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Nr. 1/2012
3/2012
Nr.
Juni/Juli
Februar/März
2,50 Euro
Euro
2,50
Beziehungen
Als Single unter Paaren
Scheidung, und nun?
Party-Tour im Wilden Süden
L
iebe Leserin, lieber Leser,
Gott schuf den Menschen, damit er
oder sie nicht so allein sei. Was Wunder, dass der Mensch auch heute noch ungern allein ist. Doch ebensowenig, wie die paradiesische
Zwei- bzw. Dreisamkeit von ewiger Dauer war, sind
unsere Beziehungen vorm Scheitern geschützt.
Wir müssen ernsthaft dafür arbeiten, dass unsere Freundschaften, Ehen und Eltern-Kind-Beziehungen halten und allen Beteiligten gut tun.
Aber selbst wenn eine Ehe scheitert, hört die Arbeit
nicht auf: Ehepartner, Kinder, Freunde und Gemeinden sind ebenso betroffen und es bedarf viel guten
Willens und einige Zeit bis die Verletzungen heilen.
Mehr dazu in Tobis Plädoyer für eine gemeinsame Gemeinde und in Klaus‘ Erfahrungsbericht (ab Seite 14).
Wer nun meint ohne Partner und Kinder, lebt man
sorgenfrei, der irrt. Schließlich sind Singles oft auf
der Suche, was genauso anstrengend sein kann und
sie müssen stetig Termine ausmachen, um in den
Genuss von Gemeinschaft zu kommen. Wie Singles
in einer Welt voller Pärchen und Kinder klarkommen, kannst Du auf den Seiten 10 bis 12 nachlesen.
Mit unserer selbstgewählten Familie – der FreakFamilie – ist es allerdings auch nicht immer leicht, wie
Sylvia im Hinblick auf das diesjährige Willo erklärt.
Wer unserem Familientreffen fernbleiben musste (?),
kann so zumindest rückblickend daran teilhaben (ab
Seite 24). Oder aber Du bereitest Dich schon mal auf
das nächste große Treffen – Freakstock – vor. Marius
hat die ultimative Checkliste erstellt (Seite 30 bzw.
auf jesusfreaks.de). Gute Vorbereitung ist alles!
Gut vorbereitet ist James Bond auf jeden Fall.
Doch das macht es nicht unbedingt leichter, wie
Julia erfahren musste (S. 36). Viel Spaß dabei.
Bettina für die Boten-Redaktion
Bettina Kammer (32) versucht (fast) überall zwischenmenschliche Beziehungen herzustellen, egal ob am
Käsestand oder auf dem U-Bahngleis, im Kindergarten
oder auf Willo, und stößt dabei nur selten auf unwillige
Misanthropen.
Gestaltung Cover und Editorial: Tobias Textor
Nahrung
Titel
Beziehungen
ab Seite 6
Mystery Men
Die Symbiont und sein Ehealltag
Seite 17
Theologie
Die Wurzel aller Beziehungen
Seite 19
Charta
Wachstum und Entwicklung
Seite 22
Wir Freaks
Pool
Neues von den Propheten
Seite 23
Willo
Wie‘s war und sein wird
ab Seite 24
Treffen
JFD-Treffen / Regiotreffen Wilder Süden ab Seite 28
Netzwerk
Konsultation für Gemeindegründung
Seite 32
Kolumnen
Himmelsstürmer und Bruchpiloten
Gedanken zum Jahresthema
Seite 5
Martin sein Wort
Vision ganz konkret träumen und leben
Seite 34
Unterhaltung
Dr. K. Bote
Tödliche Sammelleidenschaft
Seite 35
Musik
Plans within Plans
Seite 35
Auslese. Kurzgeschichte
James Bond
Seite 36
Rubriken
Meldungen
Seite 4
der kleine bote
Seite 20
Fred - Der Kühlschrank
Seite 30
Impressum
Seite 33
Handys für Afrika
Bring dein gebrauchtes, aber funktionstüchtiges
Handys mit zum Freakstock. Damit kannst du
Claudia Bernhardt, unsere Missionarin in Mosambik, unterstützen: Da es dort kaum Festnetz
gibt, d.h. nur in den ganz großen Städten, ist
man auf Handys angewiesen. Leider haben die
meisten Menschen nicht genug Geld, um sich
sich eines zu kaufen. Claudi meint dazu: „Um
mit den Pastoren in Kontakt zu bleiben und
Aktionen wie Evangelisation, Essensverteilung
usw. zu organisieren, braucht zumindest einer
unserer Bekannten im Umkreis von 200 Kilometern ein Telefon, der die Infos an die restlichen
Leute weiterleitet. Diejenigen, die mit mir in den
verschiedenen Teams sind, benötigen ebenfalls
Handys, damit wir uns absprechen können. Selbst
wenn sie nie Guthaben haben und ich sie immer
anrufen muss, kann ich sie immerhin erreichen.“
Convoy 2012
Der Jesus Freak Convoy 2012 startet am
23.07.12 in Süddeutschland. Die Endstation vom Convoy ist das Freakstockgelände in
Borgentreich zum Festivalstart am 01. oder
02.08.12. Interessenten fürs Mitfahren oder
vor Ort Mitmachen bzw. Gemeinden oder Gruppen, bei denen der Convoy vorbeikommen soll,
können sich auf jesusfreaks.de bei der Gruppe
„Convoyreloaded“ anmelden bzw. auf Facebook:
http://redir.ec/Convoy2012 nachschauen.
Party: 10 Jahre JF Leipzig
Am 07.07.12 feiern die Jesus Freaks
Leipzig eine Geburtstagsparty anlässlich des 10. Jahrestages ihrer Gemeindegründung. Los geht‘s 15 Uhr mit
einem Familiengottesdienst in den
Freakräumen (Hans-Poeter-Str. 22,
Leipzig). Danach folgt u.a. ein Kinderprogramm, Flohmarkt, DJs, Grillen &
Lagerfeuer, Fotos u.v.m. Eingeladen
sind alle ehemaligen und aktuellen
Freaks. Mitorganisator Lars meint
dazu: „Auf diesem Wege suchen wir
noch ehemalige Leipziger, zu denen der
Kontakt verloren gegangen ist, die wir aber gern
dabei hätten. Wenn du dich angesprochen fühlst,
nimm bitte Kontakt mit uns auf.“ Eine Anmeldung ist nicht Pflicht, hilft aber bei der Planung.
Kontakt: [email protected]
Mehr Infos: www.jesusfreaksleipzig.de
JF Görlitz offiziell aufgelöst
Am 10.05.2012 haben sich etwa zehn Leute aus
dem Freak-Hauskreis, ehemaligen Jesus Freaks
4
Meldungen
und Regioleitern zusammengefunden. Nach
einem gemeinsamen Brunch wurden im Ölberggarten mit Gebet, alten Geschichten und Abendmahl die Görlitzer Jesus Freaks offiziell aufgelöst
und Gott zurück gegeben. Ein wichtiger Aspekt
bei der Entscheidung war, dass etwas Neues nun
frei von den Lasten des Gewesenen entstehen
kann. Es hat sich für uns richtig angefühlt, aber
auch komisch, denn Jesus Freaks gab es in Görlitz
rund 15 Jahre lang und für viele von uns ist das
ein ganz wichtiges Kapitel in unserem Leben.
Ulli Hippe
Saxstock Festival
Am 13.07.12 ist es wieder so weit, das Saxstock
Festival startet auf einer idyllisch gelegenen Halbinsel im Röderland. Neben Teich und Landschaft
erwarten dich dieses Jahr wieder bis zu 20 Bands
aus In- und Ausland, Workshops, Sportangebote, Kunstzelt und ein Thema, das es in sich
hat. Mit „Zwischen Welten“ begeben wir uns in
das Spannungsfeld: Da wären z.B. die irdische
und die himmlischen Welt, die sichtbare und die
unsichtbare Welt, die christlich abendländische
und die muslimische Welt, um nur einige zu
nennen. Zerreißt es oder stärkt es uns? Es wird
auf alle Fälle spannend! Am Abend gilt es dann
quer durch die Welt der Musik einige Perlen zu
entdecken. Beim gemeinsamen Frühstück, das im
Eintrittspreis enthalten ist, kann dann „ganz in
Familie“ über das Gehörte und Gesehene diskutiert werden. Also mach dich auf nach Frauenhain!
Wir sehen uns auf der Insel! Weitere Infos auf
der Umschlagseite oder unter: www.saxstock.de
Nächste Ausgabe
Der nächste Kranke Bote wird radikal: Revolution – die Weltverbesserer. Sollen wir uns gegen
das System wehren? Wenn ja, gegen welches?
Haben die Freaks ihr Revoluzzer-Gen verloren? Welche neuen (Demokratie-)Bewegungen
gibt es? Was steckt dahinter? Warum haben so
wenige so viel und so viele so wenig? Was kann
ich dagegen tun? Müssen wir als Christen unsere Regierung unterstützen? Wenn du über eine
dieser Fragen oder auch andere Themen schreiben möchtest, melde dich möglichst bis zum
20.06.12 bei Bettina: [[email protected]] Der
Einsendeschluss für alle Texte ist der 01.07.2012.
„Du kannst das nicht nur,
es geht noch nicht mal!“
Gedanken zum Jahresthema
„Himmelsstürmer und Bruchpiloten“
D
ie Hummel hat 0,7 cm² Flügelfläche und wiegt 1,2 Gramm. Nach
den Gesetzen der Aerodynamik
ist es unmöglich, bei diesem Verhältnis zu fliegen. Die Hummel weiß das nicht und fliegt
einfach,“ behauptete einst ein Aerodynamiker.
Ich bin noch mit der Information aufgewachsen, dass Hummeln nicht fliegen können. Gerade in christlichen Kreisen wurde die arme
Hummel immer wieder rangezogen, um zu
zeigen, wie groß denn unser Gott ist. Wenn die
Hummel nicht fliegen kann, es aber trotzdem
tut – ja dann können wir doch auch alles tun,
auch das, was wir eigentlich nicht können.
Die Vorstellung das da Milliarden von
fliegenden Wundern rumsummen ist natürlich schön,
aber irgendwie auch etwas
flach. So billig schätze ich
Gott nicht ein … klar macht
er Wunder, aber viel öfter handelt
Gott einfach außerhalb unseres
Wissen und unserer Erfahrungen – eben wie
bei der Hummel. Nach dem Gesetz der Aerodynamik kann sie nicht fliegen, wohl aber
wenn das Gesetz des Auftriebs dazukommt.
Als Jesus Freaks habe ich in den ersten Jahren
immer wieder von anderen Christen zu hören
bekommen, dass wir das so eben nicht machen
können. Wir können das erst mal nicht (keine
Theologen!) und dann geht das auch nicht (Abendmahl mit Bier und Chips*). Mit den Jahren kamen
dann die Rufe immer mehr aus den eigenen
Reihen. Es entwickelten sich im Laufe der JesusFreaks-Zeitrechnung mehr und mehr Erfahrungen
und dann auch Gesetzmäßigkeiten. Anhand dieser
wurden dann alle Ideen und Aktionen bewertet
und nicht selten so im Vorfeld schon ausgebremst.
Ich habe nichts gegen Austausch und Diskussionen, aber man kann sich auch im Kreis drehen
und letzten Endes dann nur noch kotzen – weil
man sich so schnell dreht. Im Korintherbrief
heißt es, dass die Liebe immer das Gute hofft
(1. Korinther 13,7). Wenn dem so ist, wo ist dann
die Hoffnung und der Glaube daran, dass mein
Gegenüber das Gute meint. Viel zu oft gehen
wir doch erst mal davon aus, dass „die Anderen“
doch nicht so koscher sind. Es muss erst mal alles
hinterfragt werden, um ja „sicher“ zu sein – wovon diese Sicherheit auch immer abhängen mag.
So oft habe ich Diskussionen über andere Jesus
Freaks mitbekommen, wo der Mensch an sich erst
mal komplett hinterfragt wurde. Mir fehlt für so
ein Verhalten echt
jegliches Verständnis
– gerade wenn man
eine Geschichte
wie die Jesus
Freaks hat.
Woher nehmen
wir uns das Recht, so über
andere zu urteilen? Mein
Mentor hat mir vor vielen
Jahren zu Anfang der Jesus
Freaks folgenden Rat mitgegeben: „Urteile niemals
über das Herz und die
Motivation bei einem Menschen“. So was geht immer nach hinten los
und verletzt Menschen nur unnötig.
Mein Gebet ist, dass wir aufhören Hummeln
nahe zu legen, endlich mal die Gesetzte der Aerodynamik anzuerkennen … wir hätten ja auf jeden
Fall Recht. Die Hummel kann so nicht fliegen …
aber ganz ehrlich, die Hummel wird sich denken:
„Fuck off, schon mal was von Auftrieb gehört?“
Also, glauben wir an das Gute beim Anderen.
Unterstützen wir seine Ideen, Vision und Träume.
Setzen wir Leute frei, geben ihnen Freiheit sich
auszuprobieren und Fehler zu machen … oder
eben zu fliegen. Damals waren Jesus Freaks „neu“.
Wir brachten das Erfahren und dann
auch das Wissen um den Auftrieb in
ein „aerodynamisches“ Christentum.
Und lass dir gesagt sein, fliegen
ist so 70er – morgen wird gebeamt!
Mirko Sander seit 1992 Träumer und
Kämpfer bei den Jesus Freaks.
* Ich habe niemals Abendmahl mit Bier
und Chips gefeiert – wollte ich nur mal
gesagt haben!
Illustration: www.donald-hasse.de
Himmelsstürmer
5
Was wollt ihr verwirklichen?
Von erfahrenen Paaren lernen und den eigenen Weg finden
R
eden, ganz viel reden. Im Gespräch
mit langjährig verheirateten Paaren
ist das der meist genannte Ratschlag
für Beziehungsstarter. Wenn wir nicht mehr
miteinander reden – über unsere Sorgen und
Ängste, Wünsche und Hoffnungen – geht in der
Beziehung etwas verloren. Ohne Austausch entfernen wir uns Stück für Stück voneinander, bis
sich am Ende zwischen Frau und Mann „unüberbrückbare Differenzen“ auftun. Damit es nicht
soweit kommen, hat Diana erfahrene Eheleute
befragt, was für sie eine gute Partnerschaft ausmacht, wie sie Konflikte lösen und vieles mehr.
Was macht speziell eure Partnerschaft aus?
Freude aneinander, Spaß miteinander, Vertrauen zueinander, unsere Andersartigkeit,
die uns in unserer Beziehung immer wieder
bereichert, Liebe und immer wieder verrückt
und offen bleiben für Quatsch und Lachen.
Welche Rolle spielt Gott in
eurer Partnerschaft?
Eine Wesentliche – ohne ihn hätte wir das nie
geschafft. Er hat uns geformt – immer zueinander
hin. Er ist der, der uns erziehen darf. Wir haben
immer die Ehe als Geschenk und Lebensaufgabe betrachtet und nicht als Abschnittszeit.
Wie lebt ihr euren Glauben als Paar?
Wir reden gerne mit jungen Paaren, erzählen
von schweren Zeiten und wie wir sie gemeistert haben. Wir sind Ehepaten und werden
gerne als gutes Beispiel genutzt. Gemeinsam
gehen wir zum Gottesdienst, singen in einer
Band, reden über unseren Glauben und bringen uns gegenseitig zum Weiterdenken.
Tipps für Beziehungsstarter?
Viiiiiiiel Reden! Immer wieder reden! Offen – und
wirklich offen reden! Keine Unter-den-Teppichkehr-Mentalität beginnen. Füreinander, Miteinander, Vorsicht, Liebe und eine Menge Barmherzigkeit … Hört sich schwer an, aber wenn man
vom Partner das gleiche bekommt, ist es leichter.
Wie sieht‘s bei euch aus: gleich und
gleich oder anziehende Gegensätze?
Wir sind unterschiedlich und manchmal doch
so gleich. Wir haben gelernt, dass die Dinge,
die wir
gemeinsam
6
machen, gut sind, aber dass jeder auch sein
Ding machen darf – und das mit dem Segen
des anderen. So macht Uli jedes Jahr mit seinen Kumpels einen Männerurlaub und Heike macht das gleiche mit den Mädels …
Wichtigste Erkenntnis durch
die Partnerschaft?
Immer wieder dieser Mann! Immer wieder
diese Frau! Wenn‘s drauf ankommt, ist er/sie
immer da. Wir können uns aneinander festhalten und Hilfe vom anderen erwarten.
Die schönste gemeinsame Erinnerung?
Die Geburten unserer
Kinder, die Hochzeit unseres
Sohnes, Urlaub zu zweit!
Heike (47) und Uli (50) leben in
Schönbach. Im Jugendkreis der FeG
Schönbach, zu der sie heute noch
gehören, haben sie sich kennengelernt. Sie sind seit 32 Jahren zusammen und verheiratet seit 29 Jahren.
Welche Rolle spielt
Gott in eurer Partnerschaft?
Kristina: Wir sind Christen und das leben wir.
Wir wollen mit unserem Leben für andere ein
Zeugnis sein und das ganz besonders für unsere
Jungs. Ein Beispiel: Aarons Opa fragte nach, ob
er seinen ersten verlorenen Zahn auch unter
sein Kopfkissen gelegt habe und die Zahnfee
da war. Aaron antwortete, wir glauben nicht an
die Zahnfee, wir glauben an Gott. Und das ist
genau das, was wir als Eltern und Ehepaar weitergeben und wo wir klar einer Meinung sind.
Thorsten: In unserem Eheleben spielt Gott schon
eine Rolle, aber sicher nicht so, wie bei anderen
Paaren. Wir beten z.B. außer vor den Mahlzeiten,
und wenn die Kinder ins Bett gehen sehr selten
zusammen. Wir lesen auch nicht gemeinsam in
der Bibel oder so. Trotzdem tauschen wir uns
über geistliche Themen aus. Das kommt zumindest bei mir daher, dass es mir echt auf den
Zeiger geht, wenn Ehepaare erzählen, dass sie
sich gar nicht vorstellen können, wie ihre Ehe
ohne Gott funktionieren könnte – als wenn der
Partner der absolut letzte Vollpfosten wäre, und
nur durch Gottes übernatürliches Eingreifen
die Ehe mit diesem Menschen möglich ist.
Tipps für
Beziehungsstarter?
Kristina: Genießt die Zeit, in der ihr alles durch
eine „rosarote Brille“ seht, aber fallt danach
nicht aus allen Wolken, sondern arbeitet an
eurer Beziehung, redet viel miteinander.
Thorsten: Punkt 1: Küssen was das Zeug hält
– und gelegentlich miteinander reden. Wenn
das klappt, ist das schon mal nicht schlecht.
Punkt 2: Wenn das Küssen nachlässt – nicht
panisch werden, dann hat man mehr Zeit zu
reden. Punkt 3: Wenn das Reden auch nachlässt – don´t panic – man kann auch mal miteinander schweigen. Ansonsten wieder zurück zu
Punkt 1. Ach und bis zur Hochzeit das anlassen,
was ihr auch in einem Freibad noch anlassen
würdet. – Das hilft enorm für den Anfang.
Wie löst ihr Konflikte und
Meinungsverschiedenheiten?
Thorsten: Reden, lauter reden, sehr laut reden, schließlich lauter als sehr laut reden,
dann eine Zeit schweigen und getrennt voneinander nachdenken. Schließlich aufeinander zugehen, weil man auch selbst Fehler
gemacht hat, weil man den anderen liebt
und man möchte, dass es wieder gut ist.
Kristina: Manchmal auch erst mal weg, und wenn
es nur das Schlafzimmer oder so ist. Und oft
muss man über seinen eigenen Schatten springen
und wieder den ersten Schritt machen. In der
Bibel steht: „Lasst die Sonne nicht über eurem
Zorn untergehen.“ Klappt aber nicht immer.
Was wollt ihr als Paar noch
gemeinsam verwirklichen?
Thorsten: Wenn irgendwie möglich noch mit
anderen zusammen in einem Haus leben.
Sprich WG oder Kommune oder so was in der
Art. Halt sein Leben mit anderen teilen, um
dadurch gemeinsam vorwärts zu kommen.
Kristina: Ich hätte gerne noch mindestens ein Mädchen, damit ich noch weibliche Unterstützung bekomme, bei den
vielen männlichen Seyfrieds. Und mal ein
Jahr (oder mehr), das normal verläuft.
Thorsten und Kristina, Baujahr 1974 bzw. 1977, haben zwei Jungs. Sie wohnen seit 2008 in Biebesheim
am Rhein und gehen dort in eine evangelisch freikirchliche Gemeinde. Auf
einer Silvesterfreizeit 1996
in Cuxhaven haben sie sich
kennengelernt und nach einigen Spaziergängen bzw.
auf der Rückfahrt hat es
gefunkt. Geheiratet haben
sie Ende 1998, macht also
13 ½ Jahre Ehe.
Was macht
für euch eine gute Partnerschaft aus?
Eine gute Partnerschaft basiert auf Vertrauen
und Zugeständnissen. Wir finden es super, wie
es Paulus gesagt hat: „Der Mann liebe seine Frau
wie Jesus die Gemeinde und die Frau soll sich
dem unterordnen.“ (Epheser 5, 21-27) Eigentlich heißt das nichts anders als sich gegenseitig
respektieren und füreinander da zu sein. Eine
gute Partnerschaft ist wie beste Freunde sein.
Man kann einfach sehr viel miteinander teilen.
Was macht speziell eure Partnerschaft aus?
Eigentlich wollen wir, dass unsere Ehe so ist, wie
von Paulus beschrieben. Doch es gibt immer
wieder Dinge, da läuft es nicht so. Man zieht sein
Egoding durch oder frau gibt zu verstehen, dass
sie manche Freiheiten nicht zugestehen will. Das
Schöne an unsrer Partnerschaft ist, dass wir
immer wieder zusammen finden können und
wir unsere Entwicklung wahrnehmen. Unsere
Beziehung ist geprägt von Leas Krankheit, die
immer wieder Konflikte birgt, weil wir nicht das
machen können, worauf wir Bock haben. Das
hat uns aber auch ganz eng zusammen geschraubt und unsere Beziehung stark gemacht.
