Journal "Hilfe für die Füße"

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Journal "Hilfe für die Füße"
Hilfe für
die Füße
Viele Fragen haben Hauptsache Gesund zur
letzten Fußsendung erreicht. Zahlreiche
Zuschauer wollten wissen, was sie konkret
gegen brennende, gefühllose oder schmerzende Füße tun können. Grund genug für
die Redaktion, einige Fragen noch einmal
aufzugreifen.
„Meine Füße brennen häufig wie Feuer, besonders an den vorderen Fußsohlen“, schrieb uns Sabine Paul. Die Hitze in den Füßen
kommt immer wieder, am Tag und in der Nacht. Nur selten kann
sie durchschlafen. „Die Füße bestimmen mein Leben“, sagt die
Leipzigerin. Seit ihrer Kindheit lebt sie damit. Auch ihre Mutter
leidet unter brennenden Füßen. Kann man das erben, woher
kommt das?
Viele Ärzte haben sich um Klärung bemüht. Sabine Paul: „Es sind
Ströme der Nerven gemessen, aber es ist nichts festgestellt worden. Es wurde gesagt: Im Prinzip ist alles in Ordnung. Das ist bloß
ihr Empfinden.“ Sabine Paul gab sich nicht zufrieden, wollte wissen, was los ist. Die „Hauptsache Gesund“-Redaktion brachte die
Patientin mit Dr. Annemarie Kiehntopf zusammen. Die Neurologin
Sabine Paul mit Neurologin Dr. Annemarie Kiehntopf
im „Hauptsache Gesund“-Studio.
ist am Hufeland-Klinikum Weimar spezialisiert auf Empfindungsstörungen in den Füßen. Mit einem überraschend einfachen Test
diagnostiziert sie eine Polyneuropathie, die vorwiegend die kleinen Fasern betrifft. „Für diesen Thermotest nimmt man einfach
ein Glas mit Eiswasser und testet an unterschiedlichen Stellen am
Bein das Temperaturempfinden. Ist dieses unterschiedlich, sind
die kleinen Fasern der Nerven gestört.“ Sabine Paul ist erleichtert,
dass Ihre Missempfindungen offensichtlich doch krankheitsbedingt und keine Einbildung sind.
Diese Form der Polyneuropathie kann symptomatisch behandelt
werden, zum Beispiel mit Medikamenten. „Normale Schmerzmittel wirken weniger. Man nutzt dafür Antidepressiva und Antiepileptika, welche die Reizleitung der Nerven verändern und damit
die Schmerzen verringern“, sagt die Ärztin. Auch bringen eine
physiotherapeutische Behandlung mit Strom oder Schmerzpflaster und Cremes mit Capsaicin häufig Besserung.
Impulsgeber im Oberschenkel
Sehr bewegt hat die Zuschauer auch das Schicksal von Manuela
Röber. Vor drei Jahren änderte sich das Leben der damals 39-Jährigen abrupt. Sie bekam erst urplötzlich heftige Kopfschmerzen,
dann einen Schlaganfall. „Als ich aus dem Koma erwachte, war
meine gesamte linke Seite vom Kopf bis zu den Füßen gelähmt.“
Eine Reha bringt Besserung, doch das Laufen fällt weiterhin
schwer. Ihr linker Fuß will nicht gehorchen. Diagnose Fallfuß.
Durch den Schlaganfall gehen vom Gehirn keine Nervensignale
mehr aus, die das Abrollen regeln. Der Rollator wird Manuela Röbers ständiger Begleiter. Drei Jahre lang lebt sie mit diesem Problem, als Hilfe in Sicht kommt: eine High-Tech-OP an der Uniklinik
Magdeburg.
Neurochirurgen der Uniklinik Magdeburg setzten einer
Patientin eine sogenannte Neuroprothese ein. Dank
der aufwändigen Operation, die weltweit erst 50mal
durchgeführt wurde, kann die Patientin wieder laufen.
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HAUPTSACHE GESUND JOURNAL 05/2012
Dabei übernimmt eine sogenannte Neuroprothese die ausgefallene Hirnfunktion
und sendet die Impulse an die Muskulatur.
Dazu wird ein elektrischer Stimulator im
Oberschenkel unter die Haut implantiert.
(Im vorigen Heft hatten wir aus Versehen berichtet, dass der Stimulator im Gehirn angebracht wird. Das war falsch, wir
möchten das hiermit berichtigen.) An den
Waden werden um den Nerv, der die Fußhebung steuert, Elektroden gelegt und mit
dem Impulsgeber verbunden.
Nachdem die kleinen Wunden der jungen
Frau verheilt sind, kommen zwei weitere Komponenten ins Spiel, die außerhalb
des Körpers platziert werden: Dabei handelt es sich um ein Steuergerät und einen
Drucksensor, welcher unter die Ferse ge-
schoben wird. Jetzt kann der optimale Bewegungsablauf programmiert werden. Dr.
