DKB_3_11_Vollversion - Kranken Boten

Transcrição

DKB_3_11_Vollversion - Kranken Boten
Nr. 3/2011
Juni/Juli
2,50 Euro
LANDLEBEN
UNBEKANNTE IDYLLE
ODER
UNGEAHNTE ÖDE?
Gärtnern
Wie man Kartoffeln auf dem Balkon anbaut
Gründen
Wie der Freak-Hauskreis in Jena entstand
Grenzen spüren
Wie es sich in Palästina lebt
L
iebe Leserin, lieber Leser,
Landleben ist „in“. Entsprechende Zeitschriften
boomen, Familien ziehen mit ihren Kindern
in die Speckgürtel, Städter begrünen Balkons und
Brachflächen. Die Gründe mögen vielfältig sein,
doch schlussendlich steht dahinter die Faszination
für die Natur, Gottes Schöpfung. Wir sind nicht
dazu geboren in Beton zu wohnen, wir sehnen uns
nach Wiesen und Bäumen. Das Landleben stellt sich
manch Stadtbewohner als perfekte Idylle da: frische
Luft, viel Grün, umhertollende Kinder und Tiere. Die
Nachteile werden da gerne übersehen, wie unsere
Autorinnen Anna, Conny und Moni zu berichten
wissen. Ben und Ronny konnten dem Provinzleben
dagegen nicht schnell genug entfliehen. Sie schätzen
die Vorzüge der Großstadt. Mehr dazu ab Seite 6.
Ein Vorzug der Jesus Freaks war immer ihre Musik.
Besucher unserer Gottesdienste schwärmten von dem
inspirierenden Lobpreis, der die Lobpreiswelt in vielen
Gemeinden veränderte. Doch wie sieht es heute aus?
Martin entwickelt eine Vision für neuen Lobpreis.
Und Tobi will ganz praktisch helfen, um die Bewegung
mit Deinem Lied im Sturm zu erobern (ab Seite 36).
Außerdem erklärt uns Pfarrer Norbert auf Seite
18, wie Saulus zum Paulus wurde und wir haben
mal wieder eine Kurzgeschichte im Programm
(Seite 35). Wenn Du Deine Geschichte, Deinen
Reisebericht, Dein Gottesdienstkonzept, Deine
Gemeindesatire usw. im Boten lesen möchtest,
dann schreib mir. Ich freue mich drauf!
Bettina für die Boten-Redaktion
Bettina Kammer (31) hat einige
Bauern im Stammbaum. Mit ihrer
Kleinfamilie wohnt sie trotzdem in
der Großstadt. Auf dem Balkon
züchtet sie Petersilie, Pfefferminze
und andere Kräuter sowie einen
meterhohen Florettseidenbaum.
Nahrung
Kurs auf Jesus
Der Gott, der an mich glaubt
Titel
Landleben
Charta
Kommentare Teil II
Theologie
Hellhörig
Ratgeber
Gärtnern auf Balkonien
Gebet
Standhaft bleiben in der Flut
Seite 5
ab Seite 7
Seite 17
Seite 18
Seite 20
Seite 23
Wir Freaks
Freaks vor Ort
Hauskreisgründung in Jena
Region
Tatkräftige Sachsen
Freaks weltweit
Unterwegs in Palästina
Treffen
JFD-Treffen vom 29.4. bis 1.5.2011
Seite 24
Seite 26
Seite 27
Seite 32
Kolumnen
nachgedacht
Daggi über Stadtflucht
Martin sein Wort
Eine Vision für Lobpreis
Seite 6
Seite 36
Unterhaltung
Auslese. Kurzgeschichte
Atemlos
Musik
Neuer Lobpreis, Fallobstfresser
Seite 35
Seite 38
Rubriken
Meldungen
Ich habe einen Traum
Fred - Der Kühlschrank
Seite 4
Seite 22
Seite 30
Impressum
Seite 39
Saxstock –
Das Festival
auf dem
Lande
Am 8.7.2011
ist es wieder so
weit, das Saxstock
Festival startet
auf einer idyllisch
gelegenen Halbinsel im Röderland. Neben Teich
und Landschaft erwarten dich dieses Jahr wieder
bis zu 20 Bands aus In- und Ausland, Workshops,
Sportangebote, Kunstzelt und ein Thema, das es
in sich hat. Mit „Trough the valley of death“ soll
es angelehnt an Psalm 23,4 um die Tiefen des
Lebens gehen und wie wir gerade im Blick auf
Jesus da durchkommen können. Starker Tobak
also schon mittags im Godi mit Hendrik Heyden
(Terebinthia e.V./Endlich Leben) und Andreas
Schob (Kraftwerk Dresden). Am Abend geht es
u.a. mit den Bands The Spirit that guides us (NL),
Factor 150 (UA), Selah (DK), Escape from Sickness (CH), Cropla (PL), Run Away my Son (CZ),
Beautiful Bride (D), Maskil (D) Day of Decision
(D) und F.B.O.D. (D) nicht minder kräftig zu werke.
Besonders beim gemeinsamen Land-Frühstück,
das im Eintrittspreis enthalten ist, kann dann
noch „ganz in Familie“ über das Gehörte und
Gesehene diskutiert werden. Also mach dich auf
nach Frauenhain! Wir sehen uns auf der Insel!
Weitere Infos auf der Umschlagseite
oder unter: www.saxstock.de
Freakstock-Kreativplattform
Die Idee: Gott ist DER Schöpfer und Creator.
Er hat in uns einen Teil seiner Kreativität gelegt
und diese wollen wir zeigen! Auch in diesem Jahr
wirst du die Möglichkeit haben, auf Freakstock
deine persönliche Kreativität allen Anderen zu
zeigen. Wir wollen eine Plattform für KreativProduzierende bieten, auf der selbstangefertigte
Hoffung für alle ...
Produkte präsentiert werden. Diese können verkauft, getauscht, vorgeführt oder zum Mitmachen
angeboten werden. So sollen alle, selbst Kleinstideenträger, die Möglichkeit haben die eigene Kreativität zu zeigen (und davon gibt es bei den Jesus
Freaks eine Menge!) oder selbst kreativ zu werden.
Weitere Infos, Anmeldung, Workshopangebote
an: [[email protected]]
Psalm KulTour in Remscheid
Zwischen Anbetung und Anbetung kann man
am Pfingstsamstag (11.6.2011) im Remscheider
Kultshock (Stockder Straße 142) Gott begegnen, seine Gaben aktivieren, prophetische Kunst
kennenlernen und Anbetung leiten und leben
lernen. Diese vier Workshop-Module werden bei
der eintägigen Psalm KulTour parallel stattfinden, aber auch mehrmals, sodass die Teilnehmer
mehrere Schwerpunkte setzen und ihren Seminarablauf selbst mitgestalten können. Ziel dieses
Tages ist es, die Teilnehmer tiefer mit Gottes
Plan für ihr Leben zu connecten. Der Tag beginnt um 10 Uhr mit Anbetung. Ab 19 Uhr 30 geht
die Veranstaltung in einen offenen Anbetungs-,
Kunst- und Ministry-Teil über, zu dem auch NichtTeilnehmer herzlich eingeladen sind. Kosten: 45 €
Anmeldung unter: www.amiando.com/
psalmkultour-remscheid.html
Der nächste Kranke Bote
Die Freakstock-Ausgabe steht unter dem
Jahresthema von Jesus Freaks Deutschland:
Kurs auf Jesus. Was bedeutet es Gott zu suchen?
Wie sehen Lebensrouten von erfahrenen alten
Christen aus? Was tun, wenn ich in einer Sackgasse bin? Wie halte ich mich auf Kurs ohne Burnout oder Boreout? Sind wir noch Kopf? Sind wir
noch auf dem richtigen Kurs? Wer speziell etwas
zum Thema oder auch allgemein zur Ausgabe
beitragen möchte, melde sich möglichst bis zum
20.6.11 bei Bettina: [[email protected]] Der
Einsendeschluss für alle Texte ist der 1.7.2011.
... Alg-II-Bezieher, Menschen in Privatinsolvenz
oder mit geringem Einkommen.
Den Kranken Boten gibt es im Sozialabo für nur 11 € (zzgl. Versand).
Immer noch zu teuer? Dann wünsch dir ein Geschenkabo
zum Geburtstag, zu Pfingsten, zum Abschluss oder einfach mal so.
Mehr Infos im Impressum S. 39
4
Meldungen
E
s gibt kein Zurück. Ich befinde mich auf
hoher See und eine steife Brise umweht
meine Nase. Jetzt habe ich gerade
den letzten Sturm überlebt und dann taucht der
nächste am Horizont auf. In meinem Leben mit
Gott bekommt das sprichwörtliche „tausend Tode
sterben“ ganz neue Größenordnungen. Er hat mir
auf dem Weg mit ihm schon einige Tode zugemutet ... des Egos, der eigenen Kraft, meiner Pläne ...
Kurs auf Jesus
Der Gott, der an mich glaubt
„Es wächst aber nichts, es sei denn, es stirbt
zuerst, wie das Korn, das in die Erde fällt“, erklärt Jesus seinen Nachfolgern (nach Johannes
12,24). Das sind Aussichten, gegen die sich
alles in mir sperrt. Wer will schon sterben?
Ich bin dieser ganzen Tode müde, dieser Krisen, der Tränen. Tatsächlich fühle ich mich
vom Schicksal, wie so oft, grandios verarscht.
Es gibt kein Patentrezept für meine Krisen.
Nur eine Maßgabe: Halte dich an Jesus! Halte
dich an den Anfänger und Vollender des Glaubens. An jemanden, der extremste Widerstände und Schande erduldet hat. Sogar er lernte,
obwohl er Gottes Sohn war, an dem, was er
litt, den Gehorsam (Hebräer 5,8). Wie üblich,
ist der Schüler nicht größer als der Lehrer.
Jesus, der seine Jünger bewusst in Stürme
hineingeführt hat, war ebenso Mensch wie
ich. Er hat als Mensch mit seinen Freunden
diese Stürme erlebt hat. Selbst wenn ich mit
vielen seiner Nachfolger in der Reihe der Kleingläubigen stehe, wenn das Boot zu kentern
droht – solange ich mich an die richtige Adresse wende und auch mal einen schlafenden
Jesus wecken darf, ist das in Ordnung.
Es wäre beim nächsten Sturm einen Versuch
wert, mich zu Jesus schlafen zu legen und zu
kuscheln, wenn der Sturm tobt – statt mich an
Naturgewalten zu verausgaben, gegen die
ich sowieso nicht ankomme. (Vielleicht
schon ein kleines Stück Wachstum?)
Mit Jesus kuscheln ist ja schön
und gut, aber wieso stecke
ich überhaupt auf einem
wackligen, lecken Boot
fest? Vorwürfe.
Gott könnte ja
den Sturm wegnehmen. Liebt er mich etwa nicht
– wenn er mir das immer wieder „antut“? Und
wenn ich ihm schon nachfolge, wieso macht er es
mir schwerer als es ohnehin ist? Es klingt auf den
ersten Blick nach einer sadistischen Zumutung.
Einige dieser Zumutungen sind von Gottes
Vaterschaft mir bestimmt – so lautet meine
Teilantwort auf die Frage nach dem Sinn der
ganzen Kiste: Kinder werden erzogen. Kinder
hingegen, die nicht von den Eltern anerkannt
sind, bekommen von ihnen nicht die Liebe und
Aufmerksamkeit, die sie brauchen. Sie werden
nicht erzogen, weil sie kein Teil der Familie sind.
Würde Gott mir nicht seine Erziehung, also
einen nützlichen Reifeprozess der Erfahrung und
des Erlebens von Begrenzungen und Freiheiten
zumuten, wäre ich nicht Sohn, sondern ein links
liegengelassener Bastard ohne Status. Die Folgen meiner Sohnschaft stehen offensichtlich
nicht alle auf meiner Weihnachtswunschliste.
Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass
Gott mein Gebet „Mach mich deinem Sohn
ähnlicher“ prompt und deutlich beantwortet.
ZuMUTung bedeutet, dass z.B. einer Beziehung zugetraut wird trotz schwieriger Forderungen und Umstände zu halten. Wenn
Gott mir etwas zumutet, dann traut er es
mir zu. Es ist umwerfend, dass Gott so an
mich glaubt. Er ist sich viel sicherer als ich,
dass ich am Ende wieder gut rauskomme.
Gott ist von meinem Wert völlig überzeugt.
Aufgrund dessen hat er Tatsachen geschaffen.
Solch starke Tatsachen, dass ich mich 490 Mal
am Tag richtig auf die Fresse legen kann. Tatsachen, die die harten Fakten seiner Vaterliebe
zulassen und zugleich erträglich machen. An
diese Tatsache, an Jesus, kann ich mich halten.
Ich weiß vorher nicht, wie ich im nächsten
Sturm reagiere. Wäre ich lieber mit Jesus
im Sturm als ohne ihn auf dem Festland? Es
gibt in diesen Stürmen immer wieder eine
lebensentscheidende Frage, mit der ich konfrontiert bin. Eine Antwort. Einen Weg:
Kurs auf Jesus? Kurs auf Jesus!
Wir folgen Jesus und an ihm
hängt unser Herz. PUNKT
Danielle Norberg (26) wohnt bei
Frankfurt/M. und arbeitet im Vorstand von
JFI mit. Das Jahresthema bedeutet für sie
persönlich, das, was Gott für sie hat, zu
ergreifen und sich an ihm festzuhalten.
Leseempfehlung: Hebräer 12 und Markus 4,35-40
Kurs auf Jesus
5
Jenseits von Eden?
nachgedacht:
Ein Plädoyer gegen
die Stadtflucht
W
enn wir mal ehrlich sind,
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die Geschichte der
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Wanderschaft
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Unabhängigkeitserklärung
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in Form
einer Stadt „jen
„jenseits
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Eden (1.Mose 4,16f.).
Ed
F
Fortan versorgt nicht
i h mehr
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das Feld den Menschen durch seiner Hände Arbeit mit Nahrung.
Im Gegenteil, der von Kain mit Blut verunreinigte Boden verschwindet unter dem Pflaster der
Stadt. Dem Fluch Gottes trotzend macht sich die
Bevölkerung in Kains Stadt abhängig von denen,
die Nahrungsmittel produzieren und importierten
können. Somit wird die erste Stadt der Bibel zu
einem Ausdruck all dessen, was in der Menschheit verkehrt läuft, zum Symbol der Trennung
des Menschen von Gott und seiner Schöpfung.
Daneben entsteht eine zweite Linie in der Bibel.
So offenbart sich dem leidgeprüften Hiob Gott
als der Schöpfer, der größer ist als alles, was der
Mensch je hervorbringen kann (Hiob 38,2ff.).
Damit zeigt er durch seine Schöpfung dem
Menschen seine Begrenztheit. Die Natur wird
zur wichtigen Offenbarungsquelle, wenn es um
die großen Fragen des Menschseins geht. Und
tatsächlich bezeugen auch heute viele, dass sich
in der unberührten Wildnis Gottes Stimme klarer
wahrnehmen lässt, als im Getöse der Städte.
Also scheint grundlegend geklärt zu sein, wo der
Mensch sich Gott nähern kann und wo sein gefallener Zustand sichtbar wird. Demnach müssen wir
nur alle in Gottes grüner Natur sein liebevolles
Wesen erkennen, dort Hütten bauen und die Städte ihren selbstzerstörerischen Kräften überlassen.
Aber ganz so einfach macht es uns die Bibel nicht. Auch wenn die Stadt ihre Karriere
in der Bibel als Unabhängigkeitserklärung
des Menschen gegenüber Gott beginnt, endet
ihre Geschichte als Ausdruck der vollkommenen Gemeinschaft zwischen Gottheit und
Menschheit (vgl. Offenbarung 21,2ff.).
6
nachgedacht
Gott muss also irgendwo zwischen Genesis
und Offenbarung zum Städter geworden sein.
In Jesus wandelt sich Gottes Umgang mit der
Stadt. Allerdings ändert er nicht einfach seine
Meinung und segnet unsere Rebellion, sondern
er zieht in die Stadt ein und stellt sich ihren
Versuchungen. Mit unendlicher Liebe begegnet er
den Menschen, die unter der Last des städtischen
Lebens leiden und mit eindeutiger Strenge widersteht er den religiösen und politischen Systemen, die die Menschen knechten. Sein Vorgehen
orientiert sich radikal an seinem Ziel: die erlöste
Stadt, die keinen Tempel und keine Herrschaft
mehr braucht. Der Ort an dem Mensch und Gott
in vollkommener Gemeinschaft existieren.
Die Stadt allerdings begegnet Jesus mit
Unverständnis. Sie kann ihn nur vor ihre
Tore ziehen und töten. Doch auch das erträgt der Sohn Gottes, weil er weiß, dass
allein sein Tod und seine Auferstehung die
Neuschöpfung aller Dinge möglich macht.
Wenn wir uns an Jesus orientieren, kann
eine Flucht in die Natur keine Antwort auf
die Probleme unserer Zeit sein. Wir sind
durch sein Beispiel herausgefordert, mitten
in der Stadt unser Leben zu meistern und
uns auf seine „Heilige Stadt“ vorzubereiten.
Um es mit Meister Eckhard zu sagen:
„Spiritualität können wir nicht durch die Flucht
vor der Welt lernen, durch die Flucht an einen
Ort der Einsamkeit, weg von den Dingen. Es
geht viel mehr darum, eine innere Einsamkeit
aufrecht zu erhalten, ganz egal, wo wir sind
oder mit wem wir Zeit verbringen. Wir müssen uns über die Gegebenheiten klar werden
und Gott in ihnen finden.“ (Brewin, S. 137)
Es tut gut mal rauszukommen und in der
Natur unseren persönlichen Glauben zu stärken, aber die Stadt wird letztlich der Ort sein,
an dem sich unsere hohen theologischen Gedanken ihre Hände schmutzig machen und
ihre Alltagstauglichkeit beweisen müssen.
Daggi Begemann kennt beides: Großstadtleben und Landidylle. Momentan
lebt sie mit ihrem Mann Henrik in der
Kleinstadt und stellt fest, dass weder das
eine noch das andere der Himmel ist,
sondern letztlich jede Lebensform Erlösung braucht.
Dieser Artikel ist inspiriert durch das
Kapitel „Urbanität“ in Kester Brewin „Der
Jesus Faktor. Eine leidenschaftliche Theologie
der Veränderung“ (C&P Verlag, 2005).
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Das echte Leben auf dem Lande
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enn ich mich mit etwas auskenne, dann mit dem Leben auf dem
Land. Seit nun mehr drei Jahren
kommen wir wirklich „draus vom Walde her“. Unser kleines Sandsteinhäuschen ist umgeben von
Wiese, Wald und genau einem Nachbarn. Wobei
dieser eine Nachbar den Unterhaltungswert einer
Doppelhaushälfte und einer Kindertagesstätte hat.
Täglich erfreuen wir uns an seinen modischen Experimenten – oftmals trägt er lediglich Unterhosen
– und wurden durch ihn frei von gesellschaftlichen
Kleidungszwängen, d.h. auch wir tragen jetzt ungeniert unsere zerbeulten Jogginghosen zur Schau.
Morgens wecken uns zwitschernde Vögel und
manchmal der laut fluchende Enkel besagten
Nachbars. Lauter sind höchstens die Motorsägen
schwingenden Waldarbeiter oder die Mähdrescher
im Sommer, die mit einem Meter Abstand um unser
Haus fegen. Doch die Gefahr, dass meine Kinder
überfahren werden könnten, besteht nur zwischen
halb zehn und zehn Uhr, da kommt der Postbote.
