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Themen - Referate Informatik und Gesellschaft Technik und Ethik Stand: Oktober 2003 Studiengang: Studienrichtung: Automatisierung / Elektronik Studiensemester: 5 Mit Sicherheit enthält dieses Skript Fehler und verbesserungswürdig ist es auch. Wollen Sie mir helfen? Ich freue mich über jeden Hinweis bzw. Korrektur. Schreiben Sie mir: Email: [email protected] Diese Unterlagen sind nur zum persönlichen Gebrauch bestimmt. Sie sind ein Begleitmaterial zur Vorlesung. Vervielfältigungen, auch von Teilen der Unterlagen, sind nicht zulässig. M. Bongards M. Bongards Technik & Ethik Übungsaufgaben Aufgabe 1 a) Lohnt sich ethisches Verhalten für ein Unternehmen? Geben Sie Beispiele für Ethik-Normen von Unternehmen. Suchen Sie Fakten/Daten, die nachweisen, dass sich das Einhalten von normen wirtschaftlich lohnt. Zum Einstieg aus Wirtschaftswoche, Nr. 48 vom 23.11.2000: ANSTANDSREGELN - Bei Anruf- Anpfiff „Wir achten die Gesetze und respektieren die allgemein anerkannten Gebräuche der Länder, in denen wir tätig sind" , heißt es in der 16-seitigen Broschüre mit den Unternehmensleitlinien, die BASF im Frühjahr dieses Jahres veröffentlichte. "Damit wollen wir allen vor Augen führen, was unsere Geschäftspolitik ist", sagt Ute Herrmann, Projektleiterin Weiterbildung und Mitglied des Teams, das die Leitlinien erarbeitete. Seit der Veröffentlichung der Broschüre bekommt die 35-Jährige regelmäßig Anrufe erstaunter Mitarbeiter: " Wir waren doch vorher auch kein Mafiaunternehmen." Doch das sei völlig normal, ist Herrmann überzeugt: "Ethik muss man implementieren." Auf internen Veranstaltungen werden den Mitarbeitern seither Grundwerte vorgestellt, die sich um Sicherheit, Gesundheit, Umweltschutz, Innovation, interkulturelle Kompetenz und Integrität ranken. Dazu gehören aber auch Leitlinien wie das so genannte ComplianceProgramm. Der Verhaltenskodex enthält Stichworte zu allem, was einem Chemieriesen Ärger machen kann: Geldwäsche, Embargo-, Exportkontrollbestimmungen und Chemiewaffenkontrollgesetz, Insiderwissen oder kartellrechtliche Vorschriften. Wissen BASF-Mitarbeiter im Zweifelsfall nicht weiter, können sie sich nicht nur an Vorgesetzte oder den Betriebsrat wenden, sondern auch eine Hotline anwählen. Dort ist während der Tagschicht ein Mannheimer Anwalt erreichbar, der Hinweise auf Fehlverhalten notiert auch anonym. Alle Informationen gehen dann an die Rechtsabteilung der BASF, die bei Bedarf eine Untersuchung einleitet. Ob und wie häufig die Chemiewerker bereits davon Gebrauch machten, möchte BASF nicht mitteilen. Das Instrument sei noch zu neu, um eine Bilanz zu ziehen. Zumindest aber in den USA hat der Konzern Grund zur Imagepflege: Dort wurde die BASF AG im Mai 1999 zu einer Geldstrafe von 225 Millionen Dollar wegen kartellrechtswidriger Absprachen verurteilt. Gemeinsam mit der Schweizer F. Hoffmann-LaRoche Ltd. hatte der Chemiekonzern ein ganzes Jahrzehnt lang die Preise für die Vitamine A, B2, B5, C, E und Betakarotin künstlich hoch gehalten. Aufgabe 1) b) Diskutieren Sie die Leitlinien in: www.bayer.de/de/unternehmen/unternehmenspolitik/grundsaetze/verantwort.html 2 M. Bongards Technik & Ethik Übungsaufgaben Aufgabe 2 Was machen Sie, wenn Sie sich in der Situation des Autors befinden? (Veröffentlicht in Karriereberatung der VDI-Nachrichten von 1992) Sie fragen nach Anregungen zur Verbesserung unseres Führungssystems. Ich war leitender Angestellter eines westdeutschen Großunternehmens, das entscheidenden Anteil an der Erstellung eines weltberühmten Bauwerkes in einer namhaften Großstadt hatte. Etwa sieben Jahre vor dem Einsturz größerer Teile des Bauwerkes, es gab Todesopfer und Verwundete sowie viele Millionen Sachschaden, trug ich meinem technischen Vorstand ausführlich vor, dass sich bei mir infolge verschiedener Informationen wichtiger Gremien die Meinung gebildet hatte, den Zustand des Bauwerkes sehr genau zu untersuchen, um einen Schadensfall zu verhüten. Beim Bau war „meine“ Abteilung zuständig gewesen für die Lieferung relevanter Teile. Noch etwa einem Jahr, angefüllt mit verschiedenen mündlichen Erinnerungen meinerseits, lehnte der Vorstand es ab, den Zustand des Bauwerkes einer Überprüfung zu unterziehen bzw. den Hausherrn zu einer solchen zu veranlassen. Man teilte mir mit, dass mein Vorschlag damit endgültig erledigt sei und dass mein Aktenvermerk als .final erledigt. zu gelten habe. Vier Jahre später, also noch vor dem Einsturz, trennte sich der Konzern von mir. Es war ein nobler Abschied, der mir aber dennoch psychischen Schaden zufügte. Es gab für mich keine Institution, die ich hätte anrufen können, um mir bei meinen wichtigen Entscheidungen zu helfen. Deshalb unterstütze ich die Bestrebungen des VDI zur Gründung einer TechnikethikKommission. Wie hätte ich mich noch Ihrer Meinung verhalten sollen? Hätte ich von mir aus als Angestellter die Staatsanwaltschaft informieren müssen? 3 M. Bongards Technik & Ethik Übungsaufgaben Aufgabe 3 Moralische Konflikte. Wie verhalten sich Informatiker und Informatikerinnen in ethischen Kollisionen? Diskutieren Sie untereinander die folgenden Sätze, die oft ausgesprochen werden, wenn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in moralische Konflikte hineingezogen werden„Ich würde meinen Arbeitsplatz verlieren, wenn ich nicht mitmachte.“ „Wenn ich es nicht tue, wird es jemand anderes tun.“ „Das ist nicht meine Aufgabe, ich arbeite nur hier.“ „Es gibt keine Alternativen." a) Sind das Ihrer Meinung nach bloße Ausreden oder legitime Einwände? b) Versuchen Sie, diese Aussagen an einem konkreten Beispiel zu diskutieren. c) Überlegen Sie gemeinsam, welche verschiedenen Loyalitätskonflikte im Ingenieurberuf auftreten können. Versuchen Sie, bei der Beantwortung dieser Frage auch teleologische Überlegungen (Folgeethik) und deontologische Überlegungen (Prinzipienethik) einander gegenüberzustellen. Literatur: K. D. Alpern, Ingenieure als moralische Helden. in Technik und Ethik, hrsg. v. H. Lenk; G. Ropohl, 2. rev. u. erw. Auf., Stuttgart 1993, S. 177 193. 4 M. Bongards Technik & Ethik Übungsaufgaben Aufgabe 4 Prinzip Verantwortung 1. Wie weit reicht die Verantwortung? Setzen Sie sich kritisch mit den folgenden (erfundenen) Statements auseinander (vgl. M. W. Martin; R. Schinzinger, Ethics in Engineering, New York 1989, S. 78): Ingenieurin, Ingenieur: «Meine Verantwortung beschränkt sich auf die Fertigung von Produkten; die Spezifikationen dabei machen oft andere. Die Entscheidung, welche Produkte gemacht werden sollen und welche nicht, wird vom Markt bestimmt, so entscheidet also das Management über meine Arbeit." Naturwissenschaftlerin, Naturwissenschaftler: «Meine Verantwortung liegt im Gewinn von Erkenntnissen. Ob dieses Wissen und wie dieses Wissen angewandt wird, ist ein ökonomisches und/oder politisches Problem. Die Entscheide darüber liegen also anderswo.» Managerin, Manager: «Ich bin lediglich dafür verantwortlich, Gewinn zu machen für die Aktionäre.» Aktionärin, Aktionär: "Ich investiere mein Geld mit der Absicht, Gewinn zu machen. Es liegt an den Managern, Entscheide über technologische Entwicklungen zu fällen." Konsumenten, Konsument: „Ich bin in erster Linie für mich und meine Familie verantwortlich. Der Staat soll mich vor gefährlichen Produkten und Technologien schützen, ich bin doch bloß user.“ Staat: «Wir haben schon seit Jahren ein Komitee für Wissenschaft und Politik gegründet und ihm die Aufgabe des technology Assessment (TechnologiefolgenAbschätzung) zugewiesen; dieses Komitee vertritt aber die Meinung, dass es kein wissenschaftliches Rezept für Entscheidungen geben soll, denn diese liegen bei den Politikern. Ferner setzen wir Ethik-Kommissionen ein, um Entscheidungshilfen für technologische Entwicklungen zu bieten.» Literatur: K. Bayertz (Hrsg.), Verantwortung. Prinzip oder Problem?, Darmstadt 1995. H. Jonas, Das Prinzip Verantwortung. Versuch einer Ethik für die technologische Zivilisation, Frankfurt/M. 1979. H. Lenk, Über Verantwortungsbegriffe und das Verantwortungsproblem in der Technik. In: Technik und Ethik, hrsg. V. H. Lenk; G. Ropohl, 2. rev. u. erw. Aufl., Stuttgart 1993, S. 112-148. M. Sänger, Verantwortung. 22 Arbeitsblätter mit didaktisch methodischen Kommentaren, Stuttgart 1996. VDI nachrichten fazit -Technik und Verantwortung. Ein Kolloquium der VDI Hauptgruppe am 13. 6. 1996 in Kassel. Sonderheft, Düsseldorf 1996. 5 M. Bongards Technik & Ethik Übungsaufgaben Aufgabe 5 a) Prinzip Verantwortung II. Verantwortung des Managements oder der Informatiker? Im Ethik-Kodex der Schweizerischen Akademie der Technischen Wissenschaften (SATW, Bern 1991) heißt es unter Paragraph 1: «Ingenieure/technische Wissenschaftler tragen selbst die ethische Verantwortung für ihr eigenes Handeln und für das Einbringen ihres Teilwissens in Entscheidungen anderer Instanzen oder Kollektive. Diese persönliche Verantwortung ist nicht delegierbar.» Es ist bekannt, dass Informatiker und Informatikerinnen sowohl in den USA als auch in der Schweiz mehrheitlich als Angestellte arbeiten. Die Entscheidungsträger für die Herstellung der Produkte sitzen oft im Management. Es gibt viele dokumentierte Fälle, in denen Informatiker und Manager uneins waren, hier das Beispiel des Challenger-Unglücks im Jahr 1986. Am 28. 1. 1986 explodierte der Raumgleiter Challenger 73 Sekunden nach dem Start am Cape Canaveral. Alle sieben Astronauten kamen dabei ums Leben. Die minuziöse Untersuchung des Katastrophenhergangs ergab, dass die direkte Unglücksursache die spröde Gummidichtung an einer der Antriebsraketen war. An dieser Stelle konnte Treibstoff ausfließen, welcher sich entzündete und zur Explosion führte. Diese Dichtungsringe bezeichneten die Ingenieure der Raketen-Herstellerfirma Morton Thiokol seit längerem schon als Schwachstelle. Als ideale Starttemperatur galt 10 'C, kritisch für die Funktionstüchtigkeit der Dichtungsringe waren vor allem Temperaturen unter 0 'C. Noch am Vorabend des Starts hatten sich die Ingenieure des Raketenherstellers gegen einen Start ausgesprochen. In einer Telefonkonferenz mit der NASA machten sie nochmals auf die kritischen Temperaturen aufmerksam. Der NASA-Projektleiter allerdings wies daraufhin, dass es wegen bestimmter Temperaturen keine Starteinschränkungen gäbe. Die Telefonkonferenz wurde daraufhin beendet. Die Bedenken der Ingenieure wurden in der Herstellerfirma auch den Vorgesetzten, beides Ingenieure, Robert Lund (stellvertretender Direktor) und Jerry Mason (Direktor) vorgetragen. In einem internen Gespräch muss Mason, der Lunds Bedenken nicht ernst genug nahm, gesagt haben: «Take off your engineering hat and put on your management hat.» Damit war die Diskussion in der obersten Etage der Firma beendet; Lund gab nach, stimmte der Startfreigabe zu und teilte diese dem NASA-Projektleiter mit. Dieser wiederum meldete die Startfreigabe seinen Vorgesetzten, ohne allerdings die Bedenken der Herstellerfirma zu erwähnen. Das Unglück nahm seinen Lauf (nach Ch. Hubig; H. Lenk; M. Maring 1995, S. 64f.). a) Diskutieren Sie diesen Fall und betreiben Sie weitere Recherchen mit dem Internet; dort ist das Challenger-Unglück minuziös beschrieben. b) Wie mag es zu diesen Entscheidungen gekommen sein? Entscheiden Manager anders als Ingenieure? c) Ist das ein Fall für Wirtschafts- oder Technikethik? d) Wer trägt im geschilderten Fall Verantwortung? 