell in den Vordergrund rückt. Sie sind auch in groβen
historischen Umwälzungen als Akteure eigenen Rechts - als Subjekte - sichtbar zu machen,
indem die ForscherInnen herausarbeiten, wie einzelne und Gruppen in "vielfältigen
Ausdrucksweisen ... ihre Kosten- und Nutzenabwägungen anmelden - oder verschweigen, sie
durchsetzen, aber auch blockieren" (Lüdtke 1989, 12).
Zur Analyse solcher "Kosten- und Nutzenabwägungen" scheinen kulturwissen- schaftliche
Lebensweise-Konzepte auf tätigkeitstheoretischer Grundlage geeignet (vgl. Dölling 1986, 1988;
Maase 1988, 1989). Ein vergleichbares Herangehen haben ForscherInnen des Centre for
Contemporary Cultural Studies (CCCS) in Birmingham bei der Analyse von Subkulturen
Arbeiterjugendlicher mit Erfolg praktiziert (vgl. Clarke u.a. 1979). Sie haben gezeigt, daβ die
stilschöpferische Praxis solcher Gruppen darin besteht, Elemente der gesellschaftlich
dominanten Kultur herauszugreifen, entsprechend eigenen kulturellen (Klassen-)Traditionen
wie aktuellen Ausdrucksbedürfnissen neu zusammenzusetzen und mit spezifischen Bedeutungen zu belegen. Für die Arbeiterjugend-Subkulturen der Gegenwart bilden die
5
Im folgenden abgekürzte Quellenangabe mit Heft-Nr./Erscheinungsjahr, Seitenzahl.
10
Angebote der Kultur- und Konsumgüterindustrie einen wichtigen Fundus ihrer Stil-Bastelei.
Genau ein solcher Typ von Jugend-Kultur, der sich industrieller Waren- und Dienstleistungsangebote zur Symbolisierung und Abgrenzung bedient, beginnt sich historisch erstmals
in der zweiten Hälfte der 50er Jahre in der Bundesrepublik herauszubilden - und er findet im
Fundus der zeitgenössischen US-amerikanischen Populärkultur wesentliche Ausdrucksmittel. 6
Kulturelle Phänomene der "Amerikanisierung" sind also nicht angemessen durch
faktenhäufende, ideologiekritische oder normative Analyse "von auβen" zu erfassen; sie
erschlieβen sich erst über die Sinn- und Bedeutungsgebung, die tätige, widersprüchliche,
spontane und schöpferische Aneignung durch die Individuen.
Was meint schlieβlich die Formulierung vom "zivilen Habitus"? Sie zielt auf die
mentalitätsgeschichtliche Ebene, auf die Ablösung von alten und die Ausbildung von neuen
Selbstverständlichkeiten und Haltungen. "Habitus" betont dabei im Anschluβ an Bourdieu
(1976, 1982) die "Verkörperung" von wertungs- und praxiserzeugenden Strukturen - das
Moment der Körperlichkeit spielt für unser Thema eine groβe Rolle.
Der Begriff zivil - hier provisorisch vorgeschlagen - soll zwei Dimensionen andeuten: das
Nicht- oder gar Antisoldatische, Antimilitaristische, und das, was im demokratietheoretischen
Begriff der zivilen Gesellschaft angezielt ist als Säkularisierung, Abbau ideologisch
artikulierter
Freund-Feind-Schemata,
Konfliktaustragung
unter
der
Prämisse
der
Selbstbeschränkung. Das mag bei einer Untersuchung aus den heiβesten Jahren des Kalten
Kriegs verwundern - aber hier geht es ja um Prozesse der "longue duree" und die Impulse, die
bestimmte Dimensionen von Alltagskultur und populären Künsten der 50er dafür gegeben
haben, nicht um eine Bilanz der geistigen Auseinandersetzungen.
6
Auch dieser Beitrag kann leider ein Defizit nicht abtragen, das die Literatur zum Thema aufweist. Obwohl
Mädchen, z.B. als Mehrheit der Fans und BRAVO-LeserInnen, eine Schlüsselrolle einnehmen, wird der Einfluβ der
US-Populärkultur auf den weiblichen Habitus nur sehr punktuell und unscharf erfaβt.
11
"... ein lässiges buntes Hemd lieber als die glänzendste Uniform" 7 - Nicht-soldatische
Haltungen für die deutsche Jugend
Im Sommer 1957 kommt Marlon Brando zu Dreharbeiten für den US-Kriegsfilm "Die jungen
Löwen" in die Bundesrepublik; er hat die Rolle eines Offiziers der Hitler-Wehrmacht zu
spielen. Aus der umfangreichen, bebilderten Berichterstattung in BRAVO fällt eine
kommentierte Fotomontage auffallend heraus (Abb. 2). Sie nimmt den zweitbesten Platz der
Zeitschrift, die hintere Umschlagseite, ein. Am linken und rechten Rand finden sich zwei
kleinere Fotos von Brando in Wehrmachtsuniform, mit Eisernem Kreuz, Breeches und
Schaftstiefeln; die Haltung des isoliert marschierenden Brando mit ausschwingenden Armen
und mit von den LeserInnen abgewandtem Blick bietet wenig Ansatzpunkte für Bewunderung
und Identifikation. An den Rand gedrängt werden die Militärfiguren durch ein Brustbild des
Stars, das von unten massiv ins Bild hineinwächst bis zum oberen Rahmen. Brando wendet
sich dem/r BetrachterIn zu, der Blick geht leicht an ihm/r vorbei in die Ferne. Das Gesicht ist
ernst, auch durch die leichte Drehung aus der Frontalen seichtem Keep smiling-appeal
entzogen. Eingerahmt wird das Porträt durch zwei groβ ins Bild gerückte Kleidungsstücke.
Eine Art Rollkragenpullover, uni und weich fallend, mit geöffnetem Reiβverschluβ, läβt die
Brustbehaarung als Zeichen attraktiver Männlichkeit erkennen. Leicht schräg sitzt auf dem
Kopf ein weicher, dunkler Hut. Eine durchaus aparte, höchst unkonventionelle Kombination
der Kleidungsstücke also, durch die Brando als ebenso betont ziviles wie männliches Idol
gegen die Uniformträger abgesetzt wird. Seine Dynamik wird noch betont durch die leichte
Neigung des Kopfes, der mit dem Hut an den oberen Bildrand stöβt.
Eine solche Lesart legt der Kommentar des Blatts zu dieser Montage - einem für
Starporträts zum An-die-Wand-Heften (links oben der Starname und das BRAVO-Logo)
äuβerst seltenen Bildtyp - nahe. Er hat die Form der Antwort auf eine Leser-Anfrage. "Ob es
stimmt, daβ Marlon Brando sich in der deutschen Wehrmachtsuniform so wohl gefühlt hat,
daβ er sie gar nicht mehr ausziehen wollte? Keine Spur. Marlon ist ein so salopper Zivilist, daβ
er sich grundsätzlich in keiner Uniform wohlfühlt. Hier ist der Beweis: Ganz lässig, mit
7
Bildunterschrift in einem Star-Porträt des amerikanischen Schauspielers und Jugend-Idols Montgomery Clift
(4/57, 16) (Abb. 1).
12
Pullover und weichem Hut kommt Marlon zu den Aufnahmen. Erst dann wird aus ihm der
zackige deutsche Oberleutnant Christian Diestl." (37/57, 2)
Die Analyse einer "Otto"-Glosse 8 soll den Hinweis auf die Assoziation von "amerikanisch"
und "nicht soldatisch" verfolgen; sie kann zugleich die Differenz der mentalitätsgeschichtlichen
Fragestellung von der der politischen Geschichte oder Soziologie verdeutlichen. Anlaβ war die
amerikanische Invasion im Libanon 1958.
"Napoljon, Nelson, Friedrich der Kleene und wie die jroβen Schlachtenchefs och alle hieβen, sie
alle sind Piesepampels jejen die Eisvakäufer vom Libanon. Denn det eener ne Schlacht
jewonnen hat, obwohl er 'n paar Schieβer wenija als der andere hatte, det jab's schon öfta. Det
aba wejen 'ne Eiswaffel 'ne Schlacht ausfällt, det is neu. Stampften doch die Amis, hinten mit
prallem Po und vorne mit jrimmijer Kriejermaske, durch det Wassa am Strand von Beirut. Det,
was se da machten, war 'ne richtije Invasion. Im Sturmschritt und mit vorjehaltenem Jewehr.
Doch dem Dalles seine Kaujummi-Soldaten fanden keenen Feind. Die Meechens am Strand
lachten sich schief über det kriejerische Gehabe. Und statt der Feinde rannte 'ne Welle
Eisvakäufer den Amis entjejen: 'Eiskriem, Mista, Eiskriem'. Andere Libanesen fuhren mit
kleenen Booten den jroβen, mit Raketen bis zur Mastspitze bestickten Kreuzern der 6. Flotte
entjejen und vasuchten an die Matrosen Kamelsättel zu vakoofen. 'n sinnijet Anjebot. So
manches Kamel looft ohne Sattel 'rum.
Eiskriem, Mista! Schade det nich jeda Kriech im Eiskrem erstickt!" (33/58, 21).
Aus politischer und ideologiekritischer Perspektive liegt es nahe, diesen Text als apologetische
Verharmlosung einer imperialistischen Aggression zu charakterisieren. Mich interessieren die
mentalitätsgeschichtlichen Hinweise, die sich herauslesen lassen.
Soldaten im Sturmschritt sind komisch; sie werden von den Mädchen nicht angeschmachtet,
sondern ausgelacht. Die Komik folgt daraus, daβ die amerikanischen Wohlstands-Krieger sich
in eine völlig unangemessene, verfehlte Positur werfen müssen. Das von gutem Essen und
bequemer Lebensweise zeugende pralle Hinterteil und das lässige Kaugummikauen
denunzieren die grimmige Maske, die die Amerikaner befehlsgemäβ aufsetzen. An der
Eiswaffel, einem Symbol entspannten Freizeitgenusses, wird die martialische Inszenierung
zuschanden.
Der Text schlieβt untergründig an an das Bild, das sich gerade Kindern bei den ersten
Begegnungen mit der siegreichen US-Armee einprägte; Niethammer (1983, 22) wählt zur
8
Otto ist eine Kunstfigur von BRAVO, seines Zeichens Berliner und Filmbeleuchter; er ist in jedem Heft unter
anderem mit ein oder zwei Glossen vertreten.
13
Charakterisierung entsprechender Lebenserinnerungen die Assoziation vom "Karnevalszug:
plötzlich sind die Deutschen abgezogen, die Bevölkerung hiβt die Bettücher, und die Sieger
kommen, chic und lässig auf ihren Jeeps und Panzern, und sie verteilen Südfrüchte und
Süβigkeiten an die Kinder." Die amerikanischen Soldaten verkörperten damals "ein Element
des Coolen, Lässigen und Optimistischen ..., das ganz im Gegensatz zum Angestrengten und
Angeschlagenen der deutschen Männer stand." (ebd., 32)
Die Sieger von 1945, deren Reichtum und Wohlstand die opferbereite Hingabe der
Deutschen zuschanden werden lieβ, werden 13 Jahre später im BRAVO-Text zu komischen,
überlebten Figuren; ihre zivile Lebensauffassung macht den militärischen Auftritt als Farce aus
vergangenen Zeiten durchschaubar, wenn sie in ein Wohlstands-Ambiente von Strand,
Eiskrem und Tourismus stampfen.
Der zivile Habitus koexistiert und konkurriert damals mit anderen Haltungen; seine
Ausbreitung und Verstärkung ist nicht allein, aber doch auf besonders prononcierte, intensive
und populäre Weise verbunden mit den Haltungs-Angeboten der amerikanischen Lebensweise und Jugend-Kultur. Um anschaulicher zu machen, was damit gemeint ist, will ich einen
Hinweis verfolgen: In mehreren der zitierten Texte werden Haltungen mit dem Eigenschaftswort
"lässig"
oder
vergleichbaren
Charakterisierungen
(cool,
salopp,
Kaugummi-Soldaten) gekennzeichnet. In Heynes Wörterbuch (1906) hat "lässig" nur negative,
abwertende Bedeutungen: schlaff, träge, nachlässig, sich gehen lassend. Nach Auskunft von
Trübners Wörterbuch (1943) wird der Begriff in diesem abfälligen Sinn auch durch Hitler in
"Mein Kampf" verwendet. Im Sprachgebrauch der 20er und 30er Jahre taucht er im Umfeld des
Aristokratischen, oft mit dem Reiten verbunden, jedoch schon mit der Bedeutung selbstsicherer Lockerheit auf. "Wenn jemand seiner Haltung sicher ist, braucht er auf Nebensächlichkeiten nicht mehr krampfhaft aufzupassen." Im Brockhaus Wahrig von 1982 rangiert
die positive Bedeutung bereits an erster Stelle: ungezwungen, zwanglos, selbstsicher, aber ein
biβchen nachlässig. Küppers Wörterbuch der Umgangssprache aus dem Jahr 1987 bezeichnet
lässig als eine der beliebtesten Halbwüchsigenvokabeln, die höchst positive Bewertungen
ausdrückt: auβerordentlich, sehr eindrucksvoll, überlegen. Ein markanter Bedeutungswandel:
In sprachgeschichtlich kurzer Zeit verändert sich kaum das mit dem Wort Bezeichnete;
vielmehr wechselt die Bewertung des Nachlässigen, Laxen vom Schlaffen und Defizitären zum
erstrebenswerten Ausweis von Selbstsicherheit und Überlegenheit. Küpper gibt noch einen
14
interessanten Hinweis: Um 1930 sei in der Sprache der Modeschöpfer der Begriff "lässige
Eleganz" aufgekommen.
In diesen Jahren bildet sich das "Lässige" als ein zentrales Stilmerkmal bei deutschen
JazzliebhaberInnen heraus - in der Subkultur der Swing-Fans, die sich um das Hören,
Diskutieren und Tanzen vor allem amerikanischer Musik und amerika-nischer, oft farbiger
InterpretInnen gruppiert (vgl. Peukert 1980; Pohl 1984; Polster 1989). Nach 1945 konnte die
Jazz-Szene unter starkem US-Einfluβ auf breiterer Basis, auch sozial breiter, wiederbelebt
werden (vgl. Lange 1966, 119-177; Mangelsdorff 1980). Das Stilmerkmal des Lässigen wird
explizit in mehreren Erinnerungen von Jazz-Fans der 50er Jahre verwendet; es dient aber auch
zur Kennzeichnung des Habitus von James Dean und Elvis Presley. In diesem Zusammenhang
kann man vielleicht von einer Demokratisierung des Lässigen sprechen. Solche Stil- und Haltungselemente rückten in den 50ern ins Zentrum der unpolitischen Protestbewegung der
Halbstarken und fanden einen historisch neuartigen "Bündnispartner" (Zinnecker) in der
Kultur- und Konsumgüterindustrie. Nicht um die "Erfindung der Lässigkeit" geht es also,
sondern um ihre Verallgemeinerung und Legitimierung als zunächst generationsspezifischer
Habitus - unter kräftiger Mithilfe US-amerikanischer Vor-Bilder und Stilmittel.
Die nicht- oder gar antisoldatische Bedeutungsebene des Rock'n'Roll-Stils tritt offen in den
Auseinandersetzungen um Elvis' Haarschnitt zutage, die die Medien über Monate
beschäftigten. In Heft 19/57 kündigt BRAVO an: "Presleys Koteletten fallen"; für eine Filmrolle
müsse er sich den Crew Cut, den in der US-Armee und bei Football-Spielern üblichen Stoppeloder Bürstenschnitt zulegen - und die Fans seien entsetzt. Immer neue Meldungen gibt es,
wann Elvis vom Militär eingezogen werde; die Drohung mit dem Kurzhaarschnitt ist stets
präsent. In 5/58 erfahren wir unter der Kastrationsängste weckenden Überschrift
"Barras-Friseur schleift die Schere", wie der zukünftige "Spieβ" Presley erwartet: "'Seit Monaten
freue ich mich auf den Tag, wo man ihm einen Militär-Haarschnitt verpaβt!'" Fünf Wochen
später ist es so weit; BRAVO 10/58 jubelt: "Die Koteletten sind tot" - und zwar nicht auf Befehl
der Armee, sondern aus Einsicht! Das Stichwort gab die Freundin, die die langen Haare für
"unmännlich" erklärte (Abb. 3).
Im
folgenden
Heft
wird
erneut
der
eigentliche
Adressat
angesprochen:
der
bundesdeutsche männliche Nachwuchs, der sich einem "ordentlichen" Haarschnitt verweigert.
Eine Karikatur (Abb. 4) vereint wesentliche Stileigenschaften des lässigen, halbstarken
15
Jugendlichen : zerbeulte Nietenhose; grellgemusterte Jacke; in Stirn und Nacken fallende, doch
als gewollte Frisur erkennbare Haare; Zigarette im Mundwinkel; gelangweilt-blasierter
Gesichtsausdruck; eine Hand in der Tasche vergraben; auf locker getrimmte Standposition mit
übergeschlagenem, angewinkeltem Bein, die notwendig der Anlehnung an der Musicbox
bedarf. Welch himmelweiter Unterschied zu dem sauberen Soldaten Elvis Presley, von dem
BRAVO 44/58 erfreut vermeldet: "Elvis Presley wird Deutscher". Den entscheidenden Beleg
liefert ein Foto in Ausgangsuniform, mit Krawatte und korrekt sitzender Mütze: Presley beim
militärischen Gruβ. Der Kommentar: "Elvis wird ein Deutscher? Der zackige Gruβ beweist es:
er ist jetzt schon einer." (Abb. 5)
Wenn auch Haltungen aus der US-Populärkultur an traditionelle, machistische
Männlichkeitsbilder anschlossen, so wirkten doch Tendenzen in Richtung auf Aufweichungen
und Ambivalenzen. Das betrifft Momente einer "Verweiblichung" im Spektrum der Rock-Idole
(vgl. Fischer-Kowalski 1983, 65) und die Aufwertung des Empfindsamen, Verletzlichen durch
Stars wie James Dean (Abb. 6) (und, etwas früher, Montgomery Clift). Dean konnte im Film
weinen, ohne als Schwächling zu gelten und die Identifikationsqualitäten für die männlichen
Jugendlichen zu verlieren.
Und, um das nur ganz lapidar anzuschlieβen, trotz anhaltender Gegentendenzen gerade in der
Jugend-Massenkunst (Kriegs- und Krieger-Filme) hat sich seither die Tendenz zum zivilen
Habitus in allen Altersgruppen verstärkt.
"Elvis weiβ, wie man sich verkauft" - Kommerzielle statt idealistischer Haltungen
Anfang Dezember 1956 präsentiert BRAVO erstmals Elvis Presley. Er betritt den Horizont der
LeserInnen nicht als Sänger mit bestimmten Qualitäten, auch nicht als hüftenschwingende
Gefahr für die Jugend - sondern als Kassenmagnet, als "Schwarm von Millionen" (15/56, 39).
Im gesamten Artikel wird auβer Variationen der Eigenschaft "erfolgreich" nichts über die
16
Qualitäten seiner Musik gesagt. Vielmehr erfahren wir im Detail, wie der Erfolg des Stars
vermarktet wird. Der Autor resümiert: "Eines ist sicher: Elvis weiβ, wie man sich verkauft." 9
US-Idole legitimieren in BRAVO kommerzielle Haltungen: Öffentlicher Erfolg wird als
Tatsache jenseits aller Kritik akzeptiert und als Basis für geschäftstüchtige Vermarktung
geschätzt; die geschickte Kombination beider Seiten kennzeichnet den modernen Star der
Kulturindustrie.
Im März 1957, als die Wogen der Empörung über die schmutzige Musik des Elvis Presley
und seine unzüchtige Bühnenshow noch hoch schlagen, meldet BRAVO lapidar: "Zahlen
sprechen für Elvis. Elvis Presley übertrifft weiterhin die kühnsten Erwartungen der
Verkaufsexperten seiner Platten-Firma." Nach der Parade der Millionenziffern heiβt es: "Das ist
wohl die überzeugendste Abstimmung für Presley, die man sich vorstellen kann. Schlieβlich
wurden diese Millionen Platten Stück für Stück mit sauer verdienten Dollars bezahlt!" (12/57,
12)
Massenkultur ist ein Geschäft - das garantiert, daβ der Durchbruch der Rockmusik als
Ausdrucks-
und
Abgrenzungsmittel,
als
Instrument
freierer
Körpererfahrung
und
symbolischer Rebellion der jungen Generation von keiner Kritik, Sorge und Empörung der
Älteren aufzuhalten ist.
Zur Interpretation dieser Erfahrung muβ man sich die geistige Atmosphäre um die Mitte
der 50er vergegenwärtigen. Das Wort "wieder" in seinen zahlreichen Verbindungen kann vielleicht ein Stück der Mentalität repräsentieren, die sich über dem materiellen Wiederaufbau
erhob: Wiedervereinigung, Wiederbewaffnung, Wiedergutmachung, wieder die gute Rama in
Vorkriegsqualität. Als Fuβballweltmeister von 1954 waren die Westdeutschen wieder wer, und
alle Italianitá der Schlager lieferte nur die Folie, von der sich das Heimweh und die Sehnsucht
nach der Wiederkehr abhoben. Grundlage des Staates war die Familie, die wieder ihre
bindenden und formenden Kräfte entfalten sollte. Restauration zielte auf die Wiederherstellung einer Sozialkultur uneingeschränkt bürgerlichen Zuschnitts.
