Agenda Rüstung
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Agenda Rüstung
D 8512 50. Jahrgang NACHRICHTEN POLITIK ILÜ 2014 Rund 3000 Soldaten von Heer, Streitkräftebasis und Sanitätsdienst trainieren auf der Informationslehrübung. Seite 6/7 Nr. 40 Montag, 13. Oktober 2014 Agenda Rüstung Verteidigungsministerin von der Leyen zieht erste Konsequenzen aus dem Expertengutachten. STREITKRÄFTE Freifaller-Workshop Multinationale Spezialkräfte treffen sich zum Erfahrungsaustausch in Altenstadt und springen gemeinsam. Seite 8 GESCHICHTE Für die Freiheit Vor 25 Jahren erreichen die Montagsdemonstrationen in Leipzig mit mehr als 100 000 Menschen ihren Höhepunkt. Seite 9 SPORT Edelmetall errungen Foto: Wilke/RedBw Die deutsche Mannschaft erkämpft bei der Militärweltmeisterschaft im Ringen neun Medaillen. Seite 10 DIE BUNDESWEHR IM INTERNET Rüstung in vier Bänden: Das 1500-seitenstarke Gutachten eines Beraterkonsortiums spricht Klartext über den Stand der Projekte. www.bmvg.de www.youtube.com/bundeswehr www.facebook.com/bundeswehr www.twitter.com/bundeswehrInfo www.flickr.com/photos/ augustinfotos www.wirdienendeutschland.de gesellschaft P3 und der Kanzlei Taylor Wessing zu den laufenden Rüstungsprojekten entgegen genommen. Die „Bestandsaufnahme und Risikoanalyse zentra- ler Rüstungsprojekte der Bundeswehr“ zeige zusammen mit der Expertise des Hauses „Schwachstellen und den Handlungsbedarf“ auf, so die Ministerin. Mit der „Agenda Rüstung“ zieht sie nun erste Konsequenzen aus dem Gutachten. (eb) Fortsetzung Seite 3 Ausbildung an Feldküchen Garlstedt. Zehn Peschmerga aus dem Nordirak absolvieren derzeit eine Ausbildung an der Logistikschule der Bundeswehr. Die kurdischen Offiziere und Unteroffiziere lassen sich von deutschen Ausbildern in der Nutzung von mobilen Feldküchen unterweisen. Im Anschluss an den siebentägigen Lehrgang werden die Teilnehmer ihre Kameraden im Nordirak im Umgang mit den von der Bundeswehr zur Verfügung gestellten Küchen schulen. Der Lehrgang ist speziell auf die Bedürfnisse der kurdischen Soldaten zugeschnitten. Vor allem machen sie sich mit den technischen Besonderheiten der Feldküchen vertraut. „In dieser Zeit kann man selbstverständlich keine Sterneköche hervorbringen, aber wir vermitteln eine vernünftige Ausbildung zum sicheren Betrieb der Feldküchen“, sagt Oberst Georg von Harling, der Leiter des Bereichs Lehre und Ausbildung an der Logistikschule. „In Absprache mit den Peschmerga werden wir in den kommenden Tagen regionale kurdische Gerichte auf den Feldküchen zubereiten“, erklärt der Lehrgangsleiter, Kapitänleutnant Marcus Görtz. Die Peschmerga zeigten sich von Beginn an hoch motiviert. Im Namen der Delegation bedankte sich der kurdische Stabsfeldwebel Chakdar bei den Deutschen für die Möglichkeit, diesen Lehrgang zu besuchen. „Wir benötigen gute Ausrüstung und gute Ausbildung“, betonte der kurdische Soldat. Von Harling hob hervor, dass die Bundeswehr Gerät abgibt, das in dieser Form auch von den deutschen Streitkräften genutzt werde: „Das sieht man schon daran, dass wir an der Logistikschule im Jahr etwa 150 Köche an diesen Feldküchen ausbilden. “Die mobilen Küchen seien nach wie vor ein wichtiges Mittel, um Truppen im Feld mit warmer Verpflegung zu versorgen. So ist die „Taktische Feldküche 250“ für die Zubereitung von 250 Mahlzeiten konzipiert. Zehn von insgesamt 25 Feldküchen wurden am vergangenen Freitag zusammen mit anderem Material vom Flug- Der Beitrag „Ausbildung an hafen Halle-Leipzig in den Nor- der