6 M. Bongards Technik & Ethik Übungsaufgaben Aufgabe 5 b) Prinzip Verantwortung III. Wer trägt die Verantwortung? Sonntag 2. Februar 2003, 16:05 Uhr - Die "Columbia"-Katastrophe Der Space Shuttle Columbia stürzte am Samstag, 01. Februar 2003, während der Rückkehr zur Erde ab. An Bord waren sieben Astronautinnen und Astronauten: Rick D. Husband, Commander, William C. McCool, Pilot, die aus Indien stammende Missions-Spezialistin Kalpana Chawla, Laurel Blair Salton Clark, Missions-Spezialistin, Michael P. Anderson, Payload Commander, David M. Brown, Missions-Spezialist und der israelische PayloadSpezialist Ilan Ramon. Space Shuttle - Fakten Bisher fanden insgesamt 113 Flüge der Space Shuttle-Flotte statt. Es gab zwei fatale Unglücke. Momentan hat die NASA drei Raumfähren: Discovery, Erstflug 1984, bisher 30 Flüge Atlantis, Erstflug 1985, bisher 26 Flüge Endeavour, Erstflug 1992, bisher 19 Flüge Weitere Raumfähren: Enterprise, Erprobungsträger, kein Flug Columbia, Erstflug 1981, insgesamt 28 Flüge, verunglückt am 01.02.2003 (Zerbrechen in ca. 62 Kilometer Höhe kurz vor der Landung) Challenger, Erstflug 1983, insgesamt zehn Flüge, verunglückt am 28.01.1986 (Explosion kurz nach Start) Jeder Shuttle ist für insgesamt 100 Flugeinsätze entworfen und ausgelegt. a) Diskutieren Sie diesen Fall und betreiben Sie weitere Recherchen mit dem Internet; dort ist das Unglück minuziös beschrieben. b) Wie mag es zu diesem Unglück gekommen sein? Entscheiden Manager anders als Ingenieure? (VDI-Nachrichten vom 7.2.03: „Die Nasa war seit langem gewarnt“) c) Ist das ein Fall für Wirtschafts- oder Technikethik? d) Wer trägt im geschilderten Fall Verantwortung? 7 M. Bongards Technik & Ethik Übungsaufgaben Aufgabe 6 Befragung von Ingenieuren. a) Entwickeln Sie einen Interviewleitfragen (Fragesammlung), mit dem man Ingenieure nach erlebten ethisch-moralischen Problemstellungen (Dilemmata) befragen kann. b) Befragen Sie ein bis drei dieser Fragestellung gegenüber aufgeschlossene Ingenieure mit diesem Leitfaden. Wie sind die genannten ethisch-moralischen Probleme beschaffen? Welche Handlungsalternativen sehen die Ingenieure? An welchen Kriterien orientieren sich die Ingenieure, wenn sie entscheiden, welche Handlungsalternative sie realisieren sollen? c) Stellen sie die Ergebnisse dieser Befragung dar. Welche Schlussfolgerungen kann man aus den Ergebnissen ziehen? Aufgabe 7 (Aufgabe wird nicht vergeben ! ) Informatiker-ethische Konflikte in den Medien. a) Suchen Sie in einer bekannten Zeitung, einer einschlägigen Zeitschrift oder in einem Magazin einen Artikel, der einen moralischen Konflikt für Informatiker darstellt. b) Fassen Sie diesen Artikel und das Problem zusammen und setzen Sie sich über die ethischen Dimensionen ins Bild. c) Versuchen Sie, das Problem zu lösen, indem Sie mit den verschiedenen ethischen Konzepten oder Imperativen arbeiten (Utilitarismus, Vernunftprinzip, Gerechtigkeitsprinzip u.a.). Aufgabe 8 Wo beginnt die Korruption? Diskutieren Sie dieses oft tabuisierte Thema von den teuren Weihnachtsgeschenken per Post bis zu den Schmiergeldern unter dem Tisch im Berufsalltag. Literatur: B. Grill, „Der globale Sumpf“ in DIE ZEIT, Nr. 44 vom 28.10.99, S. 11 http://www.zeit.de/links/ 8 M. Bongards Technik & Ethik Übungsaufgaben 9 M. Bongards Technik & Ethik Übungsaufgaben Aufgabe 9 (Aufgabe wird nicht vergeben ! ) Loyalitätskonflikte. a) Überlegen Sie, welche verschiedenen Loyalitätskonflikte in einem Informatikerberuf auftreten können. b) Wie gehen Sie mit solchen Problemen um? Versuchen Sie, mit moralischen Prinzipien und Werten zu argumentieren. Aufgabe 10 Waffenindustrie und Waffenentwicklung: a) Diskutieren Sie ganz allgemein das Thema "Technology and war - which promotes which?“ Literatur: M. W. Martin; R. Schinzinger, Weapons Development. In: Dies., Ethics in Engineering, New York 1989, S. 288 301. W. Ch. Zimmerli, Rüstungstechnologie und Friedensmoral. In: Ders., Einmischungen. Die sanfte Macht der Philosophie, Darmstadt 1993, S. 119 144. M. B. Kalinowski, Methoden zur Bewertung von Technologien von Rüstung und Rüstungskotrolle. In: Ethica. Wissenschaft und Verantwortung, hrsg. von P. A. Resch, 2. Jhg., Heft 2 (1994), Innsbruck 1994, S. 115-130. Zur Verantwortung des Informatikers Militärische Anwendungen der Informatik. In: Informatik Spektrum 10 (1987), S. 1-45. b) Diskutieren Sie das Thema Rüstungsindustrie konkret am Beispiel der aktuellen Diskussion zum Export von Panzern aus Deutschland in assoziierte Staaten (z.B. Türkei). Folgende Gesichtspunkte können unter anderem besprochen werden: c) Tragen wir als Gesellschaft eine Mitverantwortung für die Folgen von Produkten, die bei uns entwickelt werden (z.B. Dual use Güter)? d) Wie urteilen Sie über Unternehmungen, die mit Ländern, in denen erwiesenermaßen Menschenrechtsverletzungen geschehen oder deren Rechtsstaatlichkeit in Zweifel gezogen werden messen, Geschäftsbeziehungen unterhalten? Die Grünen verurteilen Rüstungsexport schon fast fundamentalistisch. e) Was ist dazu aus wirtschaftlichen und ethischen Überlegungen zu sagen? 10 M. Bongards Technik & Ethik Übungsaufgaben f) Wie verhielt sich die Regierung? Sammeln Sie die Stellungnahmen der Regierung und der Unternehmen. g) Was spricht für, was gegen einen Export der Panzer? Wie wurden Sie sich gegenüber einem Arbeitgeber verhalten, wenn er von Ihnen eine Arbeit fordert, die ethisch problematisch oder gar verwerflich ist? h) Würden Sie persönlich in der Rüstungsindustrie arbeiten wollen? Aufgabe 11 Sanierung in einem Kleinbetrieb. Sie sind Mitglied der Geschäftsleitung einer Kleinfirma. Angesichts der verschärften Konkurrenzsituation und der geschwundenen Nachfrage können Sie weniger Güter absetzen, einen niedrigeren Preis verlangen oder Restrukturierungen ins Auge fassen. Da sich die Verhältnisse nicht rasch ändern, sind Sie gezwungen, entweder 30% der 20 Personen Belegschaft abzubauen oder die Produktion ins Ausland zu verschieben. Sie erwägen auch Lohnkürzungen der Mitarbeiter oder überlegen, ob die Arbeitszeit verändert werden könnte, um so eine Schließung des Betriebs möglichst zu vermeiden. a) Diskutieren Sie verschiedene Szenarien. b) Sehen Sie noch andere Schritte, die zu akzeptablen Lösungen führen könnten? Aufgabe 12 (Aufgabe wird nicht vergeben ! ) Führungsstil. Bekanntlich gibt es in Betrieben und Büros verschiedene Arten, mit Menschen umzugehen. In einem Unternehmen spielt der Umgangston und das Verhalten zwischen Chef und Untergebenen eine wichtige Rolle. a) Beschreiben Sie verschiedene Führungsstile. b) Welche scheinen Ihnen moralisch geboten? 11 M. Bongards Technik & Ethik Übungsaufgaben Aufgabe 13 Kollegialität und Konkurrenz. Überall, wo Menschen zusammenarbeiten, kommt es zu Konflikten. Arbeitskollegen können auch rasch zu Konkurrenten werden im Büro, im Betrieb, in der Forschung, in der Schule. a) Versuchen Sie, verschiedene Verhaltenstypen, die Sie schon an Arbeitsplätzen beobachtet haben, zu beschreiben und bewerten Sie Ihre Beobachtungen. b) Wie beurteilen Sie in diesem Zusammenhang das Verhalten zwischen Männern und Frauen am selben Arbeitsplatz? c) Gibt es geschlechtsspezifische Unterschiede? d) Was ist gegen sexuelle Belästigung zu tun? usw. (Denken Sie bitte auch an die sexuelle Belästigung von Männern!) Literatur: Michael Crichton: Disclosure, 1993 (Ein spannendes Buch über sexual harassement in der US-EDV-Industrie) Aufgabe 14 (Aufgabe wird nicht vergeben ! ) Moralische Fragen und Konflikte in literarischen Werken. a) Lesen Sie ein literarisches Werk, dessen Thematik von der Verantwortung des Naturwissenschaftlers/Ingenieurs handelt. b) Schreiben Sie nach der Beschäftigung mit dem Buch einen Essay, in dem Sie (a) Ursprung und Wesen des ethischen Konflikts beschreiben und (b) erklären, ob Sie mit der getroffenen Entscheidung im Text einverstanden sind oder nicht, Ihre Meinung selbstverständlich begründend. Geeignete Texte dazu sind: Bertolt Brecht, Leben des Galilei, 1943; Friedrich Dürrenmatt, Die Physiker, 1962; Heinar Kipphardt, In der Sache J. Robert Oppenheimer, 1964 (in diesen drei Werken sind Physiker die Helden); Max Frisch, Homo faber, 1957 (Maschinenbauingenieur, bei der UNESCO tätig), Uwe Timm, Der Schlangenbaum, 1986 (Bauingenieur in Südamerika); Meinrad Inglin, Urwang, 1954 (Elektro- und Bauingenieure beim Bau des Wägitaler Statisees); 12 M. Bongards Technik & Ethik Übungsaufgaben Hans Boesch, Das Gerüst, 1960; Die Fliegenfalle, 1968; Der Kiosk, 1978; Der Bann, 1996 (Menschen auf Baustellen, Wissenschaftler, Vermessungsingenieur); Emil Zopfi, Kilchenstock, 1996 (Vermessungstechniker und Wissenschaftler: Weiche Verantwortung tragen sie für ihre Prognosen und Informationen? Das Buch kann als Metapher für das Spannungsfeld zwischen Wissenschaft und Glaube gelesen werden.); Beispiele aus der anglo-amerikanischen Literatur verzeichnet das Werk von Samuel C. Florman, The Existential Pleasures of Engineering, Ne York 1976. (Bitte machen Sie sich Gedanken und liefern Sie kein aufgepepptes Referat aus Ihrer Schulzeit !) Aufgabe 15 (Aufgabe wird nicht vergeben ! ) Case studies an amerikanischen lngenieurfakultäten. Fallbeispiele aus dem Internet. Mit den gängigen Suchwerkzeugen AltaVista, Yahoo, Webcrawler können auf dem Internet sehr rasch sehr viele und auch sehr brauchbare Fallstudien aufgesucht werden. Am besten gibt man die englischen Begriffe Ethics in Engineering, Ethics and Science, Technology Assessment, Controlling Technology, Environmental Ethics oder einfach den Oberbegriff Engineering ein, von dort eröffnen sich zahlreiche Links zu Engineering Ethics, Code of Ethics, Case studies, zu wichtigen Universitäten, Forschungszentren, Berufsverbänden usw. Dutzende von Webseiten können dann geöffnet werden. Ingenieurethik wird an vielen Ingenieurfakultäten in den USA angeboten, nicht zuletzt wegen spektakulären Unfällen in vergangener und jüngster Zeit (Challenger disaster, the Kansas City Hyatt-Regency Hotel walkways collaps, the Exxon oil spill), sie erscheint gleichberechtigt zur Medizinethik, Wirtschaftsethik und Rechtsethik und etabliert sich nun im Netz durch engagierte Hochschullehrer und neu zur Verfügung gestellten Forschungsgeldern. Im deutschsprachigen Raum ist verhältnismassig wenig zum Thema Ingenieurethik oder Technikfolgen-Abschätzung auf dem Netz; hier sucht man am erfolgreichsten mit Yahoo.de mit den Begriffen Ethik, Technikethik oder Technikphilosophie, so findet man die Ethikzentren, und mit Links können andere Philosophie-Server, vor allem in den USA, angeklickt werden. Zwei Beispiele ans den USA sollen hier anschaulich ausgeführt werden: Michael S. Pritchard, Direktor des Center for Study of Ethics in Society der Western Michigan University, hat mit seinen Mitarbeitern und unterstützt durch die National Science Foundation über 50 praktizierende Ingenieure interviewt und rund 90 Fallbeispiele aufs Netz geladen. Die Fallbeispiele (cases oder scenarios) werden alphabetisch in elf Hauptkategorien eingeteilt: Acknowledging Mistakes, Conflicts of Interest, Dissent and/or Whistleblowing, Environmental and Safety Concerns, Honesty and Truthfulness, Organizational Communication, Ownership, Quality Control and Product Liability, Responsibility Arising From What Others Do, Public Service, Women in Engineering. Alle Beispiele werden ausführlich von verschiedenen Autoren kommentiert und z.T am Schluss auf weiterführende Literatur verwiesen. 