Wenn ich den Plan hegen sollte, ohne Auto in die
angrenzende Kleinstadt zu fahren, bietet sich mir
diese Chance ganze viermal am Tag – so oft hält hier
der „Citybus“, ein Kleinbus für etwa 20 Leute. Im Bus
böte sich mir zum einen die unglaubliche Chance am
örtlichen Dorftratsch teil zu haben („Hosta scho köht,
die Müller‘s Erna hot sich fei ätzä wärglich scheidn
loun!“) und zum anderen mit Kinderwagen an der
linken Hand, quengelndem Kind an der rechten
Hand shoppend durch die kleinste Fußgängerzone
Deutschlands zu ziehen, bis nach einer Stunde (Wer
braucht auch schon mehr Zeit für Erledigungen
und Einkäufe?) der letzte Bus nach Hause fährt.
Ja, Riesenvorzüge hat so ein Landleben, aber eben
nicht nur. Da gibt es unzählige Momente, an denen
ich zu Hause sitze und davon träume, einfach einmal
tanzen gehen zu können, ohne 50 Minuten Auto fahren zu müssen oder im Kino öfter als einmal pro Monat einen „alternativen“ Film geboten zu bekommen.
Tage, in denen mir klar wird, ja, ich kann hier wahrscheinlich über kurz über lang Arbeit finden, aber
ganz sicher nicht in jedem Beruf, ganz sicher nicht
in jedem Bereich und ganz sicher nicht nebenbei mit
einer Spezialisierung oder Weiterbildung vor Ort.
Und Wochen, in denen sich so langsam die Gewissheit breit macht: Du bist hier (fast) die letzte
deiner Art. Geschwister, Freunde, Schulkollegen,
alle sind sie losgezogen, um zu lernen, zu studieren
oder zur Liebsten zu ziehen. Aber zurück gekommen
ist (noch) keiner. Also, selbst wenn ich hier zügellos um die Häuser ziehen könnte, wen sollte ich da
mitnehmen? Freundin Ju aus Hamburg, Schwesterherz Mi aus Berlin, A. und F. aus Magdeburg?
DAS ist das Harte am Leben auf dem Land. Wenn
du keine Freunde mitbringst, bist du hier erstmal
allein. Und oft bleibst du es auch, denn die „Eingeborenen“ brauchen keine Neuzugänge und wollen
sie auch nicht wirklich, zumindest hat man den
Eindruck. Schon oft habe ich versucht, das nachvollziehen zu können, aber vielleicht liegt es schlicht
und ergreifend daran, dass die „echten“ Landbewohner noch nie in der Situation steckten „new in
the city“ zu sein. Nie erlebt haben, wie geil es sein
kann, jemanden kennen zu lernen, der so ganz
anders als man selbst ist, der Anderes gesehen
und erlebt hat, der eben nicht vom Land kommt.
Aber Gott sei Dank gibt es hier eben auch die
Dinge, die ich über alles liebe. Ich liebe es, mein
Auto nicht absperren zu müssen. Ich liebe es, noch
nie in der örtlichen Bücherei Mahngebühren gezahlt zu haben, weil man sich kennt und sogar
Verständnis für ein Dreivierteljahr überzogenes
Buch aufbringen kann („Ja, ja, sie hom ja a Kind
g‘richt!“). Ich liebe es, dass ich hier schon sage und
schreibe viermal meinen Geldbeutel verloren habe
und er immer wieder zurück zu mir kam. Ich liebe
es, dass ich, die ich mit großer Faulheit geschlagen
bin, vom Auto bis zum Zielort meist genauso lange
brauche wie vom Wohnzimmer zur Küche, da das
Parken hier quasi überall möglich und der Rundgang der einzigen Politesse vorhersehbar ist.
Und ich liebe es, dass Jesus hier so unglaublich greifbar ist! In dieser Ruhe und dieser alles
überdeckenden Schönheit der Natur verliert sich
jeder Zweifel darüber, ob es Gott gibt und es
leuchtet jedem ein, dass er einfach sagenhaft ist.
Neonfarbene Gummistiefel tragend wünsche ich dir, finde diesen Jesus-Ort!
Tschüla, sagt der Franke
Anna-Lena Hotz (28) ist hauptamtliche Bespaßerin ihrer Kinder Mika
(3) und Anni (1) und treibt ihren
Gatten Hotty mit ihrem Fernweh
oft in den Wahnsinn. Lena kommt
übrigens von Magdalena und bedeutet „die aus dem Dorf Magdala
Kommende“.
Landleben
7
Als Punk in der Provinz
Eine Traumabewältigung
D
er Westerwald. Grüne Hügel, kleine
Käffer, Wälder, Kühe, Kreuze an der
Landstraße von Rasern. Den Großteil meiner Kindheit und Jugend habe ich da
verbracht. Die Kreisstadt hat 6.000 Einwohner
und ist 20 Minuten Autofahrt entfernt. Wenn
man Christ ist, das auch noch ernst nimmt und
dann noch Punk hört, hat man es nicht so leicht.
Ich habe mich unglaublich einsam gefühlt. Ich
erinnere mich sehr gut an das Gefühl, in meinem
Zimmer zu stehen und aus dem Fenster auf die
Durchgangsstraße zu starren. Ich habe manchmal
sogar die Autos fotografiert, die vorbei fuhren.
Ich und Punk
Zum Punk kam ich durch die selbe Cousine, die mich später auch zu den Freaks
brachte. Als ich 14 war, besuchte sie uns und
brachte eine Kassette von den Toten Hosen
mit, die ich mir überspielte. So fing es an.
Als ich aufs Gymnasium kam, gab es einen
Punk mit Iro und kaputten Klamotten. Da
war ich aber noch nicht dabei. Er hatte dann
sein Abi ziemlich bald gemacht. Ich habe ihn
nie kennen gelernt. Metaller gab es deutlich
mehr. Allein in meiner Klasse drei bis vier.
Es gab im nächst größeren Ort eine Ecke beim
Einkaufszentrum, an dem eine Gruppe rumhing,
die manchmal als Punks bezeichnet wurde. Sie
wirkten auf mich langweilig und gelangweilt.
Außen normale
Dosenmale Klamotten und innen Dose
s nbier. Bunte Haare, Nieten usw. sah man an ihnen
nicht. Ich saß
aß lieber zuhause und hörte Ärzte
und Hosen. Über Kopfhörer, wegen Beschwerden. Später dann auch Terrorgruppe und Knochenfabrik, Versaute Stiefkinder ...
8
Landleben
In der Oberstufe lernte ich dann ein paar
Leute kennen, die teilweise auch Punk hörten
und einen alternativeren Lebensstil pflegten.
Wo soll man hingehen?
Es gibt keine Locations, wo man sich einigermaßen entspannt aufhalten kann. Man kann
sich zuhause treffen, was aber auf Dauer meist
nur mit Drogen zu ertragen ist. Es gab eine
Disco, in die man schon aus Prinzip nicht hingegangen ist. Einen gut gemeinten Jugendtreff
der Landeskirche. Selbst die Bushaltestelle ist
meistens schon besetzt. An irgendwelche Kneipen ist nicht zu denken. Um auf irgendwelche
interessanten Konzerte zu gehen, muss man
erst mal davon erfahren. Wenn man noch kein
Auto hat, hat man auch nicht viel davon, weil
spätestens um 23 Uhr der letzte Zug fährt. Als
ich mit 18 ein Auto hatte, bin ich weite Strecken
gefahren, nach Trier, Mendig, Donauwörth und
Peine. Auf kleinere, günstige Punkfestivals. Die
Bands, die da spielten, kannte ich fast nie vorher.
Ansprechende Musik zu finden war schwierig.
In den 90ern kam noch dazu, dass das Internet noch nicht besonders vorhanden war. Ich
wusste von einem CD-Laden, der natürlich
nichts da hatte, aber was bestellen konnte. Der
Besitzer schien etwas gegen mich zu haben.
Hauptquelle waren zuerst Versandhäuser wie
Disc-Center. Es war schwierig genug, herauszubekommen,
zubeko
k mmen, welche Bands es überhaupt so
gab. Man kam nirgendwo
nirge
geendwo ran.
Man konnte in die nächsten
größeren Städte fahren
fahren,
n, natürlich. Köln und Bonn waren
gut zu erreichen. Nur eine Stunde
Bahnfahrt. In Bonn
gab es den „Plattenbau“, einen winzigen Plattenladen, der nur Punk verkaufte. Da war ich
gelegentlich und kaufte Sampler. Ich schrieb
an die kleinen Labels der Platten und fragte
nach Katalogen. Manchmal bekam ich welche.
An meiner Schule gab es fast keine Christen,
jedenfalls fast keine, die sich geoutet hätten.
Meine Eltern waren in der Landeskirche. Ich ging
in die Jugend einer Baptistengemeinde, wo ich
vorher schon in die Jungschar ging. Es war dort
ganz nett, aber ziemlich langweilig. Ich interessierte mich für Philosophie und hinterfragte gerne
systematisch. Die Anderen schienen alles vorgekaut von den Leitern aufzunehmen. Ihre Idee von
einem gelungenen Abend war zu McDonalds fahren und dann noch irgendeinen Film auszuleihen.
Ich war immer ein wenig der Außenseiter, mit
meinen Nietenarmbändern, Iro und extravaganten Musikgeschmack. Einmal brachte jeder
seine Lieblingsmusik mit und wir machten
eine Hitparade. Ich brachte ein Lied von Aclys, einer Emo-Schrei-Core Band mit (damals
war Emo noch nicht „in“ und peinlich!).
Einigermaßen interessante, christliche Musik
gab es nur bei PILA, wo aber jede CD 32 DM
kostete. Und dann noch Porto. Christlichen
Punk gab es nur blöden, schlechten aus den USA.
Coole T-Shirts gab es manchmal auch, die ich
mir dann zu Weihnachten wünschte. Ich hatte
eines mit Fischen: „Go against the flow“ wo ein
Ichthys gegen den Strom schwimmt. Eigentlich sahen die anderen, bösen Fische mit ihren
Neonfarben viel cooler und interessanter aus.
Vielleicht kann man allgemein sagen, dass das
Land kaum bis gar nicht szenefreundlich ist. In
der Stadt hingegen verdichtet sich alles, man
findet die absonderlichsten Leute und Szenen.
Jeder Mensch hat das Grundbedürfnis, sich
einer Gruppe zugehörig zu fühlen. Auch wenn
man sich als gesellschaftlicher Außenseiter
definiert, ist dieses Bedürfnis da. Es ist schwierig, sich das einzugestehen, dass man andere
Menschen um sich braucht. Wenn man in seiner
Umgebung keine Gruppe findet, der man sich
zugehörig fühlt, zieht man weg oder vereinsamt.
And all of a sudden, you are one with the freaks
Etwa 1996 ging ich mit besagter Cousine auf
die Christmas Rock Night in Ennepetal und war
fassungslos vor Glück. Hier waren endlich Leute,
die Christen UND alternativ waren! Und dann
gleich so viele! Ich sah the circumcised (später
Snubnose), White Cross, Why? und noch ein paar
andere Bands. Wir mussten mit dem letzten Zug
zurück, wodurch wir The Electrics verpassten.
Aber ich fühlte mich viel weniger einsam.
2001 war ich dann zum ersten Mal auf Freakstock. In meiner Nähe gab es natürlich keine
Freakgemeinde. So war ich eine Weile gewissermaßen Jesus Freak ohne Gemeinde. Die erste
Freak-Gruppe die ich kennen lernte, waren die
Freiburger, weil meine Cousine dort wohnte.
Die erste Freak-Gemeinde, wo ich richtig mit
dabei war, waren die Bielefelder. Mittlerweile
bin ich schon seit einer ganzen Weile in Bremen. Hier genieße ich die Infrastruktur und
die mannigfaltigen Weggehmöglichkeiten.
Wenn ich jetzt noch in den Westerwald fahre,
dann nur, um meine Eltern zu besuchen.
Stadt-Land-Statistik
Die andere Seite
Ich habe mir das im Nachhinein so erklärt, dass
es einfach sehr unwahrscheinlich ist, Leute zu
finden, die sowohl gläubig als auch, ich sage mal,
alternativ sind. Die Schnittmenge dieser beiden
Gruppen ist sowieso schon klein. Auf dem Land
kommt dann die niedrige Bevölkerungsdichte
dazu. Ungefähr jeder tausendste – diese Zahl ist
völlig aus der Luft gegriffen – zwischen 14 und
20 pflegt einen alternativen Lebensstil. Dann
ist man leicht der einzige an der Schule. Wenn
man dann noch bedenkt, dass Punks natürlich
in die Städte ziehen, weil da mehr los ist, ist es
klar, dass der Anteil auf dem Land nicht wächst.
Es gibt sie natürlich, die wackeren FreakGruppen auf dem Land. Bremervörde, Crailsheim,
Jossa, Löbau und Wollbach, um mal ein paar zu
nennen. Diese haben es irgendwie geschafft, quasi
aus dem Nichts eine Gruppe aus dem Boden zu
stampfen. Ich kann nur sagen: „Respekt und
weiter so!“ Ich hätte das nicht geschafft.
Ich und Christen
Ben (29) wohnt seit fünf Jahren in Bremen
und will dort auch bleiben. Er ist u.a. Webmaster, Bibliothekar und Bassist der dortigen
Jesus Freaks. Nebenbei studiert er Informatik.
Seine Comics und andere kreative Erzeugnisse finden sich auf: www.rainking.de
Landleben
9
Heilsame
Idylle?!
Was ein Umzug von
der Stadt aufs Land
alles verändert
A
m Frühstückstisch beschwere ich mich
bei meiner Familie, dass ich seit vier
Uhr nicht mehr schlafen konnte. Die
Vögel waren zu laut, das Licht zu hell und die
Autos, die so früh unterwegs waren, gaben mir
den Rest. Ich ernte Unverständnis, schließlich
sind wir hier auf dem Land. Diese kleine Episode
fand vor einigen Jahren in einem kleinen Dorf in
Sachsen statt. Ich lebte und studierte zu dieser
Zeit in Berlin und war am Wochenende zu Besuch
bei meinen Eltern. An Berlin, den Verkehr und an
die vielen Menschen hatte ich mich gewöhnt. Der
Lärm in der Hauptstadt störte mich nicht, dort
konnte ich gut schlafen aber hier auf dem Land
raubten mir die wenigen Geräusche den Schlaf.
Eine Lebenskrise brachte mich abrupt und ohne
Vorbereitung zurück in meine Heimat. Nach dem
Scheitern meiner ersten Ehe wollte ich weg aus
der großen Stadt, in der ich so viel Unschönes
erlebt hatte. Mit meiner kleinen Tochter und
einer Reisetasche kam ich Ende November 2003
im 500 Seelendorf an. Hier erlebte ich einen
Kulturschock. Es war Herbst, alles war grau, kalt
und still. Die Dorfbewohner verschwanden früh
in ihren Häusern, wenn sie diese tagsüber überhaupt verließen. Und wenn dann nur, um mit dem
Auto zur Arbeit oder zum Einkaufen zu fahren.
Unterhaltung und Abwechslung gab es nicht.
Das nächste Kino war 30 Kilometer entfernt. Ich
hielt mich fit, indem ich viele Runden mit meiner
Tochter im Kinderwagen die immer gleichen Wege
durch unser Dorf fuhr. Doch diese langweilige Eintönigkeit hatte auch etwas Gutes. Ich lernte nach
einem Alltag voller Chaos eine neue Stabilität.
10
Landleben
Viele Leute wohnten noch hier, die mich von
früher kannten. Sie begegneten mir ohne Vorurteile und stellten keine neugierigen Fragen. In
meiner kleinen, sehr traditionellen landeskirchlichen Gemeinde erzählte ich, warum ich zurück
gekommen war. Die Reaktionen waren heilsam.
Niemand machte mir Vorwürfe oder überschüttete mich mit Mitleid. Ich wurde mit meinem
Leben so akzeptiert, wie es geworden war.
Nach der ersten schwierigen Umstellung von
der Hauptstadt ins Dorf, begann ich mich einzuleben. Wer einmal auf dem Land gewohnt hat,
wird mir recht geben, dass es gewisse Eigenheiten
zu bieten hat. Es scheint ein Naturgesetz zu sein,
dass die Rasenmäher immer gerade dann anfangen zu rattern, wenn man es sich im Gartenstuhl
gemütlich gemacht hat. Ein lautes Geräusch und
vorbei ist die Idylle, denn der Mäher geht erst
wieder aus, wenn der letzte Grashalm auf exakt fünf Zentimeter getrimmt ist und das kann
dauern. Ebenso beliebt sind die Motorsägen.
Wenn ein Dorfbewohner entscheidet, in seinem
Grundstück einen Baum zu fällen, ziehen alle
anderen nach. Sollte das Wunder eintreten, dass
alle ihren Rasen fertig gemäht und ihre Bäume
gefällt haben, bellt garantiert irgendwo ein Hund.
Wenn ich mich in meinem Freundeskreis umhöre, wollen sowieso alle irgendwann aufs Land
ziehen, schon wegen der Kinder und wegen der
Idylle. Spätestens mit dem Einzug wird ein Hund
gekauft. Der lungert dann den ganzen Tag auf
dem Grundstück herum und verteidigt Haus, Hof
und Garten gegen Spaziergänger und Postboten.
In unserem Dorf gibt es gelegentlich erbitterte Kämpfe unter den Hunden, wenn diese
sich zufällig beim Spazierengehen mit ihren
Herrchen begegnen. Ohne Vorwarnung stürzen sie sich aufeinander, um festzustellen,
wer der stärkere ist. Danach muss sowohl
bei den Hunden als auch bei den Haltern der
dörfliche Friede wieder hergestellt werden.
Ein weiteres dörfliches Gesetz scheint es zu
sein, dass die Nachbarn alles wissen, was in
meinem Leben passiert, manchmal noch bevor ich es selber weiß. Möglicherweise stehen
sie den ganzen Tag am Fenster und beobachten, was ich tue und wer zu Besuch kommt.
Oder sie haben es von jemandem gehört, der
es wieder von jemandem gehört hat usw.
Als ich meinen jetzigen Mann kennen lernte
und er öfter zu Besuch kam, gab es plötzlich doch
gute Ratschläge. Meine Nachbarin, die eine Art
Ersatzoma für mich ist, sagte, ich soll schnell
noch ein, zwei Kinder kriegen. Dabei kannte ich
meinen Freund höchstens ein Vierteljahr. Zur
Hochzeit, die vier Jahre nach diesem „guten Rat“
stattfand, haben wir meine Nachbarin eingeladen.
Das Leben im Dorf läuft in gewisser Hinsicht
immer gleich ab. Es wird nur unterbrochen vom
Wechsel der Jahreszeiten, von Geburten und
Sterbefällen. Dann wird gefeiert oder getrauert,
je nachdem. Ein paar Insiderdetails zum Landleben kann ich aus meinem Erfahrungsschatz
weiter geben. Im Nachbardorf erhält der frisch
gebackene Vater am Abend nach der Geburt
seines Kindes Besuch von seinen Freunden
und einigen, die diese Chance zum kostenlosen
Besäufnis nutzen, zum sogenannten „Rumpelschnaps“. Wie gut, dass die Mutter und das
Baby zu dieser Zeit noch nicht zuhause sind.
