Das Wichtigste zu Hartz IV

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Das Wichtigste zu Hartz IV
– Vorwort
– Drei dicke Pluspunkte
– 17 Fragen und Antworten
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Wie lange haben Arbeitsuchende Anspruch auf Arbeitslosengeld?
Wer hat Anspruch auf Arbeitslosengeld?
Wie hoch ist das Arbeitslosengeld?
Wie lange bekomme ich Arbeitslosengeld?
Wer hat Anspruch auf Arbeitslosengeld II?
Wer ist „erwerbsfähig”, wer ist „hilfebedürftig?“
Wie hoch ist das Arbeitslosengeld II?
Was ist mit Vermögen?
Wer ist zuständig?
Wie wird mir bei der Suche nach einer Ewerbstätigkeit geholfen?
Muss ich jede Arbeit annehmen?
Wann wird das Arbeitslosengeld II gekürzt?
Müssen die Bezieher von Arbeitslosengeld II zwangsweise
ihre Wohnungen räumen?
"Angemessen" – wie groß darf die Wohnung sein?
"Angemessen" – was darf die Wohnung kosten?
Was ist mit den Ersparnissen der Kinder?
Führt das SGB II zu Kinderarmut?
– Berechnungsbeispiele
– Anträge rasch stellen
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Vorwort
Liebe Leserinnen und Leser,
Hartz IV ist in aller Munde. Kritische Stimmen, Demonstrationen, aber auch viele Falschinformationen und Gerüchte verunsichern die Bürgerinnen und Bürger. Was
beinhaltet diese Reform wirklich?
Die Bundesregierung hat es bisher nicht geschafft, über
die Inhalte zu informieren und aufzuklären. Nach wie vor
erzählt jeder etwas anderes. Wir möchten Sie über die Kernpunkte der Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe informieren. Wir haben diesen
Kompromiss im Bundesrat mitgetragen. Unser Ziel in Hessen ist es, die rund
200.000 langzeitarbeitslosen Menschen in unserem Land besser und schneller
in Arbeit zu vermitteln.
Silke Lautenschläger
Hessische Sozialministerin
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Drei dicke Pluspunkte
Ziel der Arbeitsmarktreform Hartz IV ist es:
Langzeitarbeitslose besser zu betreuen,
schneller in Arbeit zu vermitteln und
Anreize zur Arbeitsaufnahme zu geben.
Die bisher getrennten Leistungssysteme der Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe
werden zum Arbeitslosengeld II zusammengeführt, damit Hilfe zukünftig aus
einer Hand erfolgen kann. Die Langzeitarbeitslosen werden besser gefördert,
aber auch gefordert, Arbeit anzunehmen.
Die Reform tritt am 1. Januar 2005 in Kraft.
17 Fragen und Antworten
Das Arbeitslosengeld II (Alg II) folgt in der Regel dem Arbeitslosengeld. Das
heißt, Arbeitsuchende erhalten ALG II, nachdem ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld abgelaufen ist.
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Wie lange haben Arbeitsuchende Anspruch auf Arbeitslosengeld?
Für die unter 45-Jährigen bleibt alles, wie es ist: Sie erhalten 12 Monate Arbeitslosengeld. Für die über 45-Jährigen gibt es neue Regelungen.
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Wer hat Anspruch auf Arbeitslosengeld?
Anspruch auf Arbeitslosengeld haben Arbeitsuchende, die während der letzten
drei Jahre vor Eintritt der Arbeitslosigkeit mindestens 12 Monate in einem
Versicherungspflichtverhältnis standen (zum Beispiel beitragspflichtig beschäftigt
waren), sich persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet haben und
eine neue Beschäftigung suchen.
Vorsprache bereits bei Kündigung erforderlich
Bereits nach Erhalt der Kündigung muss unverzüglich eine persönliche
Vorsprache bei der Agentur für Arbeit erfolgen, um spätere Leistungsnachteile
zu vermeiden.
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Wie hoch ist das Arbeitslosengeld?
Das Arbeitslosengeld beträgt 60 Prozent des pauschalierten letzten Nettoarbeitsentgelts (67 Prozent für Arbeitslose mit Kind).
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Wie lange bekomme ich Arbeitslosengeld?
