Formular Gottesdienst / Gottesdienst mit Taufe

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Formular Gottesdienst / Gottesdienst mit Taufe
Gottesdienst M&W vom Sonntag, den 28. Oktober 2012
BEGRÜSSUNG UND EINLEITUNG
Vergiss das Träumen nicht von einer Welt ohne Krieg und Streit,
von einer Welt, in der du frei atmen kannst,
von einer Welt, in der Leben immer stärker ist.
Vergiss das Träumen nicht von Menschen, die noch Menschen sind,
von Menschen, die Liebe, Wärme, Nähe geben,
von Menschen, die spielend einander ins Spiel bringen,
von Menschen, die vertrauen können.
Vergiss das Träumen nicht von Hoffnung auf ein besseres Leben,
von Liebe, die du meint und nicht nur ich,
vom Glauben an ein Leben jetzt und nach dem Leben.
Vergiss das Träumen nicht.
Träume werden wahr — in dir und mir,
wenn wir bei uns beginnen
und andere mit uns gehn.
Einleitung
«Träume werden wahr – wenn andere mit uns gehn.» Mit dieser Feier geht
für mich der Traum in Erfüllung, einmal auf ganz ungewöhnliche Weise dem
Glauben in einem GD Ausdruck zu verleihen.
Träume können wahr werden, wenn andere mitgehen – Sie alle, die Sie heute
in die Kirche gekommen sind, gehören dazu, ganz besonders aber Julian
Koch und Eric Nünlist, die sich begeistern liessen von der Idee, so verschiedene Elemente wie Diabolo-Jonglage, Musik und Text einander spielerisch
begegnen zu lassen.
Wir hoffen, dass sich unser Anliegen erfüllt – dass wir alle diesen Moment
geniessen, uns an dem lustvollen Zusammenspiel erfreuen und etwas von
dieser Spielfreude mitnehmen in unseren Alltag.
TEXT 1
Der Herr schuf mich (= die Weisheit) vor langer Zeit, ich war sein erstes
Werk, noch vor allen anderen. In grauer Vorzeit hat er mich geschaffen; und
so war ich schon da, als es die Erde noch nicht gab. Lange bevor das Meer
entstand, wurde ich geboren. Zu dieser Zeit gab es noch keine Quellen, und
es standen weder Berge noch Hügel. Ich war schon da, bevor Gott die Erde
mit ihren Feldern erschuf. Ich war dabei, als Gott den Himmel formte, als er
den Horizont aufspannte über dem Ozean, als die Wolken entstanden und
die Quellen aus der Tiefe hervorsprudelten, als er das Meer in die Schranken
wies, die das Wasser nicht überschreiten durfte, als er das Fundament der
Erde legte — da war ich als Kind an seiner Seite. Ich erfreute mich an Gott
und seinen Werken, ich spielte auf seiner Erde und war glücklich über
die Menschen. Sprüche Salomos 8. 22-31
Die «Weisheit» Gottes ist Gott von allem Anfang her beigesellt. Sie ist vor aller Schöpfung. Sie ist das weibliche Gegenüber Gottes oder auch die weibliche Seite in Gott. Sie ist die Gespielin Gottes. Gott ist ein Gott, der das Spielen liebt und Freude hat am Spiel. Er ist wohl selber ein spielender Gott. Aus
seiner Lust am schöpferischen Spiel ist die Erde mit ihren Kreaturen hervorgegangen. Der Mensch ist dann sein Widerspiel und die Weisheit vermittelt
dies. Die Weisheit ist vor aller Schöpfung und zugleich auf alle Schöpfung
hin und für sie. Sie ist die Erweckerin der Lust am Spiel, und spielend vor
Gott bezieht sie den Menschen und alle Kreaturen in ihr Spiel ein.
Gott ist kein freudloser Gott. Er ist kein grauer Gott der rechnenden Gerechtigkeit. Er ist vielmehr ein Gott der unermesslichen Freude. Er hat seine
«Lust», seine «Wonne», sein «Entzücken» an der Weisheit «Tag für Tag». Es
ist die Weisheit, die mit Lust «bei den Menschenkindern» ist. Es ist die Weisheit, die mit Lust die Menschen spielen lässt und ihnen Sinn gibt in der spielerischen Freiheit. Die Weisheit ist die spielende Energie Gottes, die ihre
Kreise zieht und die finsteren Bereiche des Unspielerischen und Antispielerischen umzuwandeln strebt mit Hilfe spielender Menschen. Denn «sein Erdboden» ist ihr Ort und hier geschieht es, dass seine Freude in der Freude aller gegenwärtig sein will.
Text 2
Bekenntnis
Ich glaube,
dass der Mensch zum Spiel
bestimmt ist.
