AOK-Forum – Ausgabe 2-2015

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AOK-Forum – Ausgabe 2-2015
AOK Forum
Informationen zur Gesundheitspolitik in Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern
Die Digitalisierung trägt erste Früchte
DIGITALE WELT
„Kassen sollten proaktiv werden“
Apps & Co. verändern das Gesundheitswesen. Die AOK Nordost nutzt die
­Möglichkeiten der neuen Medien – im Interesse ihrer Versicherten.
M
it dem Einzug der
digitalen Medien
im Gesundheitswesen ergeben sich
auch für die Krankenkassen neue Handlungsfelder. Die AOK
Nordost will diese
Möglichkeiten im
Interesse ihrer Versicherten nutzen.
Mit Blick auf die
teilweise heftig geführte Diskussion über mögliche
Risiken der digitalen Anwendungen im Gesundheitswesen plädiert die AOK Nordost
derweil für mehr Sachlichkeit. „Wenn über Digitalisierung im Gesundheitswesen
gesprochen wird, werden teilweise Äpfel mit Birnen verglichen“, sagt Frank Michalak,
Vorstandsvorsitzender der
AOK Nordost.
Für die Gesundheitskasse
seien zwei Dinge wesentlich:
„Zum einen geht es um technisch und digital unterstützte Ansätze im Bereich der
Beim zunehmend wichtigen
Thema Digitalisierung sollten
die gesetzlichen Krankenkassen
nicht abseits stehen, sondern
aktiv die Chancen der neuen
Technologie für eine effizientere
Patientenver­sorgung nutzen. So
lautet die Empfehlung von Professor Dr. Dirk Heckmann (Bild),
Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Sicherheitsrecht und Internetrecht an der Universität Passau. Die
große Herausforderung für die Kassen,
so Heckmann im Gespräch mit
dem AOK-Forum, bestehe darin,
das richtige Maß zwischen der
„hellen Seite“ der Digitalisierung
und deren „dunkler Seite“ zu
finden.
Seite 19
WIEDERVEREINIGUNG
Gesundheitsversorgung insbesondere chronisch kranker Menschen. Und zum
anderen geht es um
Präventionsangebote,
die dank
der digitalen Entwicklungen
vor allem technikaffine Menschen motivieren sollen, sich
mit dem Thema Gesundheit
zu beschäftigen.“
Dabei verfolgt die AOK
nur Angebote, die den Anfor-
„Vieles hätte man
­erhalten können“
derungen des Datenschutzes
entsprechen. Als gesetzliche
Krankenkasse stehe man für
Erfahrung und hohe Verantwortung im Umgang mit Sozialdaten von Versicherten.
Seiten 10 und 11
Ideen für gesundes Aufwachsen
Wie Studien belegen, nehmen
gesundheitliche Probleme bei
Kindern und Jugendlichen
zu; und auch das Wissen junger Menschen über eine gesundheitsbewusste Lebensweise ist teils nur schwach
Ausgabe 2 · 2015
ausgeprägt. Der Kinder- und
Jugendschutzbericht der Landesregierung M-V 2012 belegt
bereits für die unteren Schuljahre, dass etwa zwölf Prozent der Schüler übergewichtig sind, mehr als fünf Prozent
adipös. Der „Gesundheitspreis
Mecklenburg-Vorpommern
2016“ will hier gegensteuern.
Sein Thema „Gesundheit lernen – Gesund leben“. Es winken Preisgelder in Höhe von
Seite 9
30.000 Euro.
Vor 25 Jahren, am 3. Oktober
1990, wurde der Prozess der
deutsch-deutschen Wiedervereinigung vollendet – die Einheit
war besiegelt. Im Interview mit
dem AOK-Forum blickt Hartmut
Reiners (Bild), viele Jahre in Ministerien von Brandenburg und NRW
für Gesundheitsreformen zuständig,
auf bewegte Monate zurück. Sein Fazit
der Gesund­heitspolitik von damals: Viele Einrichtungen der
DDR hätten nicht abgewickelt,
sondern saniert werden können.
Seite 14
AOK Nordost
Ihr Draht zur Redaktion:
Tel.: 0800/265080-22202
[email protected]
www.aok-forum.de
Inhalt
2
AOK Forum Ausgabe 2 · 2015
Aus den Regionen
Vor Ort
4
13
Neues Gesundheitsnetz –
­Unfallkrankenhaus
Marzahn und AOK
Nordost schließen
IV-Vertrag für die
ambulante Betreuung.
5
Praxisbeispiel für außerklinische Beatmung – In einem Modellversuch werden Beatmungs­
patienten betreut, die ambulant
oft nicht optimal versorgt sind.
6
Gesundes Frühstück für
Abc-Schützen –
Aktion Bio-Brotbox feiert in
Brandenburg
Jubiläum.
Leserumfrage
Betriebsräte der KrankenhausPatienten: Zu Besuch bei Michael
Wardenga, Sprecher der Berliner
Patientenfürsprecher.
Live
14
25 Jahre Wiedervereinigung: GKV-Experte
Hartmut Reiners
blickt im Interview
auf bewegte Monate zurück.
15
AOK-Forum live in Berlin: Experten diskutieren Chancen und
Risiken EU-weiter Regulierungen
des Gesundheitswesens.
Selbstverwaltung im Dialog
7
16
8
Gesundheitsnachrichten
AOK hilft bei Parkinson – Ein
­neues Beratungsprogramm
der AOK Nordost richtet sich an
Betroffene und Angehörige.
Schnelle Hilfe im Pflegefall – In Rostock ist das bewährte Programm PfiFf gestartet – jetzt wird
es landesweit ausgedehnt.
9
Gesund aufwachsen – Gesundheitspreis Mecklenburg-Vorpommern
widmet sich der
Gesundheit Kinder
und Jugendlicher.
Im Fokus
10
Digitale Revolution im Gesundheitswesen – AOK Nordost plädiert für sachliche Diskussion über
­qualitätsgesicherte Angebote
zum ­Nutzen der Versicherten.
Kommentar
12
ngst vor dem groA
ßen Wurf – Hannes
Heine vom „Tagesspiegel“ befürchtet,
Berlins Gesundheitssenator Mario Czaja drücke sich
vor harten Entscheidungen beim
anstehenden Krankenhausplan.
Schatzkammer voller Ideen –
Alexander Schirp zieht Bilanz zu 20
Jahren „Berliner Gesundheitspreis“.
17
Gesetzgebungs­
kalender – SchwarzRot hat sich für den
Rest der Legislatur
noch viele Reformen
vorgenommen.
Medien
18
Bücher und Webseiten – Für Sie
gelesen und angeklickt.
Im Gespräch
19
Digitalisierung als Chance – Professor Dirk Heckmann, Experte
für Sicherheitsrecht und Internet,
sieht in der neuen Technik mehr
Chancen als Risiken.
Aus Nordost
20
Treffen der
­Olympioniken –
Beim traditionellen Sommerfest
der AOK Nordost in Potsdam
zeigte sich die Gesundheitskasse
von ihrer sportlichen Seite.
Drei Viertel empfehlen
das AOK-Forum weiter
Interessante Themenauswahl, regional
ausgewogene Berichte, übersichtliche
Struktur – so bewertet die überwiegende
Mehrheit der Leser das AOK-Forum. Dies
ist zumindest das Ergebnis der Umfrage,
zu der wir die Leser eingeladen hatten.
Der Rücklauf der Befragung zum kostenfreien, gesundheitspolitischen Magazin der AOK Nordost war zwar noch nicht
repräsentativ, zeigt aber Trends: Knapp
74 Prozent der Befragten würden das
AOK-Forum weiterempfehlen. „Die Hintergrundberichte sind sehr aufschlussreich“, so ein Kommentar. Ein anderer Leser, der das Heft zum ersten Mal erhalten
hat, meint: „Für mich ein gutes Heft.“
Für die Forum-Redaktion von besonderem Interesse waren die Fragen nach
digitalen Verbreitungswegen und Inhalten im Internet. Hier gehen die Meinungen auseinander: Immerhin jeder Zweite
wünscht sich auf der Internetseite www.
aok-forum.de weitere Informationen
oder thematische Präsentationen zu den
Artikeln im gedruckten Heft. Zwei Drittel (68 Prozent) könnten sich vorstellen,
die Inhalte zum Beispiel auch als E-MailNewsletter zu beziehen – die meisten davon alle zwei bis drei Monate. Gleichwohl
ist ein Drittel der Befragten „eher nicht“
für den digitalen Verbreitungsweg zu
begeistern, sondern will eine gedruckte
Ausgabe in den Händen halten.
Auch wenn bei Leserumfragen wie
im Leben oftmals der Spruch „Nicht gemeckert, ist genug gelobt“ gilt, wird das
Redaktionsteam die Hinweise zum AOKForum diskutieren und in die Weiterentwicklung des Formats einfließen lassen.
Platz für Ihre Meinung!
An dieser Stelle halten wir Platz für Ihre
Meinungen frei. Zuschriften richten Sie
bitte per Mail an:
[email protected]
Impressum
Das „AOK-Forum – Informationen zur Gesundheitspolitik in Berlin, Brandenburg und MecklenburgVorpommern“ wird von der AOK Nordost – Die Gesundheitskasse mehrmals im Jahr herausgegeben.
Redaktionelle Beratung:
Jürgen Heese, Ralf Heisig, Monika Klement
V.i.S.d.P.: Vorstandsvorsitzender Frank Michalak
Druck: Druckerei H. Heenemann
Paragraf 13 des Sozialgesetzbuches I verpflichtet Sozialversicherungsträger, wie die gesetzlichen Krankenkassen, die
Bevölkerung im Rahmen ihrer Zuständigkeit aufzuklären.
Kontakt: AOK Nordost, Pressestelle,
Behlertstraße 33a, 14467 Potsdam
Telefon: 0800 265080-22202, Telefax: -22926
E-Mail: [email protected]
Redaktion: Gabriele Rähse, Leiterin Pressestelle der
AOK Nordost (verantw.); Matthias Gabriel, AOK Nordost;
Thomas Hommel, KomPart
Grafik: Désirée Gensrich, KomPart
Verlag: KomPart Verlagsgesellschaft mbH
& Co. KG, Rosenthaler Straße 31, 10178 Berlin
Fotos: AOK Nordost (3, 5, 15); privat (12, 20); Unfallkrankenhaus Berlin (4);
Christian Lietzmann (6, 20), Jan Kuppert (6), Selbsthilfegruppe Ludwigsfelde, Neurologisches Fachkrankenhaus für Bewegungsstörungen/Parkinson Beelitz-Heilstätten (7), Michael Kirsten (13), Deutscher Bundestag/Katrin Neuhauser (17); IGBAU, CDU/CSU- Bundestagsfraktion/Frank
Ossenbrink (20); iStock: Creative-idea (1), blackred, Rawpixel Ltd, Yuri (4);
franckreporter (5); Attila Barabas, eatcute, andipantz (8); SolStock, fcafotodigital (9); Grafissimo (14); PeopleImages (15); akindo (17); Mlenny (18)
Redaktionsschluss: 2. Oktober 2015
Nachdruck nur mit Genehmigung der Redaktion; für unaufgefordert
eingesandte Texte und Fotos keine Haftung. Leserbriefe geben die
Meinung des Einsenders wieder; Kürzungen sind vorbehalten.
Meinung
AOK Forum Ausgabe 2 · 2015
3
Sichere Versorgung von Flüchtlingen
ist eine gesellschaftliche Aufgabe
I
lona ist ein aufgewecktes Mädchen.
Zusammen mit Mutter und Bruder ist
die Elfjährige nach der Annexion der
Krim durch Russland aus ihrer Heimatstadt Odessa geflüchtet. In diesem Frühjahr war sie mit ihrem kleinen Bruder
Max zum ersten Mal bei einem Arzt in
Deutschland. Mit unserer Russisch sprechenden Kinderärztin im AOK-Centrum
für Gesundheit (CfG) in Berlin konnten
wir der Familie unbürokratisch helfen
und etwa den Impfstatus der Kinder klären. Angesichts der Masernepidemie zu
dieser Zeit war das dringend notwendig.
Ilona und ihrer Familie konnten wir
als Krankenkasse helfen, da sie über eine Aufenthaltserlaubnis verfügen und
sich bei uns versichern konnten. Das garantiert ihnen – im Gegensatz zu den in
Erstaufnahmelagern und Notunterkünften wartenden Flüchtlingen aus Syrien,
Eri­t rea oder Afghanistan – eine umfassende medizinische Versorgung, die sie
mit der Gesundheitskarte in Anspruch
nehmen können. Die Syrer, Eritreer und
Afghanen dagegen sind bisher auf die Sozialbehörden angewiesen, die ihnen auf
langwierigem Weg – und das auch nur im
Akutfall – Behandlungsscheine für den
Arzt ausstellen. Wichtige Vorsorgeuntersuchungen oder Impfungen wie bei Ilona
zählen normalerweise nicht dazu.
Die Gesundheitsversorgung der in
Deutschland Hilfe suchenden Menschen
zu verbessern und zu entbürokratisieren,
ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.
Zu Recht hatten sich dies Bundesregierung und viele Landesregierungen auf
die Fahne geschrieben. Seit dem Flüchtlingsgipfel mit den Ministerpräsidenten
ist das Vorhaben von Kanzlerin Merkel,
dafür die elektronische Gesundheitskarte (eGK) einzuführen, leider ins Stocken
gekommen. Der Bund will zwar die gesetzlichen Voraussetzungen schaffen,
die Einführung der eGK bleibt aber den
Bundesländern überlassen.
Als AOK-Gemeinschaft warnen wir
vor einem „Flickenteppich“ aus Einzellösungen. Wir stehen bereit, die gesund-
heitliche Versorgung der Asylbewerber
durch eine effektive und möglichst verwaltungsarme Lösung zu unterstützen.
Dies kann dabei nur mit der elektronischen Gesundheitskarte gelingen und
darf nicht durch unterschiedliche Regelungen auf Ebene der Landkreise, kreisfreien Städte oder Bezirke konterkariert
werden.
Die AOK Nordost steht für landesweite
Lösungen in Berlin, Brandenburg und
Mecklenburg-Vorpommern bereit, im
Auftrag der Kommunen die Betreuung
zu übernehmen. Mit den Fachressorts
in Brandenburg und Berlin laufen dazu
bereits seit vielen Monaten intensive Gespräche.
Dass man regionale Lösungen – auch
ohne die jetzt vereinbarten bundeseinheitlichen Regelungen – finden kann,
beweisen Bremen, Hamburg und Nordrhein-Westfalen, wo maßgeblich durch
die AOKs die Gesundheitskarte für Asylbewerber eingeführt wurde. Eine von
Kritikern befürchtete Kostenexplosion
der Sozialbudgets der Länder hat es nicht
gegeben.