Wie lebt ihr euren Glauben als Paar?
Gemeinsames Bibellesen oder Beten klappt im
Alltag nur selten. Wir haben aber jetzt entdeckt,
wie gut es tut sich gegenseitig zu segnen. Ein
gemeinsamer Hauskreis ist uns auch wichtig.
Leitsatz eurer Beziehung?
Zur Hochzeit hat mir ein Freund
gesagt: „Ehe rockt.“
Wie löst ihr Konflikte und
Meinungsverschiedenheiten?
Das mussten wir lange lernen und sind immer
noch dabei. Auf jeden Fall reden, reden, reden
... Stolz überwinden. Eingeständnisse machen.
Was wollt ihr als Paar noch
gemeinsam verwirklichen?
Irgendwann mal eine Weltreise. Aber
jetzt erstmal den Jungen groß ziehen.
Christoph (29) und Lea (25) leben in Wohlfahrt und besuchen die FeG Eibelshausen.
Sie sind jetzt knapp zehn Jahre zusammen
und im Sommer wird der 7. Hochzeitstag
gefeiert. Kennengelernt haben sie sich bei
den Jesus Freaks in Siegen. Auf einer Freizeit
der Freaks und auf dem Freakstock 2002
hat es dann so richtig gefunkt.
Beziehungen
7
Was macht für euch eine gute
Partnerschaft aus?
Vertrauen in allen Bereichen, Kommunikation, individuelle Hobbys, nicht alles gemeinsam
machen müssen, gemeinsam musizieren ...
Wie lebt ihr euren Glauben als Paar?
Uns ist es wichtig, möglichst viele Freundschaften mit Nichtchristen zu pflegen
und zu erhalten. Wir bringen uns mit unseren Begabungen in der Gemeinde ein.
Wichtigste Erkenntnis durch
die Partnerschaft?
Man kann an schlechten Gewohnheiten arbeiten und sie verändern!
Die schönste gemeinsame Erinnerung?
Unsere Flitterwochen in der Karibik;
die Geburt von Paul und Nils.
Wie löst ihr Konflikte und
Meinungsverschiedenheiten?
Die „vier Ohren der Beziehung“ unter die
Lupe nehmen und herausfinden, wie der andere eine Aussage auch gemeint haben könnte.
Miteinander reden und sich Zeit dafür nehmen. Sich auch mal eine Auszeit gönnen.
Christin (34) und Christoph (36) leben in HerbornSchönbach, wo sie die FeG
besuchen. Sie sind seit 1997
ein Paar und seit 2000 verheiratet. Kennengelernt haben sie sich bereits in der
Schule, wo sie gemeinsam
im Schülerbibelkreis waren, näher dann bei einem
Silvesterurlaub mit gemeinsamen Freunden.
Interviews: Diana Eberwein
Redaktion: Bettina Kammer
Kindsein will gelernt sein
Das Vaterherz Gottes schlägt auch für dich
W
ir haben verstanden, dass Jesus
in die Welt kam, um am Kreuz
für unsere Schuld zu sterben.
Auch erkennen wir, dass er uns demonstriert
hat, was es bedeutet, in der Kraft des Heiligen Geistes zu leben. Aber Jesus kam auch
noch aus einem anderen wichtigen Grund: er
offenbarte uns Gott als liebenden Vater! Das
ist einzigartig! Unser Gott ist „Unser-Vater“!
(Matthäus 6,9) Keine Religion dieser Welt kann
sich so etwas auch nur annähernd vorstellen.
Jesus malt uns Gott als einen idealen Vater
vor Augen, dessen Herz voller Liebe, Gnade und
Güte ist (Lukas 15). „Ganz der Papa“, sagt man
manchmal, wenn man in einem Kind deutlich
den Vater erkennt. Betrachtet man das Leben
Jesu, sieht man das Vaterherz Gottes in Person,
denn der Sohn Gottes ist „ganz der Papa“!
Gott ist Ewig-Vater (Jesaja 9). Es gibt keine größere Liebe, als die von Abba-Vater. Er hat seinen
geliebten Sohn Jesus – sein eigenes Herz – für uns,
seine verlorenen Kinder, geopfert, damit wir wieder zu ihm nach Hause kommen können. Durch
sein Leiden und Sterben am Kreuz öffnet Jesus dir
und mir den Weg zurück zum Vater. Das Kreuz ist
die offene Tür zum Vaterhaus der Liebe Gottes!
Jesus lehrt seine Leute, Gott als „Abba“ (=Papa)
anzusprechen. Es geht um persönliche, vertrauensvolle Liebe, wie sie zwischen guten Eltern und ihren geliebten Kindern sein sollte.
8
Beziehungen
Gott ist nicht nur so etwas „wie“ ein Vater quasi
als Metapher. Er ist der Vater aller Vaterschaft,
die Quelle aller Schöpfung. Wir stammen direkt
von ihm. Jeder Mensch ist ein Glücksgedanke
aus seinem Herzen. Durch Gottes Vaterliebe
sollen alle Defizite menschlicher Beziehungen
geheilt und gestillt werden (Epheser 3).
Wenn du dich fragst, ob sich der himmlische Vater auch eine Liebesbeziehung zu
dir wünscht, dann sagt er dir: „Ja, ich will
dich unter die Kinder aufnehmen ... Ich dachte, du würdest mich Vater nennen und dich
nicht abwenden von mir.“ (Jeremia 3,19)
Wer in die liebenden Arme des himmlischen
Vaters umkehrt, findet völlige Annahme und
Vergebung, sowie Heilung, Schutz, Geborgenheit und Versorgung. Gottes Vaterschaft
bedeutet Segen für alle Lebensbereiche. Der
Vater ist der Lebens-Geber. Von ihm kommt
alles Leben und er ist auch derjenige, der alles Leben trägt und erhält (Lukas 12).
Im Vaterherzen Gottes schlägt jedoch auch
Mütterliches (Jesaja 66,13). Mann und Frau
sind nach seinem Bild geschaffen. Das zeigt uns:
Maskulines und Feminines entspringen gleichermaßen seinem Wesen. So tröstet uns sein Geist
(im Hebräischen durch das Wort „Ruach“ im
Femininum wiedergegeben), wie eine Mutter.
Geliebtes Kind oder Waisenkind?
Wenn Gott ein Ewig-Vater ist, dann bedeutet
dies, dass wir in Ewigkeit seine geliebten Kinder
sein werden. Mit anderen Worten: es ist nicht
unser Ziel, möglichst schnell autonom zu werden.
Jesus beschreibt die Nachfolge als „Kindschaft“;
als Kind-sein im Sinne von vertrauensvoller
Abhängigkeit! Wir sind Menschenkinder an der
Hand von einem großen Vater-Gott! Unsere
Identität bekommen wir durch seine Vaterliebe
und nicht durch eigene Leistungen oder Erfolge.
Wer noch nicht in dieser Realität des Geliebtseins angekommen ist, wird weiterhin wie ein
Waisenkind existieren: völlig auf sich allein
gestellt, in alltägliche Überlebenskämpfe verstrickt und auf der Suche nach einem Zuhause.
Der Ruf in unseren Herzen: „Abba – lieber Papa“,
wird zum Erkennungszeichen echten Christseins.
Niemand nennt seinen Vater „lieber Papa“, wenn
man ihn nicht als solchen kennen gelernt hat. Da
Jesus uns Gott als liebenden Vater vor Augen
malt, der mit seinen Kindern in realer
Gemeinschaft zusammen leben will,
müssen sich alle unsere Gottesbilder
an diesem Original messen lassen!
Abba-Vater will unser bester Freund
sein! „Glauben“ ist dann mehr als
fromme Leistung, dogmatische Rechtgläubigkeit oder religiöse Gefühlsduselei. Es geht um intensive Lebensgemeinschaft und Herzensbeziehung.
Der lebendige Gott sucht zwischen seinen Menschenkindern
und sich selbst eine Beziehung,
die auf Vertrauen, Liebe und
Respekt beruht. Dabei spielt
das menschliche Herz als Ort,
an dem Gefühl, Verstand und
Wille zusammen kommen, eine
sehr große Rolle. Nur wer bereit
ist sein Innerstes zu öffnen,
wird der großen Liebe Gottes
begegnen können. Und
genau da geschieht das
Wunderbare: Verletzte,
schmutzige und zerbrochene Menschenherzen
kommen mit dem Vaterherzen Gottes in Berührung und werden geheilt.
Herzenssache
Unser Abba-Vater hat
ein Herz voller Liebe
und Leidenschaft für
seine Kinder. Herz
ist bei ihm Trumpf!
Das ist nicht zu
„menschlich“ von
Gott gesprochen.
Leider haben
allzu viele eine viel zu „unmenschlichherzlose“ Vorstellung von Gott.
Viele von uns können sich überhaupt nicht
vorstellen, wie anziehend sie in den Augen des
Vaters sind. Eines der größten Hindernisse
für sie ist es, wenn sie glauben, dass ihr fehlerhaftes Menschsein abstoßend auf ihn wirken
könnte. Aber das ist nicht so! Wenn unser Sohn,
als er noch klein war, schmutzig vom Spielen
nach Hause kam, habe ich ihn hochgenommen und gewaschen. Ich habe den Schmutz
abgelehnt, jedoch niemals den Jungen.
Ja, wir haben gesündigt. Ja, wir haben Gottes
Herz gebrochen. Aber wir sind immer noch im
Fokus von Gottes Zuneigung. Viele Kinder haben
keinen äußerlichen Beweis der Zuneigung von
ihrem leiblichen Vater erfahren oder kein echtes
Mitleid gespürt, wenn sie verletzt worden sind.
Aber unser himmlischer Vater ist anders. Sein
Mitleid und Verständnis sind grenzenlos und er
sagt uns: „Mein Herz kehrt sich in mir um, ganz
und gar erregt ist all mein Mitleid.“ (Hosea 11,8)
Wer in dieser herrlichen Offenbarung der
Vaterliebe Gottes lebt, wer im eigenen Leben die
befreiende Kraft seiner Agape-Liebe erleben durfte, wird künftig die Welt mit anderen Augen sehen.
Er sieht sie fortan aus der Vaterherz-Perspektive.
Sehen aus der Vaterherz-Perspektive bedeutet,
alle Bereiche unseres Glaubenslebens, aber auch
unseres Alltags, bekommen durch die Vaterliebe Gottes eine andere Prägung. Wir werden
alles und jeden mit seinem Vaterherzen in Beziehung setzen und dadurch aus völlig
neuer Perspektive wahrnehmen.
Wenn du in der Vaterliebe
Gottes angekommen bist,
hast du ein wichtiges Ziel
erreicht. Du bist nach
Hause gekommen, in
die größte Liebe des
ganzen Universums.
Das ist ein Stück
Himmel auf Erden.
Söhne und Töchter des
himmlischen Papas
haben verstanden:
„Du bist mein geliebtes
Kind, an dem ich meine
ganze Freude habe!“ (Markus 1,11). Das ist Leben
in der „ersten Liebe“, denn er
hat uns zuerst geliebt (1. Johannes 4,19).
Peter Wössner leitet zusammen mit seiner Frau Heidi den JFI-Bereich „Project B –
Generations together“.
Gestaltung: Simeon Wetzel
Fotos: Visit Greenwich / flickr.com
Beziehungen
9
Familienurlaub
mal anders
Unterwegs mit einer siebenköpfigen Leihfamilie
A
ls ich meiner
Schwester
erzähle,
dass ich mit Manfred
und Katrin und den
Kindern in Urlaub
fahren werde, fällt die aus allen Wolken. „Bist
du verrückt“, fragt sie mich entgeistert, „mit
einem Paar in Urlaub zu fahren?! Fahr doch
lieber mit anderen Singles! Oder willst du den
Leuten dann zugucken beim Knutschen und so?“
„Nein“, sage ich, „verrückt bin ich nicht. Manfred
und Katrin sind nämlich richtig gute Freunde,
die tun so was nicht, wenn ich dabei bin.“
Gute drei Jahre (und drei gemeinsame Reisen)
später schicke ich mich an, diesen Urlaubsbericht
zu verfassen. Ich frage meine Freunde, ob ich
ihre Namen so verwenden darf oder mir andere
ausdenken soll. Außerdem erhoffe ich mir ein paar
hilfreiche Tipps zur Gliederung und so weiter.
Katrin benimmt sich kein bisschen hilfreich.
Sie kommt aus dem Lachen nicht mehr heraus,
eine schräge Erinnerung folgt der nächsten.
Der erste Urlaub führte uns, drei Große und
fünf Kleine, nach Ostfriesland. In ein total
unmöglich verbautes Ferienhaus mit Stufen
zwischen fast allen Räumen und einer nicht
kindertauglichen Treppe. Zumindest nicht für
Kinder unter zehn, und das waren sie damals alle.
Und dann der Tagestrip nach Baltrum. Wer
verpasst natürlich die Fähre zur Heimfahrt aufs
Festland? Zum Glück war es die vorletzte …
Weil das in jenem Sommer so gut geklappt
hat und die Kinder mich immer noch mögen,
fahren wir ein Jahr später nach Holland.
Wenn fünf Kinder auf einmal Freundschaft
geschlossen haben mit den putzigen kleinen
Wellen „am Anfang vom Meer“, wartet viel
nasses Zeug auf einen. Und wenn sie mit der
gleichen Begeisterung Bekanntschaft machen
mit den Rindern und Hühnern auf unserem
Ferienbauernhof … nun ja, denk dir was aus.
Dann folgte der nächste Ferienbauernhof,
dieses Mal in Schleswig-Holstein. Weitere
Abenteuer harren unser. Mindestens ein Kind
ist immer nass, die meisten Pfützen finden
ihren Weg auch in die Gummistiefel hinein.
10
Beziehungen
Kinder und Schmutz, das gehört zusammen. Ich bin im Urlaub auch nicht viel sauberer… eine Hose für zwei Wochen, na klar!
(Würde ich die anderen aus dem Koffer anziehen, wären sie doch sofort ebenso dreckig!)
Und dann noch der Knüller schlechthin: Katrin
und Manfred haben mich jedes Mal eingeladen!
Ich musste nichts bezahlen. Nicht fürs Haus, nicht
fürs Essen, nicht für gemeinsame Unternehmungen. Sie wollten mich dabei haben in ihrem
Urlaub. Weil wir uns ja schon so lange kennen und
schätzen und weil die Kinder mich auch lieben.
Toller Urlaub, denkst du jetzt vielleicht abgeschreckt. Fünf Kinder … oh Graus. Nee!
Mein Alltag ist ein Single-Leben, bis vor
kurzem ein arbeitsloses noch dazu, sodass ich
mir gar keinen Urlaub hätte leisten können. So
ein Volksauflauf ist für mich Abwechslung und
Erholung. Und dann muss ich nicht mal selber
kochen! Habe immer einen zum Reden. Kann mir
sogar aussuchen, ob das Gegenüber 35 Jahre alt
ist oder fünf. Das ist großartig und ein Gewinn.
Von so einem gemeinsamen Großfamilienurlaub
profitieren alle – sofern sich alle mögen, wovon
man ausgehen muss, denn sonst würde man ja
zuhause bleiben. Bei drei Erwachsenen kann sich
immer mal einer frei nehmen. Das entspannt.
Das Budget muss zu mehreren nicht so groß
sein, als wenn alle einzeln wegfahren. Deswegen mein Aufruf an Familien: nehmt einen
Freund oder eine Freundin mit. Es gibt nichts
besseres als entlastende Gemeinschaft.
Julia Pfläging
Da fehlt doch ein Paar. Wo ist denn bloß ...?
Wie weit geht
unser Interesse an anderen?
Als Heilssoldat, Jesus Freak und Single in einer Paargemeinde
E
s ist ziemlich spannend, in welche
Beziehungen Gott mich stellt und auch
schon gestellt hat. Als ich im August
2007 mit der Heilsarmee-Jesus Freak-Gemeinde
Chemnitz in Kontakt kam, angeregt durch den
ZDF-Fernsehgottesdienst, kannte ich kaum jemanden und wurde trotzdem nett aufgenommen.
Zu diesem Zeitpunkt gab es Singles und Pärchen und vereinzelte Ehepaare und Eltern in
der Gemeinde. In der Zwischenzeit sind einige
Pärchen zu Ehepaaren und Eltern geworden,
andere sind gegangen, manche dazugekommen.
Ich bin weiterhin einer der vermeintlich wenigen Singles in meiner Gemeinde, der sich damit
offensichtlich arrangiert hat. Aber wer kennt
diesen Menschen abseits des Gottesdienstes, den
er regelmäßig moderiert, wirklich? Wer weiß, wie
und wo er wohnt, was er mag, was er hasst?
Wahrscheinlich möchte oder muss man nicht
jeden aus seiner Gemeinde näher kennenlernen.
Allerdings fiel mir nach einiger Zeit auf, dass es
bestimmte Cliquen innerhalb der Gemeinde gab,
die es sicherlich, wenn auch durch personelle
Fluktuation etwas verändert, weiterhin geben
wird. Wie will ich da als Außenstehender Zugang
finden? Als kleines Hindernis kam noch hinzu,
dass ich in einem anderen Stadtteil als der Großteil der Gemeindemitglieder wohne. Zumindest
erlebte ich, dass sich bei Einladungen kaum Gäste
einfanden. Das mag auch mit der wachsenden
Zahl der Familien zusammenhängen; es wird aber
sicher nicht der einzige Grund gewesen sein.
Wie baute ich trotzdem Beziehungen auf? Es
war wohl eine Mischung aus gutem Timing und
Eigeninitiative. Als erstes ergab sich die Möglichkeit, ins Moderatorenteam einzusteigen. Neugierig wie ich bin, probierte
ich mich zeitweise auch als Lobpreiser
aus, was aber nicht
erfolgreich war.
Was auch viel mit
Beziehungen
zu tun hat,
ist der
Bereich
„Hauskreis“.
Mittlerweile
bin ich in der vierten Konstellation gelandet. Im
ersten Hauskreis waren Paare und Singles zusammen; er löste sich auf, weil das Leiterehepaar
einen Paarhauskreis starten wollte. Durch einen
Zufall kam ich in den zweiten Hauskreis, wo ich
schon jemanden aus einer anderen christlichen
Gruppe kannte. Hier waren wir nur zu fünft, aber
das war okay. Nach einiger Zeit schrumpfte dieser
Kreis auf drei und ich versuchte mich mit der
Hauskreisleitung. Allerdings fielen die Treffen
häufiger aus und deshalb suchten wir Anschluss
an einen sich neu gründenden Hauskreis. Hier
kam es zu einem Bruch, der mir zeigte, wie wenig
ich auf ehrliches direktes Feedback zählen konnte.
Ich hatte mich doch erheblich darin getäuscht, wie
ich bei anderen Leuten wahrgenommen wurde.
Nach einer längeren Zeit ergab sich dann die
Möglichkeit in einen gemeindeübergreifenden Hauskreis reinzurutschen, der aber gerade
dabei ist sich zu wandeln und sich in absehbarer Zeit leider auflösen wird. Aber er ist sehr
gewinnbringend, da wir nur zu viert sind.
Parallel zu diesen Ereignissen integrierte ich
mich weiter in die Gemeinde, wurde nach einem
Jahr Gemeindemitglied, lernte auf ein paar Veranstaltungen auch die Heilsarmee kennen und
so wuchs der Wunsch, noch einen Schritt weiter
zu gehen. Ende 2010 fiel dann der Startschuss
zu einem Soldatenkurs, der seinen Abschluss an
Ostern 2011 fand. Mit der für mich logischen
Konsequenz dokumentierte die Einreihung als
Heilssoldat im Juni 2011 meinen Entschluss.
Dieser Schritt kam offensichtlich überraschend
für einige Leute aus der Gemeinde. Aber wie weit
geht das Interesse für die Leute um uns herum?
Wir stehen an unterschiedlichsten Punkten im
Leben, sind aber auch Teil der Gemeinschaft
„Gemeinde“. Reicht es uns, dort nur ein paar gute
Freunde zu haben, aber viele Menschen nicht näher zu kennen, wo wir doch Familie sein wollen?
2012 knüpfe ich hoffentlich engere Beziehungen zu den Freaks und wünsche
mir, nicht als Bruchpilot zu enden.
Malte Hubrich (36) gehört zur Heilsarmee-Jesus Freak-Gemeinde Chemnitz. Er ist Heilssoldat, Jesus Freak und seit einigen Jahren wieder
Single. Student ist er keiner mehr, aber auch
noch nicht berufstätig, dafür hilft er gern und
auch viel ehrenamtlich.
Illustration: Bettina Kammer
Beziehungen
11
Küssen verboten?!
Die Singlin* – Annäherung an ein unbekanntes Wesen
B
evor unsere Sprache für alles englische
Wörter übernahm, gab es keine Singles. Damals hießen diese Menschen
Alleinstehende. Ein furchtbar altmodisches Wort,
und auf eine grausam ehrliche Art einfach nur
wahr. Die Singlin mag hundert Freunde haben,
aber im kritischen Moment steht sie allein da.
Kritische Momente gibt es viele. Die
einen sind kritisch für die Singlin selber,
die anderen sind es für ihr Umfeld.
Ist die Singlin beziehungstechnisch gut drauf, ist sie gerne
Singlin. Ist sie schlecht drauf,
hat sie Torschlusspanik. Ist
das Umfeld der Singlin zugleich auch schlecht drauf, hat
es einfach kein Verständnis.
Verbringt sie Zeit mit einem
Pärchen, muss entweder die männliche Pärchen-Hälfte bangen, Zielscheibe für Lästereien zu werden, oder die
weibliche Hälfte muss ebensolches tun, weil
die Singlin ihr den Mann ausspannen könnte.
Wo die beiden sich doch so gut verstehen! Was
sollen denn immer diese Blicke?!? Oder die Singlin
muss bangen, drittes Rad am Zweirad zu sein.
Ist es ratsam, Zeit mit Paaren zu verbringen?
Wohl kaum. Dauernd hocken die aufeinander.
