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FACHHOCHSCHULE LUDWIGSBURG HOCHSCHULE FÜR ÖFFENTLICHE VERWALTUNG UND FINANZEN Wahlpflichtfach: Personalentscheidungen in Betrieben und Verwaltungen Anwendbarkeit des integrierten Konfliktmanagementsystems in der öffentlichen Verwaltung Diplomarbeit Zur Erlangung des Grades einer Diplom-Verwaltungswirtin (FH) vorgelegt von Christine Bareis Ringstraße 26 74078 Heilbronn Studienjahr 2007/2008 Erstgutachter: Prof. Dr. Norbert Schäfer Zweitgutachter: Prof. Dr. Peter-Paul Alber Anwendbarkeit des IKMS in der öV II Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis .........................................................V Abbildungsverzeichnis .........................................................VI Anlagenverzeichnis..............................................................VII Zusammenfassung.............................................................. VIII 1 Einleitung..................................................................... 1 2 Konflikte....................................................................... 2 2.1 Was sind Konflikte......................................................................3 2.2 Woran man einen Konflikt erkennt............................................4 2.3 Konflikteskalation .......................................................................6 2.4 Chancen und Risiken von Konflikten........................................8 2.4.1 Destruktive Auswirkungen............................................................8 2.4.2 Konstruktive Auswirkungen..........................................................9 3 Konfliktmanagement................................................. 10 3.1 Definition ...................................................................................10 3.2 Ziele und Strategien des Konfliktmanagements ....................11 3.3 Ebenen der Konfliktbearbeitung..............................................12 4 Integriertes Konfliktmanagementsystem (IKMS) .... 14 4.1 Was man unter einem IKMS versteht ......................................14 4.2 Zielsetzung ................................................................................15 4.3 Elemente eines IKMS................................................................16 4.4 Instrumenten eines IKMS .........................................................17 Anwendbarkeit des IKMS in der öV 5 III Ausgewählte Instrumente eines IKMS..................... 18 5.1 Mediation ...................................................................................18 5.1.1 Definition ....................................................................................19 5.1.2 Ziele der Mediation.....................................................................21 5.1.3 Grundprinzipien der Mediation / Verfahrensgrundsätze .............21 5.1.4 Ablauf einer Mediation ...............................................................23 5.2 Konfliktlotsen ............................................................................25 5.2.1 Definition ....................................................................................25 5.2.2 Aufgaben und Ziele ....................................................................26 5.2.3 Ausbildungsschwerpunkte .........................................................29 6 Hypothesen ............................................................... 31 6.1 Erste Hypothese........................................................................31 6.2 Zweite Hypothese .....................................................................31 6.3 Dritte Hypothese .......................................................................32 7 Integrierte Konfliktmanagementsysteme in der Praxis ................................................................................... 32 7.1 Das IKMS der Stadt Kerpen......................................................33 7.1.1 Allgemeine Rahmenbedingungen ..............................................33 7.1.2 Instrumente des Integrierten Konfliktmanagements ...................36 7.1.3 Marketing und Akzeptanz...........................................................38 7.1.4 Bewertung und Perspektiven .....................................................39 7.2 Das IKMS der Stadt Solingen...................................................40 7.2.1 Allgemeine Rahmenbedingungen ..............................................40 7.2.2 Instrumente des Integrierten Konfliktmanagements ...................41 7.2.3 Marketing und Akzeptanz...........................................................43 7.2.4 Bewertung und Perspektiven .....................................................43 7.2.5 Interview mit einer Konfliktlotsin .................................................44 7.3 Konzept für ein IKMS der Stadt Bielefeld................................46 7.3.1 Ausgangslage und Motivation ....................................................46 Anwendbarkeit des IKMS in der öV IV 7.3.2 Ziele des Konzepts.....................................................................48 7.3.3 Darstellung des Konzepts ..........................................................49 7.3.4 Marketing und Ausblick ..............................................................54 8 Resümee .................................................................... 55 9 Auseinandersetzung mit den Hypothesen .............. 58 10 Checkliste für Kommunen........................................ 62 11 Fazit............................................................................ 66 Anlagen......................................................................................IX Literaturverzeichnis...............................................................XLII Erklärung................................................................................XLV Anwendbarkeit des IKMS in der öV Abkürzungsverzeichnis akt. aktualisiert(e) Aufl. Auflage bzw. beziehungsweise d.h. das heißt erw. erweiterte evtl. eventuell ggf. gegebenenfalls Hrsg. Herausgeber Jg. Jahrgang IKMS Integriertes Konfliktmanagementsystem KMS Konfliktmanagementsystem KOLOS Konfliktlotsen m.w.N. mit weiteren Nachweisen neubearb. neubearbeitet(e) öV öffentliche Verwaltung QUAK Qualifizierung betrieblicher Konfliktlotsen S. Seite sog. sogenannte u. und u.a. unter anderem u.a. und andere überarb. überarbeitet(e) usw. und so weiter uvm. und vieles mehr vgl. vergleiche z.B. zum Beispiel V Anwendbarkeit des IKMS in der öV VI Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Eskalationsstufen ....................................................7 Abbildung 2: Phasenmodell der Mediation .................................24 Abbildung 3: Die Rolle des Konfliktlotsen...................................27 Abbildung 4: Das Harvard Konzept ............................................30 Abbildung 5: Schaubild Konzept Bielefeld ..................................51 Hinweis: Im nachfolgenden Text wird überwiegend die männliche Form verwendet. Dies dient lediglich der Vereinfachung und ermöglicht dem Leser ein angenehmes und flüssiges Lesen. Selbstverständlich gelten alle weiteren Ausführungen auch für weibliche Personen. Anwendbarkeit des IKMS in der öV VII Anlagenverzeichnis Anlage 1: Dienstvereinbarung der Stadt Kerpen......................... IX Anlage 2: Leitlinien für Konfliktlotsen der Stadt Solingen.......... XIII Anlage 3: Interviewleitfaden für das Interview mit der Stadt Kerpen und der Stadt Solingen ............................................ XVII Anlage 4: Interview mit der Stadt Kerpen................................... XX Anlage 5: Interview mit der Stadt Solingen .............................XXIX Anlage 6: Interview mit einer Konfliktlotsin der Stadt SolingenXXXVI Anlage 7: Ausdruck Onlinedokument: KGSt-Bericht ................. XLI Anwendbarkeit des IKMS in der öV VIII Zusammenfassung Der Frage, ob integrierte Konfliktmanagementsysteme in der öffentlichen Verwaltung sinnvoll, notwendig und anwendbar sind, wird in dieser Diplomarbeit nachgegangen durch eine Befragung ausgewählter Kommunen, die bereits ein integriertes Konfliktmanagementsystem eingeführt haben bzw. denen ein konkretes Konzept zur bevorstehenden Einführung vorliegt. Um das nötige Hintergrundwissen darzustellen, wird zunächst der KonfliktBegriff definiert und dargestellt, wie Konflikte entstehen, verlaufen und wie sie sich auswirken. Im Anschluss daran werden die Möglichkeiten des Konfliktmanagements erläutert, zur konstruktiven Bewältigung von Konflikten beizutragen und das integrierte Konfliktmanagementsystem als Modell systematischer und systemischer Konfliktbearbeitung und -regelung in Organisationen vorgestellt. Es wird dargestellt, mit welchen Instrumenten ein integriertes Konfliktmanagementsystem arbeitet und wie es in Organisationen anwendbar ist. Des Weiteren werden die Schritte der Einführung aufgezeigt sowie die Rahmenbedingungen, die für den Erfolg des Systems nötig sind. Im Rahmen dieser Diplomarbeit werden drei Hypothesen aufgestellt, die anhand ausführlicher Befragung überprüft und weitgehend bestätigt werden. Zur Darstellung der integrierten Konfliktmanagementsysteme der Städte Kerpen und Solingen und zu deren Implementierung und Rahmenbedingungen wurden qualifizierte Interviews durchgeführt. Das Konzept der Stadt Bielefeld wird anhand des schriftlichen Konzept-Entwurfs vorgestellt. Eine Checkliste stellt dar, welche Rahmenbedingungen und Schritte für die Implementierung in öffentlichen Verwaltungen nötig sind. Ein abschließendes Fazit gibt einen Ausblick auf Probleme, Möglichkeiten und Chancen integrierter Konfliktmanagementsysteme in öffentlichen Verwaltungen. Anwendbarkeit des IKMS in der öV 1 1 Einleitung Bereits der Begriff “Konfliktmanagement“ legt nahe, dass man Konflikte “managen“, also “lenken“ und “geschickt bewerkstelligen“ kann. Im Bereich der amerikanischen Wirtschaft entdeckte man schon in den 80er Jahren die Bedeutung “alternativer Streitbeilegungsverfahren“ und erkannte, dass Arbeitszufriedenheit, Effektivität und Effizienz in Betrieben in erheblichem Maße gesteigert werden können, wenn es gelingt, die destruktiven Wirkungen von ungelösten oder schlecht gelösten Konflikten zu vermeiden und eine neue Kultur des konstruktiven Umgangs mit Konflikten zu entwickeln und einzuüben. Auf der Suche nach Methoden zur Konfliktprävention und zum konstruktiven Umgang mit Konflikten wurden Modelle entwickelt, die in den Skandinavischen Ländern, Großbritannien, den Niederlanden und seit den 90er Jahren zögerlich auch in deutschen Unternehmen Beachtung finden. Trotz unterschiedlicher Ansätze und Modelle hat sich im Bereich der Wirtschaft gezeigt, dass durchdachte Konzepte des Konfliktmanagements mit Inanspruchnahme externer Hilfen und dem frühzeitigen Aufgreifen der Konflikte positive Wirkung entfalten und negative Entwicklungen und Eskalationen verhindern. Die momentane Flut an Literatur, Seminaren und Fortbildungen zum Thema weist darauf hin, dass man sich in zunehmend weiteren Kreisen von Wirtschaft und Gesellschaft um neue Formen des Umgangs mit Konflikten bemüht. Auch im Bereich öffentlicher Verwaltungen dürfte in Zeiten knapper Kassen, steigenden Drucks durch Personaleinsparungen und organisatorische Veränderungen, wie z.B. das “New Public Management“ und die Einführung der Leistungsbeurteilung, mit einer eher zunehmenden Zahl von Konflikten zu rechnen sein. Anwendbarkeit des IKMS in der öV 2 Es stellt sich deshalb die Frage, ob Konfliktmanagementsysteme auch in Kommunen notwendig sind und zu besseren Konfliktlösungen beitragen können. Durch Interviews mit ausgewählten Städten, die bereits über ein integriertes Konfliktmanagementsystem verfügen und mit der Darstellung eines Konfliktmanagement-Konzeptes, das noch vor der Umsetzung steht, soll im Rahmen dieser Diplomarbeit ermittelt werden, ob integrierte Konfliktmanagementsysteme in Kommunen anwendbar sind und wie sie aussehen können. 2 Konflikte Von Konflikten ist ständig und überall die Rede. In allen Lebensbereichen wird der Begriff in nahezu inflationärer Weise verwendet. Wo Menschen miteinander leben und arbeiten, scheinen Konflikte alltäglich und unvermeidlich, weil Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund und Charakter, mit verschiedenen Werten und Einstellungen, Zielen, Interessen und Vorlieben aufeinander treffen, um unterschiedliche Aufgaben und Funktionen zu erfüllen. Die Streitigkeiten unter Mitarbeitern, zwischen Mitarbeitern und Vorgesetzten oder Arbeitgebern sind vielfältig und haben unterschiedlichste Ursachen. Obwohl der Begriff “Konflikt“ viel benutzt wird, bleibt doch häufig unklar, welches Spektrum an Bedeutung sich hinter ihm verbirgt, was Konflikte ausmacht, woran man sie erkennt und wie sie sich auswirken. Anwendbarkeit des IKMS in der öV 3 2.1 Was sind Konflikte Das Wort “Konflikt“ stammt ursprünglich vom lateinischen “confligere“ oder “conflictare“ und bedeutet „kämpfen, streiten, zusammenstoßen“. In der Literatur finden sich zwar zahlreiche Umschreibungen von Konflikten, aber keine einheitliche Definition des Begriffs selbst. In der Psychologie wird “Konflikt“ definiert „als Kampf gegensätzlicher oder zwar gleichartiger, aber konkurrierender Handlungstendenzen.“ (KLEIN, 2002, S. 9) Eine weit verbreitete und häufig zitierte Definition des “Konflikts“ gibt GLASL, der in seinem Werk zahlreiche Definitionen des “Konfliktbegriffs“ zusammengetragen und aufgearbeitet hat. Seine eigene Definition, die er als Synthese der verschiedenen Konfliktdefinitionen versteht, lautet: „Sozialer Konflikt ist eine Interaktion - zwischen Aktoren (Individuen, Gruppen, Organisationen usw.), - wobei wenigstens ein Aktor - eine Differenz bzw. Unvereinbarkeiten im Wahrnehmen und im Denken bzw. Vorstellen und im Fühlen und im Wollen - mit dem anderen Aktor (den anderen Aktoren) in der Art erlebt, - dass beim Verwirklichen dessen, - was der Aktor denkt, fühlt oder will eine Beeinträchtigung - durch einen anderen Aktor (die anderen Aktoren) erfolge.“ (GLASL, 2004, S. 16) Von einem sozialen Konflikt spricht man, wenn mindestens zwei Personen beteiligt sind. Das Gegenteil wäre der intrapsychische Konflikt, den schon Goethe in seinem “Faust“ mit dem Satz beschrieb: “Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust“. Anwendbarkeit des IKMS in der öV 4 KREYENBERG spricht im Zusammenhang mit Konflikten von “Spannungen“. „Spannungen entstehen, wann immer Widersprüchliches zusammengefügt werden soll, Unterschiede nicht vereinbar sind, oder Gegensätze aufeinander prallen“. Auch unangenehme, angespannte Gefühle sind damit gemeint. Umgekehrt spricht man dann nicht von einem Konflikt, wenn ein Problem rational lösbar ist und nicht von unangenehmen Gefühlen begleitet wird. (KREYENBERG, 2005, S.21) Ein sozialer Konflikt entsteht erst dann, wenn die Differenzen zwischen Personen als beeinträchtigend erlebt werden und Beziehungsstörungen daraus resultieren. Abgrenzung zu Missverständnissen und Pannen Pannen und Missverständnisse sind behebbare Fehler. Konflikte und Pannen unterscheiden sich dadurch, dass eine Panne behoben werden kann, ein Konflikt jedoch ausgetragen werden muss. Hat eine Partei einen Schaden erlitten und kann geklärt werden, dass es sich um eine Panne oder ein Missverständnis handelt, braucht sie sich nicht angegriffen oder verletzt zu fühlen, während man im Gegensatz dazu bei einem Konflikt von Gewinnern und Verlierern spricht. Da die Vorgehensweise zur Bewältigung eine völlig andere ist, ist es wichtig, Pannen und Missverständnisse von echten Konflikten zu unterscheiden. (SCHWARZ, 2003) 2.2 Woran man einen Konflikt erkennt Konflikte entstehen nie plötzlich, sondern nehmen eine Entwicklung, die sich häufig schon in frühen Stadien an verschiedenen Merkmalen erkennen lässt. Allerdings zeigen Menschen in Konfliktsituationen völlig unterschiedliche Verhaltensweisen. Während manche z.B. zu spontanen verbalen Äußerungen und Aggressivität neigen, reagieren andere etwa mit Rückzug oder Intrigen. Anwendbarkeit des IKMS in der öV 5 Symptome, an denen man Konflikte erkennen kann, lassen sich in verschiedene Dimensionen einteilen. Konflikte können: • verbal wie nonverbal, • offen oder verdeckt, • aktiv und passiv, • bewusst oder auch unbewusst ausgetragen werden. (KREYENBERG, 2005) Diese vielfältige und unterschiedliche Symptomatik erschwert es, Konflikte zu erkennen. ZITTLAU beschreibt mögliche Merkmale und Verhaltensweisen, anhand derer man einen Konflikt erkennen kann: • Ablehnung, Widerstand Der Konfliktgegner wird bewusst oder unbewusst an der Erreichung seiner Ziele gehindert. • Rückzug, Desinteresse Die Arbeits- und Leistungsmotivation lässt nach. Oftmals kapseln sich die Menschen auch persönlich ab. • Gereiztheit, Aggressivität Der Ärger wird am Anfang noch hinuntergeschluckt, kommt aber irgendwann, auch bei scheinbar unpassender Gelegenheit, zum Ausbruch. • Intrigen, Gerüchte Das Verbreiten von Intrigen und Gerüchten dient sowohl der Schädigung des Konfliktgegners als auch dazu, sich der Hilfe Dritter zu versichern. Anwendbarkeit des IKMS in der öV • 6 Unnachsichtigkeit, mangelnde Empathie, sozialer Autismus Die Fähigkeit, sich in die Gefühle des anderen hineinzuversetzen, nimmt ab. Die eigenen Interessen stehen grundsätzlich über den Interessen der anderen. • Formalität, Unterwürfigkeit Insbesondere untergeordnete Konfliktpartner scheuen sich davor, den Konflikt offen zu legen. Der übergeordnete Konfliktgegner wird darum mit einem Übermaß an Formalität und Konformität und paradoxerweise bisweilen sogar Freundlichkeit behandelt. • Physische Symptome, Krankheit, Fehlzeiten Als Folge einer andauernden Stesssituation können sich auch körperliche Krankheiten einstellen. Diese stellen sich insbesondere dann ein, wenn die Situation als ausweglos erlebt wird. (ZITTLAU, 1997) Damit wird deutlich, dass unterschiedlichste Anzeichen auf Konflikte hinweisen können, was die Wahrnehmung erschwert und ein genaues “Hinsehen“ erfordert. Innerbetriebliche Konflikte sind vielfältig und zumeist beziehungsbetont. Sachprobleme werden begleitet von Animositäten und Emotionen. Häufig sind es lange, schwelende Konflikte, die eine Kommunikation zwischen den Beteiligten unmöglich machen. Sie können sich zwischen einzelnen Personen, ganzen Arbeitsteams oder zwischen Abteilungen abspielen. 2.3 Konflikteskalation Konflikte können sehr unterschiedlich verlaufen und entwickeln sich häufig in Eskalationsstufen, die sich allmählich steigern. GLASL beschreibt Konflikteskalation als eine Art Abwärtsbewegung, die Beteiligte mit zwingender Kraft in Bereiche führt, die große Energien aufru- Anwendbarkeit des IKMS in der öV 7 fen und sich auf Dauer der Steuerung und Beherrschung entziehen. (GLASL, 2004) Gemeint ist damit nach KREYENBERG „dass sich im Laufe der Konfliktentwicklung Beziehungen verschlechtern, Haltungen und Einstellungen verändern, Wahrnehmungen verzerren, persönliche Macken immer mehr hervortreten, dass der Prozess der Steuerung in schnelleren Sequenzen außer Kontrolle gerät, sich der Konfliktrahmen immer weiter vergrößert, Konfliktthemen komplexer, Parteien mehr und mehr entfremdet und Lösungsmöglichkeiten stark eingeengt werden.“ (KREYENBERG, 2005, S. 88) In Anlehnung an GLASL (1990) und KLEIN (2002) entwickelte KREYENBERG ihr Modell der Eskalationsstufen. Abbildung1: Eskalationsstufen (KREYENBERG, 2005, S. 89) Im Verlauf einer Konflikteskalation büßen die Konfliktparteien zunehmend Handlungsmöglichkeiten ein und beschränken ihr Verhaltensrepertoire. Nach KREYENBERG können Konflikte bereits ab Stufe fünf von den Konfliktbeteiligten allein nicht mehr kontrolliert und gesteuert werden, sondern erfordern die Einschaltung Dritter, ab Stufe sechs sind selten andere als Anwendbarkeit des IKMS in der öV 8 Machteingriffe von außen (wie z.B. Versetzung) als Lösung möglich. (KREYENBERG, 2005) Je früher Symptome erkannt werden, desto größer ist die Chance, durch angemessene Interventionen die weitere Eskalation eines Konflikts zu verhindern. 2.4 Chancen und Risiken von Konflikten Je nachdem, unter welchen Aspekten Konflikte betrachtet werden, bergen sie sowohl Risiken als auch Chancen. SCHWARZ weist darauf hin, dass vor allem die Denkweise “westlicher Logik“, wonach von zwei widersprüchlichen Aussagen immer nur eine richtig sein kann, verhindert, im Konflikt auch Chancen zu erkennen, eine Synthese zu finden, etwas Neues, Kreatives zu entwickeln. (SCHWARZ, 2003) 2.4.1 Destruktive Auswirkungen Bereits der Begriff Konflikt ist zumeist negativ besetzt. Man assoziiert damit vor allem unangenehme Auseinandersetzungen mit destruktiven Effekten. Weil ein Konflikt eine gewohnte Situation in Frage stellt und verändert, verursacht er Unsicherheit und diese löst Angst aus. (SCHWARZ, 2003) Es werden vor allem die negativen Auswirkungen von Konflikten z.B. in der Arbeitswelt wahrgenommen. Konflikte: • verunsichern die Beteiligten • führen zu Reibungsverlusten • führen zu psychischen Belastungen • verschlechtern die Beziehungen zwischen den Mitarbeitern • führen zu körperlichen Beschwerden • vermindern die Produktivität • vermindern die organisationale Stabilität (BUDDE, 2001) Anwendbarkeit des IKMS in der öV 9 Neben dieser ausschließlich negativen Bewertung von Auswirkungen eines Konflikts gibt es jedoch noch eine völlig andere Sichtweise und Interpretation von Konflikten. 2.4.2 Konstruktive Auswirkungen Konflikte können auch dahingehend betrachtet werden, welche positiven Wirkungen möglicherweise durch sie angestoßen und eröffnet werden. Positive Wirkungen sind z. B.: • sie weisen auf Probleme hin • sie fördern die Innovation • sie erfordern Kommunikation • sie verhindern Stagnation • sie regen Interesse an • sie lösen Veränderungen aus • sie fördern Kreativität • sie festigen Gruppen / geben ein Zusammengehörigkeitsgefühl • sie verlangen nach Lösungen und steigern damit die Aktivität (BUDDE, 2001 und PROKSCH, 1999) SCHWARZ etwa meint, dass nur durch die Diskussion unterschiedlicher Meinungen eine wirkliche Lösung gefunden werden kann und er sieht den Sinn eines Konflikts darin, Chancen zu eröffnen, durch eine kreative Auseinandersetzung der Parteien eine dauerhafte, innovative und weitergehende Lösung zu erreichen. (SCHWARZ, 2003) KLEIN sieht neben einer Vielzahl positiver Effekte in Konflikten den Anreiz, über sich und die Welt nachzudenken und empfindet sie damit als Motor zu Fortschritt und Veränderung. Erfolgreich ausgetragene Konflikte führten zudem zu einem stärkeren “WirGefühl“ und trügen zu einer deutlich verbesserten Arbeitsproduktivität bei. (KLEIN, 2002) Es gilt also festzustellen, dass entgegen einer verbreiteten, ausschließlich negativen Wahrnehmung von Konflikten und ihren Auswirkungen, Konflikte Anwendbarkeit des IKMS in der öV 10 durchaus auch positiv als Anreiz und Motor zu Veränderung und Entwicklung gesehen werden können. Es stellt sich nun die Frage, wie mit Konflikten so umgegangen werden kann, dass ihre destruktiven Wirkungen eingeschränkt oder vermieden werden. 