9
Es wäre lohnend, dem sprachgeschichtlichen Bedeutungswandel von "sich verkaufen" nachzugehen. Wann
verliert die Wendung die zentrale Bedeutung von Prostitution (weiblich) und Verrat (männlich), wann beginnt sie
positiv eine Qualität von Stars zu bezeichnen?
17
So ist es mentalitätsgeschichtlich erhellend, daβ die Ausbruchs- und Protestversuche Jugendlicher seit 1955 mit dem Etikett der Halbstarken belegt wurden. Der Begriff bezeichnet seit
dem Ende des 19. Jahrhunderts einen Typ des "aufrührerischen", "zuchtlosen" Jugendlichen
aus proletarischem oder subproletarischem Milieu, den die zeitgenössischen Beobachter als
"de(n) geschworene(n) Feind der Ordnung" (Schultz 1912, 7 ff., zit. n. Peukert 1984, 536)
identifizierten. Die Angst der bürgerlichen Ordnung vor der Rebellion einer Klasse, deren
Werte und Normen als das absolute Gegenteil jeglicher Kultur galten, bildete das Raster zur
Einordnung
jugendlicher
Protestformen,
die
gegen
bildungsbürgerliche
Hegemonie
aufbegehrten.
Vor diesem Hintergrund wird die Autonomisierungsdimension verständlich, die in der
Durchsetzung der kulturindustriell gestützten populären Künste lag. Die Unterwerfung unter
die Gesetze von Geschäft und Markt, die die Kulturkritik rechts wie links beklagte, war auch
ein Stück Befreiung von moralisch-pädagogischen Diktaten. Musik, die offen ihren Charakter
als Geschäft präsentierte und dabei den einfachen Leuten, die in den 50ern Kaufkraft auf dem
Kulturmarkt gewannen, eine Chance bei den Kauf-Abstimmungen gab; KünstlerInnen, die den
einmal errungenen Erfolg beim Massenpublikum clever vermarkteten und nicht den Anspruch
auf eine kulturelle, moralische oder gar ideologische "Botschaft" erhoben - das waren in der
Erfahrung der Jugendlichen Momente von Ehrlichkeit und Offenheit gegenüber der autoritär
durchgesetzten
"spieβigen"
Angepaβtheit
der
Eltern
und
den
offiziellen
"Kultur"-Beschwörungen.
Zwei Passagen aus der Erinnerung von Lieselotte Hammacher 10 können die Erfahrungen
und Ausdrucksbedürfnisse, die sich am Rock'n'Roll kristallisierten, verdeutlichen. Über die
Begeisterung, mit der sie an dem Halbstarken-Umzug nach einem Bill Haley-Film teilnahm,
erzählt sie:
"Da hatten sich auch bei mir starke Aggressionen angesammelt gegen meine Eltern. 'Die ganze
Generation von Eltern, die hatte kein Verständnis für diese Musik, absolut nicht'. Wir
empfanden die Musik als sehr schön und die Eltern als grauenhaft. 'Wenn wir diese Tanztees
hatten, dann haben wir uns richtig freien Lauf gelassen'. Dann hatte einer Tonbänder mit und
'dann haben wir uns nach Herzenslust ausgetobt'. (...) Zu Hause habe ich für die Musik viel
einstecken müssen. 'Ich weiβ zwar heute noch nicht warum. Ich seh' da keinen Sinn drin, aber
10
Jg. 1939, gelernte Fotolaborantin, Vater Fernmeldehandwerker; Interviewer: Jochen Littau; S. 15,26f.
18
das war so'. 'Das war überhaupt 'ne blöde Zeit. Man wurde so richtig immer mit dem Daumen
gedrückt', auch am Arbeitsplatz.
Mein Vater hat gar keine Musik gehört, höchstens mal einen Schlager. 'Das war überhaupt mit
vielen Dingen so bei meinem Vater, der hatte für nichts Verständnis und hatte aber selbst auch
keine Linie'".
Kein Verständnis, keine Linie, Anpassung an die Konvention und sozialer Druck - in dieser
Konstellation verbindet sich die Musikerfahrung mit dem Anspruch auf Ehrlichkeit und
Zu-sich-Stehen. In einer bilanzierenden Passage stellt sich diese Assoziation spontan her.
"Wir waren ja damals sehr eifrig mit dem Rock'n Roll. 'Ich bin heute eigentlich froh, daβ ich nie
geduckmäusert hab'. Bin ich echt froh drum, daβ ich immer zu dem gestanden hab', was ich
gemacht habe'. Ich habe einfach das gemacht, was ich wollte, auch wenn ich es nicht durfte."
BRAVO offerierte den LeserInnen künstlerischen Erfolg, Karriere allgemein, als Ergebnis einer
konsequent kommerziellen Haltung, des Sich-verkaufen-Könnens. 11 Das trug bei zur
Implementierung jener "materialistischen" Mentalität, die vielen Jugend-schützern und Politikern noch bedrohlicher schien als der Kommunismus im Osten - weil sie aus dem Westen,
über die neue Führungsmacht hereinschwappte.
Die Bindung an die Rock'n'Roll-Kultur und ihre Idole war am intensivsten unter
Arbeiterjugendlichen (Kaiser 1959; Fischer-Kowalski 1983; Zimmermann 1983; Zinnecker
1987). Um so interessanter ist, daβ auch die Kunstfigur "Steffi" (Abb. 7), 12 die insgesamt an
traditionellen Auffassungen von Leben, Geschlechterrollen und Anstand festhält, der
Aufwertung "materieller" Verhaltensorientierungen Tribut zollt. Sie setzt sich mit den
11
Ideologiekritische Analysen (Holzer/Kreckel 1967; Fröhlich 1968) verweisen darauf, daβ diese
Leistungsideologie relativiert wird durch unkalkulierbare Geschenke wie Begabung oder zufällige Entdeckung,
ohne die kein Star geboren wird. Das gilt auch für unseren Untersuchungszeitraum. Ohne auf diese Dimension
einzugehen, scheint es dennoch sinnvoll, dem Aspekt der Implementierung einer radikal kommerziellen Mentalität
(die mit Leistungsideologie nicht identisch ist) nachzugehen.
12
Mit Heft 32/58 taucht in der Zeitschrift die Figur "Steffi" auf und bleibt dort bis Ende 1959 präsent. Sie wird
als Wiener Teenager vorgestellt und zunächst ihr "Tagebuch" in Folgen veröffentlicht. Dann erhält Steffi eine
wöchentliche Kolumne, präsentiert als Jugendliche, die für die Teenager spricht. Das geht damit einher, daβ in ihren
Texten erstmals und bald mit groβer Selbstverständlichkeit "wir Teenager" als Generationseinheit angesprochen
werden - wesentlich konstituiert über die Abgrenzung von mangelndem Verständnis und auch historischen Fehlern
der Eltern und der Älteren.
19
Vorwürfen gegen Fan-Clubs auseinander. In den Clubs würden "geschäftstüchtige Betriebsnudeln" aktiv? Das sei keiner Aufregung wert: Schwunghafter Handel gehöre nun mal zum
Autogrammsammeln wie seit je zum Sammeln; dabei werde selbstverständlich auch
"'spekuliert'".
"Die
Fan-Clubs
entsprechen
in
dieser
Hinsicht
höchstens
unserer
industrialisierten Zeit." Die Fans bekommen Freikarten und verbreiten dafür den Ruhm ihrer
Stars? Das sei genau die Absicht der Film-Firmen; also keine künstliche Aufregung über ein
normales "'Geschäft auf Gegenseitigkeit'"! Fans lassen sich von ihren Stars auf deren Kosten zu
Reisen einladen? "... der Fan-Club (wäre) schön dumm, wenn er eine solche Einladung
ablehnte." (14/59, 6)
Mentalitätsgeschichtlich aufschluβreich sind die Stellungnahmen wegen ihres eindeutig (in
bezug
auf
Verhaltensstandards)
konservativen
Kontexts.
Der
zeitgenössische
Materialismus-Vorwurf wird aufgenommen und mit einem Lob der Ehrlichkeit gekontert. 13
Die Vorteile und Angebote der neuen "industrialisierten" (= kommerzialisierten) Zeit
auszunutzen, entspricht nur deren geschäftsmäβiger Einstellung; wer das aus irgendwelchen
Vorbehalten nicht tut, ist einfach dumm. Der zeitgenössische Materialismus-Vorwurf bezieht
sich auf den positiven Gegenpol "Idealismus". Norbert Elias (1989, 418 ff.) hat diesen
Schlüsselbegriff deutscher Mentalitäts-Traditionen näher charakterisiert. Danach war zentral
für das Selbstbild der Deutschen der Bezug auf eine Weltanschauung, einen Glauben, ein Ideal
mit Unbedingtheitscharakter. Die Orientierung an kollektiven Idealen wurde eine prinzipiell,
ohne Bezug auf konkrete Aussagen, hochgeschätzte Einstellung - eine Haltung eben.
Idealismus in diesem Sinn zeichnete die Deutschen aus: "Deutsch sein heiβt, eine Sache um
ihrer selbst willen tun". Schon bei Richard Wagner, in dessen Schrift "Deutsche Kunst und
deutsche Politik" aus dem Jahr 1867 sich dieser in den Fundus bürgerlicher Sinnsprüche
eingegangene Satz findet, grenzt er sich ab gegen "undeutsche" "Nützlichkeitshaltung".
Merkmal der deutschen Haltung ist die kompromiβlose Befolgung des Ideals und seiner
Anforderungen. "Nichts Geringeres als totale Übereinstimmung mit seinen Normen
verschaffte Befriedigung. In Jahrhunderten absoluter Herrschaft hatten Deutsche ein
13
So heiβt es in einem Steffi-Kommentar zum materiellen Sicherheitsstreben: "Sicher haben sich die jungen
Mädchen früher auch für die 'Moneten' interessiert; nur waren sie nicht aufrichtig genug, um es einzugestehen."
(37/59, 6)
20
unausgesprochenes Verlangen nach nationalen Idealen, Glaubensdoktrinen, Grundsätzen und
Standards entwickelt, denen man absolut gehorchen konnte. Es ging um Alles oder Nichts. Der
Imperativ war kategorisch." (Elias 1989, 422)
Weil solche idealistische Haltung in Alltagssituationen nicht angewendet werden konnte,
verfolgte man praktisch egoistische Interessen - ohne daβ dies jedoch legitimiert war. Im
Gegenteil: Die Orientierung auf Nutzen, gar geschäftlichen Gewinn wurde als Kainsmal
speziell auf den angelsächsischen Nationalcharakter projiziert. Die Engländer waren die
heuchlerische Krämernation par excellence, deren Berufung auf Ideale nur zur Tarnung der
Profitgier diente. Wir kommen hier an eine der Wurzeln des deutschen Anti-Amerikanismus.
Der "Idealismus" deutscher "Kultur" fand seine historischen Todfeinde in den westlichen
Industrienationen, für die "Geschäft" und "Zivilisation" die leitenden Werte waren. So zieht es
sich als roter Faden durch Thomas Manns "Betrachtungen eines Unpolitischen", so verdichtet
es sich programmatisch im Titel von Sombarts Kriegsschrift "Händler und Helden", so
übertrug sich seit dem Kriegseintritt der USA 1917 der Materialismusvorwurf von den Briten
auf die Amerikaner. Nach 1918 war auch die idealistische, unbedingte Mentalität dafür
verantwortlich,
daβ
demokratische
Politik
mit
ihren
Anforderungen
an
die
Selbstbeschränkung der Bürger in der Zivilgesellschaft (vgl. Rödel/Franken-berg/Dubiel 1989)
in Deutschland nicht Fuβ fassen konnte. In diesem Zusammenhang gewinnt die
Auseinandersetzung um Kommerzialisierung und Materialismus Bedeutung für die
Entwicklung der Politischen Kultur in der Bundesrepublik. 14
Produkte und Verhaltensangebote der kulturindustriell verbreiteten populären Künste
wurden von Jugendlichen zur Ausbildung einer eigenen Generationskultur angeeignet und zu
Autonomie-Gewinnen genutzt; dies gilt besonders für den Fundus der US-amerikanischen
Unterhaltungsindustrie. Diese positive Erfahrung erleichterte es, über Identifikation mit der
geschäftlichen
Cleverness
der
Idole
pragmatisch-
unideologische,
kommerzielle
Verhaltensstandards zu entwickeln. Besonders unter Arbeiterjugendlichen konnte der Impuls
zu "materialistischen" Haltungen an tradierte Arbeits- und Lebenseinstellungen anschlieβen. In
der Distanzierung von Ethiken, die Beruf und Leben als Dienst und Aufgabe definieren (vgl.
14
Einen Überblick über die Konzepte von Politischer Kultur gibt Iwand (1985); für die hier zugrundegelegte
Auffassung vgl. Kröll/Maase (1987).
21
Fröhner 1956, 216), wie in der Legitimierung des Handelns nach geschäftlicher
Nutzenkalkulation wurden neue Einstellungen gestärkt; sie begünstigten die Einwurzelung
von parlamentarischer Demokratie und zivilgesellschaftlichen Dispositionen konflikt- wie
selbstbeschränkungsfähiger Interessenvertretung. Der Mentalitätswandel, den die Aneignung
von US-Populärkultur induzierte, förderte Bereitschaft zum "collective bargaining" in der
Vertretung sozialer Interessen, auch im Verhältnis von Lohnarbeit und Kapital - abgegrenzt
sowohl von Unterordnung unter ein Gemeinwohl-Ideal wie von unbedingter, kompromiβloser
Verfolgung eines Klassen- oder Gesellschaftsideals. Er unterstützte die Abwendung von den
Konsequenzen tradierten Idealismus' für kategorisches Freund-Feind-Denken und -Handeln
und stärkte auch damit einen zivilen Habitus, der einer pragmatisch-kompromiβorientierten
politischen Kultur nähersteht.
"... negativ geprägt durch den Materialismus, den ich abgelehnt habe" 15 - Bürgerliche
Distanzierung von der amerikanischen Lebensweise
Distanzierung von der "amerikanischen Lebensart" und ihrem Vorbildcharakter artikuliert
häufig,
um
es
soziologistisch
zuzuspitzen,
(bildungs)bürgerliche
Abwehr
von
Demokratisierung und Lebensweise lohnabhängiger Massen; sie erscheinen in Spenglerscher
Perspektive als Bedrohung werthaltiger "Kultur" durch materialistische "Zivilisation".
In den ausgewerteten biographischen Interviews frappiert die Deutlichkeit der
Polarisierung. Jugendliche Sub- und Protestkulturen von OberschülerInnen und StudentInnen
scheinen durchweg geprägt von einer vielfach modischen Orientierung am Existenzialismus,
für dessen Spektrum Namen wie Camus, Sartre und Sagan stehen. Damit verbindet sich oft
eine auch praktisch umgesetzte Neigung zur "französischen Lebensart", die Reisen nach Paris
und die Vorbildwirkung einer romantisierten zeitgenössischen Bohème einschlieβt. In den
durch Bildungshintergrund und/oder Herkunftstraditionen am deutlichsten als bürgerlich zu
qualifizierenden Milieus wird die Entgegensetzung am schärfsten artikuliert: Frankophilie, das
15
Jutta Scheerbarth, Jg. 1943, Kunstpädagogin, Tochter eines gutsituierten Schauspielerehepaars; Interviewer:
Heinz-Hermann Krüger; S. 23.
22
Gefühl einer geistig-kulturellen Verbundenheit und Orientierung an Frankreich, korrespondiert mit der Ablehnung der USA und ihres Zivilisationstyps als materialistisch, unkulturell, wenig gebildet, ohne menschliche Substanz.
Der soziale Gehalt der Distanzierung wird erkennbar in einer längeren Passage der
Erinnerungen von Helga Sieber. 16 Aus einer Berliner Unternehmerfamilie stammend, wuchs
sie in gutsituierten Verhältnissen mit häuslichem Dienstpersonal auf und besuchte nach der
Mittleren Reife eine höhere Handelsschule für Töchter bürgerlicher Familien. Zur Zeit des
Interviews führt sie den Haushalt für Ehemann und Kinder, wobei Kultur, Stil und
Umgangsformen für sie wichtige Maβstäbe darstellen. Im Zusammenhang mit der Erwähnung
ihrer Schwester kommt die Bewertung von Amerikanern ins Spiel.
"Meine Schwester, da war das so, die hatte, das wurde von meinen Eltern so bezeichnet, einen
Hang zum Küchenpersonal, die hatte immer Freunde ... also meinen Freund, das fanden meine
Eltern irgendwie angemessen, Oberschüler, der hat dann natürlich Abitur gemacht, der ist
dann Berufssoldat geworden (...) der Vater war Diplomingenieur, also ganz normal, aber
meine Schwester, die hatte z.B. mal einen Freund, das war der Sohn des Hausmeisters unserer
Schule. Und das fanden wir alle eigentlich nicht passend. Ich auch. (...) ich fand den unter aller
Kanone, und konnte überhaupt nicht verstehen, daβ meine Schwester sich mit dem abgibt.
Und das hat sich nachher fortgesetzt, meine Schwester hat dann einen Amerikaner, einen
Besatzungsamerikaner kennengelernt und hat den ja auch geheiratet. Und das war schon so
wie eine Bombe, das war ein ziemlicher Schlag für meine Eltern. Natürlich haben sie es
hingenommen, was sollten sie machen, aber, meine Schwester hat sich ein biβchen auβerhalb
der Familie gehalten, entwickelt (...). Die war irgendwie so drauβen und hat sich vielleicht
deshalb auch, weiβ nicht, was da Ursache und Wirkung war, hat sie immer Freunde und
Freundinnen um sich, die mir nicht gefielen. Ich konnte mit denen überhaupt nichts anfangen,
deshalb konnte ich mit meiner Schwester sozusagen, das wär ja ein natürlicher Partner
gewesen, zu viert was zu machen, aber das wäre überhaupt nicht in Frage gekommen, weil ich
mir sagte, mit den Kanaken kannst du unmöglich zusammensein. Das war absolut nicht
tragbar. Mit denen konnte ich eigentlich nicht. Und es waren aber auch wirklich immer Gestalten, die paβten auch überhaupt nicht zu uns." (I: "Sie meinen, so von der Herkunft oder?") "Ich
würde eher sagen, vom Niveau her. Das waren so Leute, da hatte ich den Eindruck, mit denen
kann man sich überhaupt nicht unterhalten. Die hatten überhaupt kein Interesse an den
Dingen, an denen ich Interesse hatte, also mir waren die schlichtweg zu einfach. Vom Kopf
her."
In dieser Passage geht es um die Beziehung zu sozial tieferstehenden, ausdrücklich zum
Dienen verpflichteten Schichten: "Küchenpersonal", "Hausmeister". Zu deren Welt gibt es
16
Jg. 1935; Interview S. 11 (Hervorh. K.M.).
23
absolut keine Brücke - mit ihren Bewohnern kann man sich nicht unterhalten, sie sind "unter
aller Kanone". Die Schwester, die sich mit solchen "Gestalten" abgibt, gehört dann auch zum
"drauβen".
Eingeleitet
("Küchenpersonal",
wird
mit
"Hausmeister"
einer
versus
präzisen
Bestimmung
"Oberschüler",
der
"Abitur",
sozialen
Orte
"Berufssoldat",
"Diplomingenieur"). Nachdem die Schwester das Herkunftsmilieu einmal verlassen hat und
sich mit einem aus der anderen, unteren Welt "abgibt", ist es nur konsequent, daβ sie einen
Amerikaner kennenlernt und heiratet. Er braucht nicht weiter durch Beruf oder Herkunft
charakterisiert zu werden; vielmehr verdichtet sich die Ablehnung noch in seiner
Kennzeichnung als "Besatzungsamerikaner". Daβ er nicht als Soldat oder Armeeangestellter
bezeichnet wird, betont einerseits die nationale und politische Ablehnung der "Besatzer"; es
impliziert aber auch noch eine Steigerung des zufälligen, nicht durch persönliche Lebenswege
und Entscheidungen zustandegekommenen Charakters der unpassenden Liaison.
Die nationale Dimension der Verletzung, die die Entscheidung der Schwester als "Schlag"
"wie eine Bombe" erfahren läβt, drängt noch zu weiterer Artikulation. Erneut wird das
unmögliche Milieu der Schwester charakterisiert - und plötzlich taucht ein Begriff auf, dessen
rassistische, zumindest ausländerfeindliche Bedeutung zum Zeitpunkt des Gesprächs im
Herbst 1983 dominant war: Frau Sieber stürzt aus dem durchaus gehobenen und gepflegten
Sprachniveau ab und greift zur vulgären Bezeichnung "Kanaken". Fast möchte man vermuten,
daβ ihre Schwester einen Farbigen geheiratet hat; das könnte Angst und Abwehr gegenüber
dem Einbruch des Fremden erklären. Auf die Nachfrage des Interviewers hin werden aber
Distanz und selbstbewuβte Verachtung wieder auf der angemessenen Ebene artikuliert - nicht
sozial elitär, national verletzt oder rassisch bedroht, sondern geistig überlegen. Diese
Menschen sind "vom Kopf her" "schlichtweg zu einfach".