13 M. Bongards Technik & Ethik Übungsaufgaben Die genaue Internet-Adresse: http://lowery.tamu.edu/ethics/ Auch die amerikanischen Berufsverbände sind auf dem Netz. So zum Beispiel die National Society of Professional Engineers (NSPE). Sie bietet auch eine Vielzahl von Fallbeispielen (cases) an, kategorisiert nach Disziplinen: Civil Engineering, Electrical Engineering, Mechanical Engineering usw. Von dieser Seite sind wieder Links zu anderen Universitäten, Zentren und Berufsverbänden, so zum Institute of Electrical and Electronics Engineers (IEEE) angegeben. Bei letzterem findet man dann wieder Fallbeispiele, den Code of Ethics des IEEE, Bibliografien usw. Die genaue Adresse: http://onlineethics.org/ Aufgabe 16 (Aufgabe wird nicht vergeben ! ) Kommunikationstechnik und Ethik. Der Zürcher Sozialethiker Hans Roh, der an der Berner Tagung «Ethik - ein Problem auch für die Kommunikationstechnik» teilgenommen hat, organisiert durch die Ascom Tech AG 1993, formulierte in seinem Referat einige Maximen zur Kommunikationstechnik, die hier auszugsweise wiedergegeben werden (H. Ruh, Thesenpapier, ungedruckt): • • • • • • • • • a) Kommunikationstechnologie (KT) soll einen Beitrag zur Deckung der grundlegenden Bedürfnisse leisten und dieser Deckung keinesfalls Ressourcen entziehen oder kontraproduktiv wirken. KT soll dem Menschen Sinnerfahrung, z.B. in der Bildung ermöglichen. Die Unterstützung primitiver Trends ist problematisch. KT soll die menschliche Handlungsfähigkeit unterstützen, z.B. in der Forschung Medizin, Sicherheit, Bildung, Arbeitswelt. Das Optimum zivilisatorischer Erleichterungen ist anzustreben, nicht das technologische Maximum. Interessant ist KT für neue Bildungssysteme. KT soll eine dezentrale Wirtschaftsorganisation unterstützen (Arbeitszeitverkürzung, Halbtagsstellen). KT könnte bedeutsam werden für die Entwicklung neuer Sicherheitssysteme. KT könnte eine zentrale Rolle spielen bei der Förderung des Bewegens von Informationen zuungunsten der Bewegung von Personen und Gütern. KT könnte interessant sein für die Erhöhung von Transparenz und Informationsgrad zwecks Konsensbildung. Das sind die Thesen Hans Ruhs zur Kommunikationstechnik. Sind das nun Ihrer Meinung nach fromme Wünsche und hehre Ideale eines Ethikers, oder glauben Sie, dass sich einige Maximen in der rasanten Entwicklung der KT verwirklichen ließen? 14 M. Bongards Technik & Ethik Übungsaufgaben b) Wo sehen Sie neben den vielen juristischen Fragen, die sich in Zukunft für diese Technologie ergeben, ethische Konfliktpotenziale? Aufgabe 17 Der Ingenieur zwischen Berufsethos, Loyalität und Macht des Arbeitgebers. Ein junger Ingenieur, der in einem großen Unternehmen der Elektrotechnik arbeitete, erhielt den Auftrag, bei einem Kunden eine Störung in der von seiner Firma gelieferten Anlage zu beheben. Unter den Augen des Kunden begann er, sich durch die komplexe elektronische Steuerung durchzuarbeiten. Bald war er erfolgreich, zeigte nicht ohne Stolz dem Kunden den behobenen Fehler, versäumte dabei auch nicht, die schlampige Projektierung und die ungenügende Sicherung zu rügen. Selbstverständlich rief der Kunde bei der Firmenleitung an und beschwerte sich über die Fehler der Anlage. Als der junge Ingenieur zurück ins Büro kam, wurde er zuerst einmal in die Chefetage zitiert ... (nach Skudelny 1993, S. 241) a) Diskutieren Sie dieses Beispiel aus dem Leben unter den Gesichtspunkten der Berufsethik und des Loyalitätsgebots. b) Welche Ansprüche wurden Sie an eine Firma, bei der Sie arbeiten möchten, stellen? c) Wie wurden Sie sich verhalten, wenn von Ihnen sittlich Bedenkliches oder gar Verwerfliches verlangt wurde? Literatur: H.-Ch. Skudelny, Ethische Fragen im Berufsalltag des Ingenieurs. In: Verantwortung in der Technik. Ethische Aspekte der Ingenieurwissenschaften, hrsg. v. S. M. Daecke; K. Henning, Mannheim/Leipzig/Wien/Zürich 1993, S. 237-248. Aufgabe 18 Berufskodizes. Was leistet ein Ethikkodex? Die Ingenieurkodizes stehen meistens im Rahmen einer berufsständischen Organisation; das Berufsethos spielt dabei eine gewichtige Rolle; in den USA haben Elektroingenieure bereits 1912 einen ersten Kodex verabschiedet. Heute existieren Dutzende von solchen Kodizes, 1991 hat die Schweizerische Akademie der Technischen Wissenschaften (SATW) in Bern einen «Ethikkodex für Ingenieure/technische Wissenschafter>, herausgegeben. Daneben existieren heute auch internationale Papiere, wie etwa die sog. „Karmel-Deklaration» von 1974, die von Wissenschaftlern vieler Nationen unterschrieben worden ist; im Vergleich zu Sozialwissenschaftlern und Philosophen ist die Zahl der Ingenieure aber leider gering. Durch neue Ethikkodizes in den USA, Deutschland (VDI) und der Schweiz (SATW) hat sich dies allerdings heute korrigiert. 15 M. Bongards Technik & Ethik Übungsaufgaben Die einfach gestellte Frage lautet: Was leisten solche Ethikkodizes? Dazu lohnt es sich, in drei Stufen zu arbeiten: a) Studium der verschiedenen Kodizes und Deklarationen: H. Lenk; G. Ropohl (Hrsg.), Technik und Ethik, Stuttgart 1987, S. 279-295 und 1993, S. 313-333. Kodizes von Berufsverbänden/Codes of Ethics sind auch auf dem Internet schnell zu finden. Die amerikanischen Codes findet man übersichtlich dargestellt im Etbics Center for Engineering and Science (Internet-Adresse: http://web.mit.edu/ethics/www). b) Kritische Reflexion, eigene Meinung, Leistungen und Grenzen solcher Papiere. c) Literaturstudium zum Thema H. Lenk, Was leistet ein Ethikkodex. In: Ders., Macht und Machbarkeit der Technik, Stuttgart 1994, S. 85-112. Ders., Ethikkodizes für Ingenieure. Beispiele der US-Ingenieurvereinigungen. In: H. Lenk; G. Ropohl 1987, S. 194-221. R. Capurro, Ethik-Kodizes. Ein intellektueller und moralischer Irrweg oder eine sinnvolle und nötige Einrichtung? In: Informatik und Philosophie, hrsg. v. P. Schefe er al., Mannheim/Leipzig7Wien/ Zürich 1993, S. 128-131. P. Knoblauch, Ethik für Ingenieure/technische Wissenschafter (SATW). Weshalb ein Ethik-Kodex heute. In: SIA, Nr. 7 (1993) S. 107f. D. G. Johnson (Hrsg.), Ethical Issues in Engineering, New Jersey 1991, S. 93-154. Aufgabe 19 Historischer Fall 1: der Pinto-Skandal. Der folgende Text ist nach Lenk; Ropohl 1987, S. 198f. zusammengefasst worden; über den Fall ausführlich berichtet hat Mark Dowie 1977, abgedruckt bei Baum 1980, S. 167-174. Die Ford Motor Company stand mit den Volkswagen-Werken im scharfen Konkurrenzkampf Übereilt wurde der Kleinwagen Pinto entwickelt. Bei den Tests der Prototypen zeigte sich ein gefährlicher Mangel: Bei Auffahrunfällen zerbrach der Tank, und die Wahrscheinlichkeit, dass dies zu einem Brand führen musste, war sehr hoch. Die Tests wurden geheimgehalten, und die Firma weigerte sich, die von den Ford-Ingenieuren vorgeschlagenen Verbesserungen (Plastikpufferung mit Kosten von 11 Dollar pro Wagen) einzubauen, weil das Management nach einer Kosten-Nutzen-Analyse zum Schluss kam, dass diese Einbauten mehr Kosten verursachten als die berechneten Kosten (Schadensbegleichung, Prozesskosten) für die Auffahrunfälle mit Toten und Schwerverletzten. Sie gingen von jährlich durchschnittlich 180 Toten und Verletzten, zudem von 2100 verbrannten Wagen aus. 1977 waren fast 20 Millionen dieser hochgefährlichen Kleinwagen ausgeliefert; es kam zu Tausenden von Unfällen, in vier 16 M. Bongards Technik & Ethik Übungsaufgaben Jahren starben rund 9000 Menschen - häufigste Todesursache: Verbrennungsfolgen. Die Ford-Lobby konnte zuvor die in den USA kurz vor der Einführung stehende Sicherheitsnorm acht Jahre verzögern. Zudem gelang es ihr, die Versicherungsfragen im Zusammenhang der Unfälle über Jahre zu verschleppen. Beides bedeutete für die Firma: Gewinn. Später sagte ein leitender Ingenieur, der gefragt wurde, warum kein Widerstand in der Firma aufkam: «Ein Nörgler wäre sofort entlassen worden, Sicherheit war kein Thema.» Oder wie der leitende Manager der Ford Company zu sagen pflegte: «Safty doesn't sell.» a) Besprechen Sie diesen Fall, der in den amerikanischen Ingenieurvereinigungen dazu geführt hat, dass man unsanft auf ethische Aspekte aufmerksam geworden ist. b) Wer hat hier moralisch versagt? Diskutieren Sie Managementmacht und Ingenieurmacht, Firmenloyalität, Gewissen, Verantwortung gegenüber der Öffentlichkeit usw. Literatur: M. Dowie, Pinto Madnes. In: R. Baum; A. Flores (Hrsg.), Ethical Problems in Engineering. Bd. 2. Cases, Troy/New York 1980, S. 167-174. H. Lenk; Gunter Ropohl, Technik und Ethik, Stuttgart 1987 u. 2. rev. und erw. Auflage 1993, S. 198 218. Aufgabe 20 Historischer Fall II: der Fall DC 10. Kurz zusammengefasst nach Lenk; Ropohl 1987, S. 199f., beschrieben wurde der Fall durch Stephen H. Enger, abgedruckt, in: Flores 1980, S. 56-69. Ein leitender Ingenieur einer Fluggesellschaft wies 1972 darauf hin, dass die DC 10 eine gefährliche Schwachstelle habe, denn die nur von außen zu versiegelnde Frachtraumtüre beeinträchtige die Steuerfähigkeit des Flugzeuges. Er erließ darauf ein Memorandum, welches aber das oberste Management unterdrückte. Die Herstellerfirma erwirkte bei der staatlichen Aufsichtsbehörde, dass die DC 10 nicht aufgrund staatlicher Auflagen außer Betrieb genommen werden musste, verpflichtete sich aber, alle ausgelieferten Maschinen zu verbessern. Installiert wurde dann schließlich bloß ein kleines Guckfenster über den Türhebeln, durch das man von innen feststellen konnte, ob die Türe von außen wirklich geschlossen war. Allerdings vergaß man bei drei der bereits fliegenden DC 10 dieses Sicherheitsfenster. Kaum zwei Jahre später passierte das Unglück. Am 3. März 1974 brach über Paris in 4000 Metern Höhe eine solche vergessene, ungesicherte Tür einer DC 10 auf, der Rumpf barst, und alle 346 Menschen starben im bis dahin größten Unglück der zivilen Luftfahrt. Auch bei der DC 10 waren Übereilung und Konkurrenzkampf im Spiel. Die Warner wurden nicht ernst genommen, obwohl sie das oberste Management erreichten. Auch in 17 M. Bongards Technik & Ethik Übungsaufgaben diesem Fall spielten handfeste wirtschaftliche Überlegungen eine ausschlaggebende Rolle, die zur Ablehnung des Memorandums des Ingenieurs, der sich allerdings zusammen mit andern Kollegen später nicht mehr weiter darum kümmerte, führten. Besprechen Sie diesen Fall unter ethischen Aspekten Literatur: R. Baum; A. Flores (Hrsg.), Ethical Problems in Engineering, Bd. 1. Readings, Troy/New York 1980, S. 56-69. H. Lenk; Gunter Ropohl, Technik und Ethik, Stuttgart 1987 u. 2. rev. und erw. Auflage 1993, S. 199-218. Aufgabe 21 Historischer Fall III: der Fall BART. Zitiert nach Lenk; Ropohl 1987, S. 200f.: «Die Firma Bay Rapid Transit (BART) war mit dem automatischen Zugskontrollsystem für den Nahschnellverkehr an der San Francisco-Bay befasst. Die drei Ingenieure Hjortsvang, Blankenzee und Bruder hatten bereits in der Planungsphase auf schwerwiegende Mängel und zu billige Ausführung des Systems aufmerksam gemacht, das öffentlich als das weltbeste und sicherste angekündigt worden war - von Managern, die keinerlei Kenntnisse über Systemanalyse besaßen. Das System, das die Herstellerfirma eingebaut hatte, war, wie verschiedene unabhängige Berichte später ergaben, keineswegs sicher. Die Ingenieure hatten zu Recht ihre Vorgesetzten gewarnt und waren dann an den Vorstand herangetreten. Ein Vorstandsmitglied (zugleich der Bürgermeister), nicht die Ingenieure selbst, hatte die Lokalpresse informiert. Firmenintern waren die Versuche der Ingenieure stets als unsinnig und übertrieben abgelehnt worden. Nach der Veröffentlichung wurden sie ohne Abfindung und Begründung entlassen. Sie wandten sich an die Landesingenieurvereinigung, die sich selbst und ihre regionale Vereinigung für die Ingenieure einsetzte - vergeblich. Der Fall erlangte für die Öffentlichkeit erst dann Bedeutung, als ein Zug aufgrund des Versagens des Sicherheitssystems verunglückte und es einige Verletzte gab. Aus einem ähnlichen Unfall während der Testphase und ohne Personen waren keinerlei Konsequenzen gezogen worden. Alle späteren unabhängigen Studien bestätigten [jedoch] die Berechnungen und Warnungen der Ingenieure. Nach den Ethikkodizes gab es keine Anzeichen, dass diese in irgendeiner Weise unangemessen gehandelt hätten. Im Gegenteil: Sie hatten die Verantwortung des Ingenieurs gegenüber der Gesellschaft im Interesse des Gemeinwohls ernst genommen. Das Verfahren, obwohl gut dokumentiert und durch ein 'brief' des Institute of Electrical and Electronics Engineers unterstützt, wurde wegen eines für die Gesamtproblematik und das eigentliche Verhalten der Ingenieure belanglosen Formfehlers eingestellt (sie hatten fälschlicherweise dem Management gegenüber verschwiegen oder abgeleugnet, dass sie die Intervention des Direktor-Bürgermeisters angeregt hatten). 