Nach dem Bund-Länder-Gipfel, der vie-
le drängende Fragen insbesondere zur
finanziellen Entlastung der Kommunen bei der Flüchtlingsbetreuung klären konnte, bleibt die künftige Ausgestaltung der Gesundheitsversorgung für
Asylbewerber noch offen.
Klar ist, dass wir schnell tragfähige,
flächendeckende Lösungen brauchen.
Diese Entscheidungen müssen jetzt endlich politisch gewollt und auch getroffen
werden. Als gesetzliche Krankenkasse
werden wir immer wieder Unterstützung
für die Umsetzung anbieten.
Bis dahin werden wir – wie viele engagierte Bürger auch – mit unseren Mitteln die Flüchtlinge in den Städten und
Gemeinden willkommen heißen und
im Einzelfall unterstützen, wo es geht.
Sei es etwa in der CfG-Kinderarztpraxis
oder indem wir Sportevents organisieren,
bei denen Asylbewerber wie beim kürzlichen Inter-Kultur-Cup des FC Internationale im Rahmen des „AOK-Fußballta-
Frank Michalak, Vorstandsvorsitzender
der AOK Nordost
ges für Vielfalt und Toleranz“ ein wenig
Abwechslung finden. Zudem kooperieren wir seit Kurzem mit der Berliner Initiative „Medizin hilft Flüchtlingen“, die
die medizinische Versorgung hunderter
Flüchtlinge in mehreren Erstaufnahmestellen mit ehrenamtlich tätigen Ärzten
stemmt.
Auf politischer Ebene werden wir uns als
solidarische Krankenversicherung weiterhin dafür stark machen, dass Mädchen
wie Ilona einen sicheren Zufluchtsort in
Deutschland finden. Und egal, ob sie ihren Weg nach der beschwerlichen und
oftmals gefährlichen Flucht in Deutschland oder einem anderen Land weitergehen: Zu einer angemessenen Betreuung
hierzulande gehört eine sichere Gesundheitsversorgung dazu!
Ihr
Schreiben Sie mir Ihre Meinung:
[email protected]
Berichte aus Berlin
4
AOK Forum Ausgabe 2 · 2015
Neues Gesundheitsnetz
in Marzahn gestartet
SPEZIALISIERTE HILFE
Wundzentrum
­eröffnet
Vor allem ältere Menschen leiden an chronischen Wunden.
Auf vier Millionen wird die Zahl
der Betroffenen in Deutschland
geschätzt, Tendenz steigend. Im
Berliner Centrum für Gesundheit
(CfG) hat die AOK Nordost für
ihre Versicherten ein Wundzentrum eröffnet, das auf die Behandlung offener Beine spezialisiert ist. Geleitet wird es von
Ullrich Katz. Er widmet sich seit
über 20 Jahren offenen Beinen,
die als häufigstes Krankheitsbild
bei nicht abheilenden Wunden
gelten. „Die Behandlung und
Heilung chronischer Wunden ist
immer eine Herausforderung.
Denn die Patienten leiden oft an
mehreren Grunderkrankungen, was
den Heilungsprozess erschwert“, so
Katz. Das Wundzentrum bietet ohne lange Wartezeiten eine spezialisierte ambulante Behandlung und arbeitet bei
Bedarf mit Ärzten anderer Fachrichtungen im CfG und den Hausärzten eng zusammen.
www.cfg-berlin.de
Unfallkrankenhaus Berlin und AOK Nordost schließen ­Integrierten
­Versorgungs-Vertrag (IV) für die ambulante Betreuung.
Fachärztliche Versorgung an
nur einem Ort, koordinierte Termine für eine schnelle
Behandlung, individuell abgestimmte Therapien, Vermeidung unnötiger Mehrfachuntersuchungen und im
Fall der Fälle Anbindung an
die Klinik: Die AOK Nordost
und das Unfallkrankenhaus
Berlin (ukb) verbessern die ko­
ordinierte ambulante Versorgung in Marzahn. Dazu hat
die Kasse einen IV-Vertrag mit
dem ukb geschlossen, das in
unmittelbarer Nähe zur Klinik ein Gesundheitszentrum
mit Poliklinik betreibt.
„Die von uns gesteuerte ambulante und stationäre
Behandlung aus einer Hand
ist ein Paradebeispiel für die
immer wieder geforderte sektorenübergreifende Versorgung“, betont Professor Dr.
Axel Ekkernkamp, Geschäftsführer und Ärztlicher Direktor des ukb. In enger Abstimmung mit der AOK Nordost
werde sichergestellt, „dass die
Patienten genau die Therapie
erhalten, die sie auch wirklich
brauchen“, so Ekkernkamp.
Zusammenspiel: ukb-Chef Professor Dr. Axel Ekkernkamp (l.) und Harald Möhlmann (AOK Nordost) präsentieren die Flyer zum neuen ambulanten IV-Vertrag.
Eingeschriebene Versicherte
werden im Gesundheitszentrum von einem Arzt betreut,
der als Lotse die Behandlung abstimmt. Das sorgt für
schnelle Termine und eine
strukturierte Therapie. Gerade für ältere Patienten ist dies
wichtig. So kann etwa eine Abstimmung von Arzneimittelverordnungen und Wirkstoffen erfolgen. Das verringert
die Gefahr unerwünschter,
gefähr­licher Wechselwirkungen. „Um die Versorgung über
Sektorengrenzen hinweg zu
verbessern, initiieren wir seit
über zehn Jahren im Rahmen
des Programms ,Mein AOKGesundheitsnetz‘ erfolgreiche Kooperationen. Mit dem
Gesundheitszentrum am ukb
haben wir ein herausragendes
interdisziplinäres Ärzteteam
gewinnen können“, so ­Harald
Möhlmann, Geschäftsführer
Versorgungsmanagement der
AOK Nordost.
www.mein-aokgesundheitsnetz.de
HÄUSLICHE KRANKENPFLEGE
Vergütungen steigen
Pflegedienste der Liga der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege in Berlin können
seit Juli mit einer höheren Vergütung für Leistungen der Häuslichen Krankenpflege (HKP) rechnen. In der zweiten Jahreshälfte
2015 steigen die von der AOK
Nordost gezahlten Vergütungen
für die Liga-Pflegedienste um
3,5 Prozent.
Die Vergütungsvereinbarung
läuft bis zum Jahresende. Im Zuge der Verhandlungen setzt sich
die AOK für tarifgerechte Bezahlung der Pflegemitarbeiter sowie zukunftsfähige Strukturen
auf dem umkämpften Berliner
Pflegemarkt ein.
Gelungener Karrierestart bei der AOK
62 junge Menschen haben ihre Karriere bei der AOK Nordost als einem der größten Ausbildungsunternehmen der
Region gestartet. In den nächsten drei Jahren werden sie als
Sozialversicherungsfachangestellte und Kaufmänner/frauen im Gesundheitswesen
sowie für Büromanagement
ausgebildet. Highlight: Praktische Kenntnisse können sie
im AOK-Junior-Servicecenter
in Berlin-Tegel unter Beweis
stellen.
„Wir freuen uns, im Wettbewerb um junge Fachkräfte
auch in diesem Jahr wieder ein
Team motivierter junger Frauen und Männer mit unserem
Ausbildungsangebot überzeugt zu haben“, sagte AOK-
Vorstandsvorsitzender Frank
Michalak zur Begrüßung in
Berlin. Seit 1991 hat die AOK
in Berlin, Brandenburg und
M-V mehr als 2.700 junge
Menschen ausgebildet. Die
Übernahmechancen stehen
gut. In den Vorjahren wurden die kompletten Ausbildungsjahrgänge in Vollzeitjobs übernommen.
Azubi-Bewerbungen noch
bis 31. Oktober 2015 unter
www.aok.de/karriere
Berichte aus Berlin
AOK Forum Ausgabe 2 · 2015
Praxisbeispiel für
außerklinische Beatmung
In einem AOK-Modellversuch werden Beatmungspatienten betreut,
die im ambulanten Bereich oft nicht optimal ärztlich versorgt werden.
Beatmungspatienten, die zu
Hause betreut werden, unterstützt die AOK Nordost mit
einem neuen Projekt. Mit der
„Praxis für außerklinische Beatmung“ des AOK-Centrums
für Gesundheit (CfG) in Berlin
soll in einem Modellversuch
die häusliche Versorgung dieser Patienten analysiert und
verbessert werden.
Einmal im Quartal besucht das CfG-Team die Patienten zu Hause und stimmt
sich mit Ärzten, Therapeuten, Pflegediensten und Hilfsmittellieferanten ab. Oft sind
es Details wie die geeignete
Trachealkanüle, die das Leben verbessern. In mehreren
Fällen konnte durch die fachärztliche Beratung geholfen
werden, die Patienten von
der Beatmung zu entwöhnen.
„Wir wollen gewährleisten,
dass die Patienten die für sie
richtigen Hilfsmittel und die
beste Behandlung und Betreuung erhalten“, sagt Dr.
Eckehard Frisch, Facharzt für
Pneumologie am CfG.
„Gemessen an der Schwere und Komplexität ihrer Er-
Hausbesuch bei Patientin Antje Mehlei: Pneumologe Dr. Eckehard Frisch (l.) informierte AOK-Pflege-Geschäftsführer Hans-Joachim Fritzen über das Projekt.
krankung sind viele Patienten
nicht optimal versorgt“, bilanziert AOK-Pflege-Geschäftsführer Hans-Joachim Fritzen.
Bisher finde die medizinische
Versorgung im Wesentlichen
durch Hausärzte und punktuell Fachärzte statt, die über
wenig Erfahrung in außerklinischer Beatmung verfügen.
Ausgezeichnetes Modellprojekt
Die „Praxis für außerklinische
Beatmung“ am Berliner AOKCentrum für Gesundheit betreut
seit 2014 rund 150 Versicherte.
Ziel des zweijährigen Modellversuches ist es, mittels Hausbesuchen eines qualifizierten
Pneumologen die Versorgung
von tracheotomierten Patienten mit und ohne invasiver
Beatmung zu verbessern. Auf
dem diesjährigen Kongress der
Deutschen Interdisziplinären
Gesellschaft für Außerklinische
Beatmung wurde das Projekt in
Düsseldorf ausgezeichnet.
5
GESUNDHEITSMANAGEMENT
KMU-Netzwerk auf
Berlin ausgeweitet
Der Krankenstand bei den Mitgliedern der AOK Nordost in Berlin ist 2014 im Vergleich zum Vorjahr leicht von 5,1 Prozent auf 5,2
Prozent gestiegen. Das zeigt der
Fehlzeiten-Report des Wissenschaftlichen Instituts der AOK.
Durchschnittlich war jeder AOKversicherte Arbeitnehmer in der
Hauptstadt 18,7 Tage krank. Der
Krankenstand bei Azubis lag in
Berlin sogar bei 6,3 Prozent und
damit bundesweit an der Spitze
(vgl. Bericht auf Seite 18).
Um Unternehmen und Firmen konkrete Unterstützung zur
Verringerung des Krankenstandes zu geben, ist die AOK Nordost seit Langem im Betrieblichen
Gesundheitsmanagement (BGM)
aktiv. Insgesamt wurden 2014
branchenübergreifend 188 BGMProjekte in Berlin, Brandenburg
und Mecklenburg-Vorpommern
begleitet.
Außerdem unterstützt die
AOK Nordost das von der Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg (UVB) und dem Deutschen
Gewerkschaftsbund initiierte Gesundheitskompetenz-Netzwerk
für kleine und mittelständische
Unternehmen (KMU), das jetzt
auch auf Berlin ausgeweitet wurde. In der Region Berlin-Brandenburg besteht das Netzwerk
derzeit aus 56 Unternehmen. Die
Mitglieder erhalten nicht nur eine
Bühne frei für die Junge Selbsthilfe
Von Musik bis Theater, von
Tanz bis Poetry und Rap: Die
Bandbreite bei der zweiten
Open-Stage-Veranstaltung
der Jungen Selbsthilfe in Berlin war groß. Junge Künstler
zeigten, dass es sich sehr gut
mit einer besonderen Lebenslage oder Erkrankung umgehen lässt – vor allem, wenn
man sich in einer Selbsthilfegruppe stärkt. Das bundesweite Praxisprojekt für Menschen im Alter zwischen 18
und 35 Jahren wird von der
AOK Nordost gefördert. „Die
Selbsthilfe ist eine wichtige
Säule im Gesundheitswesen
geworden“, sagt Werner Mall,
Leiter Prävention der Gesundheitskasse. „Chronisch Kranke oder Behinderte brauchen
ein enges Netz der Unterstützung. Betroffene, Patienten und ehemalige Patienten
übernehmen hier in Ergänzung zu professionellen Therapeuten und Helfern eine
wichtige Rolle.“ 2014 bewilligte die AOK für Projekte auf
Landes- und Regionalebenen
rund 600.000 Euro. Hinzu kamen 56.000 Euro für bundesweite Projekte, sowie rund
560.000 Euro im Rahmen der
kassenartübergreifenden Gemeinschaftsförderung. Damit
trägt die AOK Nordost unter
den Kassen einen hohen Anteil an der Basis- und Projektfinanzierung, insbesondere
der Selbsthilfegruppen.
www.zusammen-sindwir-viele.de
kompetente und individuelle Beratung zur Betrieblichen Gesundheitsförderung. Wichtig ist auch
der gegenseitige Austausch der
Unternehmen, um von anderen
Erfahrungen und Projekten zu
profitieren.
Zudem können sich Unternehmensvertreter von den AOKExperten zum Gesundheitscoach
ausbilden lassen. Diese Möglichkeit haben in diesem Jahr in
Berlin-Brandenburg 29 Personen aus 19 Unternehmen wahrgenommen.
www.aok-bgf.de/nordost
6
Berichte aus Brandenburg
AOK Forum Ausgabe 2 · 2015
Gesundes Frühstück aus der Bio-Brotbox
PALLIATIVVERSORGUNG
Kassen stärken
ambulantes Angebot
Die Kassen fördern die Spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) seit Sommer mit
verbesserten Vergütungs- und
Rahmenbedingungen. Ziel ist es,
die qualitativ gesicherte Versorgung und Begleitung sterbenskranker Menschen in der Häuslichkeit sowie im Pflegeheim
oder Hospiz zu stärken. Neun Palliative-Care-Teams (PCT) arbeiten
in Brandenburg in der SAPV. Zu
den multiprofessionellen Teams
gehören speziell ausgebildete
Ärzte, Pflegekräfte und Therapeuten, die rund um die Uhr erreichbar sind und mit Haus- und
Fachärzten eng kooperieren.
