Neuerungen der Arbeitsmarktreform Befristete Arbeitsverträge

Transcrição

Neuerungen der Arbeitsmarktreform Befristete Arbeitsverträge
 Rundschreiben Nr. 02/2012 17. Juli 2012 Knapp Manfred Neuerungen der Arbeitsmarktreform Die Regierung Monti hat seit Amtsantritt an einer Reform des Arbeitsmarktes gearbeitet; dies vor allem auch auf Druck der EU hin, den Arbeitsmarkt in Italien flexibler zu gestalten, und den doch strengen Kündigungsschutz zu lockern. Das Gesetz Nr. 92/2012 ist am 3. Juli veröffentlicht worden, und tritt 15 Tage darauf, also am 18. Juli 2012 in Kraft. Vorab muss festgestellt werden, dass die erhofften Erleichterungen für die Arbeitgeber/Betriebe nicht bzw. nur bedingt eingetreten sind. Für eine minimale Aufweichung der Bestimmungen über den Kündigungsschutz wurden, auch aufgrund von verschiedenen Seiten auf die Regierung ausgeübten Druckes, in anderen Bereichen die Best‐
immungen wieder derart verschärft bzw. bestehende Erleichterungen abgeschafft, sodass zusammenfassend si‐
cher mit mehr Einschränkungen im Arbeitsmarkt zu rechnen ist. Nachfolgend wollen wir Ihnen eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Neuerungen geben, wobei zu betonen ist, dass viele Bestimmungen noch unklar sind, und man erst mit den ersten Rundschreiben der Ministerien Klar‐
heit über die konkrete Anwendung der neuen Bestimmungen erhalten wird. Befristete Arbeitsverträge Für den Abschluss von zeitlich befristeten Arbeitsverträgen war bisher verpflichtend die Angabe eines „Grundes“ notwendig. Es musste also objektiv ganz klar ersichtlich sein, warum ein Vertrag zeitlich befristet abgeschlossen worden ist. Nunmehr besteht die Möglichkeit, für einen befristeten Arbeitsvertrag, der eine maximale Dauer von bis zu 1 Jahr haben kann, die Angabe des Grundes zu unterlassen. Es kann somit in diesen ersten Vertrag einfach das Anfangs‐ und das Enddatum eingesetzt werden, und bei Erreichen des Enddatums erlischt das Arbeitsverhältnis, egal ob im Hintergrund ein wirklicher Grund bestanden hat oder nicht. Achtung: ein erster befristeter Arbeitsvertrag, der ohne die Angabe eines Grundes abgeschlossen wurde, kann nicht verlängert werden. Für jeden befristeten Arbeitsvertrag, der für eine Dauer von mehr als 12 Monaten abgeschlossen wird, ist weiter‐
hin die verpflichtende Angabe des Grundes notwendig. Ist der Grund nicht „stichhaltig“, so kann der Arbeitnehmer den Vertrag anfechten und die Umwandlung in ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit erwirken. Datenverarbeitung Steger KG – Sand in Taufers Tel. 0474/678250 – Fax 0474/679417 ‐ E‐Mail [email protected] www.datenverarbeitung‐steger.com Wie bisher kann ein befristeter Arbeitsvertrag (versehen mit einem objektiven Grund) verlängert werden, falls es die Notwendigkeiten erfordern. Bsp.: ein Mitarbeiter wird eingestellt, um den Einbau einer technischen Anlage zu begleiten; beim Einbau der Ma‐
schine treten Probleme auf und der befristete Vertrag muss um 2 Monate verlängert werden. Die Aneinanderreihung von befristeten Arbeitsverträgen wird erschwert. Falls ein befristeter Arbeitsvertrag von bis zu 6 Monaten bestanden hat, so müssen nun 60 Tage gewartet werden, bis wieder ein befristeter Arbeitsver‐
trag mit demselben Mitarbeiter abgeschlossen werden kann. Falls die Neueinstellung vor den genannten 60 Tagen passiert, so gilt der Arbeitsvertrag von Gesetz wegen als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Falls der befristete Arbeitsvertrag mehr als 6 Monate bestanden hat, so müssen gar 90 Tage gewartet werden, bis ein neuer befristeter Vertrag abgeschlossen werden kann. Weiterhin gilt die Regelung, dass ein Vertrag von Gesetz wegen in ein auf unbestimmte Zeit geltendes Arbeitsver‐