18 M. Bongards Technik & Ethik Übungsaufgaben BART bot den Ingenieuren einen außergerichtlichen Vergleich an, der für sie keineswegs besonders vorteilhaft war, aber aufgrund ihrer finanziellen Notlage und ungesicherten Stellung angenommen wurde. BART-Manager [erschwerten] sogar die Arbeitssuche eines der Betroffenen, indem sie ihn als 'troublemaker' verunglimpften. Ein unabhängiger Sachverständiger bezeichnete Hjortsvang später als 'einen sehr ehrlichen Ingenieur, der rücksichtslos geopfert worden sei. Sechs Jahre danach erhielten die drei Ingenieure den ersten Preis der Vereinigung der Elektroingenieure für hervorragenden Dienst im öffentlichen Interesse in Gestalt einer Urkunde und 750 Dollar! a) Besprechen Sie diesen Fall und diskutieren Sie das moralische Verhalten aller Beteiligten in den verschiedenen Phasen; ziehen Sie, wenn möglich, auch Vergleiche zum Fall Pinto und DC 10. (Aufg. 19 und 20) b) Ferner lässt sich an diesem Fall studieren, wie sich die verschiedenen amerikanischen Ingenieurvereinigungen (CSPE; NSPE; IEEE) dazu verhalten haben und welche Konsequenzen sie daraus zogen, siehe dazu MacCormac 1987. Allgemein aufschlussreich zu dieser Problematik der Wahrnehmung bzw. Vernachlässigung der Verantwortung der Ingenieure siehe auch Kenneth D. Alpern 1983. Literatur: K. D. Alpern, Ingenieure als moralische Helden (eng.: Engineers as moral Heroes. In: V. Weil [Hrsg.] Byond Whistleblowing. Defining Engineer's Responsibilities. Proceeding of the Second National Conference on Ethics in Engineering, Chicago 1983, S. e-51). In: H. Lenk; G. Ropohl, Technik und Ethik, Stuttgart 1987, S. 177-193. H. Lenk; G. Ropohl, Technik und Ethik, Stuttgart 1987 u. 2. rev. und erw. Auflage 1993, S. 200-218. E.R. MacCormac, Das Dilemma der Ingenieurethik. In: H. Lenk; G. Ropohl, Ethik und Technik 1987, Stuttgart 1987, S. 230ff. Aufgabe 22 (Aufgabe wird nicht vergeben ! ) Aussagekraft von Daten. Die amerikanische Fernmeldekommission (U.S. Federal Communications Commission, FCC) schreibt fest, dass nach Artikel 15j jedes digitale Gerät (mit wenigen Ausnahmen), das in den USA produziert wurde, bestimmten Anforderungen genügen muss. Der Hersteller muss ferner jedes neue Gerät testen lassen: Die FCC-Grenzwerte bezüglich elektromagnetischen Emissionen, die vom Gerät ausgestrahlt werden, dürfen hierbei nicht überschritten werden. Die erhaltenen Messwerte werden zur Zertifizierung der FCC eingereicht. Da die FCC jedoch nur relativ wenig Leute zur Verfügung hat, die diese Anträge überprüfen können, sind diese Prüfungen größtenteils Vertrauenssache, was die 19 M. Bongards Technik & Ethik Übungsaufgaben Korrektheit anbelangt. Die FCC gibt nach der Zertifizierung eine Identifikationsnummer (ID) heraus, die anschließend auf jedes Gerät ausgedruckt werden muss, d.h. sobald ein Gerät diese ID besitzt, ist man bevollmächtigt, dieses Gerät herzustellen. Ohne diese ID darf allerdings der Hersteller weder für das Produkt werben noch es zum Kauf anbieten. Ein Verantwortlicher für elektromagnetische Verträglichkeit (engl. electromagnetic compatibility, EMC) nimmt ein neues Antennensystem in Betrieb. Er findet dabei heraus, dass die neue Antenne durchwegs höhere E-Feld-Messungen ergibt, als dies bei der alten der Fall war. Beide wurden am Messplatz speziell geeicht und lagen in den zulässigen Toleranzen, beide Verkäuferinnen berufen sich auf das National Institute of Standards and Technology, welches nachweislich das Produkt zertifiziert hatte. Wir können also nicht schlüssig herausfinden, welches Syrern uns besser das absolute Resultat liefert. Bevor ein neues Produkt für einen Kunden nach den FCC-Normen gemäss 15j getestet werden könnte, müsste dieser Messfehler behoben werden; doch dazu fehlt aber die nötige Zeit. Fragen zur Diskussion: a) Welches Antennensystem sollte man für den Test des neuen Produktes verwenden? b) Wäre es ethisch vertretbar, diese beiden Resultate zu mitteln, wenn Ingenieurmeinungen diese Handhabung anerkennen? c) Angenommen, dieses Messlabor sei nie genau eingestellt worden; müsste diese Tatsache der FCC freiwillig mitgeteilt werden? (Dieses frei erfundene Fallbeispiel stammt aus: Speaker's Guide for the Presentation: «How to Be a Good Engineer“, prepared by Joseph H. Wujek and Deborah G. Johnson, Washington, DC 1992, p. 11. Die Unterlagen sind im Auftrag der Ethikkommission des Institute of Electrical und Electronics Engineers, IEEE, entstanden. Die deutsche Übersetzung besorgten Studenten der Elektrotechnik der Ingenieurschule Brugg-Windisch. Zu finden im Internet unter: http://onlineethics.org/ Der spezielle Fall unter: http://www.onlineethics.org/text/essays/scenarios.html 20 M. Bongards Technik & Ethik Übungsaufgaben Aufgabe 23 Sicherheit am Arbeitsplatz. Sie arbeiten als Ingenieur in einer Fabrikanlage, die giftige Chemikalien in Arbeitsprozessen verwendet. Ihr Job hat aber nichts zu tun mit dem Gebrauch oder der Überwachung dieses Stoffes. Die Chemikalie „Mega X" wird bei einem Produktionsvorgang verwendet. Kürzliche Medienberichte beschrieben die Gefahr von genetischen Veränderungen oder Schäden über größere Zeiträume durch Inhalation oder beim Kontakt mit der Chemikalie. Die Meldung wurde weder bestätigt noch dementiert. Bundes- sowie Lokalstellen gaben keine Erklärungen zum Thema ab. Verschiedene Mitarbeiter haben Sie kürzlich kontaktiert bezüglich des Gebrauchs von «Mega X». Sie erwähnen deren Besorgnisse Ihrem Chef, welcher aber alle Bedenken zurückweist und sagt: «Keine Sorge, wir haben eigene Sicherheitsexperten, die sich darum kümmern.» Zwei Monate verstreichen und „Mega X“ wird immer noch verwendet. Die Kontroverse wird nun auch in der Presse fortgesetzt, aber es tauchen keine Beweise, die gegen die Verwendung von «Mega X» sprechen, auf. Der Verbrauch der Chemikalie hat in der Fabrik unterdessen sogar zugenommen, und noch mehr Arbeiter sind täglich der Substanz ausgesetzt. Fragen zur Diskussion: a) Was - wenn überhaupt - wurden Sie tun? b) Nehmen wir an, Sie erwähnen die Problematik noch einmal bei Ihrem Chef. Er aber sagt nur: «Vergessen Sie die Angelegenheit, it's not your job!» Was jetzt? c) Ihre schwangere Schwester arbeitet mit der Chemikalie. Wie lautet da ihr Rat? d) Die Firma kündigt einen freiwilligen Verwendungsstopp der Chemikalie über die nächsten zwei Jahre an. Wie reagieren Sie darauf? e) Ein Angehöriger einer lokalen Aktivisten-Gruppe nimmt Kontakt mit Ihnen auf und bittet Sie um Information über die Menge der verwendeten Chemikalie in der Fabrik und den Arbeitsbedingungen, die damit zusammenhängen. Geben Sie solche Informationen? Warum oder warum nicht? (Dieses frei erfundene Fallbeispiel stammt aus: Speaker's Guide for the Presentation: How to Be a Good Engineer-, prepared by Joseph H. Wujek and Deborah G. johnson, Washington, DC 1992, p. 11f. Das Beispiel wurde durch Lee Hornberger, Universität Santa Clara vorgeschlagen, veranlasst durch Asbest-Ereignisse in den USA; ein Thema, das auch in Deutschland noch nicht erledigt ist. Die deutsche Übersetzung besorgten Studenten der Elektrotechnik der Ingenieurschule Brugg-Windisch.) 21 M. Bongards Technik & Ethik Übungsaufgaben Aufgabe 24 Produktionsfehler: Freiwilliger Rückruf? Sie arbeiten bei der Zilch Materials Corporation als Testingenieur. Kürzlich hat die Firma ein neues Zweikomponenten-Giessharz «Megazilch» eingeführt. Es wurde, so glaubte man, von der Firma und einigen ausgewählten Kunden gut getestet. Alle Testresultate, welche vor der Produktionsaufnahme vorlagen, erfüllten die publizierten Spezifikationen. Das Material übertraf mit seinen Eigenschaften und den niedrig geschätzten Kosten alle andern im gleichen Anwendungsbereich. Mögliche oder schon eingeführte Anwendungsbereiche umfassen Kinderspielzeuge, Büroausstattungen, Innenausstattung von Flugzeugen und - als Gehäusematerial - viele elektronische Geräte. Das Marketing schätzte einen Ertragszuwachs von 25% im ersten Jahr nach Aufnahme der Serienproduktion. Die Produktion ist in vollem Gange und große Mengen werden ausgeliefert, als Sie mit Schrecken feststellen, dass unter gewissen Lagertemperaturen und anderen noch unbekannten Faktoren die Lagerfähigkeit stark beeinträchtigt wird. Insbesondere werden die Anforderungen an die Brandhemmung nicht mehr erfüllt, wenn es 60 Tage vor dem Mischen gelagert wurde, obwohl in den Publikationen 24 Monate angegeben wurden. Ebenso ist die Zugs- und Druckfestigkeit wesentlich reduziert. Beträchtliche Mengen wurden ausgeliefert, deren Vorgeschichte in Bezug auf Temperatur und Alter nicht mehr feststellbar ist. Ein Rückruf wurde für die Firma große finanzielle Verluste bedeuten und sie in Finanznöte bringen. Zu diesem Zeitpunkt ist es noch nicht klar, ob die Lagerfähigkeit verbessert werden kann. Nur Sie und ein Ihnen unterstellter Testfachmann haben Kenntnis des Problems. Nehmen Sie an, dass keine schnelle Abhilfe möglich und das Problem ernsthaft ist. Fragen zur Diskussion: a) Wie würden Sie in dieser Situation handeln? b) Nehmen Sie an, Sie hätten Ihre Sorge Ihrem direkten Vorgesetzten mitgeteilt, worauf dieser Ihnen sagt: «Keine Sorge, das ist keine große Sache. Wir können das später beheben. Überlassen Sie mir diese Angelegenheit.» c) Nehmen Sie ferner an, dass seit Ihrem Gespräch mit Ihrem Vorgesetzten mehrere Wochen verstrichen sind, ohne dass etwas geschah. Was nun? d) Im Falle (c) wurden Sie den Vorgesetzten daraufhin ansprechen. Dieser erklärt Ihnen: „Ich habe mit den leitenden Angestellten gesprochen und sie stimmen zu. Wir werden das Produkt weiterhin ausliefern und am Problem arbeiten. Dies haben wir bereits in die Wege geleitet.“ Unternehmen Sie etwas? Wenn ja, was? e) Seither sind drei Monate vergangen und eine Stichprobe des versandfertigen Materials zeigt Ihnen, dass nichts unternommen wurde, um das Problem zu beheben. Wie reagieren Sie darauf? (Dieses frei erfundene Fallbeispiel stammt aus: Speaker's Guide for the Presentation: -How to Be a Good Engineer, prepared by Joseph H. Wuiek and Deborah G. Johnson, Washington, DC 1992, p. 13f. Die deutsche Übersetzung besorgten Studenten der Elektrotechnik der Ingenieurschule Brugg Windisch.) 