Jetzt bin ich seit ca 3 Wochen wieder in Deutschland und möchte

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Jetzt bin ich seit ca 3 Wochen wieder in Deutschland und möchte
Jetzt bin ich seit ca 3 Wochen wieder in Deutschland und möchte gerne Resümee ziehen
über meinen Aufenthalt in Australien im Rahmen des Hessen-Queensland Austausches.
Ich hatte die Chance im Term 2/2005 in Townsville zu studieren.
Zunächst ein paar Worte zu Townsville. Townsville befindet sich ca. 1.400 km nördlich von
Brisbane und ist von relativ viel Nichts umgeben, was für Australien ja nicht ganz
untypisch ist. Trotzdem findet man eine relativ große und für die Region äußerst wichtige
Stadt, die auch alles Mögliche an Freizeitaktivitäten bietet.
Vorbereitung:
Es bietet sich an den Flug rechtzeitig zu buchen, die meisten Fluggesellschaften bieten
open end-Tickets mit denen man einen fiktiven Rückflug hat den man dann vor Ort
problemlos kostenlos oder gegen eine Gebühr von 25 € umbuchen kann.
Um das Visum sollte man auch auf jeden Fall sich sehr frühzeitig kümmern, vor allem
wenn man schon mal längere Zeit im außereuropäischen Ausland, insbesondere
Südamerika oder Afrika war, denn die benötigten Untersuchungen und vor allem die
Bearbeitung in Berlin dauert sehr lange. So konnten meine Papiere, obwohl ich das Visum
3 Monate vorher beantragt habe, nicht fertig gestellt werden.
Ich rate jedem der befürchtet es könnte knapp werden, das Studentenvisum erst in
Australien zu beantragen was sehr problemlos und schnell funktioniert. Dazu muss man
vor Ort einen neuen Antrag stellen (kostet wie in Deutschland ca. 420 AU$) und damit
einen evtl. in Deutschland gestellten Antrag löschen, es besteht aber keine Möglichkeit
das dafür bereits bezahlte viele Geld wieder zu bekommen.
Ankunft:
Gespannt gelandet in Australien und ggf. weitergeflogen, -gefahren und endlich am Ziel
angekommen bieten die meisten Unis sogenannte Arrival-Services an den man bereits
von Deutschland aus 'buchen' kann. So wurde ich auch am Flughafen in Townsville
abgeholt, von einer anderen internationalen Studentin, die schon seit einem Semester in
Townsville war und nun im International Student Office mitarbeitet.
Wohnen:
Ich hatte zunächst geplant off-campus zu wohnen, mir also vor Ort eine nette WG zu
suchen, was aufgrund des Platzes und der australischen Stadtstruktur (zumindest in
kleinen bis mittelgroßen Städten) heißt, sich ein Haus zu teilen. Jedoch musste ich nach
ein paar Tagen erkennen, dass Townsville wahnsinnig flächig ist, die Uni ca. 13 km
auswärts liegt, die öffentlichen Verkehrsmittel so gut wie nicht existent sind und ohne
eigenes Fahrzeug die Fortbewegung schwierig ist. Da ich ja auch nur für ein Semester in
Townsville sein sollte und noch nie in einem Studiwohnheim, geschweige denn on-campus
gewohnt habe, habe ich mich dann trotz teurerer Preise für das on-campus wohnen
entschieden - eine sehr gute Entscheidung wie sich gezeigt hat.
Ich habe die self-catering-Variante gewählt, d.h. eigene Verpflegung. Es gibt auch die
Möglichkeit mit drei Mahlzeiten inklusive zu wohnen, ich denke, dass sollte Jeder
individuell entscheiden. Für diejenigen die gerne in der Mensa essen, ist das sicherlich
eine stressfreie Alternative.
Auf meinem Flur wohnten noch 6 andere Studenten, 4 Australier und 3 Internationals. Wir
verstanden uns super, kochten, lachten, redeten.... viel zusammen, so fühlte ich mich von
Beginn an zu Hause.
Universität/Zurechtfinden:
In Townsville gab es für alle zwei wichtige Einführungen. Eine in kleinen Gruppen,wo wir
alle wichtigen Details über die Uni, Versicherung, Einschreibung, Kurse bestätigen und
abwählen, Finanzen usw. erfuhren und eine weitere mit allen neuen internationalen
Studenten über das Studium an sich. Generell kann ich sagen, dass man eine
hervorragende Betreuung erfährt und die Leute vom International Student Center auch
immer ein offenes Ohr haben und versuchen zu helfen und Tipps zu geben wie es
irgendwie geht. Einfach fragen. Fragen ist eh das wichtigste, erinnert euch an den Anfang
eures Studiums hier in Deutschland zurück,wo wären wir ohne Fragen gelandet???
Dann muss man in der ersten Woche seine Kurse mit einem supervisor besprechen und
seine endgültige Wahl bestätigen. Diese kann man in den ersten zwei Semsterwochen
noch ändern wenn man merkt, dass man sich doch was Anderes unter diesem oder jenem
Fach vorgestellt hat oder wenn es Überscheidungen gibt, was schon mal vorkommen
kann.