An dieser Stelle kann ich nur stichwortartig auf die Traditionen des Anti- Amerikanismus
in den deutschen Bildungsschichten verweisen (vgl. Berg 1963; Buchwald 1964; Schwabe 1976).
Empörte Stimmen vom Ende der 20er Jahre lassen den Nerv erkennen, den positive
Darstellungen amerikanischer Zivilisation und Mentalität verletzten. In den Worten Halfelds :
"Im Erfolgsgedanken und nicht in Kulturwerten gipfelt der Inhalt des Amerikanismus." (1927,
25) Die zu verteidigenden Kulturwerte sind: "Freier Wille im Gegensatz zu schablonisierter
Massenhaftigkeit, Hochschätzung der Arbeit um ihres eigenen Wertes willen, entschiedene
Absage an krasses Erfolgsstreben, dafür aber ein Streben nach innerer seelischer
24
Differenzierung, nach Charakterbildung, Persönlichkeit, Schöpfertum, ein Bedürfnis für
Schönheit, Geist, künstlerischen Ausdruck, eine ehrfürchtige Haltung vor dem Geheimnis des
Lebens." (Berg 1963, 141) Hier haben wir das komplette Selbstbild und Lebensideal der
traditionellen bildungsbürgerlichen und intellektuellen Schichten in einer Nuβschale. Bedroht
wird seine Realisierung durch zwei egalitäre Prinzipien der amerikanischen Mentalität: Ein
Dollar ist ein Dollar und one man, one vote. Damit ist der Diktatur der groβen Zahl - der
KonsumentInnen wie der StimmbürgerInnen - der Weg geebnet. In der Phraseologie Halfelds
steht gegen den organischen deutschen Volksstaat der mechanische amerikanische
Vernunftstaat, gegen die unberechenbare Qualität der Persönlichkeit die zahlenmäβige
Quantität der Stimmbürger. Führung und Privilegien der Bildungselite sollen verteidigt
werden gegen den Anspruch der Mehrheit. "Solange noch ein Verhältnis zum Volke besteht,
das nicht lediglich 'in Verfassungen verankert' ist, sondern irgendwie im irrationalen Bereiche
der Gemeinschaft wurzelt ..., werden wir den Einfluβ mechanistischen Staatsdenkens als
Fremdkörper empfinden und in der Majorität der Wähler kaum die Stimme Gottes verehren
können." (Halfeld 1927, 32)
"... irgendwie so'n biβchen unkontrolliert" - Zivilisationsgeschichtliche Anmerkungen zur
Amerikanisierung als Informalisierung
Einige abschlieβende Bemerkungen sollen die aufgezeigten Tendenzen zu einem zivilen
Habitus noch in einem umfassenderen kulturhistorischen Rahmen erörtern. Ich greife dazu auf
das Konzept der Informalisierung der Verhaltensstandards zurück, das Wouters (1979, 1986)
und Elias (1989) entwickelt haben. Wouters (1986, 510) definiert Informalisierung als einen
"Prozeβ, in dessen Verlauf die herrschenden Verhaltensstandards elastischer, mannigfaltiger
und differenzierter werden." Dabei "vergröβern sich die Verhaltensspielräume, erst für die
jeweils sozial aufsteigenden Gruppen und im weiteren Verlauf auch für die jeweils
Etablierten".
Wir haben gesehen, daβ die Aneignung von Elementen der US-amerikanischen Populärund Alltagskultur genutzt wurde für die Verselbständigung einer Jugendkultur neuen Typs. In
puncto Kleidung, Haartracht, Tanzformen, Körperlichkeit und Haltungen entwickelte sie
25
Muster, die von den Älteren (im Sinne der Informalisierungstheorie: den "Etablierten") als
zügellos und unschicklich empfunden wurden. Die Wandlungen im jugendlichen Habitus
wurden von den Eltern stellver-tretend für die autoritären Hierarchieverhältnisse der Gesamtgesellschaft bekämpft. Eine ordentliche Frisur, alters- und geschlechtsgemäβe Kleidung
(vgl. Abb. 8, 9) symbolisierten ja nicht nur die Anerkennung elterlicher Autorität, sondern auch
den Respekt vor Institutionen wie der Schule, der staatlich geschützten öffentlichen Sitte und
Ordnung, vor der Autorität der "Kultur" etc. Wenn Vierzehn-, Fünfzehn- oder Sechzehnjährige
darauf bestanden, lange Hosen zu tragen, wenn diese langen Hosen nicht korrekt (sauber,
glatt, möglichst mit Aufschlag und Bügelfalte) waren, sondern schlabbrig, am liebsten abgetragen und ausgewaschen, die eigene Körperlichkeit exponierend - dann waren das
Respektsverweigerungen gegenüber Höhergestellten. Das gleiche gilt für den Anspruch der
Macht, daβ der kontrollierende Blick auf das Gesicht der Unterworfenen nicht verwehrt wird.
Die "freie Stirn", der "offene und ehrliche Blick" sind eingeforderte Symbole der Unterordnung.
Eine Tolle, die die Stirn beschattet, das Pony der Mädchen, die stets leicht zugekniffenen
Augen des James Dean (vgl. Abb. 6) und die die obere Gesichtshälfte verdunkelnde Mütze des
Marlon Brando (als Boss einer Rocker-Clique im Film Der Wilde) (Abb. 10), gar die
Sonnenbrillen, die das Kontrollverhältnis umdrehen - all dies waren Mittel zum Abbau von
Machtdifferentialen im Medium des Blicks.
Mädchen und Frauen trugen Hosen nicht nur, wie die zeitgenössische Etikette es wollte, in
den schon informeller definierten Räumen der Freizeit, des Sports oder der Gartenarbeit,
sondern setzten sie zunächst in der Schule und später sogar in den Hierarchien der Arbeitswelt
durch. Das stellte eine doppelte Herausforderung der etablierten Machtbalance dar - im
Geschlechterverhältnis wie im Unterwerfungs- verhältnis zum Staat.
Nach Elias (1989, 43) hat die Informalisierungstendenz zu tun mit dem "funktionale(n)
Demokratisierungsprozeβ, also ein(em) Schub der Verringerung des Machtgefälles zwischen
Regierenden und Regierten, zwischen dem gesamten Staatsestablishment und der groβen
Masse der Auβenseiter". Wouters (1986, 510) verallgemeinert: "Informalisierungen des
Verhaltens sind Folge- und Teilerscheinungen umfassenderer Prozesse der 'Egalisierung' und
'Demokratisierung'."
Ich plädiere dafür, Informalisierung als relativ eigenständiges, aus den Verhaltenspotentialen moderner Massenkultur entspringendes Moment im Demokrati-sierungsprozeβ zu
26
verstehen. Denken wir z.B. an das brisante Freiheitsgefälle der 50er zwischen den familialen
Autoritätsverhältnissen und den offeneren Verhaltensmöglichkeiten Jugendlicher in anderen
sozialen Räumen (Eiscafé, Kino, Mopedausflug, usw.). In den Familien kann von einer
veränderten Machtbalance noch nicht gesprochen werden. Impulse für die soziale und
symbolgestützte Aufwertung der Position Jugendlicher kamen aus der Populärkultur und
fanden Rückhalt in den Interessen der Kultur- und Konsumgüterindustrie, die über das
Aufgreifen jugendlicher Autonomisierungs- und Ausdruckswünsche Kaufkraft zu binden
suchte. Die Unternehmen hofften, durch Stärkung von Neigungen der Jugendlichen zum
Modischen, Genuβorientierten, weniger Asketischen im Umgang mit Konsummöglichkeiten
auch Einfluβ auf die Verhaltensweisen der Älteren zu nehmen (vgl. Münster 1961; Heinig
1962). So wurde in der Werbung "Erfahrung" als Argument abgelöst durch Jugendlichkeit.
Ökonomische Interessen konnten als Triebkräfte jugendlicher Autonomisierung und
Informalisierung genutzt werden.
Nach Elias weisen Lockerung, gröβere Varianzbreite und Flexibilisierung von
Verhaltensstandards nicht auf Barbarisierung, auf den Verlust kultureller Eingrenzungen
menschlicher Triebnatur hin. Vielmehr handelt es sich um Veränderungen in der Balance von
Fremdzwängen und Selbstzwängen bei der Verhaltensregulierung der Individuen.
Hohe Formalisierung eines Verhaltenskanons beinhaltet einen relativ hohen Anteil von
Fremdzwängen als Stütze für sozial verträgliches Handeln der Menschen. Informalisierung als
Verlust äuβerer Schranken fordert durch den Wegfall eindeutiger Normen, durch die
Eröffnung neuer Verhaltensmöglichkeiten und die Notwendigkeit situationsangepaβter
Entscheidungen dazu heraus, die fehlenden äuβeren Regulierungen durch die Verfeinerung
der Selbstzwangapparaturen auszugleichen. Und im Gegensatz zu allen Katastrophenprognosen konservativer Kulturkritik haben ja auch die Informalisierungsschübe dieses
Jahrhunderts zumindest keinen "Rückfall in die Barbarei" bewirkt.
In einem der Lebensberichte aus den 50er Jahren wird die Verunsicherung artikuliert, die
stets zu einem solchen Prozeβ gehört und auf die Lücke verweist, die infolge des Wegfalls
überkommener Fremdzwänge zwischen den bislang entwickelten Selbstzwängen und neuen
Verhaltensanforderungen entsteht.
27
Christel Schöne 17 berichtet, daβ in ihrer Berufsschulklasse in den Pausen Rock'n'Roll getanzt
wurde "wie verrückt". " Aber ich hab' das nicht mitgemacht, erstmal weil ich's nicht durfte, ich
hab' mich nicht getraut". "Ich konnte auch nicht so ..., ich weiβ nicht, ich hab' mich da geniert".
"Ich wollte mich nicht so gehen lassen, ich fand das irgendwie so'n biβchen unkontrolliert".
Das junge Mädchen hat Angst, schreckt zurück vor einer Situation, in der die formell noch
geltenden Fremdzwänge etwa des Elternhauses ("weil ich's nicht durfte") in ihrer Gruppe und
in der konkreten Situation schon auβer Kraft gesetzt sind. Sie geniert sich, sie kann nicht
mittanzen, weil sie dann auf eine Weise handeln würde, über deren Folgen sie sich nicht im
klaren ist, die sie aber offensichtlich bei den anderen als entgrenzend, enthemmt, der Kontrolle
entglitten wahrnimmt ("wie verrückt"). Derartige Verunsicherung ist Korrelat und Indikator
für Informalisierungsprozesse, in denen die Individuen differenziertere Selbstzwangapparaturen entwickeln und wiederum in veränderten Gruppennormen abstützen müssen.
Schon sprachlich liegt Elias' Begriff des Selbstzwangs nahe bei dem Begriff der
"Selbstbindung", der nach Rödel/Frankenberg/Dubiel (1989, 40 f) zentral ist für das Projekt
einer Zivilgesellschaft, die unter Verzicht auf Feinderklärungen, Ausgrenzungen und Selbstermächtigung von Mehrheiten den Prozeβ demokratischer Selbstkonstituierung offen hält.
Auch logisch leuchtet der Zusammenhang ein zwischen entwickelten Möglichkeiten
vielfältiger individueller Verhaltensregulierung (der Zivilisierung und Individualisierung im
Verständnis von Elias), die sich nicht zur Rettung vor den eigenen Trieben an die
Fremdzwänge eines starken und starren Auβen anlehnen muβ, und der mentalen
Einwurzelung demokratischer politischer Kultur.
Nachdem hier so viel von Populärkultur die Rede war, will ich abschlieβend ein deutsches
Volkslied paraphrasieren. Selbstzerstörerische Entwicklungen in den Regionen der
Sowjetunion und das gewalttätige Aufwuchern von Rassismus und Ausländerfeindlichkeit in
der DDR, wo die Fremdzwänge des repressiven Staatssozialismus fallen, sollte nicht zu
Selbstgerechtigkeit verleiten - weder in bezug auf die durchaus vorläufigen und frag-würdigen
Ergebnisse der Informalisierungs- theorie noch gar in bezug auf Verankerung des republikanischen Habitus bei den Bundesdeutschen. Der aktuelle Hinweis soll gerade erinnern
17
Jg. 1937, gelernte Einzelhandelskauffrau, Vater Bergmann; Interviewerin: Christine Bartram; S. 16, 17.
28
an die Strudel und Klippen, die unser Gesellschaftsschiff bedrohen, und an die dünnen
Planken politischer Kultur, die uns vor ihnen schützen - Planken, die künftig noch die Last
einer problembeladenen Groβmacht im Herzen des neue Machtbalancen suchenden
Kontinents tragen müssen. Und wenn die Wellen am Ende nicht Schiffer und Kahn
verschlingen, dann hat das mit seinem Singen auch Elvis Presley getan.
29
Literatur
Baacke, D. (1987), Jugend und Jugendkulturen, Weinheim/München.
Berg, P. (1963), Deutschland und Amerika 1918-1929. Über das deutsche Amerikabild der
zwanziger Jahre, Lübeck/Hamburg.
Bourdieu, P. (1976), Entwurf einer Theorie der Praxis auf der ethnologischen Grundlage der
kabylischen Gesellschaft, Frankfurt/M.
Bourdieu, P. (1982), Die feinen Unterschiede, Frankfurt/M.
Brockhaus Wahrig (1982), Deutsches Wörterbuch, Wiesbaden/Stuttgart.
Bruguière, A., u.a. (1987), Mentalitäten-Geschichte, hg. v. U. Raulff, Berlin W.
Buchwald, M. (1964), Das Kulturbild Amerikas im Spiegel deutscher Zeitungen und
Zeitschriften 1919-1932, Diss. Kiel.
Clarke, J., u.a. (1979), Jugendkultur als Widerstand, Frankfurt/M.
Dölling, I. (1986), Individuum und Kultur, Berlin/DDR.
Dölling, I. (1988), Frauen- und Männerbilder als Gegenstand kulturtheoretischer Forschung, in:
Weimarer Beiträge 34, H. 4.
Elias, N. (1989), Studien über die Deutschen, Frankfurt/M.
Fischer, A./Fuchs, W./Zinnecker, J. (1985), Jugendliche und Erwachsene '85. Genera-tionen im
Vergleich, Bd. 3: Jugend der fünfziger Jahre - heute, Opladen.
Fischer-Kowalski, M. (1983), Halbstarke 1958, Studenten 1968: Eine Generation und zwei
Rebellionen, in: Preuss-Lausitz u.a. (1983).
Fröhlich, R. W. (1968), Verhaltensdispositionen, Wertmuster und Bedeutungs- strukturen
kommerzieller Jugendzeitschriften, Diss. München.
Fröhner, R. (1956), Wie stark sind die Halbstarken? Dritte Emnid-Untersuchung zur Situation
der deutschen Jugend, Bielefeld.
Halfeld, A. (1927), Amerika und der Amerikanismus. Kritische Betrachtungen eines Deutschen
und Europäers, Jena.
Heinig, J. (1962), Teenager als Verbraucher, Diss. Nürnberg
Heyne, M. (1906), Deutsches Wörterbuch, 2. Aufl., Bd. 2, Leipzig.
Holzer, H./Kreckel, R. (1967), Jugend und Massenmedien, in: Soziale Welt 18.
30
Iwand, W.M. (1985), Paradigma Politische Kultur, Opladen.
Kaiser, G. (1959), Randalierende Jugend, Heidelberg.
Kröll, F./Maase, K. (1987), Politische Kultur - ein Forschungsweg des Marxismus?, in:
Marxistische Studien. Jahrbuch des IMSF 13, Frankfurt/M.
Krüger, H.-H. (Hg.) (1985), "Die Elvis-Tolle hatte ich mir unauffällig wachsen lassen".
Lebensgeschichte und jugendliche Alltagskultur in den fünfziger Jahren, Opladen.
Küpper, H. (1987), Wörterbuch der deutschen Umgangssprache, Stuttgart.
Lange, H.H. (1966), Jazz in Deutschland. Die deutsche Jazz-Chronik 1900-1960, Berlin W.
Le Goff, J. (1987), Eine mehrdeutige Geschichte, in: Bruguière (1987).
Lüdtke, A. (1989), Was ist und wer treibt Alltagsgeschichte?, in: Ders. (Hg.), Alltagsgeschichte,
Frankfurt/New York.
Maase, K. (1984), Lebensweise der Lohnarbeiter in der Freizeit, Frankfurt/M.
Maase, K. (1988), "Persönlicher Sinn" und individuelle Existenznotwendigkeiten, in: Weimarer
Beiträge 34, H. 4.
Maase, K. (1989), Von der Reproduktion der Arbeitskraft zum persönlichen Sinn, in: Institut
für Soziologie und Sozialpolitik der AdW der DDR (Hg.), Wissen- schaftlich-technische
Revolution - Bedürfnisentwicklung und Befriedigung, Beiträge des III. Internationalen
Symposiums zur Theorie und Geschichte der Soziologie und des 4. Berliner
Bedürfniskolloquiums, Bd. 1, Berlin/DDR.
Mangelsdorff, A. (1980), "... da habe ich mich natürlich für den Jazz entschieden." Interview, in:
G. Eisenberg, H.-J. Linke (Hrsg.), Fuffziger Jahre, Gieβen.
Mannheim, K. (1964), Das Problem der Generationen, in: Ders., Wissenssoziologie,
Neuwied/Berlin W.
Münster, R. (1961), Geld in Nietenhosen, Stuttgart.
Niethammer, L. (1983), Privat-Wirtschaft. Erinnerungsfragmente einer anderen Umerziehung,
in: Ders. (Hg.), "Hinterher merkt man, daβ es richtig war, daβ es schiefgegangen ist", Berlin
W./Bonn.
Peukert, D. (1980), Edelweiβpiraten, Meuten, Swing. Jugendsubkulturen im Dritten Reich, in:
G. Huck (Hg.), Sozialgeschichte der Freizeit, Wuppertal.
Peukert, D. (1984), Die "Halbstarken", in: Zs. f. Pädagogik 30, H. 4.
31
Pohl, R. (1984), "Swingend wollen wir marschieren", in: A. Ebbinghaus, H. Kaupen-Haas, K.H.
Roth (Hg.), Heilen und Vernichten im Mustergau Hamburg, Hamburg.
Polster, B. (Hrsg.)(1989), "Swing Heil". Jazz im Nationalsozialismus, Berlin W.
Preuss-Lausitz, U., u.a. (1983), Kriegskinder - Konsumkinder - Krisenkinder Weinheim/Basel.
Rödel, U./Frankenberg, G./Dubiel, H. (1989), Die demokratische Frage, Frankfurt/M.
Schultz, C. (1912), Die Halbstarken, Leipzig.
Schwabe, K. (1976), Anti-Americanism within the German Right 1917-1933, in: Amerikastudien
21, 2.
Trübners Deutsches Wörterbuch (1943), im Auftrag der Arbeitsgemeinschaft für deutsche
Wortforschung hg. v. A. Götze, Vierter Band, Berlin.
Wouters, C. (1979), Informalisierung und der Prozeβ der Zivilisation, in: P. Gleichmann, J.
Goudsblom, H. Korte (Hg.), Materialien zu Norbert Elias: Zivilisationstheorie,
Frankfurt/M.
Wouters, C. (1986), Informalisierung und Formalisierung der Geschlechterbeziehungen in den
Niederlanden von 1930 bis 1985, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie
38.
Zimmermann, P. (1983), Aufwachsen mit Rockmusik - Rockgeschichte und Sozialisation, in:
Preuss-Lausitz u.a. (1983).
Zinnecker, J. (1987), Jugendkultur 1940-1985, Opladen.
32
Abb. 1
33
Abb. 2
34
Abb. 3
35
Abb. 4
Abb. 5
36
Abb. 6
37
Abb. 7
38
Abb. 8
39
Jugendliche um 1950. Die Haare werden vollkommen glatt und kunstlos getragen: Stirn und
Nacken bleiben frei.
Abb. 9
40
Jugendliche 1955. Die Frisuren sind vielfältiger geworden und zeigen Stilwillen. Man erkennt
Ansätze einer Stirntolle: Nacken und Ohren bleiben frei. Kurze Hosen und Knickerbocker sind
noch üblich, die langen Hosen konventionell (vgl. als Konstrast Abb. 4).
Abb. 10
39
GERD HALLENBERGER
ANMERKUNGEN ZUR AMERIKANISIERUNG DER FERNSEHUNTERHALTUNG IN
DER BUNDESREPUBLIK
Wer sich mit der Amerikanisierung der bundesdeutschen Fernsehunterhaltung beschäftigt,
merkt schnell, daβ dieses Thema gleichzeitig besonders schwierig und besonders undankbar
ist. Undankbar deshalb, weil es hier um vermeintlich Selbstverständliches, also um scheinbar
Triviales geht: Fast alle nach 1950 geborenen FernsehzuschauerInnen haben in ihrer Kindheit
"Fury", "Lassie" oder "Flipper" geliebt, sie haben so manchen "Einsatz in Manhattan" erlebt und
kennen "Die Straβen von San Francisco". "Mannix", "Columbo", "Rockford" und "Magnum"
sind ihnen ebenso vertraut wie die Intrigen der Ewings in "Dallas" oder die der Carringtons,
dem "Denver-Clan".