Früher konnte man noch anständige Sätze mit
ihnen reden, aber seit sie sich nur noch aneinander festhalten, könnte die Welt untergehen, sie
würden es nicht merken. He, lass ihn mal los! Er
wird nicht umfallen! Hat jemand zugehört? Nein.
Entschließt sich die beste Freundin der Singlin, keine Singlin mehr sein zu wollen und
setzt das auch erfolgreich um, so ergeben sich
drei Möglichkeiten der Kommunikation.
Erstens. Die Singlin wird umgehend in Kenntnis
gesetzt. Zweitens. Die beste Freundin der Singlin
ist so überglücklich, dass es jeder mitbekommt,
also auch die Singlin und sie freut sich (mehr oder
minder zähneknirschend) mit. Drittens. Die beste
Freundin verschweigt es der Singlin erst mal, um
den bestmöglichen Zeitpunkt für die Offenbarung
der Änderung des Beziehungsstatus’ abzuwarten.
Äh, viertens: „Du musst jetzt ganz stark sein …“
Hat eine Pärchen-Hälfte mal den Hals voll von
ihrer Beziehung, so muss sie sehr genau abwägen, ob sie der Singlin gegenüber Dampf ablässt.
Sprüche wie „Du hast es ja gut, du musst dich mit
12
Beziehungen
niemandem einigen“ können sowohl nach vorne
als auch nach hinten losgehen. Soll heißen, die
Reaktion darauf kann sein: „Stimmt, dein Kerl ist
echt nicht mehr ganz dicht! Komm, wir gehen …“
(na, was dann halt getan wird – shoppen, eisessen,
saunieren oder was auch immer), sie kann aber
auch sein: „Hör du bloß auf, ich wär froh, wenn
ich so einen tollen Mann hätte!!“ Im Zweifelsfall mit Tränen in der Stimme. Selten,
dass obige Sätze einfach nur als
neutrale Aussage wahrgenommen werden. Sehr selten.
Wie also umgehen mit der
Singlin? Tja. Ich müsste
es wissen, ich bin eine.
Seitdem habe ich jede der
geschilderten Situationen
schon mal erlebt. Was
hilft den Leuten, die bei
Eheseminaren frei haben?
Die Einrichtung einer
Singlegruppe hilft nicht. Singles kann ich auch so treffen, dafür brauchts keine extra organisierte
Gruppe. Was mir wirklich helfen würde, gerade an Tagen, an denen die Singlin nicht gut
drauf ist, wäre ein bewussterer Umgang der
Paare miteinander in der Öffentlichkeit.
Ich will kein Knutschverbot im Gottesdienst.
Verbote helfen nie. Aber ich hätte gerne, wenn
du, Pärchen-Hälfte, dich in Zurückhaltung
übst, was Zärtlichkeiten mit deiner anderen
Hälfte betrifft. Versuch es wenigstens mal. Wie
gesagt, der Partner wird nicht umfallen.
Damals, als die Singles noch Alleinstehende
hießen, gehörte es sich nicht, in der Öffentlichkeit zu küssen. Das ist etwas anderes als
ein Verbot. Bei einem Verbot braucht es immer
Leute, die die Einhaltung kontrollieren. Wenn
sich etwas nicht gehört, schaut jeder selber
darauf, die Werte zu achten. Ich kann es nicht
beurteilen, „damals“ war ich nicht dabei, aber ich
denke schon, dass es einfacher zu ertragen war.
Julia Pfläging (35) fragt sich manchmal,
womit sie ihre Zeit so verplempert, während wesentlich jüngere Familienmitglieder heiraten und die Sippe vergrößern.
Prima zum Thema passt der Text „Anmut
und Liebreiz“ der Autorin, veröffentlicht
im Buch „Besser wird’s nicht.“ Lerz/Hübscher (Hg.), Brendow-Verlag 2010.
*Gleiches gilt natürlich für den Single.
Zwischen Buhmann
und Held
Wie die Beziehung zwischen Vater
und Tochter aussehen kann
E
rziehung ist doof, Erziehung
ist out – wir sind bei Be-ziehung.“ (Katja Saalfrank)
Dieser Satz traf! Bringt er doch das Thema
über das ich schreiben will genau auf den Punkt.
Denke ich so darüber nach, kann ich das Thema
Vater-Tochter-Beziehung eigentlich nur schwer
greifen. Was kann ich schon darüber schreiben,
wenn ich nicht den Besserwisser und Klugscheißer raushängen lassen will. Also kann ich nur über
meine Beziehung zu meiner Tochter schreiben.
Was ist das also für eine Beziehung? Diese eine
Beziehung, die so einmalig und individuell ist, wie
die beiden Menschen, die sie gestalten? Meine Rolle war hierbei ganz unterschiedlich.
Zuerst war ich der Vater, der zusammen mit der Mutter versucht das
kleine Mädchen zu erziehen. Da
war ich dann auch mal der Buhmann, wenn es wieder was
zu verbieten galt, oder der
Held, der das Lieblingsspielzeug repariert hat.
Mir war immer wichtig, in meiner Tochter eine eigene Persönlichkeit zu
sehen, sie nicht in eine Form zu pressen, die mir
gefällt, sondern ihr Hilfen zu vermitteln, wie sie
auf eigenen Füßen durchs Leben kommt. Für mich
war sie nie der Befehlsempfänger, der zu gehorchen hatte. Zum Leidwesen meiner Tochter hab
ich sie dann auch oft genervt, ich wollte ja, dass
sie meine Entscheidung auch versteht. Genauso
hatte meine Tochter aber auch das Recht mit mir
zu schimpfen, was sie ausdrücklich genossen hat.
Wenn sie Recht hat, hat sie Recht. So hab ich mich
auch manches Mal bei ihr entschuldigen müssen.
Nach der Scheidung zog meine Tochter
mit ihrer Mutter von Hamburg an die Wesermündung. Zu weit für mich, um alle zwei
Wochen einen Tag zu Besuch zu fahren. Zu
weit für meine Tochter, um mit zehn Jahren
mit dem Zug nach Hamburg zu fahren.
Das war für mich ein unerträglicher Zustand, so
zog ich innerhalb weniger Monate nach Bremen,
um in der Nähe meiner Tochter sein zu können.
So konnten wir uns regelmäßig sehen, was mir
sehr wichtig war. Wir
konnten uns so ganz
offen über die Trennung aussprechen, wie es
uns dabei
geht
und meine Tochter durfte dabei auch
wieder kräftig mit mir schimpfen.
Einige Jahre später, als Teenager, war
ich dann nicht so angesagt an den Wochenenden. Meine Tochter hatte damals sicherlich
einen Terminkalender größer als der der Bundeskanzlerin. Reitturniere, Geburtstagsfeiern,
Partys, Dates. Alles, was Teenager so machen,
nur Eltern sind da so wenig angesagt wie Pickel.
Entgegen aller Ratschläge habe ich damals
nicht auf die 14-tägige Wochenenden bei mir
bestanden. Natürlich hatte ich schon Angst
wir könnten uns entfremden, aber ich habe auf
Quality-Time statt Quantität gesetzt und ihr ihre
Freiheiten gelassen. Weniger ist manchmal mehr.
Dieses Jahr wird meine Tochter 23 und studiert in Hamburg. Wenn wir uns sehen, empfinde
ich die Gespräche als sehr intensiv, persönlich
und offen. In unserer Beziehung sehe ich in ihr
nicht nur die Tochter, sie
ist mir auch eine gute Ratgeberin und Freundin, auf
die ich sehr stolz bin.
Rainer Mick (45) gehört zu den
Freaks in Bremen und freut sich
auf die Großvater-EnkeltochterBeziehung.
Illustration: Ben R.
Beziehungen
13
Scheidung, und nun?
Wie gehen wir mit geschiedenen Paaren in der Gemeinde um
B
eim Thema Beziehung zwischen Mann und Frau kommt man meist automatisch zum Thema Ehe und somit auch zum Thema Scheidung. Denn es
ist eine nicht wegdenkbare und unübersehbare Wirklichkeit, dass Beziehungen, die durch den Bund der Ehe eigentlich auf immer und ewig geschlossen
wurden, uneigentlich wieder gelöst werden und somit nicht bis zum Tod bestehen
bleiben.
Nun ist diese „Tatsache“, dass es Scheidungen gibt, ja keine Erfindung der ach
so bösen Postmoderne mit ihrem vielfach beschrieenen Werteverfall. Schon im
5. Buch Mose (24,1-4) werden die Kausalitäten für die Ausstellung eines Scheidungsbriefes beschrieben, womit die Frau aus der Ehe entlassen werden konnte.
Jesus erklärt später den Pharisäern, dass Mose das Verfahren der Scheidung nur
wegen der Herzenshärte der Menschen erlaubt habe, dies aber nicht die Grundidee von Ehe sei (Matthäus 19,8). Deswegen sagte er auch: „Was nun Gott zu
einem Paar verbunden hat, das darf der Mensch nicht scheiden“ (Markus 10,9).
Hier wird ein Konflikt im Denken zwischen Idealbild und erlebter Wirklichkeit
ganz deutlich, auf der einen Seite steht die untrennbare von Gott gegebene Ehe und
auf der anderen Seite der Alltag von Menschen, der Ort wo das Wort „untrennbar“
eher relativ ist. Ich gehe davon aus, dass Jesus sich dieser Sache durchaus bewusst
war und ist. Er kennt uns Menschen durch und durch und weiß, dass unsere Versprechen und Schwüre oft so zuverlässig sind wie der Fahrplan der Deutschen
Bahn. Seine Position ist klar, Ehe soll eine unauflösliche, auf Ewigkeit angelegte
Verbindung sein. Dennoch verstößt er die nicht, die daran gescheitert sind, die die
sich vorm Altar verkalkuliert hatten, die die sich auseinander gelebt haben und die
warum auch immer nicht mehr zusammen den Weg gehen können oder wollen.
Mich haben nun folgende Fragen beschäftigt: Wie gehen wir in unseren Gemeinden bei den Freaks und als Christen ganz allgemein damit um, dass sich
Paare scheiden lassen? Was passiert danach und was davor? Ich halte diese Fragen für sehr wichtig, denn wir sitzen ja im selben Boot (Kurs auf Jesus und so),
laufen dem Siegeskranz entgegen, wir als Christen gehen unseren Lebensweg
bewusst gemeinsam. Wir feiern Taufen, Hochzeiten, Beerdigungen usw. gemeinschaftlich in Gottesdiensten (in schlau nennt man so etwas Kasualien). Es
werden also wichtige Lebensstationen mit dem Glauben verknüpft und der Segen Gottes wird über den oder die Menschen ausgesprochen. Man teilt Freude
und Leid, weint zusammen Tränen voll Freude oder voll des Schmerzes, weil wir
„eine Gang, eine jesusmäßige Familie …“ sind (Charta, 3. Vision und Werte).
Hierauf möchte ich meine beiden Fragen stellen und zwar konkret bezogen auf
Hochzeit und Scheidung. Eine Hochzeit ist meist ein riesiges Fest mit Familie,
Freunden und Gemeinde, dazu gibt es einen fetten Gottesdienst und der Prediger
trägt statt der löchrigen Jeans eine intakte und hat die Chucks vorher nochmal in die
Waschmaschine gesteckt, statt Klampfe und Cajon gibt es E-Gitarre und Schlagzeug,
halt was Besonderes. Alle freuen sich und sind bester Laune, es hagelt Glückwünsche.
Fünf Jahre später ist der Ofen aus, das Traumpaar von damals trennt sich. Was nun?
Klar etwas überspitzt geschrieben, aber ich denke nicht so weit vom Alltag weg.
Nun gibt es ja verschiedene Konzepte, damit umzugehen. Den Klassiker – den ich
nicht gut finde – will ich mal zum Beispiel machen: die Zwei gehen auseinander
und werden nie wieder zusammen gesehen, der eine kommt weiter in die Gemeinde, die andere sucht sich was Neues. Aber auch für die anderen aus der Gemeinde
ist es oft nicht einfach damit umzugehen, Freundschaften, die plötzlich nicht mehr
funktionieren, oder nicht zu wissen, wie man den Getrennten begegnen soll.
Ich möchte mich für zwei Dinge stark machen. Erstens eine wirkliche Begleitung
von Paaren, die in Schwierigkeiten kommen, die vor und nach einer Trennung
14
Beziehungen
eine wichtige Rolle spielen sollte. Zweitens könnte ich mir eine Art „Scheidungsgottesdienst“ vorstellen, also einen Gottesdienst, wo die Trennung des Paares
gemeinsam vor Gott gebracht werden kann. So wie eine Eheschließung öffentlich
ist, soll es auch die Trennung sein. Dies erfordert natürlich eine intensive Vorbereitung, aber auch jede Menge Mut, besonders auf der Seite der Betroffenen.
Ich hoffe, dass wir als Christen und speziell als Jesus Freaks, einen ehrlichen und
guten Umgang mit unseren Fehlern und unserem Scheitern bekommen, dass wir
Leute sind, die auch Unschönes miteinander teilen können und wollen. Ich wünsche
mir, dass getrennte Paare weiter in die alte gemeinsame Gemeinde gehen können
und dass diese dort zusammen Vergebung, Buße und Heimat erleben können. Ich
wünsche mir, dass die Gemeinde vor Schmerz mitheulen kann, wenn eine Ehe zu
Bruch geht und trotzdem die Einzelnen, um der Gnade und Liebe Christi willen, für
das weitere Leben segnen kann. Ich denke, wir sollten uns dieser Herausforderung
stellen, nicht weil ich Scheidungen gut finde, sondern weil sie da sind. Ich denke
auch nicht, dass dadurch die Ehe abgewertet werden würde, sondern im Gegenteil,
denn wird nicht erst eine Sache richtig wertvoll, wenn man sie auch verlieren kann?
Tobi Mühlbach ist
mit Martina seit fast
zwei Jahren verheiratet und will, dass
dies auch noch sehr
sehr lange so bleibt.
Himmelhoch und abgrundtief
Szenen einer gescheiterten Ehe
J
etzt hast einen Mann der‘rennt, jetzt
kannst oid und schiach werdn.“
Ratschlag für meine erste Frau von ihrer Oma, am Tag
unserer Hochzeit. Sieben Jahre hat es gedauert, bis sich Differenzen
und geänderte Lebensumstände so weit angehäuft hatten, dass sogar
gute Freunde ratlos waren. Wir konnten uns gegenseitig das, was der Andere brauchte, nicht geben, weil wir selber ausgehungert waren. Wie sehr wir
ausgehungert waren, merkten wir erst, als jeder in eine Affäre hineingestolpert
war. Parallel dazu hatten wir uns in unseren Lebenskonzepten unüberbrückbar
weit voneinander entfernt, und als meine Frau dann ihr Studium beendet hatte und wirtschaftlich auf eigenen Beinen stand, trennten wir uns endgültig.
Davor haben wir aber noch monatelang mehrere Stunden täglich diskutiert,
alle Aspekte beleuchtet. Unsere Eltern analysiert: „Ohne es zu wollen habe ich
meinen Vater geheiratet.“ Unsere Entwicklungsphasen: „Ich möchte mich verändern.“ – „Ich mich auch, aber ich trau mich nicht meinen Trampelpfad zu
verlassen, ich bleib lieber bei dem, was ich von meinen Eltern übernommen
habe.“ Die äußeren Umstände die uns das Leben schwer gemacht hatten ... Viele
Urlaubsträume und Wohnungseinrichtungsideen sind an Geld, Zeit, Kraft oder
an anderen äußeren Zwängen gescheitert. Die gemeinsamen Projekte, die irgendwann nach ein paar Jahren dann doch nicht mehr „gemeinsam“ waren ... Plötzlich
wurde etwas, was für dieses „Ein Herz und eine Seele“-Feeling gesorgt hatte, für
den einen Partner zum Feindbild, während der andere sich verraten fühlte.
Die überzogenen Erwartungen und die darauf folgende Enttäuschung, dass
der Traumpartner doch nicht der unverwüstliche Superheld oder die Superheldin ist, der alles kann und immer souverän ist, sondern sich manchmal wie ein
eigensinniges Kind verhält. Psychische Dinge wie traumatische Erlebnisse aus der
Kindheit, die sich in Blockaden, Zwängen und im Extremfall in fiesen Persönlichkeitsstörungen äußern können, mischen aber auch noch mit, vergiften jahrelang
unerkannt die Beziehung oder können nie wirklich dingfest gemacht werden.
Die wahrscheinlich schwierigste Balance, an der wir gescheitert sind, war die
zwischen emotionalem und sexuellem Schutzraum. Normalerweise, so die Theorie,
Beziehungen
15
kann eine Frau, die Anerkennung, Zuneigung,
ungeteilte Aufmerksamkeit und emotionalen
Halt bekommt, problemlos ihren Partner sexuell befriedigen. Und umgekehrt, ein Mann, der
sexuell glücklich ist, gibt selbstverständlich seiner
Frau überfließend Anerkennung, Zuneigung,
ungeteilte Aufmerksamkeit und emotionalen
Halt. Diese Balance existiert normalerweise zu
Beginn jeder Beziehung. Aber dann kommen
die tausend Ratten vom Absatz davor, die daran
nagen bis die Balance zusammenbricht – und die
Ehe wird für beide zum qualvollen Gefängnis.
Paradoxerweise betrachte ich genau diese
grauenvollen Erlebnisse als Beweis dafür, dass
die Ehe ein Element aus dem Paradies ist, ein
Geschenk, das uns Gott mit auf dem Weg auf
dieser Erde gegeben hat. Nur etwas, was letztendlich einen Menschen wirklich glücklich machen
und befriedigen kann, wenn es gelingt, kann ihn
auch derart verwüsten wenn es schief läuft!
„Vom juristischen Standpunkt aus ist die Scheidung ein Ereignis – aus sozialwissenschaftlicher
oder therapeutischer Sicht handelt es sich jedoch
um einen komplexen, mehrdimensionalen und
dynamischen Veränderungsprozeß, der zwei
Jahre und länger dauert.“ (Martin R. Textor)
Dieser Zyklus, was läuft da alles ab? Meistens
beginnt es mit einer unspezifischen Unzufriedenheit, wird unerträglich, man sucht nach
Lösungen, findet keine. Schwanken, Zögern,
innere Zerrissenheit, „vielleicht wird ja doch alles
gut“ ... je nach Charakter, je nachdem wie viel
man investiert hat, je nach äußerem Druck („Was,
die Tochter des Pastors?“) kann dieser Entscheidungskonflikt einige Jahre dauern. Gespräche mit
dem Partner, dann mit Freunden, jeder will auf
einmal wissen warum man jetzt über Scheidung
nachdenkt, „ihr passt doch so toll zueinander!“
Und dann, wenn man emotional sowieso schon
am Ende ist, kommt das Scheidungsrecht: Nicht
nur muss man bereits längere Zeit getrennt
gelebt haben, auch die materiellen Folgen müssen
geklärt werden. Wer bleibt in der Wohnung, wie
wird der Hausrat aufgeteilt, Matratze, Decken,
Tücher, CD-Sammlung, Bücher, Möbelstücke,
Sofas, Geschirr, Werkzeug, Computer? Wer bekommt den Schlüssel, wer zahlt die Miete? Auch
die Unterhaltszahlung muss geklärt werden,
die Scheidung hat Auswirkungen auf Krankenversicherung und Rente. Textor schreibt
treffend, „daß sich viele Ehepartner über
die emotionalen, sozialen und materiellen
Folgen einer Trennung nicht im Klaren sind.“
Gemeinsame Kinder? Die fallen üblicherweise als allen Wolken, wenn sich die Eltern
trennen. Mangels eigener Erfahrung möchte
ich auf den Scheidungszyklus von M. Textor
16
Beziehungen
verweisen. Etwa zwei Drittel des Handbuches
gehen auf das Empfinden und die psychische
Situation der Kinder ein (Schock, Schuldgefühle, Loyalitätskonflikte, Ersatzrollen, Verlust
der Identifikationsfigur, Essstörungen usw.).
Und dann der Tag. Unterschrift unter die
Scheidungsurkunde, nochmal ein Stich ins
Herz. Paradoxerweise war jetzt der Richter das
gemeinsame Feindbild und wir haben uns blendend verstanden ... Die Wochen danach waren
geprägt von Traurigkeit, Verlustgefühlen, innerer
Einsamkeit. Meine Ex-Frau ist jedoch recht bald
umworben worden (und leider einem Lebemann
auf den Leim gegangen) und mein eigenes neues
Lebensumfeld, eine große Hippie-WG, lieferte
zu viele neue Anregungen, um in der Einsamkeit
zu versinken. I survived – ich hab‘s überlebt.
Und Gott? „Denn er weiß, wie vergänglich
wir sind; er vergisst nicht, dass wir nur Staub
sind. Der Mensch ist wie das Gras, er blüht wie
eine Blume auf dem Feld. Wenn der heiße Wüstenwind darüberfegt, ist sie spurlos verschwunden ...“ (Psalm 103, Verse 14-16, Hoffnung für
alle). Ja, ich habe meinen Teil verbockt, es war
totally fucked up. Gott hat uns in seiner Gnade
und Liebe hindurchgetragen, er hat uns vergeben und uns geholfen, einander zu vergeben.
Aber warum hat er unsere Ehe nicht einfach
repariert, warum hat er nicht alles wieder heile
gemacht? Ich versteh das als Wertschätzung
von seiner Seite aus: Er behandelt uns nicht
als Kinder, hinter denen man herputzt, sondern als Partner, die Verantwortung tragen,
und die ihre Fehler auch ausbaden müssen.
Jede durchlebte Krise kann mich verbittern
oder vertiefen, je nachdem wie ich damit umgehe. Meine Entscheidung war: Wachsen und
lernen. Ich bin barmherziger geworden, wenn
ich sehe, wie Mitmenschen an ihre Grenzen
kommen. Ich bin sensibel für meine eigenen
Bedürfnisse geworden, ich kenne mich besser.
Ich weiß, wo ich anpassungsfähig bin und wo
meine Bruchgrenzen sind. Ich weiß inzwischen
auch, dass dies alles kein Garant für Gelingen
ist. Jede Beziehung ist etwas völlig Neues, beinhaltet das Risiko, wieder voll einzufahren. Aber,
ich habe geschmeckt, wie toll Ehe sein kann.