3 Konfliktmanagement Bereits der Begriff legt nahe, dass Konflikte zu “managen“ sind. Zahlreiche Veröffentlichungen und eine Flut von Seminar- und Fortbildungsangeboten gibt es zu diesem Thema. Doch bleibt der Begriff selbst dabei häufig vage. Es stellt sich deshalb zunächst die Frage, was unter Konfliktmanagement verstanden wird. 3.1 Definition “Konfliktmanagement“ ist für GLASL ein Unterbegriff der “Konfliktbehandlung“, worunter er sämtliche Arten von Interventionen und alle möglichen Bemühungen, auf Konflikte einzuwirken, versteht. Konfliktmanagement bedeutet für ihn, „dass sich die Interventionen hauptsächlich auf den Konfliktprozess richten, so dass die Konflikte einen guten Verlauf nehmen.“ (GLASL, 2002 S. 22) Während Konfliktinterventionen auch auf das Konfliktpotential oder die Konfliktfolgen gerichtet sein können, beziehen sich die Interventionen des Konfliktmanagements nach dem Verständnis von GLASL schwerpunktmäßig auf den Konfliktprozess und die Gestaltung seines Verlaufs. „Es wird mit einer Verbesserung der Vorstellungen, Einstellungen und Verhaltensweisen der Konfliktparteien versucht, die gegenseitige Aggressionssteigerung zu durchbrechen. Oft liegt dem Konfliktmanagement die Auffassung zugrunde, dass Gegensätze wesentliche Elemente des sozialen Lebens sind und deshalb die Konfliktparteien lernen sollten, mit ihnen weniger destruktiv umzugehen.“ (GLASL, 2004 S. 22 m.w.N.) Anwendbarkeit des IKMS in der öV 11 Bei präventiven Konfliktbehandlungen sollen durch rechtzeitige Maßnahmen Konflikte verhindert werden, kurative Konfliktbehandlung dagegen setzt erst ein, wenn bereits ein “Kampf“ stattgefunden hat und Schäden entstanden sind. (GLASL, 2004) Weitere Definitionen finden sich bei JESCHKE, der unter Konfliktmanagement die „systematische, weitsichtige und zielgerichtete Handhabung von Konflikten“ versteht, (JESCHKE, 1993 S. 1) und auch für TROJA und STUBBE ist Konfliktmanagement „ein Oberbegriff für den systematischen Umgang mit Konflikten in Unternehmen und Organisationen“. (TROJA / STUBBE, 2006) Im Rahmen dieser Diplomarbeit werden im Weiteren ausschließlich Aspekte des Konfliktmanagements beschrieben, die sich mit Unternehmen und Organisationen befassen und deshalb auch für eine Anwendung in öffentlichen Verwaltungen in Frage kommen. 3.2 Ziele und Strategien des Konfliktmanagements Das Ziel eines betrieblichen Konfliktmanagements ist nicht die vollständige Eliminierung von Konflikten, sondern deren “konstruktives“ oder “adäquates“ Management. Es sollen die positiven Wirkungen eines Konfliktes genutzt werden und die negativen Aspekte minimiert werden. Eine Unternehmenskultur, welche die Austragung von Konflikten positiv bewertet, unterstützt ein funktionales Konfliktniveau, welches die Voraussetzung für den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens darstellt. Wie BUDDE darstellt, kann nach einer empirischen Studie von RAHIM & BONOMA (1979) und DE DREU (1997) nachgewiesen werden, „dass ein zu geringes innerbetriebliches Konfliktniveau für die Effizienz eines Unternehmens ebenso ineffizient sei, wie ein zu hohes.“ (BUDDE, 2003, S. 19) Konflikte herunterzuspielen und zu glätten ist ebenso wenig das Ziel, wie die “Führungszentriertheit“ mancher Konfliktmanagement-Ansätze, die das Management selbst für die Regelung aller Interessenkonflikte verantwort- Anwendbarkeit des IKMS in der öV 12 lich machen. Auch das Management kann Auslöser und Gegenstand von Konflikten sein. Um ein effizientes Konfliktmanagement zu etablieren, müssen alle wesentlichen Akteure miteinbezogen sein. (BUDDE, 2003) Zur Konfliktlösung gibt es unterschiedliche Strategien. SCHWARZ nennt als Grundmuster Flucht, Vernichtung des Gegners, Unterwerfung oder Unterordnung, Delegation an eine dritte Instanz, Kompromiss und Konsens, wobei er vor allem die konsensuale Konfliktlösung für erstrebenswert hält, weil sie weder Sieger noch Verlierer schafft. (SCHWARZ, 2003) Bezogen auf Organisationen werden sechs verschiedene Strategien des Konfliktmanagements genannt: Herrschaft bzw. Kapitulation, Untätigkeit, Rückzug, Verhandlungen, sowie die Intervention Dritter. (BUDDE, 2003) Interventionsoptionen Dritter sind nach MONTADA & KALS: Gerichtsverfahren, Schiedsrichterliches Verfahren, Schlichtung und Entscheidung durch Vorgesetzte. (MONTADA / KALS, 2001) 3.3 Ebenen der Konfliktbearbeitung Konfliktinterventionen am Arbeitsplatz können grundsätzlich auf der Ebene der Macht, der Ebene des Rechts oder auf der Interessen-Ebene stattfinden. Auf der Macht-Ebene werden Konflikte durch den Arbeitgeber oder jeweils ranghöhere Vorgesetzte entschieden, durch Abmahnung, Versetzung, Kündigung oder auch durch das Ignorieren der Beschwerden. In Behörden und Verwaltungen ist diese Art der Konfliktbearbeitung traditionell verbreitet. Auf der Rechte-Ebene werden Konflikte extern gerichtlich ausgetragen, häufig als Korrektiv für Entscheidungen auf der Macht-Ebene. Aus den Konfliktbeteiligten werden Streitparteien, über deren Arbeitsplatzkonflikte Arbeits- oder Verwaltungsrichter entscheiden. Anwendbarkeit des IKMS in der öV 13 Während diese traditionellen Konfliktlösungsmethoden Konflikte durch Machtentscheidungen allenfalls beenden statt lösen oder hauptsächlich danach fragen, wer schuld ist oder Recht hat und damit häufig eine Eskalation unterstützen, können Konflikte auch auf der Interessen-Ebene bearbeitet werden. Unter Interessen werden dabei Bedürfnisse, Wünsche, Sorgen und Ängste verstanden. (URY / BRETT / GOLDBERG, 1991) Dabei wird davon ausgegangen, dass für jeden Konfliktbeteiligten nicht Positionen oder (Rechts-) Ansprüche im Mittelpunkt stehen, sondern vor allem eigene Bedürfnisse und Wünsche wichtig sind, die in einem Konfliktverlauf häufig nicht berücksichtigt werden. Die Frage danach, welche Interessen die Konfliktbeteiligten haben und wie sich Lösungen für ihre Probleme finden lassen ist, wie PONSCHAB / DENDORFER zeigen, eine kooperative oder auch konstruktive, auf die Gestaltung der Zukunft gerichtete Methode der Konfliktbewältigung, mit der sich im Idealfall Konsenslösungen (sog. “win-win“-Lösungen) finden lassen, die die Interessen aller Beteiligten befriedigen. Die Beteiligten verhandeln eigenverantwortlich über die Konfliktlösung und können dabei Hilfe durch neutrale Dritte erhalten. Für bereits eskalierte Konflikte bieten Mediatoren Vermittlungshilfe und schaffen den Rahmen, der eine offene Auseinandersetzung und interessenorientiertes Verhandeln ermöglicht. (PONSCHAB / DENDORFER, 2002) Allerdings sollte dazu, wie weiter oben angeführt, die Eskalation des Konflikts noch nicht zu weit fortgeschritten sein, was die Notwendigkeit frühzeitiger Konfliktbearbeitung betont. Anwendbarkeit des IKMS in der öV 14 4 Integriertes Konfliktmanagementsystem (IKMS) Die bisherigen Ausführungen machen deutlich, dass Konflikte nicht vermeidbar sind, dass jedoch ein konstruktiver Umgang mit ihnen unter besonderer Berücksichtigung der Interessen-Ebene angestrebt werden sollte. Es müssen also Instrumente geschaffen und eingesetzt werden, die den Konfliktbeteiligten einen konstruktiven Umgang mit Konflikten ermöglichen und verhindern, dass Arbeitsplatzkonflikte verdeckt oder offen eskalieren und die Mitarbeiter, das Arbeitsklima, die Effektivität und die Effizienz der Arbeit beeinträchtigen. Das Einführen und Managen verschiedener Instrumente zur Konfliktbearbeitung ist Aufgabe eines integrierten Konfliktmanagementsystems.1 4.1 Was man unter einem IKMS versteht Definition: „Unter einem integrierten Konfliktmanagementsystem wird ein systematischer und systemischer Ansatz für Konfliktprävention, Konfliktmanagement und Streitregulierung einschließlich der Anwendung traditioneller arbeitsrechtlicher Verfahren verstanden. Informelle und formelle, macht-, rechteund interessenorientierte Interventionen und Verfahren werden je nach Konflikteskalationsstufe abgestuft unternehmensinternen oder als externes Angebot den Beschäftigten zugänglich gemacht. Dabei wird zusätzlich Mediation als neues, interessenorientiertes Verfahren in das jeweils traditionell in einem Betrieb bestehende System des betrieblichen Konfliktmanagements integriert.“ (BUDDE, 2001 S.110) Dabei ist davon auszugehen, dass in jeder Organisation bereits ein System des Konfliktmanagements existiert, da jeder Umgang mit Konflikten, auch der ungeplante und unbeabsichtigte, dazugerechnet werden muss. Auch 1 Im Folgenden wird für integriertes Konfliktmanagement die Abkürzung IKMS verwendet. Anwendbarkeit des IKMS in der öV 15 wenn ein Vorgesetzter ausschließlich ad-hoc per Machtentscheid interveniert, stellt dies ein “System“ des Konfliktmanagements dar. Jede Organisationskultur nimmt unterschiedliche Konfliktinterventionen in Anspruch und somit unterscheiden sich alle Konfliktmanagementsysteme voneinander. Die Aufgabe eines IKMS ist es, diese bestehenden Systeme systematisch weiterzuentwickeln. TROJA und STUBBE verstehen unter einem Konfliktmanagementsystem den „systematischen Umgang mit Konflikten in Unternehmen und Organisationen. Ein Konfliktmanagementsystem beschreibt die verschiedenen geeigneten Instrumente und betrachtet diese Instrumente nicht isoliert, sondern von der Einführung bis zur Anwendung im Alltag in ihrem Zusammenwirken.“ (TROJA / STUBBE, 2006, S. 121) Konfliktmanagement wird als eine systematisch in die Organisationsstruktur zu integrierende Querschnittsaufgabe verstanden. 4.2 Zielsetzung Ziel eines IKMS ist es, das Konfliktpotential einer Organisation durch unterschiedliche Interventionsmöglichkeiten steuerbar zu machen, schnellen und konfliktnahen Zugang zur adäquaten Intervention zu schaffen und damit zur Ausbildung einer neuen Unternehmensstreitkultur beizutragen. TROJA und STUBBE bezeichnen als übergeordnetes Ziel, nicht mehr situativ und spontan auf Konflikte reagieren zu müssen, sondern Konflikte frühzeitig zu erkennen und dem jeweils geeigneten Regelungsinstrument zuzuführen. Zudem benennen sie als Ziele eines Konfliktmanagementsystems: • Konfliktkosten senken • Konflikte frühzeitig erkennen und auf einer niedrigen Eskalationsstufe angemessen bearbeiten Anwendbarkeit des IKMS in der öV • 16 Unterschiedliche Konflikte durch jeweils angemessene Instrumente regeln • Bereitschaft und Fähigkeit zu kooperativer Konfliktregelung auf allen Ebenen eines Unternehmens fördern (TROJA / STUBBE, 2006) IKMS haben nach PONSCHAB / DENDORFER darüber hinaus zum Ziel, interessens- und sachgerechte Lösungen für Probleme im betrieblichen System zu finden. Sie können dazu beitragen, Strukturen und Aufgabenverteilungen zu verbessern, die Konfliktpotenzial bergen und damit zu Innovation, Steigerung der Produktivität und Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter beitragen. (PONSCHAB / DENDORFER, 2002) 4.3 Elemente eines IKMS Ein IKMS stellt für spezifische Konfliktsituationen verschiedene Interventionen und Verfahren als jeweils adäquates Mittel des betrieblichen Konfliktmanagements zur Verfügung. Es schafft viele Zugangstüren, wobei es sich um “Stellen“ oder um Personen als Ansprechpartner handeln kann. (BUDDE, 2003) Eine wesentliche Rahmenbedingung für die Funktionsfähigkeit eines integrierten Konfliktmanagementsystems ist die “offene Konfliktkultur“ im Unternehmen. Gemäß ROWE (1978) nennt BUDDE als Voraussetzung dafür die Fähigkeit der Mitglieder einer Organisation, einander “wirklich zuzuhören“. Konfliktbeteiligte haben oft nur das Bedürfnis, über eine Angelegenheit mit Vorgesetzten, Betriebsrat, Vertrauensperson oder Abteilungsleiter zu sprechen und von dieser Person ernst genommen zu werden. Durch das Aussprechen wird dem Sprechenden oftmals geholfen, das Problem zu sortieren und die wahrgenommene Spannung zu reduzieren. (BUDDE, 2003) Ebenso hebt BUDDE die Fähigkeit hervor, angemessen mit Emotionen, vor allem mit Wut, Trauer, Verunsicherung und Kränkung umzugehen und die- Anwendbarkeit des IKMS in der öV 17 se zu respektieren. Da diese Fähigkeiten erlernbar sind, sollten möglichst viele Mitarbeiter Zugang zu Trainingsmodulen haben, in denen ihnen Grundfähigkeiten von Teamwork, Konfliktmanagement und Kommunikation vermittelt werden. Solche Trainingsangebote sind daher ein wichtiges Element eines IKMS. (BUDDE, 2003, m.w.N.) Das wichtigste Element eines IKMS stellt der vertrauliche, schnelle und leicht erreichbare Zugang dar. Zentrale Bedeutung hat deshalb eine Koordinierungsstelle, in der eine oder mehrere Personen den Konfliktbeteiligten als erste Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Neben dem ersten vertraulichen “nur zuhören“ ist es deren Aufgabe, eine erste Konfliktanalyse durchzuführen und über mögliche Interventionen zu informieren. Dies kann in Form von hauptamtlichen Konfliktmanagern oder durch innerbetriebliche Konfliktlotsen institutionalisiert werden. (BUDDE, 2003) 4.4 Instrumenten eines IKMS Die Instrumentarien von integrierten Konfliktmanagementsystemen sind sehr vielfältig und unterschiedlich, weil sie individuell auf das jeweilige Unternehmen zugeschnitten und angepasst werden müssen. Zu einem IKMS zählen auch die arbeitsrechtlichen Instrumente, wie Abmahnung, Kündigung, Gütestellen und viele mehr. In dieser Arbeit geht es im Weiteren um die Darstellung der Instrumente, die eine Alternative zur rechtlichen Konfliktregelung bieten. Nachfolgend werden die (nach TROJA / STUBBE) wichtigsten Instrumente eines IKMS genannt: • Feed-back und Mitarbeitergespräche • Moderation • Coaching • Supervision • Konfliktlotsenprogramme • Mediation Anwendbarkeit des IKMS in der öV 18 Zu einem IKMS können im weiteren Sinn auch sämtliche Fortbildungen und Schulungen für Mitarbeiter gezählt werden, die eine Stärkung und Ausbildung sozialer Kompetenz intendieren. Da in dieser Arbeit nicht auf alle Instrumente ausführlich eingegangen werden kann, beschränkt sich die Darstellung im Folgenden auf die Interventionsmethode Mediation und das Konfliktlotsenprogramm, weil diese grundlegende Verfahren zur Konfliktbehandlung darstellen und damit wesentliche Elemente von integrierten Konfliktmanagementsystemen sind. 5 Ausgewählte Instrumente eines IKMS Im Folgenden werden die Grundlagen der Mediation und das Konfliktlotsenprogramm ausführlich dargestellt. Die Mediation stellt eine zentrale Methode im Umgang mit Konflikten in einem Konfliktmanagementsystem dar. Die Grundlagen der Mediation bestimmen im Wesentlichen auch die Arbeit der Konfliktlotsen oder Konfliktmanager. Konfliktlotsen stellen nicht nur eine Interventionsmethode dar, sondern sie sind durch ihre Funktion als erste Ansprechpartner gleichzeitig auch eines der wichtigsten Elemente eines IKMS. Aus diesem Grund werden im Weiteren auch ihre Funktionen, Aufgaben und Ziele näher beschrieben. 5.1 Mediation Mediation stellt in einem IKMS eine wesentliche Interventionsmethode dar, die nach spezifischen Verfahrensgrundsätzen abläuft und als formelles aber “rechtsnahes“ interessenorientiertes Verfahren des betrieblichen Konfliktmanagements gesehen wird. Anwendbarkeit des IKMS in der öV 19 Das Wort “Mediation“ kommt aus dem Lateinischen und bedeutet „Vermittlung zwischen Streitenden“. (DUDEN, 2004) Mediation wird von den unterschiedlichsten Professionen ausgeübt. Juristen, Psychologen, oder Angehörige anderer psychosozialer Berufe wenden Mediation in ganz unterschiedlichen Bereichen an. Auch für den betrieblichen Bereich wird das Verfahren der Mediation von unterschiedlichen Seiten angeboten, jedoch sind die Definitionen und Grundprinzipien sowie Struktur und Ablauf der Mediation in allen Anwendungsbereichen weitgehend identisch. 5.1.1 Definition Generell kann Mediation als außergerichtliches Konfliktlösungsverfahren beschrieben werden. Allgemein definiert BREIDENBACH Mediation als „die Einschaltung eines (meist) neutralen und unparteiischen Dritten im Konflikt, der die Partei bei ihren Verhandlungs- und Lösungsversuchen unterstützt, jedoch über keine eigene (Konflikt-)Entscheidungskompetenz verfügt.“ (BREIDENBACH, 1995, S. 4) Eine weitere allgemeine Definition ist bei ALTMANN / FIEBIGER zu finden: „Als Mediation bezeichnen wir alle Verfahren der Konfliktlösung, in denen ein neutraler Dritter ohne eigentliche Entscheidungsgewalt versucht, sich im Streit befindenden Parteien auf dem Weg zu einer Einigung zu helfen.“ (ALTMANN / FIEBIGER / MÜLLER, 2001, S. 18) BUDDE definiert Mediation “als freiwilliges Verfahren, in dem Konfliktpartner mit Hilfe eines “allparteilichen“ Dritten ohne inhaltliche Entscheidungsbefugnis gemeinsame, aufeinander bezogene – nach Möglichkeit wertschöpfende – Entscheidungen selbstverantwortlich erarbeiten und treffen.“ (BUDDE, 2003, S. 43) Anwendbarkeit des IKMS in der öV 20 Aus all diesen Definitionen werden die wesentlichen Merkmale einer Mediation deutlich: • Vermittlung durch unparteiische Dritte • Einbeziehung aller Konfliktparteien • Informelle, außergerichtliche und eigenverantwortliche Ebene • Freiwillig, selbstbestimmt und konsensorientiert • Keine Entscheidungsbefugnis der Mediatoren in Bezug auf eine mögliche Lösung des Konflikts Mediation zielt ab auf Konfliktfälle, in denen die Beteiligten nicht mehr in der Lage sind, zu kommunizieren und zu kooperieren. Mit Hilfe eines neutralen Dritten soll eine vertrauensvolle Atmosphäre geschaffen werden, in der die zerstrittenen Parteien durch verschiedene Kommunikations- und Verhandlungstechniken wieder lernen, sowohl die eigenen, als auch die Wünsche und Bedürfnisse ihres “Gegners“ wahrzunehmen und darauf aufbauend eigenverantwortliche Lösungen zu erarbeiten. Die Aufgabe des Mediators ist dabei nicht das Einbringen eigener Lösungen, sondern die Konfliktparteien durch Moderationstechniken und Interventionen zu einer eigenen Lösung zu führen. (Die Mediation von Arbeitsplatzkonflikten bezieht sich auf die integrativen Verhandlungsansätze nach dem sog. Harvard-Konzept. (BUDDE, 2003)) Abgrenzung zu Schlichtung Mediation wird häufig in Verbindung mit Schlichtung gebracht. Im Gegensatz zur Mediation beschreibt die Schlichtung eine Form der Vermittlung, die sich stärker auf rechtliche Einschätzungen stützt und bei der die vermittelnde Person den Parteien einen Vorschlag zur Beilegung des Konflikts unterbreitet. Die Hauptaufgaben einer Mediation, die umfassende Erarbeitung von Interessen der Parteien und der Perspektivwechsel, sind in einer Schlichtung nicht notwendig. (ADE / ALEXANDER, 2005) Anwendbarkeit des IKMS in der öV 21 5.1.2 Ziele der Mediation In einer Mediation sollen die Konfliktparteien lernen, ihre Kommunikationsfähigkeit zu verbessern und damit besser mit Konflikten umgehen zu können. Das Ziel einer Mediation ist eine rechtsverbindliche Abschlussvereinbarung. (EWIG, 2002) Gemäß HENKEL (2000) definiert LEMBKE als Ziel der Mediation, „eine Einigung der Parteien mit “win-win“ Ergebnis zu erreichen, indem nicht nur die Rechtspositionen berücksichtigt werden, sondern verstärkt auch die Parteiinteressen herausgearbeitet und auf Übereinstimmung überprüft werden. Dabei soll keine “richtige“ oder verallgemeinerbare Lösung gefunden werden, sondern eine auf die spezifische Situation der Beteiligten zugeschnittene.“ (LEMBKE, 2001, S. 43) „Die gemeinsame, auf der Basis gegenseitigen Verständnisses und der Anerkennung der Interessen des jeweils anderen beruhende, umfassende und Wert schöpfende Regelung einer Konfliktsituation kann als Idealziel von Mediation bezeichnet werden.“ (ADE / ALEXANDER, 2005, S. 75) PROKSCH formuliert als Ziele der Mediation: „Hilfe zur Selbsthilfe, Stärkung der Eigenverantwortlichkeit, der Selbstsicherheit, des Selbstwertes, der Kommunikations-, Kooperations- und Gestaltungsfähigkeit, der Konflikt- und Streitfähigkeit, wie der selbständigen Konflikt- und Streitregelungsfähigkeit.