22 M. Bongards Technik & Ethik Übungsaufgaben Aufgabe 25 Nicht-ionisierende elektromagnetische Strahlen, Elektrosmog». Wir Menschen sind verschiedenen Strahlen ausgesetzt. Unter den elektromagnetischen Strahlen unterscheidet man zwischen den niedrigen Frequenzen, die von Hochspannungsleitungen stammen können, und höheren Frequenzen, von Radio- und TV-Sendern, von Computern, elektrischen Haushaltsgeräten und Mobiltelefonen verursacht. Die umstrittene Frage ist die, inwieweit solche Felder - ist ihnen der Mensch permanent ausgesetzt - gesundheitsschädigend wirken. Darüber existiert heute bereits eine breite wissenschaftliche Debatte; aktuell wird das Thema besonders dort, wo neue Hochspannungsleitungen durch ein dicht besiedeltes Gebiet geführt werden. Wo liegt hier das ethische Problem, geht es doch scheinbar um technische und allenfalls raumplanerische Probleme? Die Ethik spielt in diesem Moment eine Rolle, wenn es darum geht, Grenzwerte zu bestimmen. Es ist bekannt, dass beim Mobiltelefon die Grenzwerte soweit nach oben geschoben worden sind, dass das technisch Machbare dann jeweils gerade tolerierbar war. Beim Bau einer Hochspannungsanlage werden die Grenzwerte erst nach den Leitungen eingeführt und basieren auf diversen Annahmen. In der Schweiz steht man erst am Anfang einer Gesetzgebung, in Deutschland sollen erstmals gesetzliche Grenzwerte festgelegt werden; doch von einer EU-Richtlinie ist man weit entfernt (vgl. Neue Zürcher Zeitung, 10. Oktober 1995, S. 14.) a) Wie verhalten Sie sich als Elektroingenieur generell gegenüber solchen Grenzwertverschiebungen? b) Welches Verhalten ist gegenüber dem Elektrosmog angebracht, und wie klären Sie die Leute über diese Art von Strahlung auf? Was scheint Ihnen moralisch geboten? Literatur: M. Karus er al., Elektrosmog. Gesundheitsrisiken, Grenzwerte, Verbraucherschutz, Heidelberg 1995. H. P. Neitzke et al., Risiko Elektrosmog? Auswirkungen elektromagnetischer Felder auf Gesundheit und Umwelt, Basel 1994. K. Sievers, Elektrosmog die unsichtbare Gefahr, München 1997. 23 M. Bongards Technik & Ethik Übungsaufgaben Aufgabe 26 The Backwards Math Jay's boss is an acknowledged expert in the field of catalysis. Jay is the leader of a group that has been charged with developing a new catalyst system, and the search has narrowed to two possibilities, Catalyst' A " and Catalyst "B'. ""The boss is certain that the best choice is" A ", but he directs that tests be run on both, 'just for the record." Owing to inexperienced help, the tests take longer than expected and the results show that "B" is the preferred material. The engineers question the validity of the tests, but because of the project's timetable, there is no time to repeat the series. The boss, therefore, directs Jay to work the math backwards and come up with phony data to substantiate the choice of Catalyst" A " a choice that all of the engineers in the group, including Jay, agree with. Jay writes the report."" Consider the following with regard to the case of The Backwards Math: 1. What would you have done had you been Jay? Would you have written the report? 2. If you had refused to write the report, how could you have justified this refusal since you, along with all of the others on the team, felt that the test data was invalid and there was not time to duplicate the test? Is it not likely that experience is a better guide than one set of questionable test data? If yes, does this impact on the ethical nature of the dilemma? 3. Would it have been a good idea to write the report and also write a memo saying that you were being directed to do something which was unethical? If you did this, would it be done just to cover you if you are found out? Would that make what you did any more ethical than it would have been without the memo? 4. How about the alternative of writing the report, but not signing it? Would this be a satisfactory solution to your ethical dilemma? 5. Is this a case in which you would become an '"internal"' whistleblower by going over your boss" head and reporting that you had been asked to write a false report? If none of the above options seem to be a satisfactory action, go back to Question 1 and think again. What would you have done? Aus: Murdough Center for Engineering Professionalism Texas Tech university Lubbock, Texas 24 M. Bongards Technik & Ethik Übungsaufgaben Aufgabe 27 (Aufgabe wird nicht vergeben ! ) Joseph H. Wujek College of Engineering University of California, Berkeley Introduction You are an engineer employed by Wondrous Avionics, Inc. (WA, Inc.). You are working on the project team developing the Mark-5, a new device in the prototype stage. The Mark-5 is a system for airplane altitude control combined with navigation. It has 116 input variables: X1, X2, ... X6. Each Xi can take on any of the values permitted by a 32-bit word. Each Xi is sampled simultaneously for 20 nanoseconds every 1.30 milliseconds. Sampling at 1.30 milliseconds is the fastest possible due to the actuation and settling time of the electro-hydraulic mechanisms controlled by the Mark-5. Each of the possible totality of states of the Xi corresponds to one, and only one, configuration of aircraft control surfaces and resultant aircraft altitude, Yj . Thus, Yj = f[X1, X2, ... X116] in one-to-one correspondence. The Mark-5 outputs one value of Yj in each 1.30 ms intervals. The output variable Yj is generated by software, using a program which resides in firmware in the Mark-5. The software result actuates appropriate hardware drivers to actuate the hydraulic mechanisms. In response to concerns from potential users of the Mark-5 regarding the use of software in safety-critical systems, the CEO tells the project team, "The Mark-5 must be tested in all possible states to be sure that the software always works. Our customers are nervous about using software this way. I want us to answer their concerns by demonstrating, by test, that the Mark-5 gives the right output for each combination of inputs. After all, under some conditions the wrong output could cause a plane to crash!" Questions (a) Assuming that the test speed is limited only by the 1.30 millisecond cycle time of the Mark-5, how long in hours would it take to perform the test desired by the CEO? Assume the test proceeds as fast as possible and without interruption, 24 hours per day, 7 days per week. (b) Same as (a), but assume three bugs were found, and each took two days to find and fix. Assume that the bugs were found at the 1/3, 2/3 and 99% complete points. The test must be run in its entirety after each bug fix. (c) WA estimates that it will cost $700 per hour to run the test. Compute the cost of the test in part (a) and part(b). (d) Suppose it is decided that, instead of a 32-bit word, an 8-bit word is sufficient. Assume because only the software is being tested, not and the integrated system, the test cycle time can be reduced from 1.30 millisecond to 130 nanosecond. Rework part (a) with these design/test changes. (Is this a good assumption to make?) (e) In your view, what would be a "reasonable" test to run on the Mark-5 system? (f) Should the Mark-5 be built and offered for sale? What ethical principles support your conclusion? 25 M. Bongards Technik & Ethik Übungsaufgaben Aufgabe 28 I. Introduction You are a college engineering student experimenting with a new PDA (hand-held computer) you have just purchased from a reputable manufacturer, ARC.(1) The machine has been bundled with a variation of a popular spreadsheet (SS) product custom-built to run in a small amount of ROM (firmware) provided in the unit. While experimenting with this SS, you find that a simple calculation such as $3 + 1 cent is displayed as 3.00 on the LCD panel. II. Numerical and/or Design Problem(s) 1. Is this reasonable? How would you verify this claim? Is it likely this is the only calculation which displays an incorrect result? 2. What possible explanation(s) could there be for this? Propose an experiment to test/verify your suspicions as to the source/cause of this problem. 3. Later you conclude the display is indeed incorrect, but the internal representation of $3.01 is as exact as possible using binary floating-point representations in any format. Nevertheless, the displayed result on the LCD screen is indeed 3.00. 4. Does this resolve the problem? Does this eliminate (or amplify) any problems of floating-point representation of dollar and cent results? 5. You soon discover all calculations of the form X + .01 for any integer X will produce a representation on the display of X.00. 6. What does this tell you as a young (or old) engineer/numerical analyst? 7. Finally, you call the manufacturer. You are unsure whether this is a hardware bug, a software bug, or an error in your interpretation. 8. What possible responses would you speculate they might give to your inquiry (and possible demand for a replacement PDA)? Discuss as a class, putting suggestions on the board or list on your own. Come up with at least five suggestions. III. Questions on Ethics and Professionalism Following are several possible vendor responses, at least one of which has occurred in a documented recent case. A. "We don't believe you as we have never heard about this problem." B. "We didn't know about this problem." C. "We know about it, but we don't plan to do anything about it as this model/release will soon be discontinued." D. "We know about it, but it is really an operating system/software vendor/spreadsheet design problem." E. "We know about it and are working on resolving it." F. "We know about it, and it will be fixed/resolved in the next version/release of the product." G. "We will/will not replace the product at your request." 1. Discuss the ethics of each of these responses from the view of the student, hardware vendor, and/or software supplier (assuming the SS is purchased from a VAR (value-added reseller). 2. Suppose you are the help-desk person working at the receiving end of this call from the college student. How would you respond to the inquiry and what is your corporate/personal responsibility in this matter? What corporate responsibility is there which you must/should represent when discussing this problem with the student? With your boss? 3. Suppose you are the design engineer for the ARC company. How would you respond to this situation? Would you respond differently if you were an employee of a software vendor and this occurred in a new product such as WIN 95? 4. Create a scenario where this problem could result in a serious matter causing personal or corporate injury or significant expense. Whose liability would it be if such a tragic event occurs, and whose ethical responsibility would it be? 5. Is this a problem which might occur with decreasing or increasing regularity? (MTBO -mean time between occurrences) 26 M. Bongards Technik & Ethik Übungsaufgaben Aufgabe 29 (Aufgabe wird nicht vergeben ! ) I. Introduction You are a citizen of Southern Antarctica and are employed as an engineer working for a small company that manufactures a keychip/component/valve for a very lethal, defensive military weapon. As the only supplier of this device, there is a potential for world-wide sales to over 200 countries and, surprisingly, there is no legal restriction to the export and marketing of this component to other countries. The president of your company has asked you to perform a cost-benefit analysis of selling this component, assuming the following information: 1. 