Feldküche“ unter www. dirak geflogen. (eb) youtube.com/bundeswehr. Foto: Bundeswehr www.bundeswehr.de Berlin. Am vergangenen Montag hat Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen das Expertengutachten der Unternehmensberatung KPMG, der Ingenieur- 2 aktuell INTERN 13. Oktober 2014 IMPRESSUM ZITAT EDITORIAL Herausgeber und verantwortlich für den Inhalt: Bundesministerium der Verteidigung Presse- und Informationsstab Stauffenbergstraße 18, 10785 Berlin „Es war magisch und irdisch zugleich“ Redaktionsanschrift: Redaktion der Bundeswehr Bundeswehr aktuell Reinhardtstraße 52, 10117 Berlin Telefon: (0 30) 886 228 - App Fax: (0 30) 886 228 - 20 65, BwFw 88 41 E-Mail: [email protected] Bundespräsident Gauck beschreibt in seiner „Rede zur Demokratie“ in Leipzig die Montagsdemonstrationen am 9. Oktober 1989. „Vor der Einheit kam die Freiheit“, sagte Bundespräsident Joachim Gauck am vergangenen Donnerstag im Leipziger Gewandhaus. Er würdigte bei dem Festakt die friedliche Revolution vor 25 Jahren und erinnerte zugleich an das Unrecht in der DDR. Im Oktober 1989 erreichten die Montagsdemonstration in Leipzig mit 100 000 Menschen ihren Höhepunkt (S.9). Einen Monat später fiel die Mauer und veränderte das Leben von fast 17 Millionen DDR-Bürgern drastisch, auch meines. Ohne diese mutigen Menschen wäre mein Leben gänzlich anders verlaufen und ich würde heute nicht Deutschland „in Freiheit dienen“. Dafür bin ich unbeschreiblich dankbar. Dass dieser Freiheitskampf friedlich vonstatten ging ist nahezu ein Wunder. In diesen Tagen wird uns erneut bewusst, dass es auch anders geht. Seit Wochen leider beherrscht die Schlacht um die irakische Stadt Kobane die Schlagzeilen (S.4). Die Bundeswehr setzt indessen die Unterstützung der Peschmerga fort (S.1). Derzeit absolvieren zehn Kurden an der Logistikschule der Bundeswehr im niedersächsischen Garlstedt ihre Ausbildung. Ein weiterer Krisenherd bleibt Westafrika und die Ebola-Epi- Leitender Redakteur: Major Torsten Sandfuchs-Hartwig (tsh, App: 24 20) Vertreter und Politik: Jörg Fleischer (jf, App: 24 21) Streitkräfte: Hauptmann Patricia Franke (pfr, App: 24 22) Sport/Vermischtes: Stefan Rentzsch (sr, App: 24 22 / 28 42) Redaktionelle Mitarbeit: Jan Rippl (rip, App: 24 22) Mediendesign: Eva Pfaender (epf, App: 24 23) aktuell als E-Paper und im pdf-Format: Auf www.bundeswehr.de abrufbar Satz: Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr, DL I 4 Zentraldruckerei Köln/Bonn Intranet: http://zentraldruckerei.iud Druck: Westdeutsche Verlags- und Druckerei GmbH Kurhessenstr. 4-6, 64546 Mörfelden-Walldorf Erscheinungsweise: Wöchentlich montags Auflage: 45 000 Exemplare KALENDERBLATT Vor 35 Jahren: Am 17. Oktober 1979 erhält Mutter Teresa von Kalkutta in Anerkennung ihres Einsatzes für die Ärmsten der A rmen den Friedensnobelpreis. Vor 40 Jahren: Am 14. Oktober 1974 eröffnet die schwedische Möbelfirma IKEA ihre erste Filiale in Deutschland. Das Unternehmen, das 1943 für 10 Kronen eingetragen wurde, ist längst zu einem der weltweit größten Möbelhäuser aufgewachsen. Vor 55 Jahren: Am 19. Oktober 1959 eröffnet in Aachen die erste Diskothek der Welt, der Scotch-Club. Vor 65 Jahren: Am 19. Oktober 1949 wird in Köln der Ausschuss für Wirtschaftsfragen der industriellen Verbände gegründet, der sich wenig später in Bundesverband der Deutschen Industrie umbenennt. ISSN: 1618-9086 Vor 130 Jahren: Am 13. Oktober 1884 beschließen 25 Staaten, den Nullmeridian auf die Sternwarte (Royal Observatory) in Greenwich bei