Wer ab 1. Februar 2006 arbeitslos wird, erhält maximal 12 Monate Arbeitslosengeld,
über 55-Jährige maximal 18 Monate.
Großzügige Übergangsregelung bis Februar 2006
Wer bis 31. Januar 2006 arbeitslos wird und über 45 Jahre alt ist, erhält länger
Arbeitslosengeld:
• Unter 45-Jährige ein Jahr
• Unter 47-Jährige bis zu 18 Monate
• Unter 52-Jährige bis zu 22 Monate,
• Unter 57-Jährige bis zu 26 Monate und
• Über 57-Jährige bis zu 32 Monate.
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Wer hat Anspruch auf Arbeitslosengeld II?
Einen Anspruch auf diese Grundsicherung haben alle erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zwischen 15 und unter 65 Jahren sowie die im gemeinsamen Haushalt
lebenden Angehörigen, also zum Beispiel Ehe- oder Lebenspartner und Kinder
(Bedarfsgemeinschaft). Das Arbeitslosengeld II (ALG II) folgt, wenn das – sich
am letzten Nettolohn orientierende – Arbeitslosengeld I endet.
Personen, die bis zum 31. Januar 2006 arbeitslos werden, erhalten das Arbeitslosengeld I – wie bisher – für die Dauer von maximal 32 Monate (57-jährige und
ältere). Erst wenn diese Anspruchsdauer erschöpft ist, erhalten sie die neue
Grundsicherung ALG II.
Personen, die nach dem 31. Januar 2006 arbeitslos werden, erhalten das
Arbeitslosengeld I noch 12 Monate, beziehungsweise über 55-Jährigen noch 18
Monate.
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Wer ist „erwerbsfähig”, wer ist „hilfebedürftig?“
Erwerbsfähig sind diejenigen, die unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen
Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich arbeiten können.
Als hilfebedürftig gilt man, wenn man den eigenen Bedarf und den seiner im
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gemeinsamen Haushalt lebenden Angehörigen und Partner aus eigenen Mitteln
nicht oder nicht ganz decken kann.
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Wie hoch ist das Arbeitslosengeld II?
Erwerbsfähige Hilfebedürftige erhalten das Arbeitslosengeld II; nicht erwerbsfähige
Familienangehörige und Partner, die mit dem Betroffenen zusammenleben, so
genanntes Sozialgeld. Die Leistungen entsprechen in der Regel dem Niveau der
Sozialhilfe.
Bundesweit gibt es zwei unterschiedliche Pauschalen: Das Arbeitslosengeld II
beträgt 345 Euro monatlich in den alten und 331 Euro in den neuen Bundesländern.
Das Sozialgeld beträgt zum Beispiel für Kinder unter 14 Jahre im Westen 207
Euro, im Osten 199 Euro.
Wichtig: Zu diesen Beträgen kommen noch die notwendigen Unterkunftsund Heizkosten!
Freibeträge für Zuverdienste werden gegenüber der bisher geltenden Sozialhilfepraxis angehoben, um so stärkere Arbeitsanreize zu schaffen.
Beim Übergang vom Arbeitslosengeld I zum Arbeitslosengeld II wird für zwei Jahre
ein Zuschuss gezahlt. Er wird nach dem ersten Jahr halbiert.
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Was ist mit Vermögen?
Eigenes Vermögen wird angerechnet, wenn es die jeweils geltenden Freibeträge
übersteigt.
Wichtig: Muss ich meinen Spargroschen komplett auflösen? Eindeutig nein!
Die Regeln zur Vermögensanrechnung entsprechen im Wesentlichen – mit
leichten Verbesserungen – den Regelungen bei der derzeitigen Arbeitslosenhilfe
und sind deutlich großzügiger als bei der derzeitigen Sozialhilfe.
Frei von der Anrechnung bleibt für jeden Bezieher von Arbeitslosengeld II
und für seinen Partner
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Geldvermögen von 200 Euro pro Lebensjahr.
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Für jeden bleibt ein Mindestfreibetrag von 4.100 Euro und ein Höchstbetrag
von 13.000 Euro.