“ (PROKSCH, 1998, S. 113) 5.1.3 Grundprinzipien der Mediation / Verfahrensgrundsätze Mediation ist ein Prozess, der sich an nachfolgend aufgeführten Prinzipien orientiert, die den Beteiligten, insbesondere den Mediatoren, als Bewertungsmaßstab, Verhaltensrichtlinie und Orientierung dienen. (ADE / ALEXANDER, 2005) Anwendbarkeit des IKMS in der öV 22 Verfahrensgrundsätze bilden “Mindest-Verfahrens-Garantien“ für die Medianten. Im Folgenden sind für die Anwendung von Mediation im Betrieb wesentlichen Standards als Verfahrensgrundsätze dargestellt. • Eigenverantwortlichkeit der Konfliktparteien Die Konfliktbeteiligten sind eigenverantwortlich für den Umgang und die Lösung ihres Konflikts. Sie können sowohl frei darüber entscheiden, an einer Mediation teilzunehmen oder diese abzubrechen, so wie sie auch eigenverantwortlich inhaltliche Lösungen und Entscheidungen treffen. Der Mediator ist ausschließlich für die Herstellung eines “sicheren“ Rahmens und für die Einhaltung des strukturierten Ablaufs der Mediation verantwortlich. Er trifft weder inhaltliche Entscheidungen, noch entwickelt er eigene Lösungsvorschläge. Die Partner nehmen im Mediationsprozess ihre Interessen und Bedürfnisse selbst wahr und vertreten sie angemessen. (BUDDE 2003) • Freiwilligkeit Die Konfliktparteien schließen ihre Vereinbarung freiwillig, sie können nicht zu einer Einigung verpflichtet werden. (BUDDE, 2003) Der Prozess kann von allen Beteiligten, auch von dem Mediator jederzeit beendet werden. (PROKSCH, 1998) • Allparteilichkeit / Neutralität des Mediators Die Allparteilichkeit des Mediators stellt ein wesentliches Verfahrensmerkmal der Mediation dar. Der Mediator unterstützt beide Parteien gleichermaßen, er verfolgt keine eigenen Interessen an den Inhalten möglicher Lösungen. (BUDDE, 2003) • Vertraulichkeit Die Informationen eines Mediationsprozesses sind vertraulich. Sowohl der Mediator wie auch die Konfliktparteien dürfen keine Informationen und Erkenntnisse aus dem Prozess ohne ausdrückliche Zustimmung aller Beteiligten weitergeben. (BUDDE, 2003) Anwendbarkeit des IKMS in der öV • 23 Unabhängigkeit des Mediators / Ergebnisoffenheit des Verfahrens Der Mediator muss völlig weisungsunabhängig sein. Betriebsinterne Mediatoren dürfen keine Benachteiligungen wegen ihrer Tätigkeit erfahren. Ebenso muss das Verfahren “ergebnisoffen“ möglich sein. (BUDDE, 2003) • Informiertheit und Offenlegung von Informationen Die Bereitschaft zur Offenlegung aller für die Entscheidungsfindung relevanten Fakten ist eine notwendige Voraussetzung für den Mediationsprozess. Erst die Kenntnis sämtlicher, für die anstehende Entscheidung bedeutsamer Informationen, macht es den Konfliktparteien möglich, die Tragweite ihrer Entscheidungen zu beurteilen. (PROKSCH, 1998) • Gleichberechtigung der Medianten Um den Abschluss von privatautonomen und eigenverantwortlichen Vereinbarungen erstellen zu können, muss eine “Gleichberechtigung“ bzw. “Chancengleichheit“ zwischen den Beteiligten bestehen. (BUDDE, 2003) 5.1.4 Ablauf einer Mediation Mediation findet in einer zeitlich logischen Abfolge, die in sog. Phasen unterteilt wird statt. Durch das Einhalten dieser logisch aufeinander aufbauenden Phasen und die jeweils situationsadäquate Anwendung spezifischer Gesprächs- und Kommunikationstechniken soll die “Kunst“ der Vermittlung und Schlichtung professionell erlernbar und anwendbar werden. (BUDDE, 2003) In der Literatur wird zwischen Modellen von fünf bis neun Phasen unterschieden. Diese unterscheiden sich jedoch kaum voneinander. Im Folgenden wird das 6-Phasen-Modell dargestellt. Es orientiert sich an MOOR und wurde von BUDDE gemeinsam mit TROJA und KESSEN weiterentwickelt. Um einen kurzen Überblick über die verschiedenen Phasen des Mediationsprozesses zu geben, werden diese zur besseren Übersichtlichkeit zusammengefasst in folgender graphischer Darstellung beschrieben. Anwendbarkeit des IKMS in der öV 24 Mediation: Ein Prozess mit 6 Phasen Phase I • Prüfung der Falleignung (Konfliktanalyse) • Klärung der organisatorischen Rahmenbedingun- Vorbereitung Mediationsvertrag gen • Regeln festlegen • Vertrag schließen • Schaffung einer Vertrauensbasis Phase II • Konfliktdarstellung beider Seiten Informations- u. The- • Visualisieren der Themen und Fragestellungen mensammlung • Einigung über Inhalt und Reihenfolge der Themen Phase III • Entwicklung gegenseitigen Verständnisses/ Per- Interessenklärung spektivwechsel (Umgang mit dem • Klärung der Bedürfnisse Konflikt) • Herausarbeitung der Interessen Phase IV • Sammlung von Optionen Kreative Suche nach • Entwickeln gemeinsamer Lösungsideen (unter Zu- Lösungsoptionen Phase V rückhaltung des Mediators) • Bewertung und Aus- Diskussion, Bewertung und Auswahl der Lösungsvorschläge wahl der Optionen Phase VI • Vereinbarung und Umsetzung Klärung der Umsetzbarkeit ggf. mit Vorgesetzen und Personalrat • Formulieren der Mediationsvereinbarung • Überprüfung auf Vollständigkeit, Klarheit, Einigkeit Abbildung 2: Phasenmodell der Mediation (eigene Grafik in Anlehnung an MONTADA / KALS, 2001, Bucheinband, Innenseite) Anwendbarkeit des IKMS in der öV 25 5.2 Konfliktlotsen Als wichtigstes Element eines IKMS wurde bereits unter Punkt 4.3 der vertrauliche, schnelle und leicht erreichbare Zugang genannt. Zentrale Bedeutung kommt deshalb der Person, oder den Personen zu, die als erste Ansprechpartner dienen. Die Institutionalisierung einer solchen Person oder Stelle kann durch hauptamtliche Konfliktmanager oder durch nebenamtliche betriebliche “Konfliktlotsen“ erfolgen. Ausbildung und Einsatz von Konfliktlotsen stellt deshalb ein wesentliches Element eines integrierten Konfliktmanagementsystems dar. Im Folgenden werden Funktionen, Aufgaben und Ausbildung von Konfliktlotsen dargestellt am Beispiel des Kölner Konfliktlotsenprogramms QUAK (Qualifizierung von betrieblichen Konfliktlotsen). (BUDDE 2001) Im Rahmen eines zweijährigen, durch das EU-Förderprogramm ADAPT und das Land Nordrhein-Westfalen unterstützten, transnationalen Modellprojekts, bot das Kölner “Institut für faires Konfliktmanagement und Mediation e.V.“ erstmals ab Januar 1999 Klein- und Mittelunternehmen die Teilnahme an einem Qualifizierungsprogramm für “Betriebliche Konfliktlotsen“ an. Daran nahmen unterschiedliche Klein- und Mittelunternehmen verschiedener Branchen teil, unter anderem die Stadtverwaltung Kerpen, deren Konfliktmanagementsystem in Kapitel 7 exemplarisch aufgeführt wird. Im Rahmen des Modellprojekts QUAK wurden Konfliktlotsen mit dem Fokus auf die Bearbeitung von Arbeitsplatzkonflikten qualifiziert. 5.2.1 Definition Bekannt ist der Begriff des Konfliktlotsen z.B. im Bereich Schule. Schon seit längerem werden dort Schüler als sog. Konfliktlotsen ausgebildet, um in Streitigkeiten zwischen ihren Mitschülern zu vermitteln und zu schlichten. Auch im QUAK-Konzept wurde der Begriff “Lotse“ gewählt, da die Aufgaben eines Konfliktlotsen vergleichbar mit dem eines Schiffslotsen sind: Der Anwendbarkeit des IKMS in der öV 26 Lotse bestimmt weder das Ziel, noch steuert er selbst. Aufgrund seiner speziellen Kenntnisse gibt er Hilfestellungen für die Navigation, er lotst. Wichtig dabei ist, dass der Konfliktlotse für den Prozess der Konfliktbearbeitung verantwortlich ist, nicht aber für das Ergebnis der Streitlösung! In Streitsituationen herrscht oftmals eine hohe Emotionalität, die es den Streitbeteiligten unmöglich macht, zwischen Rollen, Funktion und Person zu differenzieren. Sie benötigen einen unbeteiligten Dritten, der ihnen hilft angemessene Lösungen zu finden, da sie selbst dazu nicht mehr in der Lage sind. Der Konfliktlotse versucht durch Förderung entsprechender Kompetenzen die Beteiligten durch den Konflikt zu “lotsen“. Er hat dabei wie ein Schiffslotse auf die äußeren Gegebenheiten zu achten. Die Rahmenbedingungen der Organisation, wie Rollen, Funktionen, Hierarchien und rechtliche Rahmenbedingungen sind beim Konfliktlösungsprozess stets zu beachten. 5.2.2 Aufgaben und Ziele Konfliktlotsen sind kein “fertiges Produkt“, das einfach in jede Organisation und jedes Unternehmen übertragen werden kann. Die Aufgaben eines Konfliktlotsen hängen von verschiedenen Faktoren, wie z.B. Größe und Branche eines Unternehmens ab und sind, wie das gesamte Konfliktmanagementsystem, maßzuschneidern auf die jeweilige Organisation. Grundsätzlich sind Konfliktlotsen erste Ansprechpartner für alle Arten von Konflikten im betrieblichen Kontext. Ihre wichtigste Aufgabe ist dabei zunächst das “Anhören“ von Konfliktbeteiligten und das Durchführen einer Konfliktanalyse. Danach können die Betroffenen über die Auswahl der geeigneten, zur Verfügung stehenden Verfahren oder Interventionen beraten werden. Die Beratung findet abteilungs- wie auch hierarchieübergreifend statt. Die Konfliktlotsen sind umfassend über interne und externe Beratungsangebote informiert und können entsprechend weitervermitteln, oder auch selbst Interventionsangebote machen. Anwendbarkeit des IKMS in der öV 27 Als grundlegende Funktionen von Konfliktlotsen können unterschieden werden: Die Rolle des Konfliktlotsen Weitervermittlung Mediation Konfliktberatung Vorbild Abbildung 3: Die Rolle des Konfliktlotsen (BUDDE, 2001 S. 17) Die wesentlichen Aufgaben von Konfliktlotsen sind: • Konfliktberatung: Darunter wird die Unterstützung von Konfliktbeteiligten bei der konstruktiven Konfliktbearbeitung verstanden. • Weitervermittlung: In den Fällen in denen die Konfliktlotsen nicht selbst tätig werden (z.B. wenn die Unparteilichkeit nicht gewährleistet werden kann, der Konflikt bereits eskaliert ist oder in einer höheren Hierarchieebene ausgetragen wird) vermitteln sie an interne und externe Fachleute weiter. • Vorbild: Konfliktlotsen sollen durch ihr eigenes konstruktives Konfliktverhalten eine Vorbildsfunktion für ihre Mitarbeiter darstellen, und für Anwendbarkeit des IKMS in der öV 28 einen konstruktiven Umgang mit Konflikten sorgen. Durch sie soll im Unternehmen die Schaffung einer neuen Streitkultur angeregt und befördert werden. • Mediation: Bei Streitigkeiten, in denen die Konfliktlotsen weder unmittelbar noch mittelbar involviert sind, und es sich nicht um hoch komplexe Konflikte handelt, sind sie in der Lage, als Konfliktmittler tätig zu werden und eine Mediation durchzuführen. Konfliktlotsen informieren die Mitarbeiter über das Thema Konfliktmanagement und Mediation. Sie sind Experten im Umgang mit innerbetrieblichen Konflikten und es kann zu ihren Aufgaben gehören, das Konfliktlotsenprogramm im Sinne von Öffentlichkeitsarbeit bekannt zu machen. Die Konfliktlotsen-Ausbildung soll die Teilnehmer qualifizieren innerhalb ihrer Betriebe: • Konfliktherde zu erkennen • Konflikte zu analysieren • Den Unterschied zwischen konstruktiven und destruktiven Konflikten zu erkennen • Zu entscheiden, welches Bearbeitungsverfahren angemessen ist • Bei kleineren Konflikten und Disputen zwischen Kollegen, Teams oder Abteilungen, zwischen Mitarbeitern und Vorgesetzten vermittelnd als Mediator tätig zu werden, sofern die Allparteilichkeit gewahrt werden kann. Als übergreifende Ziele der Arbeit von Konfliktlotsen sind zu nennen: • Sie sollen durch Ihre Beratung und Hilfe zur Selbsthilfe einen neuen, konstruktiven Umgang mit Konflikten ermöglichen. • Konflikte sollen nicht ausschließlich als Belastung wahrgenommen werden, sondern man sollte sie in einer niedrigen Eskalationsstufe als Chance begreifen, etwas zu verändern. Anwendbarkeit des IKMS in der öV 29 Dies kann längerfristig zur Ausbildung einer neuen, konstruktiven Streitbzw. Konfliktkultur im Unternehmen beitragen. 5.2.3 Ausbildungsschwerpunkte Die Ausbildung bzw. das Training der Konfliktlotsen lässt sich in vier Themenbereiche einteilen. In denen die Konfliktlotsen theoretisches Wissen und praktische Fertigkeiten für Themen erarbeiten, die für betriebliche Konflikte von Bedeutung sind. Eines der wichtigsten Bestandteile ist dabei das Modul “Grundlagen der betrieblichen Mediation“. Konflikte und Konfliktmanagement In diesem Themenbereich geht es vor allem um die Konfliktanalyse. Die Teilnehmer lernen zuerst die eigene Einstellung zu Konflikten und das eigenen Verhalten in Konfliktsituationen kennen. Zudem bekommen sie einen Überblick über die einzelnen Konflikttypen und Konfliktdynamiken. Sie bekommen Konfliktmanagement im Spannungsgeflecht von Interessen, Macht und Recht aufgezeigt und lernen (arbeits-)rechtliche Rahmenbedingungen kennen. Zentral für die Tätigkeit des Konfliktlotsen ist es, eine klare und strukturierte Konfliktanalyse durchzuführen, um den adäquaten Bearbeitungsweg vorschlagen zu können. Kommunikation im Konflikt / Grundkenntnisse der Gesprächsführung Den meisten Konflikten liegt eine Kommunikationsstörung zugrunde. Es ist für den Konfliktlotsen daher von elementarer Bedeutung, Kenntnisse darüber zu haben, wie Kommunikation zwischen Menschen funktioniert und mit welchen Techniken Kommunikation gefördert, oder überhaupt erst einmal wieder in Gang gesetzt werden kann. Es werden daher Methoden und Techniken der Gesprächsführung vermittelt, sowie Formen des Fragens und der Informationsgewinnung. Zudem wird der Umgang mit emotional stark besetzten Themen geübt. Anwendbarkeit des IKMS in der öV 30 Faires Verhandeln nach dem Harvard Konzept Hier wird der konkrete Einsatz in einer Situation mit anderen Verhandlungsoder Konfliktpartnern trainiert, während in den Bereichen “Konflikt“ und “Kommunikation“ Analysewerkzeug und Handwerkszeug für das eigene Konfliktverhalten und für den professionellen Einsatz gelernt wurde. Im Fordergrund dieser Einheit steht die Wichtigkeit, gegenseitige Bedürfnisse, Wünsche und Interessen des Verhandlungs- oder Konfliktpartners anzuerkennen. Die Grundprinzipien des fairen Verhandelns nach dem Harvard-Konzept bilden auch den Grundstein für die Vermittlung (Mediation). Das Harvard Konzept des sachgerechten Verhandelns Trennung von Personen und Problemen • • • • • • Konzentration auf Interessen statt Positionen Entwicklung möglichst vieler Lösungsoptionen Entscheidung anhand objektiver Kriterien Fairer Verhandlungsprozess Förderung der Kommunikation Förderung der wechselseitigen Beziehungen Interessensausgleich zwischen den Konfliktparteien Vorteilsgewinnung für beide Seiten Sachliches Ergebnis Abbildung 4: Das Harvard Konzept, (SCHMIDT, 2003) Grundkenntnisse der Mediation Eine zentrale Aufgabe von Konfliktlotsen ist es, zwischen unterschiedlichen Konfliktbeteiligten zu vermitteln. Hierfür ist das strukturierte Verfahren der Mediation gut geeignet. Dabei darf nicht vergessen werden, dass Mediatoren (Konfliktlotsen) nicht für das Ergebnis, sondern nur für den fairen Ablauf des Verfahrens verantwortlich sind. Konfliktlotsen verhalten sich auch in der Anwendbarkeit des IKMS in der öV 31 Rolle des Mediators allparteilich und neutral. Sie besitzen keine Entscheidungskompetenz. Im Mittelpunkt steht die Förderung der Eigenverantwortlichkeit der Streitparteien. Die Konfliktlotsen lernen in diesem Bereich an konkreten Fällen im Rollenspiel die Vorbereitung und Durchführung von betrieblicher Mediation. Dabei lernen sie die dazugehörigen Grundkenntnisse und Techniken der Mediation kennen. Sie sind danach in der Lage, in Streitigkeiten, in die sie weder unmittelbar noch mittelbar involviert sind, (und wenn es sich nicht um komplexe Zwei-Parteien- oder Kleingruppen-Konflikte handelt), als Konfliktmittler tätig zu werden und eine Mediation nach dem strukturierten Verfahren durchzuführen. Ebenso erwerben sie auch Kenntnisse über die Grenzen des Einsatzes der betrieblichen Mediation. Auch durch Konfliktlotsen müssen die Grundprinzipien der Mediation eingehalten werden. 6 Hypothesen Ausgehend von den bisherigen Ausführungen wurden im Rahmen dieser Diplomarbeit folgende Hypothesen aufgestellt, die anhand der untersuchten Kommunen überprüft wurden. 6.1 Erste Hypothese In öffentlichen Verwaltungen besteht Bedarf und Notwendigkeit für Konfliktmanagement. 6.2 Zweite Hypothese Der Einsatz von Konfliktlotsen ist das wichtigste Instrument integrierter Konfliktmanagementsysteme öffentlicher Verwaltungen Anwendbarkeit des IKMS in der öV 32 6.3 Dritte Hypothese Ein gutes Marketing ist für die Akzeptanz eines integrierten Konfliktmanagementsystems unbedingt erforderlich. 7 Integrierte Konfliktmanagementsysteme in der Praxis Um die Umsetzung / Anwendung eines IKMS in der Praxis, bei öffentlichen Verwaltungen darzustellen, wurden im Januar 2008 Interviews mit den Städten Kerpern und Solingen geführt, von denen bekannt war, dass sie bereits ein IKMS in Anwendung haben. Hierbei handelt es sich um Städte, bei denen nach dem QUAK-Modell der Schwerpunkt ihres IKMS auf dem Einsatz interner Konfliktlotsen liegt. Zusätzlich wird ein Entwurf der Stadtverwaltung Bielefeld vorgestellt, die als Ergänzung und Erweitung ihrer bisherigen Angebote ein eigenes Konzept für ein IKMS entworfen hat, dessen Entwurf schriftlich vorliegt. Für eine bessere Übersichtlichkeit der Darstellung der Systeme von Kerpen und Solingen, wurde ein strukturierter Interviewleitfaden entworfen, anhand dessen mit den jeweils Verantwortlichen Telefoninterviews durchgeführt wurden. Der Interviewleitfaden ist in vier Abschnitte unterteilt, • Der erste Abschnitt bezieht sich auf die allgemeinen Rahmenbedingungen und die Einführung des IKMS • Im zweiten Abschnitt werden Instrumente des IKMS beschrieben • Der dritte Abschnitt befasst sich mit Marketing und Akzeptanz des IKMS • Der vierte Abschnitt erfragt Bewertung und Perspektive Anwendbarkeit des IKMS in der öV 33 Zusätzlich wurde ein telefonisches Interview mit einer in Solingen tätigen Konfliktlotsin durchgeführt. Im Folgenden werden die Interviews inhaltlich zusammengefasst dargestellt.2 7.1 Das IKMS der Stadt Kerpen 7.1.1 Allgemeine Rahmenbedingungen • Intention und Entscheidung für das QUAK-Projekt Das integrierte Konfliktmanagementsystem der Stadt Kerpen besteht seit der Einrichtung eines Konfliktlotsenpools im Jahr 2000. Seit dem Jahr 1997 hatte in Kerpen eine umfassende Verwaltungsreform mit vielen organisatorischen und strukturellen Veränderungen stattgefunden, die zahlreiche Konflikte verursachten. Unter den Mitarbeitern der Stadtverwaltung herrschte allgemein Unzufriedenheit darüber, wie mit Konflikten umgegangen wurde. Die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt war in ihrer Arbeit häufig damit konfrontiert und beobachtete z.B. dass untergeordnete Frauen bei Konflikten einfach versetzt wurden, die Konfliktursachen jedoch unbearbeitet blieben. Bei einer Messe 1998 wurde sie auf das QUAK-Projekt aufmerksam, das ein Qualifizierungsprogramm für betriebliche Konfliktlotsen mit dem Schwerpunkt Bearbeitung von Arbeitsplatzkonflikten anbot. Sie schlug dieses Projekt dem Bürgermeister zur Einführung vor, weil sie es für geeignet hielt, einen neuen Umgang mit Konflikten bei der Stadtverwaltung Kerpen zu initiieren. 2 Vollständige Interviews unter Anlage 4 und 5 abgedruckt. Anwendbarkeit des IKMS in der öV • 34 Planung und Implementierung Nach eingehender Information stimmte der Bürgermeister der Stadt Kerpen der Teilnahme am QUAK-Projekt zu. QUAK war zu dieser Zeit noch ein Modellprojekt, das sowohl von der Europäischen Union als auch vom Land Nordrhein-Westfalen gefördert wurde. Für die Ausbildung zu Konfliktlotsen sollten “Tandems“ aus jeweils einer Person aus Führungsebene und Belegschaft gebildet werden. Von Kerpen nahmen zunächst zwei Tandems, also vier Personen an dieser Qualifizierung im Rahmen des QUAK-Modellprojekts teil. Da diese vier Mitarbeiter nach ihrer Ausbildung von Sinn und Nutzen des Projekts für die Stadtverwaltung überzeugt waren, schlugen sie die Ausbildung weiterer vierzehn Konfliktlotsen durch eine Inhouse-Schulung vor, was genehmigt und durchgeführt wurde. Die ersten beiden “Tandems“ bildeten zunächst auch die Projektgruppe, die mit sehr viel Entscheidungsfreiheit die gesamten Rahmenbedingungen der Implementierung überlegte und vorbereitete. Nach Ausbildung der weiteren 14 Konfliktlotsen wurde die Konfliktlotsenpoolbildung als feste Institution der Stadtverwaltung Kerpen bekannt gemacht. Während der Ausbildungsphase der Konfliktlotsen gab es eine größere Projektbegleitgruppe, der z.B. auch der Personalchef der Stadt angehörte, die sich jedoch später auflöste. Zu Beginn wurde die Stadt auch von Projektverantwortlichen des QUAKModellprojekts beraten und die ersten Konfliktfälle wurden in einem Coaching besprochen. Für die Koordination des Systems wurde aufgrund der Überschaubarkeit der mittelständischen Stadtverwaltung (Kerpen hat 64.425 Einwohner) keine eigene Stelle geschaffen, sondern dies wurde als zusätzliche Aufgabe der Gleichstellungsbeauftragten der Stadt und Initiatorin des Projekts übertragen. Nach Beendigung der Ausbildung und Klärung der Rahmenbedingungen verwalten die Konfliktlotsen (KOLOS) sich selbst. Zunächst trafen sie sich wöchentliche, später 14-tägig zur Beratung ausstehender Aufgaben. Eine Projektbegleit- und Steuerungsgruppe gibt es nicht mehr. Anwendbarkeit des IKMS in der öV • 35 Finanzierung Anfallende Kosten für das Konfliktmanagementsystem werden aus dem Budget Fortbildung finanziert. Ausgaben z.B. für einen externen Mediatoren werden als Personalnebenkosten abgerechnet. • Dienstvereinbarung zur Stellung der Konfliktlotsen Nach der Bildung eines festen Konfliktlotsenpools wurde zwischen Stadtverwaltung in Person des Bürgermeisters und dem Personalrat eine Dienstvereinbarung über die Rahmenbedingungen für die Arbeit der Konfliktlotsen abgeschlossen, die zuvor mit Beratung durch QUAK-Mitarbeiter erarbeitet worden war. Die Präambel definiert die neue Konfliktkultur, die angestrebt wird. Im Bewusstsein, dass ungelöste und destruktive Konflikte das Betriebsklima beeinflussen, den Arbeitsprozess stören, die Produktivität des Betriebs sowie die Qualität der Arbeitsergebnisse mindern, also negative persönliche und wirtschaftliche Auswirkungen haben, wird eine frühzeitige Konfliktbearbeitung in der Verwaltung angestrebt, um Eskalation und schwerwiegende Folgen zu vermeiden. Es wird der Überzeugung Ausdruck gegeben, dass eine konstruktive Konfliktbearbeitung zwischen einzelnen, Gruppen, auch unterschiedlichen Hierarchieebenen möglich ist, und dass Methoden und Haltungen konstruktiver Konfliktbearbeitung erlernbar sind. Als Konfliktlotsen können Führungskräfte, Personalratsmitglieder und Mitarbeiter/innen in Grundlagen des Konfliktmanagements geschult werden. Durch ihr eigenes vorbildhaftes Verhalten im Konfliktfall sind sie Wegbegleiter für einen konstruktiven Umgang mit Konflikten und Problemen. Weitere Punkte der Dienstvereinbarung regeln die Aufgaben der Konfliktlotsen, die Pflichten und die Rechte.3 3 Vollständige Dienstvereinbarung abgedruckt unter der Anlage 1 Anwendbarkeit des IKMS in der öV 36 Die Konfliktlotsen sind mit bis zu 10% ihrer Jahresarbeitszeit von ihrer sonstigen Tätigkeit freigestellt und können sich für ihre Arbeit der Ausstattung der Dienststelle bedienen. Diese Konfliktlotsen erhalten eine Qualifizierung für ihre Tätigkeit und es wird ihnen die Teilnahme an Coaching/ Supervision oder entsprechenden Fortbildungen ermöglicht. Durch ihre Tätigkeit anfallende Kosten trägt die Dienststelle. KOLOS haben das Recht, über die Vorgehensweisen der Konfliktbearbeitung zu entscheiden und auch Mediation einzusetzen. Jeder Beschäftigte hat das Recht, sich bei KOLOS zu informieren, Beratung in Anspruch zu nehmen. Zeiten, die zur Bearbeitung betrieblicher Konflikte aufgewendet werden, gelten als Arbeitszeit. 