Vier Wochen vor Ostern hängen überall im
Dorf bunte Plastikostereier an den Bäumen.
Ich muss gestehen, mir während meiner Zeit
auf dem Land ebenfalls diese Hingucker an
den Baum gebastelt zu haben. Enthusiastisch
erfreute ich mich an dieser Tradition. Zuerst
war es für meine Tochter etwas Besonderes,
später hängte ich die Dinger alleine auf.
Das nächste Ereignis ist die Zeit der Holunderblüte. Mit den ersten weißen Blüten beginnt der
er
Run auf die Zitronensäure in der Supermärkten.
märkten.
Im letzten Jahr gab es in meinem Landkreis
andkreis kein
einziges Päckchen mehr, weil alle gehamstert
hatten. Mit der Zitronensäure
nsäure wird Holundersirup
hergestellt. Der schmeckt
chmeckt bei jeder Hausfrau anders und als Besucher muss man ihn loben, sonst
setzt ess was. Mir schmeckt das eher nicht so gut,
aber ich will es mir mit niemandem verscherzen.
Im Sommer
mer wird überall gegrillt und mit riesigen Swimmingpools
mingpools geprotzt. Diese hässlichen
Kunstteile verunstalten
runstalten den Garten und veralgen
mit der Zeit, doch das ändert nichts. Jeder muss
einen haben. Abends riecht das ganze Dorf nach
Grillwurst. In dieser Zeit gibt es bei uns immer
ein Dorffest mit dem Feuerwehrverein, Kinderkarussell und einem Bierzelt mit grässlicher Musik.
Normalerweise hängen alle Dorfleute abends vor
der Glotze, zum Dorffest feiern sie schon mal in
Überlänge. Apropos Feuerwehrverein, wenn die
Nachwuchsfeuerwehr einen Wettkampf gewonnen
hat, fahren sie Ehrenrunden mit vollem Geheul
solange durch den Ort, bis sie auch der schwerhörigste Einwohner gehört hat. Leider gewinnen sie
jedes Jahr mindestens einen dieser Ausscheide.
Wir befinden uns im Erzgebirge, das heißt im
Advent wird jedes Fenster mit Lichterbögen und
diversem Weihnachtsschmuck verziert. Wunderschön ist es, abends durch die Dörfer zu fahren,
es ist hell und gemütlich. Kommt man bei Tageslicht in ein reichlich geschmücktes Wohnzimmer,
kann es schon mal zu viel des Guten sein ...
Es hat aber auch Nachteile auf dem Land zu
leben. Alle Wege sind mit dem Auto zu fahren,
zur Arbeit, zu Freunden, zum Einkaufen, in die
Kita und Schule und zum Arzt. Auch kann es
schnell langweilig werden. Wer Abwechslung
liebt, sollte nicht unbedingt aufs Land ziehen,
der ist in der Stadt sicher besser aufgehoben.
Ich habe die sechs Jahre in meinem Dorf nicht
bereut. Die Ruhe und Stetigkeit haben mir gut getan. Auch für meine Tochter war es schön. Wir waren jeden Tag draußen, egal bei welchem Wetter.
Sie hat keine Angst vor Tieren und liebt die Natur.
Während ich diesen Text schreibe sehe ich
durch mein Fenster weder grüne Wiesen noch
Felder und Idylle, sondern nur das Haus gegenegenüber. Richtig ich wohne ja wieder in der Stadt.
Meine Tochter will oft zurück aufs
ufs Land und ein
Pferd haben. Aus meiner Sicht ist es mit Kindern
schöner, auf dem Land
and zu leben. Vielleicht, weil
ich selber in einem
inem Dorf aufgewachsen bin.
Connyy (36) aus Chemnitz liebt Berlin und das Leben
auf dem Land. Später will sie mit ihrer Familie in ein
Dorf ziehen.
11
Ich will Austausch
Ein Umzug aus der Provinzstadt in die Hauptstadt
E
in kaputter Leichenwagen, der mal von
Pferden gezogen wurde, ein Urwald
und ein großes sanierungsbedürftiges
sächsisches Pfarrhaus, in dem zuletzt eine Pfarrerswitwe verstorben war, die ein Dutzend Katzen
hinterließ. Als meine Brüder
und ich dieses neue Reich in
unserer vorpupertären Phase
in Beschlag
chlag nahmen jubelten
wir, unsere
nsere Mutter schlug die
Hände über dem Kopf zusammen und
nd unser Vater spuckte
mit derr Aufbruchsstimmung
der Wendezeit
endezeit in die Hände.
Das war nun schon das
dritte Dorf, in das wir gezogen
waren, und es sollte noch ein
es folgen bis ich dann
weiteres
Damals: Die Brüder auf dem Land am Ende
de meines Studiums
mit meiner
ner Frau eine eigene
Wohnung bezog – in einer Großstadt: Chemnitz.
Die Stadt – so bezeichnen
n Dörfler jede größere
Siedlungsstruktur also auch
h Kleinstädte. Denn
dorthin muss man im Prinzip
zip immer, wenn
man irgendwie am öffentlichen
chen Leben teilhaben
will, ob zum Einkaufen, in die Schule, zur Ausbildung oder wenn man mal
al etwas anderes als
Saufgelage an der Bushaltestelle
stelle im örtlichen
Jugendclub oder auf dem Dorffest erleben will.
Mein Eltern kommen beide
ide aus der Stadt,
weswegen wir auch nie richtige
htige „Landeier“
waren. Wir waren „Zugezogene“.
gene“. Früher waren
die Leute vom Land noch stolz
tolz und man
konnte nicht einfach in eine
ne über die Jahrhunderte gewachsene Dorfgemeinschaft
fgemeinschaft
reinrutschen. Auf dem Dorf
rf zu wohnen
bedeutet Freiheit – man muss
uss nicht bis zum
Führerschein warten, um mit dem Moped über
Feldwege langzubrettern, man kann BaumBa
häuser bauen, Dinge abfackeln
keln oder mit Fernwaffen wie Katapulten allerr Arten operieren.
Im Teenageralter zählt dann
ann nur eins: die
Motorisierung. Wer beweglich
lich ist, kommt auch
auf dem Land an Sex, Drugs
gs & Rock‘n‘Roll. Die
Qualität ist dabei sehr unterschiedlich.
erschiedlich. Das
Liebesleben in freier Naturr ursprünglich, die
erweiterten Betäubungsmittel
ittel gut (vor allem
wenn sie aus eigenen Anbau
au
ssind),
si
n ), bei der
nd
Musik geht es oft zu wie
auf Rudis Resterampe:
wer sonst keinen Auftritt
12
findet, wird immer noch bei irgendeinem Dorffest
oder anders tituliertem Saufgelage unterkommen.
Wenn ich heute an Dörfern vorbeikomme,
in denen ich mal gewohnt habe, zeigt sich ein
trostloses Bild: Schulen, Läden, selbst Pfarrhäuser sind geschlossen oder werden höchstens
noch bewohnt. Wenn es gut geht, existiert
noch ein Fußballplatz, auf dem ein Verein der
untersten Klasse sich im Ballspiel versucht.
Abstiegsang braucht keiner zu haben. Die
Abstiegsangst
Do
heutige Dorfgemeinschaft
ist eine seltsame
a alten Leuten, neu zugezogenen
Mischung aus
Städtern, d
die (noch) enthusiastisch sind und
Jugendliche die kurz vor dem Absprung sind.
Jugendlichen,
Als wir im letzten Jahr beschlossen nach
zi
Berlin zu ziehen,
fragten uns viele, warum
wir das mit unserem Baby und seinem bald
icht
schulpflichtigen
großen Bruder machen würden, wo doc
doch in Chemnitz der Weg mit Kindern
wiede aus der Stadt heraus ins Grüne
meist wieder
und ins eig
eigene Häuschen führt? Eine längere
Antwort ha
habe ich dann meistens aus Zeitgründen nicht ggegeben, hier ein kleiner Auszug:
Meine Ki
Kinder sollen auch Kinder anderer
Nationalitä
Nationalitäten
und Hautfarben kennenlernen,
beko
Kultur bekommen,
auswählen können, Geschichte anfassen und begehen können, sie sollen ihre
ausg
Eltern ausgehen
und nicht allabendlich vor dem
Fernseher hocken sehen. Und ich will meine
Teenager später nicht vor Langweile an einer
Bushaltes
Bushaltestelle
hocken und trinken sehen.
selb will eine Umgebung, die mich
Ich selbst
herausfo
herausfordert
und nicht einschläfert. Ich will
Kultur und großes Kino. Ich will eine schnelle
Intern
Internetverbindung
und guten Handyempfang. Ich will nachhaltig leben ohne großen
Aufwa
Aufwand.
Ich will meine Zukunft nicht
betonie
betonieren
und hinter einem Jägerzaun sterja ich will auch mit
ben und ja,
L
kaputten Leuten
konfrontiert
werden. Ich will Austausch mit
anderen Ch
Christen, Gemeinden
und andere
anderen Religionen.
W
Oscar Wilde
hat den Unz
terschied zwischen
Stadt
und Land ggut auf den Punkt
gebracht: „„In der Stadt lebt
sei
man zu seiner
Unterhaltung, auf d
dem Lande zur
U terh
Un
rh
haltu der anderen.“
Unterhaltung
Ronny Schellenberg
R
Heute: Die Söhne
in der Großstadt
Freak alleine
Wie bleibe ich Jesus Freak ohne eine Gemeinde
W
ie bin ich zu den Freaks gekommen? Ich hab den Saftladen in
Marburg kennen und lieben
gelernt. Irgendwie ging es da total schnell ...
schwuppdiwupp und innerhalb eines Jahres war
ich eine von denen. Als ich nun nach Göttingen
wechselte, war das nicht einfach so möglich. Leider gibt es hier keine Gruppe vor Ort. Was nun?
Ich schaute mir verschiedene andere Gemeinden an, leider war ich irgendwie an den recht
entspannten Trott der Freaks gewohnt. Des-
halb fällt es mir auch aktuell schwer, mich einer
anderen Gemeinde anzuschließen. Angebote
an sich gibt es genug in Göttingen, aber sich
wieder in einen anderen Gemeindestil zu integrieren, finde ich schon schwierig. Dennoch
möchte ich versuchen, mich zu öffnen und
Christen in meiner Umgebung kennen zu lernen.
Aber es ist noch nicht alles verloren mit den
Freaks und mir. Ich freue mich auf die jeweiligen
Treffen, die immer wieder angeboten werden
und denen ich gerade deshalb auch regelmäßig
beiwohne. Facebook ist auch eine super Möglichkeit mit den Freaks aus ganz Deutschland
in Kontakt zu bleiben, obwohl es mich schon
manchmal von meiner Arbeit ablenkt und natürlich den persönlichen Kontakt nicht ersetzt.
Den einen oder anderen Freak hab ich hier in
Göttingen auch schon kennengelernt und wir
treffen uns und beten kräftig, dass Gott auch
in Göttingen was mit uns anfangen kann. Im
Moment treffen wir uns noch zu zweit und lernen
uns erst mal kennen, aber ich vertraue darauf das
der Vers 47 aus der Apostelgeschichte Kapitel zwei
auch bei uns zutreffen wird: „Der Herr aber fügte
täglich zur Gemeinde hinzu, die gerettet wurden.“ Auf jeden Fall fühle ich mich von den Freaks
nicht allein gelassen. So fragt die Regio-Leitung
immer mal wieder nach, wie es mir geht und bei
den Regio-Treffen lasse ich mich auch blicken.
Wichtige und intensive Freundschaften sind
aus meiner Marburg Zeit hängen geblieben, und
so glüht schon öfters mal das Telefon, weil wir
uns mal wieder alles Aktuelle erzählen müssen
und auch Gott dabei nicht zu kurz kommt. Für
mich ist die Zeit bei und mit den Jesus Freaks
jedes Mal bereichernd und gesegnet. Ich weiß, ich
werde gebraucht und ich bin nicht zu klein oder
zu unscheinbar. Selbst da wo es keine Freaks gibt,
kann ich ganz Freak sein, denn Jesus möchte,
dass ich, so wie ich bin, zu ihm komme und ER
freut sich über meine Kreativität. Egal, was noch
kommt hier in Göttingen, ob Freaks Gemeinde
oder undercover in einer anderen Gemeinde, ich
bin und bleibe ein brennender Jesus Freak!
Lysann Henker
Landleben
13
Komm in die Kommune
Lebensgemeinschaft ist nicht die Abkehr vom Modell Ehe,
sondern die Abkehr vom Modell Singlehaushalt
I
m Zusammenhang mit dem Thema Kommunitäten lohnt es sich,
ein paar Fragen zu stellen:
Warum sind die Menschen an christlichen
Lebensgemeinschaften interessiert? Was erhoffen sie sich davon? Wollen sie nur nicht
alleine sein oder suchen sie nach Wegen, ihre
Spiritualität zu vertiefen? Oder geht es eigentlich um noch etwas ganz anderes?
Und was führt mich persönlich in
eine Lebensgemeinschaft? Ist es der
Zeitgeist oder Führung Gottes?
Gott will ja Beziehung („es ist nicht
gut, dass der Mensch alleine sei“ 1.Mose
2,17), aber muss ich deshalb mit anderen Leuten unter ein Dach ziehen?
Individualität und Gemeinschaftlichkeit sind
mitunter spannungsgeladene Gegensätze. Beide
sind herausfordernd, beide haben Vor- und Nachteile. Lebe ich in Gemeinschaft, ist immer jemand
da zum Reden. Lebe ich alleine, isst mir niemand
meinen Kirschjoghurt weg, muss ich aber alle
Haushaltsarbeiten selber erledigen. Lebe ich in
Gemeinschaft, bleibt womöglich auch Arbeit an
mir hängen,
für die ich
gar nicht zuständig bin.
Christliche
Lebensgemeinschaften hat
es schon
immer gegeben, vermutlich wurden
die ersten
von Jüngern
Jesu gegründet. Das waren Gemeinschaften von
Menschen,
die sich und
ihr Leben
einer oder
mehreren
Regeln
unterstellten, bzw.
14
Landleben
die sich einer vorbildlich lebenden Person,
einem Heiligen, meist einem Asketen, anschlossen. Hierbei muss es sich nicht um strenge
Gesetzeswerke gehandelt haben. Eine Gemeinschaft braucht Regeln, um zu funktionieren
und bietet damit auch Identifikationsfläche.
Gründungsimpulse
In der Geschichte der Kommunitäten ist es
nach dem Ersten Weltkrieg zu drei Gründungswellen gekommen. Zur ersten gehört der Berneuchener Dienst, ein Orden aus evangelischen
Pfarrern. Im Prinzip könnte man es als eine
kleine Reformation oder Erweckungsbewegung
bezeichnen. Die Nachkriegsgeneration suchte
spirituelle Erfahrungen und stieß in den etablierten Kirchen auf Unverständnis. Den selben
Hintergrund, nur einen Krieg später, hat wohl
auch die Christusbruderschaft Selbitz gehabt.
Die zweite Gründungswelle entstand Mitte bis Ende der 1960er Jahre und hatte
ihren Ursprung vor allem in Studentenkreisen. Die jungen Leute suchten auch politisch
nach Antworten und neuen Wegen, mit
der deutschen Geschichte umzugehen.
Die Kommunität Imshausen gehört in diese Zeit und die Christusträger Bruderschaft.
Diese richtet sich nach den evangelischen
Räten, das heißt Keuschheit, Armut und Gehorsam. Prägend ist auch die Orientierung auf
die Linderung von Not und Leid in der Welt.
Die dritte Welle fand wieder in einem anderen
politischen und gesellschaftlichen Kontext statt.
Zwischen 1975 und 1985 waren die Friedensbewegungen großes Thema in der Welt, zugleich war
Individualismus die Droge der Zeit. Die Familiengemeinschaften lenkten dagegen. Damals
entstanden in der Schweiz Don Camillo, wozu
das Stadtkloster-Segen in Berlin-Prenzlauer Berg
gehört, in Franken Koinonia und der Laurentiuskonvent mit drei verschiedenen Standorten.
Heutzutage unterscheidet man grob zwei
Richtungen: die einen leben alle an einem Ort,
die anderen wohnen vereinzelt. Letzteres Modell,
auch Netzwerk-Klostertum genannt, wird von
vielen erfahrenen Gemeinschaftsleuten kritisch
gesehen. Wie viel Gemeinschaft hat man, wenn
man nicht an einem Ort wohnt? Wie schafft man
über so viele Kilometer Nähe? Ist Gemeinschaft
auf Entfernung nicht eher der Versuch, den anderen nicht zu nah an sich herankommen zu lassen?
Andererseits haben viele Leute keine andere
Wahl, wollen sie nicht vorher ihr ganze Leben
umkrempeln. Oftmals lassen Familie und Arbeitsplatz es nicht zu, „mal eben“ umzuziehen.
Wenn ich mein Leben in einer Kommunität
zubringen will, sollte ich mich auf eine längere Suche einstellen. Die Lebensgemeinschaft-Szene ist
nicht sehr gut vernetzt. Manche Kommunitäten
sind noch zu jung, um ans Vernetzen zu denken.
Sie sind zu beschäftigt damit, das Zusammenleben zu organisieren, „anzukommen“, in ihrem
Ort oder Stadtteil akzeptiert zu werden, als dass
sie sich noch um die Pflege einer Homepage o.ä.
kümmern könnten. Das hat dann auch nicht die
oberste Priorität, vor allem, wenn es zum Beispiel
durchs Dach tropft. Am besten fragt man bei
schon länger bestehenden Kommunitäten an, die einen
dann eventuell weiter vermitteln können. Es gibt immer
einen, der von jemandem gehört hat,
der einen kennt …
Nach einem
Gespräch mit
Daniel Sikinger.
Aufgezeichnet von
Julia Pfläging.
Kontaktadressen
www.berneuchener-dienst.de
www.christusbruderschaft.de
www.kommunitaet-imshausen.de
www.christustraeger-bruderschaft.org
www.stadtklostersegen.de
www.koinonia.de
www.laurentiuskonvent.de
emergent-deutschland.de
www.kirche-21.de
www.novavox.org
www.emwag.de
kommunitaet.blogspot.com
www.evangelische-kommunitaeten.de
www.basisgemeinde.de
Ein gemeinsamer Traum
Bericht vom Forum des Communio-Netzwerks
I
mmer mehr Menschen suchen nach gemeinschaftlichen Lebensformen. Diese Menschen will eine junge Initiative namens Communio-Netzwerk zusammenbringen, ihnen eine
Plattform zum Kennenlernen und zum inhaltlichen Diskurs bieten und den Erfahrungsschatz
etablierter Gemeinschaften zugänglich machen.
Dazu veranstaltet Communio ein alljährliches
Netzwerktreffen. Auch ich teile die Sehnsucht
nach gemeinschaftlichen Leben und so entschließe mich an einem solchen Treffen teilzunehmen.
Das diesjährige Forum findet in Falkenberg
in der nordhessischen Provinz statt. Nach einer
Irrfahrt durch kleinste Dörfer und über holprige
Feldwege erblicke ich die Gebäude einer alten
Jugendherberge, die man als Veranstaltungsort
gewählt hat. Mich begrüßt eine Mischung aus
Landidyll und Jugendkultur. Rapsgelbe Felder,
reitende Kinder, freilaufende Hunde. Gleichzeitig dröhnen irgendwoher HipHop-Bässe und
jemand übt am Schlagzeug zu einem anderen
Takt. Das also ist das Projekt Anorak21 e.V.,
getragen von einer jungen Lebens- und Arbeitsgemeinschaft, den Gastgebern des Forums.