hältnis eingestuft wird, falls mit demselben Arbeitnehmer insgesamt schon Arbeitsverträge von mehr als 36 Mona‐
ten bestanden haben. Zusatzbeitrag INPS: Der Abschluss von befristeten Verträgen wird aus finanzieller Hinsicht für den Arbeitgeber teurer. So wird ein Zu‐
schlag von 1,40% auf den Bruttolohn fällig, der monatlich an die INPS abzuführen ist (ab 1. Jänner 2013). Bei einem Monatsbruttolohn von 2.000 Euro (ca. 1.450 netto) macht dies im Jahr in etwa 400 Euro an Mehrkosten aus. Falls der befristete Arbeitsvertrag umgewandelt wird in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis, so erhält man den Zu‐
schlag für maximal 6 Monate zurück, sozusagen als Belohnung für die fixe Einstellung des Mitarbeiters. Dieser Zuschlag gilt nicht für Lehrverträge, für Saisonarbeitsverträge bzw. für Einstellungen aufgrund momentaner Abwesenheit von Mitarbeitern (z.B. Krankheit, Mutterschaft usw.) Arbeit auf Abruf Diese Form der Arbeitsverträge hat sich in letzter Zeit zunehmender Beliebtheit erfreut, vor allem um Mitarbeiter regulär zu melden, die nur hin und wieder, praktisch sporadisch, einige Stunden für den Arbeitgeber gearbeitet haben. So konnte z.B. ein Gastwirt, bei dem überraschend zu Mittag ein Bus mit einer Touristengruppe eingekehrt ist, kurzfristig eine in der Nachbarschaft lebende Kellnerin auf Abruf holen, um diesen unvorhergesehenen Arbeits‐
engpass zu überstehen. Leider wurde dieses System auch oft missbraucht, um eigentliche Schwarzarbeit zu verdecken. So wurden Mitar‐
beiter auf Abruf eingestellt, diese haben dann zwar ziemlich einige Stunden im Monat gemacht, aber keine oder nur ganz wenige davon wurden dann auch auf dem Lohnstreifen angegeben. Wenn eine Kontrolle im Betrieb kam, so konnte der Arbeitgeber immer darauf verweisen, dass der Mitarbeiter ja regulär angemeldet sei, und eben genau heute „auf Abruf“ für den Dienst gerufen wurde. Den diversen Ämtern und dem Arbeitsinspektorat ist diese Praxis natürlich aufgefallen, und war ein Dorn im Auge. Datenverarbeitung Steger KG – Sand in Taufers Tel. 0474/678250 – Fax 0474/679417 ‐ E‐Mail [email protected] www.datenverarbeitung‐steger.com Um den Missbrauch zukünftig zu verhindern, muss jetzt bereits vor dem effektiven Arbeitsantritt dem Arbeitsamt mitgeteilt werden, dass der Mitarbeiter zur Arbeit „gerufen“ wird. Dies soll mit einfachen Mitteln (man spricht von Sms, Fax, Email) passieren. Die Ankündigung der zu erfolgenden Arbeit muss immer zu Monatsanfang erfolgen, oder aber spätestens vor dem effektiven Arbeitsantritt an dem besagten Tage. Wenn ein Gastwirt z.B. schätzt, dass er eine Kellnerin für 20 Stunden im kommenden Monat auf Abruf benötigen wird, so muss er zu Monatsanfang eine Meldung mit diesen 20 Stunden machen. Diese 20 Stunden müssten dann auch effektiv auf dem Lohnstreifen zu Ende Monat aufscheinen. Wenn wie im Beispiel weiter oben, plötzlich ein voller Bus mit Touristen vor dem Hotel parkt, und die benachbarte Kellnerin zum Aushelfen gerufen wird, muss sich der Gastwirt unbedingt darauf verstehen, schnell mit Sms, Fax oder Email, dem Arbeitsamt Bescheid zu geben, dass die Kellnerin eben jetzt in einer halben Stunde zu Arbeiten kommt. Strafen: wenn diese vorherige Meldung über die Arbeitsleistung nicht erfolgt, so gilt eine Verwaltungsstrafe von mindestens 400 Euro bis maximal 2.400 Euro. Zu dieser Neuerung muss gesagt werden, dass das Gesetz zwar geschrieben ist, und eben ab 18. Juli in Kraft tritt, aber die Anleitungen der Ämter noch fehlen. Zurzeit weiß noch niemand, wie z.B. diese Meldung (mit SMS usw.) vor Arbeitsantritt zu erfolgen hat. Man erhofft sich in wenigen Tagen/Wochen