Klaus Botschen aus Wien, 45 Jahre, davon insgesamt 17 Jahre Eheerfahrung,
Wiederholungstäter aus Überzeugung.
Martin R. Textor: „Scheidungszyklus und
Scheidungsberatung: Ein Handbuch.“
Vandenhoeck & Ruprecht, 1991.
oder unter: www.sgbviii.de/S170.html
Illustrationen: Tobias Textor
Mystery Men: Der Symbiont
... und sein Ehealltag
da muss aber in
Vielleicht heirat‘ ich s‘ doch noch;
ringen darf.
den Kontrakt hinein, dass ich s‘ umb
y und Schneider“)
(Johann Nepomuk Nestroy in: „Lad
„Guten Morgen, Schatz.“ „Ach, laß mich schlafen.“
„Ja, aber es ist Zeit aufzustehen.“ „Schon? Ich
bin doch gerade erst eingeschlafen. Du hast
schon wieder die ganze Nacht geschnarcht.“
Na toll, jetzt ist er wieder den ganzen
Tag brummelig, weil er schlecht geschlafen
hat. Na vielleicht hilft ihm ein Kaffee.
„Wo ist denn die Zeitung?“ „Keine Ahnung. Du
weißt doch, dass ich die Zeitung nicht mag.“ „Aber
man sollte sich mit Politik und dem Weltgeschehen auseinandersetzen.“ Mit Raubüberfällen, Leichen, korrupten Banken, Wirtschaftskrisen und Regierungen, denen es um ihr eigenes
Wohl geht. Nein, danke. „Noch ein Brot?“
„Ich wünsche dir einen guten Tag! Ich liebe dich
Schatz.“ „Ja, bis am Abend.“ Brummelig, sag ich
ja. Die Zahnpasta hat er auch wieder offen liegen
gelassen. Wo hat sie denn das Auto geparkt? Sie
weiß doch, dass ich es morgens finden muss und
keine Zeit habe, es zu suchen.
„Hallo.“ „Hallo.
Und wie war dein Tag?“ „Ein
Kunde hatte eine hohe network latency,
weil bei seinem Router ein Board abgeraucht
ist. Und deiner?“ „Nichts besonderes. Einkaufen,
Wäsche waschen, bisschen was sauber machen. Und
deine Mutter hat angerufen. Sie wollte wissen, ob
wir zur Taufe kommen und ob wir früher kommen
können, um noch bei der Dekoration zu helfen. Ich
habe gesagt, dass das kein Problem ist.“ „Wieso? Wir
wollten dort doch gar nicht hingehen. Warum
sagst du zu? Und mithelfen auch noch.“ „Nur
weil wir ein anderes Taufverständnis haben, heißt
das ja nicht, dass wir uns jetzt respektlos verhalten
müssen. Wir können ihre Art zu glauben doch auch
einfach respektieren.“ „Gestern hast du mir noch
die Ohren vollgejammert, dass wir straighter
sein müssen und ich mal klare Linien haben soll.“
„Das war was anderes. Da ging es darum, dass es einfach nicht geht, wenn Leute im Hauskreis Lügen über
andere aus der Gemeinde verbreiten. Das kann man
doch nicht einfach so stehen lassen.“ „Ich sehe den
Unterschied nicht. Entweder wir leben straight
oder wir lassen es!“ „Du verstehst mich nicht.“
„Dann erklär es mir.“ „Das habe ich doch gerade. Wo
ist da das Problem? Ach, du verstehst doch nie was!“
„Was verstehe ich denn jetzt wieder nicht? Du
verstehst mich doch auch nicht!“ „Ich verstehe dich
nicht?! Die ganze Zeit kümmere ich mich um dich
und dann das. Wozu mach ich das überhaupt? Aber
dir ist eh alles egal.“ „Stimmt doch gar nicht. Es
ist mir nicht egal, dass ich jetzt am Wochenende
bei dieser Taufe mitspielen muss.“ „Ach das ist
dir nicht egal? Das ist deine Familie! Wie kannst du
zu deiner Familie so sein?“ „Die wissen doch was
wir glauben. Warum soll ich jetzt so tun, als wär
das nicht so?“ „Weil es deine Familie ist.“ „Und?“
„Du bist unmöglich!!!“ „Und du nicht? Du
schreist mich schon wieder an und ich weiß
nicht mal warum. Seit ich nach Hause gekommen bin, bist du gereizt und unterstellst mir
Sachen.“ „Weil man mit dir nicht vernünftig reden
kann.“ „Mir reicht‘s. Ich geh jetzt Warhammer
spielen.“ „Ja genau! Geh zu deinen Computern!!!“
Konstruktives Streiten
Grundregeln des fairen Streitens:
1. Meinungsunterschiede sind wichtig und normal.
2. Vermeide Streit in gereizter Stimmung
und unter Alkoholeinfluss.
3. Lerne, bereits die Vorboten für
Streitgewitter zu erkennen.
4. Sprich Konflikte bewusst an und höre auch zu.
5. Beide Partner haben die gleichen Rechte.
6. Vermeide Schuldfragen, In-die-Enge-Treiben
und Verallgemeinerungen (du immer).
7. Bleib beim Thema, um das es konkret
geht, in der Gegenwart und persönlich
(ich, du; nicht: man, einer).
8. Findet ein Ende. Dreht euch nicht im Kreis.
9. Feiert Versöhnungen und gefundene Lösungen!
Ramona Botschen schreibt dann mal Diplomarbeit, freut sich über Themenanfragen und wenn jemand sich Helden ausdenken will. Ja, Symbionten sind Helden. Alle.
[[email protected]]
Zehn Regeln für eine stabile
Partnerschaft:
http://redir.ec/liebeauf-dauer
Illustrationen:
Ben R.
17
Leben und leben lassen
…oder der Versuch acht Verrückte unter einen Hut zu kriegen
K
ommt man in eine WG mit Leuten, die aus ihrer artgerechten
Umgebung herausgerissen wurden, wird zuerst ausprobiert, wie man mit
den verschiedenen Charakteren auskommt.
Dieses Phänomen machte auch vor uns nicht
halt. So prallen die unterschiedlichsten Persönlichkeiten aufeinander: der Chiller, die Sportliche, die
Musikalische, der Zocker, die Intellektuelle, die
Stylerin, der Poser und die Verrückte. Und jetzt?
Schon sehr bald hat jeder seine Taktik entwickelt, wie er mit den anderen klar kommt. Das
ist auch notwendig. Wir können uns hier quasi
nicht aus dem Weg gehen, da wir sowohl zusammen leben als auch zusammen arbeiten. So fingen
wir an, uns mit den (für uns) sympathischsten
Leuten stärker zu befassen. Dadurch lernten wir
unterschiedliche Menschentypen kennen und
mit diesen umzugehen. Das WG-Leben entwickelte sich zu einem tropischen bis subtropischen
WG-Klima, also wurde es kuschelig warm.
Lebt man dann einige Monate zusammen,
kommt dies einem wechselwarmen Tier im Sommer gleich. So gibt es die langen, warmen und
schön sonnigen Momente, in denen man viel
zusammen unternimmt. Und es gibt die kurzen
kälteren Momente, in den man sich zurückzieht,
weil zum Beispiel über die artgerechte Aufbewahrung der Butter gestritten wird. Dabei kann es
schon mal passieren, dass wir zu weit in das Revier
des anderen vordringen und es zu Raufereien
kommt. So lernt man ganz nebenbei Konflikte
anzusprechen und zu beseitigen. Und jeder weiß
jetzt, wann er wie viel Zeit für sich braucht. Trotzdem kann uns lebendes Brot und ein Kacktagebuch nicht unsere fette Freundschaft zerstören.
Letztendlich haben wir also in der wild
zusammengewürfelten WG unsren persönlichen Platz gefunden. Unsere Eintragungen
im Tagebuch hätten wohl so ausgesehen:
Tag 1: … alles ist doof, ich will nach Hause!!! Ich
kenn hier keinen und die sind alle komisch! Hilfe!
Tag 3: … ok, ganz so schlimm sind sie doch
nicht, aber ich will trotzdem heim. Bin noch
sehr skeptisch, wie die Leute so ticken und was
sie für eigenartige Anwandlungen haben.
Tag 22: Wow, hier ist es so genial, ich will
nimmer weg. Wir ham ‘ne Spitzenzeit zusammen. Meine WG ist soooo toll!!!
Wir sind die „Neuen“ bzw. die „Quereinsteiger“
und noch nicht so lang dabei. Am Anfang waren
18
wir beide sehr skeptisch, wie die Zeit hier wird
und ob wir integriert werden. Die Sache kam uns
hier noch sehr komisch vor. Doch trotz, dass es
hier ein Jahresteam gibt, kommen über das Jahr
verteilt immer wieder Praktikanten, die einige
Wochen oder sogar Monate bleiben. So war das
Team das Integrieren schon gewohnt. Nach drei
Wochen ging es uns wirklich beiden so, dass wir
voll dazu gehörten. Aber das Genialste für uns
ist, dass wir hier trotz oder gerade wegen unserer
Unterschiedlichkeit einfach wir selbst sein dürfen und uns nicht auf Zwang anpassen müssen.
Katja (19), ehrenamtliche Praktikantin, und Sophie
(21), Studentin für Gemeindepädagogik in Moritzburg.
Schule fertig! Und was jetzt?
Wir hätten da einen Vorschlag: FREI –
WILL – ICH ein Jahr in Chemnitz.
Du liebst die besonderen Herausforderungen? Dann bist du hier an der richtigen
Adresse! Du wolltest schon immer mal mit
jungen und verrückten Leuten eine WG teilen? Jetzt ist die Gelegenheit! Du arbeitest
gern mit Menschen zusammen? Dann komm
doch zur Heilsarmee nach Chemnitz!
Wir suchen motivierte FSJler, BFDler, Praktikanten und Studenten für 2012/13. Bei uns
in der „Heilse“ hast du die Möglichkeit deine
Ideen, Fähigkeiten und Gaben in der offen Kinder- und Jugendarbeit zu investieren und auszubauen. Das tolle daran: dafür stehen dir 365
Tage zur Verfügung. Dich erwartet eine bunte
und vielfältige Arbeit mit den Kids und Jugendlichen. Aktionen, Projekte, Ausflüge u.v.m. gilt
es gemeinsam zu planen und durchzuführen.
Viele Teamler erleben, dass sich ein Jahr „Heilse“ positiv in ihrer persönlichen und geistlichen
Entwicklung auswirkt. Lust es selbst auszuprobieren? Dann klick dich mal rein (s.u.) und mach
dir selbst ein Bild von uns und unserer Arbeit.
Vielleicht bis bald? Wir würden uns freuen.
Claud Ficker
Bewerbungsunterlagen: www.heilsarmeechemnitz.de > Sozialarbeit > Team
Bei Fragen:
0371/38390216
oder
[sozialarbeit@
heilsarmeechemnitz.de]
Alte Bäume verpflanzen
Theologie: Die Wurzel aller Beziehungen
U
nter allen Beziehungen, die Menschen haben, sticht eine als besonders wichtig hervor. Es ist nicht die
Beziehung zu seinem Partner, nicht einmal die
Beziehung zu sich selbst. Eine Beziehung ist die
Grundlage für alle anderen Beziehungen: Die zu
Gott. Paulus macht in Römer 11 deutlich, dass
der Baum gute Früchte bringt, wenn die Wurzel
gut ist. Die Wurzel trägt die ganze Pflanze, aus
ihr entspringt das Leben. Wenn also die Wurzel
heilig ist, dann ist es auch der ganze Baum.
Wir müssen es wieder lernen, die Bibel ernst
zu nehmen. Gott spricht durch sie, so dass kein
Christ es sich leisten kann, sie nicht zu lesen
oder nicht nach ihr zu handeln. Die Kehrseite
von Römer 11 ist, dass es nicht viel Sinn hat, an
den Ästen zu arbeiten, wenn uns die Frucht nicht
gefällt. Leider machen wir aber immer wieder
genau das. Wir sehen etwas in unserem Verhalten und versuchen es zu ändern. Auf den ersten
Blick klingt das auch ganz richtig. Wer Freunde
haben will, muss freundlich sein, sagt – etwas
abgeändert – eine vulgäre Redensart. Dahinter
steht ein Prinzip: Dein Verhalten bestimmt, wie
Menschen auf dich reagieren und damit dein
ganzes Leben. Änderst du dein Verhalten, ändert sich dein Leben. Auf Basis dieser kleinen
Erkenntnis hat sich eine ganze psychologische
Schule entwickelt, die Verhaltenstherapie.
Mir liegt es fern, die Verhaltenstherapie kritisieren zu wollen; sie hat viele gute Erfolge
erzielt, auch bei Menschen, die ich persönlich
kenne. Dennoch geht die Strategie Gottes
tiefer. Er will dem Problem buchstäblich
an die Wurzel. Wenn du etwas verändern willst, ändere nicht dein Verhalten,
ändere dich, dein tiefstes Inneres.
Das ist aber gar nicht so einfach und
manche meinen, dass es sogar unmöglich ist. Die meisten psychologischen und
therapeutischen Schulen gehen davon aus,
dass der Mensch einen festgelegten Wesenskern
hat, der – wenn überhaupt – nur mit größter
Mühe veränderbar ist. Mit anderen Worten: Ein
Teil unserer Persönlichkeit, der Art wie wir sind,
ist einfach so und man muss ihn hinnehmen.
Dass manches schwer zu verändern ist, stimmt.
Suchtverhalten ist nicht leicht zu brechen und
oft liegen noch tiefere Ursachen dafür vor. Jähzorn und Depressionen sind oft tief in unserer
Psyche verankert. Das darf aber nicht zur Aus-
rede werden nach dem Motto „ich bin eben so
und alle anderen müssen das akzeptieren“ oder
„einen alten Baum verpflanzt man nicht.“ Das
Gute ist nämlich, dass Glaube nicht nur Berge
versetzen, sondern auch die ältesten Bäume
verpflanzen kann. Was sonst könnte es bedeuten, dass jemand eine ganz neue Schöpfung ist,
wenn er in Christus ist? (2.Korinther 5,21)
Gott kann also alles neu machen, er hebt uns
über Grenzen hinweg, über die wir eigentlich nicht
hinweg könnten. Deshalb ist er unsere wichtigste
Beziehung. Er kann unser Leben mehr bestimmen,
als alles, was hinter uns liegt. Diese Veränderung
beginnt mit Glauben. Nicht einem unbestimmten
Glauben, sondern dem genauen, spezifischen
Glauben, dass Gott alles kann und dass wir Ton
in seiner Hand sind. Wenn wir anfangen ihm
zu vertrauen und ihm zutrauen, was er in der
Bibel sagt, dann sind wir auf dem richtigen Weg,
unser Leben wird aufgebaut auf Christus und
nicht mehr wir sind unsere Wurzel, sondern er.
Ein Problem dabei sind nicht selten unsere (anderen) Beziehungen. Es ist leichter von
Menschen das zu erwarten, was eigentlich
nur Jesus uns geben kann. Wir erwarten von
ihnen Heilung, Anteilnahme und Verständnis.
So bauen wir unser Leben auf einem falschen
Fundament auf, was natürlich Schwierigkeiten vorprogrammiert. Menschen können
uns nicht geben, was Gott uns verspricht.
Umgekehrt werden sich alle Beziehungen
verändern, wenn wir von der
wichtigsten Beziehung überhaupt
ausgehen. Das erste, was in
unserem Leben stimmen muss,
ist die Beziehung zu Jesus.
„Trachtet zuerst nach dem
Reich Gottes und nach
seiner Gerechtigkeit, dann
wird euch alles andere
zufallen.“ (Matthäus 10,30)
Storch
pastor-storch.de
Muck
Theologie
19
Am 13.,
14. und 15. April war in
Borgentreich Educamp und neben etwa
80 Erwachsenen, waren auch zehn Kinder da. Während alle Großen
bei der Erwachsenenbetreuung waren (Leiterschulung, SeelsorgeSeminar, Prophetie-Workshop und so), gab es für die Kleinen, von
denen einige gar nicht so klein waren, auch eine Kinderbetreuung.
Das Wetter war zum Glück (oder lieber: Gott sei Dank) ziemlich gut
und so waren die großen Kleinen viel draußen, haben Verstecken,
Bäumchen-wechsel-dich und Kubb gespielt – auf dem Gelände gibt
es auch einiges zu erkunden, wenn dort nicht so viele Menschen
sind, wie beim Freakstock oder Willo! Die kleinen Kleinen waren
vielleicht nicht ganz so viel draußen unterwegs, haben aber drinnen
auch einiges erlebt – beim Lesen, Spielen oder Malen – und wir alle
hatten eine schöne Zeit. Auf dieser Seite könnt ihr ein bisschen
gucken und lesen, was los und wer da war!
Fabian und Sarai
Spiel mit: Wikingerschach (Kubb)
Kubb, Kupp oder Wikingerschach ist ein
Geschicklichkeitsspiel für draußen, das mit
Holzklötzen (Kubbs) und Wurfhölzern gespielt wird.
Zwei Personen oder Teams spielen gegeneinander
und versuchen, jeweils die Kubbs der Gegenpartei
mit Wurfhölzern umzuwerfen oder zu „fällen“.
Der König, der in der Mitte des Spielfelds
steht, darf erst zuletzt getroffen werden. Wer
zuerst alle Kubbs der Gegenpartei und den
König getroffen hat, gewinnt das Spiel.
Wenn du mehr zum Hintergrund und den Regeln
von Kubb wissen willst, schau doch zum Beispiel
auf dieser Internetseite: http://redir.ec/kubb-spiel
Robin, Lysann und Leon beim Kubb spielen
Was geht auf dem Educamp?
Was ist eine Leiterschulung?
Da wird einem erklärt, wie man das macht
Leiter einer Gemeinde zu sein und wie das
spannend klingt. (Sarah, 10 Jahre)
Was ist ein Seelsorgeseminar?
Seelsorge, beten. Da wird Leuten Mut
gemacht. (Robin, 12 Jahre)
Malen und Spiele
n im Blauen Salon
Was ist cool am Educamp?
Am besten finde ich mein Zimmer und die Spiele und
die Luftballons ... und die ganze Kinderbetreuung!
Und meine Handpuppen! (Katharina, 5 Jahre)
Weiß ich nicht! (Anouk, 3 Jahre)
Das sag ich nicht! (Leon, 10 Jahre)
Rausgehen mit der Kinderbetreuung!
(Lysann, 7 Jahre)
Steckbrief
Wie heißt du? Robin
Wie alt bist du? 12
Was nervt am Educamp?
Kein warmes Wasser. Man muss sich selber
eine Heizung mitbringen. (Robin, 12 Jahre)
Dass man so früh aufstehen muss. (Lysann, 7 Jahre)
Wo wohnst du?
Watzenberg-Steinberg bei Gießen
Was ist dein Lieblingsessen? Chili con Carne
Wo bist du am liebsten?
Nicht in der Schule ... draußen!
Was willst du mal werden?
Keine Ahnung, aber irgendwas mit Sport
In wen möchtest du dich für einen Tag verwandeln?
in Robin Allmächtig
Was ist deine Lieblingssportart?
Skateboard fahren
Was ist deine Lieblingsmusik?
Rap, z.B. Sido & Bushido, aber auch
Musik aus meiner Gemeinde
Beten
Was ist das?
Es weiß bestimmt jeder was beten ist. Aber falls jemand nicht
weiß, was beten ist: Wenn man betet, nimmt man Kontakt mit Gott
auf. Es gibt verschiedene Situationen, wo man betet. Zum Beispiel:
Wir, meine Familie, hatten einen Autounfall. Wir waren gerade
auf dem Weg zum Educamp als ein kleiner Transporter hinten in
uns reingefahren ist. Unser Auto war hinten richtig verbeult. Zum
Glück ist uns nichts passiert! Wir dachten alle, wir müssten wieder
umdrehen und nach Hause fahren, aber ich habe an Gott gedacht
und habe gebetet, dass wir jetzt weiterkommen und alles gut wird.
Und ein paar Minuten später hat Mama gesagt, dass wir weiterfahren können.
Beten hilft sehr! Manche beten auch vor dem Essen oder vorm
Schlafengehen. Wenn man Christ ist, ist beten sehr sehr wichtig!
Sarah (10 Jahre)
Hintergrundfoto: Peter Voeth/Wikipedia, GNU-Lizenz
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arina und A
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a
K
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o
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mit Luftballo
Wachstum und Entwicklung
Die Charta in Kommentaren – Kapitel 5 (Teil 4)
5.7 Berufung, Bestätigung und Amtszeit
Wir gehen davon aus, dass Leiter von Gott
berufen und von Menschen bestätigt werden.
Das glauben wir tatsächlich, auch wenn wir
uns immer wieder schwer tun, im konkreten
Einzelfall an diesem Spagat festzuhalten.
Dies kann auf verschiedene Art und Weise geschehen, wie zum Beispiel prophetische Worte (1.Sam 9,15-16), Wahlen
(siehe Apg 6), Ernennung (Tit 1,5).
An dem Punkt sehe ich persönlich noch viel Konfliktpotential, weil in unserer Bewegung viele unterschiedliche Ansichten zusammenkommen, und jeder hat
seine Überzeugung, wie man das „Ding“ jetzt anpacken
und wieder auf Kurs bringen soll, und wie es auf keinen
Fall gehen kann (nämlich so wie es andere gerade tun).
Menschen, Lebensumstände und damit Ressourcen verändern und entwickeln sich. In
regelmäßigen Abständen sollte es den Leitern
und Geleiteten möglich sein, sowohl die Berufung als auch die Bestätigung zu hinterfragen.
Immer wieder wurden großartige Werke vom eigenen Gründer kaputtregiert, weil sie nicht rechtzeitig
zurückgetreten sind. Darum, jedes Jahr ein paar stille
Tage mit der Frage: „Ist das noch der Weg den Gott
mir gezeigt hat?“ Wenn ja, dann volle Kraft voraus.