50% of the interested countries will actually purchase this device and pay for it. 2. Each purchaser will probably buy 500 to 10,000 of the defensive weapons. 3. Each weapon contains 500 pieces of the component your company makes and sells. 4. Since this is a complex component, your company will net about $1,000 per component sold. 5. Although this weapon is considered unlikely to ever be used in battle ("one chance in a million"), the expected loss of life is believed to be 50 to 500 lives for each use of the weapon. 6. Because this weapon is hoped to be defensive and should discourage an aggressor, it is assumed that only one or at most two will ever be used. II. Numerical and/or Design Problem(s) 1. In doing your cost-benefit analysis, what assumptions will you make in order to determine: the cost for each life lost? the profit to your company? 2. What type of analysis could you develop? How do you feel about this type of risk- benefit analysis? 3. State formally all of your additional assumptions, and compute a profit per person killed (P^3K) or profit per loss of life. Are there other calculations you can create which your company would find instructive when doing this analysis? 4. After completing your calculations, discuss your assessment and conclusions. What conclusions do you draw from them? Do you believe these results, and the assumptions made? Do you have confidence in your conclusions? Are there other comments or observations you wish to make about this problem? III. Questions on Ethics and Professionalism 1. Are you willing to work for a company that makes such a device? Did you know about this product when you were hired, and did you consider the pros and cons in making your decision to take this position? 2. What is the value placed on human life and does it vary in different parts of the world? If such a difference does exist, might it explain or have an impact on the Union Carbide case in India? 3. What assumptions would you make about countries or governments that might purchase this device? Also, what assumptions would you make regarding countries most affected by the weapon's use? 4. Would it make any difference if most of the buyers were Third World countries that plan to purchase this weapon to defend themselves against major world powers? 5. What if China were the primary country focused on by other countries (given its 1.2 billion people)? Would this change your views on the case? 6. Imagine you were an electrical engineer. This component was a key electronic microprocessor. (The numbers remain the same.) Would this new situation change your attitudes or your conclusion(s)? Similarly, what if you were a software engineer and your code was the key to this system? 27 M. Bongards Technik & Ethik Übungsaufgaben Aufgabe 30 I. Introduction A Buffalo Computing Co.(ABC2) located in Fargo, ND, has designed a chip for a new scientific calculator that features high-precision floating-point accuracy to 17 significant digits for all 250 mathematical functions provided with the unit. After one-and-a-half years in development, and after shipping over 500 (or 5,000) beta units to key customers, the company discovers that there is a problem with certain calculations, as described below. In order to expedite floating-point(ft.-pt.) operations (used in handling scientific notation in mathematical operations) in a computer or calculator, often certain tables of values are used to assist in the speed of execution of these ft.-pt. operations. (For example, a calculator requiring as long as 3 minutes to perform a tangent calculation would have no market appeal.) These tables can contain up to 100 integer entries. During beta testing, ABC2 discovers that several of these values were incorrectly entered before burning them into the firmware. Further testing concludes that because of the location and use of these table errors, the only mathematical results affected will occur in the 13th to the 17th significant digits for the double-precision fl.-pt. operations. II. Numerical and Design Problems 7. As the senior engineer on this project for ABC2, you are asked to propose a resolution for this situation. How serious is the problem? What should be done? 8. Call together a committee of your peers and have the group propose as many different alternative solutions as you can think of within 10-15 minutes. (Do not assign any value or determine the implications of this proposed solution for now--instead, use the blue-sky or "popcorn" approach.) 9. Now, try to project each option's impact on the company. 10. Assign a weighted value (0-100 with 100 as best) to each of the suggestions and resulting actions proposed above, based on your personal assessment or your peer group's assessment of the quality of the action. 11. Determine the best possible course of action and explain the reasons for your choice, based on the weightings given above or other criteria you create and document. 12. Write this up in a detailed memo with explanations (2-3 pages), or imagine yourself the senior engineer on the project and write a detailed dialogue with the senior manager(s) deciding what action(s) to take. III. Questions on Ethics and Professionalism 5. Are your answers to the above questions the same regardless of whom you represent? In other words, does one's response change depending on one's stake in the solution? (e.g. company managers, stockholders, engineers in the firm, engineers hoping to use the chip, purchasers of the product, etc.) 6. Suppose the chip has been installed, 100,000 units have been sold, and an additional 50,000 are on dealers' shelves. Create a new list of possible actions and reactions. 7. Do you see any relationship to the Challenger decision(s)? IV. Proposed solution to the ethical issues raised Possible Suggestions to Q#2 7. Cancel the project. 8. Change the display to 13 digits. 9. Redesign the chip. 10. Since the problem will only occur infrequently, simply ignore it. Is this dangerous or risky? Why? 11. As it will only occur every 20,000 years to the typical user, no one should be concerned. 12. Suggest an advertising slogan with a buffalo logo of "Our chip is a lot of bull!" Possible Implications in Q#3 1. Since ABC2 is "staking" their future on this Buffalo chip, this could destroy the company. 2. This can be done, but it makes the unit far less competitive, and is not consistent with specifications or with advertising claims. 3. This solution will cause a year delay and the competitive edge will be lost. 4. Who really are the affected users? Won't this result in a significant liability for any errors which occur? 5. Funny, but probably fatal to the company! 28 M. Bongards Technik & Ethik Übungsaufgaben NOTE: This list can go on and on with follow-up detailed, subsequent decisions and scenarios, many of them based (loosely) on the Intel Pentium chip case. V. Appendices, Attachments, and Bibliography (1) Computer Organization and Design: The Hardware/Software Interface. Hennessey and Patterson, Morgan Kaulmann Publishers, 1994. (2) Assistance in developing and understanding this issue was provided by Sarn Figueroa, formerly a professor at Taylor University and now with Next Computing. This incident is NOT based on any known situation at Next Computing. Aufgabe 31 (Aufgabe wird nicht vergeben ! ) Database Discredited Waldo Roth Computing and System Sciences Department Taylor University 500 West Reade Avenue Upland, Indiana 46989-1001 I. Introduction As an industrial engineering consultant hired by a credit bureau ("RWT"), you have been asked to analyze problems that have occurred with their 20 million record credit file. RWT management became concerned when the following situation came to their attention. A couple moving to a retirement community has an eye on their "dream home." Because they have a good credit history, they assume that they will have no trouble obtaining a mortgage to purchase this home through a local bank in their new community. A routine credit check through RWT reveals that in fact they are a bad credit risk. When a representative from the local bank pursues the case, she discovers that the couple has been mis-identified in the RWT database, which has confused them with another party having a very bad credit history. In making amends, the local bank approves the loan, but by now the home has already been sold to someone else. The couple is heartbroken and worse yet, they continue to experience credit problems for some time. II. Numerical and/or Design Problem(s) 13. RWT has called you in as a consultant to make recommendations. Where do you begin? 14. What design flaws in the database have allowed this problem to occur? 15. Management at RWT claims they have only 1 error per 100,000 records in their databank. How would you develop an experimental design test this claim? 16. After determining whether RWT is correct in their claim that they have only one error per 100,000 records, determine how many bad records they have in their major file at the present time. What implications does this have, if any? 17. At what cost per record do you decide they need to rework the database? What other data or assumptions do you need to make before recommending a solution? [Assume you need (1) a cost per record to update, (2) the number of errors per year (which can be estimated), and (3) the cost per error found by users.] [You also need to know the rate of updates or new records per month or year. Assume there are 300,000 accesses or updates per month to the database.] 29 M. Bongards Technik & Ethik Übungsaufgaben [Also assume it costs $10/record to clean up the database plus $50,000 in fixed costs. Finally, assume the cost for insurance, lawyers. etc. for each bad record found is $100,000.] 18. Compare the two costs, draw conclusions, and recommend a course of action in a one page memo to RWT management. Or write a dialogue for a discussion of the matter with RWT. 19. Estimate the time required to clean up the database. Can you design a solution that would not take the database off-line for that amount of time? III. Questions on Ethics and Professionalism 8. What are the relevant facts? 9. List the "stockholders" -- those with something to lose (or win) in this case. 10. Who benefits here? Who is harmed here? (There may be multiple answers.) 11. What ethical principles from your textbook apply to this case? 12. How could you prevent this situation from happening again? V. Appendices, Attachments, and Bibliography 1. This case is based on an idea from Ethical Decision Making and Information Technology, Kallman and Grillo, McGraw-Hill, 1994. The case is called "Credit Woes," see p. 59. 2. Note: There are some similarity in this case to the famous Ford Pinto case. See Harris, Pritchard, and Rabins, Engineering Ethics: Concepts and Cases, p. 205. 3. There is now legal recourse for the couple in such a case, but the law focuses on the responsibilities of the credit supplier (how the data can be corrected) rather than on how individuals can resolve follow-up errors. 