London zu legen. Aufgrund des neuen Systems entsteht ein weltweites Netz von exakten Ortsangaben und Zeitzonen, mit dessen Hilfe eine genaue Orientierung möglich wird. Für unverlangt eingesandte Manuskripte, Filme, Fotos und Zeichnungen wird keine Gewähr übernommen. Namensbeiträge geben die Meinung des Verfassers wieder. Sie entsprechen nicht unbedingt der Auffassung der Redaktion oder des BMVg. Nachdruck nur mit Genehmigung der Redaktion. Leserbriefe per E-Mail werden nur mit wirklichem Namen und Adresse berücksichtigt, außerdem behält sich die Redaktion das Recht auf Kürzung vor. Vor 135 Jahren: Am 19. Oktober 1879 entwickelt der US-amerikanische Erfinder Thomas Edison nach mehrjährigen Studien in seinem Labor die erste Glühbirne. Nachdem sie mehr als 40 Stunden ununterbrochen brannte, waren Ausdauer und Produktionsreife der Erfindung bewiesen. (eb) Verteilung innerhalb der Bundeswehr: Akademie der Bundeswehr für Information und Kommunikation - Abt. S4 Proetzeler Chaussee 20, 15344 Strausberg Telefon: (030) 886 228-2670 E-Mail: akbwinfokomzredbwmedienvertrieb@ bundeswehr.org demie. Die Bundeswehr entsandte ein sogenanntes „Fact Finding Team“ nach Liberia. Die Bundeswehrärzte erkunden und analysieren vor Ort wie die Bundeswehr bei der Bekämpfung noch gezielter als bisher unterstützen kann. Unter ihnen ist auch Oberfeldarzt Hinrich Sudeck. Er war bereits vor zehn Jahren im Kongo und berichtet über seine Erfahrungen im Kampf gegen Ebola (S.8). In der vergangenen Woche wurde der Expertenbericht zu Rüstungsprojekten der Verteidigungsministerin übergeben (S.1.) Das Gutachten enthält eine Bestandsaufnahme und Risikoanalyse zentraler Rüstungsprojekte der Bundeswehr. Die Ministerin hatte Anfang des Jahres eine umfangreiche Überprüfung von zentralen Rüstungsprojekten angewiesen. Nun heiße es „Nach vorne schauen und die Probleme anpacken“, erklärte von der Leyen. Patricia Franke Redakteurin Streitkräfte Foto: Hannemann/RedBw BILD DER WOCHE „Killertomate“: Das aufblasbare Ziel wird für das für das anschließende Seezielschießen mit dem Marineleichtgeschütz des Minenjagdboots „Homburg“ ins Wasser gelassen. 13. Oktober 2014 MINISTERIUM / HINTERGRUND Agenda Rüstung aktuell Georgischer Armeechef zu Besuch Fortsetzung von Seite 1 Aufgrund einer ersten Bewertung der Ergebnisse des Gutachtens sowie im Rüstungsbereich geleisteter interner Arbeit wurden unter der Leitung von Staatssekretärin Katrin Suder die Stoßrichtungen für eine umfassende Agenda Rüstung entwickelt. Sie bilden jetzt die Grundlage für die anstehende Optimierung im Management der Rüstungsprojekte sowie für die Verbesserung der Transparenz gegenüber Parlament und Öffentlichkeit. Danach müssen sich alle Rüstungsprojekte an übergeordneten rüstungspolitischen Prioritäten orientieren. Aspekte wie Transparenz, der Erhalt von Schlüsseltechnologien sowie die Stärkung der multinationalen Kooperation werden dabei berücksichtigt. Das Parlament soll besser informiert und eingebunden werden. Aber auch das Vertrags- und Lieferantenmanagement wird verbessert, Portfolio- und Projektmanagement gestärkt. Mit der Einführung eines neuen Risikomanagements soll zudem das Berichtswesen optimiert und die Meldekette verkürzt werden. Dazu gehört auch der von der Verteidigungsministerin geforderte neue Umgang bezüglich der Fehlerkultur. Es geht darum, frühzeitig die Risi- ken bei Milliarden-Projekten zu benennen. Ein weiteres strategisches Ziel der Agenda ist die Schließung von Fähigkeitslücken. Noch in diesem