In der Vergütungsstruktur
werden längere Fahrwege auf
dem Lande sowie der hohe Koordinierungsaufwand der PCT
besser berücksichtigt. Neu ist zudem die Finanzierung von Supervisionen. „Es ist wichtig, dass die
Mitarbeiter Erlebnisse und Belastungen aufarbeiten können. Engagierte Palliativmediziner und
Palliative-Care-Pflegefachkräfte
leisten oft Hilfe über ihre eigenen Grenzen hinaus“, so Harald
Möhlmann, AOK-Geschäftsführer
Versorgungsmanagement.
VERGÜTUNGSABSCHLUSS
Pflegekräfte sollen
profitieren
Pflegekräfte in der Mark können
mit Einkommensverbesserungen rechnen. Pflegekassen- und
Leistungserbringerverbände im
Land verständigten sich auf eine
höhere Vergütung für ambulante Pflegeleistungen und hauswirtschaftliche Versorgung: 3,5
Prozent ab dem 1. Juni 2015 und
nochmals drei Prozent mehr Vergütung ab dem 1. Januar 2016.
Einvernehmen bestand zwischen Kassen und Pflegeverbänden darüber, dass das Mehr an
Geld auch den in der Pflege beschäftigten Mitarbeitern zugute
kommen muss. Die Pflegekassen wollen das im Rahmen von
Stichproben überprüfen.
2006 brachte die AOK die Bio-Brotbox-Idee mit auf den Weg. Heute erhalten
alle Erstklässler zum Schulstart eine ausgewogene Pausenmahlzeit.
Mit einer Festveranstaltung
vor 600 Grundschülern und
Lehrern hat die Bio-Brotbox
ihr zehnjähriges Jubiläum in
Brandenburg zum diesjährigen Schulstart gefeiert. Im
Kinderzirkuszelt der AOK
Nordost in Brandenburg an der
Havel gratulierten die Schirmherren der Aktion,
Bildungsminister
Günter Baaske und
Verbraucherschutzminister Helmuth
Markov, der Initiative zu ihrem erfolgreichen
Engagement: „Wir möchten
uns bei all denen bedanken,
die Jahr für Jahr dafür sorgen,
diese Idee mit Leben und die
Boxen mit Frühstücks-Leckereien zu füllen. Es ist gut,
wenn Kinder sich möglichst
früh damit beschäftigen, wie
wichtig eine ausgewogene
und gesunde Ernährung ist.“
Seit Gründung der Initiative
in Brandenburg, die sich für
ein gesundes Frühstück aller Schüler einsetzt, gehört
Daumen hoch (v.l.n.r.): Gerlinde König (AOK-Vorstand) mit
den Ministern Günter Baaske und Dr. Helmuth Markov.
die Gesundheitskasse zu den
Unterstützern. Neben finanzieller Hilfe haben in diesem
Jahr erneut mehr als 100 AOKMitarbeiter und -Azubis ehrenamtlich die gelben Boxen
mit Vollkornbrot, Möhren
und Müsli gepackt.
Unter ihnen war auch die
stellvertretende AOK-Vorstandsvorsitzende Gerlinde
König. „Als Gesundheitskasse gehört es zu unseren Aufgaben, bereits bei den Kleinen
ein Verständnis für gesunde
Ernährung und Bewegung zu
schaffen, um Erkrankungen
wie beispielsweise Übergewicht vorzubeugen“, so König.
Verteilt wurden in Branden-
burg rund 22.000 Boxen in
540 Grundschulen, weitere 33.500 Boxen wurden in
Berlin ausgeliefert. Auch in
Mecklenburg-Vorpommern
unterstützt die AOK die wachsende Initiative, die in diesem
Jahr mehr als 5.500 gesunde
Frühstücksrationen etwa in
Ludwigslust, Rostock und auf
Rügen verteilt hat.
Sporttag heißt Flüchtlinge willkommen
Beim Familiensporttag in
Stahnsdorf, den traditionell
der RSV Eintracht und die
AOK Nordost organisieren,
waren dieses Mal auch Flüchtlingsfamilien aus der Umgebung eingeladen. Gemeinsam mit den Sportlern und
Besuchern konnten sie einen
Tag mit vielen Angeboten erleben und gleichzeitig erfahren,
dass sie willkommen sind.
Während auf dem Sportplatz
der Fußball mit Teams des
RSV Eintracht 1949, von Her-
tha BSC, FC Energie Cottbus,
1. FC Union Berlin und 1. FFC
Turbine Potsdam beim U15Turnier im Mittelpunkt stand,
konnten die Zuschauer auf der
Bühne zum ersten Mal „ChillTime“ erleben. Bei der bunten
Talkshow mit den Puppen Lilly, Fred und Tino kam der vom
Fernsehsender VOX bekannte
Moderator Amiaz Habtu mit
der Schwimmerin, mehrfachen Paralympics-Siegerin
und AOK-Sportbotschafterin
Daniela Schulte (Bild) ins Gespräch.
Eine weitere Willkommens-Aktion für Flüchtlinge
war ein gemeinsames Turnier beim AOK-Fußballtag
für Vielfalt und Toleranz Ende September in Berlin.
Berichte aus Brandenburg
AOK Forum Ausgabe 2 · 2015
AOK hilft
aktiv bei Parkinson
Rund 20.000 Versicherte in Nordost haben Parkinson. Die Diagnose trifft
­Betroffene meist unvorbereitet: Ein Beratungsprogramm hilft weiter.
wirbeln
durch die Luft, Gymnastikbälle vibrieren im Takt: Mit
„Drums Alive“ hat die Parkinsongruppe Ludwigsfelde
im Juli ein neues Projekt gestartet, das Patienten helfen
soll, motorische Fähigkeiten
und Rhythmusgefühl zu trainieren. Das von der Gesundheitskasse geförderte Selbsthilfeangebot ist zugleich ein
Baustein des AOK-Beratungsprogramms „Aktiv gegen Parkinson“, das mit dem Neurologischen Fachkrankenhaus
für Bewegungsstörungen/
Parkinson in Beelitz-Heilstätten entwickelt wurde (siehe
Interview auf dieser Seite).
Ziel des Programms ist es,
die Lebensqualität der Patienten zu verbessern. Dazu trägt
etwa die mit der Deutschen
Parkinson-Hilfe entwickelte „MoveApp“ für Smartphones und Tablets bei. Hier stehen über 20 Anleitungen zu
Bewegungstrainings sowie
ein umfassendes Bewegungsprotokoll oder eine Medikamenten-Erinnerungsfunktion zur Verfügung. Zudem
Trommelstöcke
Im Rhythmus: Männer und Frauen der Parkinsongruppe Ludwigsfelde bei Bewegungsübungen im Park.
bezuschusst die AOK spezielle Fahrsicherheitstests, damit die Patienten sicher und
verantwortungsvoll am Straßenverkehr teilnehmen können. Damit die Selbstständigkeit möglichst lange erhalten
bleibt, übernimmt die Kasse
in Einzelfällen auch Kosten
für eine spezifische Parkinson-Bewegungstherapie.
Wichtiger Bestandteil von
„Aktiv gegen Parkinson“ ist
zudem die Aufklärungsarbeit
über die noch recht unbekannte Krankheit. So organisierte
die AOK mit Professor Ebersbach kürzlich eine Expertenhotline. Bei Fußballspielen
oder Laufwettbewerben klärt
die AOK über das Thema auf
und wirbt um Spenden für die
Parkinson-Hilfe. Mit der von
der AOK unterstützten 6. Tulip-Gala fand kürzlich zudem
wieder das jährliche BenefizEvent der Parkinson-Hilfe in
Blankenfelde-Mahlow statt.
www.aok.de/nordost/
parkinson
„Krankheit stellt ein gewisses Tabu dar“
Herr Professor Ebersbach,
die Ursachen für Parkinson
sind kaum bekannt. Wird die
Krankheit in der alternden
Gesellschaft zunehmen?
Ja, die Zunahme ist wegen
des demografischen Wandels
schon heute zu beobachten.
Im Alter von 55 bis 65 Jahren
gibt es die meisten Erkrankungen. Wir schätzen die
Zahl der Patienten in Deutschland auf rund 250.000. Das ist
eine große Herausforderung
für unser Gesundheitssystem,
denn Parkinson-Patienten
brauchen eine spezialisierte
neurologische Versorgung.
Bei einem Leserforum von
Märkischer Allgemeiner und
AOK Nordost haben Sie als Experte viele Fragen zu beantworten gehabt. Aufklärung
tut also Not?
Unbedingt, die Krankheit
stellt noch ein gewisses Tabu
dar. Teilweise wird die Parkinson-Krankheit mit Alzheimer
gleichgesetzt und die geistige
Zurechnungsfähigkeit der
Betroffenen angezweifelt. Zudem werden bei Parkinson die
Abläufe langsamer. Das ist eine etwas ,unmoderne Krankheit‘ in der heutigen Zeit, in
der alles auf Tempo und Multitasking ausgerichtet ist.
Können die Erkrankten trotzdem ein halbwegs normales
Leben führen?
Die Diagnose ist ein Schock.
Parkinson ist aber eine gut
behandelbare Krankheit, bei
7
THEATERWORKSHOP
Mit Henrietta auf die Bühne
Den ersten Kindertheater-Wettbewerb des bundesweiten
Henrietta-Präventionstheaters
haben Schüler aus Zossen gewonnen. Die Goetheschule setzte sich mit ihrer Idee für eine
neue Szene im aktuellen AOKStück „Henriettas Reise ins Weltall“ unter mehr als 80 Einsendungen durch. Als Preis organisierte
das Theater-Ensemble im September in der Zossener Schule
einen Workshop, bei dem die
Grundschüler ihre Idee mit den
Theatermachern entwickelten,
um sie am Nachmittag vor Mitschülern und Eltern einmalig aufzuführen. In der neu gestalteten
Szene, die auf einem Süßigkeiten-Planeten spielt, wurden
kleine und große Zuschauer mit einem häufigen
Thema aus dem Alltag
konfrontiert: Für viele ist die Tafel Schokolade in schwierigen Situationen ein
Seelentröster. Besonders gesunde
Ernährung spielt
aber für die
Gesundheit
der Kinder
eine wichtige Rolle. „Der Süßigkeiten-Planet
machte das Rennen, weil mehr
in der Szene steckt als das bloße
Klischee, dass Kinder Süßes mögen“, begründete die stellvertretende AOK-Vorstandsvorsitzende
Gerlinde König die Jury-Wahl des
Gewinner-Beitrages.
Professor Dr.
Georg Ebersbach, Chefarzt
des Neurologischen Fachkrankenhauses
in BeelitzHeilstätten.
der es in vielen Fällen wirkungsvolle Medikamente
gibt. Es gehört aber auch eine
Anpassung des Lebensstils
dazu – man sollte aktiv bleiben, Sport treiben und soziale Kontakte pflegen. Mit dem
von unserer Fachklinik und
AOK entwickelten Beratungsprogramm helfen wir dabei.
Berichte aus Mecklenburg-Vorpommern
8
AOK Forum Ausgabe 2 · 2015
Wenn Familien Hilfe
im Pflegefall brauchen
KADIS-SOFTWARE
Pilotprojekt für
Diabetiker
Zur ergänzenden telemedizinischen Betreuung von Diabetikern haben die KADIS Managementgesellschaft und die
AOK Nordost einen integrierten
Versorgungsvertrag geschlossen. Das Angebot „Ther@Optimum Diabetes“ richtet sich an
Diabetiker mit therapiebedürftiger Stoffwechselsituation. Im
Zentrum steht die im Karlsburger Diabetes Forschungsinstitut entwickelte Simulationssoftware „KADIS®“ (KArlsburger
DIabetes Management System).
Mithilfe der Software sollen auf
Basis in der Häuslichkeit der Patienten ermittelter Gesundheitsparameter passgenaue Therapiesimulationen durchgeführt
werden. Anhand der Daten kann
in Absprache zwischen Arzt und
Patient kurzfristig eine Therapieoptimierung erreicht werden. Inwieweit dieser Ansatz wirksam
ist, wird nach Ende des zweijährigen Pilotprojekts evaluiert.
www.kadis-online.de
NEUE LEISTUNG
AOK fördert
sprechende Medizin
Die Einführung der ausführlichen sozialmedizinischen Gesprächsleistung beim Hausarzt vor
einem Jahr bewerten
Kassenärztliche Vereinigung M-V und AOK
Nordost positiv. Weil sich
Patienten oft nicht eingestehen
würden, nicht alles verstanden
zu haben, sei die neue Leistung
sinnvoll. Informierte Patienten
nehmen Angebote zur Gesundheitsvorsorge besser wahr und
setzen Therapien konsequenter
um. Während das in der bundesweiten Gebührenordnung etablierte hausärztliche Gespräch
nur geführt werden darf, wenn
eine Erkrankung bereits festgestellt wurde, helfe die Landesregelung ratsuchenden Menschen
bevor sie krank werden.
Das bewährte PfiFf-Programm der AOK Nordost ist in Rostock und
Greifswald gestartet. Jetzt soll es landesweit ausgeweitet werden.
Schlaganfall oder schwerer
Sturz: Unerwartet und schnell
kann ein Pflegefall eintreten.
Mit dem Programm „Pflege in
Familien fördern“ (PfiFf) werden ab sofort Familien in M-V
unterstützt, die Eltern, Partner, Kinder oder Bekannte zu
Hause pflegen. Entsprechende Kooperationen haben die
Universitätsmedizin in Rostock sowie in Greifswald mit
der AOK Nordost geschlossen.
Das von der AOK Nordost
entwickelte PfiFf-Programm
besteht aus mehreren Modulen mit praktischer Anleitung und theoretischer
Wissensvermittlung. Wenn
gewünscht, erhalten Angehörige schon im Krankenhaus und nach Entlassung
in die Häuslichkeit spezielle
Schulungen. Klinik-Entlassungsmanagement, die regionalen Pflegestützpunkte
und Pflegedienste arbeiten
eng zusammen, um eine stabile Pflegesituation im Alltag herzustellen und stationäre Wiederaufnahmen
zu vermeiden. Dazu hat die
AOK Pflegefachkräfte im Kli-
Zugewandt: Nach dem Start in Rostock interessieren sich bereits auch zahlreiche andere Kliniken für das Pflegeprogramm der AOK.
nikum weiterqualifiziert. Die
ersten Kurse für Angehörige –
mit praktischen Anleitungen
am Krankenbett – wurden
absolviert. Die Teilnahme ist
kostenfrei und unabhängig
von der Kassenzugehörigkeit.
