Altersteilzeit: Gesetzliche Neuregelung ab 1. Juli 2004

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Altersteilzeit: Gesetzliche Neuregelung ab 1. Juli 2004
Altersteilzeit:
Gesetzliche Neuregelung ab 1. Juli 2004
Nachdem bereits zum 1. Januar 2004 eine stufenweise Anhebung der Altersgrenze für die frühest
mögliche Inanspruchnahme von Altersrente nach Altersteilzeit von 60 auf 63 Jahre in Kraft getreten
ist, kommt es mit Wirkung vom 1. Juli 2004 zu weiteren wesentlichen Änderungen der gesetzlichen
Altersteilzeitregelungen. Durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am A rbeitsmarkt
(Hartz III) werden insbesondere die Aufstockungsleistungen des Arbeitgebers und die Erstattungsleistungen der Arbeitsverwaltung neu geregelt. Ausserdem wird eine spezielle Insolvenzsicherungspflicht
für Arbeitszeitgut haben aus Altersteilzeit eingeführt.
Nach der Gesetzesbegründung soll es sich bei den Neuregelungen vorrangig um Vereinfachungen
handeln, die darauf ausgerichtet sind, das Instrument der Altersteilzeit auch bei kleineren Unternehmen attraktiver zu machen. Allerdings führen die Neuregelungen auch zu einer Verringerung der Erstattungsleistungen und auch – insbesondere durch die neue Insolvenzsicherungs verpflichtung – zu
neuen Kostenbelastungen für die Arbeitgeber. Die gesetzliche Neuregelung sieht ab 1. Juli 2004 folgende Änderungen im Altersteilzeitgesetz (ATG) vor:
Regelarbeitsentgelt
Die Berechnungsgrundlage für die Aufstockungsbeträge und die zusätzlichen Beiträge des Arbeitgebers zur Rentenversicherung wird zukünftig nicht mehr das monatlich tatsächlich erzielte AltersteilzeitBruttoarbeitsentgelt, sondern das so genannte Regelarbeitsentgelt sein. Nach § 6 Abs. 1 ATG (neue
Fassung) handelt es sich hierbei um das auf einen Monat entfallende vom Arbeitgeber regelmäßig zu
zahlende sozialversicherungspflichtige Arbeitsentgelt, soweit es die Beitragsbemessungsgrenze des
Dritten Buches Sozialgesetzbuch nicht überschreitet. Entgeltbestandteile, die nicht laufend gezahlt
werden, sind nicht berücksichtigungsfähig.
Das berücksichtigungsfähige Regelarbeitsentgelt wird zukünftig generell durch die Beitragsbemessungsgrenze des SGB I I (Arbeitslosenversicherung) begrenzt, während bisher eine Deckelung des
aufstockungsfähigen Altersteilzeitentgelts nur dann vorzunehmen war, wenn die Beitragsbemessungsgrenze aufgrund einer Einmalzahlung überschritten wurde. Dies führt in der Folge zu einer Verringerung der Erstattungsleistungen der Arbeitsverwaltung. Darüber hinaus sind zukünftig bei der Ermittlung des Regelarbeitsentgelts variable Entgeltbestandteile, die nicht regelmäßig (= monatlich)
gezahlt werden, und Einmalzahlungen nicht mehr zu berücksichtigen. Dazu gehören insbesondere
das 13. Monatseinkommen und das zusätzliche Urlaubsgeld. Nach der gesetzlichen Neuregelung
können diese Entgeltbestandteile zwar weiterhin steuer- und sozialve rsicherungsfrei vom Arbeitgeber
aufgestockt werden, sind allerdings nicht mehr durch die Arbeitsverwaltung erstattungsfähig. Auch
dies führt zu einer Verringerung der Erstattungsleistungen.
Die Neuregelung sieht weiterhin vor, dass das Regelarbeitsentgelt zu Beginn des Erstattungsverfahrens in einem monatlichen Festbetrag für die gesamte Förderdauer festgelegt wird (§ 12 Abs. 2 Satz 1
ATG neue Fassung). Hierdurch wird die bisher monatlich vorzunehmende Berechnung der Aufstockungsleistungen entbehrlich, da aufgrund des Regelarbeitsentgelts die Aufstockungsleistungen für
die gesamte Dauer des Altersteilzeit-Arbeitsverhältnisses feststehen. Da das Regelarbeitsentgelt somit während der gesamten Dauer der Altersteilzeitarbeit grundsätzlich unverändert bleiben soll (Ausnahme: Verringerung des Regelarbeitsentgelts), wirken sich allerdings Erhöhungen des Altersteilzeitentgelts aufgrund von Tariflohnerhöhungen bei den Erstattungsleistungen zukünftig nicht mehr aus.
Dies führt ebenfalls zu einer Verringerung der Erstattungsleistungen der Arbeitsverwaltung, da die
Höhe der Erstattungsleistungen trotz Tariferhöhung unverändert bleibt.
Aufstockungsleistungen
Nach der bisherigen gesetzlichen Regelung muss der Arbeitgeber das Brutto-Altersteilzeitentgelt um
20 Prozent aufstocken, mindestens jedoch auf 70 Prozent des bisherigen pauschalierten Nettoentgelts des Arbeitnehmers (Mindestnettolohn-Tabelle). Diese gesetzliche Mindestsicherung entfällt zukünftig, so dass der Arbeitgeber nur noch eine Aufstockung um 20 Prozent des Bruttoentgelts vo rnehmen muss. Durch den Wegfall des Mindestnettoentgelts kommt es ebenfalls zu einer Verringerung
der Erstattungsleistungen der Arbeitsverwaltung.