7.1.2 Instrumente des Integrierten Konfliktmanagements • Konfliktlotsen, Mediatoren, Coaches Hauptinstrument des KMS der Stadtverwaltung Kerpen sind die Konfliktlotsen, deren Hauptaufgabe darin besteht, in Beratungsgesprächen unterschiedlicher Art zur Lösung von Konflikten beizutragen. Schwerpunkt dabei ist die unterstützende Beratung, die Konfliktbeteiligte befähigen soll, eigene Lösungen für ihre Konflikte zu finden. Für Fälle in denen Konflikte bereits eskaliert, die Fronten verhärtet oder aus sonstigen Gründen keine Lösungen möglich sind, wird den Beteiligten ein “Konfliktverfahren“ nach Grundsätzen der Mediation angeboten. In besonders schwierigen Fällen können auch externe Berater hinzugezogen werden. Ein offizielles Coaching-Angebot gibt es nicht. Es gab eine Fortbildung zum Thema, aber keine ausgebildeten Coaches. In bestimmten Fällen z.B. Konflikten mit mehreren Beteiligten werden coaching-ähnliche Formen angeboten. Im Rahmen ihrer Ausbildung erhielten die KOLOS zu Beginn ein Coaching und es wurde in den Rahmenbedingungen ausgehandelt, dass sie einmal im Jahr an einer Fortbildung teilnehmen können, die sie sich selbst aussuchen. Anwendbarkeit des IKMS in der öV 37 Im Rahmen des Fortbildungsprogramms für alle Mitarbeiter finden auch Fortbildungen zu diesem Thema statt, dies wird aber nur am Rande zum KMS gezählt. Wie häufig Konfliktmanagement in Anspruch genommen wird, wird weder in einer Statistik noch in Berichten festgehalten. Es wurde bewusst darauf verzichtet, weil Kerpen keine große Verwaltung ist und die Sorge bestand, dass die Anonymität nicht gewährleistet werden könne. • Auswahl der KOLOS, Mediatoren Die ersten vier Konfliktlotsen waren zunächst von der Initiatorin des Projekts zur Teilnahme am Modellprojekt auf feiwilliger Basis vorgeschlagen worden. Da diese aus ganz unterschiedlichen Aufgabenbereichen der Stadtverwaltung kamen, waren ihnen viele Mitarbeiter bekannt und sie schlugen Kandidaten zur Auswahl vor. Zuerst wurde die jeweilige Dienststelle um Erlaubnis gefragt, dann wurde die Person um ihr Einverständnis gebeten. Laut Dienstvereinbarung haben Konfliktlotsen das Recht, in speziellen Konfliktfällen die Einschaltung externer Berater z.B. Mediatoren zu empfehlen oder z.B. spezielle Fortbildungsmaßnahmen für Führungskräfte vorzuschlagen, die dann in der Regel von der Dienststelle bezahlt werden. In einigen Fällen beauftragte der Personalchef Konfliktlotsen, sich mit einem Problem zu beschäftigen. • Angebote für verschiedene Hierarchieebenen Für die verschiedenen Hierarchieebenen gibt es keine unterschiedlichen Konfliktmanagement-Angebote. Bereits bei der Auswahl der Konfliktlotsen wurde Wert darauf gelegt, Personen aus allen Bereichen und Berufsgruppen einzubeziehen, um ein breites Angebot von Ansprechpartnern zur Verfügung zu stellen. Zwar werden bestimmte KOLOS stärker in Anspruch genommen als andere, doch liegt das vermutlich am Bekanntheitsgrad dieser Personen. Anwendbarkeit des IKMS in der öV 38 Es gibt keine Statistik, welche Personengruppen das KMS am meisten nutzen. Häufig wünschen z.B. auch Führungskräfte Beratung, wenn sie in Konfliktfällen bereits Verschiedenes ohne Erfolg ausprobiert haben. Manchmal drängt sich der Eindruck auf, es könne versucht werden, mühsame Führungsaufgaben abzuwälzen. KOLOS übernehmen jedoch keine Führungsaufgaben, sie bieten lediglich Rat und Beratung. • Anlässe für die Inanspruchnahme Anlässe, das Konfliktmanagement in Anspruch zu nehmen, sind erfahrungsgemäß häufig Konflikte, die aus Führungsdefiziten resultieren und Kommunikationsprobleme aller Art. Die Konflikte spiegeln den Umgang wieder, den die Leute miteinander pflegen. Alles, was den Umgang miteinander verbessert, ist deshalb Konfliktprävention. • Evaluation Nach reinen Beratungsgesprächen findet keine Evaluation statt. Am Ende eines Konfliktlotsen-Verfahrens mit zwei oder mehr Konfliktparteien steht in der Regel eine schriftliche Vereinbarung, die dann je nach Inhalt in zwei-, drei- oder sechsmonatigem Rhythmus überprüft wird. Danach werden alle Unterlagen vernichtet. 7.1.3 Marketing und Akzeptanz Nach der Einrichtung des Konfliktlotsenpools in Kerpen wurde das Projekt in einer erweiterten Verwaltungskonferenz, an der alle Führungskräfte teilnahmen, vorgestellt und für die neue Aufgabe geworben. Es gab keine direkten Einwände und Widerstände. • Marketing Auf verschiedene Weise wird versucht, bei allen Mitarbeitern bekannt zu machen, dass Konfliktmanagement in Anspruch genommen werden kann. Das geschieht mit Flyern, Aufrufen über das Intranet, Bekanntgabe von Telefonnummern, Angeboten von Sprechstunden. Anwendbarkeit des IKMS in der öV • 39 Akzeptanz Inzwischen dürfte das Angebot allen Mitarbeitern bekannt sein, die Bereitschaft zur Inanspruchnahme jedoch ist sehr unterschiedlich. Für viele ist es zunächst einmal ungewöhnlich und befremdlich, wegen Problemen am Arbeitsplatz einen Konfliktlotsen aufzusuchen. Da die Leidensfähigkeit der Menschen unterschiedlich ist, warten manche sehr lange ab, bis Konflikte eskaliert sind oder melden sich gar nicht, während andere größere Bereitschaft erkennen lassen, sich im Konfliktfall frühzeitig zu melden. Grundsätzlich ist es sehr schwierig, solch ein neues, ungewohntes System in die alltäglichen Abläufe einer Verwaltung zu integrieren. Der bewusste Umgang mit Konflikten unterschiedlicher Art ist für eine Verwaltung etwas völlig Neues und es braucht sicher sehr lange Zeit, bis so etwas angenommen und selbstverständlich wird. 7.1.4 Bewertung und Perspektiven Es gibt in Kerpen keine systematische Begleitung und Überprüfung des IKMS. Die Konfliktlotsen “verwalten“ sich selbst und die Gleichstellungsbeauftragte organisiert und plant die jährliche Fortbildung. Zur Zeit gibt es von ursprünglich achtzehn noch zwölf Konfliktlotsen, die jedoch als ausreichend betrachtet werden. Die Erfahrungen der Stadtverwaltung Kerpen mit ihrem Konfliktmanagement-System sind durchweg positiv. Man würde es sofort wieder installieren, weil es eine gute Möglichkeit bietet, Konflikte zu lösen. Allerdings bedarf es dazu noch einiger Einstellungs- und Verhaltensänderungen. Es sollte unter Mitarbeitern noch mehr zur Normalität werden, sich Hilfe zu holen, bevor ein Konflikt eskaliert. Bei Mitarbeitern muss die Erkenntnis wachsen, dass Ärger und Unwohlsein am Arbeitsplatz nicht einfach hingenommen werden müssen, sondern Konflikte bearbeitet und gelöst werden können. Ziel ist es, Konflikte so zu bearbeiten, dass niemand das Gefühl hat, den Anwendbarkeit des IKMS in der öV 40 “Kürzeren“ zu ziehen und man Wege findet, besser und effektiver miteinander zu arbeiten. 7.2 Das IKMS der Stadt Solingen 7.2.1 Allgemeine Rahmenbedingungen • Intention und Entscheidung für das QUAK-Projekt Die Stadt Solingen hat seit 2004 ein integriertes Konfliktmanagementsystem. Die Konfliktlotsenausbildung nach dem QUAK-Projekt, für die man sich nach eingehender Information entschied, war Teil eines Personalentwicklungskonzepts, das 2002 eingeführt wurde. Zuvor hatte eine interne Fortbildung zum Thema Mediation, die durch eine zur Mediatorin ausgebildete Mitarbeiterin veranstaltet wurde, bei einem größeren Mitarbeiterkreis das Interesse an diesem Thema geweckt. Nach Gesprächen zwischen dem Chef der Personalabteilung und der Verantwortlichen des QUAK-Projekts fiel die Entscheidung für QUAK. • Planung und Implementierung Über die Einführung des Projekts entschied der Verwaltungsrat, der der Ausschreibung zur Ausbildung von Konfliktlotsen zustimmte. Die Projektgruppe, die sich zu einem “kick-off-workshop“ zusammenfand und bis zum Ausbildungsende der Konfliktlotsen zusammenarbeitete, setzte sich zusammen aus Teilnehmern der Fortbildung zum Thema Mediation, Mitarbeitern aus Personal- und Organisationsentwicklung, dem Personalrat, der Gleichstellungsstelle und Vertretern aus verschiedenen Ressorts der Verwaltung und der ausgegliederten Betriebe. (Insgesamt eine Gruppe von 15 Personen) Ein Vertreter des QUAK-Projekts betreute die Stadt während der Einführungsphase. Anwendbarkeit des IKMS in der öV 41 Die Widerstände gegen das Projekt waren eher indirekter Art: indem sich z.B. Vorgesetzte und Abteilungsleiter weigerten, Personal für die Konfliktlotsenausbildung freizustellen oder durch fehlende Bereitschaft, Geld zu investieren z.B. beim städtischen Klinikum, das seine Teilnahme hätte bezahlen müssen. Das IKMS der Stadt Solingen gehört zur Personalentwicklung und wird von einer Person in der Personalabteilung organisatorisch betreut. Die Konfliktlotsen koordinieren ihre Aufgaben untereinander. • Finanzierung Die Finanzierung erfolgt aus Mitteln des Fortbildungsetats. • Leitlinien für die Konfliktlotsen Für den “Konzern Stadt Solingen“ wurden mit Gültigkeit für alle Beschäftigen Leitlinien für Konfliktlotsen vereinbart. Mit einigen Abweichungen in der Formulierung definieren diese Leitlinien wie die Dienstvereinbarung der Stadt Kerpen die neue Konfliktkultur der Stadtverwaltung und regeln Grundsätzliches, wie Aufgaben, Pflichten, Rechte und Stellung der Konfliktlotsen.4 7.2.2 Instrumente des Integrierten Konfliktmanagements • Konfliktlotsen, Mediatoren, Coaches Das IKMS der Stadt Solingen besteht aus Konfliktlotsen, Supervision, Coaching, Teamentwicklungsmaßnahmen und externer Mediation. Auch das Fortbildungsangebot im Bereich “Schulung der Sozialkompetenz für Mitarbeiter“ kann im weiteren Sinn dazu gezählt werden. Daneben gibt es als weiteres Instrument der Personalentwicklung die “kollegiale Beratung“, das sind mehrere Teams von jeweils sechs bis zehn Personen, die ähnlichen 4 Vollständige Leitlinie siehe unter Anlage 2 Anwendbarkeit des IKMS in der öV 42 Hierarchieebenen aber unterschiedlichen Arbeitsbereichen angehören und sich regelmäßig zur Diskussion aktueller Anliegen, Probleme und Konflikte treffen. • Auswahl der KOLOS, Coaches, Mediatoren Zur Konfliktlotsenausbildung fanden interne Ausschreibungen statt. Es gab dann ein Auswahlverfahren mit dem Ziel, die Gruppe der KOLOS so zusammenzustellen, dass sie breit gemischt ist. Der jeweilige Ressortleiter entschied, wer aus seinem Bereich freigestellt wird. Es hätte aus jedem Ressort und Betrieb eine Person gemeldet werden können. Manche Betriebe haben sich nicht beteiligt, auch vom Personalrat hat niemand an der Konfliktlotsenausbildung teilgenommen. Auswahl und Vermittlung von Mediatoren und Coaches erfolgt über die Personalentwicklung. Wer welches Angebot in Anspruch nehmen kann, wird im Einzelfall entschieden. Je höher die Hierarchieebene des Mitarbeiters, desto eher werden externe Berater hinzugezogen. Grundsätzlich hat jeder interessierte Mitarbeiter Zugang zu allen Angeboten, es werden jedoch nicht in jedem Fall alle Kosten übernommen. Viele Angebote werden aus dem Etat des Personalmanagement gefördert, an manchen Kosten müssen sich jedoch z.B. die betroffenen Ressorts beteiligen. In manchen Ressorts müssen Mitarbeiter einen Eigenanteil bezahlen, wenn sie ein Angebot in Anspruch nehmen wollen. Generell gilt hier die Überlegung, dass umso mehr Mittel für einen Mitarbeiter aufgewendet werden können, je mehr Verantwortung dieser für weitere Mitarbeiter trägt. Anwendbarkeit des IKMS in der öV • 43 Anlässe für Konfliktintervention Häufig entstehen Konflikte aus Führungsdefiziten. Die Probleme können durch Personen oder Strukturen verursacht sein. Kommissarische Diensteleitung führt erfahrungsgemäß zur Zunahme von Konflikten. Auch in Bereichen in denen Männer oder Frauen überwiegen, wie z.B. bei Feuerwehr oder Bücherei, kommt es häufiger zu Konflikten. • Evaluation Zur Zeit findet nach einer Konfliktintervention keine Evaluation statt. 7.2.3 Marketing und Akzeptanz Bei den Mitarbeitern wurden die Konfliktlotsen bekannt gemacht durch Flyer, Emails, im Intranet und durch das Verschicken von Informationen mit den Gehaltszetteln. Im Moment läuft eine Informationskampagne, die auch die Außenstellen einbezieht. Nach Einschätzung der Interviewpartnerin wurde das IKMS im Lauf der Zeit gut angenommen und die Akzeptanz unter Mitarbeitern ist ihrer Meinung nach hoch. Natürlich gibt es viele Mitarbeiter, die sich nicht darauf einlassen, die Konflikte verdrängen, bagatellisieren, Hilfe und Beratung von vorneherein ablehnen, oder nach einer ersten Kontaktaufnahme den Kontakt wieder abbrechen. 7.2.4 Bewertung und Perspektiven In Solingen findet zur Zeit keine offizielle Überprüfung von Funktion und Effizienz des IKMS statt, da die Steuerungsgruppe des Projekts aufgelöst wurde und sich momentan niemand steuernd mit Personalentwicklungsmaßnahmen befasst. Nach Ansicht der Interviewpartnerin sind die bisherigen Erfahrungen mit dem IKMS in Solingen durchweg positiv. Ihrer Meinung nach würden dringend weitere, vor allem männliche Lotsen benötigt. Das System sollte auf- Anwendbarkeit des IKMS in der öV 44 gewertet und wieder durch eine steuernde und evaluierende Gruppe begleitet werden. Wichtig wären auch verstärkte Marketinganstrengungen zur Bekanntmachung und Aufwertung der Arbeit der Konfliktlotsen. Wünschenswert wäre, dass KOLOS das Recht erhalten, Supervisionsangebote für sich in Anspruch zu nehmen. 7.2.5 Interview mit einer Konfliktlotsin Zur Ergänzung der Darstellung des IKMS Solingens wurde eine Konfliktlotsin der Stadt zu Motivation, Ausbildung, Akzeptanz und Bewertung ihrer Arbeit befragt. Das Gespräch wurde am 22. Januar 2008 anhand eines Interviewleitfadens telefonisch durchgeführt und wird hier in zusammengefasster Form dargestellt.5 Ausbildung und Tätigkeit Da Frau H. durch ihre Arbeit im Personalmanagement häufig mit Konflikten konfrontiert war, bewarb sie sich auf eine Ausschreibung als Konfliktlotsin und ist seit 2004 als solche tätig. Die Ausbildung erfolgte durch eine Inhouse-Schulung in drei Blöcken zu je zwei Tagen, ist gut umsetzbar und schärft den Blick für mögliche Konflikte und deren Prävention. Frau H. war seither bei zwei Fällen im Einsatz, in denen die Mitarbeiter ganzer Abteilungen nicht miteinander zurechtkamen und die viel Zeit in Anspruch nahmen. Konflikte mit vielen Beteiligten sind ihrer Erfahrung nach langwierig, aufwändig und erfordern, wie z.B. einer ihrer Fälle, über ein Jahr lang monatlich mehrstündige Treffen. Die Gespräche haben sich jedoch bewährt und waren erfolgreich. In der Regel kommen die Betroffenen im Konfliktfall auf den Lotsen zu, in einem ihrer Fälle z.B. wandte sich der Amtsleiter Hilfe suchend an die 5 Das vollständige Interview ist unter Anlage 6 abgedruckt. Anwendbarkeit des IKMS in der öV 45 Konfliktlotsin. In ihrer Arbeit im Personalmanagement wird Frau H. häufig durch dringende Versetzungswünsche von Mitarbeitern auf Konflikte aufmerksam. Konfliktlotsen aus dem Personalamt begegnen manche Mitarbeiter mit gewisser Scheu, während sie für andere hilfreich sind, da sie auch über Kompetenz zur Beantwortung rechtlicher Fragen verfügen. Nach Frau H.s Erfahrungen entstehen die meisten Konflikte durch die Art und Weise, wie die Leute miteinander umgehen. Nicht selten handelt es sich dabei um Missverständnisse, die zu Konflikten eskalieren. Es gibt aber auch Konflikte mit Vorgesetzten. Die Konfliktlotsen werden nicht übermäßig stark in Anspruch genommen. Bei erkennbarem, drohendem Konfliktpotential z.B. auch in Zusammenhang mit der Arbeit von Personalwirtschaft und –entwicklung wird auf die Möglichkeit hingewiesen, KOLOS einzuschalten. Konfliktbearbeitungen wurden allerdings auch schon abgebrochen, weil man keine Perspektiven für eine sinnvolle Fortsetzung sah. Akzeptanz und Bewertung der Erfahrungen Die Konfliktlotsen wurden allen Mitarbeitern bekannt gemacht. Sicher gibt es aber immer noch zahlreiche Konflikte, die nicht aufgegriffen und bearbeitet werden. Viele Mitarbeiter scheuen davor zurück, sich an Konfliktlotsen zu wenden, während andere, wenn auch zögerlich bereit sind, sich von Sinn und Nutzen einer Beratung überzeugen zu lassen. Die Notwendigkeit von Konfliktmanagement wird nach Ansicht von Frau H. insgesamt oft noch nicht ernst genug genommen und heruntergespielt mit dem Hinweis, man habe doch gar keine Konflikte. Mit dieser Begründung wurde keine Ausbildung weiterer Lotsen genehmigt. Es wird überlegt, in zweijährigen Erfahrungsberichten über die Anzahl behandelter Fälle und Erfahrungen der Konfliktlotsen zu berichten. Dabei soll jedoch größtmögliche Anonymität gewährleistet werden. Anwendbarkeit des IKMS in der öV 46 Frau H. empfindet das integrierte Konfliktmanagementsystem für die Stadtverwaltung als sinnvoll und effektiv. Direkte Ansprechpartner sind ihrer Meinung nach wichtig, weil Probleme früher und offener aufgegriffen werden können, die sonst vielleicht vor sich hin schwelen oder eskalieren würden. Sie selbst ist gerne als Konfliktlotsin tätig, weil sie dadurch zu Lösungen beitragen kann und auch Erfolgserlebnisse hat. Nach Frau H.s. Beobachtung wirkt die Arbeit der Konfliktlotsen sich positiv auf das Arbeitsklima aus; sie sollte jedoch die Arbeit der Führungskräfte nicht ersetzen, sondern ergänzen. 7.3 Konzept für ein IKMS der Stadt Bielefeld Im nachfolgenden Kapitel wird das Konzept eines Konfliktmanagementsystems der Stadt Bielefeld vorgestellt. Das Konzept wurde im Amt für Personal, Organisation und zentrale Leistungen als schriftlicher Entwurf erarbeitet, der der nachfolgenden Darstellung zu Grunde liegt. Der Zeitplan einer Umsetzung des Konzepts ist noch nicht bekannt. 7.3.1 Ausgangslage und Motivation Bei der Stadt Bielefeld wurde das Thema Konfliktmanagement als Handlungsfeld in das Personalentwicklungskonzept aufgenommen, weil man eine Zunahme der Anzahl von Konflikten unterschiedlichen Ausmaßes beobachtete. Als Auslöser der Konflikte werden vielfältige Ursachen beschrieben. Durch Haushaltskonsolidierung, Neuorganisation, Personaleinsparung und gesteigerte Leistungsanforderungen traten vermehrt schon seit langem schwelende ungelöste Konflikte zu Tage. Ungünstige Rahmenbedingungen der Arbeit, wie z.B. ständige Vertretung erkrankter Kollegen, längerfristig unbesetzte Stellen, hoher Arbeitsdruck, fehlende berufliche Perspektiven Anwendbarkeit des IKMS in der öV 47 und Beförderungsmöglichkeiten werden ebenso als Ursachen für Konflikte gesehen, wie defizitäres Führungsverhalten Vorgesetzter. Neben persönlichen Faktoren, wie unzureichender sozialer Kompetenz Einzelner, Neid, Eifersucht usw. wirkt sich auch die schwierige Wirtschaftslage aus, die vermehrt zu aggressivem Verhalten von Bürgern gegenüber Behördenvertretern führt und von Mitarbeitern geschicktes Verhandeln und Vermitteln erfordert. In Bielefeld verzeichnete man in den letzten Jahren eine stetig steigende Nachfrage nach Weiterbildungsmaßnahmen zum Thema Konfliktmanagement, was sich im Anstieg der für solche Maßnahmen aufgewendeten Kosten widerspiegelt. Das Konzept der Stadt Bielefeld geht grundsätzlich davon aus, dass Konflikte am Arbeitsplatz nicht vermeidbar sind, aber offen und konstruktiv gehandhabt werden sollten, um für regen Austausch der Beteiligten, neue Ideen und Weiterentwicklung zu sorgen. Vielfältig, wie ihre Ursachen, zeigen sich nämlich auch die negativen Auswirkungen ungelöster Konflikte. Diese reichen von Befindlichkeitsstörungen, Krankheit und Leistungseinbußen bis hin zu mangelhafter Zusammenarbeit ganzer Teams und daraus resultierenden Fehlern und Arbeitsrückständen. Im Bielefelder Konzept wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Nutzen von Konfliktmanagement auch unter dem Kostenaspekt zu sehen ist, da unbearbeitete Konflikte und deren Auswirkungen teuer sind. Gleichzeitig weist der Entwurf auf die Schwierigkeit hin, dass es in unserer Kultur immer noch als Schwäche gilt, sich zur Konfliktbewältigung Hilfe z.B. von Vermittlern oder neutralen Dritten zu holen, die zögerliche aber stete Zunahme solchen Verhaltens jedoch auf ein Anwachsen des Leidensdrucks bei Beteiligten schließen lässt. Motivation zur Einführung eines Konfliktmanagementsystems bei der Stadt Bielefeld ist die zwingend notwendige Koordinierung der bisher schon umfangreichen Maßnahmen zum Konfliktmanagement. Bisher sind Personalamt, betriebliche Sozialberatung und der Personalrat Anlaufstellen in Konfliktsituationen. Dies führte seither dazu, dass manchmal von mehreren Anwendbarkeit des IKMS in der öV 48 Seiten an der selben Sache gearbeitet wurde, indem z. B. eine Führungskraft von der Personalentwicklung ein Coaching erhielt, während die Mitarbeiter der Abteilung zur selben Zeit Gespräche mit der betrieblichen Sozialberatung führten. Im Vordergrund des Konzepts steht deshalb die Koordinierung sämtlicher Maßnahmen des Konfliktmanagements. Bisher werden für Einzelfälle oder Organisationseinheiten bereits angeboten: Mediation, Einzel- oder Gruppencoaching, Teamentwicklung mit dem Schwerpunkt Konfliktmanagement und Supervision. 7.3.2 Ziele des Konzepts • Information und Aufklärung Das Konzept hat das Ziel, über Konflikte und Konfliktmanagement umfassend zu informieren und aufzuklären, um damit eine Veränderung zu einer konstruktiven Konfliktkultur zu erreichen. Es soll als Stärke gesehen werden, sich in einem Konfliktfall Hilfe von neutralen Dritten zu holen. Die Beschäftigen sollen Konflikte nicht ausschließlich negativ sehen, sondern darin auch die Chance erkennen, Situationen positiv verändern zu können. • Koordination und Transparenz der Angebote Bei der Stadt Bielefeld gab es seither schon ein recht umfangreiches Angebot an verschiedenen Interventionen in Konfliktfällen. Jedoch erfolgte die Vermittlung eher zufällig und nicht koordiniert. Ebenfalls konnte nicht davon ausgegangen werden, dass alle Mitarbeiter über das Angebot gleich gut informiert sind. Mit Einführung dieses neuen Konzepts, sollen die Angebote transparent sein und strukturiert ablaufen. • Prävention Ziel der Prävention ist nicht die vollständige Vermeidung von Konflikten, sondern ein verantwortungsbewusster und konstruktiver Umgang mit Konflikten. Durch die Entwicklung einer konstruktiven Konfliktkultur sollen Reibungsverluste und Schäden auch finanzieller Art reduziert werden. Anwendbarkeit des IKMS in der öV 49 Ziel eines funktionierenden Konfliktmanagements ist das Erreichen von “Win-Win“ Lösungen. • Wirtschaftlichkeit Durch die Einführung des Konzepts sollen die Kosten nicht steigen, sondern durch den verstärkten Einsatz interner Fachleute (Konfliktmanager) eher gesenkt werden, da der Rückgriff auf internes Potenzial kostengünstiger ist als der Einsatz von externen Fachleuten. Es werden zwar weiterhin noch externe Fachleute benötigt, durch den Einsatz interner Fachleute jedoch weniger häufig. Damit können bei gleichem finanziellem Aufwand deutlich mehr Maßnahmen finanziert werden. 