Materialmappe zur Vor- und Nachbereitung

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Materialmappe zur Vor- und Nachbereitung
Junges Staatstheater Braunschweig
Spielzeit 2014/2015
www.staatstheater-braunschweig.de
[email protected]
Tel. (0531) 1234 542
Leonce und Lena
│13+
von Georg Büchner
Materialmappe
Wie muss es sein, als Prinz oder Prinzessin auf einem Schloss aufzuwachsen? Was
muss passieren, dass man von Zuhause abhaut? Gibt es heute auch noch »goldene
Käfige«? Was erwarten unsere Eltern von uns? Was schränkt uns ein? Was möchten
wir mit unserer Zukunft anfangen? Wie soll man sich entscheiden, bei den unzähligen Möglichkeiten, die einem geboten werden?
»Es krassiert ein entsetzlicher
Müßiggang ...
Was die Leute nicht alles aus
Langeweile treiben!«
Im Januar 1836 schrieb der Verleger Cotta aus Stuttgart einen Wettbewerb für die
beste Ein- oder Zwei-Akt-Komödie aus. Büchner erhoffte sich durch das Preisgeld
von 300 Gulden die Verbesserung seiner finanziellen Lage in Straßburg. Er reichte
dann aber seinen Beitrag »Leonce und Lena« zu spät ein, so dass der Brief ungeöffnet wieder zurückgeschickt wurde und keine Beachtung fand. Büchner überarbeitete das Manuskript daraufhin und baute die Komödie zu einem Drei-Akter um, dessen Veröffentlichung er aber nicht mehr erlebte. Heute gehört das Stück zu den
wichtigsten klassischen Komödien deutscher Sprache.
Leonce hat eigentlich alles, was er braucht. Als Prinz muss er sich um nichts kümmern, sein Leben ist seit seiner Geburt vorherbestimmt – eigentlich doch wunderbar, oder? Trotzdem ist er nicht zufrieden, möchte sein Leben selber in die Hand
nehmen, selber bestimmen, was er werden und machen möchte. Doch das ist gar
nicht so einfach. Auch heute geht es den Jugendlichen so. Wir leben in einem Zeitalter des Überflusses, wir können alles immer haben. Ein Meer aus Möglichkeiten
und Wegen – doch welchen soll man gehen?
»Leonce und Lena« erzählt poetisch und direkt vom Erwachsenwerden zweier Jugendlicher, die aus den gesellschaftlichen Strukturen und Zwängen auszubrechen
versuchen um ihren Weg ins Leben zu finden.
In dieser Materialmappe befinden sich inhaltliche Anregungen und Aufgaben zur
Vor- und Nachbereitung Ihres Theaterbesuchs.
Wir wünschen viel Spaß bei dem Theaterbesuch und hoffen, dass dieser neue Eindrücke liefert. Anregungen zur Gestaltung und zum Inhalt der Materialmappe nehmen wir gerne dankend entgegen.
Kathrin Simshäuser & Anne Hartmann
für das Junge Staatstheater Braunschweig
Leonce und Lena – Materialmappe
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Anja Signitzer (als Lena) & Ralph Kinkel (als Leonce)
Leonce und Lena – Materialmappe
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Kontakte
Junges(AT)staatstheater-braunschweig.de
Tel. (0531) 1234 542
Leiter Junges Staatstheater
AndreasSteudtner(AT)staatstheater-braunschweig.de
Tel. (0531) 1234 521
Dramaturgie & Organisation
KathrinSimshaeuser(AT)staatstheater-braunschweig.de
Tel. (0531) 1234 542
Dramaturgie
CarstenWeber(AT)staatstheater-braunschweig.de
Tel. (0531) 1234 524
Theaterpädagogik
ThiemoHackel(AT)staatstheater-braunschweig.de
Tel. (0531) 1234 541
Theaterpädagogik
AnneHartmann(AT)staatstheater-braunschweig.de
Tel. (0531) 1234 504
Herausgeber Staatstheater Braunschweig, Am Theater, 38100 Braunschweig
Generalintendant Joachim Klement Verwaltungsdirektorin Claudia Schmitz Leiter
Junges Staatstheater Andreas Steudtner Redaktion & Gestaltung Kathrin
Simshäuser (verantw.), Anne Hartmann Fotos Volker Beinhorn Redaktionsschluss 6.3.2015
Änderungen vorbehalten
Leonce und Lena – Materialmappe
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Nikolaij Janocha (als König Peter)
Nina El Karsheh, Ralph Kinkel, Nikolaij Janocha, Anja Signitzer, Ravi Marcel
Büttke (als Chor)
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Besetzung
Inszenierung Mareike Mikat
Bühne & Kostüme Marie Roth
Musik Moritz Krämer, Francesco Wilking
Dramaturgie Kathrin Simshäuser, Andreas Steudtner
Theaterpädagogik Thiemo Hackel, Anne Hartmann
König Peter vom Reiche Popo Nikolaij Janocha
Prinz Leonce, sein Sohn Ralph Kinkel
Prinzessin Lena vom Reiche Pipi Anja Signitzer
Valerio Ravi Marcel Büttke
Die Gouvernante Nina El Karsheh
Musiker Moritz Krämer / Francesco Wilking
Statisterie Stefan Krense, Pauline Schostok, Johannes Stöhr
Regieassistenz & Spielleitung Esther Jurkiewicz Ausstattungsassistenz Henriette
Hübschmann Inspizienz Heiko Angerstein / Simone Großmann Soufflage Magdalena Dorothea Suss Hospitanz Johannes Stöhr (Regie), Ashkan Baladi (Dramaturgie) Ausstattungsleitung / Technische Direktion Ralf Wrobel Technische Inspektion / Bühneneinrichtung Alexander Wladarsch Leitung Beleuchtungsabteilung
Frank Kaster Beleuchtungseinrichtung Harry Heutink Leitung Tontechnik Burkhard Brunner Toneinrichtung Katharina Heine, Rainer Leue Leitung Requisite
Sascha Kaminski Requisite Daniela Klosa, Renate Lange Leitung Kostümabteilung Ernst Herlitzius Leitung Maskenabteilung Nicolas Guth Maske Bernadette
Bertkau, Katharina Kühnel Leitung Ausstattungswerkstätten Petra Röder Produktionsingenieur Stephan Busemann Leitung Malsaal Sonja Bähr Leitung Tischlerei
Peter Kranzmann Leitung Schlosserei Armin Zühlke Leitung Deko- & Möbelabteilung Axel Schneider
Premiere 6. März 2015 im Kleinen Haus
Aufführungsdauer ca. 100 Minuten, keine Pause
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Schlaglichter
Die folgenden Schlagworte sind Themen der Inszenierung.