30 M. Bongards Technik & Ethik Übungsaufgaben Aufgabe 32 (Aufgabe wird nicht vergeben ! ) PCs and Occupational Hazards I. Introduction A state legislature considers a new safety law requiring all companies with 15 or more employees to provide adjustable-chairs, "safe" video monitors, detachable keyboards, and 15-minute breaks every two hours for all employees spending a minimum of three hours per day working on a personal computer or workstation (PC/WS).[1] Businesses have objected, however. They claim that in one study alone, conducted on a similar law in a major U.S. city, such legislation cost $100 million to update 56,000 PCs.[2] II. Numerical and/or Design Problems 1. Describe an estimation method you would use to determine the validity of the $100 million estimate. Indicate which assumptions you would retain and which values could be variable. Given your assumptions, is the original prediction accurate? 2. Additional conservative predictions claim 10% of the 100,000 small businesses in the state with 15 employees or less would be put out of business by this legislation. 3. You are an industrial engineer working on an economic impact statement for the governor's task force dealing with this proposed legislation and you need to come up with some estimates. [Note that expected value and the expected value of perfect information (EVPI) could be of help in making a "first cut" estimate.] What analysis would you do to describe the costs of such legislation? Show all your assumptions, calculations, and write up a memo describing to the governor what you would recommend. III. Questions on Ethics and Professionalism 1. What is the legislature's responsibility in determining the economic impact? What about PC/WS manufacturers in developing safer machines? Why are computers today "safer" than they were in 1991? Are they? 2. Suppose you are an electrical engineer working for a PC manufacturer in the state. What are the ethical considerations needed to do a cost/benefit analysis with respect to this issue? 3. Make a table of the pros and cons in redesigning the PC company's machines to address these health issues (real and/or imagined). (See footnote [3] as well.) V. Appendices, Attachments, and Bibliography [1] "San Francisco PC Safety Law Raises More Questions than it Answers", PC Computing, April, 1991. [2]Ibid. This article was first pointed out to the author and summarized by Taylor University computer science majors, Marla Butch and Geof Baker. [3] Sellers, Don. ZAP! Edited by Stephen F. Roth. Peachpit Press, 1994. 31 M. Bongards Technik & Ethik Übungsaufgaben Aufgabe 33 (Aufgabe wird nicht vergeben ! ) Indizierung von Computerspielen – Gründe und Auswirkungen Teil1: Theorie/ Grundlagen Wer sucht aus was indiziert werden soll? Wer indiziert? Wie wird indiziert? Was wird indiziert? Welche Folgen hat die Indizierung? Teil2: Praxis/ Statistiken und Auswertungen Pro und Contra von Indizierung Bsp. von indizierten Spielen und die Folgen Bsp. Inwiefern können Kriegsabenteuer das alltägliche Verhalten von Kindern negativ Beeinträchtigen? Literatur: Leitfaden der BPJS / USK. Artikel diverser Zeitschriften. usw. 32 M. Bongards Technik & Ethik Übungsaufgaben Aufgabe 34 +++ Milliarden-Klage gegen Firestone +++ Die Zahl der mit defekten Firestone-Reifen in Verbindung gebrachten Todesfälle hat sich nach neuesten Daten der US-Sicherheitsbehörde für Straßenverkehr NHTSA um 29 auf 203 erhöht. Die Zahl der in diesem Zusammenhang Verletzten liege nach wie vor bei über 700, teilte die Behörde am Montag in Washington mit. Am Dienstag soll die Anhörung der Vorstandsvorsitzenden von Ford und Firestone vor dem Energie- und Handelsausschuss des US-Repräsentantenhauses stattfinden. Ford hatte Ende Mai 13 Millionen Firestone-Reifen vorrangig an ihren Modellen "Explorer" für mehr als drei Milliarden Dollar wegen "erheblicher Sicherheitsrisiken" wegen der Reifen zurückgerufen. Ein Mitglied des Kongress-Ausschusses, der die Sicherheit der Reifen überwacht , äußerte sich skeptisch zu dem Austausch-Programm von Ford. Einige der Reifen, mit denen der Autohersteller die Firestone-Reifen ersetzen wolle, könnten ebenfalls Risiken bergen. "Nach unseren Erkenntnissen ersetzt Ford die Firestone-Reifen in einigen Fällen mit Marken, bei denen im Vergleich häufiger Reklamationen auftreten," sagte Ken Johnson, ein Sprecher des Energie- und Handelsausschusses. Bei Ford war zunächst niemand zu einer Stellungnahme zu erreichen. Eine Firestone-Sprecherin sagte, die neuesten Erkenntnisse der Behörde seien ein Beweis mehr dafür, dass die gesamte Rückrufaktion unnötig sei. Firestone hatte Anfang Juni die US-Regierung um eine offizielle Untersuchung des Ford Explorer gebeten. Eine von Firestone in Auftrag gegebene Studie habe signifikante Sicherheitsmängel bei einer wichtigen Fahrzeugkomponente des Explorer ergeben, begründete der Reifenhersteller sein Anliegen. Ford hatte diesen Vorwurf zurückgewiesen. Http://www.firestone.com (Info vom 22.6.2001) Analysieren sie das Problem: • Was sind die technischen Ursachen dieser Probleme? • Was sind die Interessenlagen der Unternehmen Ford und Firestone und wie argumentieren sie? • Wie wäre Ihrer Meinung nach ein einzelner Techniker oder Ingenieur in einem der Unternehmen betroffen? 33 M. Bongards Technik & Ethik Übungsaufgaben Aufgabe 35 (Aufgabe wird nicht vergeben ! ) "Moralisches Handeln in der Berufspraxis – Ein Erfahrungsbericht" Vor ca. 5 Jahren hatte ich Gelegenheit in einer Unternehmensberatung ein Projekt durchzuführen, das einige der in der Vorlesung angesprochene Bereiche betrifft. Es handelte sich um ein deutsches Großunternehmen, das unsere Unternehmensberatung beauftragt hatte, eine umfassende Analyse der eigenen Marktposition und des Wettbewerbes durchzuführen. Im laufe des Projektes kam es zu Aufgabenerweiterungen, so dass u.a. eine Neustrukturierung des Vertriebsnetzes und Umorganisation der zentralen Einkaufsabteilung in unseren Aufgabenbereich fiel. Hierbei entstanden vielfältige Probleme, da natürlich auch Mitarbeiter betroffen waren. Sowohl mit dem Auftraggeber als auch firmenintern haben wir seinerzeit heftig diskutiert und versucht, unsere Entscheidungsprozesse so transparent wie möglich zu gestalten, um später begründet und fundiert entscheiden zu können. In meinem Referat werde ich die einzelnen Problemkreise schildern und unsere Lösungen darstellen, um zu zeigen, dass sich moralische und ethische (theoretische) Konzepte nicht immer in die Praxis übertragen lassen bzw. zu berichten, mit welchen Gegensätzen wir zu kämpfen hatten. Schwerpunkt wird nicht die Projektbeschreibung sein, sondern die Darstellung der vielfältigen "Stellgrößen" und Vorgaben, die in einem komplexen Entscheidungsprozess zu beachten sind und die daraus resultierenden moralischen/ethischen Konflikte. 34 M. Bongards Technik & Ethik Übungsaufgaben Aufgabe 36 "Internet-Überwachung und -Kontrolle am Arbeitsplatz" Einleitung Was ist zulässig? -Gesetzliche Grundlagen (Betriebsverfassungsgesetz, Bundesdatenschutzgesetz, Telekommunikationsgesetz, Strafgesetzbuch) - Mitbestimmung des Betriebsrates Welche Möglichkeiten der Überwachung gibt es? -aktive Programme -passive Programme -offen operierende Software -unsichtbare Programme -Anbieter solcher Programme Diskussion - Der Gläserne Mitarbeiter Fragestellung: Wie würde ich mich verhalten, wenn meine Geschäftsführung ein System zur Überwachung der Mitarbeiter einführen will und ich es in die Tat umsetzen soll? Fazit 35 M. Bongards Technik & Ethik Übungsaufgaben Aufgabe 37 Soll ich mich für den Kollegen opfern? In den Augen meiner Vorgesetzten ist es mir bisher wohl gelungen, als guter Mitarbeiter zu erscheinen. Jährliche Karrieregespräche, ein infolge Vorgesetztenwechsel entstandenes Zwischenzeugnis und vor allem die Gehaltsentwicklung der .fünf Jahre bei meinem Arbeitgeber lassen diese meine Vermutung als richtig erscheinen. Jetzt steht der kleinen Abteilung, in der ich tätig bin, eine dramatische Stellenreduzierung (etwa 50% der Mitarbeiter) ins Haus. Meine Vorgesetzten haben mir klar zu verstehen gegeben, dass ich zu den wenigen "nachher" noch vorhandenen Mitarbeitern gehören soll. Umgekehrt bedeutet das, dass mindestens ein von der Tätigkeit her mir direkt vergleichbarer - Kollege das Unternehmen wird verlassen müssen. Ich bin Anfang 30, wohne zur Miete und würde .für meine kleine Familie wohl (hoffentlich!!!) recht bald wieder ein Auskommen finden. Der akut zur Disposition stehende Kollege wird in wenigen Jahren 50, zahlt noch die Eigentumswohnung ab und hat bei einer Stellensuche wohl "sehr schlechte Karten ". Auch wenn besagter Kollege die nächste Umstrukturierung nicht überstehen würde: Wäre es vor dem beschriebenen Hintergrund völlig "unmöglich ", wenn ich dem Unternehmen anböte, mir anstelle des beschriebenen Kollegen zu kündigen? Würde ein künftiger Bewerbungsempfänger tatsächlich so etwas wie menschliche Größe darin sehen - oder eben nur "größtmögliche Blödheit"? 36 M. Bongards Technik & Ethik Übungsaufgaben Aufgabe 38 Bestechlichkeit An meinem Arbeitsplatz wurde ich mit einem Bestechungsfall konfrontiert. Dieser Fall bereitet meinem Gewissen ernsthafte Probleme und kann meine Karriere schädigen. Es gilt nun, einen Weg zu finden, den ich mit meinem Gewissen vereinbaren kann und der meiner Karriere keinen Schaden zufügt. Vor einigen Jahren stieß ich durch Zufall darauf, dass mein Vorgesetzter Bestechungsgelder von Lieferanten entgegennahm. Außerdem rechnete er z.B. Spesen für: nicht stattgefundene Reisen ab. Da er zu diesem Zeitpunkt bereits gekündigt hatte und ich noch nicht sicher im Unternehmen verankert war; habe ich aus Sorge um meinen Arbeitsplatz nie über diese Vorkommnisse gesprochen. Später ist dieser ehemalige Vorgesetzte zurückgekehrt und jetzt wieder mir übergeordnet. Verantwortliche Mitarbeiter, die ihm schon länger unterstellt sind, beschweren sich darüber; dass dieser Vorgesetzte ihre Kompetenzen durch die Auswahl bestimmter Lieferanten beschneidet, dadurch ergeben sich klar erkennbare Nachteile für das Unternehmen. Diese Beobachtungen lassen vermuten, dass dieser Vorgesetzte nach wie vor bestechlich ist. Die Konsequenzen der zu vermutenden Bestechung hätte ich in meinem Verantwortungsbereich zu tragen: Mit ungeeigneten Lieferanten erreichen wir keine überzeugende Wirtschaftlichkeit, ich erreiche meine vorgegebenen Ziele nicht und verdiene weniger: Kommt es durch Entscheidungen meines Vorgesetzten zur Auswahl ungeeigneter oder außerhalb geltender Vorschriften arbeitenden Subunternehmer; müsste ich als nominell für deren Einsatz verantwortlicher Mitarbeiter sogar mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen. a) Bin ich verpflichtet, meinen Arbeitgeber auf die vermutete Bestechlichkeit hinzuweisen? b) Will es mein Arbeitgeber überhaupt wissen, wenn ein Mitarbeiter bestechlich ist? Bewertet er mehr den bestechlichen Vorgesetzten oder mich als Störenfried? c) Wie verhalte ich mich am klügsten? 