7.3.3 Darstellung des Konzepts Zentrale Anlaufstelle Im Mittelpunkt des geplanten Konfliktmanagementsystems der Stadt Bielefeld steht für alle Beschäftigten der Stadtverwaltung eine zentrale Anlaufstelle, von der Stadt Bielefeld im Konzept kurz ZAK3 genannt. Bei dieser Anlaufstelle, die an die betriebliche Sozialberatung angegliedert werden soll, finden alle Rat und Hilfe Suchenden einen ersten Ansprechpartner. Alle Maßnahmen zum Konfliktmanagement werden hier angebunden und koordiniert. Da dieser erste Ansprechpartner über entsprechendes fachliches Wissen zum Thema Konfliktmanagement verfügen muss, ist die betriebliche Sozialberatung gewählt worden. Diese führte auch bisher schon Beratungsgespräche in Konfliktsituationen. Zunächst war auch das Personalamt als Anlaufstelle in Erwägung gezogen worden, da dort Maßnahmen wie Coaching, Teamentwicklungen oder Mediation koordiniert werden. Aufgrund der Befürchtung, dass dies eine zu große Hürde für viele Mitarbeiter darstellen könne, wurde davon abgesehen. In Zukunft soll eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Personalamt und ZAK3 für eine optimale Koordinierung der Angebote sorgen. Die Erfahrungen im Zusammenhang mit der Planung und Durchführung von Maßnahmen, vor allem in Bezug auf die Anwendbarkeit des IKMS in der öV 50 Auswahl externer Trainer, die beim Personalamt vorhanden sind, sollen auch weiterhin genutzt werden. Ebenfalls soll der Personalrat an ZAK3 angebunden sein, da auch er ein Ansprechpartner für Beschäftige in Konfliktfällen ist. Das Verfahren: • Kontaktaufnahme mit ZAK3 Jeder Beschäftigte und jede Führungskraft, die einen Konflikt wahrnimmt, kann sich an ZAK3 wenden. Im Verständnis von Konfliktmanagement ist es elementar, dass eine Person, die für sich einen Konflikt erkennt, ernst genommen wird. • Auftragsklärung und Analyse Im Rahmen des Erstgesprächs findet eine erste Analyse des Konflikts statt, um gemeinsam mit den Konfliktbeteiligten die richtige Entscheidung bezüglich der weiteren Vorgehensweise treffen zu können. Lässt sich der Konflikt nicht durch eine Beratung klären und ZAK3 stellt den Einsatz eines neutralen Dritten als erforderlich fest, so kann ZAK3 auf entsprechende interne oder externe Fachleute zugreifen. • Vermittlung der Konfliktmanager ZAK3 wählt eine für den vorliegenden Fall geeignete Person als Konfliktmanager aus. Grundlegende Voraussetzung dabei ist die Tatsache, dass der Konfliktmanager von allen Konfliktparteien akzeptiert werden muss, und die Allparteilichkeit gewahrt werden kann. • Kontaktaufnahme der Konfliktmanager mit den Konfliktparteien Der ausgewählte Konfliktmanager erhält von ZAK3 die notwendigen Informationen über den Fall und nimmt anschließend Kontakt mit den Konfliktparteien auf und steigt in den Prozess ein. Während des Prozesses informiert der Konfliktmanager in regelmäßigen Abständen ZAK3. Anwendbarkeit des IKMS in der öV • 51 Rückmeldungen an ZAK3 Nach Beendigung der Maßnahme informiert der Konfliktmanager ZAK3 umfassend über den Prozess. Auch von den Konfliktparteien erfolgt eine Rückmeldung an ZAK3, so dass bei ZAK3 die eventuell unterschiedlichen Sichtweisen über den Prozessablauf und die Einschätzungen über den Erfolg der Maßnahme zusammenlaufen. Dabei muss das Gebot der Verschwiegenheit berücksichtigt werden. Abbildung 5: IKMS-Konzept der Stadt Bielefeld (Originalgrafik aus dem Konzept der Stadt Bielefeld.6) 6 110.211 ist das Amt für Personal, Organisation und Zentrale Leistungen in Bielefeld Anwendbarkeit des IKMS in der öV 52 Interne Fachleute als Konfliktmanager Durch den Einsatz interner Fachleute als Konfliktmanager sollen Kosten eingespart werden. Jedoch stellt sich hierbei das Problem, dass unter Berücksichtigung der immer knapper werdenden Ressource Personal die stundenweise Bereitstellung eines Mitarbeiters im Rahmen von Maßnahmen zum Konfliktmanagement ein Problem für die jeweilige Organisationseinheit darstellen kann. Einerseits fehlt die Arbeitskraft dieser Person für die Dauer der Beschäftigung mit dem Konfliktfall tatsächlich, anderseits könnte bei anderen der Eindruck entstehen, dass diese Person in der Organisationseinheit dauerhaft entbehrlich ist. Dies ist jedoch eine falsche Sichtweise, wenn man den Nutzen für jede einzelne Organisationseinheit bzw. für die gesamte Stadtverwaltung im Ganzen gegenüberstellt. Dagegen soll durch entsprechendes Marketing das Modell und die Funktion der internen Konfliktmanager innerhalb der Stadtverwaltung publiziert werden. Auf diese Weise soll der Einsatz der Kollegen einen anderen Stellenwert erhalten. Auswahl interner Konfliktmanager Personen, die als interner Konfliktmanager eingesetzt werden möchten, müssen spezifische Voraussetzunge bieten: Sie sollten zum einen fachlich kompetent sein, also Fachwissen zum Thema Konfliktmanagement besitzen. Da die Möglichkeiten vielfältig sind, sich auf diesem Gebiet Fachwissen anzueignen, soll keine Spezifizierung erfolgen. Ebenfalls müssen die charakterlichen und persönlichen Eignungen der Personen berücksichtig werden. Die Personen müssen sich zur Verschwiegenheit verpflichten und die Bereitschaft zur Fort- und Weiterbildung besitzen. Ihre jeweilige Organisationseinheit muss ihrem Einsatz zustimmen. ZAK3 in Zusammenarbeit mit dem Personalamt entscheidet im Einzelfall, ob ein Interessent als geeignet erscheint. Es wird überlegt, die Auswahl mit Hilfe von Tests oder Verfahren, wie sie in Assessmentcentern üblich sind, vorzunehmen. Anwendbarkeit des IKMS in der öV 53 Wie viele Konfliktmanager ausgebildet werden sollen, ist momentan noch nicht absehbar. Dies richtet sich nach der Inanspruchnahme von ZAK3. (Vorerst soll der Bedarf noch durch externe Konfliktmanager gesichert werden) Externe Konfliktmanager In den Fällen, in denen ein interner Konfliktmanager nicht in Betracht kommt, soll auf externe Fachleute zurückgegriffen werden. Die Gründe, die gegen den Einsatz eines internen Konfliktmanagers sprechen, können sehr unterschiedlich sein. Denkbar ist die mangelnde zeitliche Verfügbarkeit, die mangelnde fachliche Kompetenz im konkreten Fall oder dass ein Fall bereits so weit fortgeschritten ist, dass der Einsatz einer externen Fachkraft dringend geboten erscheint, die durch den dauerhaften Einsatz im Handlungsfeld Konfliktmanagement einen reichhaltigen Erfahrungsschatz erworben hat. Auswahl externer Konfliktmanager Die Auswahl von externen Konfliktmanagern erfolgt in Zusammenarbeit mit dem Personalamt, da hier die meisten Erfahrungen vorliegen. Zudem sollen auch seither unbekannte Trainer versuchsweise eingesetzt und getestet werden, um auf diese Weise den Kreis der Kandidaten möglichst groß und vielseitig zu gestalten. Kosten der Konzeptumsetzung Die Betriebliche Sozialberatung, das Personalamt und der Personalrat sind auch seither schon mit Konfliktmanagementaufgaben beschäftigt. Das Konzept dient dazu, diese Aktivitäten zu bündeln und zu strukturieren. Eine neue Stelle ist daher nicht erforderlich. Die Umsetzung kann personalkostenneutral erfolgen. Die Entwicklung der Kosten für die internen Konfliktmanager lässt sich zu diesem Zeitpunkt kaum kalkulieren, da der Aus- und Fortbildungsbedarf sehr stark von den persönlichen Fähigkeiten und Vorkenntnissen der Kollegen abhängt. Anwendbarkeit des IKMS in der öV 54 Unverändert bleiben die Kosten für den Zugriff auf externe Konfliktmanager. (Diese Kosten wurden auch schon jetzt getragen.) Einführung Sobald der Verwaltungsvorstand über dieses Konzept entschieden hat, sollte es in eine Projektphase starten. Bis jetzt lassen sich keine Vorhersagen darüber machen, wie umfangreich das Angebot der Kontaktstelle genutzt werden wird. Insbesondere die Frage nach der personellen Ausstattung dieser Anlaufstelle kann daher nicht qualifiziert beantwortet werden. Aus diesem Grund soll das Konzept zunächst für die Dauer von 2 Jahren in einer Projektphase eingeführt und umgesetzt werden. Nach einem Jahr soll in Form eines Zwischenberichts die Wirksamkeit des Konzepts überprüft werden. Untersucht werden dafür u.a. die Quantität und Qualität der Anfragen, Funktionalität der zentralen Anlaufstelle, Einsatz der Konfliktmanager sowie die Kostenentwicklung. 7.3.4 Marketing und Ausblick Um das Thema Konfliktmanagement und sein Angebot überhaupt bekannt zu machen und vor allem, um die nötige Akzeptanz für dieses Thema zu schaffen, ist ein gutes Marketing notwendig. Die Stadt Bielefeld plant als Bekanntmachung die Publizierung des Konzepts in der verwaltungsinternen Zeitschrift. Zudem soll ein umfangreiches Informationsangebot im Intranet permanent zur Verfügung stehen und bei Bedarf aktualisiert werden. Zum Auftakt dieses Konzepts könnte ein Aktionstag werbewirksam geplant werden. Informationen an die Leitungen der Organisationseinheiten sollen im Rahmen der Amtsleiterkonferenz erfolgen. Anwendbarkeit des IKMS in der öV 55 Ausblick: In Zeiten knapper Ressourcen ist es wichtig Reibungsverluste durch unbearbeitete Konflikte zu vermeiden, die bei Beschäftigten Demotivation oder Erkrankung verursachen können. Zudem können Konflikte, wenn sie konstruktiv bearbeitet werden, Auslöser für neue Ideen und Prozesse sein, was für eine Stadtverwaltung von enormer Bedeutung ist, wenn sie ständig aktuell sein und sich auf den Bedarf der Bürger einrichten will. Mit der Vorstellung dieses Konzepts wird eine Auseinandersetzung mit dem Thema “Konfliktmanagement“ angeregt und damit ein erster wichtiger Schritt in Richtung konstruktiver Konfliktkultur ermöglicht. Die Stadt Bielefeld geht davon aus, dass sich durch die ständige Präsenz langfristig ein selbstverständlicherer Umgang mit dem Thema ergeben wird. Die Gesprächskultur kann offener und direkter, die Konfliktkultur konstruktiver werden. Die positiven Effekte unterschiedlicher Meinungen und Einstellungen können gezielt genutzt werden, die Leistungsfähigkeit der Stadtverwaltung zu steigern. 8 Resümee Während die Städte Kerpen und Solingen bereits über mehrjährige Erfahrungen mit ihrem IKMS verfügen, gibt es in Bielefeld bisher nur einen Konzept-Entwurf, was die Vergleichbarkeit einschränkt. Die IKMS von Kerpen und Solingen weisen große Ähnlichkeiten auf, weil sich beide Kommunen in zeitlichem Abstand für das QUAK-Projekt entschieden und bei Planung und Einführung von QUAK-Mitarbeitern betreut wurden, wobei Solingen bereits auf Erfahrungsberichte aus Kerpen zurückgreifen konnte. Anwendbarkeit des IKMS in der öV 56 Beiden Städten bot sich mit dem QUAK-Projekt die Möglichkeit, ein durchdachtes Modell mit Beratung und Begleitung von Fachleuten auf die spezifischen Bedingungen ihrer jeweiligen Verwaltung zuzuschneiden. Neben durchaus unterschiedlichen Angeboten und Maßnahmen beider Kommunen ist das wichtigste Instrument ihrer IKMS der Einsatz interner Konfliktlotsen, mit denen Mitarbeitern eine gute Möglichkeit geboten wird, von Personen ihrer Wahl in Konfliktfällen schnell und einfach Beratung, Hilfe und Vermittlung zu erhalten. Durch KOLOS aus allen Arbeitsbereichen und Hierarchieebenen wird Mitarbeitern der Zugang erleichtert. Bedingungen, Aufgaben, Rechte und Pflichten sind für Konfliktlotsen und Mitarbeiter durch Dienstvereinbarung und Leitlinien geregelt, die in ihren Präambeln auch die Grundeinstellung zu einer neuen Konfliktkultur beschreiben. Sowohl Solingen als auch Kerpen bewerten die Erfahrungen mit ihrem IKMS als positiv und beobachten Erfolge auch bei schwierigen und langwierigen Einsätzen, die auch Konfliktlotsen in ihrer Tätigkeit bestätigt. Beide Kommunen beobachten Konflikte ähnlicher Art, neben Kommunikationsschwierigkeiten und problematischen Umgangsformen Einzelner häufig auch Führungsdefizite Vorgesetzter, deren Führungsaufgaben man jedoch nicht auf das Konfliktmanagement abgewälzt sehen möchte, durchaus jedoch Rat und Unterstützung anbietet. Trotz umfangreicher Aktionen zur Bekanntmachung des IKMS gibt es in beiden Städten immer noch Akzeptanzprobleme bei Mitarbeitern, die weiterhin intensive Maßnahmen interner Öffentlichkeitsarbeit erfordern. Obwohl strukturell bei beim Personalamt bzw. bei der Gleichstellungsbeauftragten verankert, gibt es bei beiden Kommunen keine evaluierende oder steuernde Begleitung mehr, die Erfolg und Effizienz sowohl einzelner Maßnahmen, als auch des gesamten Systems kontrolliert. Anders als Solingen und Kerpen sieht Bielefeld in seinem Konzept-Entwurf als wichtigstes Element seines IKMS die Einrichtung einer zentralen Anlaufstelle vor (die bei der betrieblichen Sozialberatung angesiedelt werden soll), zu deren Aufgaben, außer der Beratung und Vermittlung auch die Anwendbarkeit des IKMS in der öV 57 kontinuierliche Evaluierung einzelner Maßnahmen und des Systems gehören soll. Ausgehend von der seitherigen Situation, in der eine ständig steigende Nachfrage nach dem bereits vielfältigen Angebot an KonfliktmanagementMaßnahmen verzeichnet wird, ist eine Koordination sämtlicher Angebote erforderlich, die durch die zentrale Anlaufstelle in enger Zusammenarbeit mit Personalrat und Personalamt erfolgen soll. Bielefelds umfassendes Konzept thematisiert sowohl die vielfältigen Ursachen für Konflikte in öffentlichen Verwaltungen als auch die Notwendigkeit, in Zeiten knapper Kassen Reibungsverluste durch unbearbeitete Konflikte zu minimieren und organisatorischen Wandel besser zu bewältigen. Im Bewusstsein der Schwierigkeiten, bei Mitarbeitern Akzeptanz für neue Konfliktbearbeitungsmethoden zu schaffen, werden intensive MarketingMaßnahmen eingeplant. Durch Rückgriff auf Mitarbeiter, die zu Konfliktmanagern qualifiziert werden sollen, plant Bielefeld die möglichst kostenneutrale Umsetzung seines IKMS, weil damit der Einsatz teurer externer Fachleute verringert werden kann, die auch jetzt schon zum Einsatz kommen. Für die Zustimmung einzelner Ressorts zur Freistellung von Mitarbeitern könnte noch Überzeugungsarbeit nötig sein. Insgesamt vermittelt der Bielefelder Entwurf den Eindruck eines durchdachten Konzepts, bei dessen Umsetzung nach zweijähriger Projektphase eine qualitative und quantitative Überprüfung erfolgen soll. Bisher ist unklar, ob bzw. wann der Verwaltungsvorstand über das Konzept entscheidet und eine Umsetzung genehmigt. Anwendbarkeit des IKMS in der öV 58 9 Auseinandersetzung mit den Hypothesen 1. Hypothese Die im Rahmen dieser Diplomarbeit aufgestellte Hypothese, dass auch in der öffentlichen Verwaltung Bedarf und Notwendigkeit für Konfliktmanagement besteht, hat sich durch die durchgeführten Befragungen dreier Städte bestätigt. Auch in Kommunen gibt es vielfältige Konflikte mit negativen Auswirkungen. Sowohl individuelle Konflikte aufgrund von Kommunikationsproblemen und problematischen Umgangsformen werden genannt, als auch Konflikte, die durch zunehmenden Kostendruck, Personaleinsparungen und veränderte Organisationsstrukturen entstehen. Teams oder ganze Abteilungen kommen nicht miteinander zurecht, Führungskräfte wissen nicht weiter, bemühen sich vergeblich, oder greifen zu Lösungen auf der Macht-Ebene, wie z. B. Versetzungen, die als unbefriedigend erlebt werden und die Konfliktursachen unbearbeitet lassen. Anstrengende, konflikthafte Arbeitsbereiche mit schlechter Bezahlung mehren Unzufriedenheit und interne Konflikte und kleine Missverständnisse können zu handfeste Konflikten werden, die latent schwelen oder eskalieren. Als Folgen zeigen sich schlechtes Arbeitsklima, mangelhafte Zusammenarbeit, Leistungseinbußen, häufige Fehlzeiten und Krankheit. Sollen durch die negativen Auswirkungen ungelöster Konflikte nicht Produktivität und Effizienz der Arbeit eingeschränkt werden, müssen adäquate Formen und Methoden gefunden werde, Konflikte konstruktiv zu nutzen und zu bearbeiten, wie sie das Konfliktmanagement anbietet. Alle befragten Städte erkannten für sich die Notwendigkeit, eine neue Streitkultur zu entwickeln, in der sich Konflikte nicht zu Krisen ausweiten und Konfliktbeteiligten Strategien aufgezeigt werden, sowie Hilfen und Ansprechpartner angeboten werden, die sie bei der eigenen Konfliktbearbeitung unterstützen oder an kompetente Fachleute vermitteln. Auch Kommunen, die sich wachsenden Anforderungen gegenübersehen, können davon profitieren, dass Konfliktmanagement dazu beitragen kann, Anwendbarkeit des IKMS in der öV 59 die Arbeitsatmosphäre zu verbessern, die soziale Kompetenz der Mitarbeiter zu stärken, Veränderungsprozesse reibungsloser und kreativer zu gestalten und die Effizienz der Arbeit zu steigern. 2. Hypothese Die Hypothese, dass Konfliktlotsen das wichtigste Instrument integrierter Konfliktmanagementsysteme in öffentlichen Verwaltungen sind, hat sich teilweise bestätigt. Zwei der drei untersuchten Städte haben sich nach eingehender Beratung für das QUAK- Modellprojekt und damit für die Ausbildung interner Konfliktlotsen entschieden. Auch Bielefeld plant in seinem Konzept-Entwurf den Einsatz interner Konfliktmanager, sie sind jedoch nur ein Instrument unter anderen, erster Ansprechpartner im Konfliktfall ist eine zentrale Anlaufstelle. Das Konfliktlotsen-Modell ist, wie die Befragungen von Kerpen und Solingen zeigen, in Kommunen gut umsetzbar und ermöglicht Mitarbeitern leichten und direkten Zugang zu Beratung und Hilfe im Konfliktfall. Durch die Zusammensetzung des Konfliktlotsen-Pool aus Männern und Frauen aus verschiedenen Hierarchieebenen und Arbeitsbereichen, wird allen Rat Suchenden die Möglichkeit geboten, sich an einen Ansprechpartner ihrer Wahl zu wenden. Konfliktlotsen können darüber hinaus durch ihre Vorbildwirkung einen veränderten Umgang mit Konflikten anregen oder zur Prävention beitragen. Aufgaben, Rechte, Pflichten und die Rahmenbedingungen der Arbeit von Konfliktlotsen lassen sich mit Dienstvereinbarungen, wie in Kerpen, und Leitlinien, wie in Solingen, in öffentlichen Verwaltungen vertraglich regeln und sorgen für Verhaltenssicherheit, sowohl der Konfliktlotsen als auch Rat suchender Mitarbeiter. Die Entscheidung zum Einsatz von Konfliktlotsen in öffentlichen Verwaltungen wird sicher auch von Kostenüberlegungen beeinflusst. Arbeitsplatzkonflikte erfordern häufig, wenn sie auf niedriger Eskalationsstufe bearbeitet werden können, nur die Möglichkeit zu Aussprache, Beratung oder einfacher Vermittlung nach den Regeln der Mediation, wie sie Konfliktlotsen in Anwendbarkeit des IKMS in der öV 60 ihrer Ausbildung lernen. Der Einsatz interner Mitarbeiter für diese Aufgabe ist deshalb sicher kostengünstiger als die Inanspruchnahme externer Fachleute und erlaubt mehr Einsätze und Beratungen, während das Hinzuziehen teurer externer Kräfte auf besonders schwierige Konflikte beschränkt bleiben kann. 3. Hypothese Auch die Hypothese, dass gutes Marketing für die Akzeptanz von integrierten Konfliktmanagementsystemen unbedingt erforderlich ist, hat sich durch die Befragungen von Kerpen und Solingen bestätigt. Bielefeld konnte noch keine Erfahrungen dazu sammeln, betont jedoch bereits in seinem Konzept die Notwendigkeit effizienten Marketings. Nach übereinstimmenden Erfahrungsberichten aus Kerpen und Solingen ist es für Mitarbeiter zunächst ungewohnt und befremdlich, sich wegen Arbeitsplatzproblemen an Konfliktlotsen zu wenden und es erfordert intensive Formen der Aufklärung und Motivation, einen veränderten Umgang mit Konflikten anzustoßen. Wie die Beispiele Kerpen und Solingen zeigen, sollten möglichst von Beginn der Planungen an Mitarbeiter in Form einer Projektbegleitgruppe in die Überlegungen einbezogen sein, die dann als Multiplikatoren Sinn und Nutzen des Projekts weiteren Kreisen von Mitarbeitern vorstellen und erklären und aus diesem Dialog auch Anregungen in die Projektgruppe tragen. Die Erfahrungen in Kerpen und Solingen zeigen, dass ihre integrierten Konfliktmanagementsysteme und deren Instrumente zwar nahezu allen Mitarbeitern auf unterschiedlichen Wegen bekannt gemacht wurden, aber bei Teilen der Belegschaft immer noch auf Ablehnung stoßen, belächelt und abschätzig beurteilt werden. Ein veränderter Umgang mit Konflikten ist nicht leicht zu erreichen, Konflikte werden häufig verdrängt, bagatellisiert, Hilfe und Beratung zurückgewiesen. Auch auf Führungsebenen wird das Vorhandensein von Konflikten gern negiert und damit wie z.B. in Solingen die Ausbildung weiterer Konfliktlotsen verhindert. Für die neue Konfliktkultur, wie sie in der Dienstvereinbarung und den Leitlinien von Kerpen und Anwendbarkeit des IKMS in der öV 61 Solingen intendiert wird, muss in intensiver interner Öffentlichkeitsarbeit stets erneut geworben werden und das Thema muss in vielfältiger Weise Gegenstand der Auseinandersetzung sein. Insgesamt bedarf es also intensiver Anstrengungen, bis in öffentlichen Verwaltungen ein neuer Umgang mit Konflikten Einzug hält und die Erkenntnis wächst, dass Ärger und schlechtes Betriebsklima am Arbeitsplatz nicht einfach hingenommen werden müssen, sondern mit Hilfe von Instrumenten des Konfliktmanagementsystems so geregelt werden können, dass ein besserer Umgang miteinander und effizienteres Arbeiten möglich ist. Anwendbarkeit des IKMS in der öV 62 10 Checkliste für Kommunen Was eine Kommune zur Einführung eines IKMS beachten sollte Sollte in einer Kommune durch häufiger auftretende Konflikte oder auf Initiative Einzelner der Entschluss entstehen, den seitherigen Umgang mit Konflikten zu überdenken und diese künftig systematisch zu bearbeiten, sollten nachstehende Überlegungen in die Planungen und Entscheidungen mit einbezogen werden. 