Langeweile
»Die Bienen sitzen so träg an den Blumen, und der Sonnenschein liegt so faul auf
dem Boden. Es krassirt ein entsetzlicher Müßiggang. – Müßiggang ist aller Laster
Anfang. – Was die Leute nicht Alles aus Langeweile treiben! Sie studiren aus Langeweile, sie beten aus Langeweile, sie verlieben, verheirathen und vermehren sich
aus Langeweile und sterben endlich an der Langeweile […] Oh, wer einmal jemand
anderes sein könnte! Nur ne Minute lang.« (Leonce)
»Das ist sehr langweilig, immer das Hemd zuerst und dann die Hosen drüber zu
ziehen und des Abends ins Bett und morgens wieder herauszukriechen und einen
Fuß immer so vor den andern zu setzen; da ist gar kein Absehen, wie es anders
werden soll. Das ist sehr traurig, und daß Millionen es schon so gemacht haben,
und daß Millionen es wieder so machen werden. […] Dass die Wolken schon seit
drei Wochen von Westen nach Osten ziehen. Es macht mich ganz melancholisch.«
(Leonce)
Erwartungen der Eltern
»Meine Lieben und Getreuen, ich wollte euch hiermit kund und zu wissen thun, kund
und zu wissen thun – denn entweder verheirathet sich mein Sohn, oder nicht, (legt
den Finger an die Nase.) entweder, oder – ihr versteht mich doch? Ein Drittes gibt
es nicht. Der Mensch muß denken.« (König Peter)
»(liest den Brief) Daß man der zu erwartenden Ankunft von Eurer Hoheit
verlobter Braut, der durchlauchtigsten Prinzessin Lena von Pipi, auf morgen sich zu
gewärtigen habe, davon läßt Ihro königliche Majestät … Wenn meine Braut mich
erwartet, so werde ich ihr den Willen thun und sie auf mich warten lassen. […]«
(Leonce)
»Versteht sich (liest im Brief) An dem Tage der Vermählung ist ein höchster Wille
gesonnen, seine allerhöchsten Willensäußerungen in die Hände Eurer Hoheit niederzulegen.« (Valerio)
»Beim höchsten Willen, ich werde Alles thun, das ausgenommen, was ich werde
bleiben lassen, was aber jedenfalls nicht so viel sein wird, als wenn es noch einmal
so viel wäre. Heirathen! Das heißt einen Ziehbrunnen leer trinken.« (Leonce)
»Aber warum schlägt man einen Nagel durch zwei Hände, die sich nicht suchten?
Was hat meine arme Hand gethan? Dieser Ring sticht mich wie eine Natter.« (Lena)
Aufbruch – von Zuhause abhauen
»Valerio! Valerio! Wir müssen was Anderes treiben. Rathe!
[…] jetzt hab' ich's! Fühlst du nicht das Wehen aus Süden? Valerio! Wir gehen nach
Italien.« (Leonce)
»O sie ist schön und so weit, so unendlich weit. Ich möchte immer sofort gehen Tag
und Nacht. Ja, die Pflanzen legen ihre Fiederblättchen zum Schlaf zusammen und
die Sonnenstrahlen wiegen sich an den Grashalmen wie müde Libellen.« (Lena)
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Ralph Kinkel (als Leonce), Ravi Marcel Büttke (als Valerio)
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Inhalt des Stücks
Dieses Kapitel dient vor allem zum Wissen für die Lehrerinnen und Lehrer,
die Schülerinnen und Schüler müssen diese sehr detaillierte Inhaltsangabe
vor dem Inszenierungsbesuch nicht unbedingt kennen.
Jemand läuft über die Bühne und setzt sich auf die Seite, es ist ein Musiker – und
die Musik beginnt. Aus der Unterbühne taucht ein Chor auf, aus dem sich Leonce
herausschält. Der melancholische und träumerische Prinz vom Reiche Popo langweilt sich, weiß nichts mit sich, seinem Leben und seiner Zukunft anzufangen, obwohl er alles hat und haben kann. Da begegnet ihm Valerio und mit seinem Ausspruch: »Herr, ich habe die große Beschäftigung, müßig zu gehen, ich habe eine
ungemeine Fertigkeit im Nichtsthun, ich besitze eine ungeheure Ausdauer in der
Faulheit« ist es für Leonce klar: Valerio ist ein Gleichgesinnter, ein Bruder im Geiste.
Dann taucht König Peter auf, der Vater von Leonce. Er betont, dass er hier der König ist und das Sagen hat, aber am nächsten Tag abdanken und seinen Sohn
Leonce zu seinem Nachfolger machen will. Dazu muss sein Sohn heiraten. Da er
sich nicht traut, es Leonce persönlich zu sagen, schreibt er ihm einen Brief, in dem
er kundtut, dass die holde Prinzessin Lena vom Reiche Pipi schon morgen seine
Braut werden soll.
Leonce und Valerio – in der Rolle der Rosetta – philosophieren derweil über die Liebe und machen sich über sie lustig. Es ist »schon ein sonderbares Ding um die Liebe«!
Da kommt ein Bote, der verkleidete König, und überbringt den Brief. Leonce kann es
nicht fassen! Heiraten!? Das will er auf keinen Fall. Valerio, der bis eben nicht gewusst hat, dass er es mit dem Prinzen vom Reiche Popo zu tun hat, versteht den
Prinzen nicht und versucht ihn zu beruhigen: »Nun, Sie sollen König werden, das ist
eine lustige Sache«. Doch Leonce will weder heiraten noch König werden und überzeugt Valerio, dass sie was anderes treiben und fliehen müssen: »Fühlst du nicht
das Wehen aus Süden? Valerio! Wir gehen nach Italien.«
Ein anderer Ort. Wir befinden uns im Reiche Pipi. Die Gouvernante hat eben die
Prinzessin Lena ins Zimmer gebracht. Sie trägt bereits ihr Hochzeitskleid, doch
freuen kann sie sich nicht. Warum nur soll sie einen Mann heiraten, den sie nicht
liebt? Die Gouvernante kann und will Lena nicht leiden sehen und beruhigt sie, denn
sie hat einen Plan, mit dem Lena ihrem Schicksal vielleicht entkommen kann.
Leonce und Valerio schauen noch einmal dem König hinterher und hauen ab, laufen
den ganzen Tag durch die Fürsten- und Herzogtümer, bis sie hungrig zusammenbrechen. Auch Lena und die Gouvernante sind auf der Flucht und auf der Suche
nach einem Obdach für die Nacht. Irgendwo – vielleicht auf einem Festivalgelände –
begegnen sich die Paare. Valerio ist ganz hingerissen von der Gouvernante und
auch Lenas und Leonce` Ohren und Augen treffen sich.
Im Durcheinander des Festivals verlieren und treffen sich die vier in unterschiedlichen Konstellationen immer wieder. Leonce und Lena nähern sich an und stoßen
sich wieder weg, nähern sich an und stoßen sich wieder weg. Leonce ist von der
plötzlichen Liebe zu Lena vollkommen überwältigt und überfordert zugleich und
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sieht nur eine Möglichkeit: »Zu viel. Zu viel. Mein ganzes Sein ist in dem einen Augenblick. Jetzt stirb. Mehr ist unmöglich.« Er will sich ertränken, aber Valerio rettet
ihn und bringt ihn wieder zur Vernunft. Sie gehen zusammen auf eine Party. In dem
Chaos aus verkleideten Menschen, lauter Musik und schrillem Licht finden sich
Leonce und Lena endlich wieder. Sie sind sich einig: Sie wollen heiraten, auch wenn
sie gar nichts voneinander wissen. Die Gouvernante zieht Valerio ins Wissen, dass
es sich bei der jungen Dame um Prinzessin Lena handelt und zusammen schmieden sie den Plan, die beiden von König Peter verheiraten zu lassen.