5.8 ...watch and grow
Wir wollen alle Möglichkeiten für persönliche, individuelle, aber auch gemeinsame
Weiterentwicklung nutzen. Dies kann auf der
personellen Ebene durch das Angebot von
Mentoring und Supervision erreicht werden.
Dieses Prinzip finden wir auch in der
Schrift, auch wenn es vielleicht arg kapitalistisch klingt: Es geht um Wachstum.
In Bezug auf unsere gesamte Arbeit soll ein
kontinuierliches, dem Menschen dienendes
Qualitätsmanagement dies unterstützen, um
die gesetzten Ziele gemeinsam zu erreichen.
„QM“ klingt arg nach böser, menschenfeindlicher
Managementsprache, aber salopp gesagt macht
„Leiterschaft“ genau das. Bill Hybels hat mal sehr
anschaulich erzählt, dass ein Leiter seine Mitarbeiter beobachtet und ihnen zeigt, wie sie ihre Arbeit
besser und mit weniger Aufwand machen können.
Welche Art von Qualitätsmanagement (klare
Zieldefinition, Messbarkeit der Ergebnisse am
Ziel, Auswahl von Methoden und Werkzeu-
22
Charta
gen etc.) am besten zu uns passt und welche
Ausmaße es annimmt, muss situativ von den
Leuten, die die Arbeit (zum Beispiel Leitung
der Bewegung) machen, entschieden werden.
Natürlich lässt sich nicht alles in Zahlen ausdrücken, und es ist schmerzlich, wenn man das Gefühl
vermittelt bekommt, Ansprüchen nicht zu genügen.
Aber ehrlich, was ist die Frucht deines Handelns?
Du bemühst dich, aber siehst du nicht, dass hier
seit Jahren nichts gewachsen ist? „Seit drei Jahren
komme ich und suche Frucht ... Hau ihn ab!“ - „Lass
ihn noch dieses Jahr, ich werde Dünger legen ...
wenn er dann noch immer keine Frucht bringt, so
magst du ihn abhauen.“ (Lukas 13, Verse 7-9.)
5.9 Umgang mit Problemen
In dem Wissen, dass Jesus die Schuld vergibt, haben wir die Möglichkeit, Konflikten
ins Auge zu sehen und sie gemeinsam
konstruktiv zu lösen. Dabei unterscheiden wir zwischen dem Annehmen der
Person und der diskreten und klaren Benennung des Problems (1. Thess. 5,11).
Ein weiter Weg liegt da noch vor uns. Ich kann
mich erinnern, wie bei einem JFD-Treffen ausgesprochen wurde, dass wir die Tendenz haben,
Konflikte unter den Tisch fallenzulassen, um die
Beziehung zur einzelnen Person nicht zu gefährden. Verständlich, aber eine ungesunde Haltung.
Das beinhaltet für uns eine selbstkritische
Haltung und das Bemühen um ein Verständnis für den anderen in der Situation.
Jakobus 3, Vers 2: „Wir alle straucheln in vieler Hinsicht.“ Mir persönlich geht’s oft so, dass
ich an mein Leben denken muss, wenn ich mit
Schuld und Versagen anderer konfrontiert werde. Schuld bleibt Schuld, bei mir und bei Anderen, aber ich muss nicht auch noch verurteilen.
Als Bewegung wollen wir nicht die Augen
vor Problemen verschließen. Wir haben keine allgemeine Antwort, wissen aber, dass
Jesus den einzelnen Menschen vergibt und
liebt und so wollen wir einander begegnen.
Für die Handhabung innerhalb der Gemeinde brauchen wir zum Beispiel im Bezug auf
Mt. 18,15-20, gute Lehre (Seminare, Workshops etc.). Als Bewegung wollen wir in den
Bereich investieren, lernen und lehren.
Dazu möge Gott uns Gelingen schenken.
Klaus Botschen
Die Adler kommen!
S
Über die jüngsten Entwicklungen im Prophetiepool
chreie. Adlerschreie. Eine ländliche
Gegend übersät mit Weizenfeldern reif
zur Ernte. Doch sie brennen lichterloh. Oh weh! Über den Feldern kreist eine Schar
von Adlern, alten Adlern. Eine Weile schauen sie
sich die Szene von oben herab an. Auf einmal
stürzen sich einige von ihnen in die Tiefe. Was
haben sie entdeckt? Oh Gott, da sind ja junge
Adler in den brennenden Auen gefangen! Die
Alten stürzen herab und holen sie heraus …
In letzter Zeit war es ziemlich ruhig um den
Prophetiepool bei den Jesus Freaks. Einige waren
zu sehr verletzt durch den Konzilprozess, einige
inzwischen in anderen Gemeinden untergekommen, andere schauten in die „Röhre“. So befinden
sich die prophetischen Leute immer noch in
einem Findungsprozess. Einige alte Hasen sind
noch am Start, etliche Neue sind dazu gestoßen.
Mehr und mehr erscholl der Ruf vom Leitungskreis, dass sie sich wieder verstärkt das
prophetische Reden für die Bewegung wünschen.
Auf dem Willo wurde ich (Jocky) als Leiter des
Pools – nach einigem Hin und Her – eingesetzt. Ich werde versuchen, die Kräfte zu bündeln, dem Pool eine Struktur und Ausrichtung
zu geben. Organisatorisch werden mir Mario
Schultz und Sylvi Schellenberg zur Seite stehen.
Es gibt zwar ein großes Interesse an Prophetie,
viele sind begabt, es fehlt aber ganz grundsätzlich an Lehre, Training und Übungsfeldern, stelle
ich immer wieder fest. Deshalb würde ich gerne
einen Grundlagenkurs über Prophetie an drei
bis vier Wochenenden im Jahr anbieten. Ganz
bewusst außerhalb des Educamps (die Konkurrenz von anderen Seminaren ist zu stark).
Allerdings haben die meisten auf dem Treffen signalisiert, dass sie wenig Kapazitäten
für weitere Treffen haben. Bei mir ist es auch
unklar, wie es beruflich weitergeht. Deswegen
haben wir folgende Etappenziele ausgemacht:
Gebet auf JFD-Treffen
Wir wollen als Beter bei den JFD-Treffen
des Leitungskreises dabei sein. Dort können wir uns auch gegenseitig kennenlernen und zusammenwachsen sowie
uns im Prophetischen ausprobieren.
Gebetznetzwerk & Ministryteam
Frank Bindrich hat es auf dem Herzen ein Gebetsnetzwerk aufzubauen. Ansprechpartner aus
den Regionen wären schön. Außerdem bemüht
er sich um den Aufbau eines Ministryteams, das
auf überregionalen Freakveranstaltungen für
Leute und das Event beten soll. Ein regelmäßiger Newsletter soll die Anliegen der Bewegung,
der Bereiche, der Regionen und Gemeinden
an die Beter gebündelt kommunizieren. Bei
Interesse E-Mail an: [[email protected]]
Gebetswochenende
Mir liegt es auf dem Herzen, dass wir die
Jesus Freaks wieder dazu bringen für ihre
Bewegung zu beten. Wenn wir gemeinsam
vor Gott gehen und ihn anbeten, kommen wir
zur Ruhe und erkennen, was wirklich wichtig
ist, wir bekommen von ihm Anweisungen, was
dran ist und wie es weitergehen soll. Für Anfang September (30.08. bis 02.09.12) ist ein
Gebetswochenende angedacht, wo vermutlich
auch Engländer dabei sind, die uns ermutigen
und unterstützen wollen. Details folgen.
Prophetiepool auf jesusfreaks.de
Jeder prophetisch Begabte und Interessierte darf sich gerne für den Prophetiepool
auf jesusfreaks.de anmelden. Dazu musst du
auf jesusfreaks.de registriert sein und deine
Mitgliedschaft für den Pool beantragen. Gib
kurz an, wer du bist und warum du dabei
sein willst. Dann schalten wir dich frei.
Es tut sich also wieder einiges im Pool und
die Adler (u.a. die Propheten) sind schwer am
Kommen. Jeder Neue ist sehr willkommen!
Jung und Alt sollen zusammenkommen und an
einem Strang ziehen. Lasst uns als Bewegung
gemeinsam lernen, wie wir von Gott hören und
es umsetzen. Damit die reifen Felder geerntet
werden und nicht verbrennen, keiner allein bleibt
und wir uns gegenseitig unterstützen. Den Adlereindruck gab es auf einem Workshop auf dem
Freakstock 2010 über die Jesus Freaks Bewegung.
Wir haben grade mal durchgestartet, vieles ist
noch unausgegoren, noch nicht etabliert. Es wird
wohl noch einiges an Staub aufgewirbelt. Also
seid gnädig mit uns und bitte betet für uns!
Johannes „Jocky“ Spörl (41) gehört zu den Jesus Freaks München, ist leidenschaftlicher Webdesigner, Zeichner und Blogger.
Er ist seit rund 20 Jahren mit der
prophetischen Gabe unterwegs.
Er hält selber Workshops und Seminare über das Thema.
Fotovorlage: JJ Harrison (o.) / Lip Kee (u.)
Pool
23
Familie ist, was du draus machst!
Warum wir auf Willo 2012 waren und nächstes Jahr wiederkommen
Chillen und Grillen vor Haus 27
W
enn man Leute fragt, was sie sich
unter „Willo“ vorstellen, kommt am
häufigsten: „Na ja, also das ist halt
so eine Art Familientreffen.“ Man kann buchstäblich dabei zusehen, wie die sich äußernde Person
schnell noch einmal gedanklich überprüft, ob sie
das tatsächlich so meint. Ein etwas zu energisches
Nicken, welches mit dem Wörtchen „Familientreffen“ einhergeht, soll das Gesagte bekräftigen.
Natürlich liegt die Vermutung nahe, dass sich
zeitgleich in irgendeiner Gehirnspule des aussagewilligen Freaks ein taskforce-artiger Roundtable
aus verwirrten Gedächtniszellen bildet, bei dem
in Windeseile folgender Haupttagesordnungspunkt auf eine improvisierte Flipchart gekritzelt
und direkt im Anschluss besprochen wird: „Hää?
Familientreffen? Ist das nicht so eine Art organisierte Katastrophe, bei deren Anbahnung man
am liebsten Angina/Grippe/sonstige Krankheiten, Termine von Kindern/Tieren/Handwerkern, seit langem geplante Kurzurlaube oder
wirklich wichtige Geschäftstermine hat oder gar
vorschiebt, um ja nicht hingehen zu müssen?
Was haben Jesus-Freaks-Treffen
mit Familienfeiern gemeinsam?
Wenn man mal davon ausgeht, dass die meisten
der erwarteten, aber abwesenden Personen unfreiwillig ferngeblieben sind, stellt sich die Frage, wieso das Willo nach wie vor so großen Anklang findet.
Man muss dazu sagen: Das Willo, ehemals
Willow Freak, gibt es schon seit einigen Jahren. In grauer Vorzeit als Leiter-Treffen initiiert
(damals noch in Siloah, mit Schafstall-Flair),
24
Willo
erwuchs nach einigem Sich-in-die-Wolle-kriegen
immer mehr die Idee des „Familientreffens“.
Ein „Familientreffen“ ist ja meist kein ganz koscheres Unterfangen. In der eigenen biologischen
Familie wie bei Freak-Treffen ist uns der paradoxe
Prozess bereits bekannt: man trifft sich – direkt
am wunden Punkt. Hackordnung. Rangeleien.
Endlosdiskussionen. Oder man hat sich gar nichts
zu sagen. Das sagt man aber trotzdem, und zwar
so überzeugend wie möglich. Man kann ja in einem
sozialen Gefüge nicht nicht kommunizieren.
Abmachungen. Gegenseitiges Übertönen. Totschlagargumente. Ab und zu Humor. Zynismus
und ein Glas Bier. Harmoniesüchtige bekommen
kalten Entzug. „Aber sonst war’s doch eigentlich
ganz nett. Zum Beispiel der Spaziergang nach dem
Kaffeetrinken. War ja auch gutes Wetter. Schon
schön, dass wir uns alle mal wieder gesehen haben.“
Danach reicht‘s dir echt, beim nächsten Mal
kommst du nicht, keinen Bock! Aber tief im Innern
weißt du, wozu du den ganzen Zirkus mitmachst.
Auch wenn das Innerste dabei in Erklärungsnot
gerät und einem das nicht so wirklich logisch schildern kann. Irgendwie hast du sie ja doch alle lieb.
Das Willo 2012 war ein Paradebeispiel für eine
wunderbare Entwicklung, die wir gerade in der
Bewegung erleben dürfen. Ohne Familie geht
es nicht – sie ist manchmal furchtbar stressig,
undankbar und kräftezehrend, aber irgendwie
einzigartig, wundervoll und ein Geschenk Gottes.
Vom 17. bis 20. Mai war Borgentreich der
Treffpunkt für eine Zusammenkunft der freakigsten Großfamilie unter der Sonne – mit allen familiären Aspekten, die dazugehören:
Das Essen zieht sich hin, ist aber gewohnt lecker.
Es stehen frisch gemachte Betten bereit und jeder
lebt in seiner eigenen Zeitzone. Kinder schießen
wie Pilze aus dem Boden, sind aber wesentlich
komplizierter zu bespaßen. Dann sind da noch
entfernte Verwandte, die immer wieder auftauchen
und jedes Mal eine andere Frisur mitbringen.
Es liegt bekanntermaßen in der Natur von Familienmitgliedern, dass sie einem auf die Nerven gehen können. Bei einigen weiß man schon vor dem
Wiedersehen, dass sie einen früher oder später zur
Weißglut bringen werden. Vor allem weil sie einen,
während man sich gerade mal sonnen möchte, mit
ihren schönsten Schattenseiten konfrontieren:
persönliche Probleme en masse, selten schlechter Humor, wenig Taktgefühl, dafür umso mehr
Körpergeruch und ähnliche Unannehmlichkeiten.
Familie – was bedeutet das?
Hast du auch schon mal gedacht: „Wenn ich mir
schon meine biologische Familie nicht aussuchen
kann, dann doch bitte wenigstens meine geistliche?“ Mehr oder weniger aus diesem Grunde sind
wir ja alle bei den Freaks gelandet. Mirko betonte
es in seiner Predigt: Es ist wichtig, Familienkontakte zu pflegen – und wenn keine Freaks in der
Nähe sind, ist es eben eine andere Gemeinde. Und
wenn zu deiner Gemeinde anstrengende Spezialisten gehören, ist sie trotzdem deine Familie.
Jesus hat seine Familie – die Jünger – zwar
selbst ausgewählt (Markus 3,34), an anderer
Stelle hat er sich aber auch mal richtig über sie
ausgekotzt (Matthäus 17,17). Typisch Familie!
Lasst uns mal einen kurzen Blick auf den Ursprung dieses vorbelasteten Wortes werfen: Das
lateinische Wort „familia“ (Hausgemeinschaft)
bezeichnete nicht wie heute ein Verwandtschaftsverhältnis von Eltern und Kindern, sondern war
im ursprünglichen Sinne eine Herrschaftsbezeichnung für den Besitz eines Mannes. Hierzu
zählte der gesamte Hausstand: Frau, Kinder,
Sklaven, Freigelassene und Vieh. (Ja, auch die
Rindviecher sind vollwertige Familienmitglieder!)
Wir Kinder Gottes und Pioniere seines Reiches müssen uns damit abfinden, dass nicht
wir entscheiden, wer zu unserer Familie gehört, sondern dass jeder, der sich in das Herrschaftsgebiet Gottes begibt, automatisch zu
unserem Bruder und unserer Schwester wird.
Und da letztendlich nur Gott den vollen
Überblick über sein Reich hat und in die
Herzen hineinsehen kann, bist du auf der
sicheren Seite, wenn du davon ausgehst,
dass alle Menschen Gottes Kinder sind.
Jesus hat die Jünger angekackt, weil sie kein
Vertrauen in ihre Identität durch die neue Herrschaftsbeziehung zeigten. Dazu hätte vor allem gehört, sich intensiv mit der Lehre von den Gesetzmäßigkeiten in Gottes Reich auseinanderzusetzen.
Wir sollen einander vertrauen und dem
anderen die Gleichwertigkeit und Vollmacht
zugestehen, die ein jeder von uns in Christus
hat. Damit geben wir Gott die Chance sich an
genau diesen Menschen, die wir anstrengend
finden, zu verherrlichen und tragen gleichzeitig
dazu bei, dass sie ihr Erbe in Christus antreten
können und gute Früchte hervorbringen, genau wie wir mit unserem Verhalten dann gute
Früchte vorweisen und das Erbe gut verwalten.
Und weiter geht’s!
Auf dem Willo ermutigte nicht nur der SoliEintrittspreis, sondern auch einige krass treffende
Inputs sowie intensive Lobpreis- und Gebetszeiten, in denen Gott uns neu bewusst gemacht
hat, wie sich Einigkeit und Heiligkeit in seiner
Gegenwart anfühlen. Passend zum Jahresthema
war dabei alles aufs Fliegen gemünzt. Es ging
um Wartezeiten am Boden, um das Überprüfen
und Reparieren des Fliegers, um Reiseziele und
um den Mut mit Gott wieder neu abzuheben.
Workshops gab es diesmal kaum, dafür recht
viel Zeit zur freien Gestaltung sowie für kleinere
Info- und Arbeitstreffen. Der Medienbereich
wartete mit einer Vielzahl schöner Druckerzeugnisse auf und der Vorstand konnte eine
erfolgreich geänderte Satzung vorstellen.
Auch wenn viele Verbindungen nach wie
vor eher oberflächlich sind, tut es gut zu sehen, dass sich die Geschwister andernorts mit
ähnlichen Problemen herumschlagen. Wir als
Jesus Freaks Leipzig durften unsere Beziehungen untereinander ein wenig vertiefen, in
sommerlicher Atmosphäre offen schwierige
Themen ansprechen und für uns beten lassen.
Ich wünsche dir, liebe Willobesucherin, lieber Willobesucher, dass du dir deine Erlebnisse
vom Willo 2012 nicht rauben lässt und einiges
davon in deine Gemeinde und dein näheres
familiäres Umfeld hineinträgst, damit sich die
Ernte vervielfacht. Hör dir doch die eine oder
andere Predigt (noch) mal im Internet an, häng
dir Mitschriften an die Wand, tätowier dir ein
Flugzeug aufs Bein, suche Gott im Alltag und
ermutige Menschen, ihre „ground-time“ (siehe Ferrys Predigt) sinnvoll zu nutzen, egal
welcher Typ (siehe Daggis Predigt) sie sind.
Ich freue mich darauf, dass wir in Zukunft
noch mehr zusammenwachsen und immer
mehr checken, dass es bei Gott keine gesonderten Bändchen für bestimmte Leute
gibt, sondern dass wir alle gleichwertige
und gleich wichtige Familienmitglieder
am Leib Christi sind und uns liebevoll ermahnen und tragen dürfen.
Sylvia Schellenberg aus Leipzig macht gerade
den Fachabitur-Pilotenschein in Leipzig und
ist gespannt, welches Reiseziel Gott für sie als
nächstes bereithält.
Intensive Lobpreis- und Anbetungszeit in der Turbinenhalle
Willo
25
Wir sind nicht mehr kopflos
Ein vergleichender Rückblick auf das Willo
Z
wei Tage nach dem Willo sitze ich auf
dem gemütlichen Balkon von GrafMartjuschews, genieße eine Saftschorle
und befrage Andrea und Sascha darüber, wie sich
das Willo im Laufe der Jahre entwickelt hat.
War das Willo 2012 einzigartig?
Andrea: Es war schon einzigartig, aber es gab auch
Willos zuvor, die für mich einzigartig waren. Das
liegt derzeit am Charakter: Dadurch, dass ich gerade viele Leute aus der Bewegung treffe und Raum
für Gespräche über bewegungsinterne Themen
da ist, aber auch für Zeit mit Gott. Man kann sehen, wie im Kleinen Heilung angestupst wird.
Sascha: Jedes Willo ist einzigartig, schon wegen der
neuen Leute, die man trifft und natürlich der bekannten.
Dieses Jahr haben leider einige gefehlt: Leute, die
prägend sind und dazugehören, die hab ich vermisst.
Andrea: Sascha und ich sind zweimal zur selben
Zeit schlafen gegangen – ohne Absprache!
Was hat sich denn verändert?
Sascha: Willo in Siloah war fast immer schweinekalt. Im Schafstall hat es gezogen wie Hechtsuppe und du hast auf Kirchenbänken gesessen. Die
Kälte war immer das Ding, was genervt hat.
Andrea: Zu Reichenbach weiß ich nicht mehr viel – ist
alles vom Konzil überschattet. In Siloah kannte ich
die wenigsten Leute, ich kam mir damals bissl fehl
am Platz vor, weil ich noch keine Leitungsposition
hatte. Ich find’s umso schöner, weil es jetzt ein Familientreffen ist. Das ist für mich ein großer Unterschied.
In Beziehungsgefügen gab es mehr so In-Groups und
Leiter-Ebenen. Heute gibt es nach wie vor eine In- und
Out-Group, nur nicht mehr so amtlich. Aber ich wünsche mir, dass selbst das sich irgendwann auflöst.
Eine wertvolle Erfahrung waren diesmal Gespräche
mit Menschen, mit denen ich sonst nie rede. Und
dass dieses Jahr mehr Leute mitgearbeitet haben, war
schön. Ich habe Leute an Orten arbeiten gesehen, wo
sie früher nicht waren und es ging ihnen dort gut!
Die Möglichkeit zu spontanen Workshops ist toll.
Sascha: Wenn ich die Leute von damals und die heute
miteinander vergleiche, ist das ein übelst krasser Wandel.
Es sind einige geblieben, aber es ist traurig zu sehen, wie
viele Leute nicht mehr dabei sind. Man merkt auch das
wachsende Vertrauen in die Bewegung: Es läuft mit SoliBeitrag. Mitarbeiter- oder Teilnehmer-Bändchen gibt es
nicht mehr. Wir sind auf jeden Fall offen geworden und
das in jeglicher Hinsicht. Das hat was mit einem Wandel
in der Bewegung allgemein zu tun – weg von elitärem Leiter-Denken. Es gab auch zu Siloah-Zeiten immer Leute,
die drauf geschissen haben, dass es ein Leitertreffen war,
und trotzdem gekommen sind. Das fand ich auch gut.