Zusätzlich ist die Amerikanisierung der bundesdeutschen Fernsehunterhaltung auch ein
besonders schwieriges Thema: So vertraut das Phänomen ist, so wenig hat sich die
Fernsehforschung bislang damit befaβt. Bis heute lassen sich lediglich Vorarbeiten finden,
deren Wert zudem dadurch beeinträchtigt wird, daβ sie ihren Gegenstand häufig mit etwas
anderem verwechseln.
So gibt es in der Bundesrepublik überhaupt nur sehr wenige Untersuchungen über
Fernsehunterhaltung, die auβerdem in aller Regel mit unangebrachten Kriterien operieren. 18
Etwa indem Fernsehserien dafür kritisiert werden, daβ sie schlechte Kino-Spielfilme darstellen;
oder indem Showsendungen aufgrund ihres geringen Bildungswertes als insgesamt wertloses
Programmangebot eingeschätzt werden. Tatsächlich hat es die Fernsehforschung bis heute
versäumt, brauchbare Kriterien zur Beurteilung von Unterhaltungssendungen zu entwickeln.
Auch die Amerikanisierung des bundesdeutschen Fernsehens war bislang allenfalls
gelegentlich Diskussionsgegenstand, und dieses Stichwort war regelmäβig Stellvertreter für
andere, eigentlich gemeinte Tatbestände. Wann immer von "Amerikanisierung" mit negativem
Vorzeichen die Rede war, ging es - in chronologischer
18
Reihenfolge - eigentlich um
Vgl. zum Forschungshintergrund Gerd Hallenberger/Hans-Friedrich Foltin, Unterhaltung durch Spiel. Die
Quizsendungen und Game Shows des deutschen Fernsehens, Berlin 1990, S. 20ff.
40
Trivialisierung,
Überfremdung,
Kommerzialisierung
und
Brutalisierung
des
Fernsehprogramms; mit positivem Vorzeichen vor allem von Programmachern verwendet,
stand
und
steht
"Amerikanisierung"
als
Synonym
für
"Professionalisierung"
des
Programmangebots.
Berücksichtigt man diesen Forschungshintergrund, kann hier nur ein relativ be- scheidenes
Ziel verfolgt werden: So lange noch nicht einmal eine Geschichte der Fernsehunterhaltung in
der Bundesrepublik geschrieben worden ist, kann die Beschäftigung mit einem - zumal
umstrittenen - Sonderaspekt wie der Amerika- nisierung des Programmangebots nur zu
fragmentarischen
Ergebnissen
führen:
Lücken
und
Schwerpunktsetzungen
sind
unvermeidlich.
Um
zu
vermeiden,
daβ
hier
nur
eine
Fülle
isolierter
Einzelbeobachtungen
zusammengetragen wird, unterliegen den folgenden Anmerkungen als roter Faden zwei
Kernfragen, genaugenommen eine Doppelfrage:
Erstens, wovon reden wir eigentlich, wenn wir von der "Amerikanisierung" des
Fernsehprogramms sprechen?
Zweitens, welche Erscheinungsformen von "Amerikanisierung" lassen sich wann in
welchen Programmsparten nachweisen?
Was die zweite Kernfrage betrifft, lassen sich Schwerpunktsetzungen nicht umgehen, da
letztlich alle Programmsparten in bestimmten Phasen der Fernsehgeschichte vom
US-Fernsehen beeinfluβt worden sind - selbst Nachrichten-sendungen, wenn man z.B. an die
in den letzten Jahren gelegentlich geführten Diskussionen über die Brauchbarkeit von
"Infotainment"-Konzepten 19 denkt oder daran, daβ Walter Cronkite weltweit zum Vorbild für
Nachrichtensprecher geworden ist. 20
Inhaltliche Schwerpunkte sind im folgenden zum einen fiktionale Unterhal- tungsangebote
(also Spielfilme und Serien), zum anderen die Programmsparte Quiz/Game Show. Die erste
Wahl begründet sich damit, daβ bei öffentlichen Diskussionen über die "Amerikanisierung"
19
Derartige Mischformen von "Information" und "Entertainment" waren insbesondere in den Anfangsjahren
typisch für RTLplus.
20
So etwa auch für Hanns Joachim Friedrichs, den moderierenden Chefredakteur der "Tagesthemen".
41
des bundesdeutschen Fernsehens der Bereich Spielfilm/Serie regelmäβig zuerst genannt wird,
für die zweite sprechen gleich zwei Gründe: Einerseits stellt auch die Sparte Quiz/Game Show
einen Kernbereich der Fernsehunterhaltung dar, der sich, was seinen amerikanischen Anteil
betrifft, aber andererseits gerade weitgehend unbeeinfluβt von einschlägigen Debatten
entwickelt hat, weil den entsprechenden Sendungen ihre amerikanische Abkunft nicht auf den
ersten Blick anzusehen ist. So dürfte es in den achtziger Jahren nur wenige Fernsehzuschauer
gegeben haben, denen bewuβt war, daβ "Was bin ich?" eigentlich eine amerikanische
Sendereihe war.
Eine weitere Schwerpunktsetzung betrifft den zeitlichen Rahmen - im wesentlichen geht es
hier um die Anfangszeit des Fernsehens in der Bundesrepublik, also die fünfziger und frühen
sechziger Jahre, in denen die Grundlagen der "Amerika- nisierung" gelegt wurden.
Kommen wir auf die erste Kernfrage zurück: Was heiβt eigentlich "Amerika- nisierung" der
Fernsehunterhaltung
bzw.
"Amerikanisierung"
des
Fernsehprogramms?
Bei
näherer
Betrachtung verbergen sich hinter diesem Stichwort eine Fülle sehr unterschiedlicher
Phänomene. Auf der allgemeinsten Ebene steht "Amerikanisierung des Fernsehens" für die
generelle Dominanz von Unterhaltungssendungen gegenüber anderen Programmangeboten.
Auf einer zweiten Ebene bedeutet "Amerikanisierung" die Übernahme, also den Ankauf von
fertigen Sendungen, die lediglich durch Synchronisation oder Voice-Over eingedeutscht
werden. Auf einer dritten Ebene heiβt "Amerikanisierung", daβ nicht fertige Sendungen,
sondern Sendungskonzepte angekauft werden, die erst in der Bundesrepublik in Sendungen
umgesetzt werden. Während sich diese Varianten von "Amerikanisierung" noch relativ leicht
nachweisen lassen, sind andere, indirektere - aber dennoch wichtige - Formen nur noch
mühsam aufzuspüren. Etwa die Adaption, d.h. die Übernahme von bestimmten
Programmideen, oder noch spezieller: die Orientierung an einzelnen Merkmalen von
US-amerikanischen Produktionen, die als vorbildhaft empfunden werden. Dies können
beispielsweise Elemente von Szenenbildern sein, die Konstruktion von Handlungsfiguren, die
Entwicklung von Spannungsbögen, Kameraeinstellungen, Schnittfolgen, akustische Effekte
oder Beleuchtungstechniken, aber auch Arbeitsstile oder Produktionstechniken.
Alle diese Erscheinungsformen von "Amerikanisierung" des Fernsehprogramms haben in
der Geschichte des Fernsehens in der Bundesrepublik eine Rolle gespielt.
42
Damit kommen wir zur zweiten Kernfrage, der Frage nach der Entwicklungs- geschichte
der "Amerikanisierung" im konkreten Programmangebot und folglich auch zu den Anfängen
des Fernsehens in der Bundesrepublik überhaupt.
Nach einer Vorbereitungsphase in den Jahren 1948 bis 1950 und einer Phase der
Versuchssendungen in den Jahren 1950 bis 1952 läβt sich der eigentliche Beginn des
Fernsehens in der Bundesrepublik auf den 25.12.1952 datieren. Seit diesem Zeitpunkt gibt es
ein kontinuierlich ausgestrahltes Fernsehprogramm - zunächst des NWDR -, an dem sich nach
und nach weitere Anstalten beteiligten, bis es dann am 01.11.1954 zur Gründung des
"Deutschen Fernsehens" (ARD) kam.
In diesen Anfangsjahren sah das Fernsehprogramm noch völlig anders aus als heute: Das
Angebot bestand beispielsweise nur aus einem zweistündigen Abend- sowie einem maximal
einstündigen Nachmittagsprogramm; Umschaltpausen konnten bis zu 20 Minuten dauern.
Das Fernsehen war auβerdem insgesamt noch eine andere Art von Medium: Es war noch lange
kein
"Massenmedium"
und
auβerdem
auch
noch
kein
Individualmedium.
Zum
Programmstart am 25.12.1952 gab es in der Bundesrepublik gerade 1.000 Fernsehgeräte, am
Jahresende waren es 3.657 - mehr als 40 % davon, nämlich 1.632 gehörten Gastwirten, die sich
von dem neuen Medium Umsatzsteigerungen erhofften. Neben Gaststätten war auch die
Straβe ein wichtiger Rezeptionsort: Vor Elektrogeschäften, in deren Schaufenstern
Fernsehgeräte wichtige Sendungen - wie etwa die Spiele der Fuβballweltmeisterschaft von
1954 - zeigten, bildeten sich regelmäβig groβe Menschentrauben. Und selbst die wenigen
Bundesbürger, die in dieser Zeit ein Fernsehgerät in ihrer Wohnung hatten, blieben beim
Fernsehen selten allein - dafür sorgten ihre Nachbarn, die auch einmal sehen wollten, was der
"Zauberspiegel"
(so
überschrieb
die
Programmzeitschrift
HörZu
zeitweise
ihre
Programmvorschau) bot.
Kollektive Rezeptionsformen waren übrigens nicht nur typisch für die Anfangsjahre des
Fernsehens in der Bundesrepublik, sondern auch für die Anfänge des Fernsehens in
Deutschland überhaupt. Das Programm des Berliner Senders "Paul Nipkow", der von 1935 bis
1944 in Betrieb war, konnte ebenfalls fast nur kollektiv, nämlich in sogenannten Fernsehstuben
und später auch in Groβbildstellen in und um Berlin gesehen werden, ehe in späteren
Kriegsjahren das Fernsehen nur noch als per Kabel verbreitetes Lazarettfernsehen die Moral
Verwundeter durch Unterhaltung heben sollte. Es gab zwar bereits 1939 den Prototyp eines
43
Fernseh-Volksempfängers, der zum Preis von 650 Reichsmark in groβer Stückzahl verkauft
werden sollte, doch seine Produktion wurde nach dem Überfall auf Polen sofort eingestellt.
Obwohl auch die Entwicklung des Fernsehens in den USA durch den Zweiten Weltkrieg
verzögert wurde, fand dort im Unterschied zu Deutschland eine relativ bruchlose, von
Kriegsschäden weitgehend unbeeinfluβte Entwicklung statt.
Mit Blick auf das Problem der "Amerikanisierung" der Fernsehunterhaltung der
Bundesrepublik müssen vor allem drei Entwicklungsdifferenzen erwähnt werden:
Erstens besaβ das US-Fernsehen einen allgemeinen Entwicklungsvorsprung. Zwar gab es
auch in den USA Ende der dreiβiger Jahre kaum Fernsehgeräte in Privatbesitz (1939: ca. 500),
deren Zahl sich während des Zweiten Weltkrieges auch nur unwesentlich steigerte (1946
waren es 6.000), doch in den Nachkriegsjahren veränderte sich diese Situation schnell: 1947 gab
es bereits 142.000 Fernsehgeräte in amerikanischen Haushalten, 1948 waren es knapp 1 Million,
1949 schon 3,7 Millionen, 1950 9,7 Millionen, 1951 15,8 Millionen und 1952 21,8 Millionen. Zum
Vergleich: 1 Million Fernsehgeräte gab es in der Bundesrepublik erst 1957; berücksichtigt man
die unterschiedliche Bevölkerungszahl, wurde der in den USA 1952 erreichte Versorgungsstand in der Bundesrepublik erst 1962 eingeholt.
Zweitens war das Fernsehen der USA von Anfang an privatrechtlich organisiert,
kommerziell und konkurrenzorientiert. Das heiβt, die Jagd nach Zuschauerzahlen, die in der
Bundesrepublik erst später - und dazu zunächst noch in relativ milder Form -eingesetzt hat,
war von Anfang an zentraler Faktor der Fernsehentwicklung in den USA. Auf die
Konsequenzen dieses Umstandes hinsichtlich der Programm- und Sendungsgestaltung
komme ich später noch zurück.
Drittens profitierte auch das amerikanische Fernsehen von der globalen Ausweitung des
politischen wie ökonomischen Einflusses der USA nach dem Zweiten Weltkrieg.
Nach der Darstellung des amerikanischen Fernsehhistorikers Erik Barnouw 21 spielte dabei
Groβbritannien eine entscheidende Rolle. Dank geschickter Schachzüge der Londoner Filiale
der Werbeagentur J. Walter Thompson gelang 1955 die Einrichtung eines zweiten,
kommerziellen
21
Fernsehkanals
neben
der
BBC,
was
einerseits
amerikanischen
Vgl. zum folgenden: Erik Barnouw, Tube of Plenty. The Evolution of American Television, überarb.
Ausgabe, New York 1982, S. 229ff.
44
Konsumgüterproduzenten einen neuen Werbemarkt und andererseits amerikanischen
Fernsehproduzenten einen neuen Absatzmarkt eröffnete. Dieser Erfolg weckte in den USA das
Interesse sowohl an neuen Fernseh- wie an neuen Werbemärkten, was in den USA aufgrund
der Organisation des Fernsehsystems ohnehin eins war. So berichtete die Werbeagentur Foote,
Cone & Belding 1958 ihren Kunden, daβ es bereits in 26 Ländern kommerzielles Fernsehen
gäbe und daβ selbst Länder mit nicht-kommerziellen Fernsehsystemen wie Dänemark,
Schweden oder die Niederlande beginnen würden, amerikanische Sendungen einzukaufen.
Um ihre Interessen eigenständig zu verfolgen, gründeten dann 1959 die groβen Filmgesellschaften eine Fernsehabteilung der Motion Picture Export Association, 1960 folgten die
Fernseh-Networks mit der Einrichtung der Television Programm Export Association.
Ausschlaggebend für den Erfolg dieser Exportoffensive waren vor allem drei Gründe - ein
politischer, ein ökonomischer und ein ästhetischer -, die in einzelnen Ländern in jeweils
unterschiedlicher Mischung zum Tragen kamen:
Erstens der politische, daβ laut Barnouw insbesondere in Entwicklungsländern die
Gewährung von US-Unterstützung (politischer wie wirtschaftlicher oder militärischer) gerne
mit der Einführung bzw. Förderung amerikanischen Fernsehens verknüpft wurde, das als
"advance herald of empire" 22 diente.
Zweitens der ökonomische, daβ US-Sendungen zu konkurrenzlos niedrigen Preisen
exportiert werden konnten und dennoch Gewinn abwarfen. Aufgrund der Gröβe des
amerikanischen Binnenmarktes hatten US-Produktionen ihre Produktionskosten (und, in aller
Regel, auch bereits Gewinn) eingebracht, bevor sie exportiert wurden. Exporterlöse waren also
bereits Reingewinn. Insbesondere in englischsprachigen Ländern (wie Kanada, Australien und
Groβbritannien),
in
denen
Sendungsankäufe
nicht
durch
zusätzliche
Kosten
für
nationalsprachliche Synchronisation, Voice-Over oder Untertitelung verteuert wurden, führte
die Low-Price-Politik der US-Programmanbieter zu einer drastischen Verschlechterung der
Marktchancen für einheimische Produzenten, sofern sie sich nicht - wie Groβbritannien - durch
die Festlegung von Importquoten schützten.
22
Ebd., S. 233.
45
Der niedrige Preis allein erklärt aber noch nicht den Erfolg von US-Sendungen auf dem
damals sich entwickelnden weltweiten Fernseh-Programmarkt. Die amerikanischen Verkäufer
konnten nicht nur billige, sondern sogar Produkte mit - wenn auch eingeschränkter Erfolgsgarantie anbieten: Was exportiert wurde, war bereits in den USA erfolgreich gewesen
und versprach auch, in jedem anderen Land erfolgreich zu werden, sofern keine besonderen
Akzeptanzprobleme 23 auftraten.
Womit wir bei dem dritten, dem ästhetischen Grund wären. Der amerikanische
Fernsehmarkt der fünfziger Jahre war bestimmt von der Konkurrenz der drei groβen
Networks, ABC, CBS und NBC - heute dagegen haben unabhängige Stationen stark an
Bedeutung gewonnen. Um in der Konkurrenz bestehen zu können, muβten sich alle drei um
Zuschauermajoritäten bemühen, also Massenprogramme und nicht Zielgruppenprogramme
bieten. Als in den USA schon damals primär individuell genutztes Freizeitmedium bedeutete
"Fernsehen" überwiegend "Unterhaltung". Auβerdem muβten die Unterhaltungsangebote so
beschaffen sein, daβ sie für möglichst viele Gruppen der in vielfacher Hinsicht heterogenen,
auch durch unterschiedlichste kulturelle Traditionen geprägten US-Bevölkerung zumindest
interessant waren. Insbesondere bei Spielfilmen und Serien, den Haupt-Exportartikeln, führten
diese beiden Voraussetzungen zur Entwicklung von noch heute gültigen Produktionsstilen,
die ein Maximum an "Unterhaltung" versprechen, sich mit Themen von universellem Interesse
beschäftigen
und
Protagonisten
inszenieren,
die
mit
den
Sympathien
von
Zuschauermehrheiten rechnen können. Anders formuliert: Schon damals waren amerikanische
Spielfilme und Serien funktional optimierte, unter quasi-industriellen Bedingungen mit dem
Ziel möglichst universeller Akzeptanz produzierte reine Unterhaltungsangebote.
In einem Tagungsvortrag an der Universität Siegen hat ARD-Programmdirektor Dietrich
Schwarzkopf vor allem folgende Kennzeichen des "amerikanischen" Stils herausgestellt:
1) Den selbstverständlichen Rückgriff auf in den USA, nämlich im Hollywood- Kino,
entwickelte (und weltweit vertraute) ausdifferenzierte Filmgenres und ihre Konventionen.
23
Akzeptanzprobleme konnten damals - und können auch heute noch - dann entstehen, wenn in einem Land
entweder alles "Amerikanische" von einem gröβeren Teil der Bevölkerung abgelehnt wird oder aber eine
Produktion als zu "amerikanisch" im Sinne von zu "fremdartig" empfunden wird, also zu groβe kulturelle
Differenzen zwischen dem Gezeigten und der eigenen Realität festgestellt werden.
46
2) Die Sorgfalt, die auch auf scheinbar weniger wichtige Aspekte verwandt wird wie etwa die
Besetzung von Nebenrollen oder den Einsatz von Begleitmusik.
3) Die auf eine Vielzahl dramatischer Höhepunkte abzielende Handlungs- gestaltung, zu der
natürlich anzumerken ist, daβ sich die Schnelligkeit amerikanischer Serien nicht zuletzt der
Notwendigkeit verdankt, die unvermeidlichen Unter- brechungen durch Werbung schon im
Drehbuch zu berücksichtigen. Während deutsche Serien bis heute mit langen, nur durch die
Gesamtdauer der Sendung bestimmten Spannungs-bögen arbeiten können, muβten
amerikanische Serien schon immer zusätzlich kleine Spannungsbögen im Sechs- bis
Acht-Minuten-Takt
integrieren,
damit
bei
Werbe-
einblendungen
wegen
eines
Handlungshöhepunkts mit einem Optimum an Zuschauer-aufmerksamkeit zu rechnen ist.
4) Die Typisierung bzw. Stereotypisierung der Handlungsfiguren. Diese Beobachtung läβt sich
durch die These begründen, daβ in deutschen Serien die Auswahl der Handlungsrollen
vorwiegend - wenn auch nicht ausschlieβlich - dramaturgisch bedingt, in den USA aber
rezeptionsorientiert ist. Das heiβt, in den USA stand bei der Konzipierung der
Handlungsrollen schon immer der Gedanke im Vordergrund, daβ möglichst viele
Zuschauergruppen in der Serie einen Sympathieträger, einen "Ansprechpartner" finden sollten.
5) Die Unterordnung von Handlungsproblemen unter den Unterhaltungsanspruch.
Was diese abstrakten Merkmale konkret bedeuten, läβt sich am besten an einem Beispiel
veranschaulichen. Nehmen wir etwa die Serie "Bonanza", die sowohl in den USA als auch in
den sechziger Jahren im bundesdeutschen Fernsehen überaus erfolgreich war. Mit Blick auf die
Frage, warum "Bonanza" auch in der BRD zum Zuschauererfolg wurde, fallen vor allem drei
Dinge auf:
Erstens war "Bonanza" zwar eigentlich dadurch ausgesprochen "amerikanisch" - im Sinne
von "nicht-deutsch" -, daβ es eine Western-Serie war, also einem Genre zugehörte, das
"amerikanischer" war als alle anderen. Aber obwohl der Western durch seine Bindung an
einen spezifischen Handlungsort und eine spezifische Handlungszeit auf den ersten Blick ein
reines US-Phänomen zu sein scheint, erweist er sich bei näherem Hinsehen durchaus als
exportierbar, weil letztlich durch universelle Themen definiert - um nur einige Stichworte zu
nennen, dient das Western-Szenarium als Hintergrund zum Erzählen von Geschichten über
Freiheit und Autonomie, über das Spannungsverhältnis von Natur und Zivilisation, über
Geschlechterrollen und - häufig eng damit verbunden - über Einsamkeit.