Wieder im Reiche Popo. Der König ist verzweifelt, sein Sohn ist verschwunden und
die Prinzessin auch. Was soll er nur tun? Sein Volk weiß auch keinen Rat. Da kommen die Gouvernante und Valerio und führen zwei Automaten vor, ein Männlein und
ein Weiblein. Der König, der sich fest vorgenommen hat, sich zu freuen und eine
Hochzeit zu feiern, verheiratet die beiden nicht ahnend, wer sich hinter der Verkleidung verbirgt. Als diese sich demaskieren, ist das Erstaunen bei allen groß.
Die füreinander Bestimmten haben sich gefunden und verbunden. Die Flucht vor
den von den Eltern verfügten Zielen endet in der Erfüllung derselben.
Ist das ein Happy End oder tiefe Depression?
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Nina El Karsheh (als Gouvernante), Anja Signitzer (als Lena)
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»Ich bin so jung,
und die Welt ist so alt.«
Über den Autor Georg Büchner
Georg Büchner wurde am 17. Oktober 1813 als ältestes Kind des Chirurgen Ernst
Karl Büchner (1786 – 1861) und dessen Ehefrau Caroline (1791 – 1858) in
Goddelau bei Darmstadt geboren.
Nach dem Besuch des Ludwig-Georg-Gymnasiums in Darmstadt immatrikulierte
sich Georg Büchner am 9. November 1831 an der medizinischen Fakultät in Straßburg und wurde dort von dem Pfarrer Johann Jakob Jaeglé aufgenommen, mit dessen Tochter Luise ("Minna") Wilhelmine (1810 – 1880) Georg Büchner sich im Juli
1833 heimlich verlobte. Am 31. Oktober 1835 wechselte er zur Universität Gießen.
Im Kampf gegen die reaktionären Zustände im Großherzogtum Hessen gründete
Georg Büchner im Frühjahr 1834 in Gießen und Darmstadt im Untergrund Sektionen der »Gesellschaft der Menschenrechte« und verfasste zusammen mit Friedrich
Ludwig Weidig aus Butzbach die sozialrevolutionäre Flugschrift »Der Hessische
Landbote«, in der es hieß: »Friede den Hütten, Krieg den Palästen«. Weil Georg
Büchner wegen des Aufrufs zur Revolution steckbrieflich gesucht wurde, floh er im
März 1835 für einige Zeit nach Straßburg.
Im Jahr darauf promovierte er in Zürich mit einer Dissertation über das Nervensystem der Barben und wurde nach einer Probevorlesung mit dem Titel »Über Schädelnerven« als Privatdozent für vergleichende Anatomie von der Philosophischen
Fakultät beschäftigt. 1835 hatte Georg Büchner sein erstes Drama veröffentlicht:
»Dantons Tod«. Es folgten die Erzählung »Lenz« (postum veröffentlicht 1839) und
das Lustspiel »Leonce und Lena« (1836). Das Drama »Woyzeck« blieb ein Fragment.
Am 19. Februar 1837 starb der 23jährige Büchner in Zürich. Trotz seines schmalen
Werkes gilt er als einer der bedeutendsten deutschen Autoren.
Carl Vogts Eindruck von dem Giessener Studenten Büchner, Genf um 1891
(›Aus meinem Leben‹. Stuttgart 1896)
Offen gestanden, dieser Georg Büchner war uns nicht sympathisch. Er trug einen
hohen Zylinderhut, der ihm immer tief unten im Nacken saß, machte beständig ein
Gesicht wie eine Katze, wenn’s donnert, hielt sich gänzlich abseits, verkehrte nur
mit einem etwas verlotterten und verlumpten Genie, August Becker, gewöhnlich nur
der ›rote August‹ genannt. Seine Zurückgezogenheit wurde für Hochmut ausgelegt,
und da er offenbar mit politischen Umtrieben zu tun hatte, ein- oder zweimal auch
revolutionäre Äußerungen hatte fallen lassen, so geschah es nicht selten, daß man
abends, von der Kneipe kommend, vor seiner Wohnung still hielt und ihm ein ironisches Vivat brachte: ›Der Erhalter des europäischen Gleichgewichtes, der
Abschaffer des Sklavenhandels, Georg Büchner, er lebe hoch!‹ – Er tat, als höre er
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das Gejohle nicht, obgleich seine Lampe brannte und zeigte, daß er zu Hause sei.
In Wernekincks Privatissimum war er sehr eifrig und seine Diskussionen mit dem
Professor zeigten uns beiden andern bald, daß er gründliche Kenntnisse besitze,
welche uns Respekt einflößten. Zu einer Annäherung kam es aber nicht; sein
schroffes, in sich abgeschlossenes Wesen stieß uns immer wieder ab.
Mündliche Aussagen
»Im Sommer 1831 begegnete ich Georg Büchner einmal in der Dämmerung am
Jägertor. Er sah sehr ermüdet aus, aber deine Augen glänzten. Auf meine Frage,
wo er gewesen, flüsterte er mir ins Ohr: ›Ich wills dir verraten: den ganzen Tag am
Herzen der Geliebten!‹ ›Unmöglich!‹ rief ich. ›Doch‹, lachte er, ›vom morgen bis
zum Abend in Einsiedel und dann in der Fasanerie!‹«
Erinnerung eines Jugendfreundes
Züricher Universitätsprotokolle
Personalbeschreibung Georg Büchners
Alter: 21 Jahre
Größe: 6 Schuh, 9 Zoll neuen Hessischen Maßes
Haare: blond
Stirne: sehr gewölbt
Augenbrauen: blond
Augen: grau
Nase: stark
Mund: klein
Bart: blond
Kinn: rund
Angesicht: oval
Gesichtsfarbe: frisch
Statur: kräftig, schlank
Besondere Kennzeichen: Kurzsichtigkeit
Quelle: Georg Büchner »Werke und Briefe, Münchener Ausgabe«, 1997.
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Vom Wandel der Jugend
Junge Menschen haben heute Entfaltungsmöglichkeiten wie noch nie. Das ist
eine große Chance, für viele aber auch ein großes Risiko
von Martina Gille
[in Auszügen]
Der Lebensabschnitt Jugend hat sich in den vergangenen Jahrzehnten stark gewandelt. Jugendliche werden als mögliche zukünftige Facharbeiterinnen und Facharbeiter, als freiwillige Engagierte oder auch als potenzielle Familiengründerinnen
und -gründer hofiert. Zugleich sehen sie sich mit wachsenden Anforderungen an ihre berufliche Qualifikation konfrontiert, zudem mit Zeitstress, Mobilitätsdruck, mit
ungewissen Zukunftsperspektiven. Welche Herausforderungen stellen sich jungen
Menschen heute angesichts gesellschaftlicher Individualisierungsprozesse und des
Strukturwandels der Erwerbsarbeit? Und wie geht es den Jugendlichen dabei?