Erläuterungen zu diesem Thema. Grundsätzlich wird es aber in Zukunft dann sicher so sein, dass vor jeder Arbeitsleistung eines Mitarbeiters auf Abruf eine Meldung vorher gemacht werden muss. Wenn bei einer Kontrolle am Arbeitsplatz dann ein Mitarbeiter aufgefunden wird, der zwar auf Abruf angemeldet wurde, dessen an dem Tag geleistete Arbeitsleistung aber nicht vorher gemeldet wurde, werden die oben genannten Strafen verhängt. Unser Büro ist der Meinung, dass das System „der Arbeit auf Abruf“ durch diese Einschränkung in der Praxis sehr stark an Bedeutung verlieren wird. Viele Mitarbeiter werden dann wahrscheinlich überhaupt nicht mehr angemel‐
det werden, und gänzlich in der Schwarzarbeit landen. Übergangsbestimmung: für alle zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes (also bis zum 17. Juli 2012) abge‐
schlossenen Verträge auf Abruf gelten die alten Regelungen, und zwar für ein ganzes Jahr bis zum 17. Juli 2013. Die notwendige vorherige Meldung der Arbeitsleistung greift aber auch für bereits bestehende Arbeitsverträge, natür‐
lich erst dann sobald das diesbezügliche Rundschreiben mit Anleitungen des Ministeriums veröffentlicht worden ist. Gelegenheitsarbeit mit Gutscheinen „voucher“ In den letzten Jahren haben sich die Arbeitsverhältnisse, welche mit den so genannten „voucher“ (Gutscheine) entlohnt wurden, sehr stark verbreitet. Es war eine unbürokratische Möglichkeit, um kleine Gelegenheitsarbeiten (sei es im privaten Haushalt wie auch in Betrieben) regulär abzuwickeln. Da eben auch dieses System leider oft dazu mißbraucht wurde, um die Arbeitnehmer zwar anzumelden, und halt einige Gutscheine zu kaufen und zu übergeben, aber den Großteil der Arbeitsleistung unter der Hand zu bezahlen, Datenverarbeitung Steger KG – Sand in Taufers Tel. 0474/678250 – Fax 0474/679417 ‐ E‐Mail [email protected] www.datenverarbeitung‐steger.com wollte die Regierung auch hier den Hebel ansetzen, um versteckte Schwarzarbeit mit diesem System so gut wie unmöglich zu machen. Die Neuerungen können wie folgt zusammengefasst werden: a) Pro Auftraggeber kann eine Person höchstens für 2.000 Euro mit Gutscheinen arbeiten, und im ganzen Jahr insgesamt nur mehr für 5.000 Euro. Bisher war es ja so, dass pro Auftraggeber für 5.000 Euro gearbeitet werden konnte, und es kein Jahreslimit für die Gutscheine gab. Theoretisch konnte bisher ein Arbeitneh‐
mer für 10 Auftraggeber für jeweils 5.000 Euro arbeiten, und so also 50.000 Euro mit Gutscheinen kassie‐
ren. b) Auf den neuen Gutscheinen, welche ab dem 18. Juli bestellt werden, muss genau der Tag und die Uhrzeit angegeben werden, an welchen die Dienstleistung erbracht wird. Somit soll und kann nun überprüft wer‐
den, ob die Entlohnung auch den gängigen Kollektivverträgen angepasst ist. Bisher war es ja den Parteien überlassen, wie viel pro Stunde Gelegenheitsarbeit bezahlt wird. Ab nun soll gelten, ein Gutschein für eine Stunde Arbeit. c) Die Einschränkung, dass nur gewisse Personenkreise (z.B. Pensionisten, Studenten, Hausfrauen) für gewis‐
se Tätigkeiten (z.B. Reinigungsarbeiten, Nachhilfeunterricht) mit voucher entlohnt werden konnten, findet sich im neuen Gesetz nicht mehr; im Umkehrschluss kann man also davon ausgehen, dass ab 18. Juli jeder für Gelegenheitsarbeiten mit dem System der voucher entlohnt werden kann, allerdings immer unter Be‐