Jahr sollen dem Bundestag mehrere Beschaffungsentscheidungen zur Beratung vorgelegt werden – als Voraussetzung für anschließende Abschlüsse von Rüstungsverträgen. Auch die Mängel bei der materiellen Einsatzbereitschaft will die Agenda Rüstung anpacken. So wird die Einsatzlage aller Hauptwaffensysteme geprüft. Task Forces für Flugzeuge und Hubschrauber wurden bereits eingerichtet. Angesichts neuer sicherheits politischer Herausforderungen, die auch die materielle Ausrüstung von Streitkräften betreffen können, wird unter der Leitung von Staatssekretärin Suder das Projekt „Sicherheitstechnologien der Zukunft“ aufgesetzt. Ziel ist es, eine Strategie zu den für die Bundeswehr relevanten Technologiebereichen zu entwickeln und diese in die Planung und Realisierung von Rüstungsprojekten einfließen zu lassen. Für die Bewertung der Ausrüstungs-, Einsatzbereitschafts- und Fähigkeitslage wird ein einheitliches, klar definiertes Kennzahlensystem entwickelt. (eb) Ministerin fordert Transparenz und neue Fehlerkultur Berlin. In einer Aktuellen Stunde hat Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen am vergangenen Mittwoch zum externen Gutachten über das Beschaffungswesen der Bundeswehr im Bundestag Stellung genommen. „Es ist eine schonungslose Analyse – wir haben in den vergangenen Tagen viel darüber geredet –, aber sie war nötig“, betonte die Ministerin im Plenum. Demnach gebe es einen Stau in der Rüstungsbeschaffung. „Das, was bestellt worden ist, kommt Jahre zu spät und weit überteuert. Deshalb haben wir die Verpflichtung, mit dem Material, das wir haben, das bewährt, aber betagt ist, viel länger zu arbeiten“, sagte die Ministerin. Der Materialerhalt müsse deshalb intensiviert werden. In der Vergangenheit habe zu Recht der Fokus auf den Auslandseinsätzen gelegen, damit die Bundeswehr die ihr auferlegten Aufträge mit hochmodernem Material erfüllen konnte. „Die Konzentration auf die Einsätze hat aber auch dazu geführt, dass im Grundbetrieb nicht genügend hingeschaut worden ist“, erklärte die Ministerin. Dies werde angesichts der stärkeren Bedeutung der Landes- und Bündnisverteidigung jetzt sichtbar. Deshalb müsse nun mehr Geld für Instandhaltung und Wartung eingesetzt werden. Darüber hinaus forderte die Ministerin ein transparenteres und effizienteres Management der Rüstungsprojekte. So müssten Projektleiter einen unmittelbaren Zugang zur Leitung haben, um Probleme frühzeitig zu melden, damit diese frühzeitig erkannt und abgestellt werden können. „Das spart Zeit und Geld. Diesen Weg werden wir jetzt einschlagen“, bekräftigte von der Leyen. Dafür müsse auch eine Fehlerkultur entwickelt werden, in der Risiken offen benannt werden. Beim Thema „Priorisierung und Schlüsseltechnologien“ gehe es um die Frage, in welchen Bereichen der militärische Bedarf im nationalen Rahmen gedeckt werden müsse, um souverän zu bleiben. Es könne jedoch nicht alles zur Schlüsseltechnologie erklärt werden. „Wenn wir alles zur Schlüsseltechnologie erklären, können wir nicht mehr priorisieren, dann sinkt das Niveau überall“, unterstrich die Ministerin. Als Bereiche, in denen Deutschland unabhängig bleiben müsse, nannte die Ministerin Technologien zur Verschlüsselung, Führung und Aufklärung. Darüber hinaus müsse diskutiert werden, welche Bereiche neben der militärischen auch eine sicherheitspolitische Dimension hätten. „Die zentrale Frage, aus der Sicht der Bundesregierung, ist: Wollen wir unsere starke Position – die deutschen Produkte sind in einigen dieser Technologien bereits Weltspitze – nutzen für unseren sicherheitspolitischen Einfluss in der Welt?