[…] In Anlehnung an den amerikanischen Forscher Robert J. Havighurst (1953) gilt
der Übergang vom Jugend- in das Erwachsenenalter als geglückt, wenn die folgenden Schritte gemeistert wurden: Die jungen Menschen haben ausreichend intellektuelle und soziale Kompetenzen sowie Bildungsqualifikationen erworben, um sich
beruflich etablieren zu können und ökonomisch unabhängig zu werden. Die Ablösung von den Eltern ist erfolgt, die veränderte körperliche Erscheinung wurde akzeptiert, und es ist eine feste Bindung zu einem Partner oder einer Partnerin aufgebaut sowie eine Familie gegründet worden (beziehungsweise es besteht die Möglichkeit dazu). Es wurden enge Freundschaften und Kontakte zu Gleichaltrigen geknüpft und die Fertigkeiten entwickelt, bedürfnisorientiert und produktiv Freizeitangebote und Medien zu nutzen und einen eigenen Lebensstil zu praktizieren.
Schließlich haben die Jugendlichen ein individuelles Werte- und Normensystem, sozial verantwortliches Handeln und die Fähigkeit zur politischen Partizipation entwickelt.
Das Konzept der Entwicklungsaufgaben steht jedoch in der Kritik, weil die Erwartungen, die den Aufgaben, die Jugendliche bewältigen sollen, zugrunde liegen,
normativ sind und letztlich bürgerliche Normalitätsvorstellungen widerspiegeln.
Durch Modernisierungs- und Individualisierungsprozesse sind Normalbiografien seltener geworden. Dies bedeutet insbesondere für die Jugendphase, dass eine feste
zeitliche Abfolge der verschiedenen Statusetappen wie Ausbildungsabschluss, Berufseintritt und Familiengründung nicht mehr in einer festen zeitlichen Reihenfolge
und auch nicht mehr innerhalb eines engen Zeitfensters erfolgen. Zudem berücksichtigt das Konzept zu wenig, dass junge Menschen in der Familie und der Gesellschaft auch mit Rahmenbedingungen konfrontiert sein können, die es für sie
schwierig oder unmöglich machen, sich in diesem Sinne zu entwickeln. Dazu zählen
zum Beispiel das Aufwachsen in bildungsfernen Elternhäusern oder in Regionen mit
hoher Arbeitslosigkeit. […]
Voraussetzungen für eine gelungene Lebensführung
Aus diesem Grund sieht die Forschung jugendliche Entwicklung heute als einen aktiven Konstruktionsprozess: Jugendliche beschäftigen sich nicht nur mit den an sie
herangetragenen Erwartungen, sondern sie setzen sich auch eigene Ziele. Diese
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versuchen sie unter den jeweiligen sozialen und gesellschaftlichen Bedingungen zu
realisieren. Junge Menschen sind also Produzenten ihrer eigenen Entwicklung. Diese konstruktivistische Sichtweise hat den Vorteil, dass nicht nur der Abschluss bestimmter Aufgaben als Ziel angesehen wird. Auch die Entwicklung von Kompetenzen und bestimmter Persönlichkeitseigenschaften garantiert unter schwierigen und
veränderten gesellschaftlichen Bedingungen eine positive psychosoziale Integration
in die Erwachsenenwelt. Solche grundlegenden Kompetenzen werden beispielsweise mit den Konzepten der Selbstwirksamkeit« und »Lebenskohärenz« beschrieben,
die als Voraussetzung für eine gelungene Lebensführung gelten: Jugendliche können ihr eigenes Handeln als erfolgreich erleben und erfahren. Voraussetzung für eine positive Entwicklung im Jugendalter ist vor allem die Gelegenheit, an den Lebenswelten der Gesellschaft und der anderen Jugendlichen teilzuhaben. Die jungen
Menschen müssen die Möglichkeit haben, sinnvolle Tätigkeiten auszuüben und dafür Anerkennung zu ernten. Ebenso wichtig ist ein gewisses Maß an sozialer und
materieller Sicherheit.
Mehr Chancen – aber auch viele Modernisierungsverlierer
[…] Der Strukturwandel der Jugendphase wurde seit den 1980er-Jahren vor allem
unter dem Blickwinkel des Individualisierungstheorems diskutiert.
Diesem Erklärungsansatz zufolge wird der Einzelne zunehmend aus traditionellen
Lebenswelten und Lebenszusammenhängen herausgelöst. Dies bedeutet besonders für junge Menschen, dass sie zum »Planungsbüro« ihrer eigenen Biografie und
Lebensführung werden. Für diesen Zuwachs an Gestaltungsmöglichkeiten zahlen
sie allerdings auch einen hohen Preis: Falls sie scheitern, sind sie selbst dafür verantwortlich. Das erhöht den Druck auf Jugendliche. Dies ist vor allem aus einem
Grund problematisch: Trotz der zunehmenden Individualisierung von Lebenschancen und der größeren Vielfalt von Lebensstilen gibt es nach wie vor Auswahlprozesse nach sozialer Schicht, Geschlecht und Migrationshintergrund. In den vergangenen 20 Jahren scheint es eine Verfestigung von solchen Ausgrenzungsprozessen
gegeben zu haben. Insbesondere bei jungen Menschen aus den neuen Bundesländern und aus Zuwandererfamilien besteht die Gefahr, dass sie sich nicht erfolgreich
in das Bildungs- und Erwerbssystem integrieren können. Die Schere zwischen Gewinnern und Verlierern wird größer.
[…]
Die Jugendphase in Gefahr
Keine Jugendgeneration zuvor hatte solche Chancen, sich privat und beruflich weltweit zu verwirklichen wie junge Menschen heute. Andererseits haben die Ungewissheiten in der Zukunftsplanung sowie der Leistungs- und Konkurrenzdruck zugenommen. Die Jugendphase kann heute immer weniger als ein »Bildungsmoratorium« begriffen werden, in dem die jungen Menschen relativ geschützt vor den Anforderungen der Erwachsenengesellschaft ihre schulischen und beruflichen Qualifikationen erwerben können. Es besteht die Gefahr, dass die Jugendphase immer mehr
an den Bedingungen von Markt und Wettbewerb gemessen wird: Jugendliche sollen
in möglichst kurzen Bildungsgängen ihre Qualifikationen erwerben.
Der Pädagoge Wilhelm Heitmeyer spricht von einer »Vernichtung der Jugendphase«. Jugendlichen fehlen zunehmend Gelegenheiten, ihre Identitätsentwürfe auszuLeonce und Lena – Materialmappe
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probieren, ohne dass ökonomische Nutzenkalküle dabei eine Rolle spielen. Die
straffe und zunehmend ganztägige Bildung führt zu einer Verringerung ihrer Experimentierräume. Führt dies dazu, dass junge Menschen vor allem nach Anpassung
streben? Die Bedeutung von Pflicht und Leistung hat zugenommen. Aber ihr Streben nach Selbstverwirklichung ist unverändert hoch, ebenso wie ihre Bereitschaft,
sich politisch und sozial zu engagieren. Das zeigt, dass junge Menschen auch heute
ein großes Interesse daran haben, an gesellschaftspolitischen Entscheidungen mitzuwirken.
Den ungekürzten Text finden Sie in DJI Impulse 3.2012 oder unter:
http://www.allianz-fuer-jugend.de/downloads/DJI_IMPULSE_99.pdf
Vorbereitung
Nicht alle hier angegeben Aufgaben sind notwendig, um die Klasse auf den
Aufführungsbesuch vorzubereiten.