47
Zweitens wurde bei "Bonanza" aus diesem Themen-Repertoire des Western insgesamt ein
Leitthema gewählt, das die Serie sowohl als Western wie auch als etwas anderes rezipierbar
macht, nämlich als Familienserie - wobei zu berücksichtigen ist, daβ Westernserien in erster
Linie
Männer
ansprechen,
Familienserien
dagegen
Frauen,
"Bonanza"
also
beide
Zuschauergruppen ansprechen sollte - und auch angesprochen hat. Im Mittelpunkt jeder
Episode stand die Familie der "Cartwrights", ihre inneren Spannungen und die Verteidigung
der Familie - und ihres Besitzes - gegen Bedrohungen von auβen. Die "Cartwrights" waren
zwar dadurch eine ausgesprochene "Western"-Familie, daβ sie nur aus Männern bestand nach den Regeln des Genres haben Frauen im Western allenfalls eine Neben- bzw.
Auβenseiterrolle zu spielen, dieses Manko hinsichtlich des potentiellen Erfolges der Reihe bei
Fernsehzuschauerinnen wurde aber durch eine geschickte Wahl der Handlungsrollen
ausgeglichen.
Drittens zeichnete sich "Bonanza" nämlich dadurch aus, daβ jede der Haupt- personen
Sympathieträger für eine andere Zuschauergruppe sein konnte, die Serie insgesamt also eine
breite Zuschauermehrheit ansprechen konnte. So war Ben Cartwright der stereotype
Über-Vater - weise, gealtert, aber vital -, von seinen drei Söhnen kam ihm Adam am nächsten
(= Adam, der erste Mensch) - der ebenfalls schlagkräftig, aber auch besonnen war -, wieder ein
anderes Stereotyp verkörperte Little Joe - der Lausbub und Schwarm aller Mädchen -, Hoss
schlieβlich spielte den gutmütigen, starken Dummkopf und hatte auβerdem komische Akzente
zu setzen.
Obwohl aufgrund derartiger Produktmerkmale für den Import von fiktionalen Sendungen
aus den USA eigentlich von Anfang an sehr gute Bedingungen bestanden, spielten sie im
bundesrepublikanischen Fernsehprogramm der fünfziger Jahre praktisch keine Rolle.
Nach dem Beginn eines kontinuierlichen Fernsehprogramms am 25.12.1952 gab es den
ersten amerikanischen Spielfilm im Jahre 1954 - die 1937 gedrehte Komödie "Held im
Ring"/"When's Your Birthday". 1955 gab es keinen einzigen, 1956 gerade drei, 1957 wieder nur
einen, 1958 zwei Spielfilme amerikanischer Herkunft. Ein deutlicher Anstieg läβt sich erst ab
1962 beobachten, nachdem die ARD (1960) in einem Paketkauf die Ausstrahlungsrechte von
insgesamt 600 Spielfilmen gekauft hatte.
48
In Prozentzahlen ausgedrückt: In den 50er Jahren lag der Anteil von US-Filmen am
Filmangebot des bundesdeutschen Fernsehens zwischen 5 % und 20 %, seit den siebziger
Jahren liegt er in jedem Jahr zwischen 40 % und 50 %. 24
Ganz ähnlich ist das Bild, wenn man den Bereich der fiktionalen Serien betrachtet. In den
Anfangsjahren des bundesdeutschen Fernsehens gab es keine einzige US-Serie, erst ab Ende
der fünfziger Jahre tauchten vereinzelt US-Serien im Programm auf (wie "Alfred Hitchcock
zeigt"), die überwiegende Mehrzahl davon im Kinderprogramm ("Rin-Tin-Tin", "Corky und
der Zirkus", "Fury"), was sich z.T. daraus erklärt, daβ es in der Bundesrepublik Fiction-Serien
für Kinder bis zu diesem Zeit-punkt überhaupt noch nicht gegeben hatte, die US-Serien also als
Lückenfüller dienten.
Zu einem vergleichbaren Befund gelangt auch Knut Hickethier in seiner Unter-suchung
über das Fernsehspiel. In bezug auf Original-Fernsehspiele - d.h. Fernseh-spiele, die speziell
für das Fernsehen geschrieben worden sind - ermittelte Hickethier, daβ in den Jahren 1956 bis
1959 nur jeweils ein Fernsehspiel eines amerikanischen Autors im deutschen Fernsehen zu
sehen war, 1960 kein einziges, 1961 dann acht. Ein weiterer Anstieg läβt sich bis Mitte der
sechziger Jahre beobachten. 25
Im Unterschied zu den Programmbereichen Serie und Spielfilm - für die in den fünfziger
Jahren laut Irmela Schneider kennzeichnend war, daβ "... gesendet wurde, was verfügbar
war" 26 , also in hohem Maβe zufällige Programmentscheidungen getroffen wurden -, wurde
der Programmsparte Fernsehspiel in dieser Zeit hohes Gewicht beigemessen, weshalb auch
häufiger öffentliche Diskussionen über das Fernsehspiel geführt wurden.
Dieser Umstand verdient deshalb erwähnt zu werden, weil die Diskussionen belegen, daβ
der amerikanische Einfluβ auf die Programmsparte tatsächlich wesentlich gröβer war, als die
relativ geringe Zahl der Sendungsankäufe vermuten läβt. Weitaus wichtiger als der Import
24
Diese
Zahlen
wurden
von
einem
Teilprojekt
des
Siegener
DFG-Sonderforschungsbereichs
"Bildschirmmedien" ermittelt.
25
26
Vgl. Knut Hickethier, Das Fernsehspiel der Bundesrepublik, Stuttgart 1980, S. 237.
Irmela Schneider, "Britische und amerikanische Spielfilme im ARD-Programm 1952-1985. Ein historischer
Überblick in Zahlen", in: Helmut Kreuzer/Helmut Schanze (Hg.), Bausteine, Siegen 1988, S. 53.
49
von Sendungen war die Vorbildfunktion, die amerikanische Fernsehspiele in dieser Zeit
hatten.
So bescheinigte Helmut Pigge 1958 den besten amerikanischen Fernsehspielautoren wie
Paddy Chayefsky, Tad Mosel, Reginald Rose oder Rod Serling, daβ sie "...im Gegensatz zu
ihren europäischen Kollegen - mehr Sinn für die formale und handwerkliche Bewältigung
eines Stoffes (haben), und das ist etwas, was man lernen kann". 27 Einem 1962 in epd/Kirche und
Fernsehen veröffentlichten Aufsatz läβt sich entnehmen, daβ im einzelnen vor allem die
fernsehadäquate Umsetzung, die Dichte und Ökonomie des Erzählens, die Lebendigkeit und
die durch die Bevorzugung von Alltagsthemen und alltäglichen Protagonisten geschaffene
Möglichkeit der "Selbst- identifikation der Zuschauer" als vorbildhaft empfunden wurden. 28
Vergleichbare Diskussionen zu den Programmbereichen Spielfilm und Serien sind zwar
nicht dokumentiert, verschiedene Indizien sprechen aber dafür, daβ auch hier der Einfluβ des
amerikanischen Fernsehens auf die Programmgestaltung in der Bundesrepublik weniger
durch Ankäufe denn durch Adaption manifest wurde - und bis heute wird.
Daβ zumindest im Gemeinschaftsprogramm der ARD amerikanische Serien nie eine groβe
Rolle gespielt haben, darauf hat ARD-Programmdirektor Dietrich Schwarzkopf in seinem
bereits oben erwähnten Tagungsbeitrag hingewiesen: Bis heute hat es zur Hauptsendezeit
zwischen 20 und 22 Uhr im ARD-Programm nie mehr als eine US-Serie im Wochenprogramm
gegeben, angefangen bei den Zeiten von "77 Sunset Strip" und "Perry Mason" bis hin zur
Gegenwart, in der sich "Dallas" mit "Magnum" abwechselt. Würde man das ZDF-Programm in
dieser Hinsicht unter- suchen - was bis heute noch niemand getan hat -, käme man mit einiger
Sicherheit zu dem gleichen Ergebnis. Wesentlich höher liegt der Anteil von US-Serien im
Hauptabendprogramm lediglich in den Programmen privater Sender - aber das ist schon
wieder ein völlig anderes Thema.
Ebenso bruchlos stellt sich die indirekte Einfluβlinie von US-Serien auf das
bundesdeutsche Programm dar. Hier findet man etwa in der Frühzeit des Fernsehens in der
27
28
Helmut Pigge, "Best Television Plays" (Rezension), in: Rundfunk und Fernsehen 4/1958, S. 397.
Vgl. "Eine wichtige Programm-Kategorie fehlt noch. Wo bleibt eigentlich das Fernsehspiel?", in epd/Kirche
und Fernsehen vom 10.02.1962, S. 2.
50
BRD den Hinweis, daβ die "Stahlnetz"-Reihe von Autor Jürgen Roland in bewuβter Anlehnung
an die US-Serie "Dragnet" konzipiert wurde. 29
In neuerer Zeit wurden - um im Genre Kriminalfilm zu bleiben - die "Tatort"-Kommissare
Kressin und Schimanski nach US-Vorbildern gestaltet, ein scheinbar typisch deutsches Produkt
wie "Das Traumschiff" des ZDF ist sogar eine exakte Kopie des amerikanischen "Love Boat" bis hin zum Aufbau des Vorspanns.
Kommen wir an dieser Stelle nochmals auf die zu Eingang als "roter Faden" vorgestellten
Kernfragen
zurück.
In
bezug
auf
fiktionale
Unterhaltungssendungen
bedeutete
"Amerikanisierung" in der Anfangszeit des bundesdeutschen Fernsehens vor allem die
Orientierung an Mustern des US-Fernsehens - die sich bis heute erhalten hat - und erst in
zweiter Linie die direkte Übernahme von amerikanischen Sendun-gen. Dies änderte sich erst
im Verlauf der sechziger Jahre, als das bundesdeutsche Fernsehen auf einer anderen Ebene
"amerikanischer" wurde, indem insgesamt der Unterhaltungsaspekt eine gröβere Rolle spielte.
Als
Folgewirkung
stieg
dann
auch
die
Zahl
der
in
den
USA
angekauften
Unterhaltungssendungen deutlich an.
Dieser - wenn man so will: allgemeine - Amerikanisierungsprozeβ läβt sich in hohem Maβe
einfach als Normalisierungsprozeβ charakterisieren. Das neue Medium Fernsehen war in den
fünfziger Jahren vor allem ein Faszinosum: Es war ein "Zauberspiegel", "Fenster zur Welt", und
deshalb konnte zunächst jede Art von Sendung mit groβem Interesse rechnen. Was übrigens,
wie unlängst in der Reihe "Frühe Fernsehjahre" dokumentiert, schon bald zu Warnungen vor
der verderblichen Fernsehsucht führte, da viele Zuschauer das komplette Programm ansahen.
Ähnlich global waren auch die meisten Diskussionen angelegt, die sich mit dem neuen
Medium beschäftigten. Wurde auf der einen Seite - etwa in der Ansprache des
NWDR-Intendanten Werner Pleister anläβlich des offiziellen Beginns der kontinuierlichen
Programmausstrahlung - auf den erzieherischen und völkerver- bindenden Wert des Mediums
hingewiesen, gab es auf der anderen Seite ebensoviele Stimmen, die das Fernsehen als
kulturelles Unglück verdammten. 30
29
Vgl. Gerhard Eckert, Knaurs Fernsehbuch, München/Zürich 1961, S. 243.
30
Vgl. z.B. das Geleitwort zum Themenheft "Faktum Fernsehen" der Zeitschrift Magnum vom Februar 1961.
51
Doch während noch derartige "Das Fernsehen - Fluch oder Segen?"-Debatten stattfanden,
hatten sich die Zuschauererwartungen bereits normalisiert. Schon 1955 gaben bei einer
Befragung 61 % der Zuschauer an, daβ sie ihr Fernsehgerät vor allem gekauft hätten, um
unterhalten zu werden. 31
Zu einem zentralen Faktor bei der Programmgestaltung wurde diese Zuschauer-präferenz
durch zwei fernsehpolitische Entscheidungen: erstens die Einführung des Werbefernsehens
(zunächst durch den Bayerischen Rundfunk 1956) und zweitens die Einrichtung des Zweiten
Deutschen Fernsehens, das am 1.4.1963 den Sendebetrieb aufnahm.
Da sich die Höhe der Werbeeinnahmen der Fernsehsender nach den Zuschauerzahlen
richtet, die die Werbesendungen haben, wurde mit der Einführung des Werbefernsehens
erstmals die Einschaltquote in den Rang eines zentralen Entscheidungsparameters der
Programmplanung erhoben; mit der ZDF-Gründung wurde die Programmkonkurrenz in der
Bundesrepublik eingeführt. 32
Mit der zweiten Entscheidung war die Jagd auf hohe Einschaltquoten, das heiβt die primär
unterhaltungsorientierte Zuschauermehrheit eröffnet, mit der ersten die bis dahin fremde,
typisch amerikanische Kopplung von Zuschauerzahlen und Ertrags-lage der Sendeanstalten
hergestellt, wenn auch noch unter eingeschränkten Bedin- gungen - bis heute dürfen
öffentlich-rechtliche Sendeanstalten Werbung nur an Werktagen zwischen 18 und 20 Uhr als
Blockwerbung und - bis vor kurzem - nur zwischen, aber nicht in Sendungen ausstrahlen.
So gesehen, stellt sich die Zunahme amerikanischer Unterhaltungsfilme und -serien in den
sechziger Jahren als Endprodukt einer ganzen Reihe anderer "Amerikani- sierungen" dar: Die
"Amerikanisierung" (sprich: Individualisierung, also höhere Verbreitung) des Mediums
insgesamt
führte
zur
"Amerikanisierung"
(sprich:
Normali-sierung,
also
Unterhaltungsorientierung) der Zuschaueransprüche an das Medium. Daβ diese schnell
eingelöst wurden, dazu trugen nicht zuletzt die - partielle - "Amerikanisierung" der
31
Vgl. Gerhard Eckert, "Zuschauerforschung - in zehn Jahren unentbehrlich geworden", in: Gerhard
Eckert/Fritz Niehus (Hg.), Zehn Jahre Fernsehen in Deutschland, Frankfurt 1963, S. 170.
32
Es gab zwar schon ab Mitte 1961 bis 31.3.1963 übergangsweise ein Zweites ARD-Programm, das als
Zwischenlösung aber noch keine echte Programmkonkurrenz bedeutet hat.
52
institutionellen (sprich: Einführung von Programmkonkurrenz) und ökonomischen (sprich:
Zulassung von Fernsehwerbung) Rahmenbedingungen bei.
Kommen wir nach dieser Zwischenbilanz zum zweiten inhaltlichen Schwerpunkt, der
Programmsparte Quiz/Game Show, in der "Amerikanisierung" etwas völlig anderes bedeutet
als im Bereich der fiktionalen Unterhaltung.
Ein erster gravierender Unterschied: Während Spielfilm, Serie und Fernsehspiel im Prinzip
keine neuen Formen darstellten, war das Genre "Quiz" insgesamt - was allein die Bezeichnung
andeutet - ein US-Import: Derartige Sendungen waren in Deutschland bis 1945 unbekannt,
sowohl im Rundfunk wie im Fernsehen.
Nicht zuletzt durch den Umstand begünstigt, daβ der neue, bundesdeutsche Rundfunk
nichts mehr mit dem alten faschistischen Propagandaapparat zu tun haben sollte, tauchten im
bundesdeutschen Radio bald die ersten Quizsendungen auf, von denen zahlreiche (wie
beispielsweise "Allein gegen alle" oder "Wer gegen wen?") dann später auch ins Fernsehen
übernommen wurden.
Diese Quizsendungen waren sehr erfolgreich, was allein daran ersichtlich wird, daβ unter
den Radio- und Fernsehstars der Bundesrepublik der fünfziger Jahre zwei Quiz-Moderatoren
ganz vorne rangieren: Hans-Joachim Kulenkampff und Peter Frankenfeld. Zwar hat sich bis
heute noch niemand näher mit diesem Thema beschäftigt, trotzdem spricht vieles für die
Vermutung, daβ vor allem zwei Gründe für den Erfolg der Programmsparte Quiz im Radio
und Fernsehen der fünfziger Jahre ausschlaggebend waren: Erstens handelte es sich um eine in
den USA bereits bewährte und ausgesprochen erfolgreiche Programmform, die aber zweitens
nicht als "amerikanische", also fremde, also mit Niederlage und Besatzungsmacht verknüpfte
erkenntlich war.
Während amerikanische Filme und Serien wenigstens in Nebenrollen völlig unbekannte
Gesichter präsentierten und an weit entfernten Orten zum Teil fremdartige Probleme
thematisierten, wobei die Lebensumstände der Protagonisten von der bundesdeutschen
Wirklichkeit der fünfziger Jahre deutlich distanziert waren, entfielen die damit verbundenen
Akzeptanzprobleme bei der Programmsparte Quiz. Hier stellten deutsche Moderatoren an
deutschen Aufnahmeorten deutschen Kandidaten deutsche Fragen. Daβ dieser Sendungstyp,
häufig auch die konkrete Sendungsidee aus den USA übernommen worden war, war der
Sendung selbst nicht anzusehen.
53
Auf diesem Hintergrund kann es dann auch nicht verwundern, daβ die ersten groβen
Zuschauererfolge amerikanischer Sendungen im bundesdeutschen Fernsehen nicht von Serien,
sondern von Quizsendungen erzielt worden sind. Lange bevor "77 Sunset Strip" oder "Auf der
Flucht" zu Lieblingssendungen vieler Zuschauer wurden, hatten "Was bin ich?" (= "What's My
Line?", seit 1955 im ARD-Programm) und "Hätten Sie's gewuβt?" (= "Twenty-One", ab 1958 im
deutschen Fernsehen) dieses Ziel bereits erreicht.
In beiden Fällen unterschieden sich die deutschen Versionen allerdings deutlich von den
amerikanischen Originalen - nicht nur dadurch, daβ sie frei von Werbung waren, während die
US-Varianten durch Werbung für den die Sendung finan- zierenden Sponsor unterbrochen
wurden, dessen Firmenlogo zudem in die Kulisse integriert war.
Nehmen wir als Beispiel "Hätten Sie's gewuβt?" bzw. "Twenty-One". Schon die Titelgebung
deutet an, in welcher Richtung die Hauptunterschiede zu suchen sind: Während der
Sendungstitel "Twenty-One" den Aspekt des Gewinnens hervorhebt (Sieger einer Spielrunde
war der Kandidat, der als erster 21 Punkte erreichte), wird bei "Hätten Sie's gewuβt?" der
Inhalt der Spielfragen in den Vordergrund gestellt. In der Formulierung als Frage, die an jeden
einzelnen Zuschauer gerichtet ist, wird dabei zusätzlich unterstellt, daβ es hier um wichtiges
Wissen geht - die Nachfrage, ob man etwas weiβ, ist nur dann sinnvoll, wenn dem zu
Wissenden auch Wert beigemessen wird.
Tatsächlich spielten bei "Twenty-One" die Gewinne eine entscheidende Rolle - wer es
schaffte, in mehreren Spielrunden Sieger zu werden, konnte über 100.000 Dollar gewinnen.
Ganz anders die deutsche Version: Bei "Hätten Sie's gewuβt?" war bereits ein Fernsehapparat
ein Spitzenpreis, der erst nach vielen Spielrunden zu gewinnen war.
Diese Zurückhaltung in bezug auf die Gewinnmöglichkeiten - die übrigens für alle
Quizreihen galt - war nicht zuletzt durch die allgemeinen Lebensbedingungen der fünfziger
Jahre bedingt - in dieser Noch-lange-nicht-Wohlstands-Gesellschaft wären zu hohe Gewinne in
Quizsendungen als geradezu obszön von den Zuschauern abgelehnt worden. 33
33
Diese These läβt sich indirekt dadurch belegen, daβ die Frage, welche Leistungen von Spielkandidaten
welche Spielgewinne rechtfertigen, bis heute immer wieder in den Leserbriefspalten der Programmpresse diskutiert
wird - immer dann, wenn eine Sendereihe gegen offenbar weit verbreitete Vorstellungen über eine angemessene
Preis-Leistungs-Relation verstöβt.
54
Dafür, daβ "Hätten Sie's gewuβt?" insgesamt deutlich anders aussah als "Twenty-One", war
in hohem Maβe Spielleiter Heinz Maegerlein verantwortlich. In einem vor wenigen Monaten
geführten Interview erklärte er, daβ die Beschränkung auf ein eher bescheidenes Gewinniveau
für ihn eine Grundvoraussetzung für die Entscheidung, die Sendung zu leiten, gewesen war:
"Nicht die Preise, sondern das Spiel sollte im Mittelpunkt stehen." Deshalb wurde in der
deutschen Version auch Wert darauf gelegt, daβ sie nicht so "optisch lieblos" 34 daherkam wie
die amerik- anische, sondern mit optischen und akustischen Inszenierungsmitteln attraktiv
gestaltet war.