Ich glaube,
dass der Mensch nicht
im starren Ernst versinken darf.
Ich glaube,
dass das Spiel dem Leben
Mut gibt und es anmutig macht.
Ich glaube,
dass der Grund allen Lebens die Freude ist,
die im Spiel sich äussert.
Ich glaube,
dass das Spiel die unverkrampfte Tragekraft
des Lebens ist.
Ich glaube,
dass im Spiel das Geheimnis der Souveränität
verborgen liegt.
Ich glaube,
dass das Leben nicht zu bewältigen,
sondern zu erspielen ist.
Ich glaube,
dass das Spiel des Lebens
sich jenseits aller Regelspiele abspielt.
Ich glaube,
dass das gelungene Spiel ein Widerspiel ist
der Bewegung in Gott.
Text 3
Theologie des Spiels
Gott ist nicht der steife Greis, sondern der beweglich bewegende Spieler und
Grund allen Spiels.
Ebenbild Gottes:
Ausbund an Spielenergie.
Die Schöpfung:
Das Spielfeld des Lebens (mit Spielgestalten, Spielregeln, Grenzen des Spiels).
Sünde:
Spielvergessenheit Das grosse Spielverderben.
Der Erlöser:
Initiator zum Spiel der Liebe. Weg des befreienden
Spiels.
Gebot:
Einander nicht ausspielen. Einander ins Spiel bringen.
Die Verheissung:
Das Zusammenspiel aller Menschen und Kreaturen.
Heiliger Geist:
Die Kraft gemeinsamer Freude am gemeinsamen
Spiel.
Der Sinn:
Sich als Mitspieler wissen.
Ausblick:
Das Spiel ist offen.
Die Erfüllung:
Der dankbare Jubel über unser aller Spielchance. Befreiungstanz der Letzten, die zu Ersten geworden sind.
TEXT 4
Anstoss zum Frieden
Stellt die Meinungen ein
Dass die Liebe gedeiht
Lasst die Liebe blühen
Dass der Frieden wächst
Lasst den Frieden in Euer Herz
Dass die Menschen erlöster aussehen
Befreit den Menschen
Damit er von den Ansichten lässt
Und die Meinungen einstellt
Dass die Liebe gedeiht
Lasst die Liebe blühen
Dass der Frieden wächst
Lasst den Frieden in Euer Herz
Dass die Menschen erlöster aussehen
Befreit den Menschen
Damit er von den Ansichten lässt
Und die Meinungen einstellt
Und sagen kann
Ich bin für Dich
Und nicht gegen Dich
Ich bin mit Dir
Und nicht vor Dir oder nach Dir
Ich bin neben Dir
Und nicht über Dir
Ich bin bei Dir
Auch wenn Du gegen mich bist
Lasst uns Gottes versammelte
Grosszügigkeiten werden
Und seine Artisten sein
Die Welt überwinden
Versuchen wie Christus
Unserer Welt entgegengegangen ist
Manchmal nicht vor dieser Welt zu sein —
Nicht mit Leichtigkeit, gewiss
Aber mit Zuversicht
Geduld und Freundlichkeit
Lasst uns Nachsicht üben
Wo andere den Schlussstrich ziehen
Lasst uns spielerisch auftreten
Wo andere mit dem Fuss aufstampfen
Lasst uns Feinde in Freunde verwandeln
Darum stellt die Meinungen ein
Dass die Liebe gedeiht
Lasst die Liebe blühen
Dass der Frieden wächst
Lasst den Frieden in Euer Herz
Dass die Menschen erlöster aussehen
Befreit den Menschen
Damit er von seinen Ansichten lässt
Und die Meinungen einstellt
Und sagen kann
Ich bin für Dich
und nicht gegen Dich
Ich bin mit Dir
Und nicht vor Dir oder nach Dir
Ich bin bei Dir
Auch wenn Du gegen mich bist
Viele sagen
Das sei ihnen unmöglich
Andere sagen
Das entspräche nicht
Ihrem gesunden Menschen-Verstand
Es kann auch nicht
Unserem Verstand zu entsprechen
Es kann nur der Liebe Gottes
Entsprungen sein
Und ist ein Geschenk
Ausserhalb unserer Reichweite
Öffnen wir unsere Augen
Und unsere Herzen
Und nehmen wir endlich
Das Geschenk an
Es ist unsere einzige Chance
Weltfrieden zu machen.
Hanns-Dieter Hüsch
TEXT 5
Ich habe einen Traum
Ich habe einen Traum:
dass alle grauen Wände sich begrünen.
Die Menschen tragen
statt der eckigen Taschen
runde Bälle unter dem Arm.