Nach dem Start soll das Projekt PfiFf, das seit 2014 an 16
Brandenburger und an zwei
Berliner Kliniken erfolgreich
angeboten wird, schrittweise
landesweit angeboten werden.
„Etwa sieben von zehn Pflegebedürftigen werden zu Hause betreut. Das Projekt PfiFf
unterstützt die Angehörigen
und leistet einen wichtigen
Beitrag in der häuslichen Pflege“, lobt Sozialministerin Birgit Hesse. „Die Pflege kranker
Menschen ist hochkomplex
geworden und bedarf spezieller Kenntnisse. Diese geben wir als Experten gern an
die Angehörigen weiter“, sagt
Annett Laban, Pflegevorstand
an der Universitätsmedizin
Rostock.
www.aok-pfiff.de
Flagge steht für mehr Toleranz
Anfang Juli haben die Organisatoren des neunten Christopher Street Day (CSD) in
Schwerin unter dem Motto
„Homophobie raus aus den
Köpfen! Wissen schafft Akzeptanz.“ auf die Situation
homo-, bi- und transsexueller
Menschen in MecklenburgVorpommern aufmerksam
gemacht.
Die AOK Nordost unterstützte die Veranstaltung in
der Landeshauptstadt und
hisste vor ihrem dortigen
Verwaltungsgebäude die international bekannte Regenbogenfahne, um ein Zeichen
für mehr Toleranz zu setzen.
„Mit ihrem Engagement will
sich die AOK als weltoffenes
Unternehmen präsentieren
und für ein tolerantes Miteinander in der Gesellschaft werben“, so Frank Ahrend, Landesgeschäftsführer der AOK
Nordost in M-V.
Auch vor ihren Berliner
Gebäuden zeigte die Gesundheitskasse als Mitglied im
„Bündnis gegen Homophobie“
Flagge. Zudem engagiert sich
die Dreiländerkasse seit vielen Jahren auch in Netzwerken wie „Tolerantes Brandenburg“ gegen Intoleranz und
Rassismus.
AOK Forum Ausgabe 2 · 2015
Berichte aus Mecklenburg-Vorpommern
So wachsen Kinder und
­Jugendliche gesund auf
Die Neuauflage des Gesundheitspreises von Ärztekammer und AOK
widmet sich dem Thema Übergewicht im Kindes- und Jugendalter.
Nach seiner erfolgreichen
Premiere im Jahr 2014 schreiben die Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommern und die
AOK Nordost erneut den Gesundheitspreis MecklenburgVorpommern aus. Der Innovationswettbewerb, der alle
zwei Jahre stattfindet, steht
dieses Mal unter dem Motto
„Gesundheit lernen – Gesund
leben“.
Gesucht werden Projekte,
Modelle und zukunftsweisende Versorgungskonzepte,
die sich der Gesundheitsförderung von Kindern und Jugendlichen insbesondere bei
Übergewicht und anderen
gesundheitlichen Problemen
verschrieben haben. „Übergewicht mit all seinen Folgen
für die Gesundheit ist ein zentrales gesundheitspolitisches
Thema in Deutschland. Angesichts der hohen Zahl von gesundheitlichen Defiziten bei
Kindern und Jugendlichen
sind Ideen und Initiativen
zur Gesundheitsförderung
bereits im Kindesalter unverzichtbar“, betont Dr. Andreas
Crusius, Präsident der Ärzte-
Trotz überflüssiger Pfunde in Bewegung bleiben: Der Innovationspreis Mecklenburg-Vorpommern thematisiert die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen.
kammer Mecklenburg-Vorpommern. AOK-Vorstandsvorsitzender Frank Michalak
ergänzt: „Wir wollen mit dem
Gesundheitspreis praxiserprobte Ansätze und Lösungen
auszeichnen, die helfen, unseren Kindern ein gesundes Heranwachsen zu ermöglichen.“
Für den mit insgesamt
30.000 Euro dotierten Preis
können sich beispielswei-
se Kindertagesstätten und
Schulen, Sportvereine und
Jugendzentren sowie Kinderkliniken und RehabilitationsEinrichtungen bewerben.
Bewerbungsschluss ist
der 31. Dezember 2015. Eine
unabhängige Jury aus Wissenschaft, Praxis und Politik
entscheidet über die Vergabe
und Aufteilung der Preise, die
2016 überreicht werden.
www.aok.de/nordost/
gesundheitspreis
9
ÄRZTENETZ HAFFNET
Praxisassistent
im Einsatz
Der von der AOK Nordost in
Mecklenburg-Vorpommern geförderte Ärzteverbund „HaffNet“
erhält weitere praktische Unterstützung. Ein sogenannter Versorgungsassistent in der Hausarztpraxis (VERAH-Care) ist seit
Kurzem für das Ärztenetz in der
Region Uecker-Randow im Einsatz. Anthony Jyß ist dabei einer
von zwei männlichen Kollegen
unter den landesweit 106 Praxisassistentinnen.
Die Verah-Care-Praxisassistenten sollen die Hausärzte bei
der Patientenbetreuung ent-lasten. Sie dürfen im Auftrag des
Hausarztes nicht nur delegationsfähige Hilfeleistungen übernehmen, sondern kümmern sich bei
den Hausbesuchen auch um das
Fall- und Schnittstellenmanagement bei der Versorgung chronisch kranker Menschen. „Durch
diese neue Versorgungsform
entsteht für unsere Patienten,
für die teilnehmenden Ärzte und
unsere Partner eine Win-winSituation“, beschreibt Horst-Erich
Rapraeger, kaufmännischer Geschäftsführer des HaffNet, die
Vorzüge des Modells von AOK
Nordost und Kassenärztlicher
Vereinigung in MecklenburgVorpommern.
Die AOK Nordost fördert seit
vielen Jahren Ärztenetze, die eine abgestimmte Patientenversorgung zum Ziel haben.
www.mein-aokgesundheitsnetz.de
Clevere Ideen für aufgeweckte Kids
Das Thema des neuen Gesundheitspreises Mecklenburg-Vorpommern ist ein
buchstäblich gewichtiges:
Jeder zweite Erwachsene in
Mecklenburg-Vorpommern
bringt zu viele Pfunde auf die
Waage – jeder fünfte ist sogar krankhaft adipös. Damit
weist das Land nach SachsenAnhalt bundesweit die zweithöchste Adipositas-Rate auf.
Im deutschlandweiten Vergleich sind „nur“ 40 Prozent
der Bundesbürger zu dick.
Der Trend zum Übergewicht
betrifft aber nicht allein Erwachsene. Bereits die Einschulungsuntersuchungen
in Mecklenburg-Vorpommern zeigen, dass zwölf
Prozent der Schulanfänger
übergewichtig sind. Mit den
Klassenstufen nimmt ihr
Anteil auf nahezu 20 Prozent zu. Oftmals zeichnet
sich eine ÜbergewichtsKarriere ab – mit negativen
Folgen im Alter: Bluthochdruck, Gelenkprobleme oder
Diabetes. Allein die AOK
betreut in ihren ChronikerProgrammen knapp 200.000
Diabetiker im Land. Präventionsangebote der AOK im Bereich Ernährung und Bewe-
gung setzen daher bereits
bei der jungen Zielgruppe
an. Spezielle Setting-Projekte
in Kitas und Schulen, wie etwa Jolinchen-Kids oder das
Henrietta-Präventionstheater, versuchen Gesundheitsbotschaften frühzeitig
und altersgemäß zu
vermitteln. Auf spielerische Weise wird den
Kids gezeigt, dass Obst
und Gemüse nicht nur gesund sind, sondern ihre Zubereitung auch Spaß macht.
10
Im Fokus
AOK Forum Ausgabe 2 · 2015
Die digitale Revolution
erreicht das Gesundheitswesen
Die Digitalisierung ist in aller Munde – selbst Philosophen beschäftigen sich mit dem Thema.
Die AOK Nordost plädiert für eine sachliche Diskussion über qualitätsgesicherte
Angebote zum Nutzen der Versicherten.
Kleine Geräte , große Auf­
regung: Auf der Internatio­
nalen Funkausstellung im
September in Berlin waren
Smartwatches und Wearab­
les eine der meist beachteten
Produktgruppen. In der ge­­
sundheitspolitischen Debat­
te sind sie Anlass für heftige
Auseinandersetzungen. Als
kürzlich eine deutsche PCZeitschrift berichtete, dass
die AOK Nordost als erste
gesetzliche Krankenkasse
Quantified-Self-Hardware be­
zuschusst, entfachte sich eine
Kontroverse. Von „Apple-Jün­
gern“, „Big Brother“ und „Da­
tenmissbrauch“ war die Rede.
Aber worum geht es wirk­
lich? „Wenn über Digitalisie­
rung im Gesundheitswesen
gesprochen wird, werden teil­
weise Äpfel mit Birnen vergli­
chen“, sagt Frank Michalak,
Vorstandsvorsitzender der
AOK Nordost. Er plädiert für
eine Versachlichung der De­
batte, in der strikt unterschie­
den werden müsse: Zum einen
geht es um technisch und di­
gital unterstützte Ansätze im
Bereich der Gesundheitsversorgung insbesondere chro­
nisch kranker Menschen,
und zum anderen um Präven­
tionsangebote, die dank digi­
taler Entwicklungen vor al­
lem technikaffine Menschen
motivieren sollen, sich mit
dem Thema Gesundheit zu
befassen.
Im Versorgungsbereich wird
bereits seit vielen Jahren auf
Telemedizin gesetzt. Das für
schwer an Herzinsuffizienz
erkrankte Patienten entwi­
ckelte Versorgungsangebot
„AOK-Curaplan Herz Plus“
hilft mit Telemonitoring: Die
Patienten erfassen zu Hause
Parameter wie Herzfrequenz
und Gewicht. Mediziner wer­
ten die digital ans Telemedi­
zinzentrum übermittelten
Werte aus, um im Krisenfall
sofort intervenieren zu kön­
nen. Eine Studie der Universität Greifswald belegt: Die
Patienten haben eine höhe­
re Überlebenswahrschein­
lichkeit (siehe Titelthema im
AOK-Forum 3.2014). Bislang
E-Health-Gesetz soll 2016 in Kraft treten
Im Juli hat sich der Bundestag
in Erster Lesung mit dem EHealth-Gesetz beschäftigt. Im
Oktober folgt die Anhörung im
Gesundheitsausschuss, bevor
das Parlament im November
das Gesetz beschließen soll.
Ab 2016 soll das Regelwerk in
Kraft treten. Aus Sicht der AOK
enthält der Gesetzentwurf geeignete Re­g elungen zur Beschleunigung von eGK-Anwendungen und zum Ausbau der
Telematik-Infrastruktur. Das
grundsätzliche Problem der
gematik GmbH bleibt aber ungelöst: die Zuständigkeit für die
technische Infrastruktur und
für die inhaltliche Entwicklung
von Anwendungen. Die AOK
plädiert dafür, die Bereiche zu
trennen. Der AOK-Bundesverband bemängelt zudem, dass
zwar zahlreiche Vergütungsanreize für Ärzte und Krankenhäuser vorgesehen seien,
dafür aber zu wenig Sanktionsmöglichkeiten, um neue
eGK-Anwendungen durchzusetzen.
sind dies Insellösungen. Für
eine breite Anwendung ist
eine leistungsfähige Telematikinfrastruktur in Deutsch­
land notwendig. Sicherheit
und Schutz der Daten sind
dabei wesentliche Vorausset­
zungen – in der Telemedizin,
genauso wie bei GesundheitsApps, wie Dr. Bernhard Roh­
leder, Hauptgeschäftsführer
des IT-Branchenverbandes Bit­
kom, betont. „Ein hohes Maß
an Datenschutz hat in diesem
sensiblen Bereich oberste Pri­
orität“ (siehe Interview).
Dass dies in Zeiten von Daten­
schutzskandalen gewährleis­
tet werden kann, bezweifeln
Kritiker. Während Praktiker
im Gesundheitswesen nut­
zenbringende Ansätze in der
Versorgung wie etwa der Te­
lemedizin und im Bereich di­
gitaler Präventionsangebote
begrüßen, sehen Philosophen
die kleinen Helfer am Hand­
gelenk als Vorboten eines
weitreichenden Wandels der
Gesellschaft. Eine Mehrheit
der Nutzer lehnt die Weiter­
gabe von Gesundheitsdaten
bisher allerdings ab. Bei einer
Im Fokus
AOK Forum Ausgabe 2 · 2015
Bitkom-Umfrage in diesem
Frühjahr zeigten sich zwei
Drittel der Befragten skep­
tisch, bei einer kürzlichen
Erhebung des privaten Kran­
kenversicherers Continenta­
le waren es sogar 85 Prozent.
Überraschenderweise sind
ältere Befragte laut Bitkom
offener: Jeder zweite
Nutzer ab 65 Jah­
ren würde Daten
weitergeben. Je
konkreter und
einsichtiger der
Nutzen für die Be­
fragten ist, desto hö­
her fällt die Akzeptanz
aus. Das lässt zumindest ei­
ne weitere Bitkom-Befragung
zur elektronischen Gesund­
heitskarte (eGK) vermuten,
bei der das Gros der Befrag­
ten wichtige medizinische
Infos auf der Karte speichern
möchten (siehe Grafik).
Geschäftsführer der Gesund­
heitsforen Leipzig GmbH.
Seit vielen Jahren würden
ohne Probleme große Daten­
mengen zwischen Leistungserbringern und Krankenkas­
sen ausgetauscht. „Wir haben
international das beste Daten­
niveau“, so Nagel.
Die gesetzlichen Kran­
kenkassen tragen als Kör­
perschaften des öffentlichen
Rechts eine hohe Verantwor­
tung im Umgang mit Sozial­
daten, unterstreicht AOK-Vor­
stand Frank Michalak. „Das
Solidarprinzip ist Garant da­
für, dass auch die bei moder­
nen digitalen Anwendungen
erhobenen Gesundheitsdaten
nicht für eine einkommensab­
hängige Beitragsgestaltung
genutzt werden.“
Als gesetzliche Kranken­
kasse könne man innovative
Ansätze aber nicht der Indust­
Was Bundesbürger auf der eGK
für den Notfall speichern würden*
Blutgruppe
92 %
Medikamentenunverträglichkeiten
84 %
evtl. Implantate oder Prothesen
76 %
67 %
Hinweise zu chronischen Erkrankungen
keine Daten 5 %
* Repräsentative Befragung von 1.249 Personen ab 14 Jahren zur Fragestellung: „Auf der elektronischen Gesundheitskarte können Daten gespeichert werden, damit Patienten im Notfall schnell behandelt werden können. Welche Daten sollte die Gesundheitskarte Ihrer Meinung nach enthalten?“ Mehrfachnennungen möglich.