1 / Die Sprache Georg Büchners
Georg Büchner war Anfang zwanzig, als er »Leonce und Lena« geschrieben hat.
Das war im Jahr 1836. Damals hat man sich noch anders ausgedrückt. Als Vorbereitung auf die Sprache Büchners können verschiedene Texte der Protagonisten
umgeschrieben werden. Wie würde man das heute sagen? Welche Redenwendungen verwendet man heute?
Zum besseren Verständnis der einzelnen Textpassagen ist es sinnvoll, diese im Zusammenhang der ganzen Szene zu lesen.
Drei Geeignete Textstellen von LEONCE, LENA und VALERIO
zum Umschreiben:
Valerio, Erste Szene
»Herr, ich habe die große Beschäftigung, müßig zu gehen, ich habe eine ungemeine Fertigkeit im Nichtsthun, ich besitze eine ungeheure Ausdauer in der Faulheit.
Keine Schwiele schändet meine Hände, der Boden hat noch keinen Tropfen von
meiner Stirne getrunken, ich bin noch Jungfrau in der Arbeit, und wenn es mir nicht
der Mühe zu viel wäre, würde ich mir die Mühe nehmen, Ihnen diese Verdienste
weitläufiger auseinanderzusetzen.«
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Leonce, Dritte Szene
»Ein sonderbares Ding um die Liebe. Man liegt ein Jahr lang schlafwachend zu
Bette, und an einem schönen Morgen wacht man auf, trinkt ein Glas Wasser,
zieht seine Kleider an und fährt sich mit der Hand über die Stirn und besinnt
sich und besinnt sich. – Mein Gott, wieviel Weiber hat man nöthig, um die Scala
der Liebe auf und ab zu singen? Kaum das einer einen Ton ausfüllt.
Mein Leben gähnt mich an, wie ein großer weißer Bogen Papier, den ich
vollschreiben soll, aber ich bringe keinen Buchstaben heraus. Mein Kopf ist ein
leerer Tanzsaal, einige verwelkte Rosen und zerknitterte Bänder auf dem Boden,
geborstene Violinen in der Ecke, die letzten Tänzer haben die Masken
abgenommen und sehen mit todmüden Augen einander an. Ich stülpe mich
jeden Tag 24 mal herum wie einen Handschuh. O ich kenne mich, ich weiß was
ich in einer Viertelstunde, was ich in acht Tagen, was ich in einem Jahre denken
und träumen werde.«
Lena & Gouvernante, Dritte Szene
Gouvernante »Denken Sie nicht an den Menschen.«
Lena »Er war so alt unter seinen blonden Locken. Den Frühling auf den Wangen,
und den Winter im Herzen. Das ist traurig. Der müde Leib findet ein Schlafkissen
überall, doch wenn der Geist müd' ist, wo soll er ruhen? Es kommt mir ein entsetzlicher Gedanke, ich glaube es gibt Menschen, die unglücklich sind, unheilbar, blos
weil sie sind.«
Gouvernante »Wohin mein Kind?«
Lena »Ich will hinunter in den Garten.«
Gouvernante »Aber ...«
Lena »Aber, liebe Mutter, du weißt man hätte mich eigentlich in eine Scherbe setzen
sollen. Ich brauche Thau und Nachtluft wie die Blumen. Hörst du die Harmonieen
des Abends? Wie die Grillen den Tag eingingen und die Nachtviolen ihn mit ihrem
Duft einschläfern! Ich kann nicht im Zimmer bleiben. Die Wände fallen auf mich.«
Den ungekürzten Originaltext des Stückes »Leonce und Lena« finden Sie kostenlos
in der Gutenberg Bibliothek unter folgendem Link:
http://gutenberg.spiegel.de/buch/georg-b-420/1
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Anja Signitzer (als Lena)
Anja Signitzer (als Lena), Ralph Kinkel (als Leonce)
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2 / Mir ist langweilig!
Eigentlich hat man heute gar keine Zeit mehr, sich zu langweilen. Neben dem materiellen Überfluss, der stetig Ablenkung liefert, und der Schule – die die meisten
Schüler/innen teilweise sicherlich als langweilig beschreiben würden – vertreibt man
sich die Freizeit mit Hobbies, in Sportvereinen, geht ins Kino, spielt Videospiele, trifft
sich mit Freunden, wischt in Apps auf dem Handy rum oder surft im Internet.
Trotzdem langweilen wir uns immer wieder.
Wie macht sich die Langeweile bemerkbar?
Was macht man, wenn einem langweilig ist?
Um Antworten wie »Ich spiele mit meinem Handy« zu vermeiden, kann man ein Experiment machen:
15 Minuten langweilen!
Dazu muss alles von den Tischen geräumt werden, womit man sich beschäftigen
kann, also Stifte, Blätter, Hefte, Mappen etc.
Die Hosentaschen sollten leer sein, Handys sind natürlich ebenfalls verboten.
Die Schwierigkeit dabei: Man darf auch nicht miteinander kommunizieren, kein
Sprechen oder Flüstern und keine Zeichensprache.
Nach 15 Minuten wertet man das Erlebte mit folgenden Fragen an die Gruppe aus:
1. Wie habt ihr euch gefühlt?
(gelangweilt, entspannt, müde, …)
2. Was habt ihr gemacht?
(In die Luft geschaut, nachgedacht, an den Nägeln gekaut, …)
3. Haben sich Emotionen entwickelt? Warum?
(Wut / Aggression, Belanglosigkeit, …)
4. An was habt ihr gedacht?
(Ideen gesponnen, Pläne gemacht,…)
5. Glaubt ihr, dass Menschen nur aus Langeweile extreme Dinge tun können?
(z.B. Abhauen, Menschen Gewalt antun, …)
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3 / Der Druck von allen Seiten
Jeder kennt es – keiner mag es:
Die eigenen Eltern wissen immer am besten, was für einen gut ist, denken sie jedenfalls. So dürfen manche nicht mit dem Nachbarskind befreundet sein und für den
Sohn eines Arztes ist die Laufbahn vielleicht auch schon von den Eltern vorgeplant.
Doch was wollen die Jugendlichen? Finden sie es vielleicht sogar gut, dass die Eltern ihnen den Weg weisen, in dem großen Dschungel der vielen Möglichkeiten und
Einflüsse? Und wie war das eigentlich früher?
Um herauszufinden, was Jugendliche heute an ihren Eltern nervt, kann man ihnen
folgende Aufgabe stellen:
– Schreibe 10 Dinge auf, die dich an deinen Eltern nerven!
oder
– Schreibe 10 Dinge auf, von denen deine Eltern sagen, dass du sie tun oder
nicht mehr tun sollst!
(inkl. Ausbildung / Studium / Beruf / Freundschaften o.ä.)
Die Zettel können nun in der Klasse verteilt und von jeweils einem anderen Schüler /
einer anderen Schülerin vorgetragen werden.
An der Tafel kann man die Antworten sammeln und mit Strichen die »Top Antworten« küren.
Was fällt auf? Was überrascht? Wie zufrieden ist die Klasse mit ihren Eltern?
RECHERCHEAUFGABE
Und wie war das eigentlich früher?