Man weist mich in eines der Häuser. In einem
der Räume sind bereits kleine Tischgruppen zusammengestellt, in der anderen Hälfte stehen alte
Sofas. Es herrscht gemütliche Wohn- und Esszimmeratmosphäre. Nach und nach beginnen hier
die Forum-Teilnehmer zusammen zu kommen. Es
sind Menschen aus ganz Deutschland, von Bremen bis Stuttgart, von Leipzig bis Mönchenglad-
bach. Viele der knapp vierzig Angereisten sind unter 35 Jahren, der Älteste wahrscheinlich Mitte 60.
Wie sich herausstellt, verbindet uns die Sehnsucht
nach Gemeinschaft, die Hoffnung, dass es, wie es
in einem Referat heißt, etwas anderes geben muss
– gemeinschaftliches Leben muss doch auch in unserer Zeit möglich sein! Manche von den Leuten
hier haben bereits Erfahrung in lebensgemeinschaftlichen Projekten gemacht, andere stehen
ganz am Anfang ihres Weges. Ich frage mich, wo
ich eigentlich gerade stehe. Man unterhält sich an
den kleinen Tischgruppen, erhält Impulse durch
die Referate oder sitzt am Abend bei Wein und
Tabak auf der Veranda in einer windigen Nacht.
Als wir nach zweieinhalb Tagen alle wieder abreisen, bin ich ermutigt. Das Forum des
Communio-Netzwerks hat mich ermutigt, eigene
Schritte zu gehen und Gemeinschaft zu wagen. Im Kleinen. Mit den Menschen im eigenen
Umfeld. Für mich ist dieses Forum
so zu einem heiligen Ort geworden.
Daniel Sikinger (30) lebt mit seiner Frau
bei Stuttgart in einer kleinen Lebensgemeinschaft und ist nun Teil einer Gruppe, die sich einen geistlichen Rhythmus
gegeben hat. In seinen theologischen
Studien beschäftigte er sich mit monastischer Spiritualität und klösterlicher
Tradition.
Der Artikel entstand für lebensreise.info
Kontakt: [[email protected]]
www.kommunitäten.de
Landleben
15
Serious Warning
Harte Landarbeit statt idyllische Luftmalerei
N
ein, ich kann
sie nicht mehr
hören, diese
idyllischen
idyllisc
Luftmalereien von dem
schönen Leben auf dem Lande. Das
können
k
nach meiner bisherigen
E
Erfahrung
nur irgendwelche
S
Stadtbewohner
sein, die ihr Zeug
im
i Bioladen kaufen und denken
G
Gartenarbeit ist eine entspannt
nte Freizeitbeschäftigung bzw.
Landl
Landleute sind ja soviel netter ...
Nehme ich allein die Historie meiner
Familie über drei Generationen kleinbäuerlicher
Landwirtschaft, dann kann ich nur jedem raten,
es sich genauestens zu überlegen, ob er Biolandwirtschaft mit wenig Technologie betreiben will.
Zu Zeiten meiner Oma, so in den 30er
und 40erJahren, musste auf einem Bauernhof jede Hand mit anpacken. Nur Hausfrau
und Mutter sein ging nicht, auch nicht bei
Schwangerschaften, alle wurden auf den Feldern, den Wiesen und im Wald gebraucht.
In den 60er Jahren sollte mein Vater den
Hof übernehmen. Da er aber andere Interessen hatte, wurden die Felder verpachtet. Wir
hielten nur noch einige Tiere zur Selbstversorgung, dazu kamen eine Streuobstwiese, weitere Wiesen fürs Heu und ein großer
Garten mit Obststräuchern und -Bäumen.
In meiner Kindheit war mein Vater in der
Woche viel unterwegs. Da er körperlich schwer
arbeitete, war er oft erschöpft, wenn er heimkam,
dennoch musste er jeden Tag noch irgendwas
für die Landwirtschaft tun. Der einzige freie Tag
war der Sonntag, außer natürlich es drohte z.B.
ins Heu zu regnen. Tierversorgung ist sowieso
ein 24-Stunden-Job, der nie frei gibt. Folglich
gab es genug Arbeit und wenig Freizeit, vor
allem im Sommer. Urlaub war ein Ereignis.
Wir praktizierten praktischen „Bioanbau“ mit
relativ wenig Maschinen. Unsere Hauptausstattung war ein 14-PS-Traktor mit Mähbalken,
ein Anhänger, ein Kreisler, ein Schwader. Nie
wurde irgendwas chemisch gespritzt, dafür mit
Mist gedüngt, dieser von Hand auf den Anhänger geladen und verteilt – ein Knochenjob.
Die Äpfel wurden von Hand aufgelesen und
sortiert, in die Mosterei gebracht, daheim in Flaschen abgefüllt (meist draußen bei kaltem Wetter).
Bei 100 bis 200 Litern Apfelsaft hatte man dann
16
Landleben
ordentlich was zu tun. Wer das mal mitgemacht
hat und dann den „Bio-Apfelsaft“ für unter 1 Euro
im Discounter sieht, schüttelt darüber nur noch
den Kopf, wie wenig Leute harte Arbeit schätzen.
Die Wiesen wurden zwei- bis dreimal im Sommer gemäht. Zum Heu einholen brauchte man
die ganze Familie. Man nehme einen TraktorAnhänger und stecke jeweils zwei lange Pfosten
vorne und hinten rein, schon konnte man ziemlich hoch Heu darauf aufschichten. Das jüngste
Kind musste dann in langärmliger Kleidung und
Gummistiefeln bei 30 Grad Celsius das Heu in
der Mitte festtreten. Die „Auflader” klopften es
an der Seite fest. Aufgeladen wurde übrigens mit
der Heugabel, zusammen gerecht wurde auch
von Hand – nein, wir hatten keinen Ladewagen.
Da der Garten recht groß war, gab es auch hier
viel zu tun. Obst und Gemüse einkochen oder
tiefgefrieren. Dazu kamen Kleintiere wie Hasen
und Hühner, die im Stall geschlachtet und meist
unter ziemlichen Kinderprotest, dann doch gegessen wurden. Großtiere (meist Schweine) wurden
von anderen Leuten geschlachtet und bei meiner
Oma in der Küche verarbeitet und verwurstet.
Holz holten wir bei jeder Gelegenheit entweder aus dem gepachtetem Waldstück oder von
Abbruchhäusern, und musste verarbeitet werden. Mit 16 konnte ich zwar „Kraftarbeit“ verrichten, aber im Schulsport war ich eine Niete.
Und was die netten Dorfbewohner angeht,
sind meine Erfahrungen eher „vorne hui und
hinten pfui“, d.h. vorne grinsen sie dich alle
an, aber hintenrum wird gelästert und ausgegrenzt. Zugegeben, das gibt es in Bekanntenkreisen in der Stadt auch, aber da kann
ich irgendwann meine Freunde wechseln.
Trotzdem habe ich wieder Lust auf dem Land
zu wohnen, brauche meinen Garten, meine
Pflanzen und liebe Tiere und Kinder, entdecke
wie es mir wieder Spaß macht, Sachen einzukochen, Gartenkenntnisse aufzufrischen
und zu erweitern und stelle fest, wie viel Arbeit allein schon ein Schrebergarten macht.
Auch hoffe ich immer noch, irgendwann ein
schönes Dorf mit einer guten Gemeinschaft zu
entdecken, ein kleines Haus alleine zu haben
oder mit Leuten eine Gemeinschaft aufzubauen.
Dann aber mit Leuten, die nicht nur blauäugig
träumen und billig bio wollen, sondern wirklich
wissen, was Realität ist und wie viel Geld, Zeit
und Kraft gut praktizierter Bioanbau kostet.
Moni Jahme
Die Charta in Kommentaren
Die Fortsetzung von Kapitel 3 – Vision und Werte
An der Liebe …
Oft scheinen wir als Christen meilenweit davon entfernt zu sein, an der Liebe
untereinander erkannt zu werden. Da
dies aber Jesus´ Sehnsucht ist, werden
wir uns weiterhin mit aller Kraft danach
ausstrecken, damit er groß gemacht wird.
Wir als Jesus Freaks verstehen uns
als Teil der weltweiten Gemeinde von
Jesus. Wir haben viel zu geben und
vieles, was andere haben, brauchen
wir dringend. Als Teile seines Leibes
sind wir aufeinander angewiesen.
Jetzt, wo ich in einer evangelisch-lutherischen Landeskirche arbeite, weiß ich umso
mehr, wen die Jesus Freaks ansprechen
(und wen nur sie!). Die Jesus Freaks muss
es mindestens in Deutschland geben!
kreativ und Innovativ
Wir wollen dazu ermutigen, Neues
auszuprobieren und Kreativität in
allen Lebensbereichen zu leben.
Dazu wollen wir Freiräume schaffen,
Experimentierfelder bereitstellen und
uns Zeit für Wachstum und Lernprozesse
einräumen. Dabei wollen wir von der
Andersartigkeit der Anderen lernen. Das
verursacht anfangs manchmal Probleme
und Missverständnisse, setzt aber immer
wieder ungeahnte neue Möglichkeiten
frei und schafft geniales Wachstum.
Fehler gehören dazu und sind in jedem
Lernprozess ganz natürlich. Deswegen
wollen wir lernen, mit Fehlern transparent und konstruktiv umzugehen.
In der Jesus-Freaks-Geschichte gab es immer wieder Fehler, die zu Verletzungen wurden.
Manche gehen auf Abstand zur Bewegung oder
werden passiv. Mit seinen Verletzungen darf jeder
umgehen wie er will! Aber wie ginge es noch?
Unsere Charta gibt uns hier und unter „Familie, Gang, Bewegung“ eine gute Botschaft mit.
hot and spicy
Wir wollen Feuer (hot) sein,
Leidenschaft für Jesus haben und
Salz (spicy) in dieser Welt sein.
Wir wollen durch unser Leben
Hinweis auf Jesus sein, mal provokant,
mal leise, aber immer radikal in
Gott gegründet und authentisch.
Einige der provokanten Geschichten kenne ich ja schon, die leisen würden mich noch
mehr interessieren. Wie sind unsere Gemeinden oder wir selbst Hinweis auf Jesus?
Wir sehen uns von Gott in unsere gesellschaftlichen Bezüge (Szenen, Umfelder, Kulturen) gestellt, um die Menschen dort mit dem auferstandenen
Jesus bekannt zu machen. Wir wollen
diese Welt aktiv mitgestalten, voneinander und von anderen lernen, protestieren wo nötig und helfen wo möglich.
Als Jesus Freaks wollen wir so leben, wie
Jesus es vorgelebt hat, zu den Menschen
hingehen und für sie da sein, ungeachtet
ihrer gesellschaftlichen Hintergründe.
Wir wollen für Menschen aller (Sub-)Kulturen gleichermaßen offen sein, weil alle
Menschen von Gott gleich geliebt werden.
Weil viele Menschen in unserer Gesellschaft aber besonders benachteiligt
werden, glauben wir, dass Jesus sich
im besonderen Maße genau diesen an
den Rand Gedrängten und sozial Ausgegrenzten zugewandt hat. Dem Vorbild
Jesu folgend, wollen wir besonders mit
diesen benachteiligten Menschen leben,
für sie da sein und für sie eintreten.
Seien wir mal ehrlich, einen Einsatz im Überschwemmungsgebiet zu machen ist geil. Was
ich da den „an den Rand Gedrängten“ geholfen
habe – das kickt! Aber wenn so ein schwieriger
Typ über Jahre jeden Freitag zu meinem netten
Freak-Gottesdienst kommt und einfach nervt,
wird es mir irgendwann zu unangenehm – und ich
wechsle auch mal die Gemeinde oder strafe
den Typ mit Nichtbeachtung. Das kann nicht
angehen! Wir brauchen einen Lebensstil, der
sich Benachteiligten immer zuwendet und
nicht nur eine „Einsatzmentalität“ pflegt.
„Jesus sagte nicht, dass es einfach werden
würde, er sagte nur, es würde sich lohnen.“
Fabian Backhaus (26) ist seit 14 Jahren in der
Bewegung, arbeitet zur Zeit in der evangelischlutherischen Epiphanaiskirche in Bremen und
lebt dort als Jesus Freak.
Charta
17
Hellhörig
G
ottes Wegen mit
Der Glaube
der Welt beginnen
kommt
immer menschlich. Das ist klar. Und Gottes Wege mit einem
Menschen beginnen immer über das Hören. So geht Schöpfung:
vom Hören
Gott spricht – es geschieht. Wirklichkeit wird gestaltet, durch hörbares
Reden. So geht Glauben. Immer wieder der Imperativ: Höre! Nicht zuletzt im
großen Schema. Höre, Israel – der Herr ist dein Gott. Auch das ist ein Schöpfungsakt Gottes. Er spricht sich selbst als Gott über sein Volk aus. Und wird es. Höre! Ins
Hören sind die großen Gestalten der Bibel geraten. Adam, Abraham, Jakob, David, Salomo,
die Propheten, Maria, Johannes der Täufer, Jesus selbst in der Taufe, die Apostel, Johannes der
Seher aus der Apokalypse – um eine Auswahl zu nennen. Ins Detail gehen möchte ich bei Paulus.
Zu dem Zeitpunkt, an dem ich einsteigen will, heißt er noch Saulus von Tarsus. Ein eifriger, gebildeter
und religiöser Mann. Er wusste, wie es geht, kannte sich aus und machte daraus auch keinen Hehl. Wir alle
kennen solche Menschen. Sie sind so sicher in ihren Meinungen. So eindeutig, so fest. Meist tut man sich
nicht so ganz leicht mit ihnen … Dem Saulus geschieht etwas Merkwürdiges auf einer seiner Dienstreisen. Er
wird angesprochen. Er hört etwas. Und dieses Hören hat solche Kraft, dass es sein bisheriges Dasein umkehrt. Die
Bekehrung des Paulus macht ihn neu. Das ist nicht mehr der Alte. Ein Bekehrter. Und das nur, weil er etwas hörte.
Es gibt in dieser Lebenswende des Paulus drei feine, fast zärtliche Hinweise, die davon sprechen, was an geheimnisvollen dort vor Damaskus mit Saulus von Tarsus passiert ist – und was im Geheimnis des Hörens liegt. Drei zurückhaltende, unspektakuläre Geschehnisse – einer von Gott her kommenden Bekehrung. Ein Neuanfang durch das Hören!
Das Erste. In allen Dingen geht das Hören vor dem Sehen. Hören ist unmittelbar. Hören kann man nicht verhindern. Der feinste Sinn ist das Gehör. Das sensibelste Organ das Ohr. Hören ist das erste, was ein Mensch tut. Wer auf
die Welt kommt, kennt längst die Stimme der Mutter aus dem Bauch. Hören ist auch das letzte, was ein Mensch tut.
Wer im Sterben liegt, hört immer noch, was um ihn herum passiert. Bis zum letzten Atemzug. Hören ist die zentrale
Verbindung zur Welt. Nach Außen. Das Ohr orientiert, warnt, behütet die Menschen. Das Hören veranlasst, dass
sich bei besonderen Melodien der Musik Erinnerungen, Emotionen, ja Tränen den Weg in den Augenblick bahnen. Gänsehaut. Schauer im Nacken. Das Hören ist der innigste Zugang zur Wirklichkeit – der unmittelbarste.
Ein Hinweis auf dieses Lebensgeheimnis gibt auch das weitere Geschick des Paulus. Er sieht nichts. Gar
nichts. Er hört eine Stimme, die ihm eine Frage stellt. Eine Frage, die ihn bis ins Mark trifft. Nicht, weil er
überhaupt eine Stimme hörte. Das Hören weckt das Leben aus der Narkose. Paulus hat das am eigenen Leib
erfahren und weiß das. So kann er später nach Rom in die Gemeinde schreiben: „Der Glaube kommt aus
dem Hören.“ (Römer 10,17). Nicht das Schauen, nicht das Sehen ist das Entscheidende. Nein, selig die, die
dem Gehörten glauben (Johannes 20,29b). Bevor die Menschen der Bibel die Erfüllungen der von Gott
gemachten Zusagen sehen konnten, glaubten sie dem Wort, das Gott gesagt und das sie gehört hatten.
Das Hören kommt vor dem Sehen. Vermutlich auch deshalb, weil Bilder zu sehr gefangen nehmen.
Bilder sind mächtig, oft übermächtig – zwei brennende Wolkenkratzer im September 2001. Welche
Gewalt haben Bilder, welch einschüchternde Brutalität. Das Sehen ist der Gehilfe des Hörens. Aber der
aufdringlichere. Das Sehen ist die Hülle – das Hören nimmt das Innere wahr. Also, das Hören kommt
vor dem Sehen. Und Bekehrung kommt vom Hören her. Sichtbare Wunder bekehren niemanden
nachhaltig. Sie verwundern, lassen staunen – ehren und fürchten. Aber bekehren tun sie nicht.
Das Zweite. Ein weiteres, feines Geheimnis, das mit dem Hören zu tun hat: Die Erfahrung kommt
vor der Erkenntnis. Saulus hört. Er sieht nichts, aber er hört. Hört eine Frage. Da ist zwar ein Licht,
aber kein Mund. Eine Frage, aber kein sichtbarer Fragesteller. Und diese Frage, so kurz wie sie ist,
so unerbittlich ist sie. Saulus vergräbt es die Seele in dieser Frage: „Saul, Saul warum verfolgst du
mich?“ Die Frage erschüttert ihn bis ins Innerste! Saulus von Tarsus ein begnadeter Bibelkenner.
Und nun diese Frage. Da liegt Saulus im Dreck vor der Stadt Damaskus und hört diese Frage und
es dreht ihm das ganze Leben um. Er hört diese kurze und unerbittliche Frage und in ihm entsteht ein inneres Bild, das er auch aus einem biblischen Text kennt. Das macht das Hören. Es
gibt kein Bild vor, es erweckt Bilder. Und in diesem Bild, das Saulus nun sieht, liegt auch
einer am Boden, im Schmutz – herrlich gekleidet zwar, wehrhaft für den Kampf gerüstet, aber am Boden. Er schläft. Seine Leute sind um ihn herum, um ihn zu bewachen. Saulus von Tarsus kennt diese Geschichte aus seiner Bibel sehr gut.
Und dieser jemand, der am Boden liegt wird geweckt und bemerkt,
dass er nur knapp einem Anschlag entkommen ist. Ein
Anschlag auf Leben und Tod. Die Person, die da
liegt ist ein anderer Saulus.
18
Theologie
Ist
König Saul. König Saul
schnaubte und wütete gegen den jungen
David und trachtete ihm nach dem Leben. Und David
konnte zweimal nachts so nahe an Saul, seinen König, herankommen, um ihn zu töten. Zweimal. Doch beide Male sagt er für
sich, Wer bin ich, dass ich meine Hand gegen den „Gesalbten (auf hebräisch
‚Messias’) des Herrn“ erhebe? Zweimal. Und beide Male erkennt König Saul, dass
er nur knapp dem Tode entgangen ist. Der junge David, der von Gott zum Nachfolger
Sauls als König ausersehen war, fragt in diesem Geschehen seinen König Saul: „Saul, Saul
– warum verfolgst du mich?“ (1.Samuel 26,18) Das gehörte Wort rief in Saulus die entscheidende Erfahrung hervor. Eine Erfahrung, die man machen muss, die man nicht wissen kann …
Saulus war Saul. Saulus vor Damaskus war König Saul in der Wut gegen David. Und David war der
Gesalbte. Das war zu viel für ihn. „Wer bist du?“ zitterte seine Stimme zurück. „Ich bin Jesus, den du
verfolgst.“ Ich bin Jesus. Saulus erkannte, dass er die Hand gegen den Gesalbten Gottes erhoben hatte.