Quelle: Bitkom Research
Diese „smarte“ Nutzung der
eGK will auch die Bundesregierung voranbringen. Die
CDU-Bundestagsabgeordne­
te Dr. Katja Leikert sieht das
E-Health-Gesetz als ersten
Schritt, um Basis-Rahmenbe­
dingungen dafür zu schaffen.
„Es gibt kein Zurück aus dem
digitalen Zeitalter“, sagte Lei­
kert auf dem AOK-Forum live
zum Thema Digitalisierung
im vergangenen Juni in Ber­
lin. „Wir müssen die Chan­
cen nutzen, sonst werden wir
von der Wirklichkeit über­
holt.“ Dass der Datenschutz
in Deutschland gut sei, be­
tonte auf dem von der AOK
Nordost organisierten Dis­
kussionsabend Roland Nagel,
Interview
„Datenverarbeitung in der
­Medizin kann Leben retten“
Für Dr. Bernhard Rohleder, Hauptgeschäftsführer
des IT-Verbandes Bitkom, hat Datenschutz in der
Digitalisierungdebatte hohe Priorität. Instrumentalisiert werden dürfe das Argument aber nicht.
Herr Dr. Rohleder, Fitnesstracker und andere Wearables
sind ein heißes Thema, seit
die ersten Kassen die Bezuschussung angekündigt haben. Warum entzündet sich
an den kleinen Geräten eine
so grundlegende Diskussion?
Wenn es um neue Technologien geht, gibt es immer mal
wieder Diskussionen – leider
auch unsachliche. Nüchtern betrachtet bieten Wearables große Chancen. Bewegungsarmut
ist eine der Hauptursachen für
viele Krankheiten, und Fitnesstracker können auf spielerische
Weise zu mehr Bewegung motivieren. Es spornt an zu sehen,
wie viele Kilometer man zurückgelegt oder wie viele Kalorien man verbrannt hat.
88 %
Medikationsplan
rie und der privaten Versiche­
rungswirtschaft überlassen.
„Mit dem Einzug der di­
gitalen Medien haben sich
auch für die Krankenkassen
neue Handlungsfelder in der
Prävention ergeben“, erläu­
tert Präventionsexperte Kai
Kolpatzik vom AOK-Bundes­
verband. Die elektronischen
Gesundheitsassistenten kön­
nen durchaus dazu beitragen,
„dass Menschen gesünder
leben und kompetenter auf
diesem Feld werden“, so Kol­
patzik. Die AOKs haben mitt­
lerweile nahezu 30 Apps im
Portfolio, die entsprechende
Wünsche unterschiedlicher
Zielgruppen passgenau be­
dienen.
11
Hersteller und Software-Entwickler setzen auf digitale
Gesundheitsprodukte:Wie
geht die Entwicklung weiter?
Der Markt für Gesundheits-Apps
und Wearables wird explosionsartig wachsen. Gleiches gilt
für telemedizinische Anwendungen. Insgesamt geht der
Trend hin zur individualisierten
Medizin, bei der etwa Big Data eine wichtige Rolle spielt. So
können Mediziner individuelle
Krebstherapien erstellen. Die
Digitalisierung wird für die Medizin noch wichtiger als die Entdeckung des Penicillins.
Angesichts unzähliger Apps
fordert die AOK, dass qualitätsgeprüfte Angebote für
Doch angesichts hundert­
tausender Gesundheits-Apps
ist der Markt für Versicherte
und Verbraucher schier un­
übersichtlich. Die AOKs set­
zen sich deshalb für qualitätsgeprüfte und datenschutz­
konforme Angebote ein. Ein
Versicherte
einfacher
erkennbar sein müssen.
Brauchen wir ein Zertifikat
für Gesundheits-Apps?
Natürlich sollte auch bei Apps
genau hingeschaut werden,
welchen Nutzen sie wirklich
haben. Ob da ein Zertifikat
hilft? Apps werden ja anders als
Medikamente nicht über Jahre
entwickelt und getestet und
dann faktisch eingefroren. Bei
Apps ist der Weg von der Idee
zum fertigen Produkt manchmal nur wenige Wochen lang.
Sie werden permanent weiterentwickelt. Mit einem Zertifikat
lässt sich das nicht abbilden.
Ich kann mir hier eher Selbstverpflichtungen vorstellen. Wer
sie bricht, wird in der digitalen
Welt schnell geoutet.
Was müssen Industrie und
Politik unter anderem beim
Thema Datenschutz leisten,
damit die Chancen digitaler
Angebote im Gesundheitswesen noch besser genutzt
werden können?
Ein hohes Maß an Datenschutz
hat in diesem sensiblen Bereich
oberste Priorität. Die Industrie
muss dafür die technischen
Voraussetzungen schaffen, die
Politik die rechtlichen. Dabei
gilt: Der Datenschutz darf nicht
instrumentalisiert werden, um
Innovationen aus dem Gesundheitswesen fernzuhalten.
Datenverarbeitung kann in
der Medizin heilen helfen und
Leben retten.
spezieller App-Navigator in
Sachen Gesundheit soll Usern
künftig geeignete Angebote
aufzeigen.
Die AOK-Apps im Überblick:
www.aok.de/nordost/apps
12
Kommentar
AOK Forum Ausgabe 2 · 2015
Angst vor dem großen Wurf
Elf Monate vor der Abgeordnetenhauswahl lässt Berlins Gesundheitssenator Mario Czaja s­ einen
Krankenhausplan beschließen. Echte Strukturveränderungen nimmt der CDU-Politiker nicht vor.
­Hannes Heine vom „Tagesspiegel“ befürchtet, Czaja drücke sich vor harten Enscheidungen.
W
enn immer ein Plan verab­
schiedet wird, hört sich das
zunächst gut an: Pläne klin­
gen nach Weichenstellungen, nach Stück
für Stück lösbaren Problemen, nach Zu­
kunft. Jemand, der gern und glaubhaft
Pläne vorträgt, ist der Berliner Gesund­
heitssenator Mario Czaja. In Kürze stellt
auftauchen, dass es überall in der Stadt
sofort Ansprechpartner braucht: Um
gebrochene Nasen oder grippale Infek­
te zu behandeln, sollte es also in allen
Kiezen umgehend Hilfe geben. Und es
gibt Fälle, in denen es nicht darauf an­
kommt, dass um die Ecke jemand auf
einen wartet, sondern dass es gebündel­
„Beim Krankenhausplan
für Berlin hätte mehr
­rauskommen können.“
Während Czaja bei den Krankenhaus­
betten also die ungleiche Verteilung bei­
behält, hält er in der anderen Frage am
Gießkannen-Prinzip fest: Die Krebsver­
sorgung soll stadtweit verteilt bleiben.
In fast 30 der rund 50 Krankenhäuser, die
der Plan des Senators berücksichtigt, wer­
den Tumore behandelt. Das hat zur Folge,
dass es Häuser gibt, die nur alle paar Wo­
chen einen Tumorkranken zu sehen be­
kommen. Ob sich dieser Patient dann auf
volle Erfahrung und ausreichend Rou­
tine verlassen kann, ist fraglich. Beim
Kampf gegen Krebs hätte der Senator in
einigen Kliniken volle Kompetenz und
beste Technik bündeln sollen.
Regieren heißt , Einzelinteressen dem
Czaja die Details seines Krankenhausplanes vor, anschließend soll der neue
Plan im Senat beschlossen werden.
Es soll mehr Betten und mehr Perso­
nal geben. Auf den ersten Blick sehr er­
freulich. Bei näherer Betrachtung aber
hätte mehr bei rauskommen sollen, gera­
de wenn Pläne tatsächlich Weichen stel­
len sollen. Denn was Czaja auch beim
Krankenhausplan 2016 versucht: Er will
sich mit möglichst Wenigen anlegen –
und belässt deshalb zu viel beim Alten.
Es gibt Beschwerden und Nöte, die fast
jeden Berliner mal plagen, die so oft
te, hochspezialisierte Kompetenz gibt:
Vor allem um Tumorkranken zu hel­
fen, sind Erfahrung und Spitzentech­
nik nötig.
Doch der Senator ändert in diesen beiden
Fragen wenig. Im wohlhabenen Südwes­
ten, wo es für die oft besser gestellten An­
wohner schon überdurchschnittlich vie­
le Arztpraxen gibt, wird es auch künftig
überdurchschnittlich viele Klinikbetten
geben. Und der ärmere Nordosten, von wo
viele Einwohner seit Jahren zu Arztbesu­
chen in die Innenstadt fahren, bleibt auch
mit Klinikbetten schlechter versorgt.
Gemeinwohl unterzuordnen: Einigen ih­
re Pfründe zu nehmen, um sie aus für die
Allgemeinheit sinnvollen Gründen an­
deren zu geben. Vielleicht hat sich Czaja
nicht getraut, ein Jahr vor der Abgeordne­
tenhauswahl noch mal durchzugreifen.
Vielleicht wollte der Senator die Kran­
kenhausplanung vor dem Wahlkampf
vom Tisch haben. Vielleicht hat er des­
halb auch die Krankenhausreform der
Bundesregierung nicht abgewartet, die
ab 2016 der neue Senat wird umsetzen
müssen. Der große Wurf bleibt vorerst
jedenfalls aus.
Hannes Heine ist Redakteur
beim „Tagesspiegel“ aus Berlin.
Pressestimmen
Die AOK Nordost gewährt ihren Mitgliedern beim Kauf von
Wearables einen Zuschuss in
Höhe von maximal 50 Euro.
Dazu merkt das Online-Portal
www.chip.de an: „Klar ist, dass
die AOK für professionelle Pulsmesser, Aktivitätstracker und
GPS-Uhren einen Zuschuss locker macht, schließlich zielen
diese Geräte in erster Linie auf
die Fitness ihrer Träger ab.“
Der Tagesspiegel aus Berlin
weist in diesem Zusammenhang
darauf hin, dass die zuständige
Aufsichtsbehörde der Gesundheitskasse – das Gesundheitsministerium in Brandenburg – die
AOK-Initiative eines Zuschusses beim Kauf etwa einer Apple
Watch grundsätzlich unterstützt:
Geräte wie Fitnessarmbänder
oder Smartwatches sollten dazu
motivieren, als Versicherter in die
eigene Gesundheitsförderung
einbezogen zu werden, wird eine Sprecherin des Ministeriums
zitiert. Der Datenschutz sei dabei
in jedem Fall sicherzustellen.
Die Süddeutsche Zeitung
schreibt zu diesem Thema: „Es
ist ein riesiger Markt, der offensichtlich viele Menschen anspricht und begeistert. Laut Umfragen sind die Nutzer von Apps
vor allem daran interessiert, ihre
Gesundheit und ihre Finanzlage
besser in den Griff zu bekommen.“ Daher sei es kein Wunder,
dass nun die gesetzlichen Kassen immer stärker auf Angebote
setzten, die auch von den Smartphones oder Tablet-PC der Versicherten genutzt werden können.
Etwa 1,6 Millionen Versicherte
haben Post von der AOK Nordost
zum Thema Organspende erhalten. Die Berliner Morgenpost
zitiert den Vorstandsvorsitzenden der Gesundheitskasse, Frank
Michalak, der dafür wirbt, einen
Spenderausweis bei sich zu tragen. Die Entscheidung zur Organspende sei eine persönliche.
Aber jeder, der sie zu Lebzeiten
kläre, bewahre seine Angehörigen in einer emotional ohnehin
schweren Situation davor, diese
Entscheidung treffen zu müssen.
Vor Ort
AOK Forum Ausgabe 2 · 2015
13
„Wir sind die Betriebsräte
der Krankenhaus-Patienten“
Zwei schwere Unfälle erlitt Michael Wardenga in seinen jungen Jahren. In beiden
Fällen hätte er ­gerne mit jemanden gesprochen, der sich für seine Probleme interessiert.
Heute tut Michael W
­ ardenga genau das – als Patientenfürsprecher.
Es war ein Gefühl der Hilf­
losigkeit, dem sich Michael
Wardenga damals ausgesetzt
sah und das ihn vor drei Jah­
ren zum Patientenfürspre­
cher werden ließ. Zwei schwe­
re Unfälle, einer als Kind,
einer als junger Mann, hatten
ihn für längere Zeit ins Kran­
kenhaus gebracht. Auch wenn
sich Ärzte und Schwestern in­
tensiv um ihn kümmerten,
wenn er etwas wissen wollte,
interessierte das niemanden.
Michael Wardenga ist ei­
ner von 76 Patientenfürspre­
chern in Berlin und seit No­
vember 2014 deren Sprecher.
Haben Patienten oder deren
Angehörige Probleme oder
Beschwerden, die sie nicht
an einen Arzt im Kranken­
haus richten wollen oder
können, ist der Patientenfür­
sprecher für sie da. „Wir sind
„Wir beantworten
Fragen, die der
Patient dem Arzt
nicht stellen will.“
die Betriebsräte der Patien­
ten im Krankenhaus“, sagt
der 63-jährige Wardenga, der
jeden Mittwochnachmittag
im Wichernkrankenhaus in
Berlin-Spandau für die Patien­
ten da ist.
Die Bandbreite der Unter­
stützung kann von der Ver­
mittlung eines aufklärenden
Gesprächs mit dem Arzt bis
hin zur Durchsetzung einer
Patientenverfügung reichen.
„Die Patienten haben Rechte,
doch in der Ausnahmesitua-
Hinhören, wenn andere wenig Zeit haben: Patientenfürsprecher Michael Wardenga im Gespräch mit einer Patientin.
tion, wenn sie in ein Kran­
kenhaus kommen, sind diese
ihnen und ihren Angehörigen
oft nicht bewusst“, sagt War­
denga. „Wir sind aber nicht
die Gegenspieler der Kran­
kenhäuser“, betont er. „Wir
sind Mittler und haben einen
mediativen Auftrag.“
Für den Patientenfürspre­
cher zählt immer die Sicht­
weise sowohl des Patienten
als auch des Krankenhauses.