“ Wenn der Bedarf der Bundeswehr nicht ausreiche für eine gesunde Industrie, müsse in diesem Fall auch die Frage nach dem Export gestellt werden, betonte von der Leyen. (rip) Berlin. Der Generalstabschef der georgischen Streitkräfte, Generalmajor Vakhtang Kapanadze, wurde vergangene Woche vom Generalinspekteur der Bundeswehr, General Volker Wieker, in Berlin mit militärischen Ehren empfangen. Im Verteidigungsministerium erörterten die beiden Generale Fragen der militärpolitischen Zusammenarbeit. Am Dienstag besichtigte General Kapanadze die einsatzvorbereitende Ausbildung einer georgischen Infanteriekompanie für den Afghanistaneinsatz an der Infanterieschule in Hammelburg. Am letzten Tag seiner dreitägigen Reise besuchte er das Einsatzführungskommando der Bundeswehr in Potsdam. Dort informierte der Befehlshaber des Kommandos, Generalleutnant Hans-Werner Fritz, den Georgier über die Aufgaben der operativen Führungsebene der Bundeswehr. (rip) Informationen zum Verteidigungsetat Foto: Grauwinkel/Bundeswehr Grafik: BMVg Foto: Grauwinkel/Bundeswehr Verteidigungsministerin von der Leyen zieht erste Konsequenzen aus dem Expertengutachten. Die „Agenda Rüstung“ soll das Management bei Rüstungsprojekten optimieren und die Transparenz gegenüber dem Parlament stärken. 3 Berlin. Die Leitung des Verteidigungsministeriums hat sich in der vergangenen Woche mit den Berichterstattern des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages zum Gespräch über den Einzelplan 14 für das Jahr 2015 getroffen. Bei dem Treffen ließen sich die Bundestagsabgeordneten Bartholomäus Kalb, Karin Evers-Meyer, Michael Leutert und Tobias Lindner im Stauffenbergsaal des Bendlerblocks über die aktuellen Planungen zum Verteidigungshaushalt informieren. Dazu richteten die Berichterstatter ihre Fragen an die Verteidigungsministerin, die Staatssekretäre sowie an den Generalinspekteur der Bundeswehr. Die regelmäßig stattfindende Veranstaltung dient dazu, den Abgeordneten die Wahrnehmung des parlamentarischen Budgetrechts zu erleichtern. Der Verteidigungshaushalt für das kommende Jahr beträgt rund 32 Milliarden Euro. Damit bleibt er im Vergleich zum laufenden Jahr fast unverändert. (eb) Waffenruhe bleibt brüchig Genf. Trotz des vereinbarten Waffenstillstands vom 5. September kommt es in der Ostukraine immer noch zu Feuergefechten zwischen ukrainischen Truppen und prorussischen Separatisten mit Toten und Verletzten. Einen entsprechenden Bericht hat das Menschenrechtsbüro der Vereinten Nationen vergangene Woche in Genf vorgelegt. Nach Angaben des Büros sind allein seit Beginn der Feuerpause mindestens 331 Menschen ums Leben gekommen. Insgesamt sollen laut UN-Zählung von Mitte April bis Anfang Oktober in der Ostukraine 3 660 Menschen getötet und 8 756 verwundet worden sein. Die hohe Zahl an zivilen Opfern sei vor allem auf den Beschuss von Wohngegenden zurückzuführen. Die Zahl der Flüchtlinge im Land wird auf rund 375 000 Menschen geschätzt, so der Bericht weiter. Von den Binnenflüchtlingen konnte nur ein Teil in ihre Heimat zurückkehren. Durch die Kämpfe ist jegliche Versorgung zusammengebrochen und lebenswichtige Infrastruktur zerstört. Eine Rückkehr von tausenden von Flüchtlingen in ihre angestammten Häuser und Wohnungen ist somit ausgeschlossen. (eb) Hilfsgüter für Ukraine angekommen Berlin. Ein Konvoi aus 112 Lkw mit Hilfsgütern aus ganz Deutschland ist am 7. Oktober in der Ukraine