Lars Büntjen, Neurochirurg an der Uniklinik Magdeburg, erklärt das komplexe System: „Die Fußhebung besteht aus vielen
einzelnen Komponenten, und es werden
unterschiedliche Muskelgruppen aktiviert.
Bei dem Programmiervorgang findet man
die Muskelgruppen heraus, die wirklich
die Bewegung ausführen, die man haben
möchte. Das heißt, der Fuß kann sich zu
sehr zur einen oder anderen Seite drehen.
Das können wir damit herausfiltern.“
Was monatelange Physiotherapie nicht
vermochte, erreichte das elektronische Implantat binnen Minuten. Manuela Röber
läuft ihre ersten Schritte ganz allein. „Das
war ein wahnsinniges Gefühl. Der Fuß
knickt nicht mehr um, ich gehe sicher und
der rollt auch richtig ab, dass der Fuß sich
bewegt, ist einfach traumhaft“, sagt die
überglückliche die Hausfrau und Mutter.
In den vergangenen Wochen lernte sie, zunehmend besser zu laufen. An das leichte
Kribbeln im Fuß, das die Stromreize der
Neuroprothese verursachen, hat sie sich
gewöhnt. Durch den Trainingseffekt ist ihr
Gang sicherer geworden, auch für den Fall,
dass der Akku ihrer Prothese mal schlapp
macht. Mittlerweile geht sie wieder alleine
mit dem Hund raus. Manuela Röber hat zu
einem neuen Leben gefunden und macht
damit allen Patienten Mut, die ähnliche
Schicksalsschläge verkraften mussten.
J. Olsen
Sie fragen – Unsere Experten antworten
Nach einer Chemotherapie habe ich immer noch ein Taubheitsgefühl in den Füßen.
Geht das wieder weg?
Dr. Annemarie Kiehntopf: Häufig schon, weil sich die Nerven nach der Chemotherapie wieder
erholen. In seltenen Fällen kann das Gefühl aber auch bleiben. Wichtig ist, dass man die Schmerzen so schnell wie möglich und auch effektiv behandelt, weil sich sonst ein Schmerzgedächtnis
ausbildet und dann, obwohl sich die Nerven wieder erholen, ein Schmerz bestehen bleiben kann.
Medikamente und Physiotherapie können helfen sowie lokale Schmerzpflaster oder Capsaicin.
Man muss etwas ausprobieren, um zu sehen, welche Therapie am besten wirkt.
Wie gesund sind die Schuhe mit den runden Wackelsohlen für die Füße?
Dr. Alexander Leicht: Für fußgesunde Menschen sind sie sehr gut, weil sie eine stoßdämpfende
Wirkung haben. Alle Fußmuskeln müssen arbeiten, der ganze Körper wird aufgerichtet. Bei fußkranken Patienten ist die Sache etwas kritischer zu betrachten. Man muss es ausprobieren.
Dr. Annemarie Kiehntopf
Seit einem Vierteljahr habe ich schwitzende Füße, im Verlaufe des Tages wird es immer schlimmer und am Nachmittag zu einem richtigen Brennen. Was kann das sein?
Dr. Annemarie Kiehntopf: Das kann durchaus in die Richtung Polyneuropathie gehen. Ich denke,
es könnten die autonomen Fasern betroffen sein. Das sind Fasern, die für das vegetative Nervensystem, für das Schwitzen verantwortlich und in ihrem Fall vielleicht überreizt sind. Sie sollten sich
bei einem Neurologen vorstellen.
Meine Füße krampfen, meistens von den Zehen bis in den Ballen. Häufiger auch,
ohne dass ich meine Füße bewege. Was kann die Ursache sein und was kann ich
dagegen tun?
Dr. Alexander Leicht: Das ist schwer zu beantworten. Es kann sich dabei um das KompartmentDr. Alexander Leicht
syndrom handeln, welches zum Beispiel auftritt, wenn viel gejoggt wird und sich Flüssigkeiten in
den Räumen des Fußes ansammeln und die Muskeln dort überreizt werden.
Dr. Annemarie Kiehntopf: Es sollte auf alle Fälle vom Neurologen abgeklärt werden, da Verkrampfungen der Füße durchaus
ein Zeichen dafür sein können, dass Nervenschädigungen vorliegen.
Ich habe seit drei Wochen Tag und Nacht Schmerzen in der linken Ferse. Ich möchte gern wissen, ob die von
Krämpfen kommen oder könnte das ein Fersensporn sein?
Dr. Alexander Leicht: Möglicherweise kann das ein Fersensporn sein. Oder die Einengung eines Nervs an den Fersen. Lassen
Sie das von einem Arzt abklären.
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