26
Willo
Was ist wichtiger – gute Orga oder gute Impro?
Andrea: Beides ist gleich wichtig. Impro
ist deshalb genauso wichtig, weil es Phasen gibt, da nützt die ganze Orga nix.
Sascha: Gute Orga! Letztes Jahr war der Abbau
der absolute Horror: weder das Willo-Team noch
genügend Leute waren da. Da hat’s an Orga gefehlt, das war dieses Jahr tausendmal besser!
Was hat Willo, was Freakstock nicht hat?
Andrea: Das Familiäre.
Sascha: Zeit! Mehr Zeit für Begegnungen,
weil weniger Programm und damit weniger Angebote zur Auswahl stehen.
Eure Prognose für die nächsten Jahre
der Freak-Bewegung? Wird das Himmelstürm-Potenzial genutzt oder verpufft es
ohne nachhaltige Änderungen wieder?
Andrea: Ich glaube, wir haben eine BruchpilotenTendenz, weil wir zu schnell zu viel wollen.
Sascha: Wir haben endlich mal kapiert, nicht mehr
höher, schneller, weiter zu müssen. Kopf und nicht
Schwanz sein bedeutet nicht, kopflos loszurennen.
Ich denke da an den Satz, den Mirko dieses Mal
gebracht hat: „Wenn du schnell gehen willst, geh
allein. Wenn du weit gehen willst, geh mit anderen.“
Andrea: Längerfristig sehe ich uns
aber als Himmelsstürmer!
Sascha: Aber im Heißluftballon!
Die Bewegung ist kein Spaceshuttle.
Was waren für euch die wertvollsten
Momente vom Willo 2012?
Sascha: Ich fand es schon sehr cool, dass dieses Experiment Elektro-Lobi beim Abendmahl geklappt hat.
Andrea: Momente mit meiner Nichte. Denn sie findet
alles voll spannend, was ich schon kenne oder verurteilt
hätte. Beim Abendmahl ist sie als erste vorgerannt mit
ihrer Freundin, hat Brot geholt und kam irgendwann
zu mir: „Ich hab noch was übrig, willst du was?“ Dann
hat sie mir sogar noch einen Becher holt … Also, die
Welt mit Kinderaugen sehen, fand ich am schönsten.
Habt ihr Verbesserungsvorschläge?
Sascha: Der Check-in könnte freundlicher sein. (Anm.
d. Red.: Sascha selbst und Dörthe) Ach und Dinge,
die man zum Willo nicht mitnehmen sollte: Arbeit.
Andrea: Wir sollten es beibehalten, Verantwortung
auf viele Schultern zu verteilen; damit es nicht wenige Lastesel gibt, sondern entsprechend viele Leute
mitarbeiten. Ansonsten das, was da ist, darf sich
erstmal entfalten und entwickeln, anstatt dass wir
schon wieder tausend neuen Sachen nachjagen.
Interview: Sylvia Schellenberg
Ten years after ...
Zurück in der Bewegung
N
ach fast 10 Jahren zurück bei den Jesus Freaks. Zuallererst einmal, es gab
einige Leute, die wir noch von früher
kennen, die zu uns gesagt haben: „Schön, dass ihr
wieder da seid; dass ihr wieder dabei seid.“ Man
mag vielleicht so eine Aussage als nichts Außergewöhnliches empfinden, wenn man sich lange nicht
gesehen hat ... mich hat das aber echt angerührt.
Ich kann mich gar nicht daran erinnern, wann
ich so etwas schon einmal gehört hätte – als eine
Aussage, die von Herzen kommt und eben nicht
nur eine nette Floskel ist. Das hat sehr gut getan.
Wir haben den Eindruck, dass bei den Freaks
tatsächlich vieles entspannter geworden ist.
2002 fanden wir immer weniger Leute bei den
Freaks, mit denen wir uns auch über „ganz normale“ Dinge unterhalten konnte. Vieles wurde
verkrampfter, gesetzlicher, enger, kleiner – statt
freier und größer … Beim Willo 2012 wurden wir
ständig in interessante, unterhaltsame, anregende Gespräche verwickelt, was sehr angenehm
war. Für uns ist das vor allem ein Anzeichen
für „Echtheit“; eben die Basis für eine Entwicklung zu einem wunderbaren, reichen Leben, das
das Potenzial hat viele andere „anzustecken“.
Zum Programm: Freitag und Samstag Vormittag
waren echt hammerstark. (Donnerstag waren wir
zur Predigt noch nicht da). Es waren sehr interessante Aussagen, aber auch einfach ermutigende,
lehrreiche Berichte. Es gab Gelegenheit aktiv zu
werden, zu reagieren, zu beten usw. Wir waren
noch zum Gemeindeforum von Flo und auch was
dort lief, hat in besonderer Weise die Aussage
untermauert, die wir vom Willo mitnahmen.
Dieser Eindruck zur Gesamtbotschaft des Willos
lässt mich irgendwie nicht los – und so will ich
ihn hier nochmals schriftlich weitergeben: Es
geht um die „Wartezeit“, von der Daggi in ihrer
Predigt gesprochen hat, und um die Bibelstelle aus
Jeremia 29, 4-10. Ich habe mich später nochmals
gefragt, was die Aufforderung „Baut Häuser“ für
uns bedeuten könnte. Heißt es einfach, wir leben
unseren Alltag, versuchen das Leben zu genießen und das war’s im Großen und Ganzen?
Nachdem ich mich lange mit dieser Frage beschäftigt habe, kam ich zu einer anderen Erkenntnis: Häuser zu bauen ist ein aktiver Prozess. Jeder,
der ein Haus bauen will, wird sich aufmachen, zur
Bank zu gehen, nach einem Grundstück Ausschau halten, zu einem Planer gehen, eine Menge
Entscheidungen treffen und umsetzen usw. Nie-
mand wird
warten, bis
ihn jemand
aufsucht,
ihm Geld
gibt, einen
fertigen
Plan dabei
hat und
alles weitere
Daggi predigt über Wartezeiten (Willo 2012)
bezüglich
des Hausbaus für ihn regelt.
Oft scheint mir, dass wir die Erwartung haben, dass Gott für uns die Häuser baut. Oder
dass wir vielleicht gar keine brauchen, weil
wir uns nur auf einer Zwischenstation befinden. Wir denken und sagen: „Das muss Gott
machen. Wenn Gott hier etwas vorhat, dann
wird er es tun.“ Und wir warten sehr lange auf
Gottes Eingreifen und bauen kein Zuhause.
Ein gutes Zuhause weist vielerlei Qualitäten,
Aspekte und Strukturen auf; eine Eigenschaft
erscheint mir dabei besonders wichtig: Ein
Zuhause ist der Ort, an dem du sein kannst, wie
du bist. Es geht darum, dass es einen Ort gibt,
an dem die Besonderheit deiner Persönlichkeit,
deine Geschichte, deine Prägung verstanden,
respektiert, wertgeschätzt – geliebt – wird und
wir so gemeinsam vor Gott kommen. Momentan kann ich mir kaum etwas Stärkeres
vorstellen, als dass wir verstehen, was andere
Menschen bewegt und wir das irgendwie in
Verbindung mit der Vaterliebe Gottes bringen.
Ich wünschte, wir könnten immer mehr
den Freiraum – vielleicht sogar die Herausforderung schaffen, die Ehrlichkeit ermöglicht und fördert; eine Ehrlichkeit, die es
ertragen kann, Schwächen zu sehen, weil
wir jemanden kennen gelernt haben, der die
Schwächen in Stärke verwandeln kann.
Und außerdem, womit wir wieder beim Jahresthema sind: Jeder Flieger braucht ein Zuhause!
Peter Heller, Architekt, ist mit seiner Familie
nach reichlich langer Orientierungsphase,
zurückgekehrt zu den Freaks. Weil sie nirgendwo anders so viel Relevantes, Ehrliches,
Echtes und so viel Potenzial wie bei den Jesus
Freaks sehen, möchten sie gerne (wieder) Teil
dieser Bewegung sein. Sie hoffen, dass sich
in ihrer Nähe, Reichenau, noch mehr Freaks
zusammen finden.
Willo
27
In kleiner Runde
Bericht vom JFD-Treffen im April 2012
G
leich zwei Aufgaben führen mich
am letzten Aprilwochenende nach
Borgentreich: ich bin gebeten worden,
das anstehende Treffen des Leitungskreises der
Jesus Freaks zu moderieren, und meine Regioleiterin Madlen zu dem Treffen zu chauffieren.
Von Görlitz aus geht’s bei bestem Frühlingswetter
quer durch die Republik, insgesamt durch sechs
Bundesländer. Kaum einer ist da, als wir kommen
und das Treffen bleibt mit etwa 20 Personen dünn
besucht. Einige sind sehr kurzfristig verhindert,
das Moderieren übernehme ich gezwungenermaßen alleine, Phil vertritt als Einziger das Ü-Team
und Ilt, der als Gast gekommen war, findet sich
plötzlich in der Küche wieder. Dieser Umstand
erzeugt einige Fragezeichen, die sich nicht wirklich auflösen lassen. Einziger Vorteil: es redet
und entscheidet sich mit 20 Leuten leichter als
mit 40, aber es fehlen eben auch die Gedanken
und Meinungen derer, die nicht da waren.
Die erste Entscheidung, die es zu treffen gilt,
betrifft die neue Vereinssatzung. Gunther, der das
Schriftstück mitausgearbeitet hat, stellt uns stolz
das Ergebnis vor und erklärt diverse juristische
Meisterleistungen. Die Runde äußert sich positiv,
entscheiden darf der Leitungskreis jedoch nicht,
denn noch setzt sich der Verein aus den einzelnen
Gemeinden zusammen, die dann bei der Mitgliederversammlung auf Willo abstimmen werden. Wir reden und beten über einige Sachen, pausieren immer wieder, um Sonne
zu tanken und danach wieder im Keller zu
verschwinden, die Eingeweihten mit Decke
und Wärmflasche, und der Abend ist schneller da als unsere Themenliste es erlaubt.
Ilt gibt – ungeplant – den Koch und Grillmeister
Einige Helden finden sich in kleinen Gruppen,
um die noch unabgeschlossenen Themen nach
dem Abendessen weiter zu bearbeiten. Dabei
bekommen sie einiges zustande, wie die Gestaltung des Leitungskreisnachmittags auf Willo, der
Umgang mit kritischen Regionen und die Frage,
was für das JFD-Treffen generell machbar ist.
Nächstes Mal werden einige Themen von vornherein in kleinen Gruppen bearbeitet, muss ja nicht
immer jeder zu allem seinen Senf dazu geben.
Wir haben ein Team von tollen Betern,
die uns auch Sonntag gut unterstützen.
Trotz spätem Start finden wir beim Reden
schnell zusammen und zum Abschluss.
Fazit: JFD-Treffen sind wichtig, auch wenn
es sich nicht immer so anfühlt, sie dienen als
Bindeglied zwischen den einzelnen Regionen und
Bereichen, hier werden Ziele gesteckt und Entscheidungen getroffen. Wenn du Lust hast, zum
Gelingen der Treffen beizusteuern, biete deine
Hilfe an: beten, lobpreisen, kochen, putzen, moderieren, organisieren – all das ist gern gesehen.
Und mein persönliches Fazit: Fünf Jahre
war ich bei keiner Gruppenzusammenkunft
von Jesus Freaks dabei (zuletzt auf dem Konzil
in Reichenbach), und ich meine zu
behaupten, es wird besser: wir lernen
miteinander zu reden, zuzuhören
und gemeinsam zu entscheiden –
einfach ist es nicht, aber es wird!
Ulli Hippe ist von Beruf Mutter. In ihrer
Freizeit ist sie gelegentlich am Moderieren, Chauffieren oder auch Tätowieren.
Warten auf das gemeinsame Dinner, das zur schönen Tradition wird
28
JFD-Treffen
Nachtrag: Die neue Satzung wurde am 19.5.12
auf dem Willo von der Mitgliederversammlung verabschiedet. Jetzt wird sie dem Notar vorgelegt, der
dafür sorgt, dass die Satzung ins Vereinsregister eingetragen und damit offiziell wird.
Bibelhelden und Party-Tour
Vom Regiotreffen im Wilden Süden und seinen Ideen
A
m Samstag, den 21.04.12, hatte die
Regioleitung die Jesus Freaks des
Wilden Süden nach Herrenberg zum
Regiotreffen eingeladen. Der Tag fing schon ziemlich entspannt an, mit viel Zeit um anzukommen,
alte Freunde wieder zu sehen und zu frühstücken.
Um 12 Uhr ging es dann los mit Lobpreis und
Predigt. Die Lobpreiser waren spontan zusammen
gekommen und obwohl die sehr unterschiedlichen
Möglichkeiten ein Lied (vor allem ein Jesus-FreaksLied) zu singen vollständig ausgenutzt wurden,
war es eine sehr gute Zeit mit Gott. Für die Predigt griff ich das Jahresthema Himmelsstürmer
& Bruchpiloten auf. Es ging um „Bibelhelden“, die
wir als Himmelsstürmer kennen, die aber alle ihre
Bruchpiloten-Zeiten hatten. Entscheidend ist nicht,
wie oft man abstürzt, sondern dass man aus seinen
Misserfolgen lernt und Fehler nicht wiederholt.
Im Anschluss hatte jede Gemeinde Zeit sich
vorzustellen und zu erzählen, wie es ihnen gerade geht. Ohne die letzten zwei Gemeinden zu
Wort kommen zu lassen, die sollten ihre Chance
später bekommen, ging es dann zum Essen. Die
geplante Workshop-Zeit wurde mangels Angebote
für persönlichen Austausch oder zum Kickern
genutzt. Parallel fand die Vereinsmitgliederversammlung statt. Der Förderverein Wilder Süden
hat nun in Angi (Freiburg) und Flo (Crailsheim)
zwei neue stellvertretende Vorsitzende, wobei Meli
(Heilbronn) ausschied. Stephan (Eppingen) und
ich (Herrenberg) sind in ihren Ämtern verblieben.
Nach Kaffee und Kuchen kamen alle noch einmal
zusammen, um den zwei verbliebenen Gemeinden, Zeit zu geben sich der Region mitzuteilen.
Anschließend konnten Wünsche und Anregungen
an die Region bzw. Regioleitung gestellt werden.
Einige der Stuttgarter Freaks hatten die Idee die
Region in Form einer Party-Tour zu stärken (siehe
nebenstehender Text). Kritisiert wurde, dass man
im Moment nicht weiß, wann wer seine Gottesdienste hat und wer für die jeweilige Gemeinde der
Ansprechpartner ist. Da ein großes Interesse an
einer Regiofreizeit besteht, haben sich Caro (Crailsheim) und andere erklärt, sie gemeinsam zu planen.
Zum Abschluss wurde die Kleine von Susanne und Hauke gesegnet. Die beiden waren
lange bei den Jesus Freaks in Tübingen und
arbeiten im Moment in einem christlichen Lebens- und Schulungszentrum. Sie wollten die
Gelegenheit nutzen, ihre Tochter in heimischer
Gemeindeatmosphäre vor Gott zu bringen.
Nach einem gemeinsamen Vaterunser verabschiedeten sich alle voneinander. Es bleibt die
Erinnerung an einen gelungenen gemeinsamen
Tag und das gute Gefühl nicht alleine zu sein.
Bettina Dalinger
Party-Tour der JF Wilder Süden
Aus unserer Regioversammlung ging klar hervor,
dass wir alle Aufsehen und Öffentlichkeitsarbeit
brauchen. Damit sich nicht jeder eigenbrötlerisch
abkämpfen muss, wollen wir diesen Sommer
gemeinsam feiern! Jede Gemeinde bestimmt einen
Termin, an dem sie ein Fest veranstaltet. Sei es nun
eine Party mit Band oder DJ am Abend, ein Grillnachmittag mit Leuten aus deiner Stadt, ein Beachvolleyball-Turnier oder irgendein Contest, deiner
Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Ziele sind:
1. Aufsehen in deiner Stadt zu erregen. Die Leute
sollen merken, dass es die Freaks nicht nur einmalig in der City gibt, sondern die ganze Region, JF
Deutschland und International dahinter stehen.
2. Wir wollen Zeit miteinander verbringen
und überregional Gemeinschaft pflegen.
3. Uns gegenseitig unterstützen! Wir haben viele
kleinere Gemeinden im Aufbau, da bieten sich
super Geschenke an. Vielleicht stehen bald Räume
zur Verfügung und da gibt es immer viel zu handwerkeln oder basteln. Wie wäre es mit einem Wettbewerb für die schönste Sitzbank? Oder die Region
hilft dabei, euren Ort zum Grillfest einzuladen?
4. Das beste zum Schluss:
Der Welt zeigen, dass Gott rockt!
Besprecht das bitte in euren Gemeinden. So ein
Projekt funktioniert natürlich nur, wenn alle mit
dabei sind. Ich bin gespannt auf eure Ideen und
Themen. Wenn eure Gemeinde dafür ist, schreibt
mir, wann ihr könnt, damit wir die Termine
untereinander absprechen können und uns dann
schon Gedanken zur Werbung machen können.
Mirjam aus Stuttgart [[email protected]]
Freaks vor Ort
29
Akkus geladen
Gibt es etwas schlimmeres, als wenn schöne Momente mit nervenden
Handylauten oder roter Displayanzeige der Digicam vermiest werden?
Tasche gepackt
Für den normalen Teilnehmer sind es fünf Tage und vier Nächte. Am
häufigsten führen Männer in den Satz das Wort „NUR“ hinzu; bei manchen Frauen fällt das Wort „SCHON“. Man kann einiges mitnehmen.
Sei dir aber bewusst: Du musst es transportieren und unterbringen.
Rechtfertigt sich die Masse des Gepäcks, dann hast du gut gepackt.
Schlafsack geprüft
Was muffelt zuerst? – Der Schlafsack oder ich? Für Menschen, die
darauf empfindlich reagieren, ist ein voriger Geruchstest zu empfehlen.
Je nach Miefgrad wäre durchlüften oder reinigen angesagt. Natürlich
ist bei der Nutzung auch auf die eigene Körperhygiene zu achten.
Zelt inspiziert
Je nachdem wie das eigene Zelt in die Jahre gekommen ist, bedarf es hier
und da kleiner Reparaturen. Und wie schaut es mit der Vollständigkeit der
Zeltheringe aus? Ersatz gibt es in der Kaserne nicht! Wenn sich ein Loch
erst bei Regen auf dem Campingplatz zeigt, hilft zur Not Gaffertape.
Hin- und Rückfahrt gesichert
Ist dein Mobil fahrtüchtig? Checke es lieber noch mal
durch. Kraftstofffahrer sollten an die Rückfahrt denken:
Mit Bier im Tank fährt weder Mensch noch Maschine.
Bahnfahrer wissen, dass Borgentreich nicht gerade eine Metropole
ist. Ab Warburg wird es umständlich. Es gibt zwar Busse, aber keiner
weiß so richtig, wie und wann sie fahren (nicht einmal die gute Frau am
Bahnschalter). Lass dich am besten vom Bahnhof abholen. Je eher du
bescheid gibst, wann du wo ankommst, desto kürzer wird die Wartezeit.
Mitfahrgelegenheit ist natürlich am besten. Man beteiligt sich an den
Fahrtkosten und kann vor und nach dem Freakstock noch eine lustige bzw.
spektakuläre Zeit erleben. (Je nachdem mit wem oder was man mitfährt.)
Ticket bestellt /Als Mitarbeiter angemeldet
Der frühe Vogel kann auch nichts dafür, dass alles zeitlich begrenzt ist. So
schließt irgendwann die Mitarbeiteradministration und auch der Vorverkauf. Daher, wer zu spät kommt, wird es erleben, dass sein Lieblingsarbeitsbereich schon voll ist oder etwas mehr löhnen muss, als ihm lieb ist.
Urlaub genommen
Ohne Urlaub geht es nicht, es sei denn man pendelt die
ganze Zeit zwischen Arbeit und Freakstock. Bedenke aber:
„Niemand kann zwei Herren dienen.“ (Matthäus 6,24)
Die Freakstock-Checkliste
Welche Frage sollte auf dem näc
hsten Fragebogen stehen?
Was wolltest du schon immer mal mac
hen?
Was war der beste Augenblick dei
nes Lebens?
Als ich wirklich begriffen und erlebt
habe, dass ich durch Jesus
eine Verbindung zu unserem unglaub
lichen Gott habe.
Was bedeutet Schönheit für dich
?
Wenn das Innere und das Äußere im
Einklang sind.
Wie viel Zeit brauchst du im Allt
ag, um klarzukommen?
Nicht viel.
Wie hast du in letzter Zeit Gottes
Reden erlebt?
Er redet mit mir in meinen Gedank
en.
Was würdest du Jesus fragen,
wenn du dereinst vor ihm stehst?
Die Bibel sagt, wenn wir vor Jesus steh
en,
wird es keine Fragen mehr geben und
daran glaube ich.
Wer bist du, und wenn ja wie viel
e?
Ich bin ich und die sagen mir grade,
ich soll sie nicht verraten.
Was sollte auf deinem Grabstein
stehen?
Hier ruht Peter Friesen bis zum Tag
des jüngsten Gerichts.
Was wünschst du dir zum Geburt
stag?
Eine schöne Feier mit schönen Leuten
an einem schönen Ort.
Willst du Kinder und wenn ja, war
um?
Ja!! Wie, warum???
Eine gute Fee gewährt dir drei
Wünsche, um die Welt zu verbes
sern.
peace & love & mehr Wünsche
Steckbrief
Peter Friesen (33), Zahntechniker „De
ntaltherapeut“,
Coreferent bei Seminar wochen im FSJ
ler, Jesus Freaks OWL
Warum bist du bei den Freaks?
Weil ich hier ein Zuhause gefunden
habe und ich die
unkonventionelle Art den eigenen Gla
uben zu leben toll finde.