An dieser Stelle ist anzumerken, daβ die Wahl eines niedrigen Gewinnwertes bei "Hätten
Sie's gewuβt?" im nachhinein betrachtet noch aus einem anderen Grund eine sehr weise
Entscheidung gewesen war. Praktisch zeitgleich mit dem Start der Sendereihe in der
Bundesrepublik wurde in den USA publik, daβ in fast allen Quizreihen, in denen es um viel
Geld ging, auf Veranlassung der Produzenten systematisch betrogen worden war. Um hohe
Einschaltquoten zu erreichen (von denen ja die Finanzierung der Sendungen abhing), wurden
bestimmten Kandidaten bereits vorher die richtigen Antworten auf Spielfragen mitgeteilt
(bzw. solche Fragen gestellt, von denen die Produzenten wuβten, daβ den Kandidaten die
Antworten bekannt waren). Ziel der Manipulationen war, einerseits beim Publikum beliebte
Kandidaten möglichst lange als "Returning Champions" in den Sendungen zu behalten und
andererseits
besonders
spannende
Spielverläufe
zu
inszenieren.
Als
Folge
dieses
"Quiz-Skandals" verschwanden nicht nur alle betroffenen Sendungen und für längere Zeit alle
Spielshows mit hohen Gewinnmöglichkeiten aus den Programmen der Networks, auch der
Begriff "Quiz" wurde kaum mehr verwendet. Sendungen dieses Typs werden heute fast
durchgängig als "Game Show" bezeichnet. Auf die Entwicklung der Programmsparte in der
Bundesrepublik hatte dieser Skandal keinen Einfluβ - Betrugsvorwürfe wurden hier nie
erhoben, es gab auch keinen Grund dafür. Immerhin haben wir aufgrund dieses
geschichtlichen Hintergrundes die auf den ersten Blick verblüffende Situation, daβ das "Quiz",
eigentlich ein Programmimport aus den USA, heute sowohl als Begriff als auch in Gestalt von
Sendungen in der Bundesrepublik beliebter und verbreiteter ist als in den USA.
34
Beide Zitate nach der Sendung "Frühe Fernsehjahre" vom 22.3.1990.
55
Aber kommen wir nochmals auf die Quizsendungen der fünfziger Jahre zurück und auf
ein weiteres Detail, das veranschaulicht, wie auch bei Sendungsimporten den Zeitumständen
Rechnung getragen wurde.
Das Fernsehen war, wie oben angedeutet, in den fünfziger Jahren noch eine durchweg
ernste Angelegenheit. Diesem Umstand muβten auch reine Unterhaltungs-sendungen Tribut
zollen. Gerade anhand von "Hätten Sie's gewuβt?" und "Was bin ich?" läβt sich zeigen, wie
solche zeittypischen Legitimationen ausgesehen haben. Auf einen Aspekt wurde bereits
hingewiesen - die Formulierung von Sendungstiteln als an die Zuschauer addressierte Frage,
die der betreffenden Sendung Bedeutsamkeit unterstellt. Bei "Hätten Sie's gewuβt?" wurde
noch einen Schritt weiter gegangen - eine Fragenkategorie hatte den Titel "Was man weiβ - was
man wissen sollte": hier wurde aus der indirekten Unterstellung eine explizite Forderung.
Im Falle von "Was bin ich?" wurde ein anderer Weg beschritten. Hier war es der Untertitel,
mit dessen Hilfe Seriosität und Anspruch reklamiert wurde. Heute nur noch als "heiteres
Beruferaten" bekannt, wurde "Was bin ich?" in den ersten Jahren als "Psychologisches
Extemporale mit sieben unbekannten Gröβen" ausgestrahlt - ohne daβ sich der Sendungsinhalt
von dem unterschieden hätte, was wir heute kennen; selbst das Rateteam war (fast) dasselbe.
Seit den Anfangszeiten des Fernsehens in der Bundesrepublik haben amerika- nische
Quizsendungen und Game Shows kontinuierlich eine wichtige Rolle in unserem
Fernsehprogramm gespielt. Wollte man diese Rolle quantifizieren, käme man in etwa auf einen
Anteil von 20 % des gesamten Programmangebots.
Auffällig ist dabei aber, daβ amerikanische Produktionen nicht gleichmäβig auf allen
Programmplätzen vorzufinden sind. Betrachtet man z.B. die Gruppe der groβen, 90-minütigen
Sendereihen, insbesondere die aufwendigen Samstagabendproduktionen, erweist sich der
amerikanische Einfluβ auf die Programmsparte als bemerkenswert gering - falls hier
überhaupt einmal Lizenzproduktionen zu finden sind, stammen die Lizenzen eher aus
europäischen Ländern. Zu diesem Befund ist anzumerken, daβ nach dem erwähnten
"Quiz-Skandal" derartige Sendungen in den USA aus dem Hauptabendprogramm völlig
verschwunden
sind.
Unterhaltungsangebots
Sie
sind
geblieben,
zwar
aber
immer
des
ein
wesentliches
Unterhaltungsangebots
im
Element
des
Tages-
und
Vorabendprogramm, das durchgängig nach 30- bzw. 60-Minuten- "Timeslots" organisiert ist
(was abzüglich der Werbung effektive Sendelängen von 23 bis 45 Minuten bedeutet). Da sich
56
aus kürzeren amerikanischen keine längeren deutschen Sendungen machen lassen, ohne daβ
dabei
wesentliche
Spannungsmomente
verlorengehen,
werden
konsequenterweise
amerikanische Lizenzproduktionen auch in der Bundesrepublik bevorzugt auf "kürzeren"
Programmplätzen gezeigt - im Nachmittags- und Vorabendprogramm sowie auf der
45-Minuten-Quizleiste der ARD am Dienstag.
Während der Umfang des Quiz- und Game-Show-Imports aus den USA bis heute in etwa
gleichgeblieben ist, hat sich das, was importiert wird, gerade in den letzten Jahren merklich
verändert - und das in mehrfacher Hinsicht. Dazu nur einige Stichworte:
1) Das in den USA der fünfziger Jahre - bis zum Quizskandal - und auch in neuerer Zeit
wieder verwendete Rezept, sehr hohe Spielgewinne zur Steigerung der Attraktivität von
Sendungen einzusetzen, haben in der Bundesrepublik vor kurzem erstmalig die Privatsender
RTL (mit "Der Preis ist heiβ") und SAT 1 (mit "Glücksrad") übernommen.
2) Ebenfalls im Kontext der sich verschärfenden Programmkonkurrenz öffentlich-rechtlicher und privater Sender ist eine für die Bundesrepublik neue Form der Amerikanisierung
des Ausstrahlungsmodus zu sehen. Ein Mittel, den Zuschauern Orientierungsmöglichkeiten
angesichts einer unüberschaubaren Menge von Program-men zu geben, ist das in den USA
schon lange übliche "Stripping": D.h. ein Sender bietet an jedem Wochentag zur gleichen Zeit
eine neue Folge derselben Sendereihe. Vorwiegend - wenn auch nicht ausschlieβlich - wird
"Stripping" in der Bundesrepublik bis heute mit Quizsendungen und Game Shows praktiziert,
sowohl bei RTLplus und SAT 1, aber auch schon bei öffentlich-rechtlichen Sendern (z.B. bei
Bayern 3 mit "Super-Grips").
3) Neueren Datums ist auch die Professionalisierung der Art und Weise, wie
amerikanische Game Shows in die Bundesrepublik gelangen. Dominierte in den fünfziger
Jahren noch der Programmimport aufgrund von Eigeninitiative von Programmachern - d.h.
private USA-Reisen wurden genutzt, um sich Anregungen zu holen -, findet heute ein
organisierter Programmexport meist über spezielle Zwischenhändler statt. Die derzeit
wichtigste dieser Firmen ist Talbot Television Ltd., die der ARD unter anderem "Dingsda",
"Herzblatt" und "Sag die Wahrheit" verkauft hat.
4) Mit dieser Professionalisierung verbunden ist eine rigorose Kontrolle des exportierten
Produkts. Während Heinz Maegerlein in den fünfziger Jahren "Twenty- One" nach eigenen
Vorstellungen umgestalten konnte, legen heute Firmen wie Talbot Television groβen Wert
57
darauf, daβ das Erscheinungsbild einer von ihnen vermittel-ten Reihe weltweit nahezu
identisch ist. Mit den Senderechten erwirbt der Geschäfts-partner auch die Verpflichtung, alle
Spielregeln, Bühnenbild, akustische und optische Effekte zu übernehmen.
Versuchen wir nun ein vorläufiges Fazit: Worin besteht denn nun die "Amerikanisierung
der bundesdeutschen Fernsehunterhaltung"?
Bei den Vorüberlegungen zu diesem Aufsatz war ein erstes Problem, ob die
Amerikanisierung oder die "Amerikanisierung" - in Anführungszeichen - Thema sein sollte,
der amerikanische Einfluβ auf unsere Fernsehunterhaltung oder die Auseinandersetzungen
über diesen Einfluβ. Ich habe den ersten Weg gewählt, weil bis heute sehr wenig echtes Wissen
zu dieser Frage existiert. Ziel des Aufsatzes war deshalb mehr die Problematisierung der Frage
als der Versuch einer endgültigen Antwort oder gar Bewertung. Ich hoffe aber, anhand der als
Beispiele gewählten Programmbereiche veranschaulicht zu haben, daβ schnelle Antworten zu
diesem Problem nur um den Preis der übermäβigen Vereinfachung zu haben sind.
Beschäftigt man sich ernsthaft mit dem Thema, zeigt sich sehr schnell, daβ sich hinter dem
Stichwort der "Amerikanisierung" der Fernsehunterhaltung - die an sich unbestritten ist - eine
Fülle sehr unterschiedlicher Phänomene verbirgt, die sich nach keinem einzelnen
Bewertungsraster beurteilen lassen. Der Begriff läβt sich sinnvoll sowohl mit Dominanz von
Unterhaltung wie mit der professionellen Perfektionierung von Sendungen assoziieren, mit
der Schematisierung von Angeboten wie mit originellen Differenzierungen - gerade als
Abweichungen vom Schema, mit Kommerzialisierung wie mit der Optimierung von
Dramaturgien.
Noch am ehesten läβt sich der Prozeβ der Amerikanisierung der Fernsehunter-haltung auf
eine griffige Formel bringen, wenn man ihn als von inhaltlichen "Amerikanismen" begleiteten
allgemeinen Modernisierungsprozeβ interpretiert, als "Modernisierung in Gestalt von
"Amerikanisierung". Beide Elemente bei dem derzeitigen Forschungsstand zum Thema
separieren zu wollen, ist ein relativ müβiges Unterfangen - es ist ungefähr genauso sinnvoll
wie der Versuch sich vorzustellen, wie das US-Fernsehen aussehen würde, wenn es
öffentlich-rechtlich organisiert wäre.
57
MEL VAN ELTEREN
DUTCH YOUTHS AND AMERICAN MASS CULTURE, IN THE 1920s AND 1950s
Responses to modernity and the western civilization process
1. Introduction
An evident but significant fact is that Holland is a small country and has always been under
the cultural influence of other countries. The awareness of smallness, and of being surrounded
by other, larger and more powerful nations has been essential to Dutch national consciousness
since the seventeenth century (Goudsblom 1967). Fears of foreign cultural domination referred
in particular to France, Germany, and - in this century - the USA (Wilterdink 1990).
"Americanization" was feared and resisted particularly in the interwar period by the cultural
and intellectual élites, though there were significant exceptions. After the Second World War,
when American influences were stronger than ever before, these fears were to some extent
expressed again, although the prevailing attitude became more ambivalent. In both periods,
but particularly after 1945, variants of pro-Americanism were at stake, some of which were
certainly not opposed to specific forms of American mass culture.
In this essay my focus will be on the reception of American mass culture in the
Netherlands, particularly among youths, respectively in the 1920s and in 1950s; two periods in
which the "dialectics of Americanization" were intensely experienced by contemporaries. The
central questions are: how were the specific manifestations of American mass culture
concerning youths received in the Netherlands among various groups? What groups regarded
these American mass cultural forms as threatening? What groups regarded these as liberating?
And for what reasons? I will deal with relevant similarities and differences between the two
periods. And I will also consider the ways in which American mass cultural forms were partly
mediated by other countries, especially England and Germany. But first some preliminary
remarks have to be made on conceptual problems of cultural transmission and exchange which
present themselves here.
2. The process of borrowing mass cultural forms from America
In this context theoretical notions on cultural transmission are highly relevant. In general I
underline the following five theses formulated by the cultural historian Robert Darnton:
58
1) The study of cultural transmission requires close attention to the vehicles of communication
and their mode of operation;
2) The semiotic conventions of organizing messages need to be studied just as much as the
content of the messages;
3) Far from being a matter of passive reception, cultural "consumption" is an activity, the
appropriation of a message or the making of meaning at the receiving end of the transmission
process. This activity itself varies according to time, place, and social location. The study of
cultural transmission therefore involves the study of cognitive styles - of reading, viewing,
listening as historical phenomena;
4) The problem of intertextuality: people are incessantly making and taking messages, often in
their own way and on their own terms, even under the conditions of modern mass culture, in
which professional groups manipulate the media and a mass audience allegedly "consumes"
their "product". In other words the fashioning and refashioning of meaning cannot be reduced
to the two models that so far have dominated the study of the transmission of culture: the
downward-percolation model and the elite- versus popular culture model.
5) The attempt to construct a new frame of reference will not draw heavily on communication
theory in sociology - at least not from the old Lasswell-Lazarsfeld way of putting questions:
who said what to whom under what circumstances and with what effect? Literary theory and
discourse-analysis may be more helpful. One certainly would be foolish to ignore arguments
about the way rhetoric can undercut the ostensible message of a text.
More specific problems and points of attention which should be covered in a fully
elaborated reception history of American mass culture, are the following.
- What accounted for the rise, prosperity, and decline of American youth cultural forms in the
Netherlands? In this connection the relevant economic, social, cultural-mental and political
contexts have to be taken into account. For instance, what power relationships in cultural
exchange were at issue, especially with regard to "youth cultures"? Also the relationship
between modernization (or civilization) processes and mass cultural forms need our attention,
since - as will become clear - "America" symbolized and embodied various kinds of modernity.
- What institutions and other vehicles in America and Europe, more specifically the
Netherlands, were responsible for transmitting American youth cultural forms to Dutch
audiences? What roles did youth specific culture and recreation industries (fashion and design,
59
film, popular literature, music and dance, amusement, sports), mass media and youth
organizations, youth clubs, dance halls, jazz- or rock music clubs play? In this connection the
influences of pedagogics and other psychosocial practices modeled upon American exemplars
are relevant too.
- What exactly did American mass culture - actually or supposedly - influence, due to what
real or putative causes, and for what reasons?
- What meanings and connotations were attached to the forms and contents of American mass
culture concerned? What images, fantasies and/or myths of America did each of the groups
involved hold (e.g. specific images about America in rock music)? How were these images
represented? With what material and immaterial cultural elements were the associated? What
own contributions did Dutch youths make, and what re-interpretations did they give?
In addition attention to the aesthetics of youth cultures should be paid. We should ask what
psychological and social functions these aesthetics fulfilled as to the needs, wishes and
preferences of the youths involved.
- What role models and behaviour codes were implied in the information and images of
American mass cultural forms as offered by culture industries and mass media? How were
these received by young people of various classes?
- To what extent did a process of "decontextualization" occur during the cultural transmission
and dispersal of the mass cultural forms concerned? How did these evolve in the European,
respectively Dutch context? Did specific variants possibly assume a high-brow status (e.g.
modern jazz)? Or was a development towards a relatively autonomous, mass-mediated culture
(see below) at stake which had only weak, or almost no links with American mass culture in a
stricter sense?
Also a comparison with similar reception processes in other societies might be made.
Comparative - and per definition interdisciplinary - culture studies offer opportunities for
obtaining clear insights in processes of cultural transmission and cultural impact which can
hardly or not at all be achieved in other ways (Blair 1988). All "traditional" social-scientific and
cultural historical research strategies can be followed, of course. With regard to the meanings
of the cultural formations which are at stake also semiological and structuralist analyses could
be made (a brief and clear exposition is given by Bourne 1981).
60
Crucial for countries like Holland which are at the nexus of various cultural streams was (and
still is) the import of American popular culture as mediated by other, especially neigbouring
countries, in this case England and in the secondary instance (West) Germany. Before the big
expansion of modern mass media - and their creation of a "global village", not in the least
concerning youth cultures - , and also before the higher rates of geographic mobility of young
people such intermediating processes were very probably more important than nowadays.
We now arrive at the crucial topic of "superculture", to use a term coined by Bigsby:
"Although American popular culture necessarily carries the imprint of the society which
produced it, its movement beyond the confines of America changes both meaning and structure. It becomes plastic, a superculture, detached from its roots, and widely available for
adaptation, absorption and mediation." (Bigsby 1975: xii-xiii) This implies that no complete
cultural homogenization (or cultural levelling) is at hand: "Rather, American popular culture Hollywood films, advertizing images, packaging, clothes and music - offers a rich iconography, a set of symbols, objects and artefacts which can be assembled and re-assembled by
different groups in a literally limitless number of combinations. And the meaning of each
selection is transformed as individual objects - jeans, rock records, Tony Curtis hair styles,
bobby socks etc. - are taken out of their original historical and cultural contexts and juxtaposed
against other signs of other sources" (Hebdige 1982: 216). Nevertheless, in this connection we
can often discern phenomena of "Americanicity" (or "Americanicité", a neologism borrowed
from Roland Barthes, 1977), which are concentrated round the theme of some youthful and
dynamic life, filled with excitement and adventure, and dominated by an imaginary
"American" surrounding (Chambers 1985: 38).
With these considerations in mind, I will now present two case studies which have been
theoretically informed by the previous notions. Since our central topic primarily concerns the
developments in the 1950s, I will concentrate my discussion mostly on the second case which
pertains to that period in the Netherlands.
3. Case study I: "Roaring twenties" in Dutch society?
When studying the reception of American mass culture in Europe the "roaring twenties" in the
Netherlands constitute an interesting case. During the interwar period this small country,
undergoing the radiations of various cultural formations (German, French, British, American),
61
was a conservative society par excellence, qua economical structure, qua ideological anchoring,
qua attitudes to the developments which took place elsewhere in the world. (Though there
were countervailing trends which I will articulate later.) So one may expect that the various
kinds of modernism and modernity that were at stake in American high and popular culture of
the twenties were at right angles to the cultural life that prevailed in the Netherlands at the
time. This leads us to the obvious questions: to what extent, and how were the AngloAmerican mass cultural contents and forms received among the Dutch? And what were the
outcomes of the socio-cultural clashes that took place in the Netherlands?
First of all one has to discern that Holland had not taken part in the First World War, but as
a military weak and vulnerable trading nation kept to its traditional neutral position and
peace-policy. The substantial challenges abroad which had made the older view of man and
society shake to its foundations, were absent in the Netherlands. There was no "lost generation" in Dutch society - like, for instance, members of the generation of American intellectuals
who had participated with a certain idealism in the war in Europe - whose ideals and values,
belief in progress and in a meaningful existence were shattered in the trenches and on the
battle fields. There were neither father- or sonless families, nor traumatized war-veterans who
had participated in the atrocities and suffered from severe attritions. The closest experience of
the war - and yet an indirect one - for most people had been the personal contacts with the
hundreds of thousands of Belgian civilians and around 35.000 Belgian soldiers, next to small
numbers of British and German soldiers, who took refuge in the Netherlands. As a result, the
levelling effect of the war had been lacking which elsewhere had blurred ranks and classes,
increased geographical and social mobility, and essentially had a democratizing effect over
there. Neither was there a direct impact of the war on moral standards, and on cultural forms
and aesthetics in art like in the belligerent countries (Eksteins 1989: 208-238). Yet the war had
not left the country unstirred, since for that there were too many links with the neigbouring
parties at war, both culturally and economically. Besides, an international change in power
balances had taken place. The strong rise of the United States of America as a nation with
world power had its impact upon the Netherlands too, not only as to modernization of
economic life, but also of everyday life - and its material and symbolic culture - of the
population at large. For the intellectual and cultural élites Germany, with its Humboldtian
62
ideal of Bildung, was still the primary reference-society, however; and at the secondary level
France and England fulfilled such a function.
Very characteristic of the twenties were the many contrasts in everyday cultural life,
strengthened by the "simultaneity of the unsimultaneous" (that is various socio-cultural
formations next to each other at the same time). In the Netherlands these contrasts were
articulate, due to the general cultural climate with its conservative overtones, class-distinctions
and denominational divisions on the one hand and the relatively rapid dissemination of
material and cultural objects conveying messages of modernity, through new and expanding
media of communication and modern technology on the other. Various forms and contents of
modernity and modernism became highly visible in the public sphere. Next to material aspects
of American popular culture, this especially concerned the symbolic level of images and
sounds offered by mass media and culture industries, with regard to film, popular music,
fashion and design, amusement and leisure.
