Wie gefährlich sind Vulkane?

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Wie gefährlich sind Vulkane?
Unterrichtseinheit «Vulkanismus» – Thema «Gefahren»
Wie gefährlich sind Vulkane?
Abbildung 1: 16. Dez. 24h: Durch einen Lavastrom
werden Restaurants und Souvenirläden zerstört (Foto Marco Fulle).
Lernziele
1.) Sie können die Ursachen für die folgenschwersten Vulkankatastrophen beschreiben und
erklären und Sie verwenden dabei die richtigen Fachbegriffe.
2.) Sie können grobe Angaben dazu machen, wie viele Todesopfer es weltweit durch Vulkane zu
verschiedenen Zeiten gegeben hat.
3.) Sie können erklären, weshalb sich die Ursachen der Katastrophen in den letzten beiden
Jahrhunderten verändert haben.
In der folgenden Einführung erhalten Sie Informationen, die Sie anschliessend bei der Lösung der
Aufgaben benötigen. Es kommen Fachbegriffe vor, die Sie möglicherweise noch nicht kennen.
Diese sollten Sie im Stromboli online Fotoglossar nachschlagen:
Stromboli online => Fotoglossar (Link auf jeder Seite rechts oben)
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Unterrichtseinheit «Vulkanismus» – Thema «Gefahren»
Einführung
Menschen siedeln seit Jahrtausenden in der Nachbarschaft oder auf Vulkanen. Die Gründe hierfür
sind unterschiedlich:
•
Vulkane «sind einfach da»: In Gebieten mit hoher Bevölkerungsdichte kann man dieses
Gelände nicht ungenutzt lassen (Indonesien, Philippinen, Japan, Golf von Neapel); oder der
Vulkan ist der einzig mögliche Lebensraum (Vulkaninseln Stromboli, Santorin, Hawaii).
•
Die hohe Fruchtbarkeit vulkanischer Böden wird oft etwas übertrieben dargestellt; aber auf
stark verwittertem Vulkangestein kann sich in der Tat nach längerer Zeit gut Boden bilden.
•
Vulkane bilden als Touristenattraktion mancherorts die Basis für unzählige Arbeitsplätze im
Gast- und Transportgewerbe (z.B. Ätna, siehe Abb.1; Stromboli; Island).
Unerwartete grosse Vulkanausbrüche oder überraschende Fernwirkungen derselben verursachten
gemäss Schminke (2000) die folgenden Todesopfer:
1600-1899: Insgesamt 186'000 oder durchschnittlich 620 pro Jahr
1900-1986: Insgesamt 76'000 oder durchschnittlich 880 pro Jahr
Andere Naturgewalten, zum Beispiel tropische Wirbelstürme, Hochwasser oder Erdbeben sind im
Vergleich dazu weitaus verheerender. Zum Beispiel kamen allein im 20. Jahrhundert 2.2 Millionen
Menschen bei Erdbeben ums Leben, also jährlich im Durchschnitt 22'000! Bemerkenswert ist, dass
sich die Art der Vulkankatastrophen mit der Zeit gewandelt hat:
Abbildung 2: Prozentuale Verteilung der Todesopfer bei
Vulkaneruptionen aufgeteilt nach Ursachen
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Die vier schlimmsten bekannten Vulkankatastrophen waren die folgenden:
Tambora, Indonesien, 1815: 10‘000 direkte Todesopfer, 82‘000 durch Hungersnot: In einem
rieseigen Gebiet war sehr viel Asche gefallen. Dadurch wurden Felder und Ernten zerstört, und die
Selbstversorgung mit Nahrungsmitteln brach zusammen.
Krakatau, Indonesien, 1883: 36‘417 Todesopfer durch Tsunami (=> Bilder im Fotoglossar eines
kleinen, über die Küste Strombolis hereinbrechenden Tsunamis und seiner Schäden!)
«... Als am Morgen des 27. August 1883 die Hauptexplosion erfolgte, verschwand der grösste Teil
der Insel Krakatao. Eine untermeerische Caldera war eingebrochen. Durch das schlagartig in die
Caldera einstürzende Wasser wurde eine Flutwelle, ein Tsunami, ausgelöst, die sich mit einer Höhe
von nahezu 30 m über Java und Sumatra ergoss. Man muss sich vorstellen, dass - obwohl das
Wasser zuerst in die Caldera hineinstürzt - nach dem Zusammenprall in der Mitte eine Riesenwelle
wieder nach aussen geworfen wird ... Nach jedem Angriff wich das Wasser wieder zu rück, und
mehrere Stunden herrschte eine trügerische Ruhe, bis eine neue, noch grössere Welle heranrollte
und alles verschlang, was sich in Küstennähe befand.»
Nevado del Ruiz, Kolumbien, 1985: 23‘080 durch Lahar; Illustrationen im Fotoglossar!