Welch erschütternde Erfahrung muss das gewesen sein. Er war Saul. König Saul, der Verworfene. König Saul,
der Untreue. Saul, der Verfolger des Gesalbten Gottes. Eine Erfahrung, die den neuen Saul zu Boden reißt …
Paulus war schon in seinen Jahren als Saulus reich an biblischer Erkenntnis. Er mochte wohl viel wissen über
die Geschichte seines Volkes. Die Zusammenhänge familiärer, religiöser und politischer Wichtigkeiten. Aber die
Gegenwart Gottes auf diese Art und Weise zu erfahren, das war neu für ihn. Das Hören kommt vor dem Sehen.
Erkenntnis auch wenn sie noch so klug ist aber – so sagt Paulus später selbst, ist immer Stückwerk. Und ohne die
Liebe sowieso wertlos. „Hätte ich alle Erkenntnis … aber die Liebe nicht, ich wäre ein Nichts.“ (1. Korinther 13,2)
Bekehrung braucht Erfahrung. So bin ich und so ist Gott. Das bin ich und das ist Gott. So simpel wie umfassend.
Die Erfahrung, die durch keine noch so kluge kognitive Erkenntnis erfasst werden kann. Und Paulus macht diese
Erfahrung vor Damaskus.
Ein Drittes: Liebe kommt ohne die Angst aus. Nun war Paulus viel im Blick. Der blinde, drei Tage lang verstörte Mann
sei nun mal kurz seiner Blindheit und seiner Erschütterung überlassen. In der Erzählung aus der Apostelgeschichte
um die Bekehrung des Paulus ist nämlich noch von einem Christen die Rede: Hananias. Ein Mann, der sich zu Jesus
bekannte und der ordentlich Respekt vor den Verfolgern hatte. Und da hört man wiederum von einem Reden. Kein
Sehen. Ein Ansprechen Gottes an Hananias: „Geh zu Saulus von Tarsus. In der Geraden Straße ist er, im Haus eines
Judas. Saulus betet. Er weiß, dass du kommen wirst – geh nur!“ Und Hananias fürchtet sich. Klar. „Äh, Herr, weißt
du nicht …? Ähm, ich habe schlimme Dinge von diesem Saulus gehört …“ Er zögert. Aber Hananias geht und
begegnet seinem Gegner. Er findet einen blinden – also nur hörenden Saulus. Er findet einen Saulus, der um
die entscheidende Erfahrung reicher, aber ohne jede klare Erkenntnis ist über das, was er gerade erlebt.
Hananias geht hinein, legt Saulus die Hände auf und betet für ihn. Er spricht davon, dass Jesus ihn
sandte, dass er nun sehen kann und dass er einen neuen Sinn in der Beziehung zu Gott finden wird.
Diese kurze Episode über die Begegnung zwischen Saulus und Hananias deutet das aus, was die
Anrede Jesu an Saulus bereits zeigte. Nämlich wie sehr Gott ein liebender Gott ist. Wie sehr Gott
Menschen dazu befähigt, zu lieben. Wie Gott sich das Leben eines bekehrten Menschen denkt.
Über diese Liebe schreibt Bernhard von Clairvaux:
„Die Liebe schenkt dir die Möglichkeit, über die unbefriedigende Erkenntnis, die die Menschen lehren, hinaus durch sich selbst zu Gott vorzustoßen. Das Wort Gottes ständig zu
umarmen und das Wort Gottes ohne Angst – also Gott selbst furchtlos über alles zu befragen. Und je mehr dein Leben davon zu fassen vermag, desto größer wird deine Sehnsucht.“
Angst kann vergehen, Ehrfurcht bleibt. Denn sie liebt. Liebe zu Gott und zu den Menschen zu haben, das ist die Frucht einer glaubhaften, einer glaubwürdigen Bekehrung, die aus dem Hören kommt. Hananias geht hinein zum Feind Saulus,
nähert sich ihm. Und dann kommt Saulus zum Sehen. Das ist Bekehrung: Die Liebe derer, die zu Jesus gehören, bekehrt ihn. Diese Liebe
macht das Maß voll. Das muss eine andere Art von Leben sein.
Eine Art zu glauben, die keine Furcht mehr kennt. Eine Art
zu glauben, die liebt, ohne Vorbehalt. Denn man hört von
Hananias kein Wort des Vorwurfes. Kein Misstrauen.
Keinen Zorn … Die Liebe treibt die Angst aus.
Dr. Norbert Roth ist Pfarrer an der
St. Matthäus Kirche in München.
Theologie
19
Austreibende Kartoffel.
Kübel mit Kartoffel und Erde.
Kübel auf Standortsuche.
Gärtnern auf Balkonien
Ratgeber: Die dicksten Kartoffeln für alle
U
m erst mal mit einigen Vorurteilen aufzuräumen: Nein, Gärtnern ist keine Wissenschaft. Der
Aufbau eines Komposthaufens setzt kein
Biologiestudium voraus. Und ja, jeder kann
gärtnern, wenn er Interesse daran hat.
Zum Gärtnern brauchst du nämlich keinen
mindestens heaktargroßen Garten mit Teich,
Gewächshaus und Pergola, sondern eine Fläche
mit Erde, die sich auf deiner Fensterbank, dem
Balkon oder hinterm Supermarkt befinden kann.
Bevor ich meinen Garten bekommen habe, der
etwa 500 Quadratmeter groß ist und bei Übernahme mit Brennnesseln, Brombeeren sowie einer
Glyzinie total verwuchert war, habe ich mehrere
Jahre die Töpfe und Kästen vor und hinter der
Fensterscheibe begrünt. Es gibt fast nichts, was
man nicht auch im zweiten Stock anpflanzen
könnte, sogar dem
em Obst- und Gemüseanbau
steht kaum etwas
as im Weg, außer vielleicht
Kürbis und Mais.
s. Mais braucht doch recht
enn der Kürbis eines Tages
viel Platz und wenn
zu schwer wird und den Fensterkasten mit
sich in die Tiefe reißt, muss man mit einer
Anzeige wegen Körperverletzung rechnen.
20
Ratgeber
R
atgeber
Ich habe im vorletzten Jahr aus einem Fensterkasten 800 Gramm Kartoffeln geerntet und
eine nicht gewogene Menge Erdbeeren. Letztes
Jahr waren es im Beet 13 Kilo und dieses Jahr
habe ich extra für dich ein Kartoffelexperiment
angefangen, das ich dir nun vorstellen möchte.
Leider ist es für die Fensterbank nicht besonders geeignet, aber wenn du einen Balkon
hast, den gelegentlich ein Sonnenstrahl trifft
oder eine Terrasse mitbenutzen darfst, ist der
Kartoffelkübel genau das richtige für dich. Du
musst damit nicht mal bis zum nächsten Frühjahr warten, sondern kannst sofort anfangen.
Du brauchst dazu eine austreibende Kartoffel, Erde, Abdeckmaterial wie Stroh, Strauchschnitt oder Zeitungspapier, einen Kübel
mit Loch unten und drei Backsteine o.ä.
Überlege dir vorher gut, wo du deine Kartoffelzucht anfangen willst. Mit der Zeit wird
der Kübel zu schwer,
sch
um ihn umzusetzen.
Wenn du dir ü
über den Standort schlüssig geworden bis
bist, stelle den Kübel auf die
drei Steine, dam
damit das Wasser abfließen
kann, denn du willst
w
ja keinen Teich aufmachen. Kartoffeln vertragen keine Staunässe.
Dann füllst du eine Erdschicht von ungefähr
Di
fünf Zentimeterr Dicke
ein und legst die Kartoffel
Frisches Kartoffelpflänzchen.
erstes Häufeln
Fertiger Kübel mit Gitter als
Schutz vor buddelnden Tieren.
in die Mitte. Darüber gibst
du noch etwas Erde und
das Abdeckmaterial, um die
Verdunstung einzugrenzen.
Diese Schicht muss luft- und
lichtdurchlässig sein.
Nach ungefähr drei bis vier
Wochen wird ein kleines
Pflänzchen durch die Erde
stoßen. Schütze es unbedingt vor Frost! Wenn es ein
paar Zentimeter hoch gewachsen ist, beginnt das Häufeln. Fülle dazu Erde in den
Kübel, sodass das Pflänzchen
wieder bis zu den Blättern
unter der Erde liegt. Das
wiederholst du immer wieder,
bis der Kübel voll Erde ist.
SSollte nach vier
Wochen
Wo
ochen kein
Grün
Die Ernte vom letzten Jahr: 800 g
aus vier Kartoffeln im Fensterkasten.
gekommen sein, grabe
die Kartoffel vorsichtig aus. Wenn sich da
nichts getan hat, nimm
eine andere und versuche
es noch einmal. Verschiedene Faktoren können
das Wachstum verhindert haben.
Warum muss es so ein großer Kübel
sein? Und warum bekommt das Kartöffelchen zuerst so wenig Erde und wird dann
fast damit zugekippt? Und warum legt
man es nicht direkt in so viel Erde rein?
Das hat ganz einfache Gründe. Wenn die
Kartoffel zu tief liegt, wächst sie nicht; sie
ist ja kein Maulwurf. Je mehr Erde sich aber
zwischen Kartoffel und Erdoberfläche befindet, desto mehr Frucht bringt eine Knolle.
Da muss man dann ein bisschen nachhelfen.
Das Häufeln
Häufel ist übrigens ein ganz normaler
Vorgang, auf
au dem Feld wird das auch gemacht.
1. - 4. Häufeln
erste Erde
Julia Pfläging
Weitere Gartentipps
Ga
und Geschichten in der Rubrik
Hei+Mat: http://die-beste-juppi.blogspot.com
Hei+Mat
interessantes Betätigungsfeld für
Ein weiteres
we
Daumen ist Guerilla-Gardening:
den grünen
g
www.gruenewelle.org
www
Ratgeber
R
atgeber
21
I ch
habe
einen
Traum
Ein Hof in Friesland
Ein Schulungszentrum für Landchristen
Ei
D
as erste Mal,
dass ich
von dieser
Idee hörte, war auf einem Sofa bei den Bremer
Freaks. Es war Rainers Idee. Sie kam mir total
utopisch vor. Gut, aber nicht realisierbar. Viel zu
groß und alleine unmöglich. Immer wieder sprach
er davon – und irgendwann hatte sie sich fest in
meinem Hinterkopf vergraben. Nur um ein paar
Monate später wieder zum Vorschein zu kommen.
Schon ziemlich früh nach meiner Bekehrung
war mir klar, dass ich ins Ausland gehen würde.
Von dieser groben Zielrichtung ausgehend bin
ich mittlerweile bei Südafrika als Ziel gelandet.
Es war kurz nach Willo 2010 als ich mir wieder einmal die Zeit nahm, um zusammen mit
Gott und mir über meine Bestimmung auf
dieser Erde zu reden und nun endlich auch zu
planen: Menschen mit meinen Fähigkeiten,
Erfahrungen und Begabungen zu helfen, ihre
Bestimmung zu finden und sie zu leben – das
sollte von da an der Motor meines Lebens sein.
Ein Puzzleteil im Kopf
das andere vor der Nase
In dieser Zeit meldete sich Rainers Idee aus
dem Hinterkopf wieder zu Wort. Eine Idee, die
zu mir sprach, sie sei der nächste Schritt. Eine
Idee, die an sich schon seit 1992 existiert: Auf
dem Land – genauer gesagt in Friesland – soll ein
Bauernhof zu einem Schulungszentrum umgebaut
werden. Auf diesem Bauernhof können durch
Seminare Gemeinden, aber auch Einzelpersonen
in ihren Fähigkeiten geschult und unterstützt
werden. Um als Landchrist in den Geschmack
guter Seminare zu kommen, bedarf es in dieser
Region meistens schon längerer Fahrten nach
Oldenburg, Bremen oder Hamburg. Der Hof verkürzt also Wege und bringt Landleute zusammen.
22
Was hatte ich damals gedacht? Gut, aber nicht
realisierbar. Viel zu groß und alleine unmöglich. Zu zweit? Immer noch zu groß – aber nicht
mehr so groß und mit Gott definitiv machbar.
Ich hatte erkannt, dass mein eigener Traum mit
dem von Rainer zusammen zu hängen scheint.
Eine Predigt von Gert Dolk aus den Niederlanden
erinnerte mich daran, dass es gut ist, Ideen, die
man hat, erst im eigenen Kulurkreis umzusetzen, bevor man sich in ein anderes Land wagt.
Rainer und ich taten uns also zusammen.
Sein Traum wurde zu meinem und meiner zu
seinem. Der Traum wurde mit der Zeit vielschichtiger. Neben dem Schulungszentrum,
sollen auch eine Gemeinde und eine Lebensgemeinschaft auf dem Hof eingebettet werden.
Im Laufe des letzten Jahres entstand nach und
nach die Philosophie von aquila equip – der Gesellschaft hinter dem Schulungshof. Angelehnt an
Priszilla und Aquila, die in der Apostelgeschichte
unterstützend, lehrend und fördernd aktiv waren,
wollen wir Christen helfen, das Potenzial, dass
Gott in sie hineingelegt hat, komplett auszuschöpfen, ihren Weg mit Gott zu finden und zu gehen.
Wir wollen gezielt aufs Land, gezielt in eine
ruhige Umgebung. Dahin, wo man Lernen und
Urlaub verbinden kann. Dahin, wo die Wege
ein wenig weiter, dafür umso schöner sind.
Rainer Mick (45) und Mörßl Henning (25) bilden
das Team hinter aquila equip. Als
Sicherheitsdienst, Systementwickler,
Jünger
Jesu
und
Kinder
Gottes verfolgen sie ihren
Traum.
Standhaft bleiben in der Flut
Gebet: Wie wir im globalen Dorf beten
M
anchmal höre ich, dass die Welt
echt klein geworden ist. Vermutlich ist damit gemeint, dass kein
Ort auf der Welt mehr als 48 Stunden entfernt
ist. Ich bin schneller per Flugzeug in London
als mit dem Zug in München. Facebook tut ein
Übriges, dass die Welt zusammenwächst. Ich habe
einen Freund in Australien, mehrere in U, S und
A, einen in Südamerika und mehrere in Asien. Na
gut, ob es wirklich Freunde sind, ist eine ganz
andere Frage, aber die zusammenwachsende Welt
definiert auch unsere Beziehungen. Und Freundschaft ist 2011 nicht mehr das Gleiche wie 1984.
Obwohl mir das alles bewusst ist, möchte ich der
Aussage aufs Schärfste widersprechen. Die Welt ist
mitnichten klein geworden; sie ist riesig geworden
– ein aufgeblähtes, überdimensionales Gebilde, das
ich nicht mehr fassen kann und das mir auch nur
bedingt gut tut. Es ist nicht entscheidend, was
mit „der Welt“ ist; meine (ehemals) kleine Welt
ist das, was für mich zählt. Hier bin ich zuhause.
Diese Welt war früher recht klein. Sie hatte
überschaubare Probleme, und es gab ebenso
überschaubare Fortschritte. Wenn ich für meine
Freunde (nach alter Definition) betete, dann waren das nicht die 1246 Leute, die auf meiner
Facebook-Freundesliste auftauchen.
Auch nicht meine 432 Kontakte
bei Myspace und weiß-der-Geier-wo-ich-noch-überall-bin. Es
waren echte Menschen, zu denen ich echte Beziehungen hatte.
Heute weiß ich oft gar nicht mehr,
für wen ich alles beten soll. Alle Statusmeldungen und Mails sind gleich laut,
und es ist schwer, kein schlechtes
Gewissen zu haben, dass man die
meisten
Gebetsanliegen nicht
durchbetet. Diese
große Welt dehnt
sich auf alle Aspekte
dess (geistlichen)
Lebens aus. Die
anderen Remscheider Pastoren kenne
ich kaum, aber es
gibt mindestens
drei Amerikaner,
deren Predigten ich
regelmäßig höre
und die in mein Leben sprechen, ohne dass wir je
ein Wort oder eine Zeile miteinander gewechselt
haben. Als meine Welt noch ein Dorf war, konnte man leicht zu Meinungen kommen, heute ist
alles so komplex, dass ich zu jeder möglichen
Meinung ein Gegenbeispiel irgendwo auf dem
Globus kenne. Das macht es mir oft schwer, etwas
zu vertreten, das ich selbst glaube und denke.
Wenn jemand sagt, die Welt wäre ein Dorf,
dann irrt er. Sie ist eine Stadt, mehr noch, eine
Metropole, in der die Sonne nie untergeht und
deren Pluralismus alles relativiert. Um ehrlich
zu sein, ich mag die Metropole, sehne mich aber
gleichzeitig nach dem Dorf zurück, aus dem wir
alle kommen. Um überhaupt noch Gott hören
zu können, muss man heute ein gerütteltes und
geschütteltes Maß an Medienkompetenz mitbringen. Man muss lernen, sich zurückzuziehen,
zu fokussieren und das allermeiste auszublenden. Geistlich bietet die neue Welt sicherlich
Chancen, aber auch Gefahren. Die größten
Herausforderungen für das Leben mit Gott
lauten 2011 Social Networks, Informationsflut
und Internetpornographie. Mit allen drei kann
man umgehen, aber wer hat das schon gelernt?
Das größte Problem daran, dass unsere Welt
vom Dorf zur Metropole geworden ist, ist wohl,
dass es so schnell ging. Man kann nicht langsam vom Dorf in die Stadt ziehen, das ist ein
Schwarz-Weiß-Erlebnis. Niemand hat uns darauf vorbereitet. Wir stehen vor der gewaltigen
Herausforderung, eine Spiritualität in der (post-)
modernen Welt entdecken zu müssen. Alte
Strategien versagen oft, weil keine Generation
vor der unseren sich je einer Gesellschaft wie der
unseren gegenüber sah. Am ehesten mag noch
der Vergleich mit dem antiken Griechenland
passen, in dem sich die Philosophie als Reaktion
auf den weltanschaulichen Pluralismus entwickelte, der an die Mittelmeerküsten brandete.
Viele Meinungen und konkurrierende Lebensentwürfe wirken sich immer auf bestehende Denkmuster und geistliche Gewohnheiten aus. Eine der
wichtigsten Lehren, die wir daraus ziehen müssen,
ist das zu schützen, was kostbar ist, und nicht,
alte Zeiten zurückzusehnen. Unsere Zeit mit
Gott muss geschützt werden gegen eine Flut von
Meinungen, Bildern, Nachrichten, Ängsten und
Hoffnungen, die ständig auf uns niederprasseln.