The reception of American mass culture among Dutch youths concerned at least three
domains of culture: a) the leisure culture of the rank and file which built on a mixture of
working class culture and folk culture, with traditional riotous manifestations of the youth, like
"eel-pulling", and the "lazy-bones"-feast, a rudiment of a Dutch variant of the older charivari; b)
the modernist movement among small groups of artists, and c) the conspicuous consumption
culture of the well-to-do, following the latest trends. In the first instance the mass cultural
impact from America mainly pertained to the cinema films: westerns, melodramas, comics,
love stories; and vicarious participation in sport by watching "Americanized" sporting games.
Only partly was there an active participation of working class youths in the new body culture
(modern dances and sports like tennis, rowing, hockey) and jazz music. This was mostly
confined to dancing in public dancing-places; for the rest the latter domains remained almost
fully reserved to middle- and upper-class youths. Especially for those youngsters who
belonged to liberal circles in trade and industry, and first of all the nouveaux riches among
them, the "roaring twenties"- culture from the American better off became the primary frame of
reference for the ways they spent their leisure. In this context one has to discern that the
reception of American culture was partly mediated through the socio-cultural contexts of the
metropoles of France and Germany and, only secondary, also of England (Wiser 1982, Laqueur
1974, Jenkins 1974). A significant element was the escapism of young Anglo-Saxon intellectuals
63
and artists to specific cities of Europe (Paris, Berlin, Munich, Budapest, Vienna), but also less
obvious places like Bucharest, Rapallo, Bandol, for instance.
In the 1920s the American lost generation's presence in Europe was manifest mainly in
France, and this mostly concerned a new impetus to modernism in the arts. The radiance of its
culture as well as the ready reception it received in Paris at the time, may have been more
limited for that very reason. Anyhow, its influence was only lightly felt in the Netherlands,
also due to the fact that Germany remained the primary reference-society for the Dutch.
Moreover, in Europe since the turn-of-the-century, modernism and the modern experience had
pressed on the most in the urban, industrial parts of Germany, and above all its capital Berlin.
This concerned all domains: economic life, industry, science and technology, the arts, politics,
morals and manners, and last but not least: warfare. According to Modris Eksteins in his
fascinating book Rites of Spring (1989), on the eve of the war Germany was "the foremost
representative of innovation and renewal. She was, among nations, the very embodiment of
vitalism and technical brilliance." (Eksteins 1989: xv). And after the trauma of military defeat in
1918, the radicalism in Germany, rather than being subdued, was accentuated. In this
undoubtedly challenging view - in which the political and cultural differences within the
country are neglected, due to a Hegelian-like conception of the state as embodiment of a
specific idea or ideal - Germany has been the modernist nation par excellence of the twentieth
century.
During and in the aftermath of the Great War a cultural warfare took place among the
people involved which culminated into new moral standards and new aesthetic forms of art.
The prewar form of modernism, with its positive urge, had shifted to America which was
recognized in Europe. Most moderns in the sphere of culture and arts were enchanted by the
cultural artifacts, and the spiritual and youthful energy that America exported. The glittering
American Dream - with its various rags-to-riches stories - enthralled the working classes of
Europe. Some other moderns were ambivalent, however, and the traditionalists fervently
opposed these influences, of course.
While in the postwar period there was everywhere a natural scepticism about "Americanization", in the end it was in Germany that the least resistance was shown. "There the self-doubt
was most profound, and America capitalized on this doubt, both figuratively and literally."
(Eksteins 1989: 271). In the Weimar Republic each of the groups involved borrowed specific
64
elements from the big and heterogeneous constellation "America". From around 1923/24 for
many of the owners and managers of big companies the USA became the model country par
excellence concerning modern technology, work methods and management practices (Taylorism and Fordism). This even partly applies to the trade unions and labour movement,
especially their social-democratic variants. But also within the arts (literature, music,
architecture) the USA offered ideal examples for particular groups of intellectuals and artists,
spread across the political spectrum. Within the domain of leisure and recreation several
elements from American popular culture - fashion, popular music, modern dances, musicals,
revues, horror films, melodramas, "trivial literature", "American" sports - were imported and
incorporated into the German culture and amusement industries. In this connection also
elements from "high" and "low" culture were intermingled (Hermand & Trommler 1988: 49-58,
69-89, 313-322, 401-407).
In the early 1920s even a USA-cult developed in élitist circles in Berlin. Especially among
young male artists, like for instance Brecht, an "American look" (beardless with sharp profile,
"steel body") was in vogue; overt sexuality and rough kinds of sport like boxing were
understood as an indication of self-assurance. Against the "bloodless abstractness of expressionism" one now discovered modern civilization as "second nature" and celebrated its
material objects, with American skyscrapers as the prototype. This America-anarchism of
intellectuals changed into a critique of American capitalism in the mid-twenties, when
American investors penetrated the German economy, following the example of the Dawes loan
in 1924.
Beside, among middle- and upper-class youth of the big city (Berlin), "Americanism" in the
form of "roaring twenties"-fashion, dance-crazes, jazz music and songs, and possibly also
driving in cars or on motor-bikes, was very popular. This trend was criticized through
parodies in many musicals, however, while also specific students' journals opposed the
"naturalistic-bestial moment" of jazz music (Schäfer 1986; Hermand & Trommler 1988: 149151).
Particularly Germany's popular culture had a strong impact on the public at large in the
Netherlands. Many "American" influences entered Dutch society from Germany, that is mostly
from Berlin, Europe's "New York" at the time. German popular culture in its turn was
influenced by American mass cultural forms and trends, putting their stamp on part of the
65
numerous German "schlagers" (hits) - with a peculiar mixture of German and English words in
their texts -, on musicals and on the UFA-entertainment films in some of which also two Dutch
film actresses, Truus van Aalten and Lien Deyers, played the leading lady. The UFA
(Universumfilm Aktiengesellschaft)-studio's were to a high extent financed by American
investors; there were close links between the film industries of both countries too; the Hollywood-Berlin connection flourished. But also Germany's modernist trends in the arts exerted
their influence on the Dutch. After 1918 Dutch artists (writers, painters, musicians) and intellectuals regularly visited the city of Berlin or went to live and work there for some time. Like
other members of the "generation of 1914" they were fascinated by the image of the traveler.
They were "wanderers between two worlds", wanderer between the dead world of the war
and the still indeterminate new world. The urge to leave one's own country and travel elsewhere, preferably to some big metropole, ran parallel to the urge to spiritual and societal
innovation, towards living dangerously and vitalism (Wohl 1979). Several of them actively
took part in Berlin's night life, with its mixture of all kinds of high and low brow culture with
strong "American" overtones. Also Dutch tourists who spent a long weekend or a vacation
there, underwent such metropolitan experiences.
Those Dutch well-to-do youths who were involved in the roaring twenties-culture, were
also attuned to the Berlin-scene, next to Paris and London. Their biggest geographical
concentration was to be found in the cities and adjoining villages and small towns in the
western and central part of the country, where the "modern dynamic culture pattern" had
penetrated the most. Significant meeting places were dancings like Heck at the Hague,
Handorff at Laren, Pschorr and la Gaîté both at Rotterdam, l`Europe, Krasnapolsky and
Trianon at Amsterdam; public etablishments like café Americain at the Leidseplein and Café
Mille Colonnes at the Rembrandtsplein in Amsterdam; and also fashionable tearooms in
various towns (e.g. Lensfeld-Nicolas at the Hague) and the like. Department stores like de
Bijenkorf, De Bonneterie, Gerzon were also in vogue, because of the fashionable goods which
could be seen and bought there, and the possibilities of lounging and showing-off new fashionstyles which these settings offered. Beside, these youngsters spent their leisure-time within
sporting-clubs, especially for tennis, hockey, rowing, sailing and swimming. Americanized life
styles were particularly manifested at the balls in these clubs and in artists' studios. Even more
significant were the parties, balls and feasts which were organized within intimate circles and
66
networks - not seldom real coteries - of family-members, friends and acquaintances. Cosy
Dutch family life had its strong impact here too. The conspicuous consumption patterns and
leisure activities concerned were closely linked to, and constrained by domestic life at parental
homes. In this the denominational segregation of the country set its limits too. Though one
should not exaggerate its role whereas these social milieus belonged to the more liberal
segments of the population.
The spectre of Americanization; three central issues
With regard to "Americanization" in the Netherlands, three problematics were high on the
agenda of the cultural élites: 1) advertizing, 2) cinema and American films for a mass audience,
and 3) the new body culture concentrated around "modern dances" (and associated popular
music), Americanized sports and fashion. It must be emphasized that particularly in the first
two instances and to some extent in the third one too, visual images which were at right angles
to "Calvinist" Dutch culture, constituted the essentials of the cultural form. Following similar
developments in America, in all three cases an "American" cult of youthfulness was at issue
too. The symbolic role attributed to youth and youthfulness in relation to modernization and
modernity was crucial here. Especially the second and third issue led to moral panics and
intervention strategies with regard to leisure of youth (see for further details van Elteren
1990a).
Through advertizing certain norms were stated and publicly presented to which people had
to conform in order to be up to date to modern times. Influenced by advertizing, especially
young women began to pay more attention to their personal appearance. In the American
advertisements from that time we see the woman depicted as delicate, slender and refined,
with a stretched-out body-shape. Around 1920 advertizing in the Netherlands as a whole still
was the work of dilettantes, however. And only from 1921 onwards, gradually new
advertizing practices modelled upon American exemplars, were introduced. This led to strong
counter-reactions in cultural élitist circles like the Bond Heemschut, founded in 1911, with "the
guarding of the beauty of the Netherlands" as its central aim, and advertizing one of its chief
enemies. Advertizing was supposed to introduce "hostile" values into the Dutch society, and
impair its true identity, and would also have "an immoral, an untruthful trait in its nature" acccording to a leaflet published in 1915 already (Leliman 1915). The criticisms in the twenties
67
would have the same tenor, in spite of the fact that not only in collective advertizing campaigns like Koopt Nederlands Product [Buy Dutch Product], but also in strictly commercial
campaigns, typical Dutch motifs and arguments were often used. Foreign and inimical values,
imported by advertizing, were chiefly from American origin, and could be discerned, for
instance, in advertisements for Pond's Vanishing Cream and Cold Creams, in which a
"liberated" American woman (looking like a flapper or Hollywood star), with a beauty
according to fashionable American standards, was the role model par excellence.
The same cultural pessimism concerning the impact of advertizing was expressed by the
well-known Dutch historian of culture, Johan Huizinga. In his first book on America, first
published in 1918, he depicts America as a nation full of superficiality; a "newspaper culture",
and in the American newspaper the advertizing style prevails, also in its editorial part: short
news items, exaggerated wording and screaming headlines. Meant as a remedy against poor
attention, the means is worse than the disease. After a while the reader only beliefs half of what
he reads: he is aware that it is only advertizing. The outcome is "a dangerous volatilization of
the intelligence and exteriorisation of the mental life." (Huizinga (1920) 1950a: 331) The most
essential element of Huizinga's America-criticism, which was shared by many members of the
intellectual and culture élites in the Netherlands, was the fear of the "mechanization of the
society". This expression referred to a variety of processes such as the tendency to make
everything uniform, levelling, bureaucratization, trustification and the like. Like Tocqueville
had asserted that the democracy had attained its ultimate limits in America, Huizinga thought
that the "matter of modern culture" was being settled in the USA. That risk would also be
present in the Netherlands. This anti-Americanism was seldom contested by those Dutchmen,
chiefly intellectuals and wealthy people, who visited the New World in the interwar period.
(Huizinga would do so too, in 1926). To the contrary: it was the fear of the mass, of mass
democracy and mass production which resounded in many travel accounts (De Graaff 1986).
Fortunately for the critics, as to advertizing till the 1930s the government always chose their
side. Advertizing agencies were obliged to adjust their play-bills and advertisements to the
aesthetical and moral standards that were applied by local authorities. Only in the thirties the
Anglo-American style of advertizing - including a stronger "psychologization" of advertizing,
influenced by applied psychology - would obtain its hegemony.
68
The popular cinema film became an even more controversial topic with regard to the
"Americanization" of Dutch society. Some participants in the debate thought that if the artistic
and educational components of films could be improved, the moral danger of the cinema
would lessen automatically. They were protagonists of a refinement of the film and advocated
the elevation of the film to art. Especially in those circles which combatted the popular cinema
and from which the protagonists of film art came, anti-Americanism was a much prevailing
conviction. In fact the first confrontation on a big scale between the High culture of the
intellectuals and American mass culture took place in the cinema.
In 1924 L.J. Jordaan, the film reviewer of the leftist-liberal weekly De Groene Amsterdammer,
published an article on "film infatuation" and the Rudolph Valentino-hysteria and more
generally on "American barbarism". In this he did not aim at the burlesque (the slapstick) and
Western which film genres he appreciated because of their "honest", naive and - be it clumsy creative features and their recreational possibilites for a general audience. His prime target
were "love dramas" with the fatal woman, the vamp and her sex appeal, and her counterpart
the perfect lover with Rudolf Valentino as its prototypical representant. This critique received
strong support from the later man of letters, Menno ter Braak, then still a student at the
University of Amsterdam. He expressed his approbation in the student-weekly Propria Cures,
and even made the offer to organize students' "whistle-brigades" for a more drastic action
against bad films which was never to materialize, however. Ter Braak and Jordaan were
among the founders of the Filmliga, founded in 1927, which organization had as its main goal
to develop film in the Netherlands into a full-grown, autonomous art form. Also in 1927
Huizinga ventilated his critique on mass film and cinema, in his book Amerika levend en
denkend. In his opinion film, photography and reproduction-art, the outcome of technological
progress, had caused a shift from reading to watching in our civilization. Through "ideographic" information (pictures), the mind assimilated the information much easier. This did not
have to lead to a levelling, provided that it would imply a selection of the "essence" in a new
form. Having become the object of mass production it would be meaningless, however.
Photographic reproductions would show just the things which were not opportune, like, for
instance, statesmen shaking hands. Film had the most important position in this big shift from
word to image. According to Huizinga the cinema was the most powerful promotor of
democracy. Film became, through its (supposedly) unambiguous nature the big equalizer
69
which leveled everything to one general standard. Everything which did not conform to a
general norm of apprehensiveness and agreeability was excluded (Huizinga (1927) 1950b: 433434). Huizinga's negative appraisal of the mechanistic, naturalistic and levelling effects of film
was shared by many Dutch intellectuals, especially men of letters, at the time.
However, there was a small, but significant minority among Dutch intellectuals who did
not consider film necessarily just a reproduction of visible reality, brought about through
"lifeless" mechanical reproduction. These were especially modernist artists who belonged to
the Dutch Style group and who saw in film magnificent possibilities of expressing the modern
feeling of life of the international avant-garde. For these intellectuals technological progress
was not dreadful, but gave - on the contrary - very hopeful signs. A clean sweep would be
made and in the future light, air and space would be within reach of all people, instead of
being reserved for a small élite. Theo van Doesburg, founder of the magazine for modern art
De Stijl, already in 1918 recognized the far-reaching possibilities of the film technique in an
American film comedy. The mechanical, analytical and time-dependent features of film considered negative characteristics by the traditional cultural élites - were in the view of Theo
van Doesburg, Piet Mondriaan and the film artists of the international avant-garde (among
others Hans Richter, Lázló Moholy-Nagy, Man Ray) the very basis for film as art. It was the
task of modern artists to create a new form of art by means of the film technique. In the
Netherlands this was to remain just theory; film experiments like those in Paris or in Germany
were not made in this country. In this context one thing needs emphasis: these modern
intellectuals were certainly not opposed to America as symbol for modernism and modernity.
Neither were they inclined to make such a rigid distinction between "high brow" and "low
brow culture" as the main stream, traditional intellectuals did.
The fight against the "cinema-evil" had become a hot issue in 1918, in connection with a
flood of German "instruction films" in which sexual life was dealt with in a very suggestive
way. Soon after this the flood of "vulgar" American cinema-films, which were very popular
among the rank and file, became the primary target of criticism. In this context the topic of
censorship was high on the agenda. A government committee which was installed in
November 1918, was officially to study which governmental measures were necessary to
lessen the "cinema-danger", but in fact this meant a study on the desirability of a governmental
film-censorship. After many deliberations in 1926 a legal regulation was definitely settled (and
70
became effective on March 1, 1928) through which the censorship by municipal cinemacommittees - with very different policies and valuations - was changed into censorship by a
national committee (Centrale Commissie voor de Filmkeuring). Still from time to time
problems around the censoring of films which were to be publicly shown, would arise however. The only norm was that a film should not be opposed to the good morals or public order.
It needs no comment that this "simple rule" would lead to very different interpretations. After
all, the cinema law of 1926 was the outcome of compromises between various groups in a
society based on denominational segregation.
The import of jazz music, films and new sports stimulated the interest for the body and a
new experience of sexuality. This cult of the body, although already started before 1914, fitted
well with the general distrust against things which were not directly tangible, and with faith in
the here and now which had internationally been created by the war. Beside, there was a need
of distraction and amusement, also firstly stimulated abroad by the war. Next to spectacular
trends in women's fashion - short length of skirt and low-necked dress , tennis- and bathclothes for women -, the "sport-epidemic", and nudism, especially the "modern dances" drew
much attention of contemporaries.
During the twenties the tea-dansant, cabaret-dansant and diner-dansant - which offered
possibilities for dancing in the afternoon - became popular in the Netherlands. In this England
was the example par excellence and source of inspiration. "Modern dances" from the 1910s, like
the tango - known as an erotic and alluring dance -, slow-foxtrot and quick step, had been
normalized and standardized there, since 1924 by a special section of the Society of teachers of
dancing which made it possible to develop dancing-lessons in a pedagogically justified way. In
the Netherlands these dance-styles were rapidly adopted among a larger public, although
dancing-lessons were still relatively more taken by well-to-do youths. From around 1916
onwards youngsters from the middle class and the better paid segments of the working class
had begun to participate in increasing numbers, however.
These standardized dances still embodied the traditional striving after harmony. In the
new dances of the twenties passion and excitement were expressed without refined styling,
however. The Charleston was considered the most outrageous one. Through a certain
domestication, among which suggestions for correct dancing, the latter dances were made
accessible and decent for the general public too. But "animal dances" like the turkey trot, the
71
grizzly bear, the bunny hug - originating from the 1910s - were anxiously advised against.
Following the development concerned in England, in the Netherlands unions of dancingmasters and dancing-schools were founded which were active in the dissemination of the
correct, civilized dance. Together with a further professionalization of the world of dancing,
from 1927 onwards, booklets, written by dance-teachers, were published in which the "modern
dance" was presented as a healthy sport. The modern dance was presented as correct, sporting
but also hard to learn. It concerned a good posture, balance and control of the movements. It
would imply pedagogical values: overcoming one's shyness, learning to transform one's
phantasies into deeds, developing self-confidence and one's personality as a whole.
In spite of these domestication-tendencies, a fear of the moral dangers of dancing
remained, especially among Calvinists, but also in various other circles - not in the least among
conservative roman catholics -, and the resistance against modern recreational dancing grew.
In the thirties the public moral sense was to revive even more strongly. In 1927 the Commissie
inzake Volksvermaken [Committee concerning Public Amusements] of the Tucht-Unie
[Discipline Union], a private organization aiming at restrictive policies concerning "indecent"
and "immoral" demeanour, made an inquiry into "the dance question and the fairs", and asked
for governmental intervention. In 1930 a Government Committee concerning the dancequestion was installed which published its report one year later. The committee considered the
popularity of dancing a combination of a fashion-trend, individualization of societal life (the
loosening of family ties) and the technical simplicity of the dances; in which only rhythm
would be needed. It scarcely objected to the modern dance as such, but this would often obtain
a sexual character which could only have a bad influence. As a result of the committee`s activities in 1933 an article was to be annexed to the Licensing act which prohibited dancing in
public places. In the meantime already several municipal regulations and license-systems were
operative which enabled local authorities to control things at specific places and times. Most
important for our interest is that this government committee saw in modern dancing a
corruption of morals which had penetrated the Netherlands after the Great War under
American influence. It shared the general critique of the "Americanization of Europe". It did
not like "popular American nigger music", the naïvity and carelessness of the Americans, their
superficial and chauvinistic atttitude. But the committee also recognized more fundamental
causes. The dancing-hall offered the youths involved a compensation for the proceeding
72
technological development and the specialization and differentiation in the labour process
which impaired the organic bonds of family, school and church. The committee did not give
concrete suggestions for tackling the roots of these problems, however.
Conclusions concerning case I
In the light of the prevailing cultural-mental climate it is not astonishing that the popular
culture of the "roaring twenties" was generally not welcomed affectionately by the Dutch élites.