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Vor dem 1. Januar 1948 Geborene haben einen Freibetrag von 520 Euro
je vollendetem Lebensjahr bis zu einer Höchstgrenze von 33.800 Euro.
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Ein 40-jähriger kann demzufolge ein Geldvermögen von 8.000 Euro haben, ohne
dass es auf das Arbeitslosengeld II angerechnet wird. Seine Partnerin kann noch
einmal den gleichen Betrag haben ohne Anrechnung.
Ein 58-jähriger kann sogar anrechnungsfrei ein Geldvermögen von 30.160 Euro
behalten. Die gleiche Summe bleibt auch für den Partner anrechnungsfrei.
Für jedes Mitglied der Bedarfsgemeinschaft eines Beziehers von Arbeitslosengeld
II wird zusätzlich für notwendige Anschaffungen ein Freibetrag von 750 Euro vom
zu verwertenden Vermögen abgezogen.
Frei von der Anrechnung sind ebenfalls
• der Hausrat,
• für jeden in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Hilfebedürftigen ein angemessenes Auto sowie
• eine selbstgenutzte angemessene Eigentumswohnung bzw. ein selbstgenutztes angemessenes Hausgrundstück.
Frei von der Anrechnung sind auch
• das gesamte Vermögen aus der "Riester-Rente" ohne Obergrenze sowie
zusätzlich
• Vermögen zur Altersvorsorge (Kapitalversicherungen), wenn die Nutzung
vor Eintritt des Ruhestands ausgeschlossen ist, in Höhe von 200 Euro je
Lebensjahr des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und seines Partners bis
zur Höchstgrenze von jeweils 13.000 Euro.
Übersteigt der Rückkaufwert einer Lebensversicherung den Freibetrag, ist der
Vertrag aufzulösen und die überschüssige Summe zu verbrauchen. Liegt der
Rückkaufwert der Lebensversicherung jedoch um mehr als 10 Prozent unter der
Summe der eingezahlten Beiträge, ist es dem Arbeitslosen nicht zuzumuten, die
Versicherung aufzulösen.
Deutliche Verbesserungen gegenüber der Sozialhilfe
Die Regeln der Anrechnung von Vermögen bringen den Beziehern von Arbeitslosengeld II eine deutliche Verbesserung gegenüber der Sozialhilfe. Bei der Sozialhilfe
wird das gesamte Geld-, Grund- und Gebrauchsvermögen des Sozialhilfeempfängers und seines Partners angerechnet - ab 2005 bis auf einen Freibetrag von
1.600 Euro für den Sozialhilfeempfänger und 614 Euro für den Partner sowie 256
Euro für das Kind und ein selbstgenutztes angemessenes Wohneigentum. Geschützt
ist auch das Kapital einschließlich seiner Erträge aus der staatlich geförderten
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"Riesterrente". Ein Auto wurde dagegen nur in Ausnahmefällen nicht angerechnet,
wenn es zur Arbeitssuche und Arbeitsaufnahme unverzichtbar war.
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Wer ist zuständig?
Das Gesetz sieht beim SGB II eine geteilte Zuständigkeit vor:
Die Landkreise und kreisfreien Städte sind zuständig für
– die Leistungen für Unterkunft und Heizung,
– die Kinderbetreuungsleistungen,
– die Schuldner- und Suchtberatung,
– die psychosoziale Betreuung und
– die Übernahme von besonderen einmaligen Bedarfen (etwa die Erstausstattung
für Bekleidung und Wohnung oder Leistungen für mehrtägige Klassenfahrten).
Die Bundesagentur für Arbeit ist zuständig für alle übrigen Leistungen der
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Das sind insbesondere
– alle Leistungen zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt (wie z. B. Beratung,
Vermittlung, Beschäftigungsförderung und der beruflichen Weiterbildung),
– die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II,
Sozialgeld) mit Ausnahme der Kosten für Unterkunft und Heizung und den
besonderen einmaligen Bedarfen,
– der befristete Zuschlag nach dem Ende des Bezugs von Arbeitslosengeld.
Kommunen und Arbeitsagentur sollen bei der Erbringung der Leistungen eng
zusammenarbeiten, um unnötige Bürokratie zu vermeiden.