achtung der jährlichen Einkommensgrenze von 2.000 Euro pro Auftraggeber. Auch hier gelten Übergangsbestimmungen, und zwar können jene Gutscheine, die bis zum 17. Juli 2012 erworben wurden, weiterhin für jene Personen verwendet werden für die sie angekauft wurden, und zwar bis zum 31. Mai 2013. Personalabbau Ziel der Arbeitsmarktreform war vordergründig (und dies war auch eine Auflage der Europäischen Zentralbank für die finanzielle Unterstützung Italiens durch den Ankauf von Staatspapieren) eine Aufweichung des doch rigiden Kündigungsschutzes in Italien. Unternehmer erhofften sich teilweise, dass sie nun einen Freibrief erhalten würden, nach Gutdünken Mitarbeiter zu entlassen. Die Gewerkschaften auf der anderen Seite sträubten sich gegen jede mögliche Aufweichung des Kün‐
digungsschutzes, wie wenn es um Leben und Tod ginge. Unter diesem massiven Druck von allen Seiten gelang es der Regierung nicht, einen wirklich großen Wurf in diesem Bereich zu gestalten; übrig blieb eine kleine Reform, die zwar in einigen wenigen Fällen nun den Personalabbau einfacher gestaltet, dies aber gegen doch teils hohe Entschädigungszahlungen an die Mitarbeiter. In der Praxis wird sich laut Meinung der Verfasser dieses Rundschreibens also nicht viel ändern. Nachfolgend wollen wir die wichtigsten Neuerungen darlegen, wobei auch hier zu betonen ist, dass mit den zu erwartenden Rundschreiben und Klärungen der Ministerien noch Änderungen zu erwarten sind. Kündigungsgrund: jede Kündigung ist fortan nur mehr gültig, wenn auch der Grund der Kündigung im Kündigungs‐
schreiben angegeben ist. Form der Kündigung: jede Kündigung muss in schriftlicher Form gemacht werden; eine mündliche Kündigung von Seiten des Arbeitgebers ist null und nichtig. Datenverarbeitung Steger KG – Sand in Taufers Tel. 0474/678250 – Fax 0474/679417 ‐ E‐Mail [email protected] www.datenverarbeitung‐steger.com Anfechtung der Kündigung: eine Kündigung muss vom Mitarbeiter innerhalb von 60 Tagen ab Zustellung ange‐
fochten werden; der Mitarbeiter hat nach der Anfechtung nunmehr 180 Tage Zeit, um die Klage bei Gericht zu hinterlegen. Falls diese Fristen nicht eingehalten werden, verliert der Mitarbeiter jegliches Recht gegen die Kündi‐
gung vorzugehen. Diskriminierende Kündigungen: darunter versteht man Kündigungen mit z.B. rassistischen, religiösen Hintergrün‐
den, aber auch Kündigungen während eines Mutterschafts‐ oder Vaterschaftsurlaubes, oder im Zeitraum von der Ankündigung der Heirat bis zu einem Jahr nach der Heirat. Auch Kündigungen, welche nur mündlich ausgesprochen worden sind, fallen unter die diskriminierenden Kündigungen. Derartige Kündigungen sind nichtig. Bei Anfechtung der Kündigung durch den Mitarbeiter entscheidet der Richter wie folgt: a) Pflicht zur Wiedereinstellung des Mitarbeiters b) Entschädigungszahlung an den Mitarbeiter in Höhe der Entlohnung vom Zeitpunkt der Entlassung bis zur Wiedereinstellung, wobei die Mindestentschädigung bei 5 Monatsgehältern liegt c) Pflicht für den Arbeitgeber, die Sozialabgaben für den Zeitraum der Entlassung nachzuzahlen (allerdings ohne Strafen) d) Innerhalb von 30 Tagen ab dem Urteil kann der Mitarbeiter entscheiden, ob er in den Betrieb zurückkehren möchte, oder aber eine einmalige Entschädigung in Höhe von 15 Monatsgehältern nimmt und aus dem Be‐
trieb definitiv austritt. Kündigungen aus subjektiven und disziplinären Gründen: darunter versteht man jene Kündigungen, die auf das Verhalten des Arbeitnehmers im Betrieb zurückzuführen sind und in den jeweiligen Kollektivverträgen angegeben sind (z.B. unentschuldigte Abwesenheit über mehrere Tage hin, wiederholtes Zuspätkommen zur Arbeit, wieder‐
holtes Nichtbefolgen von Anweisungen des Vorgesetzten, Diebstahl im Betrieb usw.). Falls der Richter feststellt, dass die für die Kündigung angegebenen Gründe nicht existieren, bzw. dass die Kündi‐