Was wolltest du der Bewegung imm
er schon mal sagen?
Lest mehr Bibel.
euch Jesus Freaks
Frage: Was macht
nden?
ber anderen Gemei
nü
ge
ge
s
er
nd
so
be
n Bierpreise.
Antwort: Wir habe
rlichkeiten.
Der Rest sind Äuße
Nachgefragt:
Unter http://de.jesusfreaks.com/dkb/download gibt es eine Checkliste
zum Ankreuzen für alle Eventualitäten.
Marius Hollinger
Getrost zuhause bleiben können:
Arbeit, Langeweile und Glasflaschen.
Allen, die kommen, ein schönes Freakstock
Geschirr und Besteck: Ohne Teller wird das Suppe essen schwierig, Abhilfe kann ein Tetrapack verschaffen. Lass dir den Trick vom Küchenteam
zeigen. Messer und Gabel sind in vielen Kulturen weitgehend überflüssig. Da solltest du zur Not klarkommen und denjenigen, den deine
Finger in der Butter stören, kann dir ja ein Messer leihen.
Sonnenmilch: Ja, auch in Borgentreich kann die Sonne scheinen und schnell läuft man oben ohne herum. Und beim blassen Mitteleuropäer rebelliert die Haut nach einer gewissen
Zeit. Also entweder eincremen oder mit Kleidung bedecken.
Deo: Sofern du schon auf die Dusche verzichtest, schau dass du wenigsten
Deo dabei hast. Zwar ist einsprühen nicht ganz so hygienisch wie abduschen; vom Zeitablauf aber schneller und du brauchst kein Duschtuch.
Handtuch: Zu Hause und in Hotels sind diese Textilstücke
immer vorrätig, deshalb werden sie beim Einpacken meistens nicht beachtet. Nimmt am besten ein Handtuch mehr
mit, damit du ein bisschen Nächstenliebe zeigen kannst.
Ohropax: Für Menschen, mit leichtem Schlaf (sehr hilfreich), für Musikjunkies, die länger gerne noch etwas von ihrem Gehör haben wollen
(Konzert-Präventionsmaßnahme) und für Leute, die gerne bei redebedürftigen Mitmenschen abschalten (Verdrängungsmechanismus).
Supersoaker: Für die Verteidigung des eigenen Platzes oder den Angriff
des anderen Reviers. Oder als kühle Erfrischung an heißen Tagen.
Zwiebeln: Genial zum Grillen, lecker zum Würzen
und nicht wegzudenken bei Wespenstichen.
Dinge, die unbedingt mit müssen
achsen
n katholisch aufgew
Marcela in Brasilie
charistieunterrich
t als ich 10 war.
Eucharistielehrer:
... Und deswegen es
ist ganz wichtig, di
zu taufen. Damit sie
e Kinder
von der Erbsünde
erlöst werden.
ich: Ja, aber das Ki
nd kann vorher st
erben.
Er: Ja, deswegen ist
es wichtig, dass m
an
die Taufe so früh w
ie möglich macht.
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ch Kinder, die im Kr
ankenhaus sterbe
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burt schnell einfac
so mit ein bisschen
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Wasser die Taufe se
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Dann macht man
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richtig.
Ich: Und wenn das
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Hölle?
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Er: ...
Ich: ?
Er: ... Ja!
Mein schlimmste
s christliches Kin
dheitserlebnis
Im Eu
In anderen Gefilden …
Vernetzen und Lernen
bei der Konsultation für Gemeindegründung in Köln
G
leich nach dem Leitungskreistreffen
im Februar sitz ich mit Hans und
David im Auto in Richtung Münster,
um weiter nach Essen zu fahren. Bei ganz lieben
Freunden übernachtet und etwas erholt, fahre ich
dann mit der Bahn von Essen nach Köln. Ich genieße die schöne Natur beim Rausschauen, während sich zwei Mädels an ihren High-tech-Handys
spielend darüber entsetzen, wie man nur auf dem
Land leben kann, das ginge gar nicht für sie.
In Köln geht nach einem kurzen Zwischenstopp
in der Jugendherberge das Konsultationstreffen
für Gemeindegründung los. Freundlich begrüßen mich um die 20 Leiter von Organisationen,
Werken und Denominationen aller Art aus
Deutschland, um sich mit dem Thema Gemeindegründung, Mentoring und Gemeindewachstum zu
beschäftigen. Einer meiner ersten Feststellungen:
Alles Männer über 35, bis auf einen jungen Spund
von der Calvary Chapel. Ach ja und eine Frau,
die ihren Mann begleitet und die Finanzen und
das Essen
managt. Ich also, mal wieder, die
einzige
und junge Frau. Hab mich also
sehr wohl
gefühlt – vor allem am Montagabend beim kleinen Kölsch in der
Bahnhofskneipe, was ich natürlich ausgegeben bekommen
habe! Mich freut die Offenheit
und das wirkliche Interesse
den Jesus Freaks gegenüber
und sie erinnern sich sogar
sehr gern an ein Treffen, an
dem Mirko Sander teilnahm.
Martin Robinson aus
England beginnt mit
einem Überblick von
1900 bis heute, wie in
Großbritannien die
Kirche und Gemeinden
Mission lebten und
verstanden. Das ist
durchaus mit Deutschland zu
32
vergleichen. Zusammengefasst: Gemeinde ist kein
Gebäude. Es gibt keine Modelle oder bestimmte
Programme, mit denen es funktioniert. Es gibt
nicht die EINE Lösung und EINE Art von Gemeinde, sondern viele Formen, Strukturen, Initiativen
und Ideen. Der Begriff „Fresh expressions“ wurde
neu geprägt für neue Arten von Gemeinde. Europa ist sehr komplex in seiner Vielfalt. Und wir
befinden uns zwischen zwei Paradigmen: Moderne und Postmoderne. In seinem Vortrag nennt
Robinson einige Schlüssel-Elemente, die helfen
können, um heute erfolgreich Gemeinde zu bauen:
• Gute Informationen haben. Was passiert
gerade in Kirche und Gesellschaft?
• Beziehungen zwischen Leitern
pflegen (früher: Wettbewerb)
• Lerngruppen. Wir können und
müssen voneinander lernen?
• Kirchen sollen wieder in ihre Nachbarschaft, ihren Stadtteil, eingegliedert sein.
• Die katholische Kirche sollte nicht
weiter ignoriert werden, denn sie ist
in ihren internationalen Beziehungen
weiter als die evangelische Kirche.
• Ausbildung auf hohem
Niveau mit viel Praxis.
• Jüngerschaft und geistliche Prägung.
Wir waren gut darin, Menschen zu
Jesus zu führen, aber in Menschen
länger zu investieren, fehlte oft.
• Leitern von ethnischen Gemeinden
helfen (international churches).
• Unsere Gesellschaft und Kultur um uns
herum verändern „Kopf und nicht Schwanz
sein!“, d.h. relevant sein mit Musik, Kunst ...
Gerade dieser letztgenannte Punkt schlug
bei mir innerlich Wellen … war das nicht
schon immer unsere Freaks Vision?
Eigentlich ist uns vieles davon bekannt, aber
es tut gut, es zusammengefasst zu hören und
neu darüber nachzudenken. Einiges leben wir
Freaks sogar schon (Austausch der Leiter, Kultur
verändern) bzw. einiges kommt an den Start (z.B.
Leiterschulung), aber einiges ist auch ausbaufähig (Lerngruppen, Jüngerschaft). Um mal
anhand dieser genannten Punkte eine knappe
unvollständige Bestandsaufnahme für uns Jesus
Freaks zu machen. Lass dich davon inspirieren!
Am Dienstagmorgen gibt es einen Input
mit Gebetszeit. Ein junge Mann spricht über
Gesellschaftsstrukturen deren Veränderung
und Vor- und Nachteile und stellt sie dem
Leib Christi gegenüber. Die gesellschaftliche
Entwicklung sieht über die Jahrhunderte
betrachtet so aus: Großfamilien > Ständegesellschaften > Organisationen > Netzwerke
Mich spricht das an, weil sich die Jesus-FreaksBewegung als Netzwerk organisiert. Netzwerke
sind die Zukunft unserer Gesellschaft, man
nimmt einen Teil raus und es bricht NICHT
alles zusammen. Es ist eine Ordnungsform der
Postmoderne. Netzwerke sind jedoch egoistisch,
individualistisch und es fehlt die gegenseitige
Verantwortung „Jeder stirbt sich selbst“.
Ein Verein ist eine Organisationsform mit einem
bestimmten Zweck, der sich verändern kann.
Der Leib (Soma) Christi dagegen hat einen bestimmten festgelegten Zweck (Auftrag Jesu) und
den kann man neu installieren, aber nicht gründen, d.h. ich gründe nicht Gemeinde, sondern bin
Teil dessen und gebe anderen Raum darin zu sein.
Die Gemeinde ist eine große Familie Gottes
eine völlig andere Sozialform als andere. Wir sind
die Stadt auf dem Berg. Der Prediger warnt noch
vor einer heute bestehenden Gefahr: „Wir lassen
uns alle stehen, aber sind uns egal. Wir müssen
wieder Verantwortung füreinander übernehmen.“
Impressum
Herausgeber: Jesus Freaks International e. V.
Bereich Medien, Holländische Straße 270, 34127 Kassel,
[[email protected]], www.jesusfreaks.de
Redaktionsleitung: Bettina Kammer (V.i.S.d.P.), Dubliner
Str. 1, 13349 Berlin, (030)45025203, [[email protected]]
Redaktion: Marius Hollinger, Nils Neumann,
Julia Pfläging, Ben R., Jocky Spörl
Bildnachweis: Wenn nicht anders angegeben,
sind die Bilder privat oder gemeinfrei. Willo-Fotos: Ben Gross.
Homepage: http://jesusfreaks.de ››› Der Kranke Bote
Facebook: http://redirec.de/bote
Leserbriefe und Texte an: [[email protected]]
Einsendeschluss für die nächste Ausgabe: 1.7.2012
Anzeigen-Service: Rainer Mick, Küsterland 3, 28259
Bremen, (0162)8452302, [[email protected]]
Leser-Service: Julia Pfläging, Talsperrenweg 27, 42897
Remscheid, (02191) 5682354, [[email protected]]
Bezugsbedingungen: Der Kranke Bote erscheint sechsmal im
Jahr. Das Abonnement verlängert sich automatisch um ein Jahr,
wenn es nicht bis zum 30.11.12 gekündigt wird. Das Abonnement
endet außerdem, wenn eine Sendung wegen falscher Adresse
zurück kommt. (Bei Umzug bitte rechtzeitig Bescheid sagen!)
Nach dem ausgiebigen inhaltlichen Austausch
ging es über zur Planung der „Trendwende“, die
vom 6. bis 8. Juni 2013 in Stuttgart in Form eines
Symposiums für Gemeindegründung stattfinden
soll. Der Ablauf wurde überarbeitet und Ideen
für Themen gesammelt (z.B. „Wenn Gemeindegründung wehtut“). Ziel der Konferenz „Trendwende“ ist es, eine noch viel größere Zahl von
Leitern aus einem breiten Spektrum zusammen
zu bringen, um sich gegenseitig zu inspirieren,
das Thema Gemeindegründung und neue Formen
von Gemeinde noch stärker auf breiter, überkonfessioneller Basis ins Gespräch zu bringen
und die Bedeutung von neuen Gemeinden für
die Mission und Evangelisation unseres Landes
hervorzuheben. Auf diese Weise sollen gegenseitige Vorbehalte abgebaut werden, wunde Punkte
zur Sprache kommen und vor allem eine größere
Dynamik freigesetzt werden. Sie beten für mehr
Gemeinden, damit mehr Menschen zu Christus
finden. Erwarte werden etwa 150 Leiterinnen und
Leiter aus einem möglichst breiten Spektrum.
Das Treffen war für mich kurz gesagt sehr
inspirierend und hat mir Mut und Hoffnung gegeben, dass es Gott ist, der SEIN Reich baut, obwohl wir vieles nicht sehen oder mitbekommen!
Madlen (fast 30) aus Görlitz ist gerade total
begeistert von Gottes Wirken in ihrem Leben!
Mehr Infos: www.konsultation-gg.de
Gestaltung: Bettina Kammer
Menge
Jahresabo
1 bis 4
15 € für 6 Ausgaben
Versand Preis pro Exemplar
5,10 €
2,50 €
5
74,10 €
8,40 €
2,47 €
10
114,00 €
23,40 €
1,90 €
Andere Stückzahlen liefern wir natürlich gerne.
Die Versandkosten für EU-Länder betragen derzeit 16,20 €
pro Exemplar im Jahr. Verbindliche Preise auf Anfrage.
Ein Einzel-Abo mit Tasse kostet 29 € (inkl. Versand). Eine
Tasse kostet 7 € (zzgl. 2,50 € Versand). Rabatt bei Mehrkauf!
Geschenk-Abos (15 € zzgl. Versand) enden automatisch
nach sechs Ausgaben. Bei der Bestellung bitte Liefer- und
Rechnungsadresse angeben.
Ein Sozial-Abo (11 € zzgl. Versand) erhält man gegen Vorlage
eines Alg-II-Bescheides bzw. Nachweis der Privatinsolvenz.
Finanziert werden soll dieses Angebot durch Spenden,
z.B. 4 € zusätzlich zum normalen Abopreis.
Spenden: Wer Geld spenden möchte, um JFI e.V. zu unterstützen, sollte Name und Adresse angeben, um eine Spendenbescheinigung zur Vorlage beim Finanzamt zu erhalten.
Bank: JFI e. V., Ev. Kreditgenossenschaft EG, BLZ 520 604 10,
Konto 3502295, IBAN: DE75520604100003502295
BIC: GENODEF1EK1
Der Kranke Bote wird auf Envirotop Recyclingpapier gedruckt.
Impressum
33
n
e
h
ac
m
h
c
fa
Abschluss der Visionsreihe:
Ein
Vision ganz konkret träumen und leben
D
ies ist jetzt die achte und vorerst letzte
Folge meiner Visionsserie für die JesusFreaks-Bewegung im Kranken Boten. Ich
habe diese Artikel geschrieben, weil ich die Hoffnung
hatte, dass dadurch der Fokus unsere Bewegung
wieder mehr auf das Träumen gerichtet wird.
Im Träumen waren wir immer stark. Nicht nur in
Hamburg, überall in Deutschland. Gott hat die Träume der Jesus Freaks stetig erfüllt, teilweise sogar
übertroffen. Meiner Meinung nach waren Visionen
über viele Jahre unsere größte Stärke, hier konnte
uns keiner so schnell etwas vormachen. Noch heute kann ich überall in Deutschland feststellen, dass
Dinge, die wir schon vor Ewigkeiten gemacht haben,
irgendwann im Leib Christi als große Errungenschaft
gefeiert und in den Gemeindealltag übernommen
wurden. Ich denke da zum Beispiel auch an vieles, was
ich in der Emergent-Church-Bewegung sehe. Das sage
ich ganz ohne Überheblichkeit oder falschem Stolz.
Fakt ist: Leider ist uns diese Fähigkeit in den Jahren
der Krise abhandengekommen, zumindest für die Bewegung als Ganzes gesprochen. Wir mussten über die
Zeit den Fokus nach innen richten, auf die Strukturen,
Werte, aber auch auf die Verletzten und Verwundeten. Andere Bewegungen haben uns sogar überholt.
Sicher, es war in den Jahren der „Dürre“ wichtiger Dinge neu zu strukturieren, aus Fehlern
zu lernen und stabile Pfeiler in den Boden zu
hauen. Aber denkt ihr nicht auch, dass diese
Zeit jetzt langsam vorbei sein sollte und wir wieder anfangen könnten mit Gott zu träumen?
Ich hab vor vielen Jahren einmal ein Gespräch mit
Mirko geführt, wo wir uns die Frage gestellt haben,
was in der ersten Zeit mit uns anders war. Wir kamen
zu dem Schluss, dass wir damals nicht viel diskutiert, sondern einfach gemacht haben. Jemand hatte
34
Martin sein Wort
eine Idee, es fanden sich umgehend ein paar Leute
und das ganze wurde sofort umgesetzt. Natürlich
kam dabei auch eine Menge Schrott raus, aber vieles
von dem war genial, vom Heiligen Geist durchtränkt
und hat funktioniert. Dieser Mut Dinge einfach zu
machen, ist uns in der Krise verloren gegangen. Das
ist auch verständlich, denn man hat plötzlich Angst
Fehler zu machen, Menschen zu verletzen oder
dass jemand ausbrennt. Aber wir können ihn wieder zurückbekommen, wir müssen es nur wollen.
Ich denke, für die Vision unserer Bewegung braucht
es eigentlich kein neues Treffen. Die Vision ist den
meisten Jesus Freaks bereits ins Herz gebrannt. Ich
saß vor Jahren auf einem Freakstock in Borgentreich
einmal mit ein paar Leuten auf einer Bank und wir
sprachen darüber, was Jesus Freaks für uns bedeutet.
Ist es ein Lebensgefühl? Ein Gemeindekonzept? Eine
Lebenseinstellung? Was auch immer wir für Antworten hatten, jeder merkte sofort, dass die Vision der Jesus Freaks sich unwiederbringlich in unseren Geist eingebrannt hatte. Jeder wusste, was gemeint war, auch
wenn wir unterschiedliche Worte dafür benutzt haben.
Vielleicht kann diese Serie dazu führen, dass sich
jede Gruppe vor Gott trifft und neu anfängt über ihre
konkrete Vision zu träumen. Vielleicht kann es auch
passieren, dass wir ganze Willos, Freakstocks und
sonst was für Treffen haben, wo es nur um das Thema geht. Das wir uns neu in Brand stecken lassen für
den Auftrag, den Jesus uns gegeben hat und gemeinsam anfangen mutig Großes für Gott zu träumen.
Martin Dreyer (47), Gründer der Jesus Freaks und Autor,
lebt mit seiner Frau Rahel und seiner Tochter Zoe in Berlin.
Bereits erschienen: Vision für Jesus Freaks (2/11), für
Lobpreis (3/11), für Gottesdienste (4/11), für Predigten
(5/11), für Gemeinden (6/11), für eine neue Jesus-Bewegung (1/12) und für deinen Ort (2/12).
Gestaltung: Simeon Wetzel
Foto: Kheel Center Cornell University
Tödliche Sammelleidenschaft
Praktische Hilfe in allen Lebenslagen von Dr. K. Bote
Lieber Dr. K. Bote,
in den 10 Geboten wird das Gebot
„Du sollst nicht töten.“ (2.Mose 20,13)
mit eingeschlossen. In 4. Mose 15, 32-36 gibt
Gott den Befehl, einen Mann zu steinigen, weil
er am Sabbat Holzstöcke gesammelt hat. Jetzt zu
meiner Frage: Ich habe einen Nachbarn (den ich
sowieso nicht leiden kann), der am Sabbat bzw.
am Sonntag Pilze sammeln geht. Darf ich ihn
jetzt schon steinigen oder muss ich erst warten,
bis er mit gesammelten Holzstöcken ankommt?
Dein Marius Inselius
Lieber Marius,
ich danke Dir für Dein Vertrauen. Du
stehst mit Deiner Frage nicht alleine da;
wohl jeder Bibelleser ist schon über zweideutige Sachverhalte gestolpert.
Allerdings wird heute ein bisschen anders mit
solchen Gesetzesübertretungen umgegangen.
Der Mann wird bitte! nicht gesteinigt, egal ob
er mit Pilzen, Stöcken, Beeren oder Bären aus
dem Wald kommt. Die deutsche Gesetzgebung
reagiert bei Tötungen (egal, welchen guten
Zweck du damit verfolgst) sehr unentspannt.
Anstelle des guten Zwecks könntest Du jedoch
den Mann verfolgen. Verfolge ihn zum Beispiel
mit Anrufen, E-Mails, Besuchen, bei denen Du
ihm die Bibelstellen, sein sündiges Verhalten und
Gottes Antworten darauf präsentierst. Achte
dabei bitte darauf, nicht handgreiflich zu werden.
Irgendwann
wird der Nachbar
entweder sein
Verhalten ändern –
oder den Wohnort.
Ich hoffe, ich
konnte Dir damit helfen!
Dein K. Bote
Beziehungsweise
Rezension: „Plans within Plans“
M
ike Herrera ist mit Mitte 30
inzwischen auch nicht mehr der
Jüngste. Aber der Bassist und
Kopf von MxPx probiert auch gar nicht erst, den
Berufsjugendlichen raushängen zu lassen, obwohl er sich freilich ganz gut gehalten hat. Daher klingt die neue CD der Band aus Bremerton
zwar reifer als die Vorgänger, hat aber trotzdem
immer noch richtig viel Schmackes. „Plans
within Plans“ heißt die Platte, deren Reife sich
nicht nur im Sound, sondern natürlich auch in
den Texten abzeichnet. Es geht um das Leben,
um den Umgang mit Rückschlägen, um Zukunftsträume und – na klar! – um Beziehungen.
„If you push yourself away
from everyone you know,
how do you expect relationships to grow?“
Mit dieser Frage beginnt das Album, als
wäre sie gewissermaßen das Leitmotiv für
alles Folgende. Über Beziehungen hat Mike
einiges zu sagen, und seine Statements zeugen
von Tiefe beziehungsweise Lebenserfahrung.
Beziehungsweisheiten: Über das Glück des
unverdient Geliebten („Lucky Guy“), über Treue
und Schmerz („Cast Down My Heart“), über die
Verwundbarkeit dessen, der sein Herz
verschenkt („When it Comes to You“).
Hört euch diese Scheibe mal an! Das
macht euch Spaß. Und vielleicht ein
bisschen beziehungsweise. Ohne dass ihr
dabei Gefahr lauft, übertrieben zu altern.
Nils Neumann
MxPx Meilensteine:
Pokinatcha (1994)
Slowly Going the Way of the
Buffalo (1998)
Secret Weapon (2007)
Plans within Plans (2012)
Dr. K. Bote/Musik
35
Bond auf neuen Wegen
Auslese. Kurzgeschichte
S
ämtliche Namen von lebenden oder
erfundenen Personen sind frei erfunden.