„Denn Patienten haben zwar
ihre Rechte, aber deswegen
nicht immer recht.“ Auch
äußert sich ein Patientenfür­
sprecher nie zur Diagnose
und den damit verbundenen
Behandlungen. „Wir beraten,
begleiten und unterstützen.“
Auch wenn das Amt des Pa­
tientenfürsprechers seit 1986
im Landeskrankenhausgesetz
verankert ist, für Wardenga
wissen noch viel zu wenige
davon. Patientenfürsprecher
Mehr Transparenz bei der Klinik-Suche
Bei der Klinik-Suche hilft ein
Beratungsangebot der AOK
Nordost, das mehr Transparenz
und höhere Patientensicherheit
verspricht. Speziell geschulte
Mitarbeiter beraten in den AOKServicecentern oder telefonisch
über qualitativ gute Kliniken
sowie über mögliche ambulante OPs beziehungsweise Therapien. Der behandelnde Arzt
wird auf Wunsch eingebunden. Die AOK greift dabei auf
das Verfahren der QSR-Daten
(Qualitätssicherung mit Routinedaten) zurück, die für die
Indikationen Knie- und Hüftendoprothesen, Gallenblasenund Blinddarm-Entfernung und
therapeutische Herzkatheter
vorliegen. Sie ermöglichen eine
Bewertung der OP-Ergebnisse.
sind ehrenamtlich tätig. Be­
sondere Voraussetzungen
braucht es nicht. „Ein Manko“,
so Wardenga. Hier bedürfe es
eines Bewusstseinswandels –
insbesondere in der Politik,
fordert er.
Lediglich in sechs von 16
Bundesländern gibt es der­
zeit Patientenfürsprecher auf
gesetzlicher Grundlage, an­
sonsten ist lediglich ein Be­
schwerdemanagement vorge­
sehen. Doch oft genug sei das
nur Feigenblattpolitik, meint
Wardenga. „Hier müssen alle
für die Bedeutung der Patien­
tenfürsprecher sensibilisiert
werden. Wenn wir stärker in
Erscheinung treten, können
wir durch unsere kritische
Arbeit dazu beitragen, die
Qualität in Krankenhäusern
zu verbessern.“
www.berlin.de/lb
> Patientenbeauftragte > Themen
> Patientenfürsprecher
14
Live-Extra
AOK Forum Ausgabe 2 · 2015
„Viele Einrichtungen hätte
man­­nicht abwickeln müssen“
Am 3. Oktober 1990 wurde der Prozess der Wiedervereinigung vollendet – die Deutsche Einheit
war besiegelt. Im Interview mit dem AOK-Forum blickt Hartmut Reiners, lange Zeit in Ministerien
von Brandenburg und Nordrhein-­Westfalen für Gesundheitsreformen zuständig, zurück.
den Kassen gewährten Leistun­
gen und ermöglichte den Auf­
bau integrierter Versorgungs­
formen.
Herr Reiners, sie waren Mitglied in der
seit 1987 arbeitenden BundestagsEnquete-Kommission „Strukturreform
der gesetzlichen Krankenversicherung“, die im Frühjahr 1990 ihren Abschlussbericht vorlegte. Kam Ihnen
für die Umsetzung die „Wende“ dazwischen?
Herausforderungen lagen oft auch
in der Region. Gerade Brandenburg und M-V haben früh mit Versorgungsproblemen in der Fläche
zu kämpfen gehabt. Wie wichtig ist
in Zeiten der Internationalisierung
und Digitalisierung die regionale
Sicht für Gesundheitspolitik?
Die Schlussredaktion des Endberich­
tes der Enquete-Kommission war am
4. November 1989. Am selben Tag
fand auf dem Alexanderplatz die le­
gendäre Kundgebung statt, auf der
das Ende der DDR eingeläutet wur­
de. Als ich die Fernsehbilder von
diesem epochalen Ereignis sah,
war mir klar, dass sich für unseren
Bericht vorerst kaum jemand in­
teressieren würde. Er spielte erst
drei Jahre später beim Gesund­
heitsstrukturgesetz eine Rolle.
Was war für die Akteure im Gesundheitswesen – unter den
Krankenkassen vor allem die AOKs – die
größte Herausforderung, die bundesdeutschen Regelungen in Ostdeutschland umzusetzen?
Das war der Umbau der ambulanten Ver­
sorgung von einem Netz von Polikliniken
und Ambulatorien
in das westdeutsche
System der Kassen­
„Versorgung
arztpraxen. Vorschlä­
findet
in der
ge, aus Polikliniken
selbstverwaltete Ein­
Region statt.“
richtungen und aus
Hartmut Reiners
Ambulatorien fach­
übergreifende Grup­
penpraxen zu machen, wurden von west­
deutschen Ärztefunktionäre erfolgreich
torpediert. Dabei wurden sie leider auch
von Vertretern der Krankenkassen unter­
stützt.
Man griff auf Vorbilder aus dem Westen
zurück. Die „sozialistische Staatsmedizin“
hatte komplett abgewirtschaftet?
Die Phrasenkeule „sozialistische Staats­
medizin“ wird von Leuten geschwungen,
denen die Sachargumente ausgegangen
sind. Die medizinische Versorgung der
DDR war mit ihren auf Kooperation aus­
gerichteten Strukturen moderner orga­
nisiert als das westdeutsche System der
Einzelpraxen und einer strikten Tren­
nung von ambulanter und stationä­
rer Versorgung. Die Einrichtungen des
DDR-Gesundheitswesens waren zwar
1989 in einem maroden
Zustand, aber man
hätte sie sanieren
und nicht abwi­
ckeln sollen. Die­
ser Fehler wirkt
bis heute nach, wo
wir mühsam versu­
chen, über Selektivver­
träge integrierte Versorgungsstrukturen
aufzubauen. Das hätte man einfacher
­haben können.
25 Jahre Wiedervereinigung heißt auch
ein Vierteljahrhundert Reformgesetze in
der GKV. Was waren Meilensteine?
Es gab zwei zentrale Weichenstellungen.
Das Gesundheitsstrukturgesetz vom De­
zember 1992 führte die freie Kassenwahl
ein und flankierte den Kassenwettbe­
werb mit dem Risikostrukturausgleich.
Das GKV-Modernisierungsgesetz vom
November 2003 machte die evidenzba­
sierte Medizin zur Grundlage der von
Versorgung findet in der Region
statt. Das Grundgesetz gibt den
Ländern die Verantwortung für
die allgemeine Daseinsvorsorge,
zu der eine umfassende medizi­
nische Versorgung fraglos gehört.
Deshalb brauchen wir eine Neuge­
staltung der Zusammenarbeit der
Landesregierungen und der Selbst­
verwaltung in der Bedarfsplanung
und der Sicherstellung der Versor­
gung. Die Länder müssen hier mehr
politische Verantwortung übernehmen
und insbesondere in ländlichen Regio­
nen den Umbau kleinerer Krankenhäu­
ser in regionale Versorgungszentren
vorantreiben.
AOK-Foren live im Herbst:
Ein Blick zurück
1991 nahmen die AOKs in M-V und Brandenburg ihre Arbeit auf: Am 14. Oktober
diskutieren darüber in Schwerin (18 Uhr,
NH-Hotel, Zum Schulacker 1) die frühere
Landessozialministerin Dr. Martina Bunge, Ex-KV-Chef Dr. Wolfgang Eckert, Wolfgang Gagzow (LKG), Landtagspräsidentin
Sylvia Bretschneider und der frühere AOKVorstand Friedrich Wilhelm Bluschke.
Am 16. November begrüßt die AOK
Nordost in Potsdam (18 Uhr, Kutschstall,
Am Neuen Markt 9) neben Hartmut Reiners den früheren Sozialminister Günter
Baaske, KV-Chef Dr. Hans-Joachim Helming, den ehemaligen LKG-Chef Dr. Dieter Borchmann sowie AOK-Errichtungsbeauftragten Fred Nadolny. Der ehemalige
Brandenburger Ministerpräsident Manfred Stolpe hält ein Grußwort.
Live
AOK Forum Ausgabe 2 · 2015
Beim Thema Gesundheit
rückt Brüssel näher
Medizinprodukte, Patientenrechte, Arzneimittel: Über Chancen und
­Risiken europaweiter Regulierungen des ­Gesundheitswesens ­sprachen
­Experten beim AOK-Forum live in Berlin.
Die EU gewinnt an Einfluss.
Auch vor dem Gesundheits­
wesen macht diese Entwick­
lung nicht Halt. Wie sehr die
deutsche Gesundheitspolitik
aus Brüssel gelenkt wird, war
Thema beim siebten AOKForum live in Berlin. Evert Jan
van Lente, ständige Vertre­
tung des AOK-Bundesverban­
des in Brüssel, Reinhard Bus­
se, Professor für Management
im Gesundheitswesen an der
TU Berlin, und Dr. Markus
Müschenich, Gründer und
Managing Partner von FLY­
ING HEALTH, betrachteten
Chancen und Risiken dieser
Entwicklung. „Die Bedeutung
von EU-Entscheidungen auf
das deutsche Gesundheits­
wesen nimmt ständig zu“, so
van Lente. Beim Thema Medi­
zinprodukte habe man etwa
schon viel für die Patienten­
sicherheit erreicht, eine Ver­
pflichtung zur Haftpflicht ge­
be es bisher aber nicht. Auch
bei anderen Themen wie Da­
tenschutz machten europäi­
sche Ansätze Sinn. „Medizini­
sche Versorgung jedoch muss
vor Ort funktionieren und
kann nicht aus Brüssel gere­
gelt werden“, so van Lente.
Professor Reinhard Busse
sieht im zunehmenden Ein­
fluss der EU große Chancen.
So steige der Druck, medizi­
nische Qualität transpa­
„Der Druck steigt,
Qualität transparent zu machen.“
hinaus. „Die Gesundheitsme­
dizin ist durch die InternetMedizin global geworden.“
Qualitätsstandards der Pati­
enten hätten sich ge­
wandelt. Mittler­
weile könne nur
Professor Reinhard Busse
„Versorgung vor Ort
kann Brüssel nicht
organisieren.“
Evert Jan van Lente
„Die Medizin hat
sich längst
globalisiert.“
Dr. Markus Müschenich
renter zu machen. „Deutsch­
lands Gesundheitssystem ist
verglichen mit anderen Län­
dern längst nicht so gut, wie
viele denken.“ Dr. Markus
Müschenich lenkte den Blick
noch über Europas Grenzen
überleben, wer
schnell und gut ist.
Als Beispiel nannte er
Medizin-Apps wie „mysugr“
für Diabetiker oder „klara“
für Hauterkrankungen. Für
solche Anwendungen habe
der Bundesverband für Inter­
netmedizin ein Qualitätssie­
gel entwickelt.
15
AUSZEICHNUNG
Audit für Beruf und Familie
Die AOK Nordost ist als Arbeitgeber für eine gute Vereinbarkeit von Beruf und Familie ausgezeichnet worden. Zusammen
mit anderen Unternehmen nahm
AOK-Personalleiter Carsten von
Fintel im Juni das offizielle Zertifikat „audit berufundfamilie“ in
Berlin entgegen.
Wichtigster Bestandteil der
Auszeichnung ist die zwischen
der Initiative berufundfamilie
gGmbH und der Gesundheitskasse geschlossene Zielvereinbarung, die familien- und lebensphasenbewusste Personalpolitik
des Unternehmens nachhaltig zu
sichern und weiterzuentwickeln.
Der Zertifizierung war ein Auditierungsprozess vorausgegangen, in dem Themenfelder wie
flexible Arbeitszeitgestaltung
und Gesundheitsförder-Maßnahmen überprüft wurden. Auditierte Unternehmen müssen sich
nach drei Jahren diesem Prozess
erneut stellen, um das Zertifikat
behalten zu können.
„Familienfreundliche Arbeitsbedingungen sind uns ein
wichtiges Anliegen, weil zufriedene Mitarbeiter auch gesündere Mitarbeiter sind – und unseren
Versicherten einen besseren Service bieten können“, so Thomas
Wiese, Geschäftsführer Zentrale
Dienste der AOK Nordost.
Startschuss für märkische Pflegeoffensive
Am „Internationalen Tag der
älteren Generation“ am 1. Ok­
tober hat Sozialministerin
Diana Golze die erste Maß­
nahme der Brandenburger
Pflegeoffensive gestartet. In
der Potsdamer Staatskanz­
lei stellte sie das Modellpro­
jekt „Fachstellen Altern und
Pflege im Quartier“ vor. „Wir
gestalten die Pflege der Zu­
kunft, und das ist eine Pflege
im Quartier. Dort, wo sich das
Leben abspielt“, so Golze.
Erstes Ziel soll die Weiter­
entwicklung pflegerischer
Versorgungsstrukturen und
der Ausbau niedrigschwel­
liger Angebote in Kommu­
nen sein. Die Fachstellen sol­
len Landkreise, Städte und
Gemeinden bei der Planung
und Gestaltung lokaler Pfle­
gestrukturen und altenge­
rechter Lebensräume unter­
stützen. Das Projekt wird
von Gesundheit Berlin-Bran­
denburg e.V., Alzheimer-Ge­
sellschaft Brandenburg e.V.
Selbsthilfe Demenz und dem
Berliner Institut für Geron­
tologische Forschung umge­
setzt. Bis Ende 2016 stehen
dafür bis zu 655.000 Euro aus
Landesmitteln bereit. Unter­
stützung kommt auch von
den Pflegekassen. „Häusliche
Pflege hat im Land einen ho­
hen Stellenwert. Damit das
auch so bleibt, müssen nied­
rigschwellige Betreuungs­
angebote ausgebaut werden“,
betont AOK-Vorstandsvize
Gerlinde König.
16
Selbstverwaltung im Dialog
FINANZSITUATION
GKV schließt
mit Defizit ab
Laut Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat die Gesetzliche Krankenversicherung das
1. Halbjahr 2015 mit einem Defizit von 490 Millionen Euro abgeschlossen. Einnahmen von rund
106,09 Milliarden Euro standen
Ausgaben von rund 106,58 Milliarden Euro gegenüber. Die AOKGemeinschaft trug zu diesem
„Ausgabenüberhang“ mit rund
112 Millionen Euro bei. Je Versicherten wuchsen die Ausgaben
im 1. Halbjahr 2015 laut BMG um
3,9 Prozent. Da die Zahl der Versicherten zunahm, lagen die absoluten Leistungsausgaben deshalb Ende Juli bei 4,1 Prozent zum
Vergleichszeitraum 2014.
Die Entwicklung im Detail:
Arzneimittelausgaben plus 4,8
Prozent auf 18,4 Milliarden Euro; Ausgaben für vertragsärztliche Vergütung je Versicherten
plus rund 3,9 Prozent; Ausgaben
für Krankenhausbehandlung plus
3,3 Prozent auf 36,14 Milliarden
Euro. Damit haben die Kliniken
rund 1,37 Milliarden Euro mehr
erhalten als im 1. Halbjahr 2014.