Als Hausaufgabe können die Schülerinnen und Schüler ihre Eltern und evtl. ihre
Großeltern befragen und etwas recherchieren.
Nach folgendem Muster lässt sich so eine Zeitleiste erstellen, die sich vielleicht sogar bis zu Büchners Zeit zurückfantasieren lässt (die Antworten in Klammern sind
ausgedachte Beispiele):
Ich bin jetzt 13/14/15/16 Jahre alt und…
… (mich nervt am meisten, dass ich immer um 20 Uhr Zuhause sein muss, obwohl
meine Freunde länger draußen bleiben dürfen.)
Als meine Mutter / mein Vater 13/14/15/16 war …
… (gab es die DDR noch und es gab viele Verbote, nicht nur für Jugendliche.)
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Als meine Großmutter / mein -vater 13/14/15/16 war …
… (ist der 1. FC Köln deutscher Meister geworden und mein Opa durfte nicht zum
Endspiel fahren.)
Als meine Urgroßmutter / mein -vater 13/14/15/16 war …
… (herrschte der 2. Weltkrieg und sie durfte als Jüdin kein Fahrrad haben.)
Als meine UrUrgroßmutter / mein -vater 13/14/15/16 war …
… (war der 1. Weltkrieg zwei Jahre her und trotzdem hat ihre Mutter ihr verboten alleine auf die Straße zu gehen.)
Als meine UrUrUrgroßmutter / mein -vater 13/14/15/16 war …
… (war es ungefähr das Jahr 1903 und mein UrUrUrgroßvater musste bereits im
Geschäft seines Vaters mitarbeiten. Zur Schule ist er nicht mehr gegangen.)
Als meine UrUrUrUrgroßmutter / mein -vater 13/14/15/16 war …
… (wurde die Krankenversicherung als Pflichtversicherung eingeführt und endlich
durfte meine UrUrUrUrgroßmutter ungehemmt auf Bäume klettern. Vorher hatte ihre
Mutter immer Angst gehabt, dass sie sich verletzen könnte.)
Als meine UrUrUrUrUrgroßmutter / mein -vater 13/14/15/16 war …
… (wurde ihr gesagt, dass sie ihren Cousin dritten Grades väterlicherseits heiraten
muss.)
Als meine UrUrUrUrUrUrgroßmutter / mein -vater 13/14/15/16 war …
… (war Georg Büchner bereits 8 Jahre tot und … )
Als meine UrUrUrUrUrUrUrgroßmutter / mein -vater 13/14/15/16 war …
… (war es ungefähr das Jahr 1826 und man musste seinen Körper in Korsagen
schnüren, für die bessere Haltung, obwohl es ganz unbequem war.)
Vorschläge für Themen,
an denen man sich bei der Zeitleiste orientieren kann:
Zwangsheirat
Erwartungsdruck
Berufsausbildung
Allgemeine Verbote / persönliche Verbote
Gesellschaftliche Einschränkungen
Dabei ist es spannend, historische und auch politische Ereignisse – wie FußballWeltmeister, Kriege, etc. – und auch neue Erfindungen und ›Meilensteine der Technik / Raumfahrt‹ in Verbindung zu setzen und aufzugreifen.
Leonce und Lena – Materialmappe
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Anja Signitzer (als Lena), Ralph Kinkel (als Leonce)
Leonce und Lena – Materialmappe
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Nachbereitung
Eindrücke nach dem Theaterbesuch
Hier finden Sie eine Sammlung von Anregungen und Aufgaben, bei denen sich die
Schüler mit der Ästhetik der Inszenierung und den Themen »von Zuhause abhauen« und »Langeweile« auseinandersetzen können. Die Reihenfolge der Sammlung
hat keine Bedeutung.
1 / Ästhetik des Stückes
Die Bühnen- und Kostümbildnerin Marie Roth hat eine Bühne geschaffen, die zunächst schlicht scheint, aber sehr variabel ist und viele Orte entstehen lässt.
Mögliche Fragen an die Schülerinnen und Schüler
(im Klassenzusammenhang oder in einzelnen Gruppen):
Bühne
– Was habt ihr für Räume gesehen?
(Enge, Weite, …)
– Was für Orte haben sich euch erzählt?
(Palast Popo & Pipi, draussen auf dem Weg, Festivalgelände, Partyraum,…)
Kostüme
– Wie würdet ihr die Kostüme beschreiben
und wie haben sie sich im Laufe des Stückes verändert?
(historische Kostüme, dann wurden sie moderner, flippig …)
– Warum haben sich die Kostüme verändert?
Was hat euch das erzählt?
(der Aufbruch ist in den Kostümen sichtbar, man schält sich aus der Enge heraus,
Schrei nach Freiheit und Eigenbestimmtheit)
Figuren
– Wie würdet ihr die einzelnen Figuren beschreiben?
(Kostüm, Haltung,…)
– Beschreibt die Emotionen der einzelnen Figuren, gab es Extreme?
(z.B. König Peter, Stolzer Monarch – Unzufriedenheit & Unsicherheit, hasst sein
Amt | Leonce, Melancholie, Langeweile – große Liebe – Todessehnsucht
Lena, Moment im Hochzeitskleid: Muss die Fassung wahren
und dann bricht es aus ihr heraus, …)
Leonce und Lena – Materialmappe
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2 / Kreatives Schreiben
Wie schon in der Vorbereitung kann man den Schülerinnen und Schülern die Aufgabe stellen, 10 Gründe zu notieren, weshalb man von Zuhause abhaut. Seinen
eigenen Zettel tauscht man mit einer Mitschülerin / einem Mitschüler. Nun soll sich
die Klasse in 4er oder 5er Gruppen einteilen (dabei bestenfalls darauf achten, dass
möglichst keine oder wenige eigene Zettel in der Gruppe sind).
Da die Inszenierung viel mit Musik und poetischen Songtexten arbeitet, sollen die
einzelnen Gruppen nun aus den Gründen / Stichworten einen Songtext schreiben –
dieser kann schon mit einer (bekannten) Melodie versehen werden, das ist aber
nicht zwingend nötig.
Die Gruppen können ihre Songtexte dann der gesamten Klasse vorstellen und über
die Gründe sprechen, die am häufigsten genannt wurden.
Man kann auch aus den gesammelten Stichworten aus der Vorbereitung – 10 Dinge, die ich tue, wenn ich mich langweile / 10 Dinge, von denen deine Eltern
sagen, dass du sie tun oder nicht mehr tun sollst! – Songtexte o.ä. entwickeln.
Im Anhang finden Sie als Beispiele – nur für den internen Gebrauch! – zwei Liedtexte aus den Proben, die von den Musikern Moritz Krämer und Francesco Wilking geschrieben wurden. Zudem einen Text einer Schülerin, der die Gefühle beim Abhauen in den Fokus rückt.
3 / Tagesprotokoll
Wann habe ich mich gelangweilt?
Bin ich ›Herr‹ meiner Entscheidungen?
In einem Tagesprotokoll sollen die Schülerinnen und Schüler einen ganzen Tag notieren, was sie getan haben. In graphischen Darstellungen lassen sich die Ergebnisse der Klasse gut zusammenfassen und prozentual abbilden. So werden die Anteile
– z.B. der Langeweile an einem Tag – anschaulich aufbereitet.