Die Option – eine Initiative Hessens:
Hessen ist überzeugt, dass die kommunalen Träger die Verantwortung für
Langzeitarbeitslose weit besser tragen können als die zentrale Bundesagentur
für Arbeit“, wie Ministerpräsident Roland Koch in einer Bundesratsdebatte erklärte.
Auf Initiative der Hessischen Landesregierung haben deshalb bundesweit 69
Landkreise bzw. kreisfreie Städte entgegen der oben geschilderten Regelung die
Option erhalten, die Bearbeitung des ALG II und die Arbeitsvermittlung in eigener
Zuständigkeit zu übernehmen. Diese so genannte Experimentierklausel wurde
gegen den ursprünglichen Willen der Bundesregierung geschaffen.
Ziel ist es, einen Wettbewerb um die erfolgreichsten Wege zur Arbeitsvermittlung
zu starten. Das Interesse der Kommunen an dieser Möglichkeit ist sehr groß. In
Hessen möchten 13 Kreise sowie die Stadt Wiesbaden die Option nutzen. Zunächst
werden jedoch nur fünf hessische Kommunen – das entspricht der Zahl der Sitze
des Landes im Bundesrat – diese Möglichkeit erhalten.
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10) Wie wird mir bei der Suche nach einer Ewerbstätigkeit geholfen?
Hilfebedürftige Menschen sollen sich möglichst bald wieder ihren Lebensunterhalt
ganz oder zumindest zum Teil selber verdienen. Dies soll vor allem durch bessere
und schnellere Betreuung und Vermittlung erreicht werden.
Persönliche Ansprechpartner helfen
Ein persönlicher Ansprechpartner erforscht durch ein eingehendes Gespräch
(Profiling) die Vermittlungshemmnisse, die einer Arbeitsaufnahme entgegenstehen.
Dann wird eine – für beide Seiten verbindliche – Eingliederungsvereinbarung
erstellt. Um diese intensive Beratung und Hilfe auch wirklich leisten zu können,
soll es für jeden Hilfebedürftigen einen persönlichen Ansprechpartner, den so
genannten Fallmanager, geben. Dieser soll in der Regel nicht mehr als 75
erwerbsfähige Hilfebedürftige und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft
lebenden Angehörigen betreuen.
Neue Leistungen
In der gemeinsam erarbeiteten Eingliederungsvereinbarung werden alle Anforderungen an die Eigenbemühungen des Hilfebedürftigen und die Eingliederungsleistungen der Träger der Grundsicherung aufgenommen. Die oder der Hilfebedürftige
erhält die Leistungen, die für seine Eingliederung in Arbeit erforderlich sind. Dies
sind insbesondere die im Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) geregelten
Leistungen wie z. B. Trainingsmaßnahmen. Darüber hinaus kann der persönliche
Ansprechpartner weitere, dem individuellen Bedarf angepasste Leistungen wie
zum Beispiel die erforderliche Arbeitskleidung oder die Finanzierung eines
Führerscheins gewähren.
Arbeit für junge Menschen
Wer jünger als 25 Jahre ist und einen Antrag auf Leistungen der Grundsicherung
für Arbeitsuchende stellt, wird künftig sofort in Arbeit oder Ausbildung vermittelt.
Wenn es keine Ausbildungsstelle für die junge Frau oder den jungen Mann gibt,
wird ihr oder ihm eine Arbeit oder eine befristete Arbeitsgelegenheit angeboten,
die möglichst auch zur Besserung der beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten
beitragen soll. Hierfür wird auch auf das Angebot kommunaler Träger zurückgegriffen
werden.
Arbeit lohnt sich
Wer arbeitet, und sei es auch nur in einem Mini-Job, hat auf jeden Fall mehr in
der Tasche, als jemand, der keine Eigeninitiative zeigt. Es ergeben sich bereits
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im untersten Einkommensbereich finanzielle Arbeitsanreize. Sie erhöhen sich
deutlich bei Tätigkeiten mit einem Monatsverdienst über 400 EUR.