Ich habe meine Kurse auch noch vor Ort gewechselt, da einfach zwischen dem Zeitpunkt
meiner Bewerbung an der Uni und meines Semesters in Australien ein Jahr lag und sich
dem entsprechend mein Studienstand weiter entwickelt hatte.
Auch kann man vor Ort am besten besprechen ob man nicht doch in irgendwelche Kurse
belegen kann, die nur für bestimmte Fächer sind. Insbesondere wenn man erklärt was
genau man in Deutschland macht und welche Vorkenntnisse man schon hat.
So sollte ich dann folgende Kurse besuchen:
- Mechanism of Infectious Disease
- Cognitive Neuroscience
- Disaster Managment
- Primary and Public Health Care in Rural and Remote Australia
Studium:
Ich rate allen sich die Arbeitserlaubnis zu beschaffen, das geht für 55AU$ auf der DIMIA
Hompage und ermöglicht einem während des Semesters 20h/Woche und in den Ferien
unbegrenzt zu arbeiten.
Während der Uniperiode denke ich, dass es doch eher stressig ist zu arbeiten, da eine
Menge neue Dinge auf einen zukommen und meiner Meinung nach auch mehr Arbeit als
in Deutschland während des Semesters von den Studierenden gefordert wird. Wir
mussten wöchentliche Berichte abgeben, die auf z.B. mindestens 15 wissenschaftlichen
Artikeln beruhten, pro Fach 1-2 längere Hausarbeiten während des Semesters schreiben,
Referate halten usw. Jedoch kann ich nur sagen, dass man sich hierdurch sehr daran
gewöhnt in wissenschaftlichem Englisch zu schreiben und jedes „assignment“ schneller
geht.
Es gibt ein gutes Unterstützungsprogramm und die Bereitschaft zu helfen ist immens, so
konnten wir uns zu fünft einen Englischkurs organisieren, indem wir noch mal eine genaue
Einführung in das assignment-Schreiben und das wissenschaftliche Arbeiten bekommen
haben. Es bietet sich an, in der Orientierungswoche der sog. O-week zu so vielen
Veranstaltungen wie möglich zu gehen um einen Überblick zu bekommen wo es bei wem
welche Hilfe gibt.
Arbeit:
In den Ferien bietet sich einem von Farmjobs über Kellnern hin zu qualifizierten Jobs eine
ungemeine Vielfalt von Jobs. In Townsville gab es z.B. eine sehr gute Seite auf der Uni
Homepage über die ich dann auch mit 3 Freundinnen nach der Klausurperiode für einen
Monat auf einer Lychee- und Mango-Farm gearbeitet habe. Diese Arbeit hat mir viel Spaß
gemacht, vor allem nach der ganzen intellektuellen Arbeit, einfach mal nur körperlich tätig
zu sein und abends tot ins Bett zu fallen und wissen, dass man richtig was geschafft hat.
Auch bietet sich durch all diese Jobs in der Landwirtschaft an, das Land und vor allem die
Weite und Abgelegenheit des Landes nochmal intensiver kennen zulernen. Australien ist
nicht Sydney und Melbourne, Australien ist das viele Nichts drumherum. Eine weitere
Möglichkeit Jobs zu finden bieten die vielen Backpacker-Magazine die an den meisten
Touristeninformationen ausliegen sowie Jobvermittungszentralen bei denen man
kostenlos sein Profil hinterlassen kann und die sich dann nach Bedarf melden.
Praktika:
Die Möglichkeiten ein Praktikum zu absolvieren sind ebenso weitläufig wie eine Arbeit zu
finden. Es ist zwar nicht für alle Studiengänge typisch aber viele Australier machen erstmal
nach ihrem Abschluss eine Weile unentgeltliche Berufserfahrung, vielleicht als Ausgleich,
dass es eigentlich nicht während dem Studium gemacht wird.
Ich habe einen Monat in Mt. Isa (Outback) in einem Krankenhaus famuliert, und dort auch
viele australische Medizin-, Logopädie- und Occupational Therapy- Studenten getroffen
die im Rahmen ihres Studiums dort waren. Die Zeit dort hat mir besonderes gut gefallen,
da man aufgrund der geographischen Lage nochmal einen anderen Einblick erhalten hat.
Mt. Isa liegt mitten im Nichts und wurde eigentlich gegründet wegen der reichhaltigen
Mineralienvorkommen. Mittlerweile ist es eine richtige Kleinstadt mit allen erdenklichen
Sachen von Shopping Center über Fast Food-Ketten und Sport- und
Freizeitmöglichkeiten. Dennoch würde kaum ein Australier freiwillig so weit ab vom Schuss
wohnen. So ist die Hälfte der Bevölkerung dort indigener Abstammung und die sozialen
und gesundheitlichen Probleme werden davon geprägt. Ich kann Jedem nur empfehlen
auch den Norden zu sehen, denn sonst könnte man allzu leicht vergessen, dass es diese
Problematik noch immer gibt und dass sie von einem weiten Teil der Bevölkerung gerne
unterschlagen wird.