1. Planungsphase Vor Eintritt in die eigentliche Planungsphase sollte zunächst die Genehmigung des Bürgermeisters, als Leiter der Verwaltung, eingeholt werden. Nach der grundsätzlichen Entscheidung, einen neuen, konstruktiven Umgang mit Konflikten anzustreben, ist es sinnvoll, eine Projektgruppe zu bilden, die sich mit der Planung und Einführung eines solchen Systems beschäftigt. a) Bildung einer Projektgruppe In dieser Projektgruppe sollten Vertreter aus den unterschiedlichen Bereichen der Kommune vertreten sein: Personalamtsleiter, Personalrat, Gleichstellungsbeauftragte, Beschäftigte aus betrieblicher Sozialberatung, Gesundheitsförderung u.a. Zudem sollten Vertreter aus verschiedenen Ämtern und Bereichen der Projektgruppe angehören, da diese eine wichtige Multiplikatorenrolle haben und für einen Meinungs- und Informationsaustausch zwischen den Mitarbeitern und der Projektgruppe und damit für Identifikation mit dem Projekt sorgen. Durch ein transparentes Verfahren und regelmäßiges Feedback soll und kann Akzeptanz erzielt werden. Anwendbarkeit des IKMS in der öV b) 63 Entwicklung des IKMS Untersuchung vorhandener Konflikte (Konfliktanalyse) Um geeignete Verfahren für die Lösung unternehmensspezifischer Konfliktfelder bestimmen zu können, muss zunächst ein Überblick über die Konflikte gewonnen werden, mit denen die Kommune konfrontiert wird. Welche Arten von Konflikten gibt es? Was sind mögliche Ursachen? Wie wurden Konflikte bisher behandelt und welche Instrumente stehen dafür bereits zur Verfügung? Auf der Grundlage der daraus gewonnenen Erkenntnisse kann dann eine Strategie entwickelt werden, welche weiteren Instrumente und Methoden geschaffen und systematisch in die Unternehmensorganisation einbezogen werden sollen. Festlegung geeigneter Konfliktlösungsmethoden Im Rahmen eines Benchmarks kann z.B. untersucht werden, welche Konfliktmanagementsysteme andere Kommunen anbieten. Gibt es dabei Modelle, die den Anforderungen der eigenen Kommune entsprechen und welche Instrumente kommen dabei zur Anwendung? Zur Auswahl und Festlegung geeigneter Modelle und Instrumente empfiehlt es sich, externe Beratung in Anspruch zu nehmen, um das neu zu entwickelnde Konzept genau für die eigenen Verhältnisse maßzuschneidern. Dabei gilt es stets zu beachten, dass der Zugang zum IKMS für alle Konfliktparteien so einfach wie möglich gewährleistet sein muss. Der Einsatz von Konfliktlotsen oder die Einrichtung einer zentralen Anlaufstelle bieten sich dazu an. Organisatorische Regelungen Zu klären ist, bei welcher Organisationseinheit das Konfliktmanagement angesiedelt werden soll, wie ggf. interne Mitarbeiter als Konfliktmanager ausgesucht werden und wer für die Koordination des gesamten Systems verantwortlich ist. Anwendbarkeit des IKMS in der öV 64 Finanzierung Zu klären ist, wer die Maßnahmen des Konfliktmanagements finanziert und welche Beiträge zur Verfügung stehen. Des Weiteren ist zu überlegen, wem welche Angebote zur Verfügung stehen und welche Kosten von der Kommune getragen werden oder ob auch Eigenbeiträge zu leisten sind. Sinnvoll ist die Schaffung eines eigenen Budgets sowie einer eigenen Kostenstelle für das Konfliktmanagement, da durch die Eigenständigkeit konflikthafte Diskussionen mit anderen Budgetinhabern vermieden werden können. c) Erstellung einer Dienstvereinbarung unter Beteiligung der Personalvertretung Entscheidend für den Erfolg und die tatsächliche Umsetzung des Konfliktmanagements ist es, die ausgewählten Instrumente und Methoden in verwaltungsinterne Regeln zur Konfliktbehandlung und zu Prozessabläufen umzusetzen. Die Rechte und Pflichten, die durch die Einführung eines integrierten Konfliktmanagements geschaffen werden, müssen klar und deutlich formuliert werden. Dazu kann in Zusammenarbeit mit dem Personalrat eine Dienstvereinbarung ausgearbeitet werden. In dieser sollte auch der Grundeinstellung der Kommune zur konstruktiven Konfliktkultur deutlich Ausdruck verliehen werden. Mit der Unterzeichnung der Dienstvereinbarung durch den Bürgermeister und den Personalrat ist diese genehmigt und in der Kommune anzuwenden. 2. Implementierungsprozess Die Umsetzung des Systems erfolgt durch die Information aller Mitarbeiter, wer für sie Ansprechpartner ist, welche Instrumente zur Verfügung stehen und wie sie in Anspruch genommen werden können. Dazu gehört ggf. die Auswahl interner Konfliktmanager, deren Ausbildung und Qualifizierung Anwendbarkeit des IKMS in der öV 65 und die Bereitstellung sämtlicher weiterer Angebote zum Konfliktmanagement. Erforderlich ist eine laufende Begleitung und Koordination des Systems. a) Information der Mitarbeiter Alle Mitarbeiter müssen über das Konfliktmanagementsystem ihrer Kommune informiert werden. Jeder sollte wissen, wohin er sich im Konfliktfall wenden kann und welche Möglichkeiten ihm zur Verfügung stehen. Darüber hinaus sind Bemühungen notwendig, um unternehmensinterne Akzeptanz für das System herzustellen bzw. sie zu erhöhen. b) Ausbildung und Qualifizierung Sollen Mitarbeiter als interne Konfliktmanager zum Einsatz kommen, ist eine angemessene unternehmensspezifische Ausbildung notwendig. Dazu bietet sich die Durchführung von Inhouse-Seminaren und Workshops an, die notwendige und umsetzbare Kenntnisse und Fertigkeiten vermitteln müssen. 3. Ergebnis und Erfolgskontrolle Das System sollte einer ständigen Ergebnis- und Erfolgskontrolle unterzogen werden, um festzustellen, ob es genutzt wird und funktioniert und die Konfliktparteien mit den Verfahrensweisen und den erzielten Lösungen zufrieden sind. Die Kommune sollte zu Beginn Kriterien aufstellen, anhand derer sie in festgelegten Zeitabständen die Effizienz des Systems überprüfen und ggf. nötige Korrekturen oder Anpassungen vornehmen kann. Anwendbarkeit des IKMS in der öV 66 11 Fazit Bereits bei der Auswahl der untersuchten Kommunen zeigte sich, dass es bisher nur wenige öffentliche Verwaltungen gibt, die IKMS implementiert haben und über eigene Erfahrungen verfügen. Im Rahmen dieser Diplomarbeit wurde zusätzlich zur Befragung zweier Städte auch ein Konzept-Entwurf vorgestellt. Dabei konnte festgestellt werden, dass IKMS auch in öffentlichen Verwaltungen anwendbar sind. Kerpen und Solingen haben mit der Übernahme des QUAK- Konfliktlotsenprogramms ein durchdachtes Modell zum Konfliktmanagement unter fachkundiger Begleitung auf ihre Bedingungen zugeschnitten und implementiert. Bielefeld sieht nach eingehender Analyse seiner Ausgangslage in seinem Konzept die Einrichtung einer zentralen Anlaufstelle vor und erfüllt damit ebenfalls die wichtigste Anforderung an ein IKMS, in Konfliktfällen den Beteiligten schnell und unbürokratisch Beratung, Hilfe oder Weitervermittlung an kompetente Fachleute anzubieten. Die Angebote an Maßnahmen und Instrumenten zur Konfliktbearbeitung sind in allen Kommunen ihren spezifischen Bedingungen entsprechend unterschiedlich. Innerbetriebliche Konfliktmanager oder Konfliktlotsen können durch ihre Aus- und Weiterbildung in besonderer Weise als Vorbilder und Multiplikatoren ständige Impulse für Prävention und neue Formen des Umgangs mit Konflikten in öffentlichen Verwaltungen geben. Bei der Bearbeitung kleinerer Konflikte ist ihr Einsatz zudem aus Kostengründen dem externer Fachleute vorzuziehen. Während Solingen lediglich Leitlinien formuliert, trifft Kerpen klare vertragliche Regelungen. In einer Dienstvereinbarung zwischen Bürgermeister und Personalrat wird sowohl die Grundeinstellung der Kommune zur Konfliktkultur definiert, als auch die Aufgaben, Rechte und Pflichten der Konfliktlotsen und Mitarbeiter geregelt. Anwendbarkeit des IKMS in der öV 67 Das von Bielefeld vorgelegte Konzept scheint gut durchdacht und reflektiert sowohl die Ausgangslage, als auch die möglichen Probleme einer Umsetzung und die notwendige Evaluierung, erfordert aber noch Konkretisierung. Die Erfahrungen mit dem IKMS in Kerpen und in Solingen werden eindeutig positiv beschrieben, allerdings gibt es seit Beendigung der Projektphase keine steuernde und evaluierende Begleitung mehr, die andere als subjektive Beurteilungen über Nutzen, Erfolg und Effizienz der Systeme zuließe und notwendige Anpassungen oder Korrekturen ermöglichen würde. Obwohl die Sorge vor allem kleinerer Kommunen um die Wahrung der Anonymität verständlich ist, sollte die weitere Entwicklung von IKMS nicht allein Zufällen und der Initiative einzelner überlassen sein, sondern evaluierend begleitet werden. Auf dem Weg zu einer neuen Konfliktkultur sind hohe Hürden zu überwinden. Zu ungewohnt ist es noch für viele Mitarbeiter, sich im Konfliktfall um Rat und Hilfe zu bemühen oder die Vermittlung Dritter in Anspruch zu nehmen. Besonders wichtig sind deshalb alle Bemühungen, schon von Beginn der Planungen für ein IKMS an, durch gezielte Information und Kommunikation Akzeptanz bei den Mitarbeitern herzustellen, durch Feedback für Identifikation mit dem neuen System zu sorgen, Hemmschwellen abzubauen und die Chancen und Möglichkeiten konstruktiver Konfliktlösungen aufzuzeigen. Sicher ist dafür auch auf den Führungsebenen in öffentlichen Verwaltungen, wo Konflikte, wenn überhaupt, traditionell auf der Macht-Ebene “gelöst“ wurden, noch einiges an Überzeugungsarbeit zu leisten, um das kreative Potenzial konstruktiver Konfliktlösungen für die effiziente Gestaltung von Veränderungsprozessen aufzuzeigen. Führungskräfte können allerdings auch weiterhin ihre Führungsaufgaben nicht abwälzen, sondern durch die Instrumente des Konfliktmanagement nur unterstützt und beraten werden. Anwendbarkeit des IKMS in der öV 68 Obwohl es auch für öffentliche Verwaltungen bei zunehmendem KostenLeistungs- und Arbeitsdruck sinnvoll und notwendig erscheint, den destruktiven Folgen schwelender oder eskalierender Konflikte mit wirkungsvollen Mitteln zu begegnen, scheint es vor allem vom Zufall und der Initiative einzelner abzuhängen, ob Konfliktmanagementsysteme ins Blickfeld von Kommunen geraten. Bei der großen Zahl drängender und schwieriger Aufgaben, die auf Kommunen zukommen, bleibt eine gewisse Skepsis, ob viele dem Thema Aufmerksamkeit schenken, ihren eigenen Umgang mit Konflikten einer Prüfung zu unterziehen und die Chancen wahrnehmen, die systematisches Konfliktmanagement bieten kann. Die in dieser Arbeit dargestellten integrierten Konfliktmanagementsysteme können für öffentliche Verwaltungen positive Beispiele sein, über eigene maßgeschneiderte Konzepte nachzudenken. Integrierte Konfliktmanagementsysteme, die die soziale und kommunikative Kompetenz der Mitarbeiter stärken, dabei helfen, Veränderungsprozesse kreativ zu steuern, Reibungsverluste zu minimieren und die Arbeitsatmosphäre und Effektivität der Arbeit zu verbessern, können in einer Kommune dazu beitragen, für die Anforderungen der Zukunft an eine moderne, effiziente Verwaltung gerüstet zu sein. Anwendbarkeit des IKMS in der öV IX Anlagen Anlage: 1 Dienstvereinbarung zur Stellung der Konfliktlotsen/innen in der Stadtverwaltung Kerpen Zwischen der Stadtverwaltung Kerpen, vertreten durch den Bürgermeister, und dem Personalrat, vertreten durch den Personalratsvorsitzenden, wird folgende Dienstvereinbarung geschlossen: (1) Präambel Dienststelle und Personalrat sind sich bewusst, dass nicht gelöste destruktive Konflikte das Betriebsklima nachteilig beeinflussen, den Arbeitsprozess stören, die Produktivität des Betriebs sowie die Qualität der Arbeitsergebnisse mindern. Sie haben negative persönliche und wirtschaftliche Auswirkungen für Verwaltung, Personal und auch darüber hinaus. Dienststelle und Personalrat gehen davon aus, dass betriebliche Konflikte nicht eskalieren müssen, sondern kollegiale Lösungswege offen stehen, um Umsetzungen, Versetzungen, Abmahnungen oder Kündigungen zu vermeiden. Dienststelle und Personalrat setzen sich daher gemeinsam dafür ein, dass eine möglichst frühzeitige Konfliktbearbeitung in der Verwaltung ermöglicht wird. Dienststelle und Personalrat sind der Überzeugung, dass eine konstruktive Konfliktbearbeitung zwischen einzelnen und zwischen Gruppen, auch unterschiedlicher Hierarchieebenen, möglich ist und diese wesentlich zum individuellen und wirtschaftlichen Wohlbefinden von Beschäftigten und Verwaltung beitragen wird. Sie sind weiterhin davon überzeugt, dass Methoden und Haltungen der konstruktiven Konfliktbearbeitung erkennbar sind. Daher werden sowohl Führungskräfte als auch Personalratsmitglieder und einzelne Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in Grundlagen des Konfliktmanagements als Konfliktlotsen/innen geschult. (2) Geltungsbereich Die Dienstvereinbarung gilt für die Stadtverwaltung Kerpen einschließlich ihrer Einrichtungen und das Abwasserwerk. Sie richtet sich an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadt Kerpen einschließlich der Auszubildenden. (3) Verhalten von Dienststelle und Beschäftigten im Betrieb Alle in der Verwaltung tätigen Personen sind verpflichtet, die Grundsätze von Recht und Billigkeit im Umgang untereinander einzuhalten und insbesondere jede unterschiedliche Behandlung von Personen wegen ihrer Abstammung, Religion, Nationalität, Herkunft, politischen oder gewerkschaftlichen Betätigung oder Einstellung, wegen ihres Geschlechts oder wegen Überschneidung bestimmter Altersstufen zu unterlassen. In der Stadt Kerpen wird die freie Entfaltung der Persönlichkeit der Einzelnen geschützt und gefördert. Anwendbarkeit des IKMS in der öV (4) X Konfliktlotsen/innen Zur Verwirklichung der o.g. Ziele wird in der Stadtverwaltung Kerpen ein Konfliktlotsenpool mit mehreren Konfliktlotsen/innen aus verschiedenen Organisationseinheiten eingesetzt. Es sollen mindestens 2 Konfliktlotsen/innen je angefangene 100 Mitarbeiter/innen in der Stadtverwaltung Kerpen bestellt werden. (4.1) Aufgaben der Konfliktlotsen/innen Konfliktlotsen/innen haben folgende Aufgaben: Verfahrenseinstieg: Dienststelle, Personalrat oder einzelne Beschäftigte können sich bei aktuellen Konflikten oder Problemsituationen an eine/n Konfliktlotsen/ Konfliktlotsin aus dem Konfliktlotsenpool wenden. Konfliktlotsen/innen werden nur auf ausdrücklichen Auftrag tätig. Konfliktdiagnose: Die Konfliktlotsen/innen führen nach der ersten Information über eine Konfliktsituation eine Konfliktdiagnose durch. Der Konfliktlotse/die Konfliktlotsin entscheidet ggf. nach ersten Klärungsgesprächen mit unmittelbar Beteiligten und Beobachtern/innen, welcher Konfliktbearbeitungsweg angemessen ist. Konfliktberatung und -begleitung: Die Konfliktlotsen/innen bieten, sofern dies im Rahmen der ihnen zur Verfügung stehenden Kompetenzen und Ressourcen möglich ist, einzelnen Konfliktbeteiligten und -betroffenen Beratung und Begleitung an. Hierzu gehört sowohl die gemeinsame Reflexion der Situation als auch das Einüben von Konfliktverhalten in Rollenspielen und Übungen. In dafür geeigneten Fällen bietet der Konfliktlotse/die Konfliktlotsin selbst eine innerbetriebliche Mediation an (s. auch 5.2). Weitervermittlung zu externen Beratern oder Mediatoren: Konfliktlotsen/innen können, sollte eine betriebsinterne Konfliktbearbeitung nach ihrer Einschätzung nicht adäquat sein, Beteiligte und Betroffene zu externen Beratungsstellen, Rechtsanwälten/innen oder Mediatoren/innen weitervermitteln. Die etwaige Kostenübernahme durch die Dienststelle für externe Beratung der Beschäftigten, z.B. bei Supervisoren/innen, Mediatoren/innen oder Rechtsanwälten/innen, wird von dem/ der Konfliktlotsen/in nach sorgfältiger Abwägung für den Einzelfall im Rahmen bereitgestellter HH-Mittel entschieden (HHSt: Gerichts-, Anwalts- und Sachverständigenkosten). Wegbereiter einer neuen Streit- und Konfliktkultur in der Dienststelle: Konfliktlotsen/innen bereiten durch ihr eigenes vorbildhaftes Verhalten im Konfliktfalle den Weg für einen konstruktiven Umgang mit Konflikten und Problemen in der Dienststelle. (4.2) Pflichten der Konfliktlotsen/innen Verschwiegenheit: Konfliktlotsen/innen sind über alle ihnen in ihrer Funktion bekannt gewordenen Informationen zum Schweigen verpflichtet. Allparteilichkeit/Neutralität: Konfliktlotsen/innen sind dazu verpflichtet, in Konflikten, in denen sie eine der oben aufgezählten Aufgaben übernehmen, Neutralität und Allparteilichkeit zu wahren, d.h., sich nicht auf die Seite einer Konfliktpartei zu stellen. Ergebnisoffenheit: Konfliktlotsen/innen übernehmen nur dann eine der oben genannten Aufgaben, wenn gewährleistet ist, dass in derselben Angelegenheit noch keine personelle oder sonstige Entscheidung getroffen worden ist. Dokumentation: Konfliktlotsen/innen verpflichten sich, die für den eigenen Gebrauch angefertigten Notizen unmittelbar nach Ende ihrer Aufgabe im einzelnen Fall vollständig zu vernichten. Anwendbarkeit des IKMS in der öV XI (4.3) Rechte der Konfliktlotsen/innen Benachteiligungsverbot: Ein/e Konfliktlotse/in darf aufgrund seines/ihres Tätigwerdens nicht benachteiligt oder begünstigt werden. Es gilt § 42 LPVG NW analog, z.B. Ehrenamt, keine Benachteiligungen, keine Minderung der Bezüge, Möglichkeit der Dienstbefreiung, Freistellung für Schulungs- und Bildungsveranstaltungen. Schweigerecht: Konfliktlotsen/innen sind berechtigt, gegenüber der Dienststelle oder Dritten über alle ihnen in ihrer Funktion bekannt gewordenen Informationen das Schweigen zu bewahren (Ziffer 4.2 - Verschwiegenheit bleibt unberührt). Vorschlagsrecht: Konfliktlotsen/innen haben ein Vorschlagsrecht Personalrat und Dienststelle und Gleichstellungsbeauftragter gegenüber, präventive Maßnahmen, z.B. das Angebot von gezielten Fortbildungs- oder Informationsveranstaltungen anzuregen. Sie können im Einzelfall Maßnahmen zur konkreten Konfliktbearbeitung anregen. Zutrittsrecht: Der/die betriebliche Konfliktlotse/in hat ein Zutrittsrecht zu allen Arbeitsplätzen und ist berechtigt, während der Arbeitszeit mit allen Beschäftigten, der Dienststelle, dem Personalrat und der Gleichstellungsbeauftragten Gespräche zu führen. Einrichtung von Sprechstunden: Sollte sich das Erfordernis ergeben, können Konfliktlotsen/innen Sprechstunden anbieten und andere Möglichkeiten zur Kontaktaufnahme schaffen (z.B. Hotline/Nummer gegen Kummer, Intranetberatung, Kummerkasten). (4.4) Stellung der Konfliktlotsen/innen Die in der Konfliktbearbeitung geschulten Bediensteten werden nach der Ausbildung zu betrieblichen Konfliktlotsen bestellt. Die Konfliktlotsen/innen sind mit bis zu 10 % ihrer Jahresarbeitszeit von ihrer sonstigen Arbeitszeit freigestellt. Sollte die Tätigkeit als Konfliktlotse/in negative Auswirkungen auf die sonstigen Aufgaben des/der Konfliktlotsen/in haben, wird die Dienststelle durch personelle Maßnahmen eine Entlastung von den sonstigen Aufgaben sicherstellen. (4.5) Materielle Ausstattung Der/die betriebliche Konfliktlotse/in kann sich der Ausstattung der Dienststelle bedienen (z.B. Dienstwagen, Schreibkraft, Räume zur Vorbereitung und Durchführung der Beratung, PC, Telefon, Literatur, Präsentationsmittel ...). (4.6) Qualifizierung/Fortbildung Voraussetzung für die Tätigkeit des/der betrieblichen Konfliktlotsen/in ist eine Ausbildung zum/zur betrieblichen Konfliktlotsen/in beim Institut für faires Konfliktmanagement und Mediation e.V. oder eine vergleichbare Ausbildung. Die Dienststelle ermöglicht den Konfliktlotsen/innen laufend die Teilnahme an Coachings/ Supervisionen und einer angemessenen Fortbildung. Die Kosten hierfür sind vom Arbeitgeber zu tragen. (4.7) Kostentragung Alle durch die Tätigkeit des/der betrieblichen Konfliktlotsen/in entstehenden Kosten trägt die Dienststelle. Anwendbarkeit des IKMS in der öV (5) XII Konfliktbearbeitungsverfahren (5.1) Betriebliche Konfliktlotsen/innen entscheiden nach erster Konfliktdiagnose über das weitere Vorgehen der Konfliktbearbeitung und können alle in der Ausbildung vermittelten Techniken und Verfahren anwenden. Wurden oder werden personelle Maßnahmen von Arbeitgeberseite angeordnet, kann der/die betriebliche Konfliktlotse/in die Beteiligten beraten. (5.2) Unabhängig von den unter 4.1 genannten Möglichkeiten der Konfliktbewältigung besteht für den/die Konfliktlotsen/in die Möglichkeit des Einsatzes der Mediation. Mediation ist ein außergerichtliches Konfliktbearbeitungsverfahren, in dem ein neutraler Dritter ohne Entscheidungsmacht mit den am Konflikt Beteiligten eine von diesen selbstverantwortete einvernehmliche Konfliktlösung erarbeitet. Die schriftlich als Vereinbarung fixierte Konfliktlösung ist für die Konfliktpartner/innen verbindlich. Dies gilt in der Regel auch für die Dienststelle; Ausnahmen sind schriftlich zu begründen. Der Rechtsweg kann für individuelle Konflikte von den Bediensteten nicht ausgeschlossen werden. (6) Rechte der Beschäftigten Jede/r Beschäftigte hat das Recht, sich während der Arbeitszeit unter Fortzahlung der Vergütung bei betrieblichen Konfliktlotsen/innen zu informieren, Fragen zu stellen und sich ggf. zu beschweren. Zeiten, die dazu aufgewendet werden, betriebliche Konflikte zu bearbeiten, gelten grundsätzlich als Arbeitszeit. (7) Rahmen für die Handhabung dieser Dienstvereinbarung (7.1) Meinungsverschiedenheiten/Mediationsklausel Vor einer Kündigung dieser Dienstvereinbarung haben die unterzeichnenden Parteien dieser Vereinbarung eine Einigung zu versuchen. Kommt diese nicht zustande, verpflichten sie sich, eine Mediation bei einem/einer externen Mediator/in in Anspruch zu nehmen. (7.2) Salvatorische Klausel (…) (7.3) Inkrafttreten, Kündigung, Nachwirkung (…) Anwendbarkeit des IKMS in der öV XIII Anlage: 2 Leitlinien Konfliktlotsen /-lotsinnen der Stadtverwaltung Solingen 1. Präambel Der Konzern Stadt Solingen ist sich bewusst, dass nicht gelöste destruktive Konflikte das Betriebsklima nachhaltig beeinflussen, den Arbeitsprozess stören und die Produktivität des Betriebs sowie die Qualität der Arbeitsergebnisse mindern. Sie haben negative persönliche und wirtschaftliche Auswirkungen für den Konzern, die Beschäftigten und nach außen. Betriebliche Konflikte müssen nicht eskalieren, wenn kollegiale Lösungswege offen stehen, um Umsetzungen, Versetzungen, Abmahnungen oder Kündigungen zu vermeiden. Eine konstruktive Konfliktbearbeitung zwischen einzelnen und zwischen Gruppen, auch unterschiedlicher Hierarchieebenen, ist möglich und wird wesentlich zur individuellen Zufriedenheit von Beschäftigten sowie zur effektiven Aufgabenerledigung beitragen. Methoden und Haltungen der konstruktiven Konfliktbearbeitung sind erlernbar. Daher sollen sowohl Führungskräfte als auch Personalratsmitglieder und einzelne Beschäftigte in Grundlagen des Konfliktmanagements als Konfliktlotsinnen und -lotsen geschult werden. Der Einsatz von Konfliktlotsinnen und -lotsen entbindet die Führungskräfte nicht von ihrer Verantwortung Konflikte wahrzunehmen und eine Lösung herbeizuführen. 2. Geltungsbereich Die Vereinbarung gilt für den Konzern Stadt Solingen. Sie richtet sich an alle Beschäftigte des Konzerns Stadt Solingen einschließlich der Auszubildenden sowie der Praktikantinnen und Praktikanten. 3. Konfliktlotsinnen und -lotsen (KOLOS) Zur Verwirklichung der oben genannten Ziele wird im Konzern Stadt Solingen ein Konfliktlotsenteam mit mehreren KOLOS aus verschiedenen Organisationseinheiten und Betrieben eingesetzt. 