Sie spielen mit gelben und blauen
und roten Bällen an grünen Wänden.
Ich habe einen Traum:
dass alle Spielverbote aufgehoben sind.
Alle Verbotsschriften sind
von den Wänden aufgesogen
und alle Verbotsschilder sind
von der Erde verschluckt.
Stattdessen winkt
an allen freundlichen Plätzen
die Einladung: Hier dürft ihr spielen.
Ich habe einen Traum:
dass die Menschen
im anderen Menschen
ihren Mitspieler sehen.
Sie verderben sich nicht das Spiel.
Sie gewähren sich Spielraum.
Sie halten das Spiel
untereinander in Fluss.
TEXT 6
Unser Leben währt siebzig Jahre,
und wenn’s hoch kommt so sind’s achtzig Jahre,
und wenn’s köstlich gewesen ist,
so ist’s Mühe und Arbeit und
Arbeit und Mühe gewesen und kein Spiel.
Unser Leben währt siebzig Jahre,
und wenn’s hoch kommt, so sind’s achtzig Jahre,
und wenn’s köstlich gewesen ist,
so ist’s ein langes Stück Arbeit
gewesen und ein kurzes Stück Spiel.
Unser Leben währt siebzig Jahre,
und wenn’s hoch kommt,
so sind’s achtzig Jahre,
und wenn’s köstlich gewesen ist,
so war’s eine wunderliche
Mischung aus Arbeit und Spiel.
Unser Leben währt siebzig Jahre,
und wenn’s hoch kommt,
so sind’s achtzig Jahre,
und wenn’s köstlich gewesen ist,
so war’s inmitten aller Mühen
und durch sie hindurch
ernstes und heiteres Spiel.
TEXT 7
Der betende Gaukler
Es war einmal ein Gaukler, der tanzend und springend von Ort zu Ort zog,
bis er des unsteten Lebens müde war. Da gab er alle seine Habe hin und trat
in das Kloster zu Clairveaux ein. Aber weil er sein Leben bis dahin mit Springen, Tanzen, Jonglieren und Radschlagen zugebracht hatte, war ihm das
Leben der Mönche fremd, und er wusste weder ein Gebet zu sprechen noch
einen Psalter zu singen.
So ging er stumm umher, und wenn er sah, wie jedermann des Gebetes
kundig schien, aus frommen Büchern las und mit im Chor die Messe sang,
stand er beschämt dabei: Ach, er allein, er konnte nichts. «Was tu ich hier?»
sprach er zu sich, «ich weiss nicht zu beten und kann mein Wort nicht
machen. Ich bin hier unnütz und der Kutte nicht wert, in die man mich
kleidete.»
In seinem Gram flüchtete er eines Tages, als die Glocke zum Chorgebet rief,
in eine abgelegene Kapelle. «Wenn ich schon nicht mitbeten kann im
Konvent der Mönche», sagte er vor sich hin, «so will ich doch tun, was ich
kann.» Rasch streifte er das Mönchsgewand ab und stand da in seinem
bunten Röckchen, in dem er als Gaukler umhergezogen war. Und während
vom hohen Chor die Psalmgesänge herüberwehen, beginnt er mit Leib und
Seele zu tanzen vor und rückwärts, links herum und rechts herum. Mal geht
er auf seinen Händen durch die Kapelle, mal überschlägt er sich in der Luft
und springt die kühnsten Tänze, um Gott zu loben. Wie lange auch das
Chorgebet der Mönche dauert, er tanzt und jongliert unterbrochen die Kapelle auf und ab, ja, auf dem Altar und im Allerheiligsten, bis ihm der Atem verschlägt und die Glieder ihren Dienst versagen.
Ein Mönch war ihm aber gefolgt und hatte durch ein Fenster seine Tanzsprünge mitangesehen und heimlich den Abt geholt. Am anderen Tag liess
dieser den Bruder zu sich rufen. Der Arme erschrak zutiefst und glaubte, er
solle des verpassten Gebetes wegen bestraft werden.
Also fiel er vor dem Abt nieder und sprach: «Ich weiss, Herr, dass hier meines Bleibens nicht ist. So will ich aus freien Stücken ausziehen und in
Geduld die Unrast der Strasse wieder ertragen.» Doch der Abt neigte sich
vor ihm, küsste ihn und bat ihn, für ihn und alle Mönche bei Gott einzustehen: «ln deinem Tanze hast du Gott mit Leib und Seele geehrt. Uns
aber möge er alle wohlfeilen Worte verzeihen, die über die Lippen kommen, ohne dass unser Herz sie sendet.» (Quelle: Hubertus Halbfas, Der
Sprung in den Brunnen, Patmos, S. 135 ff)

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