„Die Ausgaben steigen viel
schneller als die Einnahmen. Das
ist auf Dauer nicht finanzierbar“,
so Martin Litsch, Interimsvorstand
des AOK-Bundesverbandes. Die
Bundesregierung dürfe Reformansätze wie die konsequente
Qualitätsorientierung nicht aufweichen. Das Verteilen teurer
Wahlgeschenke gebe die Finanzsituation der GKV nicht mehr her.
IHK-AUSZEICHNUNG
AOK bietet exzellente
­Ausbildung
Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Berlin bescheinigt der
AOK Nordost eine „exzellente
Ausbildungsqualität“. Ein entsprechendes Zertifikat verlieh
die IHK der AOK im September.
Ausgezeichnet werden Unternehmen, die sich besonders für
Azubis einsetzen. Bewertet werden Kriterien wie angemessene
Vergütung und Urlaubszeiten,
aber auch „Exzellenz-Kriterien“
wie die Möglichkeit der TeilzeitArbeit für junge Eltern oder regelmäßige Ausbildungsgespräche. Aktuell beschäftigt die AOK
Nordost 158 Auszubildende und
duale Studenten.
AOK Forum Ausgabe 2 · 2015
Eine Schatzkammer
voller guter Ideen
Vorbildlich und praxistauglich: Der Berliner ­Gesundheitspreis, der seit
nunmehr 20 Jahren verliehen wird, hat sich zu einer Ideenschmiede für
­­innovative Patientenversorgung etabliert, meint Alexander Schirp.
Innovative Ideen finden und
fördern – treffender ließe sich
der Kerngedanke des Berli­
ner Gesundheitspreises, den
AOK Nordost, Berliner Ärzte­
kammer und AOK-Bundesver­
band seit nunmehr 20 Jahren
gemeinsam verleihen, wohl
kaum umschreiben.
Und die Bilanz kann sich
sehen lassen: Mehr als 800 Be­
werbungen, rund 60 Preisträ­
ger und zehn feierliche Preis­
verleihungen mit reichlich
Prominenz aus Politik, Pra­
xis und Wissenschaft stehen
für ein Erfolgsmodell, das im
bundesdeutschen Gesund­
heitswesen einmalig ist.
Entscheidender noch als sol­
che Zahlen freilich ist die
Tatsache, dass die ausgezeich­
neten Projekte das Gesund­
heitswesen nachhaltig in
Schwung gebracht haben.
Ganz gleich, ob es nun um das
praxisnahe Medizinstudium,
den Einsatz von Gesundheits­
zielen, die Unterstützung
pflegender Angehöriger, die
Hausarztpraxis der Zukunft
oder die Einbindung des
Patienten in die Therapie­
Alexander Schirp, alternierender Verwaltungsratsvorsitzender AOK Nordost.
entscheidung gegangen ist –
immer wieder aufs Neue hat
der Berliner Gesundheitspreis
hervorragende Modelle und
Initiativen geehrt, an denen
sich andere im Gesundheits­
wesen ein Beispiel genommen
haben.
In besonderer Weise ist dies
beim Thema Patientensicher­
heit gelungen. Ohne den Ber­
liner Gesundheitspreis 2002
zum Thema „Fehlervermei­
dung und Sicherheitskultur“
wäre es vielleicht für Ärzte
und Pflegekräfte noch immer
ein großes Tabu, im Team
über kritische Ereignisse und
Irrtümer offen zu sprechen.
Dasselbe gilt für jene Projekte,
die im Rahmen der diesjähri­
gen Jubiläumsausschreibung
„Zusammenspiel als Chance“
geehrt worden sind. Prämiert
wurden Beispiele für eine gu­
te, effektive und vorbildliche
Zusammenarbeit zwischen
verschiedenen Professionen
und einzelnen Berufsgrup­
pen im Krankenhaus.
Einen ähnlichen Schwung
wie beim Berliner Gesund­
heitspreis verspreche ich
mir vom Gesundheitspreis
Mecklenburg-Vorpommern.
Dabei handelt es sich um ei­
nen Innovationswettbewerb
der AOK Nordost in Koope­
ration mit der Ärztekammer
Mecklenburg-Vorpommern,
der seit 2014 alle zwei Jahre
verliehen wird. Der Preis 2016
widmet sich Projekten zur Ge­
sundheitsförderung bei Über­
gewicht und anderen gesund­
heitlichen Einschränkungen
im Kindes- und Jugendalter.
Dafür stellen die Initiatoren
wieder Preisgelder in Höhe
von 30.000 Euro bereit.
Studie zu Prostatakrebs geht weiter
Jedes Jahr erkranken rund
67.000 Männer an Prostata­
krebs. Die bösartige Wuche­
rung der Vorsteherdrüse ist
damit die häufigste Krebs­
form bei Männern. Welche
Therapie die aussichtsreichs­
te für Patienten mit lokal be­
grenztem Prostatakrebs im
frühen Stadium ist, soll die
weltweit größte Studie PRE­
FERE klären. Die Studie, die
2013 startete, wird auch wei­
ter von der AOK gefördert. Bei
PREFERE arbeiten die Deut­
sche Krebshilfe (DKH), gesetz­
liche und private Krankenver­
sicherungen, die Gesellschaft
für Urologie, der Berufsver­
band Deutscher Urologen, die
Gesellschaft für Radioonko­
logie und der Bundesverband
Prostatakrebs Selbsthilfe zu­
sammen. GKV und PKV un­
terstützen die Langzeitstu­
die mit 11,5 Millionen Euro,
weitere 13,5 Millionen Euro
finanziert die Krebshilfe. Et­
wa 7.600 Patienten werden
über einen Zeitraum von 13
Jahren in der Studie nachbe­
obachtet. PREFERE vergleicht
vier Therapieoptionen, die
laut Leitlinie bei einem lokal
begrenzten Prostatakarzinom
in Frage kommen.
Gesundheitsnachrichten
AOK Forum Ausgabe 2 · 2015
Gesetzgebungskalender
mit vielen Einträgen
Krankenhaus, Pflege, E-Health, Anti-Korruptionsgesetz, Hospize:
Die Reformagenda der Großen Koalition für die zweite Halbzeit dieser
­Legislaturperiode ist ambitioniert.
Mit dem Ende der parlamen­
tarischen Sommerpause An­
fang September ist die lau­
fende Legislaturperiode in
die zweite Halbzeit gegan­
gen. Gleich mehrere Geset­
zesentwürfe stehen zur Ab­
stimmung beziehungsweise
Be­ratung in Bundestag und
Bundesrat an:
Der Entwurf eines Ge­
setzes zur Reform der Struk­
turen der Krankenhausversorgung (KHSG) sieht unter
anderem Qualitätszu- und
-abschläge bei der Vergütung
der Kliniken, ferner die Ent­
wicklung von Qualitätsindi­
katoren des Gemeinsamen
Bundesausschusses für die
Klinikplanung der Länder, ei­
ne Mindestmengenregelung
sowie ein 500 Millionen Eu­
ro schweres Pflegestellen-För­
derprogramm vor.
Kern des geplanten Pflegestärkungsgesetzes II ist
ein neuer Pflegebedürftig­
keitsbegriff, der mit fünf Pfle­
gegraden anstelle der bisheri­
gen drei Pflegestufen arbeitet.
Körperliche, geistige und psy­
chische Einschränkungen
sollen bei der Pflegebegutach­
Unter der Glaskuppel des Hohen Hauses: Auf die Gesundheitspolitiker im
Deutschen Bundestag kommt in den nächsten Wochen viel Arbeit zu.
tung gleichermaßen berück­
sichtigt werden. Profitieren
sollen insbesondere Demenz­
kranke. Darüber h
­ inaus sieht
der Gesetzentwurf einen Be­
ratungsanspruch für pfle­
gende Angehörige vor, für
den sich seit Langem auch die
AOK stark macht.
In der politischen Pipeline
steckt zudem der Entwurf ei­
nes Gesetzes für sichere di­
gitale Kommunikation und
Anwendungen im Gesund­
heitswesen (E-Health-Gesetz)
sowie ein Anti-Korruptionsgesetz , das die Einführung
der Straftatbestände der Be­
stechlichkeit und Bestechung
im Gesundheitswesen vor­
sieht.
Das Gesetz zur Verbesse­
rung der Hospiz- und Palliativversorgung schließlich
hat zum Ziel, die Versorgung
sterbenskranker Menschen
weiter zu verbessern. Außer­
dem ist ein höherer Mindest­
zuschuss der Krankenkassen
an die Hospize geplant.
www.aok-bv.de
> Politik > Reform aktuell
Millionen Spendeausweise verschickt
Seit August informiert die
AOK Nordost ihre Versicher­
ten zur Organspende. Zugleich
wirbt sie für das Ausfüllen ei­
nes Organspendeausweises,
den sie in hunderttausendfa­
cher Auflage verschickt. „Die
Entscheidung zur Organspen­
de ist eine sehr persönliche
Frage, die sich jeder ernsthaft
stellen sollte. Wir wollen die
Menschen für das Thema sen­
sibilisieren und notwendige
Informationen geben“, so
Frank Michalak, Vorstands­
vorsitzender der Kasse: Rund
1,6 Millionen AOK-Versicher­
ten, die älter als 16 Jahre sind,
erhalten die Infos – über das
Mitgliedermagazin „bleib ge­
sund“ oder per Brief. Mit der
Entscheidungslösung hatte
der Gesetzgeber die Kranken­
kassen 2012 beauftragt, Ver­
sicherte alle zwei Jahre über
das Thema zu informieren.
Zudem wirbt die AOK Nordost
auch bei vielen anderen Gele­
genheiten für Organspende –
etwa mit Sportpartnern. Dar­
über hinaus hat die AOK mit
Wissenschaftlern eine Ent­
scheidungshilfe entwickelt.
Unter www.aok.de/organspende
werden häufig gestellte Fra­
gen beantwortet.
17
AOK-MITGLIEDER
Höchststand seit zehn Jahren
Immer mehr Menschen entscheiden sich für die Gesundheitskasse. Zur Jahresmitte habe die Zahl
der AOK-Mitglieder den höchsten
Stand seit zehn Jahren erreicht,
teile der AOK-Bundesverband
mit. Die Juli-Statistik weist einen
Stand von 18.519.087 Mitgliedern aus. Das entspricht einem
Zuwachs um 143.236 Mitglieder
seit Jahresanfang. Die Zahl der
Versicherten ist im Juli 2015 auf
24.518.396 gestiegen.
Laut Bundesgesundheitsministerium (BMG) waren im Juli
2015 insgesamt 70.737.516 Menschen in Deutschland gesetzlich
krankenversichert. Zum Stichtag
gab es 123 Krankenkassen, darunter mehrheitlich Betriebskrankenkassen (98). 44 gesetzliche
Kassen sind nach der jüngsten
BMG-Statistik bundesweit geöffnet. Die AOK Nordost als einzige Dreiländerkasse unter den
Allgemeinen Ortskrankenkas-
sen rangiert laut „Dienst für Gesellschaftspolitik“ mit rund 1,72
Millionen Versicherten auf Rang
zwölf im Vergleich aller Kassen.
AOK-BUNDESVERBAND
Kommission sucht
neuen Vorstand
Im AOK-Bundesverband stehen
die Zeichen auf Neuanfang. Aufsichtsrat und Erweiterter Vorstand haben eine Kommission
eingesetzt, die einen neuen Geschäftsführenden Vorstand finden soll. Mit der Trennung von
den bisherigen Vorständen Jürgen Graalmann und Uwe Deh ist
die Führungsspitze derzeit unbesetzt. Kommissarisch haben
Frank Michalak (AOK Nordost)
und Martin Litsch (AOK Nordwest)
aus dem Erweiterten Vorstand
die Geschäfte übernommen. Sie
zeigten sich zuversichtlich, dass
bis Ende des Jahres ein neuer
Geschäftsführender Vorstand gefunden sei. Potenzielle Kandidaten würden innerhalb wie außerhalb des AOK-Systems gesucht.
18
Medien
AOK-FAKTENBOXEN
Wissen für jedermann
Wenn Patienten gut informiert
sind, können sie bessere Entscheidungen für ihre Gesundheit
treffen oder gut informiert in
das Gespräch mit dem Arzt gehen. Erst kürzlich ergab eine große repräsentative Untersuchung
des Wissenschaftlichen Instituts
der AOK (WIdO) jedoch: Die Gesundheitskompetenz bei sechs
von zehn Bundesbürgern ist problematisch bis unzureichend.
Mit seinen neu entwickelten
Faktenboxen setzt der AOK-Bundesverband genau an diesem
Punkt an: Komplexe Wissenschaft ist in Gestalt der Faktenboxen so aufbereitet, dass auch
Nicht-Fachleute die dort enthaltenen Informationen einfach
verstehen. Grafiken und Texte
stellen Nutzen, Risiken, Schaden
und Nebenwirkungen übersichtlich gegenüber. Impfungen, Nahrungsergänzungsmittel und IGeLeistungen sind ebenso Thema
wie Untersuchungen und Medikamente. Als zusätzlicher Service
werden AOK-Leistungen erklärt.
AOK Forum Ausgabe 2 · 2015
Studie beleuchtet
­Gesundheit von Azubis
Der aktuelle Fehlzeiten-Report des WIdO belegt: Die meisten Lehrlinge
­fühlen sich gut. Zugleich klagen viele über Kopfweh und Erschöpfung.
Ende letzten Jahres waren
rund 37.000 Ausbildungsstel­
len in Deutschland unbesetzt.
Umso wichtiger sollte die Ge­
sundheit der 1,4 Millionen
Auszubildenden sein. Wie es
darum bestellt ist, zeigt der
aktuelle Fehlzeiten-Report
des Wissenschaftlichen Insti­
tuts der AOK (WIdO), der Uni
Bielefeld und der Beuth Hoch­
schule für Technik Berlin.
Laut Report schätzen 84
Prozent der Auszubildenden
ihren Gesundheitszustand als
gut oder sehr gut ein. Jedoch
berichten rund 50 Prozent der
Befragten von körperlichen
und fast die Hälfte von psy­
chischen Beschwerden. Jeder
vierte Azubi klagte über häu­
fige Kopfschmerzen (26 Pro­
zent) und mehr als jeder Fünf­
te über Rückenschmerzen
und Verspannungen. Zudem
leidet über ein Drittel unter
Müdigkeit oder Erschöpfung.
In neuem Gewand
Die AOK hat ihren Krankenhausund ihren Arztnavigator im Internet umfassend überarbeitet. So
lassen sich beide Suchmaschinen jetzt bequem mit Smartphone oder Tablet-PC nutzen. Die
Suchfunktion wurde verbessert,
die Anzeige der Suchergebnisse vereinfacht. Die AOK Nordost
veröffentlicht im Arztnavigator
außerdem Informationen zur
Teilnahme von Ärzten, die an mit
der Gesundheitskasse geschlossenen Versorgungs­v erträgen
teilnehmen.
www.aok-gesundheitsnavi.de
Ausgebrannt fühlen sich 15
Prozent, über Reizbarkeit kla­
gen elf, über Schlafstörungen
zehn Prozent der Befragten.