37 M. Bongards Technik & Ethik Übungsaufgaben Aufgabe 39 Bestechlichkeit: anonym melden? (Zum Verständnis lesen Sie auch bitte Aufgabe 38) … möchte ich eine Facette ergänzen, die vielleicht … anderen hilft, Gewissenskonflikte zu lösen: In seinem Brief berichtet der Leser von erkennbaren Nachteilen für das Unternehmen durch die Auswahl ungeeigneter Lieferanten und Subunternehmer: Wenn diese Angaben zutreffend sind, handelt es sich um objektive Sachverhalte, die ohne Nennung von Namen, jedoch mit konkreten betrieblichen Angaben (Ausschreibungsnummer; Bestellvorgang, Lieferantennummer usw.) belegt werden können. An solchen konkreten Informationen ist jede Unternehmensleitung interessiert, um den ordnungsgemäßen Geschäftsablauf wieder sicher zu stellen. Wenn solche konkreten sachlichen Detailangaben z. B. auch in einem anonymen Hinweis genannt werden, wird man diese Angaben prüfen. Die Sachverhaltsaufklärung z. B. durch die Interne Revision wird dabei auch das Handeln verantwortlicher Personen umfassen. Sollte persönliches Fehlverhalten festgestellt werden, wird das Unternehmen daraus auch Konsequenzen ableiten. Ich empfehle dem Einsender daher; die Unternehmensleitung korrekt über die objektiven Sachverhalte zu informieren, ohne dabei zu denunzieren und ohne dabei selbst in Erscheinung treten zu müssen. In einigen Unternehmen gibt es bereits hierzu eine Telefon-Hotline oder einen Ombudsmann. Ich stütze meine Empfehlung auf langjährige Erfahrungen als Revisor und als Mitarbeiter des Personalwesens eines Großunternehmens. a) Ist dies ein gangbarer Weg für den Mitarbeiter? Welche Probleme sehen Sie als Mitarbeiter bei der praktischen Realisierung? b) Welche Vor- und Nachteile hat die Unternehmensleitung, wenn Sie diese Politik unterstützt? c) Welche Alternativen sehen Sie für die Unternehmensleitung? 38 M. Bongards Technik & Ethik Übungsaufgaben Aufgabe 40 Walter Bübl: Patente sichern den Fortschritt Sortenschutz und Patentschutz legen bestimmte Rechte und Pflichten für die gewerbliche Nutzung eines Produktes für einen definierten Zeitraum fest. Patente werden auf Erfindungen erteilt. Dazu muss eine Erfindung bestimmte Kriterien erfüllen: die der Neuheit, der Erfindungshöhe, also des damit verbundenen Fortschritts, und die gewerbliche Anwendbarkeit. Der Patentschutz gilt 20 Jahre ab Patentanmeldung. Nach Ablauf dieser Zeit kann jede Erfindung frei genutzt werden. Bereits 18 Monate nach der Anmeldung muss die Erfindung vollständig und nacharbeitbar offengelegt werden. Daher fördern Patente die Transparenz und die Weitergabe von Wissen an Wissenschaft und Forschung. Ein Großteil der neuen Pflanzensorten, die durch traditionelle Züchtung geschaffen wurden, erfüllt nicht die Kriterien zur Patentierung. Hier hilft der Sortenschutz. Warum benötigen wir Patente? Erfindungen verursachen meist erhebliche Kosten für Forschung und Entwicklung. Lizenzgebühren bieten die Möglichkeit, diese Kosten wieder einzuspielen und künftige Forschungen zu finanzieren. Patentschutz ist also die Voraussetzung für Investition und Innovation. Damit aus pflanzen-biotechnologischen Erfindungen vermarktungsfähige Produkte werden, ist nicht nur Kapital, sondern auch viel Zeit, Kompetenz und Erfahrung erforderlich. Kleinere Unternehmen der Biotechnologie- und Saatgutbranche sind daher oft auf finanzstarke Partner angewiesen. Der Patentschutz sichert hierbei ihre Forschungsergebnisse und verhilft dem kleineren Partner zu einer fairen Verhandlungsposition. Auch öffentliche Forschungseinrichtungen nutzen diesen Schutz. Der Patentschutz erstreckt sich nur auf Länder, in denen Patente eingereicht und erteilt werden. Da das Anmelden von Patenten sehr kostenintensiv ist, werden sie vornehmlich in den wichtigsten Industrieländern angemeldet, jedoch kaum in Entwicklungsländern. Pflanzensorten können nicht patentiert werden. Ebenso sind die bloße Entdeckung von Pflanzen oder auch Gensequenzen nicht patentierbar. Zwei Beispiele: Das Erbgut der Reispflanze ist inzwischen weitgehend entschlüsselt, die Daten sind frei verfügbar. Die Arbeiten am Weizengenom sind fortgeschritten; große Biotechnologiefirmen haben dazu beigetragen. Auch ein "Patent auf Leben" gibt es nicht. Der Begriff "Leben" ist als Abstraktion nicht patentierbar. Ebenso wenig gewährt ein Patent Eigentumsrechte an einem Produkt oder an biologischem Material, das auf einer patentierten Erfindung beruht. Rund ein Viertel der weltweit mit transgenen Kulturpflanzen bestellten Flächen entfielen im Jahr 2002 auf Entwicklungsländer. Indien, Kolumbien und Honduras kamen neu als Anbauländer hinzu. Die größten Wachstumsraten erzielte China, das beträchtliche Summen in die Erforschung und Entwicklung der Grünen Gentechnik investiert. Fachleute erwarten, dass China binnen kurzem zum Exporteur dieser Technologien im asiatischen Raum entwickeln wird. Entscheidend ist dabei die schnelle Umsetzung von Forschungsergebnissen in die Praxis. Die Entwicklung von relativ salztoleranten oder trockenresistenten Pflanzen, der "Goldene Reis" mit erhöhtem Provitamin A-Gehalt oder Papaya mit eingebauter Virusresistenz zeigen, dass für einige große Probleme der Entwicklungsländer konkrete Lösungen möglich sind. Zur Ernährung der Weltbevölkerung ist es bis zum Jahr 2050 notwendig, die Produktion pflanzlicher Grundnahrungsmittel auf dem weltweit begrenzten ackerbaufähigen Land zu verdoppeln. Das ist nur mit den Entwicklungsländern zu erreichen. Grüne Gentechnik bietet die Möglichkeit zur Selbsthilfe und zur nachhaltigen Entwicklung. Kein Landwirt der Welt kann gezwungen werden, teures Saatgut zu kaufen, das ihm keinen Vorteil bietet. Die Marktwirtschaft, so sie nicht behindert wird, stellt sicher, dass mit geschützten Sorten erzielte Gewinne zwischen den Marktbeteiligten geteilt werden. Die Patentrichtlinie der Europäischen Union bestätigt ausdrücklich das "Landwirtsprivileg": Danach ist ein Landwirt berechtigt, sein Erntegut auf seinem eigenen Land in den Folgejahren unter den gleichen Konditionen als Saatgut zu verwenden. Handel, Tausch oder Weitergabe des Nachbausaatguts sind nicht gestattet. Falls Spuren eines patentgeschützten Merkmals - zum Beispiel durch Pollenflug - beim Nachbarn aufzufinden sind, gilt dies nicht als bewusste Patentverletzung. Wenn man die Nahrungsmittelproduktion auf bestehenden Ackerflächen steigert, so ist das auch der beste Schutz der Biodiversität - etwa der Regenwälder oder Trockengebiete - Rodungen oder Bewässerung zur Ausweitung des Anbaus sind dann nicht mehr notwendig. Walter Bübl ist Koordinator für BayerCropscience Deutschland. 39 M. Bongards Technik & Ethik Übungsaufgaben a) Stellen Sie die Argumentation kurz dar. b) Prüfen Sie die vorgebrachten Argumente mit eigenen Recherchen. c) Welche ethischen Prinzipien liegen der hier vorgebrachten Argumentation zu Grunde? 40 M. Bongards Technik & Ethik Übungsaufgaben Aufgabe 41 Christoph Then: Patentiertes Saatgut gefährdet die Welternährung In den letzten 10 Jahren fand parallel zur Ausweitung des Patentschutzes auf den Bereich des Saatgutes -eine intensive Konzentration statt, aus der wenige Agrochemie-Konzerne als Gewinner hervorgingen: DuPont, Monsanto, Syngenta und Bayer - alles Firmen, die aus dem Chemiegeschäft kommen und jetzt ganz oben auf der Liste der transnationalen Saatgut-Multis stehen. Nur diese „big players“ können im Millionenspiel der Patentstreitigkeiten überleben, können von Konkurrenten benötigte Exklusivrechte aufkaufen und im Streit mit anderen Firmen genug Patente als Verhandlungsmasse einbringen. Was diese Firmen in ihren Genbanken ansammeln oder in den Zuchtgärten vermehren, wird der Allgemeinheit entzogen und, kommt erst auf den Markt, wenn patentgeschützte Gene eingebaut wurden und Anbau, Vermehrung und Ernte des Saatgutes durch Exklusivrechte kontrolliert werden können. In einem einzelnen Reiskorn können sich inzwischen einige Dutzend Patentansprüche verstecken. Der Schweizer Forscher Potrykus, der Reis gentechnisch mit Vitamin A aufrüsten will, stellte fest, dass er dabei mit bis zu 70 Patenten und 32 Patentinhabern in Konflikt geraten könnte. Über 300 Patente wurden in Europa bereits erteilt, die ausdrücklich pflanzen und Saatgut beinhalten. Hinzu kommt eine große Zahl weiterer Patente, die dem Wortlaut nach nur Verfahren umfassen, sich aber auch auf Anbau und Züchtung von Nutzpflanzen erstrecken. Längst reklamieren die Firmen Pflanzen auch ohne gentechnische Veränderung als ihre Erfindung: Für das Patent EP 744 888 reichte es aus, dass die Firma DuPont den Ölgehalt in Maiskörnern analysiert, um ein Monopol auf alle Maispflanzen mit einer bestimmten Ölqualität zu erhalten. Gegen das Patent legte unter anderem die Regierung von Mexiko Einspruch ein: Mais mit dieser Ölqualität wird seit Jahrhunderten in Lateinamerika angebaut. Monsanto analysierte die Gene bestimmter Soyasamen aus China und beantragte im Jahr 2000 ein Patent auf alle Pflanzen, die diese Gene von Natur aus in sich tragen (WO 0018963). Bis vor kurzem galt der freie Zugang zu genetischen Ressourcen für die Züchtung als conditio sine qua non: Für Pflanzen wurde unter anderem in Europa ein besonderes System des geistigen Eigentums entwickelt: der Sortenschutz. Er geht davon aus, dass der Zugang zu genetischen Ressourcen frei von exklusiven Ansprüchen bleiben muss, um Forschung und Entwicklung nicht zu behindern. Zwar hat der Sortenschutzinhaber ein exklusives Recht, sein gezüchtetes Saatgut zu verkaufen, doch der sogenannte Züchtervorbehalt ermöglicht einen permanenten Prozess der Innovation: Jeder Züchter, der eine neue Pflanzensorte züchten will, hat freien Zugang zum durch Sortenschutz geschützten Saatgut. Weist seine Sorte wirklich neue Eigenschaften auf, erlischt das Recht der vorherigen Züchter, die neue Pflanzensorte kann vermarktet werden. Anders als im Sortenschutz tritt mit dem Patentrecht an die Stelle des freien Zugangs die Möglichkeit zu weitreichenden Blockaden der züchterischen Arbeit mit den patentgeschützten Pflanzen. Zudem umfassen die Patente alle Stufen der Wertschöpfung - vom Acker bis zum Lebensmittel. Vor den Folgen der Patentierung, vor allem für die ärmeren Länder, warnen unter anderem die Rockefeller Foundation und UNEP, das Umweltprogramm der Vereinten Nationen. Eine aktuelle Übersicht über die Entwicklung findet sich im Bericht „Integrating Intellectual Property-Rights and Development Policy” der UKCommission on Intellectual Property Rights aus dem Jahr 2002, die den Entwicklungsländern empfiehlt, Patente auf Pflanzen und Saatgut gänzlich zu verbieten. In der Nature-Ausgabe vom Februar 2003 wird die Situation ebenfalls als dramatisch eingeschätzt: Parallel zur Ausweitung privater Urheberrechte wurden die Gelder für die öffentliche Forschung drastisch gekürzt. Zugleich erschwert die Patentierung den Zugang zu genetischen Ressourcen, Saatgut wird zu teuer, insbesondere für die Entwicklungsländer. Diese Fragen werden derzeit in Europa und weltweit auf verschiedenen Ebenen beraten: Die EU verlangt von ihren Mitgliedsländern, Patente auf Saatgut und Pflanzen anzuerkennen. Der Deutsche Bundestag wird deswegen in den nächsten Wochen erneut über die Umsetzung der EU-Richtlinie „Rechtlicher Schutz biotechnologischer Erfindungen“ zu beraten haben. Zudem wird bei der Welthandelsorganisation WTO und der World Intellectual Property Organisation (WIPO) über die Abschaffung aller Ausnahmen der Patentierbarkeit weltweit verhandelt. Greenpeace fordert, dass Patente auf Saatgut, auf Pflanzen und ihre Gene international verboten werden. Christoph Then ist Patentexperte bei Greenpeace in Hamburg. 41 M. Bongards Technik & Ethik Übungsaufgaben a) Stellen Sie die Argumentation kurz dar. b) Prüfen Sie die vorgebrachten Argumente mit eigenen Recherchen. c) Welche ethischen Prinzipien liegen der hier vorgebrachten Argumentation zu Grunde? 42