Zugleich wird der Bereich, ab dem jeder hinzuverdiente Cent in voller Höhe auf
das Arbeitslosengeld II angerechnet wird, künftig erst bei monatlichen Bruttoeinnahmen von mehr als 1.500 EUR erreicht. Damit ist die Anreizspanne zur
Arbeitsaufnahme im Bruttolohnbereich mehr als doppelt so hoch wie in der
bisherigen Sozialhilfepraxis (rund 690 EUR). Hierdurch werden vor allem Familien
begünstigt.
Berechnung des Freibetrages bei einer Erwerbstätigkeit:
Bei der Bestimmung des Freibetrages für Erwerbstätige nach § 30 SGB II wird
zunächst das „Nettoeinkommen“, d. h. das Bruttoeinkommen aus der Erwerbstätigkeit nach Abzug der Steuern, bestimmter Versicherungen, der Werbungskosten
und der Sozialversicherungsbeiträge, bestimmt.
• In der ersten Stufe bleiben von diesem Einkommen 15 % des Teils anrechnungsfrei, der auf den Bruttolohn bis 400 Euro entfällt.
• In der zweiten Stufe bleiben 30 % des Teils des „Nettoeinkommens“ anrechnungsfrei, der auf den Teil des Bruttoeinkommens entfällt, der zwischen
400,01 Euro und 900 Euro liegt,
• In der dritten Stufe bleiben 15 % des Teils des „Nettoeinkommens“ anrechnungsfrei, der auf den Teil des Bruttoeinkommens zwischen 900,01 Euro und 1500
Euro entfällt.
Einen Grundfreibetrag, bis zu dem das gesamte Einkommen immer anrechnungsfrei
ist (wie bislang bei Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe 165 Euro monatlich),
gibt es nicht mehr.
Einstiegsgeld
Neu ab dem 1. 1. 2005 ist auch die Möglichkeit eines Lohnzuschusses
(„Einstiegsgeld“). Die Leistung können erwerbsfähige Hilfebedürftige erhalten,
wenn sie eine Arbeit annehmen, deren Bezahlung zur Deckung des Lebensunterhalts
nicht ausreicht. Der persönliche Ansprechpartner entscheidet, ob das Einstiegsgeld
notwendig ist, um zur Aufnahme einer Arbeit zu motivieren und in welcher Höhe
es geleistet wird. Auf das Einstiegsgeld besteht kein Rechtsanspruch.
Soziale Sicherung
Für alle erwerbsfähigen Hilfebedürftigen werden künftig Beiträge in die Krankenund Pflegeversicherung gezahlt, soweit nicht bereits eine Familienversicherung
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vorliegt. Zudem sind sie auch in der gesetzlichen Rentenversicherung auf der
Basis des Mindestbeitrages versichert. Damit bekommen erwerbsfähige Hilfebedürftige, die früher Sozialhilfe bezogen haben, erstmals eine eigene Absicherung
für das Alter und eine generelle Pflichtversicherung in der gesetzlichen Krankenund Pflegeversicherung.
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11) Muss ich jede Arbeit annehmen?
Zumutbare Arbeit
Wer Hilfe erhält, muss selber alles tun, um die Abhängigkeit von staatlicher
Unterstützung so schnell wie möglich zu beenden. Den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen ist deshalb jede Arbeit zumutbar. Eine Arbeit darf nicht allein deswegen
abgelehnt werden,
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weil sie nicht dem früheren Beruf oder der Ausbildung entspricht,
weil der Beschäftigungsort weiter entfernt ist als der frühere,
weil die Bedingungen ungünstiger sind als bei der letzten Tätigkeit.
Auch eine Entlohnung unterhalb des Tariflohns oder des ortsüblichen Entgelts
steht der Zumutbarkeit der Arbeitsaufnahme grundsätzlich nicht entgegen. Allerdings
darf die Arbeit nicht gegen Gesetz oder die guten Sitten verstoßen.