Am 13.November 1985 explodiert der Nevado del Ruiz. Von 17.30 Uhr an kommt es in Armero zu
Niederschlägen von Bimssteinpartikeln und vulkanischer Asche. Die Leute werden nervös, doch die
Behörden beruhigen sie einmal mehr. Sie versichern, es handle sich nur um ungefährliche Explosionen, die nur die unmittelbare Umgebung des Kraters betreffe. Gegen 21 Uhr wird der Lärm der
Explosionen ohrenbetäubend; Bimssteine von Kopfgrösse regnet es noch in 9 Kilometern Entfernung. Das Rote Kreuz und der Bürgermeister entschliessen sich zur Evakuierung der Stadt, aber es
ist schon zu spät. In stockdunkler Nacht schiesst eine 40 Meter hohe Mauer aus Schlamm, Eis,
Baumstämmen und Steinen mit 35 Stundenkilometern über Armero herein und begräbt Häuser,
Fahrzeuge, Tiere und Menschen in einem Schuttstrom. Während die erste Schlammwoge eiskalt ist,
werden die folgenden zunehmend heisser und verbrühen die im Schlamm gefangenen Überlebenden.
Wie war es dazu gekommen? Von November 1984 an war äusserst zähflüssiges Magma allmählich
durch den Vulkanschlot aufgestiegen und hatte sich langsam der schnee- und eisbedeckten Oberfläche genähert. Seine Wärmeabstrahlung führte zur Bildung von Hohlräumen in den Gipfelgletschern, in denen sich Schmelzwasser ansammelte. Dieses Schmelzwasser führte beim
(ansonsten eher unbedeutenden) Ausbruch zum verheerenden Lahar.
Mont Pelee, Martinique, 1902: 28‘000 durch Glutlawine Illustrationen im Fotoglossar!
Am Morgen des 8. Mai 1902 kam die Glutlawine das Flusstal herab. Von Schiffen aus konnte
beobachtet werden, dass in weniger als 2 Minuten die Stadt erreicht war, woraus sich eine
Geschwindigkeit von 160 km/h errechnet. Plötzlich wurde es dunkel. Die Temperatur stieg
schlagartig so hoch, dass Glas schmolz. Dazu kam die Stosswelle, die selbst tonnenschwere
Gegenstände mehrere Meter weit fortbewegte. Obwohl der ganze Spuk nur wenige Minuten
gedauert hatte, und obwohl später nur ca. 30 cm Asche in den Strassen von St. Pierre lag,
überlebten von den 30'000 Einwohnern nur zwei - andere Quellen sprechen von drei oder vier
Personen.
Literatur
Schminke H.U. (2000) Vulkanismus; Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt ISBN 3-534-14102-4
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Aufgaben
1.) Bei den verheerendsten Vulkankatastrophen der Geschichte kamen die meisten Menschen nicht
direkt durch die Explosion des Vulkans (z.B. durch ausgeworfenen Bomben) zu Schaden,
sondern es gab « Fernwirkungen». Dadurch wird der Gefahrenbereich rund um den Vulkan
natürlich grösser. Halten Sie fest, wie die jeweilige «Fernwirkung» zustande kommt und
weshalb ihre Wirkung Schadenwirkung so gross ist.
2.) Wie beurteilen Sie die statistischen Informationen zu den Opferzahlen (mittlere jährliche
Anzahl, Art der Ursachen)? Welche Rückschlüsse kann man ziehen, zum Beispiel über die
Veränderung von der ersten zur zweiten Zeitperiode?
Die Lösungen...
stehen auf der nächsten Seite...
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Mögliche Lösungen
Aufgabe 1.)
Bei ausgedehntem Aschefall: Ernteausfälle, Hungersnöte bei Entwicklungsländern, auch in
entfernten Gebieten, da die Asche durch Wind über grosse Distanzen verfrachtet werden kann.
Bei Tsunamis: Zerstörung von Küstensiedlungen. Der Tsunami kann sich auf dem Meer über
hunderte von Kilometern ungehindert fortpflanzen, bis er auf eine Küste trifft. Vielerorts leben ja
besonders viele Menschen an der Küste.
Bei Laharen: Zerstörung von Siedlungen in Flusstälern – der Lahar ist flüssig, kann Dutzende von
Kilometern weit gelangen: Gerade dort leben ja am meisten Menschen, und weniger an den vor
Laharen sicheren Talflanken.
Bei Glutlawinen: Sie können ebenfalls weite Strecken überwinden, da sie sich wie eine Flüssigkeit
verhalten. Folgen analog wie bei Laharen.
Aufgabe 2.)
Bemerkenswert ist, dass die jährliche Opferzahl nur leicht zugenommen hat, obwohl im betreffenden Zeitraum die Erdbevölkerung enorm gewachsen ist.
Hungersnöte sind als Ursache weitgehend verschwunden, da heute Möglichkeiten bestehen, nach
einer Vulkankatastrophe Hilfsgüter ins betroffene Gebiet zu schaffen oder andere Hilfestellungen
zu leisten.
Die grosse Bedeutung der Ursachen «Lahare» und «Glutlawinen» nach 1900 wird geprägt durch die
beiden Grossereignisse an der Montagne de Pelee und am Nevado del Ruiz. Hätte sich nach 1900
ein grosser vulkanischer Tsunami ereignet, wäre diese Kategorie sicher viel bedeutender.
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