3.1 Grundsätzliches • • • Die KOLOS werden durch interne Ausschreibung gewonnen. Zur Begleitung des Projektes wurde eine Arbeitsgruppe eingerichtet, in der die Personalentwicklung, die Gleichstellungsstelle, der Personalrat sowie Beschäftigte aus Betrieben und Diensten vertreten sind. Letztlich wählt die projektbegleitende Gruppe diejenigen aus, die zu KOLOS geschult werden sollen. Bei der Auswahl der KOLOS wird ein ausgewogenes Verhältnis von Hierarchieebenen sowie weiblichen und männlichen Beschäftigten angestrebt. Anwendbarkeit des IKMS in der öV • • • • • • XIV Vor der endgültigen Bestellung von KOLOS sind deren Vorgesetzte über Aufgaben und Umfang der Tätigkeit zu informieren. Die endgültige Bestellung durch den Oberbürgermeister erfolgt nach Abschluss der Ausbildung und wird durch Veröffentlichung im Mitteilungsblatt bekanntgemacht. Die Gespräche zwischen KOLOS und den Konfliktparteien und -beteiligten unterliegen grundsätzlich der Schweigepflicht. Die KOLOS müssen sich dazu vor Aufnahme der Tätigkeit schriftlich verpflichten. Die Verpflichtung zur Wahrung des Datenschutzes wird im Mitteilungsblatt veröffentlicht. Zu Beginn einer Beratung wird nochmals auf diese Schweigepflicht hingewiesen. Die KOLOS entscheiden in eigener Verantwortung, ob sie die Beratung in einem Konflikt übernehmen. Die Tätigkeit der KOLOS ist freiwillig. Sie gehen weiterhin primär ihren originären Aufgaben im Konzern nach. Aus der Ausübung der Tätigkeit darf den KOLOS kein Nachteil entstehen. Die Führungskräfte sind weiterhin grundsätzlich für die Lösung von Konflikten verantwortlich. KOLOS haben die Aufgabe, alle Beteiligten bei der Lösung eines Konfliktes zu unterstützen und zu beraten. Einzelne Beteiligte können durch den Einsatz der KOLOS nicht von ihrer Verantwortung entbunden werden. Die KOLOS führen keine Gespräche anstelle der Vorgesetzten! 3.2 Aufgaben der KOLOS • Verfahrenseinstieg: einzelne Beschäftigte, Ressorts, Dienste oder der Personalrat können sich bei aktuellen Konflikten oder Problemsituationen an KOLOS wenden. KOLOS werden nur auf deren Auftrag tätig. • Konfliktdiagnose: Die KOLOS führen nach der ersten Information über eine Konfliktsituation eine Konfliktdiagnose durch. Die KOLOS entscheiden gegebenenfalls nach ersten Klärungsgesprächen mit unmittelbar Beteiligten und Beobachtenden, welcher Konfliktbearbeitungsweg angemessen ist. • Konfliktberatung und -begleitung: Die KOLOS bieten, sofern dies im Rahmen der ihnen zur Verfügung stehenden Kompetenzen und Ressourcen möglich ist, einzelnen Konfliktbeteiligten und -betroffenen Beratung und Begleitung oder ggf. eine innerbetriebliche Mediation an. • Weitervermittlung zu externen Beratungsstellen oder Mediatoren über die Personalentwicklung: KOLOS können, sollte eine betriebsinterne Konfliktbearbeitung nach ihrer Einschätzung nicht adäquat sein, Beteiligte und Betroffene zu externen Beratungsstellen, Rechtsanwälten oder Mediatoren/innen weitervermitteln. Die etwaige Kostenübernahme wird durch die zuständige personalführende Stelle geklärt. • Die KOLOS entscheiden nach erster Konfliktdiagnose über das weitere Vorgehen der Konfliktbearbeitung und können alle in der Ausbildung vermittelten Techniken und Verfahren anwenden. Wurden oder werden personelle Maßnahmen von Arbeitgeberseite angeordnet, können die KOLOS die Beteiligten beraten. • Unabhängig von den genannten Möglichkeiten der Konfliktbewältigung besteht für die KOLOS die Möglichkeit des Einsatzes der Mediation. Mediation Anwendbarkeit des IKMS in der öV XV ist ein außergerichtliches Konfliktbearbeitungsverfahren, in dem ein neutraler Dritter ohne Entscheidungsmacht mit den am Konflikt Beteiligten ein von diesen selbstverantwortete einvernehmliche Konfliktlösung erarbeitet. Die schriftlich als Vereinbarung fixierte Konfliktlösung ist für die Konfliktbeteiligten verbindlich. Dies gilt in der Regel auch für die Dienststelle; Ausnahmen sind schriftlich zu begründen. Der Rechtsweg kann für individuelle Konflikte von Bediensteten nicht ausgeschlossen werden. • KOLOS bereiten durch ihr eigenes Verhalten im Konfliktfalle den Weg für einen konstruktiven Umgang mit Konflikten und Problemen in Diensten und Betrieben. 3.3 Pflichten der KOLOS • Verschwiegenheit: KOLOS sind über alle ihnen in ihrer Funktion bekannt gewordenen Informationen zum Schweigen verpflichtet. • Allparteilichkeit/Neutralität: KOLOS sind dazu verpflichtet, in Konflikten, in denen sie eine der oben aufgezählten Aufgaben übernehmen, Neutralität und Allparteilichkeit zu wahren, d.h. sich nicht auf die Seite einer Konfliktpartei zu stellen. • Ergebnisoffenheit: KOLOS übernehmen nur dann eine der oben genannten Aufgaben, wenn gewährleistet ist, dass in derselben Angelegenheit noch keine personelle oder sonstige Entscheidung getroffen worden ist. • Dokumentation: KOLOS verpflichten sich, die für den eigenen Gebrauch angefertigten Notizen nach Ende ihrer Aufgabe im einzelnen Fall vollständig zu vernichten. 3.4 Rechte der KOLOS • Benachteiligungsverbot: KOLOS dürfen aufgrund ihres Tätigwerdens nicht benachteiligt oder begünstigt werden. Es gilt § 42 LPVG NW analog, d.h. keine Benachteiligungen, keine Minderung der Bezüge, Möglichkeit der Dienstbefreiung, Freistellung für Schulungs- und Bildungsveranstaltungen etc. • Schweigerecht: KOLOS sind berechtigt, gegenüber der Dienststelle oder Dritten über alle ihnen in ihrer Funktion bekannt gewordenen Informationen das Schweigen zu bewahren. • Vorschlagsrecht: KOLOS haben ein Vorschlagsrecht. Sie können gegenüber dem Personalrat und Dienststelle sowie der Gleichstellungsstelle, präventive Maßnahmen, wie gezielte Fortbildungs- und Informationsveranstaltungen, anregen. Im Einzelfall können sie Maßnahmen zur konkreten Konfliktbearbeitung vorschlagen. • Die KOLOS sind berechtigt, während der Arbeitszeit mit allen Beschäftigten, der Dienststelle, dem Personalrat und der Gleichstellungsstelle Gespräche zu führen. • Einrichtung von Sprechstunden: Sollte sich das Erfordernis ergeben, können KOLOS Sprechstunden anbieten und auf andere Beratungsmöglichkeiten Anwendbarkeit des IKMS in der öV XVI hinweisen (z.B. Hotline/ "Nummer gegen Kummer"/ Internetberatung / Kummerkasten). 3.5 Stellung der KOLOS Die in der Konfliktbearbeitung geschulten Bediensteten werden nach der Ausbildung zu betrieblichen Konfliktlotsen bestellt. Die Tätigkeit der KOLOS gilt als Arbeitszeit, die Beratung der Klientel findet während der Dienstzeit statt. • Vor Aufnahme des Beratungstermins während der Arbeitszeit melden sich die KOLOS im Rahmen der betriebsüblichen Gepflogenheiten ab und sind für die Beratungstätigkeit freigestellt. • Finden Beratungstermine ausnahmsweise außerhalb der Dienstzeit und/oder der Dienstgebäude statt, sind sie aus versicherungsrechtlichen Gründen der betreffenden Dienstleitung bekannt zu geben oder entsprechend zu dokumentieren. • Ergeben sich für die KOLOS aus der Tätigkeit Probleme mit Vorgesetzten, so steht die Personalentwicklung zwecks Klärung und Vermittlung zur Verfügung. • Entsteht bei anderen Beteiligten der Eindruck, dass es keine sinnvolle Zusammenarbeit mit einem KOLO gibt, sollte in einem gemeinsamen Gespräch nach einer konstruktiven Lösung oder fairen Beendigung gesucht werden. 3.6 Rechte der Beschäftigten Alle Beschäftigten haben das Recht, sich während der Arbeitszeit unter Fortzahlung der Vergütung bei betrieblichen KOLOS zu informieren, Fragen zu stellen und sich ggf. zu beschweren und Beratung in Anspruch zu nehmen. Zeiten, die dazu aufgewendet werden, betriebliche Konflikte zu bearbeiten, gelten grundsätzlich als Arbeitszeit. 3.7 Materielle Ausstattung/Fahrtkosten KOLOS können sich der Ausstattung der Dienststelle bedienen (z. B. Räume zur Vorbereitung und Durchführung der Beratung, PC, Telefon, Literatur, Präsentationsmittel...). Fahrtkosten werden zu verwaltungsüblichen Konditionen erstattet. 3.8 Qualifizierung / Fortbildung Die Dienststelle ermöglicht den KOLOS eine regelmäßige Teilnahme an Coachings bzw. Supervisionen und einer angemessenen Fortbildung. Die Kosten hierfür sind vom Arbeitgeber zu tragen. 4. Die Leitlinie gilt ab Veröffentlichung im Mitteilungsblatt Anwendbarkeit des IKMS in der öV XVII Anlage: 3 Interviewleitfaden zum strukturierten Interview Allgemeine Rahmenbedingungen 1. Seit wann haben Sie ein integriertes Konfliktmanagementsystem (IKMS)? 2. Gab es einen besonderen Anlass und wo lag die Intention, ein IKMS einzuführen? 3. Wer hat über die Implementierung entschieden? • Wer war an ihr beteiligt? • Gab es Widerstände (Hierarchieebene?) 4. Wie erfolgte die Implementierung? 5. Wurde die Einführung durch einen außerbetrieblichen Konfliktberater begleitet? 6. Gab es eine Projektbegleit- oder Steuerungsgruppe? • Wenn ja, wer war daran beteiligt? 7. Wie wurde Ihr IKMS strukturell verankert - wo ist es angesiedelt? • Gibt es vertragliche Regelungen? (Dienstvereinbarung?) 8. Wie erfolgt die Finanzierung? • (z.B. externe Mediatoren) Anwendbarkeit des IKMS in der öV XVIII Instrumente des IKMS 9. Aus welchen Instrumenten besteht ihr IKMS? • Wie häufig setzen Sie diese Instrumente ein? • Coaching, Mediation, Einsatz von Konfliktlotsen 10. Wie und nach welchen Kriterien wählen Sie Personen aus, die als Konfliktlotsen ausgebildet werden? 11. Wie erfolgt die Auswahl und Vermittlung des Coach, Mediators? 12. Gibt es unterschiedliche Angebote für die verschiedenen Hierarchieebenen? • Welche? 13. Wo liegen Ihrer Einschätzung nach die Hauptanlässe für die Inanspruchnahme der Konfliktinterventionen? 14. Findet am Ende der Konfliktinterventionen eine Evaluation statt? Marketing und Akzeptanz 15. Wie erfolgt die Bekanntmachung, dass Konfliktmanagement in Anspruch genommen werden kann? 16. Findet das IKMS Ihrer Meinung nach Akzeptanz bei Ihren Mitarbeitern? 17. Hat die Inanspruchnahme des Konfliktmanagements im Lauf der Zeit seit der Einführung zugenommen? Anwendbarkeit des IKMS in der öV XIX Bewertung und Perspektiven 18. Wer begleitet und überprüft Funktion, Effizienz und Wirksamkeit des IKMS? 19. Wie bewerten Sie die Erfahrungen die Sie mit dem IKMS gemacht haben? • Wie sehen Sie seine zukünftigen Notwendigkeiten und Möglichkeiten? Anwendbarkeit des IKMS in der öV XX Anlage: 4 Interview mit der Gleichstellungsbeauftragen der Stadt Kerpen am 21. Januar 2008 Allgemeine Rahmenbedingungen 1. Seit wann haben Sie ein integriertes Konfliktmanagementsystem (IKMS)? Das System besteht seit der Einrichtung eines Konfliktlotsenpools im Jahr 2000. 2. Gab es einen besonderen Anlass und wo lag die Intention, ein IKMS einzuführen? Die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Kerpen wurde durch einen Flyer 1998 auf der Frauenmesse “Die Top“ in Düsseldorf auf das Projekt QUAK aufmerksam. Unter den Mitarbeitern der Stadtverwaltung Kerpen herrschte eine allgemeine Unzufriedenheit darüber, wie mit Konflikten umgegangen wurde. Die Gleichstellungsbeauftragte erfuhr im Rahmen ihrer Arbeit z.B. sehr häufig, dass untergeordnete Frauen bei Konflikten einfach versetzt wurden, die eigentlichen Konfliktursachen jedoch unbearbeitet blieben. Aus dieser Unzufriedenheit heraus, empfand sie das Projekt QUAK als geeignet, um einen neuen Umgang mit Konflikten bei der Stadtverwaltung Kerpen einzuführen und schlug das Projekt dem Bürgermeister vor. (Zu dieser Zeit lief parallel die Einführung der neuen Steuerungselemente, was mittlerweile allerdings alles schon wieder überholt ist.) Anwendbarkeit des IKMS in der öV XXI 3. Wer hat über die Implementierung entschieden? Der Bürgermeister wurde eingehend über das Projekt informiert und stimmte der Teilnahme an dem von der europäischen Union und dem Land Nordrhein-Westfalen geförderten Modellprojekt zur Ausbildung von betrieblichen Konfliktlotsen zu. • Wer war an ihr beteiligt? Dieses erste Modell-Projekt war ursprünglich so angelegt, dass jeweils “Tandems“, bestehend aus Personen aus Belegschaft und Führungsebene an der Ausbildung zu Konfliktlotsen teilnehmen sollten. An dem Modellprojekt nahmen von der Stadtverwaltung Kerpen zwei “Tandems“ mit insgesamt vier Personen teil. Nach ihrer Ausbildungsphase waren diese Teilnehmer vom Sinn und Nutzen des Projektes für die Stadtverwaltung Kerpen überzeugt. Auf ihren Vorschlag hin wurde die Ausbildung weiterer vierzehn Konfliktlotsen durch eine Inhouse-Schulung genehmigt und durchgeführt. Die ersten beiden “Tandems“ (jeweils eine Führungskraft und ein Mitarbeiter) bildeten am Anfang die Projektgruppe, die das Ganze installierte und die Rahmenbedingungen überlegte und vorbereitete. • Gab es Widerstände (Hierarchieebene?) Direkte Widerstände gab es nicht, allerdings funktionierte das Projekt auch nicht sofort, zumal es bei seiner Einführung noch unbekannt und ungewöhnlich war und Zeit zum Anlaufen brauchte. 4. Wie erfolgte die Implementierung? Die Projektgruppe hatte sehr viel Entscheidungsfreiheit darüber, wie das Ganze weiter implementiert werden sollte. Sie arbeitete entsprechende Vorschläge aus und daraufhin erfolgte dann die Inhouse-Schulung der vierzehn weiteren Konfliktlotsen. Im Jahr 2000 wurde die Konfliktlotsenpoolbildung als feste Institution bekannt gemacht. Anwendbarkeit des IKMS in der öV XXII Nach der Poolbildung wurde mit dem Personalrat eine Dienstvereinbarung über die Rahmenbedingungen für die Konfliktlotsen (KOLOS) abgeschlossen. In einer erweiterten Verwaltungskonferenz, an der alle Führungskräfte teilnahmen, wurde das Projekt von den Mitgliedern der Projektgruppe vorgestellt und es wurde bei den Führungskräften für die neue Aufgabe geworben. Es gab keine direkten Widerstände gegen das Projekt, das nun erst einmal in der Praxis anlaufen musste. 5. Wurde die Einführung durch einen außerbetrieblichen Konfliktberater begleitet? Am Anfang wurde die Stadt Kerpen von Projekt-Verantwortlichen des Modellprojekts QUAK beraten und die ersten Konflikt-Fälle wurden in einem Coaching besprochen. Es fanden immer wieder Rücksprachen und Beratungen z.B. auch über die Dienstvereinbarung mit QUAK-Verantwortlichen statt. 6. Gab es eine Projektbegleit- oder Steuerungsgruppe? Während der Ausbildungsphase gab es eine größere Projektbegleitgruppe, zu der z.B. auch der Personalchef gehörte. Diese löste sich nach der Ausbildung der Konfliktlotsen auf. Die Koordination des Systems wurde als zusätzliche Aufgabe der Gleichstellungsbeauftragten und Initiatorin des Projekts übertragen. Alle KOLOS trafen sich am Anfang wöchentlich, später 14-tägig zur Beratung anstehender Aufgaben. Nach Beendigung der Ausbildung und der Klärung sämtlicher Rahmenbedingungen verwalten die KOLOS sich selber, es gibt keine Projektbegleit- und Steuerungsgruppe mehr. 7. Wie wurde Ihr IKMS strukturell verankert - wo ist es angesiedelt? Das IKMS wird als eigenständige Institution geführt und ist auch im Intranet mit eigenen Links abgebildet. Zuständig dafür ist derzeit die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt; es handelt sich jedoch um getrennte Auf- Anwendbarkeit des IKMS in der öV XXIII gabenbereiche, die nichts miteinander zu tun haben, sondern nur zufällig von einer Person wahrgenommen werden. • Gibt es vertragliche Regelungen? (Dienstvereinbarung?) Die Dienstvereinbarung regelt die Rahmenbedingungen. 8. Wie erfolgt die Finanzierung? Anfallende Kosten werden aus dem Budget Fortbildung finanziert. • (z.B. externe Mediatoren) Ausgaben für externe Mediatoren werden als Personalnebenkosten abgerechnet. Instrumente des Integrierten Konfliktmanagements 9. Aus welchen Instrumenten besteht ihr IKMS? Hauptinstrument des Konfliktmanagementsystems der Stadtverwaltung Kerpen sind die Konfliktlotsen. Ihre Hauptaufgabe, für die sie durch Schulung ausgebildet wurden, ist es, in Beratungsgesprächen unterschiedlichster Art zur Lösung von Konflikten beizutragen. Den Schwerpunkt bildet dabei die unterstützende Beratung, mit der Konfliktbeteiligte angeregt und befähigt werden sollen, eigene Lösungen für ihre Konflikte zu finden. Sind Konflikte eskaliert, die Fronten bereits verhärtet, oder ist aus anderen Gründen ein Lösung unmöglich, wird den Beteiligten ein sog. “Konfliktverfahren“ nach den Grundsätzen der Mediation angeboten. In besonders schwierigen Fällen können externe Berater hinzugezogen werden. • Wie häufig setzen Sie diese Instrumente ein? Da die Stadt Kerpen keine große Verwaltung ist, wurde davon abgesehen, Statistiken zu führen oder Berichte zu verfassen. Es bestand die Sorge, dass die Anonymität nicht gewährleistet werden könne. Anwendbarkeit des IKMS in der öV XXIV • Coaching, Mediation, Einsatz von Konfliktlotsen Bei der Stadt Kerpen gibt es kein offizielles Coaching-Angebot. Für bestimmte Fälle werden coaching-ähnliche Formen angeboten z.B. für Konflikte mit mehreren Beteiligten. Es gab eine Fortbildung zu diesem Thema, jedoch gibt es keine ausgebildeten Coaches. Im Rahmen der Ausbildung nach dem QUAK-Projekt erhielten die KOLOS zu Beginn ein Coaching. Im Bereich der Rahmenbedingungen für die Konfliktlotsen wurde ausgehandelt, dass diese einmal im Jahr an einer Fortbildung teilnehmen können, zu Themenbereichen, die sie sich selber aussuchen. Es finden auch Fortbildungen zu entsprechenden Themen im Rahmen des Fortbildungsprogramms für alle Mitarbeiter statt, dies wird aber nur am Rande zu dem KMS gezählt. 10. Wie und nach welchen Kriterien wählen Sie Personen aus, die als Konfliktlotsen ausgebildet werden? Die Initiatorin, in diesem Fall die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt, machte Vorschläge für die ersten vier Personen, die sie für die Teilnahme an dem Modellprojekt für geeignet hielt und fragte diese, ob sie zur Ausbildung auf freiwilliger Basis bereit und interessiert wären. Danach machten die ausgebildeten Personen Vorschläge für die neuen KOLOS. Da die ersten vier ausgebildeten KOLOS aus ganz unterschiedlichen Aufgabenbereichen der Stadtverwaltung kamen, waren ihnen fast alle Mitarbeiter bekannt. Die Auswahl wurde dann immer weiter reduziert, bis die entsprechende Anzahl erreicht war. Zuerst wurde die Dienststelle um ihr Einverständnis befragt, und dann das Einverständnis der einzelnen Personen eingeholt. 11. Wie erfolgt die Auswahl und Vermittlung eines Mediators? Ein externer Mediator kann z.B. auf Vorschlag der Konfliktlotsen eingeschaltet werden. Laut Dienstvereinbarung haben Konfliktlotsen das Recht, in speziellen Konfliktfällen die Einschaltung externer Berater zu empfehlen. Sie können auch spezielle Fortbildungsmaßnahmen z.B. für Füh- Anwendbarkeit des IKMS in der öV XXV rungskräfte vorschlagen. Diese werden dann in der Regel von der entsprechenden Dienststelle bezahlt. In einigen Fällen ging die Initiative vom Personalchef aus, der Konfliktlotsen damit beauftragte, sich mit einem Problem zu beschäftigen. 12. Angebote für die verschiedenen Hierarchieebenen? Es gibt keine unterschiedlichen Angebote für verschiedene Hierarchieebenen. • Konfliktlotsen in allen Hierarchieebenen? Bei der Auswahl der KOLOS wurde sehr viel Wert darauf gelegt, Personen aus allen Bereichen und Berufssparten auch aus Außenstellen mit einzubeziehen, um damit ein möglichst breites Angebot von Ansprechpartnern zur Verfügung zu stellen. Die Praxis zeigt jedoch, dass bestimmte Konfliktlotsen stärker angesprochen werden als andere. Vermutlich hängt dies aber auch mit dem Bekanntheitsgrad dieser Personen zusammen. • Kann man sagen welche Personengruppen sich eher an die KOLOS wenden, gibt es einen Unterschied z.B. in Bezug auf die Hierarchieebene? Darüber ist keine Statistik vorhanden. Da überwiegend Angestellte bei der Stadt beschäftigt sind, machen diese vermutlich auch den größeren Teil der Nutzer aus. Jedoch wünschen auch häufig Führungskräfte Beratung, z.B. wenn sie in Konfliktsituationen bereits Verschiedenes ausprobiert haben, ohne damit Erfolg zu haben. Manchmal drängt sich jedoch auch der Eindruck auf, dass versucht wird, Führungsaufgaben abzuwälzen bzw. sich weiterer Konfliktbearbeitung zu entziehen. Konfliktlotsen bieten Rat und Beratung an, sie können jedoch keine Führungsaufgaben übernehmen. Anwendbarkeit des IKMS in der öV XXVI 13. Wo liegen Ihrer Einschätzung nach die Hauptanlässe für die Inanspruchnahme der Konfliktinterventionen? Anlässe sind häufig Konflikte, die aus Führungsdefiziten resultieren und sehr häufig handelt es sich um Kommunikationsprobleme aller Art. In den Konflikten spiegelt sich oft die Art des Umgangs wieder, den die Menschen miteinander pflegen. Konfliktprävention ist deshalb alles, was den Umgang miteinander verbessert. 14. Findet am Ende der Konfliktinterventionen eine Evaluation statt? Nach reinen Beratungsgesprächen findet keine Evaluation statt. Kommt es zu einem sog. Konfliktlotsen-Verfahren, an dem zwei oder mehrere Konfliktparteien beteiligt sind, steht in der Regel am Ende eine schriftliche Vereinbarung die dann je nach Inhalt, in einem zwei-, drei- oder sechsmonatigen Rhythmus überprüft wird. Danach werden alle Unterlagen vernichtet. Marketing und Akzeptanz 15. Wie erfolgt die Bekanntmachung, dass Konfliktmanagement in Anspruch genommen werden kann? • Verteilung verschiedener Flyer • Aufrufe übers Intranet • Bekanntgabe von Telefonnummern • Angebot von Sprechstunden • Verteilung der Dienstvereinbarung mit Anschreiben an alle MA • Hinweise auf der jährlichen Personalversammlung • Fragebogenaktion zur Kontrolle der Bekanntheit bei den MA • Auf Verwaltungskonferenzen wurde das Thema immer wieder zur Sprache gebracht Inzwischen ist das Angebot allen Mitarbeitern bekannt, die Art und Weise allerdings, mit der damit umgegangen wird und die Bereitschaft zur Inanspruchnahme sind sehr unterschiedlich. Anwendbarkeit des IKMS in der öV XXVII 16. Findet das IKMS Ihrer Meinung nach Akzeptanz bei Ihren Mitarbeitern? Zunächst einmal ist es für viele befremdlich und ungewöhnlich, wegen Problemen am Arbeitsplatz einen Konfliktlotsen aufzusuchen. Manche Personen sind eher als andere bereit, das Angebot anzunehmen und melden sich im Konfliktfall frühzeitig, andere warten sehr lange bis die Konflikte eskaliert sind, oder machen nie Gebrauch davon. Die Leidensfähigkeit einzelner Personen ist sehr unterschiedlich. Manche reagieren zunächst mit deutlicher Abwehrhaltung auf das Neue. Vor allem unter den Mitarbeitern des technischen Bereichs neigen manche dazu, zuerst einmal alles geringschätzig zu belächeln und abzuwerten. Allerdings zeigt die Erfahrung, dass auch sie Beratung suchen, wenn es wirklich zu Konflikten kommt. 