Nicht zumutbare Arbeit
Arbeit ist nicht zumutbar, wenn:
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der Hilfebedürftige dazu geistig, seelisch und körperlich nicht in der Lage ist,
die Arbeit dem Hilfebedürftigen die künftige Ausübung seiner bisherigen
überwiegenden Tätigkeit wesentlich erschweren würde, weil die bisherige
Tätigkeit besondere körperliche Anforderungen stellt,
die Arbeit die Erziehung eines Kindes oder des Kindes seines Partners gefährden würde. Die Erziehung eines Kindes, das das dritte Lebensjahr vollendet
hat, ist in der Regel nicht gefährdet, soweit seine Betreuung in einer Tageseinrichtung oder in Tagespflege oder auf sonstige Weise sichergestellt ist.
die Arbeit mit der Pflege eines Angehörigen nicht vereinbar wäre und
die Pflege nicht auf andere Weise sichergestellt werden kann,
der Ausübung der Arbeit ein sonstiger wichtiger Grund entgegensteht.
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12) Wann wird das Arbeitslosengeld II gekürzt?
Wer eine zumutbare Arbeit, Ausbildung, Arbeitsgelegenheit oder Eingliederungsmaßnahme ablehnt, dem wird das Arbeitslosengeld II für drei Monate um etwa
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100 Euro gekürzt. Das gilt auch bei fehlender Eigeninitiative bei der Jobsuche.
Gleichzeitig entfällt auch der befristete Zuschuss, der beim Übergang von
Arbeitslosengeld zum Arbeitslosengeld II gezahlt wird.
Es können in diesen Fällen ergänzend Sach- oder geldwerte Leistungen erbrachwerden. Wenn Jugendliche unter 25 Jahren eine zumutbare Erwerbstätigkeit,
Ausbildung, Eingliederungsmaßnahmen oder Arbeitsgelegenheit ablehnen, so
erhalten sie für drei Monate keine Geldleistung. Kosten für Unterkunft und
Heizung werden in dieser Zeit unmittelbar an den Vermieter gezahlt. Der Zugang
zu Beratung und Betreuung und allen Eingliederungsleistungen bleibt während
dieser Zeit aber erhalten. Ebenso können in diesen Fällen ergänzend Sach- oder
geldwerte Leistungen erbracht werden.
Wer als erwerbsfähiger Hilfebedürftiger trotz aller Anstrengungen hilfebedürftig
bleibt, bekommt Leistungen zum Lebensunterhalt für sich und die Personen, die
mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft leben, aus einer Hand im Job-Center.
Erwerbsfähige Hilfebedürftige erhalten Arbeitslosengeld II; nicht erwerbsfähige
Hilfebedürftige, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in Bedarfsgemeinschaft
leben, erhalten Sozialgeld.
Diese beiden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts entsprechen in der
Regel dem Niveau der Sozialhilfe. Die Hilfebedürftigen erhalten einen einheitlichen
Leistungsbescheid, den die Arbeitsgemeinschaft erlässt. Damit bekommen
erwerbsfähige Hilfebedürftige und ihre Angehörigen eine einheitliche, bedarfsdeckende Leistung. Ansprüche auf aufstockende Sozialhilfe gibt es für Menschen,
die Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld beziehen grundsätzlich nicht mehr.
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13) Müssen die Bezieher von Arbeitslosengeld II zwangsweise ihre Wohnungen räumen?
Jeder Alg-II-Bezieher erhält – wie bisher Sozialhilfe- und ArbeitslosengeldEmpfänger auch – "angemessene" Leistungen für Unterkunft und Heizung. Die
Kriterien der gegenwärtigen Sozialhilfepraxis bleiben weiterhin gültig. Deshalb
leben die meisten zukünftigen Bezieher von Alg-II bereits in Wohnungen, die im
Sinne der Sozialhilfe oder des Hartz IV Gesetzes als "angemessen" gelten. Es
wird deshalb keine massenweisen "Zwangsumzüge" in billigere, kleinere Wohnungen
geben.
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14) "Angemessen" - wie groß darf die Wohnung sein?
Die angemessene Grundfläche einer Wohnung richtet sich nach Regeln der
Förderwürdigkeit im sozialen Wohnungsbau. Danach soll auf jedes Familienmitglied
ein Raum entfallen. Im Durchschnitt können dabei folgende qm-Zahlen als
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angemessen angesehen werden:
1 Person: circa 45 - 50 qm
2 Personen: circa 60 qm oder 2 Wohnräume
3 Personen: circa 75 qm oder 3 Wohnräume
4 Personen: circa 85 - 90 qm oder 4 Wohnräume
sowie für jedes weitere Familienmitglied circa 10 qm oder 1 Wohnraum mehr.