Zusätzlicher Beitrag zur Rentenversicherung
Auch der zusätzliche Beitrag des Arbeitgebers zur Rentenversicherung wird zukünftig auf der Basis
des Regelarbeitsentgelts entrichtet, indem der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer zusätzlich Beiträge
mindestens in Höhe des Beitrags entrichtet, der auf 80 Prozent des Regelarbeitsentgelts für die Altersteilzeitarbeit (bisher: Unterschiedsbetrag zwischen tatsächlich erzieltem Entgelt und 90 Prozent
des bisherigen Arbeitsentgelts) entfällt. Diese Berechnung führt allerdings in der Regel zu Rentenversicherungsbeiträgen in gleicher Höhe, wie sie der Arbeitgeber schon nach der bisherigen Rechtslage
entrichten musste.
Insolvenzsicherung
Das Altersteilzeitgesetz sieht zukünftig erstmals eine spezielle Insolvenzsicherungspflicht für Arbeitszeitguthaben aus Altersteilzeit vor (vgl. § 8 a ATG neue Fassung). Diese Insolvenzsicherungspflicht ist
im Blockzeitmodell zwingend zu beachten, sobald das Wertguthaben aus der Altersteilzeit das Dreifache des Regelarbeitsentgelts übersteigt. In diesem Fall ist der Arbeitgeber zukünftig verpflichtet, das
Wertguthaben einschließlich des darauf entfallenden Arbeitgeberanteils am Gesamtsozialversicherungsbeitrag abzusichern. Bei der Ermittlung der Höhe des zu sichernden Wertguthabens ist zukünftig
eine Anrechnung der Aufstockungsleistungen nicht (mehr) möglich. Zudem schließt das Gesetz bestimmte Sicherungsmittel (z. B. Bilanzrückstellungen) ausdrücklich aus. Neben der Kostenbelastung
für die zwingende Insolvenzsicherung führt die Neuregelung auch zu einer bürokratischen Mehrbelastung, da der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer grundsätzlich die zur Sicherung des Wertguthabens ergriffenen Maßnahmen mit der ersten Gutschrift und danach alle sechs Monate in Textform nachweisen
muss. Kommt der Arbeitgeber dieser Insolvenz verpflichtung nicht nach, so kann der Arbeitnehmer
zukünftig unmittelbar aus dem Altersteilzeitgesetz einen Anspruch auf Stellung einer Sicherheit geltend machen.
Übergangsregelung
Aufgrund einer Übergangsregelung gelten die Neuregelungen erst für Altersteilzeit Arbeitsverhältnisse, die nach dem 30. Juni 2004 begonnen werden. Wird bzw. wurde mit der Altersteilzeitarbeit jedoch
vor dem 1. Juli 2004 begonnen, so finden die bisherigen Altersteilzeitregelungen auf diese Altersteilzeit-Arbeitsverhältnisse auch dann Anwendung, wenn sie über den 1. Juli 2004 hinaus andauern.
Maßgeblich ist der tatsächliche Beginn der Altersteilzeitarbeit (d. h. im Blockzeitmodell der Beginn der
Arbeitsphase), nicht dagegen der Zeitpunkt des Abschlusses der Altersteilzeitvereinbarung. Die Übergangsregelung kann dazu führen, dass der Arbeitgeber zukünftig unterschiedliche Abrechnungen für
seine Altersteilzeit-A rbeitnehmer vornehmen muss, da je nach Beginn der Altersteilzeitarbeit unterschiedliche Regelungen Anwendung finden. Will der Arbeitgeber diesen Aufwand vermeiden, können
auf Antrag auch die „Altfälle“ nach den ab 1. Juli 2004 geltenden Neuregelungen abgerechnet werden.
Tarifvertrag über die Altersteilzeit im Baugewerbe
Die oben dargestellten gesetzlichen Neuregelungen machen eine Anpassung des Tarifvertrages über
die Altersteilzeit im Baugewerbe vom 19. April 2000 für diejenigen Altersteilzeit-Arbeitsverhältnisse,
die ab dem 1. Juli 2004 beginnen, notwendig. Derzeit sind wir auf Geschäftsführungsebene bemüht,
schnellstmöglich mit dem Hauptverband der Deutschen Bauindustrie und der IG Bauen-Agrar-Umwelt
die diesbezüglichen Gespräche aufzunehmen.
Empfehlung für die betriebliche Praxis
Für die betriebliche Praxis ist zu empfehlen, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die in absehbarer
Zeit von den Möglichkeiten des Altersteilzeitgesetzes Gebrauch machen wollen, die Altersteilzeitarbeit
möglichst vor dem 1. Juli 2004 beginnen sollten, da die oben dargestellten Neuregelungen im Ergebnis zu einer Verschlechterung der Altersteilzeitleistungen führen werden. Insbesondere bei Blockzeitmodellen werden sich die Verringerung der Erstattungsleistungen und die neue Insolvenzsicherungspflicht negativ auf die Attraktivität des Instruments Altersteilzeit auswirken. Sollte der Beginn der beabsichtigten Altersteilzeitarbeit vor dem 1. Juli 2004 nicht möglich sein, so empfehlen wir, derzeit keine
verbindlichen Vereinbarungen über Altersteilzeit abzuschließen, solange der Tarifvertrag über die
Altersteilzeit im Baugewerbe nicht an die gesetzlichen Neuregelungen angepasst ist. (br.)