Storch lebt als Pastor, Autor, Prediger, Musiker und
Jesus Freak nah am Harkortsee.
www.pastor-storch.de
Gebet
23
Gem
einde
bau
per A
bo
Wie D
er Kra
nke B
Hausk
ote be
reisgr
i der
ü
ndung
mitha
in Jen
lf
a
Thomas & Anja Koch wohnen
mit vier Kindern
Kindern in Jena
Für uns begann alles damit, dass Anja
A und Miriam
riiam sc
schon
chon seit längerem den Wunsch verspürten
verspürten,
einen kleinen Hauskreis bei uns zu gründen. So
richtig konnten wir aber keinen Anfang finden.
Als ich dann letzten Sommer mit den Kindern
zum Freakstock fuhr, wurde mir bewusst, dass
wir ja eigentlich den Kranken Boten noch gar
nicht abonniert hatten. Also, Mail an den DKB
„Ich möchte eine Abo haben“. Darauf antwortet
die Julia Pfläging, dass die Abos in Jena stetig
zunehmen und wir in Jena doch langsam mal ein
Sammelabo bestellen könnten, das würde sich
mittlerweile schon lohnen. Ich bekam das totale
Flattern: „Was, hier in Jena gibt es Jesus Freaks?“
Ich habe sofort James und Sabine angerufen. Die
beiden hatten vor einigen Jahren schon eine
Freak-Gruppe in Jena geleitet, die sich aber inzwischen
aufgelöst hatte. Ich schickte
dann Julia ihre und unsere
Kontaktdaten mit der Bitte,
sie doch den anderen Jenaer
Abonnenten zukommen zu
lassen. Nach einer Weile rief
uns Max an und sagte uns,
dass sein Gebetsanliegen
auf dem letzten Freakstock
war, dass Gott in Jena eine
Freak-Gruppe aufmacht.
24
Max
M
ax (st
(studiert
tu
in Jena)
Im Herb
Herbst
bs vorletzten Jahres zog ich zum
Studieren
nn
nach Jena. Ich komme ursprünglich
aus Magd
deb
Magdeburg
und war dort eine kurze Zeit bei
den Freak
ks. Ich hatte nach einer Freak-Gruppe
Freaks.
in Jena gesucht,
geesu
aber die bestehende Gruppe
hatte ssich
ch
h zu dieser Zeit schon aufgelöst. Zusammen mit eeinem Freund entstand die Idee selber
einen Hau
Hauskreis zu machen. Auf einen Aushang
an der Un
Uni meldete sich Torsten. Im Hauskreis
sollte es auch um politische Themen gehen, die
uns bewegten und wie wir das aus dem Glauben
heraus wahrnehmen und verbinden. Nach zwei
Semestern nahmen unsere Treffen ab. Durch
die sehr unterschiedlichen Vorstellungen vom
Glauben fehlte uns die gemeinsame Grundlage
und es entwickelte sich auseinander. Nach dem
Freakstock im Sommer kam die Mail von Julia
Pfläging von der Abo-Verwaltung, dass es da noch
andere Leute in Jena gäbe und wie es wäre, wenn
wir uns mal untereinander kennen lernen würden.
Und so trafen sich die KB-Abonnenten im Café
Central in Jena zum Beschnuppern und beschlossen Jesus-Freaks-mäßig was in Jena zu starten.
Miriam (macht Abitur in Jena)
Die Rede von einer Neugründung einer JesussFreak-Gruppe stand nun im Raum. Im
Oktober war unser erstes Treffen. Seitdem
treffen wir uns jeden zweiten Mittwochabend bei Anja und Thomas. Unser Abend
beginnt mit gemeinsamen Kochen und
Essen. Anschließend lobpreisen wir den
Herrn, der uns so krass zusammengeführt
hat. Dann kommt der thematische Teil des
Abends, der immer wieder anders ist. Wir
sind zur Zeit eine Truppe von etwa 13 Personen und wir haben echten Spaß – es lohnt
sich, mal bei uns in Jena vorbei zu schauen!
Julia Pfläging (war noch nie in Jena)
Thomas & Anja Koch
Es kam noch die Mail von Julia, dass Simon
von den JF Zeitz nach Jena gezogen ist. Ich
hatte so das Gefühl, dass Jesus seine Schäfchen
in Jena zusammenführt. Bei unserem ersten
Treffen waren wir noch zu sechst. Dann kamen
auch Simon von den Zeitzer Freaks, Eif und
Clemens, Torsten und Viki, die auch irgendwie erfahren hatte, dass hier was losgeht.
Kontakt: [[email protected]]
Seit Anfang 2009 erledige ich die Aboverwaltung für den Kranken Boten. Die meisten Leser
werden schon die eine oder andere Mail mit mir
getauscht haben, um die Heftmenge des Abos zu
ändern oder ihre neue Adresse bekannt zu geben.
Ich hätte nie gedacht, dass ich eines Tages an der
Gründung der Jesus Freaks Jena beteiligt sein
könnte – vor allem, weil ich ganz woanders wohne.
Denn eigentlich habe ich ja nur festgestellt, dass
mehrere Abonnenten aus einer Stadt kommen
und mit der Frage nach dem Sammelabo ein bisschen Staub aufgewirbelt. Früher dachte ich immer,
Gemeindebau wäre eine nervenaufreibende
Angelegenheit, die viel Zeit in Anspruch nimmt.
Neuerdings denke ich anders darüber! Gemeindebau ist ganz einfach, es gilt lediglich zwischen
Menschen zu vermitteln und zu vernetzen.
25
Hilfsbereite Paten
Die Region Sachsen stellt sich vor
I
n Sachsen sowie Sachsen-Anhalt gibt es
momentan 12 Jesus-Freaks-Gemeinden
bzw. Gruppen und eine, die am Entstehen ist. Eine Gemeinde ist 2010 wegen Wegzug
aufgelöst worden. Die Gruppe in Magdeburg
gehört mittlerweile auf eigenen Wunsch zur
Region. Die „strukturschwache“ Region Nahost
haben wir adoptiert, so dass die Berliner nun
auch zu unseren Treffen eingeladen sind. Wir
haben eine Teenie-Gemeinde in Löbau und eine
überwiegend von Familien geprägte Gemeinde
in Chemnitz. Die anderen Gemeinden sind ca. 10
bis 30 Leute stark und befinden sich altersmäßig
in den Zwanzigern. Der Nachwuchs fehlt zum
Teil. Und wir sind herausgefordert junge Familien, die entst
li
entste
entstehen mehr und mehr zu integrieauch
ren. Ja, au
uch Jesus Freaks werden älter!
Jahr der Lehre war 2010 unser
Das JJa
Regio-Motto,
weil wir uns mehr
Reg
ggio
geistliches Wachstum durch guten
ggei
Input wünschen. Das haben wir
In
durch Seminare mit Gastsprechern und einer Predigertour in
Sachsen versucht zu erreichen. Es
fruchtete zwar überwiegend nur
punktuell, aber dafür intensiv.
2010 hatten wir zwei Regiotreffen, die die Gruppen vor Ort
tr
immer
im
m selbständig organisieren
und deren Ort immer wechselt. Ein Wochenend-Seelsorgeseminar wurde angeboten,
um die Gemeindeseelsorger zu stärken. Eine
Kurzbibelschule, unser so genanntes Wintertraining, hat sich langsam etabliert und wurde
mit wenig Teilnehmern, aber sehr gutem Bibelstudium durch Dierk Müller eine super Zeit.
Wir wollen mehr unsere Gemeindeleiter in der
Region fördern bzw. segnen und haben ein LeiterVerwöhn-Wochenende angeboten, was ein voller
Erfolg war. Kristian Reschke lehrte und machte
Lobpreis für uns! Das werden wir definitiv weiter
anbieten, um eine Auszeit zu bieten, neue Kraft
zum Auftanken und einfach mal Gemeinschaft haben und um wegzukommen von den Orga-Treffen.
26
Magdeburg
Wittenberg
Halle
SACHSEN
Jena
Görlitz
Löbau
Leipzig
Burgstädt
Zwickau
Dresden
Chemnitz
Geyer
Schwarzenberg
Was uns sehr freut ist das Engagement der
Jesus Freaks aus unserer Region beim Freakstock, z.B. Teezelt und OpenStage. Eine absolute
Bereicherung für uns als Region ist, dass wir
Madlen in der Region über JFI e.V. anstellen
konnten und dadurch eine kontinuierliche Arbeit
gewährleistet ist. Madlen ist seit Oktober 2009
in der Regioleitung. Wir als Regioleiter haben
seit letztem Jahr Dierk Müller aus Dresden als
Mentor und werden von Paten, zur Zeit leider
nur einer, die sich um einzelne Gemeinden
kümmern sowie einem Beraterkreis unterstützt.
Ausblick
Ziel für 2011 ist eine breite Streuung intensiver und biblisch fundierter Lehre. Außerdem
wünschen wir uns mehr Leidenschaft und
neues Feuer für Jesus und wieder Neubekehrungen! Es werden ähnlich wie letztes Jahr
Seminare und Treffen angeboten, um die Region zu vernetzen und mit Input zu erbauen.
In der Regioleitung gibt es eine Veränderung.
Simon pausiert bis Oktober 2011. Er und Ilt
überlegen aufzuhören. Wir suchen also gerade aktiv nach neuen Regioleitern und sind
bereits im Gespräch mit zwei Anwärtern.
Madlen und Ilt
[[email protected]]
http://sachsen.jesusfreaks.de
Termine 2011
8.-10.7. Saxstock (nicht von JF Sachsen organisiert)
2.- 4.9. Leiter-Verwöhn-Wochenende in Scharfenstein
4.-6.11. Regiotreffen
18.-20.11. Seelsorgeseminar in Chemnitz
Muss ich als Christ und Deutscher
Israel unterstützen?
An der Grenze zwischen Heiligem Land und besetztem Gebiet
Wer iins Westordanland will,
jor
jo
muss durch
einen langen
vergitter ten
Gang gehen.
„G
eh nicht dahin, da sind die
Araber. Da ist es nicht sicher“,
sagt der Mann mit der Kippa
auf dem Kopf und dem Maschinengewehr auf dem Schoß. Ich will aber trotzdem
dahin, wo die Araber wohnen, ich wohne
nämlich zur Zeit auch dort: in Bethlehem.
Bethlehem – das ist nicht mehr Krippe und
Jesuskind, das ist mittlerweile für mich auch
Sinnbild dieses ewigen Konflikts um das Heilige
Land. Die Angst des Juden ist echt – viele Israelis, denen ich erzählt habe, wo ich wohne, haben
sich wirklich Sorgen um mein Wohlergehen
gemacht. Aber mir geht es super in Bethlehem.
Die Landschaft mit ihren Hügeln, Dörfern und
Olivenbäumen erinnert an Bibelgeschichten,
die Leute hier sind unglaublich freundlich und
mein deutscher Pass öffnet mir Grenzen, die den
meisten Palästinensern verschlossen bleiben.
Seit drei Monaten mache ich hier ein Praktikum
bei einer Nachrichtenagentur. Ich schreibe über
Veranstaltungen, Menschen, Organisationen,
Staatsbesuche – die Geschichten liegen hier auf
der Straße, immer passiert irgendwas. Meine
Wohnung liegt im Aida-Flüchtlingslager – einst
wirklich ein Zeltlager, ist es heute eine ärmliche
Siedlung mit heruntergekommenen Betonhäusern
und vielen Kindern. Und wenn ich aus meinem
Fenster schaue, habe ich einen hervorragenden
Blick auf die Mauer, die Israel seit acht Jahren um
das Westjordanland baut, um sich vor Attentaten
zu schützen. Auch diese Mauer ist Sinnbild für
den Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern.
Mein Visum läuft bald ab, also muss ich zurück. Und bereite mich schon auf die Frage vor,
die da kommen
muss: „Und, wie war es?“
Diese Frage ist immer viel schwieriger
zu beantworten, als sie gestellt wird, aber noch
nie war es so schwierig wie nach dieser Reise.
Ein Aufenthalt im Westjordanland hat mehrere
Dimensionen. Da ist der Kontakt mit den ganz
normalen Menschen. Sie sind herzlich, offen,
einladend. Es ist unmöglich, eine Stunde durch
die Bethlehemer Innenstadt zu laufen, ohne
mindestens einmal zum Teetrinken eingeladen zu
werden. Und sobald klar ist, dass ich kein Tourist
bin, werden die Gespräche lockerer und interessanter. Dann ist es unmöglich, nicht über diesen
Konflikt zu reden. Er betrifft jeden. Die meisten
Männer waren schon einmal in einem israelischen
Gefängnis, die meisten in jungen Jahren. Fast
jeder hat in diesem ewigen Konflikt schon ein
Familienmitglied, Freunde oder Verwandte verloren. Und jeder Palästinenser spürt den Konflikt,
sobald er ein Haus bauen oder irgendwohin reisen
will. Nach Israel selbst dürfen sowieso nur wenige,
aber auch innerhalb des Westjordanlandes gibt
es immer wieder israelische Kontrollen. Ich höre
von nächtlichen Verhaftungen, von palästinensischen Familien, die ihre Grundstücke räumen
müssen, weil die Mauer dort durchlaufen soll,
von Menschen in Ostjerusalem, die ihre Häuser
verlassen müssen, weil Israelis darauf Anspruch
erheben. Ich sehe den geplanten Verlauf der
Mauer nahe Bethlehem, die einzelne Häuser von
den Dörfern und ganze Dörfer von ihren Feldern und Olivenhainen abschneiden wird. Es ist
unmöglich, objektiv zu bleiben, wenn man immer
wieder mit der einen Seite konfrontiert wird.
Freaks weltweit
Die G
e
kirch bur tse in
Beth
lehem
.
27
on
Freitagsdemonstrati
Die allwöchentliche
Dorf Bil‘in.
gegen die Mauer im
Darum war ich auch in Israel selbst. Ich habe
einen Jerusalemer Stadtteil besucht, dessen
Straßen während der zweiten Intifada vom
Westjordanland aus beschossen wurde. Ich war
in Sderot, wo immer wieder Raketen aus dem
Gazastreifen einschlagen und alle 500 Meter ein
Bunker steht. Ich habe einen jüdischen Siedler
im Westjordanland besucht, der mir seine Seite des Konflikts erzählt hat. Das Argument ist
immer gleich: Gott hat den Juden dieses Land
gegeben, sie waren vor den Arabern hier und
überhaupt haben sie ja den Krieg gewonnen.
Unter Generalverdacht
Ich bin ziemlich offen – sogar eher ein bisschen
pro-israelisch hierhergekommen. Schon nach
wenigen Tagen musste ich mich anstrengen, noch
möglichst neutral zu bleiben. Die Argumente
der Israelis für den Mauerbau, für Siedlungen im
Westjordanland und nächtliche Verhaftungen
konnten mich nicht überzeugen. Warum baut
Israel eine Mauer auf besetztem Gebiet? Wie
kann über zwei Staaten verhandelt werden, wenn
das palästinensische Gebiet durch israelische
Siedlungen zerteilt wird. Warum dürfen Israelis
in Häuser in Ostjerusalem zurückkehren, weil
die Häuser vor Jahrzehnten einmal Juden gehört haben, Palästinenser dürfen aber nicht in
ihre Dörfer in Israel zurückkehren. Warum sind
28
Einer der Wachtürm
e an der Mauer in
Bethlehem.
Eine typische Freizeit
beschäftigung: paläs
tinensische
Jungen werfen Stein
e, israelische Soldaten
verschießen
Tränengas, dann he
rrscht wieder Ruhe
.
minderjährige
Palästinenser, die z.B. Steine geworfen haben,
nach Militärrecht verurteilt, während die gleiche
Tat, von israelischen Jugendlichen begangen,
nach israelischem Zivilrecht verhandelt wird?
Es ist schwierig, Zweifel und Kritik an Israel zu
üben. Mir wurde schon vorgeworfen, mir hätte
nur ein Araber den Kopf verdreht, die Geschichten,
die ich hier höre, wären alle erlogen. Aber entweder haben sich die Palästinenser durchweg gut
abgesprochen oder es ist eben doch etwas wahr.
Israel ist keine fünf Stunden von Deutschland
entfernt, selbst Flüge sind nicht so teuer. Eigentlich kann sich jeder selbst ein Bild von der
Lage machen. Als Europäer genießt man hier die
gleichen Privilegien, wie in den meisten anderen
Ländern auch. Um zu fühlen, dass ich frei bin,
brauch ich nicht auf einen Berg klettern oder mit
dem Motorrad über die Autobahn brettern. Es
reicht, wenn ich an der Grenze nach Israel oder an
einem Checkpoint irgendwo im Westjordanland
meinen Pass hochhalte. Dann komme ich überall
hin und die Palästinenser, die bei mir im Auto
sitzen, werden auch nicht weiter kontrolliert. Wir
aus dem Westen sind hier die Guten, Palästinenser
und vor allem Muslime stehen unter Generalverdacht. Das ist sicher verständlich, nach Jahr-
hunderten der Verfolgung
g g sind die Juden
sehr auf Sicherheit bedacht. Sogar viele
Überreste von paläs
tinensischen Raketen
,
die in Sderot eingesch
lagen sind,
bilden eine Ar t Museu
m.
Palästinenser, die ich getroffen
habe, haben Verständnis für dieses Bedürfnis
nach Sicherheit, schließlich gab und gibt es ja palästinensische Attentate. Und gleichzeitig leiden
sie unter dem Generalverdacht, unter der Kollektivstrafe, die die Mauer und jede Ausgangssperre
darstellt, wenn wieder irgendwo ein Anschlag war.
Begegnungen zwischen den Fronten gibt es
selten. Wie auch? Palästinenser dürfen höchstens
als Arbeiter nach Israel, Israelis haben Angst,
ins Westjordanland zu kommen. Die jüdischen
Siedlungen im Westjordanland sind mit Mauern
und Checkpoints abgeriegelt, israelische Autobahnen, auf denen Palästinenser zum Teil nicht
fahren dürfen, verbinden die Siedlungen mit dem
Kernland. Auch arabische Dörfer in Israel sind
abgeschottet, zufällig begegnet man sich selten.
Kleine Schritte
Doch es gibt Ausnahmen: israelische Aktivisten,
die bei den Demonstrationen gegen die Mauer
und die israelische Besatzung jeden Freitag im
Westjordanland oder in Ostjerusalem mitmarschieren. Oder auch die Mitglieder des Parent‘s
Circle, in dem sich Israelis und Palästinenser gemeinsam organisieren. In dieser Organisation sind
alle Unterschiede überwunden wegen einer wichtigen Gemeinsamkeit: alle Mitglieder haben einen
Angehörigen in diesem ewigen Konflikt verloren.
Dann gibt es da noch Combatants for Peace
oder Breaking the Silence, in denen sich israelische Soldaten engagieren und die Öffentlichkeit
über das häufig erniedrigende und gewaltbereite
Verhalten der israelischen Armee im Westjordanland aufklären und ein Miteinander statt ein
Gegeneinander fordern. Diese Organisationen
machen Mut. Es sind nur kleine Schritte, die sie
gehen können, aber jeder junge Soldat, der im
Westjordanland Palästinenser als Menschen statt
als Feinde sieht, jeder palästinensische Jugendliche, der statt Steine zu werfen Olivenbäume
pflanzt, ist ein Schritt in die richtige Richtung.
In diesen drei Monaten habe ich
ic versucht,, die
Wahrheit herauszufinden, wenigstens
ns meine
me ganz
persönliche Wahrheit. Aber sie gleitet davon,
davon
sobald ich sie zu fassen bekommen habe
habe.
Ständig gibt es
neue Blickwinkel
auf diesen
Konfl
nflikt,
ständig
neue
Meinungen,
Geschichten,,
in Jerusalem.