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15) "Angemessen" - was darf die Wohnung kosten?
Die Kosten richten sich nach den individuellen Verhältnissen des Einzelfalles,
insbesondere der Zahl der Familienangehörigen, nach ihrem Alter, Geschlecht
und ihrem Gesundheitszustand. Der angemessene Preis je qm bestimmt sich
nach demjenigen vergleichbarer Wohnungen im unteren Bereich am Wohnort und
lässt sich insbesondere örtlichen Mietspiegeln entnehmen.
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16) Was ist mit den Ersparnissen der Kinder?
Auch wenn Kinder Sparguthaben besitzen, erhalten die Eltern weiterhin den vollen
Regelsatz des Arbeitslosengeldes II. Lediglich das Sozialgeld für das Kind entfällt,
wenn das Vermögen des Kindes den gesetzlichen Freibetrag übersteigt. Die
Auszahlung des Regelsatzes ist möglich, weil ab 1. Januar 2005 das Vermögen
von Kindern nicht den Eltern oder der Bedarfsgemeinschaft zugerechnet wird.
Wichtig: Das ist eine deutliche Verbesserung gegenüber der bisherigen
Sozialhilfe!
Privilegierung des Kindes bei der Anrechnung
Das Vermögen des Kindes wird daher nicht zur Finanzierung der Eltern oder
sonstiger Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft herangezogen. Die Privilegierung
des Kindes liegt also darin, dass sein Vermögen nicht den Eltern angerechnet
wird, sondern nur für den eigenen Lebensunterhalt des Kindes bestimmt ist.
Wie hoch ist das Sozialgeld für bedürftige Kinder?
Das Vermögen (oder Einkommen) minderjähriger Kinder wird nur dann berücksichtigt, wenn es die Freibetragsgrenze überschreitet. Ab dem 1. Januar 2005 soll
der Vermögensfreibetrag für Kinder von Geburt an 4.100 EUR betragen. Bisher
war dieser Freibetrag erst für Kinder ab dem 15. Lebensjahr vorgesehen. Zusätzlich
steht jedem Kind ein Freibetrag von 750 EUR für besondere Anschaffungen zu.
Die Eltern erhalten kein Sozialgeld für ein Kind, das über Vermögen oberhalb des
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Freibetrages verfügt. Das gilt so lange, bis das Kind das über dem Freibetrag
liegende Vermögen verbraucht hat.
Denn das Sozialgeld für das Kind ist - ebenso wie das Arbeitslosengeld II - keine
Versicherungsleistung. Es ist vielmehr steuerfinanziert und wird deswegen nur an
Bedürftige ausgezahlt.
Missbrauch verhindern
Nach der Sozialgesetzgebung wurden "Kindersparbücher" auch bislang schon in
die Bedürftigkeitsprüfung mit einbezogen. Damit wird verhindert, dass anrechenbares
Vermögen der Eltern unberücksichtigt bleibt, da es auf den Konten ihrer Kinder
"geparkt" wird.
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17) Führt das SGB II zu Kinderarmut?
Das SGB II sieht mit dem Kinderzuschlag eine gezielte Förderung gering verdienender Eltern vor, die zusammen mit dem SGB 2 am 1. Januar 2005 in Kraft
treten wird. Der Kinderzuschlag wird an Eltern gezahlt, die zwar mit ihren Einkünften
ihren eigenen Unterhalt bestreiten können, nicht aber den ihrer Kinder. Sie wären
ohne Kinderzuschlag auf Arbeitslosengeld II angewiesen, mit Kinderzuschlag kann
die Familie von ihren eigenen Einkünften leben.
Der Kinderzuschlag kann monatlich bis zu 140 Euro je Kind betragen. Zusammen
mit dem Kindergeld von monatlich 154 Euro und gegebenenfalls zusätzlich
Wohngeld deckt er den durchschnittlichen Bedarf von Kindern.