gung unverhältnismäßig ist (z.B. wenn ein Mitarbeiter nur 1 Tag unentschuldigt abwesend war, und dann schon die Kündigung ausgesprochen wurde), so entscheidet er wie folgt: a) Pflicht zur Wiedereinstellung des Mitarbeiters b) Entschädigungszahlung an den Mitarbeiter in Höhe der Entlohnung vom Zeitpunkt der ungerechtfertigten Entlassung bis zur Wiedereinstellung. c) Die Höhe der Entschädigungszahlung kann höchstens 12 Monatsgehälter betragen d) Von der Entschädigungszahlung wird auch jener Lohn abgezogen, den der Mitarbeiter in der Zwischenzeit aus anderen Arbeitsverhältnissen bezogen hat, bzw. den er hätte beziehen müssen, falls er sich mit norma‐
ler Mühe um einen neuen Arbeitsplatz bemüht hätte. e) Pflicht für den Arbeitgeber, die Sozialabgaben für den Zeitraum der Entlassung nachzuzahlen (allerdings ohne Strafen). f) Innerhalb von 30 Tagen ab dem Urteil kann der Mitarbeiter entscheiden, ob er in den Betrieb zurückkehren möchte, oder aber eine einmalige Entschädigung in Höhe von 15 Monatsgehältern nimmt und aus dem Be‐
trieb definitiv austritt. Kündigungen aus gerechtfertigten Gründen: darunter versteht man Kündigungen, die ein Fortbestehen des Ar‐
beitsverhältnisses unmöglich machen, da auch das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer unwiederbringlich zerstört ist, oder aber der Mitarbeiter für den Betrieb nicht mehr tragbar ist (z.B. ein Bankange‐
stellter ist wegen Diebstahls verurteilt worden, und das Image der Bank erlaubt es nicht, ihn weiter zu beschäfti‐
gen, usw.). Datenverarbeitung Steger KG – Sand in Taufers Tel. 0474/678250 – Fax 0474/679417 ‐ E‐Mail [email protected] www.datenverarbeitung‐steger.com In diesen Fällen a) bestätigt der Richter die Kündigung und b) verurteilt den Betrieb allerdings zu einer Entschädigungszahlung von 12 bis 24 Monatsgehältern, wobei das Dienstalter, die Mitarbeiteranzahl, der Umsatz des Betriebes und das Verhalten der Parteien über die Höhe der Entschädigung entscheiden Diese neue Regelung ist teilweise noch höchst unverständlich, da aus dem Gesetz nicht genau herausgelesen wer‐
den kann, welche gerechtfertigten Gründe unter diese Form der Entlassungsmöglichkeit fallen. Kündigungen aus objektiven, organisatorisch‐wirtschaftlichen Gründen: darunter versteht man Kündigungen, die nichts mit dem betroffenen Mitarbeiter selbst zu tun haben, sondern aufgrund betrieblicher Notwendigkeiten pas‐
sieren (z.B. wegen Personalabbau, Einstellung einer Tätigkeit, Wegfall eines Auftrages, Neuausrichtung des Betrie‐
bes usw.) In diesen Fällen ist nun ein genaues Prozedere vorgesehen, welches eingehalten werden muss: a) der Arbeitgeber teilt dem Arbeitsamt mit, dass er eine Entlassung aus objektiv gerechtfertigten Gründen vornehmen möchte; b) diese Mitteilung muss auch dem betroffenen Mitarbeiter zur Kenntnis geschickt werden; c) innerhalb von 7 Tagen beruft das Arbeitsamt die beiden Parteien vor der Schlichtungskommission beim Ar‐
beitsamt ein; d) die Parteien haben dann 20 Tage Zeit um eine Einigung zu erzielen; e) falls sich die Parteien in den 20 Tagen einigen (z.B. auf eine entsprechende Abfindungszahlung, oder die Bezahlung von Umschulungen durch den Betrieb), und somit die Kündigung in gegenseitigem Einverneh‐
men passiert, so hat der Mitarbeiter trotzdem Anrecht auf das entsprechende Arbeitslosengeld; f) nach Ablauf der genannten 20 Tage kann der Arbeitgeber dann erst die Entlassung aussprechen (die Wir‐
kung der Entlassung (v.a. zur Berechnung der Kündigungsfrist) geht aber zurück auf das Datum, an wel‐
chem der Arbeitgeber seine Absicht dem Arbeitsamt mitgeteilt hat); g) falls die Parteien keine Einigung erzielen über eine einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses in den genannten 20 Tagen, so wird die Kündigung zwar rechtswirksam, der Arbeitgeber muss aber die neu eingeführte „Entlassungssteuer“ bezahlen; diese beträgt 50% des dem Mitarbeiter zustehenden Arbeitslo‐