ÜberleDie Klagemauer
gungen. Was
bleibt, sind mehr Fragen als vorher
– vor allem Fragen als Christ:
Was hat Gott sich dabei gedacht?
Dass er den Juden dieses Land gegeben hat,
steht in der Bibel. Trotzdem kann ich nicht glauben, dass dafür Menschen vertrieben werden müssen, die seit Generationen hier wohnen. Warum
hat der Jude, den ich in Hebron traf und der vor
acht Jahren nach Israel gekommen ist, ein größeres Recht auf dieses Land als eine palästinensische
Familie nahe Bethlehem, die die Besitzrechte an
ihrem Grundstück bis in die osmanische Besatzungszeit belegen kann? Haben denn die Juden
pauschal Recht, weil sie selbst Jahrhunderte lang
verfolgt wurden? Und muss ich als Christ und
Deutsche automatisch Israel unterstützen? Palästina, Westjordanland, besetzte Gebiete, Judäa
und Samaria – wie auch immer man es nun nennen will, für die meisten ist dieses Land westlich
des Jordans ein Teil des Heiligen Landes. Was hier
passiert, ist nur schwer zu verstehen. Ob Frieden
möglich ist, liegt letztendlich an jedem einzelnen
Israeli und Palästinenser. Und uns Ausländern
bleibt eigentlich nur eins: einfach beten für das
Heilige Land und seine Bewohner.
Anja Reumschüssel
Organisationen, die sich für
Verständigung und ein Ende
des Konflikts einsetzen:
www.breakingthesilence.org.il
www.theparentscircle.org
www.tentofnations.org
www.cfpeace.org
Karsamstag. Mit einer Kerze,
die am Heiligen Feuer aus
Jerusalem entzündet wurde.
Freaks weltweit
29
Warum ist im Englischen
Arbeit und Hiob (Job),
das gleiche?
Seltsame
theologische
Fragen:
Folge 19654
Nach dem überraschenden Tod
der Modedesignerin Tabita,
die sich auch als Charity-Lady
einen Namen gemacht hatte,
präsentierten ihre Mitarbeiterinnen Tabitas neuste Kollektim
em
on in Joppe. Weil die Kleider dem
ru
extra angereisten Modezar Petrus so
en
ben
gefielen, rief er die Tote ins Leb
ng
eru
eist
Beg
der
le
Wel
e
zurück. Ein
für
in
ufh
dara
end
sorgte in der Geg
jede Menge neue Fashion-Victims.
2)
(Frei nach Apostelgeschichte 9,36-4
Joppe‘s next Top Model
Christoph Ermert
(32), Industriedisp
onent, JF Burbach
Gleichberechtigu
ng ist, ...
... ein Zwang.
Wie findest du de
ine Gemeinde?
Ich müsste sie liebe
n.
Wie findet deine
Gemeinde dich?
Sie müssten mich
hassen.
Warum bist du be
i den Freaks?
Die anderen wollt
en mich nicht.
Welche drei Dinge
müssen für dich
mit auf’s Freaks
Sonne, Grillwurst
tock?
und Bier.
Was wolltest du
der Bewegung im
mer mal sagen?
Hört auf zu jamm
ern – kämpft!
Werden wir über
leben?
Unbedingt.
Was ist dein Trau
m für die Beweg
ung?
Keine Angst vor ni
chts und Liebe für
vieles!
Was würdest du
Jesus fragen, wen
n du dereinst vo
Bock auf ‘ne Rund
r ihm stehst?
e Tischtennis?
Wie sieht dein pe
rsönliches Anti-A
ging-Programm
Immer dicker werd
aus??
en, dann bleibt die
H
aut straff.
Was wünschst du
dir zum Geburtst
ag?
Eine Burgerpresse
.
Wie möchtest du
am liebsten ster
ben?
Lachend und esse
nd.
Kann man den H
immel umstreiche
n, wenn wirklich
Ja, in ein freundlic
alles aus Gold is
hes Mattschwarz.
t?
Wie hast du in le
tzter Zeit Gottes
Reden erlebt?
Er war immer nett
und freundlich zu
mir.
Welche Frage so
llte auf dem näch
st
en Fragebogen st
Kannst du durch 0
ehen?
teilen und was beko
mmst raus?
Steckbrief
(Bitte Namen und Adresse angeben
.)
lschrank.
Wir heften es an Fred – den Küh
itserlebnis
» dein schlimmstes christliches Kindhe
» deinen Steckbrief mit Foto
» deine Sprüche und Versprecher
ische Fragen
» seltsame Bibelstellen oder theolog
» deinen Freak-Heiligen
Wir drucken es im Kranken Boten.
» deinen Traum
» deine Gemeindevorstellung
» deine Kurzgeschichte
]
Schreib an: [[email protected]
Unter allen Einsendern verlosen wir
Rezensionsexemplare.
+++ BELOHN UNG +++
Für die letzte Folge unserer 7-teilige
n Serie
bitten wir dich zu den Töpfen zu eile
n, den
Vorratsschrank zu plündern und die
Messer zu wetzen.
Suche dein jüngstes Gericht aus der
Sieben-SterneKochbibel, illustriere es mit Foto ode
r Zeichnung
und schick es an: [[email protected]
]
Das Gewinnerrezept wird im Boten
abgedruckt und
der oder die VerfasserIn erhält eine
Botentasse.
Rezept gesucht
Das jüngste Gericht
Produktive Pausen
Spiel, Spaß und Spannung beim JFD-Treffen in Borgentreich
B
und Andrea ein Jahr Pause verkündetet hatten,
trat Henrik vor. Alle hielten die Luft an. Tritt
ei schönstem Frühlingswetter traf sich
der Leitungskreis zum zweiten Mal
in diesem Jahr vom 29. April bis
1. Mai 2011 in Borgentreich. Das Orgachaos
des letzten Treffen hatte sich unter der Sonne
aufgelöst, Einkauf, Koch, Ablauf – alles war
geplant und lief wie am Schnürchen. So konnten sich Diakonkreis, Regio- und Bereichsleiter
und Gäste einen entspannten Abend gönnen.
Am Samstag starteten wir mit Leidenschaft
in die Arbeit – zumindest stand Mirkos Input unter diesem Motto. Lobpreis und Kaffee
halfen wahrscheinlich auch und schon ging
es mitten rein in die Diskussion, was der
Leitungskreis denn auf Willo Freak für die
Bewegung machen möchte. Nein, wir gril„Wo ist ein Stall?“ oder „Wir brauchen noch eine Kuh.“
len nicht! Wir machen Panini Konkurrenz
hieß es beim Kuhstall-Spiel.
und geben ein eigenes Charta Sammelbildalbum heraus. Da kommen Erinnerungen an
Mr. Freakstock zurück? Liegt was mit unserem
den Stickertausch auf dem Schulhof hoch.
Festival im Argen? Er grinste verschmitzt, was
Erwachsen geworden ist dagegen das Wildie Spannung lockerte, und lud alle pausielo Freak selbst. Der Leitungskreis hat es zum
renden und zurückgetretenen Menschen herzlich
Bereich erklärt, um klar zu machen, dass es uns
ein, weiterhin zu unseren Treffen zu kommen.
als Familientreffen wichtig
Erleichtert atmete die Versammlung auf.
ist und kontinuierlich daran
Später stellte sich der Prophetie-Pool vor,
gearbeitet werden soll. Wer
um gleich einzuschränken, dass sie so nicht
die zukünftigen Willos mitgenannt werden wollen und vor allem Zeit
gestalten will, wende sich an
brauchen, um sich zu finden. Selbst spontan
Henni Stoppel, den frischgebaangebotene Hilfe durch den Leitungskreis
ckenen Bereichsleiter, der sich
konnten sie nicht annehmen, da sie noch nicht
bisher schon um die inhaltliche
wissen, was sie brauchen und wollen. Wir hofAusrichtung gekümmert hat.
fen, dass sich das bald aufklärt, denn wir brauFür das Samstagsnachmitchen Gottes Reden in unserer Bewegung.
tagstief wurde das Thema
Der Abend brach an und die Arbeit aus. Denn
Randgruppen, d.h. wie gehen
wer denkt, dass der Leitungskreis nur rumlawir mit Alleinerziehenden,
bert und nichts zustande bringt, sollte sich
Ausländern und Homosexuellen
vielleicht nicht nur die große Runde ansehen,
um, aufgewärmt, ohne dass es
sondern den Gruppen und Grüppchen lauschen,
zu einer Entscheidung, Einidie sich über die Entwicklungen in der Region
gung oder einem sonstigem
Noch blickt er gelassen, der
oder der Gemeinde, den anstehenden Convoy,
Ergebnis gekommen ist. Wir
Willo Freak Bereichsleiter.
die neueste Boten-Ausgabe, die Willovorbereibehalten, um im Bild zu bleitung, den Jahresfinanzabschluss oder aber die
ben, die Randgruppen auf der
Fleischzubereitung im Smoker austauschen.
Karte und passen auf, dass sie nicht den Tisch
Zugegeben der Leitungskreis beschäftigt sich
runter fallen. Kleinster gemeinsamer Nenner
nicht
nur mit ernsten Themen, sondern spielt
ist immerhin, dass wir niemanden wegschicken
auch
mal
gerne, zum Beispiel sozial-pädagogisch
und in Liebe miteinander umgehen wollen.
wertvolle Spiele wie „Kuhstall“ und „Bilde ein
Der dramatischste Moment des JFD-Treffens
gleichseitiges Dreieck“, die von den „pfiffigen“
folgte: Nachdem Markus seinen Rücktritt von
Moderatorinnen Andrea und Fanni angeleitet
der Bereichsvertretung fürs Seelsorgeteam
wurden. Am Abend wurde zu härteren Sachen
32
JFD-Treffen
gewechselt: sportlicher Kickerkampf, rockender
Discodance oder makaberer Tyrannentausch.
Gestärkt durch ein leckeres Sonntagsfrühstück und den Gottesdienst kamen die letzten
Punkte der Tagesordnung dran. Die Diskussion
kam trotzdem nicht in Gang. Eine Pause an
der frischen Luft tat Wunder: Die Planung fürs
Hauptseminar auf Freakstock steht und auch
die Workshops fürs Willo Freak sind verteilt.
Da bewahrheitet sich die allgemeine Vermutung, dass in den Pausen die kreativsten
und produktivsten Gedanken zur Sprache
kommen. Mein Appell ans Ü-Team und die
Moderatoren: Wir brauchen mehr Freiraum,
d.h. Zeit für gepflegte Unterhaltungen, vielleicht mit einer anregenden Frage und keine
kräftezehrende Diskussionen in großer Runde oder verordnete Kleingruppenarbeit.
Zu guter Letzt wurde zur Unterstützung des
durch Mandys Pause geschwächte Ü-Team Philipp
aus Frankfurt am Main gewählt. Mehr Mitarbeiter
können der Diakonkreis und die Regioleiter immer gebrauchen, wenn du also überregional tätig
sein willst, dann melde dich beim Ü-Team [[email protected]], das vermittelt die Kontakte.
Bettina Kammer
Kreative Kleingruppen genießen die Sonne in Borgentreich.
Unter Volldampf
Der Koch plaudert über Salat, Suppe und Standardmengen
D
ie ersten Freaks kamen am Freitag
gegen 16 Uhr 30 in Borgentreich
an. Schnell wurde die Lebensmittelbestellung aufgegeben, da wir bis zum
Schluss auf die Anmeldungen gewartet haben,
um eine genaue Zahl der TeilnehmerInnen
zu bekommen. Das Haus 27 lag hygienetechnisch weit über den Jesus Freaks Erwartungen.
Das lag wohl daran, dass die EduCamp-Organisatoren ganze Arbeit geleistet haben.
Meine zwei Küchenmitarbeiter hatten leider
kurzfristig abgesagt. So bereitete ich den Arbeitsplatz alleine vor, unterbrochen nur von Hilfsangeboten einiger Freaks, da aber noch keine Lebensmittel da waren, gab es nichts zu tun. Die vielen
Anfragen irritierten mich schon, da ich nicht
wusste, ob es wirklich so viele hilfsbereite Freaks
gibt oder sie nur aus reiner Höflichkeit gefragt haben, um gut da zu stehen. Diejenigen, die es ernst
gemeint hatten, kamen auch mit den Lebensmitteln wieder in die Küche. Gegen 21 Uhr 30 Uhr
ging die erste Pizza aus dem Ofen. Pizza ist, seitdem wir den Steinofen haben, der Klassiker am
Anreisetag. Gegen Mitternacht war die Küchenschicht beendet. Ich gesellte mich noch eine Weile
zu den Teilnehmern, aber nicht zu lange, da die
Frühstücksvorbereitung früh um 7 Uhr beginnen.
Ein Frühstück für 30 bis 40 Personen in kürzester Zeit zu zaubern, ist für mich nicht schwer,
da es in meinen Job Routine ist. Am wichtigsten
ist es, zuerst den Kaffee zu kochen, um die
JFD-Treffen
33
Frühaufsteher – die
F
gibt
g es wirklich – unter den Freaks mit dem
koffeinhaltigen Heißgetränk
geträ zu erfreuen.
Als Spe
Spezial gab es Rührei
mit Speck,
Sp
peck wie es jahrelang auf dem
Freakstock
war. Und schon kam der
tock üblich
üb
Beim Essen spricht man nicht jede Menge.
Streitpunkt auf „Warum es nicht sein kann, dass
Jesus wäre nicht glücklich, wenn er die verdorrten
ein Mann ein Frühstück für gut 40 Teilnehmer
Felder sieht und auf die Frage „Was habt ihr denn
hin bekommt, aber die Freakstockküche es nicht
die ganze Zeit gemacht?“ als Antwort bekommt:
schafft Rührei mit Speck ins Programm zu neheh
„Wir
haben uns mit der Charta beschäftigt.“
men?“ Bevor jemand Notiz von
mir nehmen konnte, flüchtete
htete
te
Für die Kaffeepause hatte Ilt mit leckeren
ich in die Küche, denn
man
n ma
an
Kuchen gesorgt. Danach ging es an die Zubereiweiß ja, wie das endett –
tung des Abendessen. Mit Jankos Hilfe kochte ich
man wird zu weiteren
einen Kartoffel-Gemüseeintopf, was den FleischAufgaben verdonnert.
fressern nicht so gut gefiel. Da es aber nichts
anderes gab, wurde auch dieser dankend angeNachdem das Frühnommen. Am Abend ging ich ein bisschen früher
stück mit samt den Reiaus der Küche, um noch ein bisschen mitzufeiern.
nigungsarbeiten beendet
war, ging es auch gleich
Sonntag gegen 7 Uhr 30: Auf zum letzten
an die Vorbereitung für
Gefecht. Neben dem herkömmlichen Frühstück
das Mittagessen: Schweinenegulasch
standen French Toast auf den Speiseplan, eine
bzw. Ratatouille für die Vegetarier mit Reis und
gute Alternative zu den Pancakes vom EduSalat. Pünktlich 13 Uhr stand das Mittagessen
Diese
Camp Die
Camp.
ese wurden auch
auf dem Buffet. Aber so früh hat wohl noch keiner
und
gerne genommen
ge
damit gerechnet, also hieß es erst einmal alle
waren
wa
are im wahrsten
zusammenrufen. Entschuldigung an alle, dass
Sinne des Wortes
Si
ich die obligatorische „halbe Stunde später“ nicht
der „Renner“.
d
eingehalten habe. Die nächste Panne: Der Reis war
Nach dem
alle. Mein Versuch, ob Standardmengen bei Freaks
Abschluss des TrefA
möglich sind, war gescheitert. Zum Nachrechnen:
fens ging es ans
ffe
60g Reis Rohgewicht pro Person bei 50 Personen
Aufräumen.
Und
Au
u
– und wir waren weniger – ergibt drei Kilohätte es gedacht,
wer h
gramm. Nun denn, zur Not gings auch mit Brot.
jemand hat es doch tatsächlich fertig gebracht,
In Nachmittagspause schaute ich kurz in
die Aufräumarbeiten in kleinen Punkten in eine
die Versammlung, wo (schon wieder) über die
Liste zu schreiben, wo man sich eintragen konnte.
Einbringung der Charta in Bewegung und das
So waren auf einmal alle beschäftigt und Haus 27
Verdeutlichen des Leiterbildes für die Gemeinde
hatte nach kurzer Zeit den hygienischen Standard
diskutiert wurde ... „Ach nee, meine Pause kann
erreicht, den wir am Anfang vorgefunden haben.
ich auch anders verbringen.“ So spazierte ich vom
Marius Hollinger
Gelände und betrachtete die Felder und schnell
(31) arbeitet als
wurde ich mir Folgendes deutlich: „Alles hat seine
hauswirtschaftZeit.“ So wie der Landwirt in der Wachstumszeit
licher Betriebsleiter
sich Gedanken machen kann, wie er die Felder
auf Borkum.
später aberntet, so haben wir Freaks die Zeit die
Charta mit Leben zu füllen. Und wie der Landwirt
irgendwann die Ernte einfahren muss, so müssen wir auch zur Ernte bereit sein. Ich vermute
34
JFD-Treffen
S
ie brachte ihre Sachen in die Küche,
schrieb auf einen Zettel, dass es ihre
seien und befestigte ihn mit einem Magnetclip neben anderen Notizen am Kühlschrank.
Sie hatte sich zwar eingeredet, Stress und
Hektik auf dem Festland gelassen zu haben, aber
nun zog es sie doch ganz schön zum Strand.
Das Fahrrad schiebend durchquerte sie den
hinteren Teil des Grundstücks und verließ
es gleich darauf durch die schmale Gartenpforte an der Rückseite. Hier befand sich ein
Trampelpfad, der geradewegs in die Dünen
führte. Zuerst war er noch zu schmal zum Radeln, doch später würde sich das ändern.
eines alten Bunkers, den im Zweiten Weltkrieg
die Deutschen gebaut hatten. Von dort hatte
man einen fantastischen Blick über die Insel
und das Watt, und bei klarem Wetter reichte
die Sicht bis zum Festland herüber. Sie wollte
jedoch nicht in die Ferne sehen, denn sie war
froh, hier zu sein. Außerdem war es schon zu
dunkel. Sie umrundete die Aussichtsdüne halb
und gelangte auf einen mit Holzplanken befestigten und gut einen Meter breiten Weg. Sie
gab keine Blicke mehr nach links oder rechts. Ihr
ganzes Streben war nach vorne ausgerichtet.
Für holländische Verhältnisse ging es ziemlich steil bergauf, aber die Randdünen kamen
ja erst noch. Dort befanden sich allerdings
vom immerwährenden Flugsand glatt ge-
Atemlos
Auslese. Kurzgeschichte
Die kräftig orangefarbenen Beeren des
Sanddorns waren reif und leuchteten derart
verlockend überall aus dem Gebüsch, dass
sich ihr sofort Pfützen auf der Zunge bildeten. Im Vorbeischieben pflückte sie sich
eine gute Handvoll ab und zerkaute sie. Die
Beeren waren prall gefüllt mit Vitamin C und
so sauer, dass sich ihr alles zusammen zog.
Der Trampelpfad wand sich durch verfilztes
Buschwerk, schiefgewehten Kiefern und Birken und an verwachsenen Sumpflöchern vorbei. Dann wandelte sich die Vegetation. Die
Bäume blieben hinter ihr, Büsche standen nur
noch in den windgeschützten Senken zwischen den einzelnen Dünen, die überwiegend
mit dem harten und genügsamen Strandhafer und anderen Gräsern bewachsen waren.