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Berechnungsbeispiele
a) Alleinstehender in den westdeutschen Bundesländern:
1) Ehemaliges Einkommen 2.000 Euro
Arbeitslosengeld II
Mit Übergangszuschlag 1. Jahr:
Mit Übergangszuschlag 2. Jahr:
Ab dem 2. Jahr dann regulär:
741 Euro
696 Euro
651 Euro
Arbeitslosenhilfe
mit Wohngeld (2004)
709 Euro
709 Euro
709 Euro
Fazit: In diesem Fall liegt das Arbeitslosengeld II im ersten Jahr um 32 Euro höher.
Im zweiten Jahr sind es 13 Euro weniger, ab dem dritten Jahr 58 Euro weniger.
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2) Ehemaliges Einkommen 2.800 Euro
Arbeitslosengeld II
Mit Übergangszuschlag 1. Jahr:
Mit Übergangszuschlag 2. Jahr:
Ab dem 2. Jahr dann regulär:
811 Euro
731 Euro
651 Euro
Arbeitslosenhilfe
mit Wohngeld (2004)
851 Euro
851 Euro
851 Euro
Fazit: Bei höherem Einkommen kommt es - trotz Übergangszuschuss - zu einem
geringeren Einkommen. Das liegt daran, dass der Übergangszuschlag höchstens
160 Euro beträgt. Im ersten Jahr ist das Einkommen um 40 Euro niedriger, im
zweiten um 120 Euro und ab dem zweiten Jahr um 200 Euro.
Grundberechnung Arbeitslosengeld II in den westdeutschen Bundesländern
Regelleistung ALG II: 345 Euro + 306 Euro für Unterkunft (mit Miete und Heizung)
= Gesamt: 651 Euro (Angerechnetes Vermögen/Einkünfte: 0 Euro).
b) Alleinstehender in den ostdeutschen Bundesländern:
1) Ehemaliges Einkommen 2.000 Euro
Arbeitslosengeld II
Mit Übergangszuschlag 1. Jahr:
Mit Übergangszuschlag 2. Jahr:
Ab dem 2. Jahr dann regulär:
736 Euro
687 Euro
637 Euro
Arbeitslosenhilfe
mit Wohngeld (2004)
709 Euro
709 Euro
709 Euro
Fazit: In diesem Fall liegt ALG II im ersten Jahr um 27 Euro höher. Im zweiten
Jahr sind es 22 Euro wenig, ab dem dritten Jahr dann 72 Euro weniger.
2) Ehemaliges Einkommen 2.800 Euro
Arbeitslosengeld II
Mit Übergangszuschlag 1. Jahr:
Mit Übergangszuschlag 2. Jahr:
Ab dem 2. Jahr dann regulär:
797 Euro
717 Euro
637 Euro
Arbeitslosenhilfe
mit Wohngeld (2004)
851 Euro
851 Euro
851 Euro
Fazit::Bei höherem Einkommen kommt es - trotz Übergangszuschuss - zu einem
geringeren Einkommen. Das liegt daran, dass der Übergangszuschlag höchstens
160 Euro beträgt. Das Arbeitslosengeld II liegt in diesem Fall im ersten Jahr um
53 Euro niedriger, im zweiten um 134 Euro und ab dem dritten Jahr um 214 Euro.
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Grundberechnung Arbeitslosengeld II in den ostdeutschen Bundesländern
Regelleistung ALG II: 331 Euro + 306 Euro für Unterkunft (mit Miete und Heizung)
= Gesamt: 637 Euro (Angerechnetes Vermögen/Einkünfte: 0 Euro)
Anträge rasch stellen
Anträge auf Arbeitslosengeld II sollten möglichst rasch gestellt werden. Die
16seitigen Vordrucke werden derzeit von der Bundesagentur für Arbeit verschickt.
Beim Ausfüllen des Antrags helfen das örtliche Arbeitsamt oder das örtliche
Sozialamt. Für die bisherigen Empfänger von Sozialhilfe gibt es verkürzte Anträge,
die beim Sozialamt erhältlich sind.
Eine Servicenummer für Antragsteller hat die Bundesagentur für Arbeit eingerichtet.
Sie lautet
01801-012012
und ist montags bis freitags von 8 bis 18 Uhr zum Ortstarif zu erreichen.
Hrsg.: Hessisches Sozialministerium; Redaktion: Rolf Keil, Petra Müller-Klepper (verantwortlich); Stand: 17. August 2004
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