Folgende Fragen könnte man vorgeben, das macht die Auswertung einfacher:
(Antworten: von XX:XX Uhr bis XX:XX Uhr)
– Wann habe ich BEWUSST Zeit verschwendet / mich entspannt?
– Wann habe ich mich gelangweilt?
– Wann habe ich mich mit einem Hobby beschäftigt?
– Wann habe ich etwas gemacht, was ich machen MUSSTE?
(Pflichten z.B. Schule, Nachhilfe, Hausaufgaben, Spülmaschine ausräumen oder
andere Hausarbeiten, zum Geburtstag der Tante fahren, …)
Leonce und Lena – Materialmappe
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Eine graphische Darstellung könnte – ganz einfach gehalten – wie folgt aussehen:
Das war mein Tag / 6.3.2015
PFLICHTEN
SCHLAF
ZEIT VERSCHWENDET
HOBBY
LANGEWEILE
Ergänzend könnte man noch notieren:
– Wie viele Entscheidungen habe ich getroffen, weil ich es so wollte?
– Wie viele Entscheidungen waren fremdbestimmt?
(von der Lehrkraft, von den Eltern, von anderen Umständen, …)
– Wie oft habe ich mich lieber gar nicht entschieden?
100%
80%
60%
40%
gar nicht entschieden
fremdbestimmt
eigene
20%
0%
meine Entscheidungen
Es ist sicher interessant, wenn man ein Protokoll eines Wochentags und eines
von einem Samstag oder Sonntag vergleicht.
Spannend ist auch: Wie ist die eigene Wahrnehmung des Tages bzgl. Pflichten und Freizeit? Und wie groß ist der Anteil der Pflichten wirklich?
Leonce und Lena – Materialmappe
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Theaterknigge
Ein Theater ohne Publikum ist wie …
… ein König ohne Krone.
… eine Party ohne Musik.
… Leonce ohne Lena.
Daher freuen wir uns darüber, dass ihr da seid!
Da es im Theater ein paar Regeln zu beachten gibt, haben wir dieses kleine Lexikon
als Hilfe für euch zusammengestellt:
Abendkleid, das: Viele Menschen ziehen sich gerne schön an, wenn sie ins
Theater gehen. Sie wollen den Schauspielerinnen und Schauspielern ihren Respekt
erweisen, oder selber auch ein bisschen glitzern, falls jemand zu ihnen in die Loge
schaut. Heute ist schicke Kleidung aber keine feste Regel mehr im Theater.
Essen, das: Ihr könnt euch vorstellen wie sehr es stören würde, wenn bei ganz
leisen oder traurigen Szenen plötzlich jemand im Publikum in einen knackigen Apfel
beißen würde. Und dann stellt euch vor, dass jemand neben euch eine Knistertüte
auspackt ... Also, das Essen im Theater ist grundsätzlich nicht erlaubt.
Fotografieren, das: Auch das Fotografieren ist leider nicht erlaubt. Wenn ihr
schöne Bilder von dem Stück haben wollt, fragt doch im Theater nach. Meistens gibt
es Erinnerungsbilder zum mit nach Hause nehmen auf Plakaten und Postkarten.
Handy, das: Natürlich ist wichtig, dass eure Freunde erfahren, dass ihr grade im
Theater seid, aber bitte nicht während der Vorstellung. Wie sollen sich denn die
Schauspielerinnen und Schauspieler an ihren Text erinnern, wenn ständig jemand
dazwischen quatscht? Ihr könnt euch vorstellen, wie allein das Klingeln eines
Handys alle Menschen auf der Bühne und im Publikum stört.
Klatschen, das: Nachdem ein Stück vorbei ist, kommen die Schauspielerinnen und
Schauspieler auf die Bühne und alle können heftig applaudieren. Je besser einem
das Stück gefallen hat, desto lauter kann der Applaus sein.
Unterhalten, das: Vermeidet es bitte, euch während der Vorstellung zu unterhalten.
Die Schauspieler können euch, anders als im Kino, hören! Merkt euch eure
Anmerkungen und Gedanken einfach, bis das Stück zu Ende ist, dann habt ihr noch
genug Zeit über das Gesehene zu diskutieren.
Turnschuhe, die: Turnschuhe sind im Theater erlaubt. Vielleicht solltest du sie
nicht grade ausziehen, wenn du deine Füße vorher nicht gewaschen hast und deine
Socken stinken könnten.
Leonce und Lena – Materialmappe
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Ensemble, Anja Signitzer (als Lena), Ralph Kinkel (als Leonce)
Ravi Marcel Büttke (als Valerio), Anja Signitzer (als Lena)
Leonce und Lena – Materialmappe
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Ensemble, Ralph Kinkel (als Leonce), Anja Signitzer (als Lena)
Leonce und Lena – Materialmappe
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Anhang 1 \ Songtexte
IM GELBEN LICHT // © Moritz Krämer, Francesco Wilking
Dreh die Fenster rauf
die Musik noch lauter
Ich will da sein wo du bist
Bring die Meute auf
Bring die Meute um
Ich war noch nie so jung
Ich hab ihn nie danach gefragt
Und er hat nie etwas gesagt
Wer mich in diese Welt warf
War sie schön, komm ich nach ihr
War da auch Liebe zwischen dir
Und dieser Frau
Seit ich aufrecht stehen kann
hab ich geübt und bin gerannt
Ein guter Junge, bei dir kam ich nie an
Ich war mit 14 schon mit einem Zug zugeraucht
Hab's immer wieder versucht
Und ging jedes Mal aus
Bin aufgewacht mit kaltem Schweiß
und Sprudel im Gesicht
Draußen im Park neben Punks
Im gelben licht
Dass wir uns trafen war Bestimmung
Du hast es bestimmt
und ich bin dir hinterher Wie ein dreijähriges Kind Das einem Luftballon folgt und die
Straße vergisst die Geschwister, die Eltern und dass es die Welt überhaupt gibt
Wir haben uns zusammen geschlagen
Uns zusammen versteckt
Mussten um 11 zu Hause sein
Kamen morgens um 6
Seit ich aufrecht stehen kann
Hab ich geübt und bin gerannt
Ein guter Junge, und du hast mich erkannt
Ich war mit 14 schon mit einem Zug zugeraucht
Hab's immer wieder versucht
Und ging jedes Mal aus
Bin aufgewacht mit kaltem schweiß
und Sprudel im Gesicht
Draußen im Park neben Punks
Im gelben licht
Leonce und Lena – Materialmappe
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Wir dachten das Leben ist ein umgedrehtes Frühstückstablett Wir dachten www
steht für weit weit weg
Du kanntest Schlafplätze in Berlin
Alle fanden dich nett
Du warst mit jeder meiner Freundinnen vor mir im Bett
Dreh die Fenster rauf die Musik noch lauter Ich will da sein wo du bist Bring die
Meute auf Bring die Meute um Ich war noch nie so jung
Wirf die Pläne hin
Heb die Karten auf
Spiel das Ass und renn
Nimm die Kohle mit
So wie ich
Geh in Flammen auf
Ich brenn für dich