17. Hat die Inanspruchnahme des Konfliktmanagements im Lauf der Zeit seit der Einführung zugenommen? Grundsätzlich ist es schwierig, solch ein neues System in die gewohnten, alltäglichen Abläufe einer Verwaltung zu integrieren. Der bewusste Umgang mit Konflikten unterschiedlichster Art ist für eine Verwaltung etwas Neues und es braucht lange Zeit, bis es angenommen und selbstverständlich wird. Bewertung und Perspektiven 18. Wer begleitet und überprüft Funktion, Effizienz und Wirksamkeit des IKMS? Es gibt keine systematische Begleitung. Die Gleichstellungsbeauftragte als Initiatorin organisiert und plant die jährliche Fortbildung. Die Konfliktlotsen “verwalten“ und organisieren sich selbst. Die ursprüngliche Zahl von achtzehn Konfliktlotsen ist inzwischen durch Fluktuation auf zwölf gesunken. Diese werden derzeit als ausreichend betrachtet. Anwendbarkeit des IKMS in der öV XXVIII 19. Wie bewerten Sie die Erfahrungen die Sie mit dem IKMS gemacht haben? • Wie sehen Sie seine zukünftigen Notwendigkeiten und Möglichkeiten? Wir haben bisher nur gute Erfahrungen gemacht und würden es sofort wieder installieren. Es stellt einen guten Weg dar, Konflikte zu lösen. Allerdings sollte es noch mehr zur Normalität werden, Hilfe zu holen, bevor ein Konflikt eskaliert. Diese Bereitschaft ist bei den Mitarbeitern bisher noch sehr unterschiedlich ausgeprägt. Die Erkenntnis muss wachsen, dass Ärger und Unwohlsein am Arbeitsplatz nicht einfach hingenommen werden müssen, sondern Konflikte sind, die bearbeitet werden müssen und gelöst werden können. Ziel ist es, Konflikte so zu bearbeiten, dass niemand das Gefühl hat, den “Kürzeren“ zu ziehen und man Wege findet, besser und effektiver miteinander zu arbeiten. Anwendbarkeit des IKMS in der öV XXIX Anlage: 5 Interview mit der Gleichstellungsbeauftragten der Stadt Solingen am 23. Januar 2008 Allgemeine Rahmenbedingungen 1. Seit wann haben Sie ein integriertes Konfliktmanagementsystem (IKMS)? 2002 wurde ein Personalentwicklungskonzept eingeführt, welches die Konfliktlotsenausbildung beinhaltete. Die Ausbildung der Konfliktlotsen war im Jahr 2004 abgeschlossen. 2. Gab es einen besonderen Anlass und wo lag die Intention, ein IKMS einzuführen? Das Personalentwicklungskonzept beinhaltete die Intention. Einen speziellen Anlass, z.B. das vermehrte Auftreten von Konflikten gab es dafür nicht. • Wie wurden Sie auf das System der Konfliktlotsen aufmerksam? Eine Mitarbeiterin im Personalentwicklungsbereich wurde auf das QUAKModell aufmerksam und holte nähere Informationen darüber ein. Zur selben Zeit bot eine Mitarbeiterin, die selbst eine Ausbildung als Mediatorin gemacht hatte, für alle interessierten Mitarbeiter eine interne Fortbildung zum Thema Mediation an. Der Schwerpunkt dieser Fortbildung war das Weitergeben von Informationen rund um die Mediation. Gleichzeitig wurde mit den Verantwortlichen des QUAK-Projekts Kontakt aufgenommen. Anwendbarkeit des IKMS in der öV XXX 3. Wer hat über die Implementierung entschieden? Durch die Fortbildung bestand allgemeines Interesse an diesem Konzept. Es fanden Gespräche zwischen dem Chef, der Personalabteilung und Frau Dr. Budde (Verantwortliche des QUAK-Konzepts) statt. Das Modell erschien interessant, vor allem auch deshalb, weil das Modellprojekt nicht ausschließlich für Stadtverwaltungen konzipiert worden war. Über die tatsächliche Einführung entschied letztendlich der Verwaltungsvorstand der Stadt Solingen. • Wer war an ihr beteiligt? Die Projektgruppe, die sich zu einem sog. “Kick-off-workshop“ zusammenfand, setzte sich zusammen aus Teilnehmern der Fortbildung zum Thema Mediation, Personen aus der Personalentwicklung sowie der Organisationsentwicklung, dem Personalrat, der Gleichstellungsstelle und Vertretern der verschiedenen Ressorts der Verwaltung und der ausgegliederten Betriebe. Insgesamt bestand die Gruppe aus fünfzehn Personen. • Gab es Widerstände (Hierarchieebene?) Es gab vor allem passive Widerstände, so fehlte z.B. die Bereitschaft Geld zu investieren (z.B. hätte das städtische Klinikum sich diese Leistung bzw. die Teilnahme einkaufen müssen) Teilweise gab es auch Widerstände von Abteilungsleitern und Vorgesetzten, Personal für diese Ausbildung freizustellen. 4. Wie erfolgte die Implementierung? Von Seiten der Personalentwicklung fiel die Entscheidung nach Kontakten mit Frau Dr. Budde für das QUAK-Projekt, mit dem sich die Projektbegleitgruppe im sog. “Kick-off-workshop“ beschäftigte. Dann wurde die Ausschreibung zur Ausbildung von Konfliktlotsen durch den Verwaltungsvorstand abgesegnet und in der Verwaltung bekannt gegeben. Anwendbarkeit des IKMS in der öV XXXI 5. Wurde die Einführung durch einen außerbetrieblichen Konfliktberater begleitet? Herr Hüsch von QUAK betreute die Stadt während der Einführungsphase. 6. Gab es eine Projektbegleit- oder Steuerungsgruppe? • Wenn ja, wer war daran beteiligt? Die Projektbegleitgruppe bestand aus den Personen, die bereits als Teilnehmer des “Kick-off-workshops“ an der Implementierungsentscheidung beteiligt waren und unter Punkt 3. aufgeführt sind. Die Arbeit dieser Projektgruppe endete mit der Ausbildung der Konfliktlotsen. 7. Wie wurde Ihr IKMS strukturell verankert - wo ist es angesiedelt? Das IKMS gehört zur Personalentwicklung, es wird von einer Person in der Personalabteilung organisatorisch betreut. Die Konfliktlotsen koordinieren ihre Aufgaben untereinander. • Gibt es vertragliche Regelungen? (Dienstvereinbarung?) Es gibt keine Dienstvereinbarung, aber Leitlinien für Konfliktlotsen. 8. Wie erfolgt die Finanzierung? • (z.B. externe Mediatoren) Die Finanzierung erfolgt aus Mitteln des Etats für Fortbildung. Instrumente des Integrierten Konfliktmanagementsystems 9. Aus welchen Instrumenten besteht ihr IKMS? Das IKMS der Stadtverwaltung Solingen besteht aus den Instrumenten: Konfliktlotsen, Supervision, Coaching, Teamentwicklungsmaßnahmen und externen Mediatoren. Auch das Fortbildungsprogramm im Bereich „Schulung der Sozialkompetenz für MA“ kann am Rande zum IKMS gezählt werden. (Im Grunde zählt alles dazu, was im Bereich des Personalentwicklungskonzeptes vorgesehen ist) Anwendbarkeit des IKMS in der öV XXXII Ein weiteres wichtiges Instrument der Personalentwicklung der Stadt Solingen ist die sog. “Kollegiale Beratung“. Es gibt mehrere Teams, bestehend aus jeweils sechs bis zehn Personen aus ähnlichen Hierarchieebenen, aber unterschiedlichen Arbeitsbereichen, die sich regelmäßig zur Besprechung und Diskussion aktueller Anliegen, Probleme und Konflikte zusammensetzen. • Wie häufig setzen Sie diese Instrumente ein? Diese Instrumente kommen regelmäßig zum Einsatz 10. Wie und nach welchen Kriterien wählen Sie Personen aus, die als Konfliktlotsen ausgebildet werden? Die Konfliktlotsenausbildung wurde ausgeschrieben und in der ganzen Verwaltung bekannt gemacht. Es gab dann ein Auswahlverfahren, wobei die Gruppe der Konfliktlotsen möglichst so zusammengestellt werden sollte, dass sie breit gemischt ist. Der jeweilige Ressortleiter / Betriebsleiter entscheidet, wer aus seinem Bereich dafür freigestellt wird. (Dabei gab es auch Bereiche, die sich gar nicht beteiligt haben). Es hätte mindestens eine Person aus jedem Ressort und Betrieb gemeldet werden können. Auch der Personalrat hätte sich melden können, hat aber nicht teilgenommen. (Er war zwar an der Projektgruppe beteiligt, es hat aber niemand an der Ausbildung zum Lotsen teilgenommen.) Die restlichen verbliebenen Plätze wurden den Bereichen zugeteilt, die großes Interesse zeigten. 11. Wie erfolgt die Auswahl und Vermittlung eines Coach, Mediators? Auswahl und Vermittlung dieser Personen werden über die Abteilung Personalentwicklung abgewickelt. Anwendbarkeit des IKMS in der öV XXXIII 12. Gibt es unterschiedliche Angebote für die verschiedenen Hierarchieebenen? Über die Inanspruchnahme von Angeboten durch Mitarbeiter wird im Einzelfall entschieden. Je höher die Hierarchieebene, desto eher werden externe Berater hinzugezogen. Grundsätzlich hat jeder interessierte Mitarbeiter Zugang zu allen unter Punkt 9 erwähnten Angeboten, es werden jedoch nicht in jedem Fall für jeden Mitarbeiter alle Kosten übernommen. Viele Angebote werden aus dem Etat des Personalmanagements gefördert, an manchen Kosten müssen sich jedoch z.B. die jeweils betroffenen Ressorts beteiligen. In manchen Ressorts ist es deshalb üblich, dass Mitarbeiter einen Eigenanteil zu zahlen haben, wenn sie an einem Angebot teilnehmen wollen. Generell gilt hier die Überlegung, dass umso mehr Mittel für einen Mitarbeiter aufgewendet werden können, je mehr Verantwortung dieser für weitere (viele) Mitarbeiter trägt. 13. Wo liegen Ihrer Einschätzung nach die Hauptanlässe für die Inanspruchnahme der Konfliktinterventionen? Häufig handelt es sich um Konflikte, die aus Führungsproblemen oder -Schwächen entstehen. Die Probleme können durch Personen oder auch durch Strukturen verursacht sein. Erfahrungsgemäß führen kommissarische Führungsaufgaben zur Zunahme von Konflikten. Auch in Bereichen, in denen überwiegend nur Männer oder nur Frauen beschäftigt sind, wie z.B. bei Feuerwehr und Bücherei, kommt es häufiger zu Konflikten. Manche Bereiche sind schon von der Arbeit her anstrengend und konflikthaft, so z.B. die Arbeit der Politessen, die Krisenintervention der Feuerwehr usw. Die Mitarbeiter dort haben in der Regel viel Stress bei der Arbeit und empfinden häufig eine Diskrepanz zwischen ihrer Leistung und zu geringer Entlohnung. Das führt erfahrungsgemäß zu Unzufriedenheit und damit auch vermehrt zu internen Konflikten. Anwendbarkeit des IKMS in der öV XXXIV 14. Findet am Ende der Konfliktinterventionen eine Evaluation statt? Nein, da die Steuerungsgruppe nicht mehr existiert. Im Moment gibt es keine Stelle, die sich ausdrücklich und ausschließlich steuernd mit Personalentwicklungsmaßnahmen befasst. Diese Aufgabe war zusammengefasst mit der Personalwirtschaft. Es gab einen Abteilungsleiter, zu dessen Aufgaben der Bereich der Personalentwicklung (PE) gehörte, und zusätzlich eine halbe Stelle, die sich ausschließlich mit PE befasste. Im Moment gibt es diese Konstellation nicht mehr. Das PE Konzept wird abgewickelt, aber es gibt keine neue Entwicklung (keine Fortschreibung, keine Evaluation). Konfliktlotsen sind Selbstläufer, das System funktioniert, aber es gibt keine Evaluation. Marketing und Akzeptanz 15. Wie erfolgt die Bekanntmachung, dass Konfliktmanagement in Anspruch genommen werden kann? Bei den Mitarbeitern wurden die Konfliktlotsen bekannt gemacht durch Flyer, Intranet, Emails und dadurch, dass die Informationen zusammen mit den Gehaltszetteln verschickt wurden. Im Moment läuft eine weitere Informationskampagne unter Einbeziehung der Außenstellen. 16. Findet das IKMS Ihrer Meinung nach Akzeptanz bei Ihren Mitarbeitern? Insgesamt ist die Akzeptanz bei den Mitarbeitern hoch. Aber natürlich gibt es auch Mitarbeiter, die sich nicht darauf einlassen und damit auseinandersetzen wollen, die Konflikte verdrängen, bagatellisieren, Hilfe und Beratung ablehnen, oder nach einer ersten Kontaktaufnahme den Kontakt wieder abbrechen. Anwendbarkeit des IKMS in der öV XXXV 17. Hat die Inanspruchnahme des Konfliktmanagements im Lauf der Zeit seit der Einführung zugenommen? Insgesamt wurde das Konfliktmanagement im Lauf der Zeit gut angenommen. Bewertung und Perspektiven 18. Wer begleitet und überprüft Funktion, Effizienz und Wirksamkeit des IKMS? Leider findet derzeit keine offizielle Begleitung und Bewertung statt. 19. Wie bewerten Sie die Erfahrungen, die Sie mit dem IKMS gemacht haben? • Wie sehen Sie seine zukünftigen Notwendigkeiten und Möglichkeiten? Die bisher gemachten Erfahrungen sind insgesamt sehr positiv. Dringend benötigt würden weitere Konfliktlotsen, vor allem Männer und Konfliktlotsen aus bestimmten Bereichen. Für die Zukunft wäre es sehr wichtig, das System aufzuwerten. Es sollte eine steuernde und evaluierende Personalentwicklung geben und eine spezielle Steuerungsgruppe für dieses Projekt. Diese Gruppe, die sich zusammensetzen sollte aus dem Konfliktlotsenpool, Mitarbeitern aus Personal- und Organisationsentwicklung, dem Personalrat und der Gleichstellungsbeauftragten sollte das Projekt weiter begleiten. Die Arbeit der Konfliktlotsen sollte weiter aufgewertet und bekannt gemacht werden. Wünschenswert wäre, dass Konfliktlotsen das Recht erhalten, Supervisionsangebote für sich in Anspruch nehmen zu können. Anwendbarkeit des IKMS in der öV XXXVI Anlage: 6 Interview mit einer Konfliktlotsin der Stadt Solingen am 22. Januar 2007 Ausbildung und Tätigkeit 1. Seit wann sind Sie als Konfliktlotsin tätig? Frau H. ist seit 2004 als Konfliktlotsin tätig. 2. Wie kamen Sie dazu, Konfliktlotsin zu werden? • Wurden Sie ausgesucht, oder haben Sie sich beworben? Bei der Stadt Solingen gab es eine Ausschreibung, dass Konfliktlotsen gesucht wurden. Frau H. ist im Personalmanagement tätig und war schon in verschiedenen Bereichen ihrer Arbeit mit Konflikten konfrontiert worden (z.B.: Kollegen verstehen sich nicht, haben Schwierigkeiten mit dem Chef). Sie hielt daher die Ausbildung zur Konfliktlotsin als sinnvoll für ihre Arbeit, hat sich dafür beworben und wurde ausgewählt. 3. Wie lange dauerte die Ausbildung? Die Ausbildung fand in der Zeit von 2003 bis 2004 statt und erfolgte in jeweils drei Blöcken zu zwei Tagen. Bei der von dem Mediator Hüsch geleiteten Inhouse-Schulung wurden insgesamt 18 Konfliktlotsen ausgebildet. Jetzt sind es noch 12. • Hilft Ihnen das Gelernte bei Ihren Einsätzen als Konfliktlotsin? Das Gelernte kann sehr gut umgesetzt werden. Einer der Konfliktfälle, bei denen Frau H. tätig war, konnte inzwischen erfolgreich abgeschlossen werden, ein anderer ist immer noch in Bearbeitung. Anwendbarkeit des IKMS in der öV • XXXVII Setzen Sie das Gelernte auch ohne direkten Einsatz als Konfliktlotsin ein? (Bewusst, unbewusst?) Teilweise ganz sicher. Man hat einen besseren Blick für Konflikte, erkennt besser und schneller, wo Probleme sind und kann darauf eingehen und entgegenwirken. 4. Wie viele “Einsätze“ hatten Sie bis jetzt als Konfliktlotsin? Frau H. war seither bei zwei Einsätzen als Konfliktlotsin tätig. Es handelte sich dabei jeweils um umfangreiche, ganze Abteilungen betreffende Konflikte. Solche Fälle sind nicht einfach zu lösen, es bedarf zahlreicher Sitzungen und nimmt viel Zeit in Anspruch. Der erste Konfliktfall, bei dem eine ganze Abteilung nicht mehr miteinander zurechtkam, dauerte ein dreiviertel Jahr und wurde mit einem Kollegen zusammen behandelt. Dabei wurden viele verschiedene Gespräche geführt, was sich gut bewährte. Auch beim zweiten Konflikt handelt es sich um eine Abteilung mit 12 Leuten, die sich untereinander nicht verstehen. In diesem Fall wandte sich der Amtsleiter Hilfe suchend an die Konfliktlotsen. Solche Konflikte mit vielen Beteiligten (bis zu 15 Personen) sind entsprechend aufwändig und langwierig. Andere Kollegen, die als Konfliktlotsen tätig sind, haben bei kleineren Konflikten mit nur zwei beteiligten Personen oftmals schnellere Erfolge. • Um was für Konflikte handelte es sich? Ganz häufig handelt es sich nur um Missverständnisse, die sich zu Konflikten “hochschaukeln“. Am häufigsten sind Probleme, die sich aus dem Umgang der Leute miteinander ergeben, es gibt aber auch Konflikte mit Vorgesetzten. Konfliktbearbeitungen mussten allerdings auch schon abgebrochen werden, weil man nicht weiter wusste und keinen Sinn in der Weiterarbeit sah. Insgesamt betrachtet werden die Konfliktlotsen nicht übermäßig stark in Anspruch genommen, aber wenn man Probleme oder Konfliktpotential sieht z.B. auch im Zusammenhang mit der Arbeit in Personalwirtschaft und Personalentwicklung, wird auf die Möglichkeit hingewiesen, Konfliktlotsen einzuschalten. Anwendbarkeit des IKMS in der öV XXXVIII Bisher wurden noch keine externen Berater hinzugezogen. • Wie wurden Sie auf die Konflikte aufmerksam? (angesprochen, vermittelt?) Frau H. wurde als Konfliktlotsin direkt angesprochen. Normalerweise kommen die Betroffenen in einem Konflikt auf den Konfliktlotsen zu. Frau H. wurde in Zusammenhang mit ihrer Arbeit im Personalmanagement allerdings häufig dadurch auf Konflikte aufmerksam, dass Mitarbeiter den dringenden Wunsch äußerten, unbedingt versetzt zu werden. Die Konfliktlosen wurden durch Flyer und im Intranet bekannt gemacht, so dass sich Mitarbeiter die entsprechenden Konfliktlotsen selbst aussuchen können. Manche scheuen davor zurück, sich an Konfliktlotsen aus dem Personalamt zu wenden. Für andere ist es hilfreich, sich gerade an diese Lotsen zu wenden, da diese auch rechtliche Fragen beantworten können, für die die Kompetenz anderer Konfliktlotsen nicht ausreicht. Es werden auch Konfliktlotsen empfohlen. Akzeptanz und Bewertung der Erfahrungen 5. Finden die Konfliktlotsen Akzeptanz bei den Mitarbeitern? Wenden sich Mitarbeiter an Sie, wenn sie einen Konflikt haben? Mit Sicherheit gibt es immer noch viele “unterschwellige“ Konflikte, die nicht aufgedeckt und bearbeitet werden. Viele Mitarbeiter scheuen noch davor zurück, sich an Konfliktlosen zu wenden, aber es gibt immer wieder welche, die von sich aus auf sie zugehen und sich von Sinn und Nutzen einer Beratung überzeugen lassen. 6. Gibt es Widerstände gegen das Konfliktlotsenprogramm, oder begegnet man ihm mit Geringschätzung? (Hierarchieebene) In gewissem Sinne wird das Thema oft nicht ernst genommen und heruntergespielt, indem so getan wird, als habe man doch überhaupt keine Konflikte. Mit dieser Begründung wurde auch keine Ausbildung weiterer Konfliktlotsen genehmigt. Deshalb gibt es nun alle zwei Jahre einen Erfah- Anwendbarkeit des IKMS in der öV XXXIX rungsbericht, in dem die Anzahl der Fälle genannt und allgemeine Erfahrungen der Konfliktlotsen berichtet werden. Dabei wird jedoch nicht genannt, um welche Abteilungen oder Bereiche es sich handelte. 7. Wie groß schätzen Sie den zeitlichen Aufwand im Jahr (Monat), den Sie als Konfliktlotse haben? Es gibt Fälle, vor allem solche mit wenigen Beteiligten, die sich in ein oder zwei Sitzungen erledigen lassen. Der Fall mit Beteiligung der ganzen Abteilung dauerte über ein Jahr, in dem monatliche Treffen von bis zu drei Stunden Dauer stattfanden. Manche Treffen dauern mehrere Stunden. Diesen Monat z. B. findet jede Woche ein Treffen statt. 8. Ist das Vorhandensein von Konfliktlotsen allen Mitarbeitern bekannt? Die Konfliktlotsen wurden allen Mitarbeitern bekannt gemacht durch Flyer, Emails, im Intranet und dadurch, dass die Informationen zusammen mit den Gehaltszetteln verschickt wurden. Im Moment läuft eine neue Informationskampagne mit Einbeziehung der Außenstellen. 9. Wie bewerten Sie die Erfahrungen, die Sie als Konfliktlotsin gemacht haben? • Wie sehen Sie die zukünftige Notwendigkeit und Möglichkeiten? Nach Einschätzung von Frau H. ist das System sinnvoll und wirkungsvoll. Sie ist gerne als Konfliktlotsin tätig, weil man in dieser Funktion lösungsorientiert arbeiten und zu Lösungen beitragen kann und dabei auch Erfolgserlebnisse hat. Direkte Ansprechpartner sind wichtig, an die sich Mitarbeiter im Konfliktfall vertrauensvoll wenden können. Manches kann dadurch früher und offener aufgegriffen werden, was sonst vielleicht lange vor sich hin schwelen oder eskalieren würde und vielerlei negative Auswirkungen hätte. Frau H. hält Konfliktlotsen für die Stadtverwaltung sehr sinnvoll, in welchem Umfang müsste noch genauer überlegt werden. Anwendbarkeit des IKMS in der öV • XL Mehr Motivation der Mitarbeiter dadurch? Die Arbeit der Konfliktlotsen wirkt sich vor allem dort, wo Konflikte ausgeräumt werden konnten, günstig auf das Arbeitsklima und die Motivation der Mitarbeiter aus. Allerdings ist es wichtig, darauf zu achten, dass die Arbeit der Konfliktlotsen die Aufgaben der Führungskräfte nicht ersetzen soll, sondern höchstens ergänzen kann. Konfliktlotsen haben eine Leitlinie, die auch im Intranet veröffentlicht ist. Der Personalrat ist bei den Konfliktlotsen nicht mit eingebunden. Anwendbarkeit des IKMS in der öV XLI Anlage: 7 Onlinedokument aus der KGSt-Wissensdatenbank KIKOS https://wissen.kgst.de/loadDocQuery.do?context=results&documentIndex=0&extId= RDBAFM_ODBC%3A%2F%2Foeffentl_lib%2F20031127B0116&dsUID=1dff3a2:1 18510e6db3:-76d3&rawextid=RDBAFM_ODBC://oeffentl_lib/20031127B0116 26.02.2008, 15:13 Uhr Kennung: 20031127B0116 Herkunft / Quelle: KGSt Dokumententyp: KGSt-Veranstaltungen Referenz: Kongressmesse “Moderner Staat 2003“ Verfasser: Holzrichter, Elke R., Schmidt, Frank H. https://wissen.kgst.de/loadNativeDoc.do?documentIndex=0#xml=http://wisse n.kgst.de:80/loadPDFHitHighlights.do?documentIndex=0 Anwendbarkeit des IKMS in der öV XLII Literaturverzeichnis Ade, Juliane / Alexander, Nadja / Olbrisch, Constantin: Mediation Schlichtung Verhandlungsmanagement – Formen konsensualer Streitbeilegung, Münster 2005 Altmann, Gerhard / Fiebiger, Heinrich / Müller, Rolf: Mediation - Konfliktmanagement für moderne Unternehmen, 2., akt. u. neu ausgestattete Aufl., Weinheim u.a. 2001 Breidenbach, Stephan: Mediation - Struktur, Chancen und Risiken von Vermittlung im Konflikt, Köln 1995 Budde, Andrea: Mediation und Arbeitsrecht – Rahmenbedingung für die Implementierung von Mediation im Betrieb, Berlin 2003 Budde, Andrea: Betriebliche Konfliktlotsen – Der Einsatz interner Mediatoren in einem Integrierten Konfliktmanagementsystem, in: Pühl, Harald (Hrsg.): Mediation in Organisationen – Neue Wege des Konfliktmanagements: Grundlagen und Praxis, Berlin 2003a Budde, Andrea: Mediation und Konfliktmanagement in Behörden und Verwaltungen, in: Der Personalrat 2002, Heft Nr. 4, S. 147 – 162 Budde, Andrea (Hrsg.): Konflikt im System – System im Konflikt: QUAKDokumentation, Köln 2001 Duden, Die deutsche Rechtschreibung Band 1, 23., völlig neu bearb. und erw. 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Jg. 1, 1999, S. 41 – 45 Proksch, Roland: Curriculum einer Mediationsausbildung – Lehrbrief 1 -, in: KON:SENS, Zeitschrift für Mediation, 1.Jg. 2, 1998, S. 113 – 119 Schmidt, Frank: Kongressmesse “Moderner Staat Veranstaltung. Online-Dokument: 18.02.2008, 2003“, 15:13 KGStUhr https://wissen.kgst.de/loadDocQuery.do?context=results&documentIndex=0&extId=RDBAFM _ODBC%3A%2F%2Foeffentl_lib%2F20031127B0116&dsUID=1dff3a2:118510e6db3:76d3&rawextid=RDBAFM_ODBC://oeffentl_lib/20031127B0116 Schwarz, Gerhard: Konfliktmanagement – Konflikte erkennen, analysieren, lösen, 6., Aufl., Wiesbaden 2003 Troja, Markus / Stubbe, Christian: Lehrmodul 5: Konfliktmanagementsysteme, in: ZKM (Zeitschrift für Konfliktmanagement) 2006, Heft Nr. 4, S. 121 126 Ury, William T. / Brett, Jeanne M. / Goldberg, Stephen B.: Konfliktmanagement - wirksame Strategien für den sachgerechten Interessenausgleich, Frankfurt / Main u.a. 1991 Zittlau, Dieter: Konflikte in der Verwaltung, in: Verwaltung und Management, 3. Jg. 1997, Heft 4, S. 249-251 Anwendbarkeit des IKMS in der öV XLV Erklärung „Ich versichere, dass ich diese Diplomarbeit selbständig und nur unter Verwendung der angegebenen Quellen und Hilfsmittel angefertigt habe.“ Heilbronn, März 2008