Freizeit:
Zunächst einmal gibt es eine äußerst vielfältige Club-Gesellschaft an den Unis in
Townsville, hier lernt man nette Leute kennen und kann Sport machen, Musik machen und
sozial und ökologisch aktiv sein. Ich habe in Townsville am Zirkus teilgenommen, wir
haben uns einmal pro Woche getroffen und zwanglos Jonglieren, Poys und Sticks geübt
und hatten auch hin und wieder mal einen Auftritt.
Auch stehen einem diverse Sportmöglickeiten frei, so gibt es auf dem Universitätsgelände
ein Schwimmbad, Fußball- und Basketballplätze u.v.m.
Dadurch, dass Townsville am Meer liegt, bieten sich hier auch allerhand
Freizeitmöglichkeiten, vom Baden & Sonnen über Kitesurfen & Segeln bis zum Tauchen.
Tauchen ist natürlich ganz groß, da das Great Barrier Reef so nahe ist. Dies erklärt auch
warum in Townsville ca 2/3 der internationalen Studis Meeresbiologie oder Ähnliches
studieren, man ist schon fast ein Exot wenn man was anderes macht.
Dies hatte aber auch zur Folge, dass ich in meinen Kursen fast ausschließlich Aussis
hatte.
Auf dem Unigelände gibt es dann noch den Club, hier finden wöchentliche Konzerte,
Partys und Events statt. Für 10 AU$ kann man für ein Semster Mitglied werden und hat
immer (bis auf besondere Anlässe) freien Eintritt.
Organisatorisches:
Jeder ausländische Student muss mit seiner Einschreibung eine Krankenversicherung bei
medibank abschließen. Hiermit erhält man bei Bedarf kostenfreie Behandlung. Diese
Versicherung läuft mit Ende des Semesters aus, dass heißt wenn man länger bleiben
möchte muss man sich um eine Alternative kümmern. Je nach Länge sind die Angebote
von Versicherungen, Banken oder Reisebüros für Reisekrankenversicherungen eine gute
Möglichkeit.
Gepäck:
Leide sind die Gepäckbegrenzungen nach Australien mit 20 kg bei den meisten
Fluggesellschaften doch recht knapp bemessen. Jedoch kann man eigentlich alles
günstiger vor Ort kaufen. Es gibt außerdem die Möglichkeit nur Papier, d.h. Unisachen mit
einem Sondertarif über den Seeweg mit der Post nach Deutschland zu schicken, von der
ich auch Gebrauch gemacht habe. Natürlich kann man auch alle anderen Dinge sowohl
über Luft- als auch Seeweg nach Deutschland schicken.
Finanzen:
Generell kann man sagen, dass die Lebenshaltungskosten etwa dieselben sind, das Eine
ist billiger das Andere teurer. Was mich sehr erstaunt hat ist, dass Obst und Gemüse in
Supermärkten sehr teuer sind. Daher bietet sich an, diese Lebensmittel auf den lokalen
Märkten, die Sa oder So stattfinden zu kaufen. Hier sind die Dinge dann auch um ein
Vielfaches günstiger als in Deutschland.
Ansonsten kann Benzin ein riesen Faktor sein, der Literpreis ist zwar günstiger, aber die
Distanzen machen es dann aus.
Wohnen off-campus ca. 80-130 AU$/Woche und on-campus ohne Essen (mit Internet)
145AU$/Woche und mit Essen AU$180 -220/Woche.
Bücher können auch nochmal recht teuer werden, wobei die Bibliothek äußerst gut
ausgestattet ist, so musste ich mir nur ein Buch kaufen.
Fazit:
Mein Australienaufenthalt war eine wunderschöne Möglichkeit dieses in seiner Geschichte
und soziokulturellen Entwicklung interessante Land kennen zulernen. Ich bin durchweg auf
sehr hilfsbereite Menschen getroffen, die mir das Ein- und Zurechtfinden wahnsinnig
erleichtert haben. An der Uni erlernte ich wissenschaftliches Arbeiten , und vor allem sehr
viel professionelles Englisch. Auch das Verhältnis Student/Lehrender ist für uns ein
angenehm persönliches, freundliches Miteinander in sehr kleinen Gruppen von ca. 15-35
Studenten. Hier kommt es zu intensiven Gesprächen in der Gruppe in denen man immer
mehr lernt als in einer Frontalvorlesung.
Auch ist die Natur und vor allem die Weite für das europäische Auge einfach unglaublich und jeden Morgen mit Wallabies zu frühstücken hat schon seinen Reiz. Das Land ist
aufgrund seiner Größe so divers und interessant, dass ich jedem nur ans Herz legen kann
sich noch ein wenig Zeit zu nehmen und andere Teile neben der Uni-Stadt zu besuchen.
Viel Spaß
Judith Lindert, Studentin der Johann Wolfgang Goethe Universität Frankfurt am Main