Brich die Schlüssel ab
Ich will nie wieder zurück
LANGWEILIG // © Moritz Krämer, Francesco Wilking
Auf einem Stuhl
Zwischen vielen Leuten
Es ist gut besucht
Aber das hat noch lange nichts Gutes zu bedeuten
Stell dir vor du wärst heute gar nicht hier Denk dich mal raus zurück da drüben
durch diese Tür Du liegst noch im Bett hast heute Morgen verschlafen den Wecker
nicht gehört und dann lange gebadet Keine Schule keine Arbeit bist zu Hause geblieben Und hast dir mit rumhängen und Kaffee trinken die Zeit vertrieben Tage Wochen Monate Aber irgendwann bist du unruhig geworden Und wolltest wieder raus
raus unter Menschen Zurück in die Horde
Aber auf der Straße nur Gesichter
mit ihrem eigenen Leben
Keiner kennt dich mehr,
Und keiner will mit dir reden
Und an diesem Tag kannst du nur hochnäsig werden Und du beschließt dass du
niemanden brauchst Die sollen doch tun was sie tun Weil du so viel wie all diese
Deppen alle zusammen wissen weißt
Und du beschließt alles anders zu machen als alle andern Keine Arbeit keine liebe
keine Familie keine Ehe keine Wehen keine Zukunft keine Herkunft kein Zorn keine
Versöhnung
Jetzt bist du alleine
Jetzt kannst du dir selbst schon ein wenig leidtun Du kannst dir schon selbst ein
wenig leidtun
Er kann dir schon ein bisschen leidtun
Er ist einer wie du
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Ich hoffe du magst ihn
Er ist nicht gerade sympathisch
Eher unsympathisch
Aber er ist einer wie du
er ist einer wie du
und ich hoffe du magst ihn
viele mögen ihn ja nicht
Er kann dir schon ein bisschen leidtun
Langweilig
Langweilig
Langweilig
leer wie die Krater auf dem Mond
da wo ihr hin wollt war ich schon
ich suche dich und dich und dich
und finde mich und mich und mich
Anhang 2 \ Abhauen
Keine Zweifel
von Denise Knour
Mein Wecker klingelt. Halb sechs. In einer Stunde stehen meine Eltern auf. Gestern
lag ich lange wach. Müdigkeit kriecht durch meine Knochen. Mein Gewissen schläft
noch.
Das Wichtigste habe ich gepackt, der Rest bleibt hier. Ich ziehe mich an, mein
Schlafsack steht an der Wand. Das Zimmer meiner Eltern ist nebenan. Keine Zweifel.
Das warme Licht der Sparlampe auf meinem Schreibtisch erfüllt den Raum. Ich
kann das Rollo nicht hochziehen, doch durch die Lücken sehe ich, dass es schon
dämmert. Die Heizung in meinem Zimmer funktioniert nicht, deshalb ist es so kalt
hier. Obwohl ich mir einen warmen Pullover angezogen habe, habe ich das Gefühl,
dass sich diese Kälte unter meine Haut gräbt. Die Luft riecht wie an dem Sommerabend, an dem wir mit unserer Klasse nach Frankreich gefahren sind. Ich ziehe
meine Jacke an. Es wird Zeit.
Warme Kleidung, Schlafsack, Stift, Block, Geld. Ich ziehe mein Portemonnaie aus
der Tasche. Der Brief... ohne den fahre ich nicht. Ich knipse die Schreibtischlampe
aus. Keine Zweifel.
Ich blicke noch einmal in mein Zimmer. Es schweigt. Es ist, als wollten die Wände
lange, dünne Fangarme nach mir ausstrecken, doch sie werden mich gehen lassen.
Der Sonnenaufgang schleicht in Streifen über die weiße Tapete. Ungemachtes Bett.
Hefte auf dem Boden. In den Ferien wollte ich für Mathe lernen.
Leonce und Lena – Materialmappe
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Ich reiße mich aus meinen Gedanken und zwinge das Zittern meiner Hände hierzubleiben. Ich hole tief Luft. Meine Tür quietscht. Gestern habe ich geübt, sie lautlos
zu öffnen. Ich habe nur einen Versuch. Ich drücke die Klinke herunter.
Bitte... lass den Hund nicht bellen...
Kein Geräusch. Ich atme nicht. Meine Eltern schlafen. Es gibt nur Jetzt. Keine Zweifel.
Die Haustür habe ich gestern Nacht schon aufgeschlossen. Ich schleiche den dunklen Flur entlang. Dann bleibe ich ruckartig stehen.
Klack.
Die Lampe mit dem Bewegungsmelder ist angegangen. Gedankenfetzen springen
gegen die Decke. Stille.
Orangene Sonnenstrahlen glitzern in der Glastür. Ich gehe in die Küche und schreibe einen Zettel. Nur einen Satz. Kein Abschiedsschmerz, kein „Bitte macht euch
keine Sorgen“. Im Haus ist es ruhig, ich gehe wieder in den Flur.
Es ist nur ein Schritt. Wie der Sprung von der Klippe bei einer Mutprobe. In 15 Minuten kommt mein Zug. Bis bald. Keine Zweifel.
Ich trete hinaus. Wind streift mein Gesicht und hinterlässt kalte Spuren. Der träge
Schlaf in meinen Augen versteckt sich in meinem Kragen. Das Haus hält mich fest.
Vernunft beißt in meinen Brustkorb. Noch kann ich zurück. Ich atme ein, ein Brennen durchfährt meine Luftröhre. Staub kriecht in meine Nase. Es riecht nach Baustelle.
Die flachen Sohlen meiner Schuhe klopfen auf den Asphalt. Ich hebe einen Stein
auf. Ein Stück Heimat. Die Sonne streichelt mein Haar. Sie gibt mir Sicherheit. Ich
beginne, zu rennen. Viertel vor sieben. Mein Zug ist schon da. Irgendetwas drückt
auf meine Lungen. Das Ticket habe ich bereits gezogen. Ich blicke es fragend an.
Abenteuer, Sicherheit. Keine Zweifel.
Die Zugtür öffnet sich, eine Menschenwelle schwappt heraus. Der Griff meines
Rucksacks gräbt sich in meine Finger. Mein Mund ist trocken, trotzdem versuche ich
das, was mir gerade die Luft abschnürt, hinunterzuschlucken. Ich presse die Lippen
aufeinander und denke an meinen Plan. Keine Gedanken, kein Zögern, keine Zweifel.
Ich steige in den Zug ein. Der Boden scheint sich an meinen Füßen festzuhalten.
„Die Türen schließen selbsttätig“, grinst mir ein Schild entgegen. Wir fahren ab. Die
Städte um mich herum werden jetzt mit jedem Meter größer. Ich schlucke noch einmal. Ein heißes Gefühl breitet sich in meinem Körper aus.
Mein Gewissen ist aufgewacht.
Text von Denise Knour / Klasse 10c Erftgymnasium zum Thema »Von zu Hause
abhauen«
http://www.erftgymnasium.de/1182.html
Leonce und Lena – Materialmappe
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Ralph Kinkel (als Leonce), Nikolaij Janocha (als König), Anja Signitzer (als Lena),
Nina El Karsheh (als Gouvernante), Ravi Marcel Büttke (als Valerio)
Leonce und Lena – Materialmappe
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