sengeld für je 12 Monate Dienstalter im Betrieb, maximal jedoch für 36 Monate (somit Maximum der Steuer: 150% des Arbeitslosengeldes für ein volles Jahr); h) falls die Parteien keine Einigung erzielen, verliert der Arbeitnehmer auch den Anspruch auf den Bezug des ASPI, welches ab 2013 das Arbeitslosengeld ersetzen soll; Der Vorteil für den Arbeitgeber besteht nun darin (falls natürlich die objektiven Gründe auch vorliegen und nicht komplett erfunden sind), dass bei Einhaltung dieses Ablaufes die Kündigung des Mitarbeiters auf jeden Fall gültig wird. Um die Entlassungssteuer („imposta sui licenziamenti“) zu verhindern, muss der Arbeitgeber allerdings versuchen, mit dem Mitarbeiter in den 20 Tagen eine Einigung zu erzielen über eine eventuelle Abfindungszahlung. Auch der Mitarbeiter hat natürlich ein Interesse an so einer Einigung, da er ansonsten das Anrecht auf das ASPI verliert, aber eben keine Abfindung kassiert, und die Entlassung aber rechtswirksam wird. In der Praxis wird es dann wohl so sein, dass sich, da beide einen Vorteil an einer einvernehmlichen Lösung haben, die Parteien innerhalb der 20 Tage auf eine Abfindung in Höhe der Hälfte der ansonsten vom Arbeitgeber geschul‐
deten Entlassungssteuer einigen werden. Datenverarbeitung Steger KG – Sand in Taufers Tel. 0474/678250 – Fax 0474/679417 ‐ E‐Mail [email protected] www.datenverarbeitung‐steger.com Für den Fall dass das neue, soeben aufgezeigte, Prozedere nicht eingehalten wird, so wird die Entlassung bei objek‐
tiv gerechtfertigten Gründen zwar vom Richter bestätigt, dem Mitarbeiter steht aber eine Entschädigung von 6 bis 12 Monatsgehältern zu. Entlassungen in Betrieben mit weniger als 15 Mitarbeitern Die Arbeitsmarktreform hat für Kleinbetriebe, mit eben weniger als 15 Mitarbeitern, keine Neuerungen gebracht. Für sie gilt wie bisher, dass bei ungerechtfertigten Entlassungen, also ohne Bestehen eines stichhaltigen Grundes, der Richter zwar in seinem Urteil die Wiedereinstellung des Mitarbeiters verfügen kann, sich aber sowohl der Mit‐
arbeiter als auch der Arbeitgeber für eine Entschädigung zwischen 2,5 und 6 Monatsgehältern entscheiden kön‐
nen. Fazit: ein Kleinbetrieb kann eine Entlassung jederzeit und ohne Grund aussprechen, und riskiert dabei maximal eine Entschädigung von 6 Monatsgehältern bezahlen zu müssen. Schlussbemerkung Wir haben versucht, Ihnen in diesem Rundschreiben die unserer Meinung nach für die Betriebe in der alltäglichen Praxis wichtigsten Punkte so ausführlich wie möglich darzulegen. In konkreten Fällen, speziell bei Entlassungen, ist eine individuelle Absprache mit uns auf jeden Fall dennoch nötig. Das Gesetz über die Arbeitsmarktreform enthält noch weitere Bestimmungen, so z.B. die Abschaffung der Einglie‐
derungsverträge, die Entgeltspflicht für Berufspraktika, Maßnahmen zur Vermeidung der Scheinselbständigkeit, neue Kriterien für die Beteiligung an stillen Gesellschaften. Hier werden wir versuchen, die wenigen davon be‐
troffenen Betriebe direkt anzusprechen, um die Neuerungen im Sinne des Gesetzes zu regeln. Das staatliche Gesetz zur Arbeitsmarktreform hat auch das Lehrlingswesen auf Staatsebene neu definiert. Da die Provinz Südtirol aber in diesem Bereich erst vor Tagen ein eigenes Landesgesetz erlassen hat, welches im August dann in Kraft tritt und auch vorgestellt wird, werden wir die diesbezüglichen Neuerungen zu gegebenem Zeitpunkt mit einen eigenen Rundschreiben aufarbeiten. Datenverarbeitung Steger KG – Sand in Taufers Tel. 0474/678250 – Fax 0474/679417 ‐ E‐Mail [email protected] www.datenverarbeitung‐steger.com 

Documentos relacionados