The big majority of them opposed the advance of "Americanism" and the associated mass
cultural forms. This response-pattern was manifest in the moral panics concerned and the
social-pedagogical interventions which were practised, from the Right, the Centre as well as
the Left. However, there were significant "liberal" minorities, both among the economical and
cultural élites, which held a more open-minded, if not positive attitude towards various kinds
of modernity, among which those conveyed by mass cultural forms as borrowed from
America. The same applies to allied segments of Dutch youth from the middle- and upperclass. The reception of the "roaring twenties"-culture among these youths was liable to
domestication processes, e.g. modern dances as mediated through English dancing-schools
and women`s fashion styled after neat British exemplars. Furthermore, the conspicuous
consumption patterns and leisure activities concerned were often confined to settings,
constrained by domestic life at parental homes, and - only secondarily - by denominational
segregations.
The participation of the rank and file in the "roaring twenties"-culture was mostly at the
symbolic level of cinema films: the world of images of film-stars and the vicissitudes of their
"private" lives; the watching of Americanized sporting games, and also dancing in public dancing-halls. For the rest these youths kept to their working class and folk culture traditions,
subject to the prevailing divisions and distinctions due to pillarization. So, as a whole, the
1920s in the Netherlands were not so much "roaring" but rather constituted a tamed variant of
wilder and more spectacular tendencies abroad.
4. Case study II: American popular culture in the 1950s and early 1960s
Crucial with regard to the impact of American mass culture was the further modernization of
every-day life under American hegemony in the Netherlands during the first decades after the
73
Second World War. The American economic, social, cultural and political interferences with
this country within the framework of the Marshall-Aid program influenced production and
consumption levels to such an extent that a mass consumption culture gradually developed in
Dutch society. This development really carried through in the second half of the fifties.
America was the model country par excellence for new consumption patterns in Holland. Via
direct import or the adoption of ideas and novelties from the United States, various
commodities became popular. This list included not only all kinds of household articles, but
also self-service shops, television sets, brand specific automobiles and so forth. The styling of
industrial and many other material objects was also heavily influenced by American trends.
Especially the streamlining of the equipment and the environment in modern cafés, snack bars,
coffeeshops, icecream-parlours, jukeboxes, recordplayers and wireless sets had its impact on
the material culture of the youth. However, not only influences from America onto the
Netherlands brought about these changes. Also relatively autonomous developments due to
further industrialization and modernization occurred within the country itself. This was like in
other West European countries; in other words, to some extent an autonomous convergence
took place.
In this reception history other sgnificant elements are various psychosocial practices in a
transatlantic setting:
- management practices with America as the model country par excellence;
- marketing and advertizing dominated by American agencies;
- educational and cultural exchange programmes: study tours of Dutch managers,
representants of trade unions, scholars in the natural and social sciences to America, and on the
other hand sabbaticals and visits of American scholars and advizers - especially on policymaking within various domains - to the Netherlands (van Elteren 1987).
- import of (applied) behavioural and social sciences. One must recognize, however, that
various ideas had originally been developed in Europe and brought to the United States
through immigrants (many of whom were Jewish refugees). There these ideas were mixed
with those "hard-boiled" empiricist and pragmatic traditions which were characteristic features
of higher learning in America.
In this case especially practical pedagogics as borrowed from America had a big relevance.
With regard to changes in the pedagogical relations between young people and their elders,
74
the further influence of the mental health movement - which had already been introduced in
the Netherlands during the inter-war years - was of great significance. Through changes in
education and research, it contributed to a further modernization and professionalization of
the psychosocial intervention practices with respect to youth, especially within the areas of
child guidance clinics and youth work. But on the other hand, directly or indirectly - through
the popular press, columns in women's magazines or broadcast speeches - this also resulted in
a psychologizing of the societal roots of "youth problems" and a further control of pedagogical
relations by professionals.
Besides positive feelings about America, there were also negative sentiments. Most
members of the traditional cultural élite in the Netherlands strongly opposed the advance of
"Americanism". (In the postwar years this cultural concern, however, was not seldom related
to an admiration for the American political tradition). These policymakers and politicians
experienced, to their dismay, that with the orientation on America as a guiding country and
the import of all kinds of ideas, products and consumption goods, the Trojan horse of "vulgar
mass culture" was also brought in. This was in line with similar developments in other West
European countries, especially England and France.
The American popular culture which invaded the Netherlands after the war was certainly
not enthusiastically greeted by older professional pedagogues and those parents and other
elders who were still strongly under the influence of the prewar cultural pattern they had
internalized. An essential part of their life history dated from the period before the war, an era
which was under the hegemony of the Humboldtian ideal of Bildung of German "higher"
culture. The élites of the various religious and ideological "pillars" - characteristic of Dutch
society at that time - were very concerned about the appeal which American films and dances
and American mass culture as a whole had on youth. They tried to contain this movement
through strategies to spread "Culture" among a broader ranger of society. With regard to this
policy, hardly any differences existed between the various pillars.
It should be emphasized, however, that even the anti-mass culture critiques of Dutch opinion
leaders (a.o. well-known social scientists) were heavily influenced by anti-mass culture
thoughts of American writers and scholars - of whom a considerable number were former
Jewish refugees from Europe (Rosenberg & White 1957; 1971).
75
Dutch youths on the move and harnessing "wild ones"
After the Second World War the daily life of Dutch youth was increasingly influenced by
developments abroad, resulting from the growth of communication and information networks,
increasing geographic mobility and the further internationalization of mass consumption and
mass media markets. Already during the liberation of the Netherlands many members of the
younger generation had eagerly embraced the popular culture-elements which the American,
English and Canadian soldiers brought with them (Kroes 1981: 11-12). In the middle of the
fifties Dutch youths began to give more articulate expression of their feelings, in relation to
popular music (rock 'n roll and bebop) and other elements of American popular culture.
In this period two conspicuous youth cultures were proliferating in the Netherlands, one of the
"nozems" (teddy boys), the other of the "artistiekelingen" (existentialists/beatniks). From a
certain Amsterdam-centrism - due mostly to a concentration of the press in this city - these
were often called after the social-geographic meeting places concerned, the "Dijkers" (Nieuwendijk) and "Pleiners" (Leidseplein). But also elsewhere in the Netherlands such as larger
provincial towns and in the city of Rotterdam, one could find variants of both youth cultures,
though these were not so manifest as in Amsterdam.
An important role was played by various youth specific culture industries and mass media.
Processes of commercialization and of domestication took place through which wild
youngsters were harnessed, especially attempts at transformation of tedddy boys into neat
teenagers, and existentialists/beatniks into trendy twens (see van Elteren 1989, 1990 for further
details). In the fifties "tamed teddy boys" and "tamed beatniks" were the ideal types of the
"modern" pedagogical discourse which was based on American models. Through social
scientific literature and popular writings, the developments in the United States came to the
attention of Dutch pedagogues (professional and non-professional). This had its impact on the
intervention practices within various domains: family life, education, work, leisure and youth
work. The culture and leisure industries also made their contributions in the attempts at
domesticating young people.
The consumption oriented teenager was an ideal type which had largely been "invented" by
advertizing experts. It involved a hedonistic life-style in which "leisure" and "pleasure" were
key words. Essentially this concerned a commercial response to the teddy boy, the folk devil of
the fifties. The youth oriented culture industries which expanded in the second half of the
76
fifties commercialized the subcultural style-elements of the group and took possession of these
features through the commodities which the consumption industry offered to teenagers.
Besides a direct orientation on Anglo-American teenage culture, middle of the road Dutch
teenagers were also substantially influenced by West German teenage culture which was
permeated by American popular culture (Zinnecker 1987).
A similar development took place when the extistentialists` and beatniks` life-styles were
transformed into that of twens, which was more acceptable to the general public. In this case
too, Germany, that is its twen culture, had an impact in the Netherlands.
Conclusions concerning case II
At the transition of the fifties to the sixties, role models implied in the information and images
offered by the culture industries and the mass media began to play a more important role in
the development and containment of self-images, social identities and life-styles among Dutch
youth. My central thesis is that during this period the influence of the more traditional
pedagogical discourse declined and gave way to modern pedagogical strategies of control
which were - to a great extent - borrowed from American practices. Closely linked to this
development were culture industries directed towards youth which began to mold young
people through introducing the ideal types of "teenager" and "twen". On the other hand,
however, popular Anglo-American culture appealed greatly to Dutch youths and offered them
some freedom, at least in the symbolic-expressive domain. Even the life-style of French
existentialism as it was picked up by groups of Dutch middle-class youth, was closely intertwined with American elements, in casu the subculture of the beatniks. (One should recognize
that in the first decade after the Second World War original French existentialism itself had in
general a positive attitude towards America, cfr. Elsasser 1975: 208-209). These developments
which ran partly parallel and partly contrary to each other, created tensions that dominated the
social relations between young people and their significant others among the older generations.
Although the former ideal types were commercialized and domesticated variants of the
"original" teddy boys and extistentialists/beatniks, at the time this nevertheless meant a
breakthrough in the societal relations of the Netherlands. These young people deviated from
the prevailing ideology of soberness and the calvinistic ethos, which considered enjoyment and
77
having pleasure to be very objectionable. Furthermore, these processes did not just have a onesided influence like is supposed in critical theory of the Frankfurt School-tradition and in
kindred left perspectives (Williamson 1978, Lazere 1987). It should be emphasized that the
socialization of young people by the culture industry was less imperative than that of the traditional pedagogues. In the commercial market - otherwise than in the case of publicly organized
services - power is based on money and not on moral authority or state power. Those who
have the necessary money at their disposal can - given a certain commercially organized
supply - take less notice of the prohibitions and prescriptions of a public morality. Also one did
not have to buy a product and one could still turn off the radio or gramophone for instance.
Besides, youth might give its own interpretation to the "message" which was hidden in the
interferences and consumption supply of the culture industry (Webster 1988: 24-26, 174-208).
This also offered certain degrees of freedom and possibilities to youth. The products which
were marketed enabled them to distinguish themselves from adults and peers. Also, by
meeting the needs and preferences of youth, the culture industries legitimized specific
elements of youth cultures: for instance, hedonism and consumerism by youth. Besides, by
means of the mass media, a wider distribution of youth cultures took place. This increasingly
offered young people common identification and reference points.
"To be modern" in the fifties, when the modernization of everyday life in the Nederlands
pressed on forcefully, did not mean so much the liberty to choose one's own way of life, but
first of all the flexibility of conforming to the constraints of the existing social system. A
fundamental supposition was that people could be allocated in multifarious ways within a
functionally ordered society. This was also the dominant stance taken by "modern sociologists"
at the time (Gastelaars 1987: 155). Right at this point the more "authentic" (not domesticated)
"artistiekelingen" and "nozems" deviated from the rest of the population and - deliberately or
not - constituted countermovements to the "civility" of the prevailing cultural climate. The
"alternative" life-styles which were imported from abroad offered the bohemian groups and
their youthful epigones the opportunities to escape temporarily and situationally from the
societal order. But it was a rather small group which identified with the subcultural milieu
around the Leidseplein and similar enclaves elsewhere in the Netherlands. They were labeled
as "dropouts" by the general public and the hard kernel of these young people experienced a
rift between the generations. The majority, however, had rather good relations with under-
78
standing elders, not seldom also their own parents (especially in the new middle-class). To the
latter category also belonged the younger generation of "progressive" educators who were
aiming at a dialogical relationship between professional pedagogues and youth, within the
framework of "youth service", instead of the one-sided pedagogical steering of youth as was
still practiced within traditional youth organizations. They were oriented to the more informal
codes of behaviour which were implied in the "bargaining household" within the domain of
interpersonal relations which was becoming influential in this social milieu. This occurred in
the more general context of the over-arching civilization process which pressed further on in
these years (Wouters 1986).
To a certain extent a similar process took place with regard to the teddyboys from the
working-class, be it that this did not involve intellectually articulated protests but rather an
attitude against the grain which brought new forms of bodily expressions in the public sphere.
This also partly involved "oppositional" elements of a more traditional working-class culture.
The relationship of these young people with their parents was, as a whole, not bad, but somewhat loose. In this social milieu, the traditional command household was also gradually
dropped as a result of changing power balances between young and old (de Swaan 1982,
Zeegers 1988: 156-224, du Bois-Reymond 1990, du Bois-Reymond and van Elteren 1990).
These youngsters were often away from home and had a relatively large amount of leisure
time. Less working hours than before and new recreational forms offered these working-class
boys and girls a greater latitude to take and leave what they wanted. In this they found
compensation for their everyday work situations which they considered too hierarchical and as
having an overly disciplinary social climate. In this way they also tried, within the constraints
of their youth culture, to practice the freedom to do what they themselves wanted.
That American symbols and role models could play such an important role, was not in the
last instance a result of the decreasing influence of the more traditional pedagogical polity, in
favour of more "modern" pedagogical beliefs and practices which were mainly modeled upong
American exemplars. Insofar certainly no depedagogization of the sphere of leisure of youths
took place, but another pedagogical steering than previously. This applies especially to the
middle of the road teenager culture. Another part of the explanation can be found in the
circumstance that the American mass culture which became much more influential satisfied
existing needs and desires of big groups of Dutch youth. The images, fantasies and myths
79
which lay hidden in this popular culture - about a more exciting reality and a life filled with
kicks; the specific content of which might be very different for various categories of youth 35 offered them possibilities to escape from trivial everyday life, at least in their imagination at
certain times and in certain places, in order to enjoy life intensively. Paradoxally, in this respect
too, America functioned as guiding country, in these countermovements against the
"disenchantment of the world" as a result of the modernization processes that took place.
Final conclusion
If we compare case studies I and II, we may conclude that in both cases "America" embodied
and symbolized modernity in its broadest sense. It was a common denominator in the debates
on, and responses to various kinds of modernization which were labeled as "Americanization"
of the indigenous culture. "America" as such played a crucial role in the action patterns of
various groups (differentiated according to class, generation and sex) with regard to the
broader civilization process that pressed further on in the Netherlands. In this the
"simultaneity of the unsimultaneous" - particularly comprising very different social attitudes
towards modernity - led to increased tensions between the groups involved, both in the 1920s
and 1950s. It was only in the late fifties and early sixties, however, that generally the power
balance between the younger and elder generation really began to change into a more
equalitarian relationship, with the new middle class as vanguard. Among parts of the workingclass also gradually a bargaining household evolved, be it that this process was certainly not
free from social-psychological frictions.
35
Compare, for instance, California seen as some kind of mythical paradise or teen heaven by middle of the
road teenagers (Melly 1970: 8) with the magical appeal it had to beatniks. Each group created its own image of this
part of America, and more generally of some "other America". See also, more in general, the key images of America
in rock music as analyzed by Greil Marcus (1977, 1985 rev. ed.).
80
Literature
Barthes, R. (1977). Image, music, text. London: Fontana.
Berman, M. (1982). All that is solids melts into air; The experience of modernity. New York:
Simon and Schuster.
Bigsby, C.W.E. (1975). "Introduction". in C.W.E. Bigsby. Superculture, xii-xiii.
Bigsby, C.W.W. (1975), "Europe, America and the cultural debate". in C.W.E. Bigsby.
Superculture, 1-27.
Bigsby, C.W.E. (ed.) (1975). Superculture. American popular culture and Europe. Bowling
Green, Ohio: Bowling Green University Popular Press.
Blair, J.G. (1988). Modular America: Cross-cultural perspectives on the emergence of an
American way. Westwood, Conn.: Greenwood Press.
Bois-Reymond, M. du (1990). "Huiselijkheid en onderhandeling. Gezinsopvoeding in de jaren
vijftig en zestig". In: G. Tillekens, Nuchterheid en nozems, 85-104.
Bois-Reymond, M. du; van Elteren, M. (1990). "Tweemaal tussen twee werelden". In: G.
Tillekens, Nuchterheid en nozems, 231-258.
Bourne, G. (1981). Meaning, image and ideology. Unit 14 of Block 4 of second level course on
Popular Culture. London: The Open University Press.
Bucher, W.; Pohl, K. (eds.). Schock und Schöpfung; Jugendästhetik im 20. Jahrhundert.
Darmstadt/Neuwied: Hermann Luchterhand Verlag.
Chambers, I. (1985). Urban rhythms; Popular music and popular culture. London: MacMillan.
Darnton, R. (1989). "Five theses on cultural transmission". Intellectual History Newsletter, 11
(June 1989), 3-4.
Eksteins, M. (1989). Rites of Spring. The Great War and the Birth of the Modern Age. New York
etc.: Doubleday.
Elsasser, Th. (1975). "Two decades in another country: Hollywood and the Cinéphiles". In:
C.W.E. Bigsby. Superculture, 199-216.
Gastelaars, M. (1987). Niets zo modern als een mens alleen. In: T. van der Kamp & H. Krijnen
(eds.). Dagelijks leven in Nederland. Amsterdam: De Populier, IPSO, 154-163.
Goudsblom, J. (1967). Dutch society. New York: Random House.
81
Graaff, B. de (1986). "Bogey or saviour? The image of the United States in the Netherlands
during the interwar period". In: R. Kroes & M. van Rossem (eds.), Anti-Americanism in
Europe. Amsterdam: Free University Press, 51-71.
Hebdige, D. (1988). Hiding in the light; On images and things. London/New York: A Comedia
Book published by Routledge.
Hebdige, D. (1982). "Towards a cartography of taste 1935-1962", Block, 4; revised version in D.
Hebdige. Hiding in the light, 45-76.
Hermand, J.; Trommler, F. (1988). Die Kultur der Weimarer Republik. Frankfurt am Main:
Fischer Taschenbuch Verlag.
Huizinga, J. (1950a). Mensch en menigte in Amerika (1918, revised ed. 1920), Verzamelde
Werken, V, Haarlem: Tjeenk Willink, 249-417.
Huizinga, J. (1950b), Amerika levend en denkend (1927), in Verzamelde Werken, V, Haarlem:
Tjeenk Willink, 418-489.
Jenkins, A. (1974). The Twenties. London: Heinemann.
Kroes, R. (1981). "The nearness of America". In: R. Kroes (ed.), Image and impact. American
influences in the Netherlands since 1945, Amsterdam: Amerika Instituut, Universiteit van
Amsterdam, 9-17.
Laqueur, W. (1974). Weimar, Die Kultur der Republik. Frankfurt.
Lazere, D. (ed.) (1987). American media and mass culture. Left perspectives. Berkeley etc.:
University of California Press.
Leliman, J.H.W. (1915). De ontsiering van stad en land en hare bestrijding, vol. 110 of Kleine
geschriften published by de Maatschappij tot Nut van het Algemeen, Amsterdam.
Marcus, G. (1977, 1985 rev. ed.). Mystery train. Images of America in rock 'n roll music. New
York etc.: Omnibus Press.
Melly, G. (1970). Revolt into style. The pop arts in Britain. London: Allen Lane; Penguin Press.
Rosenberg, B.; White, D.M. (eds.) (1957). Mass culture. New York: Free Press.
Rosenberg, B.; White, D.M. (eds.) (1971). Mass culture revisited. New York: Van Rostrand
Reinhold.
Schäfer, H.D. (1986). "Bekenntnisse zur Neuen Welt". In: W. Bucher; K. Pohl, Schock und
Schöpfung, 383-388.
82
Swaan, A. de (1982). Over de verschuiving van bevelshuishouding naar onderhandelingshuishouding, in: A. de Swaan, De mens is de mens een zorg. Amsterdam: Meulenhoff, 1982.
Tillekens, G. (ed.) (1990). Nuchterheid en nozems. De opkomst van de tegencultuur in de jaren
vijftig. Muiderberg: Coutinho.
van Elteren, M. (1987). "Amerikagangers en de menselijke verhoudingen in de industrie", in:
Sociale Wetenschappen, 30, 4, 239-277.
van Elteren, M. (1989). "Dutch youth under the spell of Anglo-American mass culture, 1945 1965", in Yearbook Economic and Social History in the Netherlands, 171-194.
van Elteren, M. (1990a). "Roaring twenties in a cosy society". Paper presented at the
International Conference "Within the U.S. Orbit - Small National Cultures vis-à-vis the
United States: Belgium, Canada, Denmark, the Netherlands", June 6-8, 1990, Roosevelt
Study Center, Middelburg (to be published in Congress Proceedings (ed. R. Kroes),
Amsterdam: Free University Press, 1991.
van Elteren, M. (1990b). "I'm free and I do what I want". Het dubbelzinnig beeld van Amerika.
In: G. Tillekens, Nuchterheid en nozems, 231-258.
Webster, D. (1988). Looka yonder! The imaginary America of populist culture. London/New
York: Routledge.
Williamson, J. (1978). Decoding advertisements. Ideology and meaning in advertising.
London/New York: Marion Noyars.
Wilterdink, N.A. (1990). "The Netherlands between the greater powers: resistance to cultural
domination". Paper presented at the International Conference "Within the U.S. Orbit Small National Cultures vis-à-vis the United States: Belgium, Canada, Denmark, the
Netherlands", June 6-8, Roosevelt Study Center, Middelburg.
Wiser, W. (1982). The crazy years. Paris in the twenties. Sussex.
Wohl, R. (1979). The generation of 1914. Cambridge, Mass.: Harvard University Press.
Wouters, C. (1986). Informalisierung und Formalisierung der Geschlechterbeziehungen in den
Niederlanden von 1930 bis 1985, Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie,
38.
Zeegers, W. (1988). Andere mensen, andere tijden. "De sociale representatie van identiteit".
Amsterdam: Bakker.
Zinnecker, J. (1987). Jugendkultur 1940-1985. Opladen: Leske + Budrich.
83

Documentos relacionados