Silver Linings - Psychiatrienetz

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Silver Linings
Brav schiebt Pat Solano, ein kräftiger junger Mann, seine
Medikamente in den Mund, und spuckt sie bei der nächsten
Gelegenheit heimlich wieder aus. Damit ist der Schauplatz
politisch korrekt präsentiert: Pat befindet sich in einer
Psychiatrischen Klinik.
Heute wird er nur deshalb entlassen, weil seine Mutter eine
Erklärung für ihn unterschrieben hat. Später ist zu erfahren,
dass bei Pat eine bipolare Störung diagnostiziert wurde. Zur
Einweisung kam es, weil er seine Frau Nikki mit einem Geschichtslehrer unter der Dusche erwischt hat, und
gewalttätig reagierte. Nun war er 8 Monate in der „Anstalt“ und hat einige Auflagen: Er darf sich Nikki
nicht nähern, keinerlei Kontakt mit ihr aufnehmen und kein Telefon besitzen. Täglich muss er sich bei
seinem Psychiater in der Institutsambulanz melden. Weil er auch sein Haus und seinen Job verloren hat
muss er bei seinen Eltern unterschlüpfen. Er kehrt zurück in sein Kinderzimmer unterm Dach und hat nur
einen Gedanken: „Wie komme ich wieder mit Nikki zusammen?“
Sein Vater Pat senior, umwerfend verkörpert von Robert de Niro in seiner ersten besten Rolle seit Jahren,
dominiert das Familienleben mit ominösen Wettgeschäften in seinem Wohnzimmer; Nachbarn mit
Umschlägen kommen und gehen. Er ist ein glühender Anhänger der Philadelphia Eagles; leider hat er
wegen eines kleinen Durchbruchs ein Stadionverbot. Er leidet unter diversen Obsessionen und Zwängen.
Wehe, wenn die Fernbedienungen der diversen Geräte nicht in exakter Position vor dem Fernseher liegen.
Mutter Solano versucht die Wogen mit Pasta und Krabbensnacks zu glätten.
Pat ist unruhig und emotional immer auf der Kippe. Nach seinen täglichen Terminen bei dem angenehm
pragmatischen Psychiater der Ambulanz joggt er durch die Straßen des typischen Vorortviertels; die junge
hübsche Tiffany kreuzt immer häufiger seinen Weg. Verfolgt sie ihn? Sie ist ihm ein paar Nummern zu
abartig, denn sie hat auf den plötzlichen Tod ihres Mannes, eines Polizisten, völlig pervers reagiert: Sie hat
mit der gesamten Belegschaft ihrer kleinen Firma geschlafen. Nun ist sie arbeitslos und joggt hinter Pat
durch die Gegend und trainiert für einen lokalen Tanzwettbewerb.
Der Film beschränkt sich weitgehend auf diese Szenerie: Das Wohnzimmer mit den Fernbedienungen, die
Straßen und Häuser des Viertels mit den besorgten Gesichtern der Eltern und Großeltern an den Fenstern.
Über weite Strecken ist „Silver Linings“ ein Angehörigenfilm. Sie beobachten und überwachen ihre Lieben,
sie beruhigen und ermahnen, sie belauern argwöhnisch jede affektive Schwankung und wir als Zuschauer
zittern mit ihnen.
Pat überredet Tiffany, seiner Frau Nikki einen Brief zu überbringen. Tiffany stellt Bedingungen: Hilfst du
mir, dann helfe ich dir. Pat soll mit ihr gemeinsam beim Tanzwettbewerb auftreten. Wiederwillig macht er
mit. Gemeinsam üben sie ihre Schrittfolgen und Drehungen ein. Was könnte besser signalisieren, dass Pat
sich bemüht als diese Demonstration von Disziplin, Durchhaltevermögen und sozialer Anpassung. So hat
alles seinen Sinn, denn „every cloud has a silver shining“.
Vater Pat beobachtet, dass die Eagles immer dann gewinnen, wenn sein Sohn involviert ist. Also setzt er
alles auf eine Karte und zwar auf ein ganz bestimmtes Spiel der Eagles. Wie nun allmählich beides um Pat
herum und in einander verwoben wird – das entscheidende Spiel der Eagles und Tiffanys Tanzwettbewerb –
das ist schon clever ausgedacht und inszeniert. So bleibt es in jeder Hinsicht aufregend und amüsant bis
zum erhofften Happy End.
Wer möchte, der kann den Film interpretieren und analysieren als Illustration moderner sozialer
Netzwerkarbeit, oder noch besser als Fallbeispiel einer gemeindeintegrierten, ressourcen- und
lebensweltorientierten Psychiatrie. Man kann es aber auch einfach bleiben lassen und gemeinsam mit einem
hervorragenden, oscarverdächtigen Ensemble ein ganz klein wenig manisch dekompensieren.
Silver Linings – Wenn du mir, dann ich dir
USA 2012
120 Minuten
Regie: David O. Russell
Darsteller: Bradley Cooper, Robert De Niro, Jennifer Lawrence<xml></xml>
Ilse Eichenbrenner
©Psychiatrienetz
Letzte Aktualisierung:25.02.2013