Das muss ich betonen, weil das Leben
manchmal derart abstruse Geschichten schreibt,
dass es fast schon normal erscheint, anschließend
sich selbst in einer solchen wieder zu finden.
Der als James Bond oder 007 bekannte Agent
ihrer Majestät hat den Dienst quittiert.
Eines Morgens hat er seine Kündigungspapiere fertig gemacht und seine Londoner Wohnung nur mit einem kleinen Koffer verlassen.
Das ist keinem besonders aufgefallen, denn so
hat er viele Arbeitstage angefangen. Auf dem
Weg zum Autobahnzubringer hat er den an M
adressierten Umschlag in einen Briefkasten
geworfen. Bei Dover hat er mit blutendem
Herzen seinen geliebten Aston Martin zerschossen und von den Klippen gestürzt, um seine
Spuren zu verwischen. An Englands Südküste
ist die Gezeitenströmung sehr stark, sodass in
dem Wrack keine Leiche zu finden sein würde.
Dann ist er mit dem Eurotunnelexpress aufs
Festland gekommen und nach Zwischenstationen
in Antwerpen und Recklinghausen in die bis
dahin freie Wohnung hier im Haus eingezogen.
Er hat „Peter S. Livländer“ aufs Klingelschild
geschrieben, denn schließlich wollte er ja mit
den Damen und Herren vom MI6 (und sämtlichen Konkurrenzunternehmen) nichts mehr
zu schaffen haben. Weil es an diesem denkwürdigen Tag schon zu spät war zum Einkaufen
und er keine Lust hatte auf Pizzataxi, habe ich
meinen neuen Nachbarn zum Essen eingeladen.
Natürlich war mir nicht klar, mit wem ich es zu
tun hatte! Doch seit ich das alles begriffen habe,
ist es mir unmöglich, weiter „Peter“ zu ihm zu sagen. Seit genau acht Tagen hat er bei mir nur noch
einen Namen: Bond. Aber zurück zum Anfang.
36
Auslese
Im Laufe der nächsten Wochen trafen wir
uns regelmäßig; zuerst half ich ihm, sich in
der Stadt zurecht zu finden, dann reparierte
er mein Auto. Dabei ergab es sich schnell, dass
wir uns das Du anboten. Wir gingen aus oder
kochten zusammen und er erzählte immer mal
wieder von seinen glücklosen Versuchen, eine
Arbeitsstelle zu finden, oder, wenn er dann eine
gefunden hatte, sich in die Firmenprozesse einzufügen und länger als einen Monat zu bleiben.
Wir wurden so etwas wie Freunde, wenn
man außen vor lässt, dass wir nicht viel voneinander wussten. Ich ging davon aus, dass
er einfach nicht zu der Sorte Mensch gehörte,
die gleich als erstes das ganze Leben vor ihren
neuen Bekannten ausbreiteten. Wie richtig ich
damit lag, war mir allerdings nicht bewusst.
An einem dieser gemeinsamen Abende fing er irgendwann an zu erzählen. Dass er lange in London
gewohnt und einen unglaublich stressigen Beruf
gehabt habe. Ahnungslos fragte ich, was er denn
gearbeitet habe. Eigentlich war es komisch, erst so
spät diese alltäglichen Dinge anzusprechen, aber
wir hatten vorher genug andere Themen gehabt.
„Schwierig zu beschreiben“, sagte er, „ich bin
für einen britischen Konzern um die ganze Welt
gedüst und habe Aufträge erledigt.“ „Ach, sagte
ich, so eine Art Auslandsvertreter?“ „Ja“, sagte er,
„und gar nicht mal schlecht bezahlt. Aber insgesamt habe ich zu viel investiert. Mein Einsatz war
zu hoch.“ Hatte er sich ein Magengeschwür eingehandelt? „Und was hast du für die Zukunft vor?“
„Weiß ich noch nicht. Ich hab ein bisschen gespart
und wollte mir endlich mal Zeit lassen bei etwas,
das ich tue. Es ist allerdings schon frustrierend,
dass ich offenbar in keiner Firma Fuß fassen kann.
Bin ich vielleicht zu blöd?“ Das ließ ich unkommentiert. „In welche Richtung soll’s denn gehen?“
„Weiß noch nicht, wiederholte er. Jedenfalls etwas,
wobei ich nicht ständig fliegen muss und so. Das
ist zu Anfang ganz nett, aber mit der Zeit wird
man so …“ Er dachte nach, aber ihm kam kein passendes Wort in den Sinn. Durch die vielen Aufenthalte in nicht deutschsprachigen Teilen der Welt
waren ihm einige Vokabeln abhanden gekommen.
„Heimatlos?“ „Ja“, nickte er, „und es wird auch
immer schwieriger, sich in der Zeit zurecht zu
finden. Früher, als ich noch jünger war, hatte ich damit kaum Probleme. Welcher Tag ist
heute, in welchem Monat? Welche Jahreszeit
wäre jetzt zuhause? Vom Jetlag mal gar nicht
zu reden. Aber ich hatte sowieso katastrophale
Arbeitszeiten.“ „Ich
habe neulich einen
guten Eignungstest im Internet
gefunden, der dir einen Job genau
auf deine Wünsche und Fähigkeiten
zugeschnitten aussuchen kann. Soll
ich dir den Link aufschreiben?“ „Och“,
machte er unentschlossen und sagte schließlich:
„Wir können das Ding auch zusammen ausfüllen, wenn du Bock hast. Ist bestimmt lustig.“
Der Test begann ganz harmlos mit einigen
Fragen zur Person und den Hobbys. Während
ich zuschaute, wie sich die Felder füllten, erfuhr ich, dass er vor etwas mehr als 36 Jahren
als Peter Sven Livländer in Coburg geboren
worden war. Bond, den ich da noch Peter
nannte, gab an, dass er gerne Sport mache
und eine Schwäche für schnelle Autos habe.
Dann kamen die übrigen Qualifikationen. In
der Liste sammelten sich zu meinem Erstaunen
nach und nach Fremdsprachenkenntnisse für
fast jeden Winkel der Erde, sämtliche Fahrerlaubnisse mit Ausnahme des Gabelstaplerscheins
und eine umfassende Bildung in so ziemlich
jedem Bereich der Naturwissenschaften sowie
diversen Fachgebieten, von denen mir zum Teil
nicht einmal klar war, was man damit anstellte. Wow, dachte ich dennoch, entweder ist er
ein Genie – oder ein genialer Hochstapler.
Ins Feld „Besondere Fertigkeiten“ schrieb er,
dass er geübt sei im Umgang mit jeder gängigen
Waffe, löschte es aber direkt wieder weg, daher
hielt ich das für einen Scherz. Bestimmt mochte
er solche Große-Jungs-Kriegsspiele am Computer.
Nach Eingabe aller Daten fing das Programm
an zu arbeiten. Der Ladebalken wurde immer
länger und Peter lachte, dass er offenbar zu allem
in der Lage, aber zu nichts zu gebrauchen sei. Der
Berufsberater in der Realschule habe eine ähnliche
Einschätzung abgegeben und eine Ausbildung
zum Industriekaufmann empfohlen, denn das sei
ein solider Beruf und man finde immer eine Stelle.
„Und“, fragte ich, „bist du Industriekaufmann
geworden?“ Er lachte noch mehr. „Seh ich so aus?“,
gab er meine Frage zurück. Nein, das tat er nicht.
Man hat ja so gewisse Vorurteile, wie Angehörige
bestimmter Berufsgruppen aussehen. Zwar war
er von unscheinbarem Äußeren, so wie ich mir
auch Industriekaufleute vorstellte. Aber die waren
nicht so muskulös – und sprachen kein Lingala.
Mir blieb keine Gelegenheit, weiter darüber
nachzudenken, denn in diesem Augenblick
gab der Rechner mit einem „pling“ bekannt,
dass der Arbeitsvorgang abgeschlossen
sei und wir schauten auf die Ergebnisse.
„Was ist denn das für ein Quatsch?“, fragte er
stirnrunzelnd. Das fragte ich mich allerdings
auch. Nach Meinung des Tests standen meinem
Nachbarn folgende Berufe zur Auswahl:
» Auslandsvertretung führender
Wirtschaftsunternehmen,
» Karriere machen bei
Bundeswehrspezialeinheiten,
» Geheimagent.
Letzteres war das absurdeste Berufsbild, von
dem ich je gehört hatte. „Geheimagent ist
bestimmt ein dreijähriger Ausbildungsgang
im dualen Schulsystem“, fantasierte ich. „Da
bist du drei Tage pro Woche beim BND und
zwei Tage in der Schule, um das ganze Hintergrundwissen einzupauken. Und deinen überbetrieblichen Lehrgang kannst du wahlweise
beim Mossad, beim KGB oder der CIA machen.
Echt seltsam, dieser Test. Bei mir hat er besser
geklappt. Vor allem war er realistischer.“ „Warum? Was waren denn deine Ergebnisse?“
„Dass ich es mal mit einer Lektorentätigkeit
probieren solle oder vielleicht als Texter in
die Werbebranche gehen. Das habe ich getan
und bin zufrieden mit meinem Job. Allerdings
habe ich auch nicht eingegeben, dass ich Hubschrauber fliegen und mit Dynamit umgehen
könnte.“ „Es ist aber so, und am Anfang hat
in dem Test gestanden, dass man im eigenen
Interesse ehrliche Angaben machen soll.“
„Na ja, aber die Ergebnisse sind ja schon mal
was. Da du sicher nicht Geheimagent werden
willst und schon als Auslandsvertretung
führender Wirtschaftsunternehmen gearbeitet
hast, könntest du dir vorstellen, Karriere zu
machen bei Bundeswehrspezialeinheiten?“
„Nee. Ich wollte ja einen Beruf ohne Stress
haben.“ Tja, da war was dran: Er würde sich
erst durch die Grundausbildungen kämpfen
müssen, was kein Sonntagsspaziergang werden
würde. Selbst für einen Alleskönner wie ihn.
„Weißt du was“, sagte ich, nachdem ich eine Weile überlegt hatte, „wir machen den Test einfach
noch mal. Und du lässt ein paar Sachen weg. Die
Ehrlichkeit im eigenen Interesse übersehen wir
einfach. Da kommt bestimmt was Brauchbares
raus, denn der Test ist eigentlich wirklich gut.“
Meine Idee hingegen war nicht besonders
gut. Wir füllten die Fragebögen in zunehmend
gereizter Stimmung aus und schließlich, beim
siebten Versuch, blieben nur die Führerscheine
und seine Freude an Bewegung an der frischen
Luft übrig. Das Ergebnis war entsprechend.
Auslese
37
„Garten- und Landschaftsbauer? Willst du mich
verarschen?“, fuhr er mich an. Ich war etwas eingeschüchtert. „Aber was ist denn daran verkehrt?“,
wagte ich zu fragen, „die Arbeit ist vergleichsweise
stressfrei und wird trotzdem nicht langweilig.“
Vor allem war mein Argument verkehrt, denn
jetzt drehte er durch. „Was daran verkehrt ist,
fragst du? Verkehrt ist, dass ich nicht jeden Tag
im Dreck wühlen will, bis ich vielleicht ‘ne alte
Münze von anno Tuck finde, das ist daran verkehrt!“ Er sprang vom Sofa auf und rannte wie
aufgezogen im Zimmer hin und her. „Was glaubst
du eigentlich, warum ich siebzehn Mordversuche,
drei gelegte Brände und zwei Bombenattentate
auf Gebäude, in denen ich mich aufhielt, x Verfolgungsjagden und einen Flugzeugabsturz
überlebt habe?!? Nur, um bis zur Rente völlig
überqualifiziert Trecker zu fahren und Bäume
einzupflanzen? Hast du sie nicht mehr alle?!“
Mir blieb keine Zeit, etwas zu antworten, denn
er nahm mich nicht mehr wahr. „Wofür bin ich
ausgestiegen, wofür habe ich mein geiles Luxusleben aufgegeben, wofür habe ich die beste
Chefin der Welt derart vor den Kopf gestoßen,
als ich gekündigt habe? Wofür habe ich mein
Auto verschrottet und in den hässlichsten Löchern gewohnt, bloß um die Bluthunde vom
MI6 abzuschütteln? Wofür der ganze Scheiß?“
Ich schätze, dass meine Augen immer größer geworden waren, je weiter er seine frühere
Identität preis gab. Und das war der Moment,
an dem mir der Name „Peter“ einfach nicht
mehr über die Lippen wollte. Ich sagte: „Du,
Bond, kannst du mir vielleicht verzeihen, dass
ich noch nicht alles über dich weiß und deswegen manchmal einen Fehler mache?“
Er fuhr zusammen. „Was hast du da gerade
zu mir gesagt?“ „Ob du mir verzeihen kannst,
dass ich noch nicht alles über dich weiß und
deswegen manchmal einen Fehler mache“,
wiederholte ich. „Nein, davor!“ Der plötzliche
Umschwung war mir unheimlich. „Davor habe
ich nichts gesagt, denn davor hast du dich aufgeregt“, flüsterte ich mit zitternder Stimme. Er
kniff die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen. „Nein. Wie hast du mich angesprochen?“
Au weia. Was würde jetzt passieren? War es
ratsam gewesen, sich mit so einem Typen anzulegen? Ich hatte doch eben noch erfahren,
dass er ungefähr fünf Kampfsportarten beherrschte! Wahrscheinlich war es nicht ratsam
gewesen – doch jetzt war es zu spät. „Ich, äh“,
stammelte ich, „ich hab Bond zu dir gesagt …
das war so eine Idee, aber sollte ich das besser
lassen?“ Die Luft ausstoßend kam er zurück
zum Sofa und ließ sich aufs Polster fallen.
38
Auslese
Je mehr ich sagte, desto schlimmer wurde alles.
Aber ich konnte meine Klappe nicht halten. „Es
war ja bloß, weil der James Bond ja auch Geheimagent ist und den ganzen Krempel kann mit Fallschirmspringen und Lingala reden und so… und
da dachte ich, dass es vielleicht …“ Ich warf ihm einen prüfenden Blick zu und verstummte nun doch.
Unvermittelt sah er viel älter und völlig fertig aus.
„Da dachtest du, dass es vielleicht was?“, fragte
er müde. „Dass es lustig wäre“, murmelte ich.
„Na ja“, sagte er und räusperte sich, „lustig ist
schon ein bisschen anders. Das hier ist der absolute GAU für mich, kannst du das verstehen? Ich
bin aus dem Geheimdienst ausgeschieden und war
drauf angewiesen, dass meine Tarnung funktioniert und jetzt sitz ich hier auf deinem Sofa und
du weißt viel zu viel. Aber irgendwie hast du Glück,
dass ich es wirklich satt habe, immer zu jagen
oder gejagt zu werden, denn sonst, wenn ich noch
im Geschäft wäre, würde ich dich jetzt umlegen.“
Ups, dachte ich. Gleich holt er ne Knarre
hervor, schraubt den Schalldämpfer auf und
ballert mich eiskalt um. Und niemand wird je
rauskriegen, was bzw. wer mir widerfahren ist.
Doch er war noch nicht fertig. „So müssen
wir das jetzt anders hinkriegen.“ „Was meinst
du damit?“, fragte ich unkonzentriert.
„Ich muss dich bitten, den heutigen Abend zu
verschweigen und am besten zu vergessen. Niemand darf erfahren, was hier und heute passiert
ist. Niemand darf wissen, was du seit heute
über mich weißt. Wenn es nämlich doch jemand
erfährt, werde ich zum Gejagten. Nicht nur die
Briten werden mich hetzen, sondern auch alle übrigen Geheimdienste, mit denen ich irgendwann
mal so oder so zu tun gehabt habe. Jeder vermutet, dass ich mein Wissen den anderen verkaufen
könnte. Und das darf natürlich nicht sein.
Oder sie haben noch
eine Rechnung
mit mir offen. In
Prinzip
bin ich also ein
toter
Mann.“ „Scheiße.“
Er nickte, „so
sieht’s aus.“
Wir schwiegen lange und hingen unseren
verschiedenen Gedanken nach. Schließlich
sagte ich: „Wenn ich nun schon so gut wie alles von dir weiß … sagst du mir vielleicht auch
noch deinen richtigen Namen? Peter Sven
Livländer ist es dann ja wohl nicht, oder?“
„Nein. Geboren bin ich in Hamburg als Jan Borg,
als einziger Sohn einer Britin und eines Deutschen. Dieser Sohn wurde im GeheimagentenTrainingslager der königlichen Luftwaffe zu
„James Bond“. Dem Ausbilder war es zu einfallslos,
vor allem wegen den Initialen, und ich musste
mir noch eine andere Vita ausdenken. Aber ich
bin dann zu James Bond zurück gekehrt, als der
andere einen tödlichen Unfall gehabt hatte.“
Wie konnte er einen tödlichen Unfall
gehabt haben und jetzt quicklebendig
auf meinem Sofa sitzen?
Er hatte die Frage in meinen Augen erkannt.
„Du kannst einen tödlichen Unfall haben, wenn
ein Auftrag in die Hose geht. Entweder stirbst
du wirklich oder du verschwindest nur gründlich
von der Bildfläche. Dann brauchst du aber eine
neue Identität, und am besten eine, die schon ein
paar Leute kennen, damit du nicht ganz vorne
anfangen musst. Also war ich wieder James Bond.“
Das war zu abstrakt. James Bond war doch
eine Romanfigur, erfunden von einem gewissen Ian Fleming … also gab es diesen James
Bond nicht wirklich! Ich starrte ihn an. „Das
mit dem Identitätstod erklär ich dir später
mal, versprochen. Aber ich bin es echt. Ich bin
Bond. James Bond“, betonte er auf seine ganz
eigene Art, genau wie im Film. Das war mein
Stichwort: „Ja, aber … die Filme! Wieso gibt
es Filme über dich, wenn es dich doch gibt?“
Er hob die Schultern. „Weil ich der Beste
war. Von Münchhausen und Napoleon gibt
es auch Filme. Mit dem kleinen Unterschied,
dass sie schon tot sind. Aber das kann eine
Sache von Sekunden sein.“ „Und …“, ich zögerte. Konnte ich es mir nach den ganzen
falschen Fragen zum falschen Thema leisten,
weitere falsche Fragen hinzuzufügen?
„Was gibt’s, und?“ „Vielleicht geht’s mich ja
nix an, dann kannst du einfach sagen, dass es
mich nix angeht. Aber ich wüsste jetzt doch
mal gerne, warum du der Beste warst. Warum bist du ausgestiegen? War das nicht viel
riskanter als im Business drin zu bleiben?“
„Du stellst die richtigen Fragen, Kompliment“,
grinste er. „Du hättest vielleicht nicht als Texter
in die Werbebranche gehen sollen, sondern Krimis
schreiben oder andere verrückte Geschichten. Natürlich ist es riskanter, auszusteigen. Man ändert
sein Tempo, seine Gewohnheiten, sein Lebensumfeld. Alles. Das ist saugefährlich. Aber – ganz
ehrlich
– ich bin ein Mensch. Und
dieses Business, wie du
es so schön genannt hast,
ist nicht menschenwürdig.
Es ist der reine Überlebenskampf. Töten oder selber auf
der Strecke bleiben. Mehr nicht.
Und darauf hatte ich eines Morgens einfach keinen Bock mehr. Ich
dachte, es muss da noch mehr geben
im Leben des Mannes, der mal Jan Borg hieß.“
„Und, gibt es mehr im Leben des Jan Borg? Oder
bereust du deinen Ausstieg?“ „Nein“, sagte er und
lachte jetzt richtig, „denn das wäre unprofessionell.“ „Du warst im Kino?“, prustete ich heraus,
„du hast dir deinen eigenen Film angeguckt?!“ „Ja,
ich wollte doch mal sehen, was die Leute sich über
mich ausgedacht haben. Gar nicht so übel, wenn
man davon absieht, dass Bregenz keinen Flughafen hat.“ „Oder dass man in Sibirien, wenn es
schneit, Atemwolken vor dem Mund hat“, sagte
ich kichernd. „Das ist dir aufgefallen? Du bist
wirklich gut drauf“, lachte er. „Hemdenzipfel
links und rechts vertauscht, Zweiteiler, Dreiteiler, anthrazitfarbener oder silberner Aston
Martin, und so weiter. Aber insgesamt ist der
Film doch schick, oder?“ „Hast du auch „Casino
Royal“ angeguckt?“ Er nickte und wischte sich die
Lachtränen aus den Augenwinkeln. „Die Folterszene war echt fies, das tat beim Hingucken weh.“
Ich wollte lieber nicht darüber nachdenken, ob
diese Szene auf Tatsachen basierte. Nein, danach würde ich nicht fragen. Ich lenkte mich
ab, indem ich sagte: „Dann musst du dir jetzt
aber einen neuen Satz angewöhnen, fürchte
ich. Nämlich auf die Frage, „Ist das ein Freund
von Ihnen“ kannst du nicht mehr „Ich habe
keine Freunde“ antworten.“
„Das stimmt“, sagte er versonnen. „Schätze mal, jetzt, da du
das alles von mir weißt, bleibt
mir nur eine einzige Überlebensmöglichkeit, nämlich mich sofort
sehr stark mit dir anzufreunden und
den Rest meines Lebens in deiner Nähe
zu verbringen. Ich bin dir ausgeliefert.“
Da wir ohnehin Filme zitierten, konterte
ich lachend: „Sehe ich aus, als ob mir das etwas ausmachen würde?“ „Nein.“ Er sah mich
ernst an. „Weder geschüttelt noch gerührt.“
Julia Pfläging
Auslese
39
Predigt- und
Seminardienst
Beratung
in ethischen
Fragen,
Seelsorge und
Mentoring…
Vermittlung
von biblischen,
theologischen und
historischen
Inhalten
Manuel
Raisch
Seite 1
VERANSTALTER : Saxstock e.V. / Zachengrundring 18 / 01328 Dresden / www.saxstock.de / Design : jonathanschoeps.com
18:10 Uhr
FRAUENHAIN
/ INSEL
08.12.2010
13. — 15. Juli 2012
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