Ein Viertel treibt wenig
Sport. Mehr als jeder Vierte
frühstückt nicht. 16 Prozent
essen nicht zu Mittag. Mehr­
mals die Woche verzehren 17
Prozent Fast Food und 57 Pro­
zent Süßigkeiten. Zudem ge­
hen mehr als ein Drittel der
männlichen und ein Viertel
der weiblichen Azubis nach
weniger als sieben Stunden
Schlaf arbeiten. Etwa jeder
Dritte raucht, fast jeder Fünf­
te trinkt regelmäßig Alkohol.
Badura/Ducki/Schröder/Klose/Meyer (Hrsg.): Fehlzeiten-Report 2015
Neue Wege für mehr Gesundheit,
Springer Verlag, Berlin.
Für Sie gelesen
www.aok.de/faktenboxen
NAVIGATOREN
Deutschlands Azubis: Nicht wenige klagen über gesundheitliche Probleme.
KINDERMEDIZIN
ONKOLOGIE
GESELLSCHAFT
Nicht immer gleich
an Krankheit denken
Jeder Zweite wird an
Krebs erkrankt sein
Schmerzen nicht
­einfach ausblenden
In seinem Buch
warnt der Düsseldorfer Kinderarzt
Michael Hauch
davor, Kinder bei
kleineren Auffälligkeiten sofort
als krank abzustempeln und mit
Tests und Therapien zu überschütten. Kinderärzte bräuchten viel Erfahrung, um Entwicklungsstufen der Kleinen richtig
einschätzen zu können.
Der Arzt und Politiker Karl Lauterbach beleuchtet
die ungerechte
Zweiklassenmedizin bei Krebs,
die mangelnde
Transparenz bei Behandlungserfolgen und -methoden. Und
er zeigt, was passieren muss,
damit die Pharmaindustrie ihre Forschung in den Dienst des
Patienten statt des Profits stellt.
Instrumente, um
Menschen von
Schmer zen zu
befreien, gibt es
heute viele. Doch
eine schmerzlose Gesellschaft
ist nach Ansicht des Mediziners
Harro Albrecht gar nicht erstrebenswert, wie der Autor am
Beispiel von israelischen Kindern zeigt, die aufgrund eines
Gendefekts schmerzfrei sind.
Michael Hauch/Regine Hauch: Kindheit ist keine Krankheit. 2015. 320
Seiten. 14,99 Euro. S. Fischer Verlag,
Frankfurt/Main.
Karl Lauterbach: Die Krebs-Industrie. Wie eine Krankheit Deutschland erobert. 2015. 256 Seiten,
19,95 Euro, Rowohlt Verlag, Reinbek.
Harro Albrecht: Schmerz, eine Befreiungsgeschichte. 2015. 608
Seiten, 24,99 Euro, Pattloch Verlag,
München.
Im Gespräch
AOK Forum Ausgabe 2 · 2015
19
„Beim Thema Digitalisierung
­müssen ­Kassen proaktiv werden“
Das digitalisierte Gesundheitswesen ist ein breit diskutiertes Thema. Dirk Heckmann,
Experte für Internetrecht, sieht in den neuen technischen Möglichkeiten mehr Chancen als Risiken.
Herr Professor Heckmann, alle Welt redet
über Digitalisierung. Nennen Sie uns ein
positives Beispiel, was man sich unter Digitalisierung im Gesundheitswesen konkret vorstellen kann?
Professor Dr. Dirk Heckmann (55) ist
Inhaber des – bundesweit einzigen – Lehrstuhls
für Öffentliches Recht, Sicherheitsrecht und
Internetrecht an der Universität Passau.
Seit 2010 ist Heckmann unter anderem
sachverständiges Mitglied im Netzbeirat des
CSU-Vorstandes. Dirk Heckmann ist verheiratet
und hat zwei Söhne.
Sehr einleuchtend ist der digitale Ab­
gleich verordneter Medikamente durch
elektronische Medikationspläne zur
Vermeidung gefährlicher Wechselwir­
kungen. Hier setzt auch das Projekt Arz­
neimittelinitiative Thüringen-Sachsen –
kurz ARMIN genannt – an. Es wurde erst
kürzlich als drittbestes E-Health-Projekt
2015 ausgezeichnet.
Mit dem E-Health-Gesetz will die Bundesregierung die Nutzung moderner Informations- und Kommunikationstechnologien
im Gesundheitswesen vorantreiben und
zugleich Qualität und Wirtschaftlichkeit
der Versorgung verbessern. Klingt ehrgeizig – ist es aber auch realistisch?
Das Gesetz ist ein erster Schritt, dem
schnell weitere folgen müssen. Heiße Ei­
sen bleiben ausgespart. So wird das im
Standesrecht der Ärzte verankerte Fern­
behandlungsverbot nicht angerührt,
­obwohl es vielen sinnvollen telemedizi­
nischen Verfahren entgegensteht. Wir
sind noch weit entfernt von einer sinn­
vollen elektronischen Patientenakte.
Wo steht Deutschland in Sachen digitalisiertes Gesundheitswesen im internationalen Vergleich: Sind wir Primus oder eher
versetzungsgefährdet?
Eher versetzungsgefährdet. Länder wie
die USA oder China, aber auch Schott­
land sind uns weit voraus bei eHealth
und Telemedizin. Weil zum Beispiel am
Fernbehandlungsverbot festgehalten
wird, werden Geschäftsideen erfolgver­
sprechender Startups von ausländischen
Unternehmen aufgekauft, da diese der­
zeit in Deutschland keinen Absatzmarkt
haben.
Warum haben andere Länder die Nase
vorn – gibt es weniger Berührungsängste?
Zum einen ist die Telematikinfrastruk­
tur so komplex, dass sich ihr Aufbau
schon über zehn Jahre hinzieht, wäh­
rend in anderen Ländern auf der Grund­
lage vorhandener IT-Systeme Verfahren
und Anwendungen schneller implemen­
tiert werden. Zum anderen bestehen bei
Ärzten und Patienten immer noch diffu­
se Ängste, mit der notwendigen IT nicht
klar zu kommen oder die Datenhoheit
zu verlieren. Hier muss noch besser auf­
geklärt werden.
Gutes Stichwort, denn wer über Digitalisierung von Gesundheit redet, darf über
Datensicherheit nicht schweigen. Wie sicher sind unsere Gesundheitsdaten?
Auch wenn es keine 100-prozentige Si­
cherheit gibt: Man kann dem erhöhten
Sicherheitsbedürfnis in Bezug auf sen­
sible Gesundheitsdaten Rechnung tra­
gen. Sowohl das IT-Sicherheitsgesetz als
auch der Entwurf des E-Health-Gesetzes
sehen erhöhte Sicherheitsstandards, Zer­
tifizierungs- und Verschlüsselungsver­
fahren vor. Wichtig ist natürlich, dass
sich alle Akteure im Alltag der Gesund­
heitsdatenverarbeitung an die strengen
Vorgaben halten.
Und welche Rolle spielt der Patient in einem digitalisierten Gesundheitswesen?
Ist er wirklich Herr seiner Gesundheitsdaten?
Auch in einem digitalisierten Gesund­
heitswesen müssen der Patient und
seine Gesundheit im Mittelpunkt ste­
hen. Damit der Mensch die Datenherr­
schaft nicht an Maschinen oder ferne
IT-Konzerne verliert, müssen transpa­
rente Geschäftsprozesse mit legitimer
Zwecksetzung sowie verständliche Ein­
willigungsmodi geschaffen werden.
Die Patienten selbst dürfen aber auch
nicht sorglos Gesundheitsdaten preis­
geben, wozu manche fragwürdige App
verleitet.
Die Chancen der Digitalisierung für den
Patienten überwiegen also die Risiken?
Definitiv ja. Digitale Geschäftsprozes­
se im Gesundheitswesen helfen, wenn
sie intelligent gestaltet sind – Stichwort
Smart Health –, Zeit und Kosten zu spa­
ren. Und mehr als dies: Vernetzte Sys­
teme, die Online-Einbindung von Ex­
perten, die permanente Verfügbarkeit
von Notfalldaten und vieles mehr kann
Leben retten.
Welchen Rat haben Sie für die gesetzlichen Krankenkassen parat mit Blick auf
den Trend zur Digitalisierung: Mehr Mut zu
zeigen, hier aktiv zu werden? Oder mehr
Vorsicht wegen möglicher Risiken walten
zu lassen?
Die Krankenkassen sollen und müssen
proaktiv werden. Ihre große Herausfor­
derung liegt darin, das richtige Maß zu
finden zwischen der „hellen“ Seite – ­also
der Förderung der Gesundheitsvorsorge
mithilfe digitaler Anreize und smarter
Prozesse – und der „dunklen“ Seite – das
heißt der Vermeidung unnötiger Daten­
verarbeitung, von Bevormundung und
Vertrauensverlust. So bleiben die Ver­
sicherungskunden Menschen mit indi­
viduellen Stärken und Schwächen und
werden nicht zum „gläsernen Patienten“.
20
Aus Nordost
AOK Forum Ausgabe 2 · 2015
Treffen der Olympioniken
Kanuten, Kicker, Schwimmer und viel Prominenz: Beim Sommerfest in
­Potsdam zeigte sich die AOK von ihrer ausgesprochen sportlichen Seite.
Gruppenfoto mit AOK-Maskottchen Jolinchen: Frank Michalak (4.v.l.) begrüßte beim traditionellen Sommerfest der AOK Nordost Brandenburgs Gesundheitsministerin Diana Golze und weitere Gäste aus Sport und Gesellschaft.
Ganz im Zeichen des Sports
stand das diesjährige Som­
merfest der AOK Nordost, zu
dem rund 500 Gäste aus Po­
litik, Wirtschaft und Gesell­
schaft Anfang Juli an den Tem­
pliner See in Potsdam kamen.
Neben dem Motto „Sportkasse
Nr. 1“, das an diesem Abend of­
fiziell vorgestellt wurde, hieß
die Gesundheitskasse ausge­
wählte Sportler willkommen,
die kommendes Jahr bei den
Olympischen Spielen in Rio
de Janeiro für Deutschland an
den Start gehen.
So sprachen die mehrfa­
che Paralympics-Siegerin im
Schwimmen, Daniela Schul­
te, und die Kanuten Sebasti­
an Brendel, Kurt Kuschela,
­ arcus Groß sowie Martin
M
Hollstein über ihre Vorberei­
tung für Brasilien. Auch die
jungen Spielerinnen des Per­
spektivteams von Turbine­
Potsdam, das von der AOK
Nordost unterstützt wird, wa­
ren an diesem Abend zu Gast.
„Seit Jahren fördern wir in­
tensiv den Kinder- und Ju­
gend-, Behinderten- und Brei­
tensport. Das bleibt auch in
Zukunft wichtig, denn nach
wie vor ist Bewegungs- und
Fitnessmangel bei Kindern
und Jugendlichen ein gro­
ßes Problem“, betonte AOKVorstandsvorsitzender Frank
Michalak. „Spitzen­s portler
können hier Vorbilder für
eine aktive und gesunde Le­
bensführung sein. Darum ist
die AOK Nordost Partner des
Sports in den Ländern vor al­
lem auch in der Nachwuchs­
förderung.“
Zu den Gästen zählten neben
Boxweltmeisterin Ramona
Kühne und Schwimmerin
Selina Hocke auch der Innenund Sportminister Mecklen­
burg-Vorpommerns, Lorenz
Caffier, sowie Brandenburgs
Gesundheitsministerin Dia­
na Golze. Sie lobte die größte
regionale Krankenkasse für
ihre innovativen, konstruk­
tiven Ideen für die Menschen
in der Region. Golze: „Sie sind
ein wichtiger Partner.“
Personalien
Neue gesundheitspolitische
Sprecherin der
Unionsfraktion im Bundestag ist Maria
­Michalk (65). Die sächsische
Abgeordnete, die bislang
Obfrau im Gesundheitsausschuss war, übernimmt den
Posten von Jens Spahn.
Michalk ist seit 2002 Mitglied
des Bundestages. Von 1996
bis 2012 war sie Mitglied im
CDU-Bundesvorstand.
Dr. Georg
­Engel (55) ist
als Beisitzer in
den Geschäftsführenden
Vorstand der
Bundesapothekerkammer
gewählt worden. Georg Engel
ist seit 2015 Präsident der
Apothekerkammer Mecklenburg-Vorpommern. Er leitet
die Apotheke der Universitätsmedizin Greifswald.
Die frühere
CDU-Bundestagsabgeordnete Rita
Pawelski ist
neue Bundeswahlbeauftragte für die
Sozialversicherungswahlen
2017. Stellvertreter ist der
frühere Bundesvorsitzende
der Industriegewerkschaft
Bauen-­Agrar-Umwelt, Klaus
Wiesehügel. Die Amtszeit der
beiden b
­ eträgt sechs Jahre.
Berlinerin mit Kunstpreis geehrt
Heike Jeschonnek (Bild) trägt
Paraffin und Ölfarbe auf Pa­
pier. Sie ritzt und zeichnet so
Schicht für Schicht Linien,
Konturen, Figuren und ganze
Landschaften in Wachs. Für
ihre reliefartigen Bilder ist
die Berliner Künstlerin mit
dem diesjährigen Kunstpreis
der AOK Nordost ausgezeich­
net worden.
Mehr als 100 Künstlerinnen
und Künstler hatten sich für
die vierte Auflage des Wett­
bewerbs unter dem Motto
„Kunst trifft Gesundheit“ be­
worben. Eine zwölfköpfige
Jury aus Kunstsachverstän­
digen, Künstlern und Ver­
tretern der AOK hatte unter
den Bewerbern 15 Künstler
aus Brandenburg, Berlin und
M-V ausgewählt, deren Arbei­
ten seit Anfang des Jahres in
wechselnden Ausstellungen
in AOK-Servicecentern in Ber­
lin, Potsdam, Teltow, Rostock,
Schwerin und Neubranden­
burg zu sehen sind. Aus der
Gruppe wurde Heike Jeschon­
nek mit dem AOK-Kunstpreis
2015 ausgezeichnet. Nach Jan
Beumelburg, Katharina Que­
cke und Christiane Bergelt
ist die 1964 in Gummersbach
geborene Jeschonnek die vier­
te Trägerin dieser Auszeich­
nung.
www.aok.de/nordost
> Kunst trifft Gesundheit

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