In der Abenddämmerung sah sie einen Fasan, der sie aber eher entdeckt
hatte und schon auf der Flucht war.
Vor ihr erhob sich eine große Düne, welche
zu den höchsten natürlichen Erhebungen der
Insel gehörte. Die oben eingerichtete Aussichtsplattform bestand hauptsächlich aus dem Dach
schmirgelte Treppenstufen, die den Aufstieg
erleichterten und zugleich dafür sorgten, dass
die Dünen nicht platt getrampelt wurden.
Sie schloss das Fahrrad ab, erklomm den letzten
steilen Dünenkamm und blickte so atemlos wie
überwältigt auf den beinahe unendlich breiten
Strand, der im schwindenden Tageslicht da
lag. Die Brandung war nur ein weit entferntes
Rauschen, das der Wind an ihr Ohr trug.
Sie konnte das Panorama so oft sehen wie
sie wollte, immer wieder war sie begeistert. Sie
betrank sich an der reinen, salzhaltigen Luft
und rannte die Treppen zum Strand herunter. Es machte ihr nichts aus, dass sie schon
nach den ersten Schritten im tiefen, trockenen Sand die Schuhe voll davon hatte.
Es war herzzerreißend schön, und sie bildete sich ein, alleine auf der Welt zu sein.
Sie – und die See, der Strand, die Dünen. Mehr
brauchte es nicht, um sie glücklich zu machen.
Sie war viel zu lange nicht hier gewesen.
Aber das sagte sie sich bei jedem Besuch.
Jorike Pelagina
Auslese
35
Ein Gefühl von Glück
Eine Jesus-Freak-Vision für Lobpreis
Stell dir vor, du befindest dich in einem JesusFreaks-Gottesdienst. Die Musik fängt an zu spielen und du beginnst die Lieder zu Gott zu singen,
du beginnst Jesus anzubeten. Es dauert eine
Weile, aber plötzlich passiert Schritt für Schritt
etwas Heftiges mit dir. Du befindest dich auf einmal direkt in Gottes Herrlichkeit. Du stehst dort,
hältst die Hände ausgestreckt und hast das Gefühl
als könntest du Jesus buchstäblich berühren. Eine
unbeschreibliche Energie von Licht und Liebe
umströmt dich. Sie sorgt dafür, dass du alles um
dich herum vergisst. Deine Gedanken sind nicht
mehr bei deinen Problemen, den Sorgen und Nöten, du bist frei. Mit jedem Lied, mit jedem Gebet,
mit jedem Beat wirst du mehr und mehr in Gottes
Nähe gezogen. Dich überströmt ein Gefühl von
Glück, von Vollkommenheit, von Seligkeit. Plötzlich brauchst du nichts mehr, du bist nur noch
zufrieden, Jesus ist alles und er ist mehr als genug.
Deine Schwäche wird aufgefüllt mit Kraft aus dem
Himmel, du spürst körperlich wie du mit Energien aufgeladen wirst, so als wärst du eine leerer
Akku, der an Gottes Steckdose angeschlossen ist.
Dir fehlen die Worte, du stehst voller Glück und
Ehrfurcht nur noch vor Jesus und betest ihn an.
Vielleicht
denkt jetzt der eine,
ich habe zu viel psychedelische Drogen
genommen und
36
sollte mal runterkommen. Oder ein anderer vermutet, ich wäre bereits in sektiererischen Höhen
gelandet und hätte die Bodenhaftung verloren.
Aber eins ist für mich ganz klar: In den ersten Jahren der Jesus Freaks gab es kaum eine Lobpreiszeit, wo wir so etwas nicht erlebt haben. Das ist
für mich das Ziel, das ist die Norm, so sollte Lobpreis eigentlich immer und für jeden möglich sein.
The sons of Thunder
Im Herbst 1991 habe ich von einem Freund eine
Predigtkase über eine Lobpreisvision geschenkt
bekommen. Der Prediger hieß James Ryle und
der Titel war: „The sons of Thunder“. Mich hat
diese Vision sehr berührt und ich gab das Tape
sofort an Kristian Reschke weiter, dem es genauso ging. In dieser Vision beschreibt Ryle, dass
Gott den Lobpreisern eine neue Musik geben will,
eine Musik die so neu ist, wie die Beatles damals
neu waren. Er glaubt, dass Gott diese Musik so
segnen wird, dass sie besser ist, als die Musik der
Welt, dass sogar die weltlichen Musiker diesen
neuen Stil kopieren werden. Diese Vision hatte
uns damals extrem angezeckt. Ein Teil des SechsPunkte-Plans „Kopf sein und nicht Schwanz“
wurde von dieser Vision stark beeinflusst.
Im letzten Jahr hatte ich über 50 Einsätze in
ganz unterschiedlichen Gemeinden in Deutschland. Dabei wurde ich überwiegend eingeladen im
Jugendgottesdienst
zu predigen. Und
ich kann euch
eine Sache sagen:
Mittlerweile gibt es überall Lobpreis! Lobpreis
ist zu einem Standard in jedem Gottesdienst
geworden, der einigermaßen junge Menschen
erreichen will, auch weit über die charismatische
Szene hinaus. Das ist neu, vor 15 Jahren war
das definitiv noch nicht so. Dabei höre ich zum
meiner Überraschung sehr oft, dass viele dieser
Gottesdienste indirekt von unserer Bewegung
beeinflusst wurden. „Ich bin 1994 mit Freunden immer noch zu den Jesus Freaks gepilgert
und dann haben wir irgendwann diesen Gottesdienst in unserem Ort gestartet.“ Diesen
Satz hab ich schon gut ein Dutzend Mal gehört.
Wenn man dann in diesem Gottesdiensten sitzt,
merkt man unseren Einfluss auch oft an einer
Stelle ganz besonders. Nämlich im Lobpreis.
Eine leere Hülle
Und doch stelle ich immer wieder fest, dass
mir dort eigentlich nur eine bekannte „Hülle“
begegnet, die aber ohne Inhalt ist. Es werden
nur noch „Lieder gesungen“, mit Schlagzeug und
verzerrter Gitarre begleitet, aber auch nicht viel
mehr. Ab und zu betet jemand zwischen drin, aber
schaust du dich um, stehen die Leute eigentlich
alle nur noch da und beten nicht, sie singen.
Liedersingen und Lobpreis ist aber nicht das
gleiche. Es könnte sogar genau genommen
das Gegenteil sein. Ich möchte einmal ganz
provokativ sagen, was Lobpreis nicht ist:
Lobpreis hat letztendlich nichts
mit guter Musik zu tun.
Lobpreis ist nicht Liedersingen
mit geistlichen Texten.
Lobpreis kann man nicht als Zuschauer betrachten.
Zwei Faktoren für Lobpreis
Zu einer geistlichen Lobpreiszeit gehören immer
zwei Teile. Auf der einen Seite ist da die Gemeinde. Wenn eine Gemeinde nicht in den Lobpreis
geführt werden will, kann auch der gesalbteste
Lobpreisleiter nichts dagegen machen. Viele
Preiser haben das schon einmal erlebt. Sie haben
ihr Bestes gegeben, Gott wirklich angebetet, aber
dann öffneten sie mitten im Lied auf einmal die
Augen und mussten feststellen, dass die ganze
Gemeinde sie mit großen Augen anstarrt. Auf
der anderen Seite steht aber die Lobpreisband
und ganz besonders der Lobpreisleiter in der
Verantwortung. Wie viele Gottesdienste habe ich
schon erlebt, wo ich mich hungrig auf die Lobpreiszeit gestürzt habe, aber schon nach einem
Lied aus dem Himmel abgestürzt bin. Warum?
Weil plötzlich eine Ansage dazwischen kam oder
irgendein Lied „über Gott“ anstatt ein Gebet „zu
Gott“ gespielt wurde oder man hatte plötzlich
das Gefühl, die Band will sich eher selbst darstellen, anstatt mit der Gemeinde Gott anzubeten.
Ich glaube, dass wir als Jesus Freaks einige
Gaben von Gott geschenkt bekommen haben,
die man in anderen Bewegungen nicht in dem
Maße findet. Und eine dieser Gaben ist unsere
Kreativität. Jesus Freaks sind noch verrückt
genug, Neues auszuprobieren, etwas zu wagen,
sich auch einmal peinlich zu benehmen, wenn
es für Jesus ist. Ich glaube aber auch, dass wir
ständig in der Gefahr stehen uns anzupassen. Einerseits anzupassen an die Welt, aber
auch anzupassen an die brave Christenwelt.
Ich habe einen Traum
Ich habe einen Traum für einen neuen Lobpreisboom bei den Jesus Freaks. Ich träume von
100 neuen Jesus-Freaks-Bands, die sich nicht
als Musiker verstehen, sondern als Menschen,
die einer Gemeinde helfen, Gott anzubeten. Ich
träume von vielen neuen guten Lobpreisliedern,
die Jesus im Zentrum haben, die ihm sagen, wie
genial er ist. Ich träume davon, dass es in unserer
Bewegung jedes Jahr mindestens zehn neue Lobpreisproduktionen gibt, dass man nicht mehr von
den alten Früchten der ersten Zeit lebt, sondern
von frischen Liedern, die Gott geschenkt hat. Ich
träume davon, dass es eine geistliche Erweckung
unter den Lobpreisern in der Bewegung gibt, die
angesteckt mit der Liebe zu Christus, diese Liebe
in ihren Liedern weiter tragen und fortpflanzen
werden. Ich träume von einer neuen Musik, die
Gott den Jesus Freaks schenkt, eine Musik die
es noch nicht gegeben hat und die nur erfunden
wurde um Jesus groß zu machen. Ich träume von
einer neuen Lobpreisbewegung in der Bewegung.
Ich träume von einem neuen Jesus Freaks Liederbuch, das Menschen hilft mit den Songs zuhause
Gott anzubeten. Ich träume davon, dass in einigen
Jahren Jesus-Freaks-Lobpreisbands in den deutschen Charts sind und ihre Lieder im Radio laufen.
Und ich träume davon, dass Menschen, die diesen
Lobpreis hören, wie von unsichtbarer Hand gelenkt sofort selbst anfangen Gott anzubeten. Dass
man an der Ampel steht und im Auto neben einem
die Menschen plötzlich anfangen zu weinen, weil
gerade ein vom Heiligen Geist durchtränkter
Lobpreissong im Radio läuft. Dass Menschen nur
durch das Hören von unser Lobpreismusik und deren Texte zum
Glauben kommen. Ich habe eine
Jesus-Freaks-Vision für Lobpreis.
Martin Dreyer
Im nächsten Teil:
Eine Jesus-Freak-Vision
für Gottesdienste
Martin sein Wort
37
Vielfalt statt Einfalt
Lasst uns den Jesus-Freak-Lobpreis neu schreiben
G
uten Tag, hier jetzt mal eine totalpersönliche-subjektive Auseinandersetzung mit der freakischen
Preiskultur, aus der Sicht eines Musikers. Zwar
habe ich keine genauen Daten, aber gefühlt ist es
doch so, dass es eine Zeit bei den Jesus Freaks
gab, wo mehr neue Lobpreislieder entstanden.
Früher gab es mehr bewegungseigene Lieder, die
zum „allgemeinen Liedgut“ geworden sind.
Heute werden Liedimporte anderer Bewegungen
gerne integriert, um Abwechslung in den Godi Alltag zu bringen. Gewöhnlich jedoch werden beim
Abhängabend die alten Smash Hits von 1996 geschrammelt, auf den Regiotreffen gibt es dann
die Best of Sammlung und beim Freakstock
wird alles auf Hochglanz poliert. Und das
ist gut so! Ich liebe die Kreativität, mit
der diese Evergreens immer wieder
neu
erfunden werden, dass
Lieder in Chemnitz anders
klingen als in Burgstädt, dass es „Take
me“ auch als Metalcore Version gibt.
Doch irgendwann erreicht jedes Lied seine
Schmerzgrenze und von da an kann ich es eigentlich nicht mehr hören, zumindest für eine
geraume Weile. Ich finde, es ist an der Zeit für
neue Lieder! Denn sie sind auch Ausdruck für
Entwicklung. Schaut doch, die Zeit der Gründung ist vorbei, die Zeit der Spaltung scheinbar
überwunden und die Zeit der Einheit kann
kommen. Lieder können krasse Träger von Emotionen sein und Verbundenheit signalisieren.
Deswegen mein Vorschlag: Lasst uns
neue Songs schreiben und singen!
Ich weiß, dies ist einfacher gesagt als getan. Ich selbst kenne meine Versuche, die von
meiner Frau mit „Das klingt wie Jonny Cash.“
kommentiert wurden und ich die Ideen verwarf,
38
Musik
weil Nachmachen ja doof ist. Es ist halt nicht
jeder Freak, der ein Instrument halten kann,
auch ein Songwriter. Aber folgenden Aspekt
halte ich für äußerst wichtig: Bei der Anbetung geht es immer noch an erster Stelle um
die Anbetung und nicht um den, der anbetet.
Dies ist für mich auch ein riesen Beweis für
Gottes Gnade, denn das Gott sich überhaupt
anbeten lässt und zwar unabhängig von Qualität
und Stil der Musik, ist ein Wunder. Angesichts
der Verbrennung von Nadab und Abihus, die
ein falsches Rauchopfer darbrachten (3.Mose
10), wird deutlich, dass viele musikalische
Schwerverbrechen unserer Zeit ungesühnt
bleiben, Jesu sei Dank. So oft waren LobpreisSessions, die rein musikalisch am Rande des
Erträglichen waren, total geisterfüllt und haben derbe gerockt! Ich glaube das Freakmusik
eine tiefe Leidenschaft hat und diese will ich
beim Kurs auf Jesus unbedingt dabei haben.
Also fühle dich ermutigt, nimm Stift,
Papier und Triangel zur Hand, schreib
deinen Song. Nimm ihn mit Handy, deiner Band oder sonst was auf. Lade ihn auf
Myspace, Youtube oder Facebook hoch
und ganz wichtig Liedtext plus Akkorde
nicht vergessen. Schick mir den Link dazu,
ich freue mich immer über neue Musik. Der
Bereich Medien möchte dich unterstützen, dich
bzw. eure Musik bekannter zu machen. Keine Angst in der Familie wird auch geklatscht,
wenn die kleine siebenjährige Nichte auf der
Blockflöte die Vogelhochzeit runter pfeift.
Das gesammelte Liedgut könnten wir als
Jesus-Freak-Lobpreis-Wiki online stellen. Das
ließe sich ohne große Mühe erweitern und würde
es den Lobpreisern erleichtern, die neuen Lobpreislieder in die Gottesdienste zu integrieren.
Dass die Urheberrechte trotzdem gewahrt bleiben müssen, ist selbstverständlich. Lasst uns
ein Netzwerk von Songwritern, Komponisten,
Bands und Sängern aufbauen, um die Lobpreisvielfalt in unseren Gemeinden zu erhöhen.
Tobi Mühlbach hatte in Musik immer
eine Vier und konnte weder singen
noch sich Texte merken. Rhythmisch
ein totaler Vollpfosten brachten ihn
Klanghölzer zur Verzweiflung.
Kontakt: [[email protected]]
Ohren auf!
Der Abschiedsgesang von und über Fallobstfresser
„H
ser vor ein paar Wochen nun ihre Auflösung bekannt gegeben. Aber die Band verabschiedet sich
mit einem Paukenschlag: Zusammen mit der Combo Wehrlos haben sie unter dem Titel „Friendship“
eine letzte Split-Schallplatte veröffentlicht. Die
Scheibe beinhaltet immer abwechselnd Songs der
beiden Bands und macht damit deutlich, dass hier
Freunde Seite an Seite stehen, um gemeinsam für
die gute Sache Radau zu fabrizieren. Damit beendet ein fabelhaft lautes Opus die Bandgeschichte
von Fallobstfresser. Die Fans bleiben mit einem
lachenden und einem weinenden Auge zurück.
Allerdings wird gemunkelt, dass die Band
dieses Jahr beim Freakstock noch einmal
auftritt. Wer Ohren hat, der höre!
ört mal zu, ihr Völker! Und
passt mal auf, ihr Erdenbewohner!“ – so beginnt ein Klassiker der biblischen Literatur (Micha 1,2).
Und danach fährt der Prophet Micha fort, seine Klappe ganz schön weit aufzureißen, um
für diejenigen Partei zu ergreifen, auf die sonst
niemand hört. Ganz ähnlich funktioniert auch
die Philosophie des Punk Rock: Ungerechtigkeit
wird mit Lärm bekämpft. Ein bewährtes Prinzip.
Als christliche Truppe hatte die Band Fallobstfresser ihre Wurzeln sowohl in der Bibel als auch
im Punk Rock. Dem entsprechend haben die
Jungs aus Burgstädt auch immer doppelt laut
Krach geschlagen, wo sie Ungerechtigkeit gewittert haben. Fallobstfresser haben kein Blatt vor
den Mund genommen und sich für Tierrechte,
für Arme, für Fremde eingesetzt. Mit ihren
schnörkellosen Texten und ihren krassen PunkRhythmen waren sie eine der derbsten Bands
der letzten Jahre. Auch zu ihrem christlichen
Glauben haben die vier Musiker sich in Songs
wie „Und gerade für sie“ sehr unmissverständlich bekannt. Sie wurden geliebt und gehasst.
Nach zwei vollen Alben und etlichen Samplerund Split-Release-Beiträgen haben Fallobstfres-
Nils Neumann
Discographie
2007 Wie viel denn noch?
2008 Four Way Split (mit Alarmsignal,
Paradox und Wehrlos)
2009 Glaube, Liebe, Hoffnung
2011 Friendship (Split-LP mit Wehrlos)
Kontakt:
www.myspace.com/fallobstfresser
Impressum
Menge
Jahresabo
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Herausgeber: Jesus Freaks International e. V.
Bereich Medien, Holländische Straße 270, 34127 Kassel,
[[email protected]], www.jesusfreaks.de
Preis pro
Exemplar
1 bis 4
15 € je Exemplar
5,10 €
2,50 €
5
74,10 €
8,40 €
2,47 €
Redaktionsleitung: Bettina Kammer (V.i.S.d.P.), Dubliner
Str. 1, 13349 Berlin, (030)45025203, [[email protected]]
10
114,00 €
23,40 €
1,90 €
20
204,00 €
46,80 €
1,70 €
Redaktion: Marius Hollinger, Tobi Mühlbach, Nils Neumann,
Danielle Norberg, Julia Pfläging, Norbert Roth, Ben R.
30
288,00 €
46,80 €
1,60 €
Layout: Mireille Halbich, Bettina Kammer,
Tobi Textor, Simeon Wetzel
Bildnachweis: M.Larson S. 5; A.Diviney/Vectorportal.com S. 6;
F.Bisson/C.Wycoff S. 7; Ben R. S. 8; Wikipedia S. 14, 16,
20 unten, 22 (oben Ke.We, unten M.Süßen), 26 unten,
33, 35 (A.Tille); Photocase S. 21 (KONG); Ben R. S. 8;
Muck S. 23, 36; restliche Bilder privat
Leserbriefe und Texte an: [[email protected]]
Einsendeschluss für die nächste Ausgabe: 1. Juli 2011
Homepage: http://jesusfreaks.de ǻǻǻ Der Kranke Bote
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