eingetroffen. Die Bundesregierung hatte die Unterstützung angesichts des nahenden Wintereinbruchs in der Ukraine und der Not vieler Menschen vor allem im Osten des Landes auf den Weg gebracht. Die insgesamt 746 Tonnen Hilfsgüter umfassen unter anderem mobile Wohneinheiten und Küchen, Heizgeräte, Generatoren, Wasser- und Dieseltanks, Winterkleidung, Decken und Feldbetten sowie Hygienekits. In der Ukraine wurden zusätzlich Betten, Tische, Schränke, Matratzen und Haushaltsgeräte angekauft. Erstes Ziel für die Waren aus Deutschland ist ein Logistikzentrum bei Kiew. Dort werden sie zusammen mit den Gütern, die im Lande selbst beschafft wurden, für die eigentlichen Bestimmungsorte umgepackt. Die Zusammenstellung des Unterstützungstransports ist eng mit der ukrainischen Regierung abgestimmt und im Wesentlichen für die ostukrainischen Städte Charkow, Slawjansk, Mariupol, Saporoshje, Dnipropetrowsk bestimmt. Der Unterstützungstransport hat einen Wert von insgesamt 10 Millionen Euro. (eb) POLITIK/HINTERGRUND 13. Oktober 2014 Straßenkämpfe in Kobane Internationale Koalition diskutiert über Einrichtung einer Sicherheitszone in Nordsyrien. Ankara/Mürsitpinar/Berlin. Trotz anhaltender Luftangriffe der US-geführten Koalition auf Stellungen der IS-Terrormiliz, rücken die Dschihadisten in der nordsyrischen Stadt Kobane weiter vor. Vergangene Woche konnte der IS offenbar mehr als ein Drittel der Stadt unter seine Kontrolle bringen, darunter auch den Sitz der kurdischen Sicherheitskräfte. In der Stadt toben schwere Straßenkämpfe. Dabei sind die meist nur mit leichten Handfeuerwaffen ausgerüsteten kurdischen Verteidiger der Stadt den gepanzerten Fahrzeugen und der Artillerie der Dschihadisten deutlich unterlegen. Angesichts der dramatischen Lage haben sich weitere Bewohner der Stadt in die Türkei in Sicherheit gebracht. Mittlerweile sind rund 200 000 Menschen vor den Angriffen des IS auf Kobane in die Türkei geflohen. Am Mittwoch hatte das US-Verteidigungsministerium eingeräumt, dass die Einnahme der Stadt durch die Dschihadisten allein durch Luftangriffe wohl nicht verhindert werden könne. Trotz des Drängens anderer NATO-Mitglieder zu einem Eingreifen in der Region, schließt die türkische Regierung einen militärischen Alleingang aus. Aufgrund der sich zunehmend verschlechternden Lage für die Kurden in Kobane wächst der Unmut unter der kurdischen Bevölkerung in der Türkei gegen die Haltung Foto: dpa/pa aktuell Ein türkischer Panzer an der Grenze zu Syrien. Im Hintergrund toben die Kämpfe um Kobane. der Regierung in Ankara. Bei Zusammenstößen zwischen kurdischen Demonstranten und türkischen Sicherheitskräften sind bislang 24 Menschen ums Leben gekommen. Gleichzeitig wächst die Zahl der Länder, die sich mit Luftangriffen im Kampf gegen IS beteiligen. Demnach flogen belgische, niederländische und australische Kampfflugzeuge erste Einsätze im Irak. Außerdem hat das kanadische Parlament der Entsendung von sechs Kampfflugzeugen in die Region zugestimmt. In der internationalen Koalition wird die Möglichkeit der Einrichtung einer Sicherheitszone im nordsyrischen Grenzgebiet diskutiert. Vor zwei Wochen forderte der türkische Präsident Erdogan den Einsatz von Bodentruppen zur Schaffung einer Pufferzone. Eine Zustimmung für eine Intervention der türkischen Streitkräfte gegen den IS in den Nachbarländern hat das türkische Parlament bereits erteilt. Vergangene Woche hat nun auch Frankreich angesichts der offenbar begrenzten Wirkung der Luftschläge seine Unterstützung für eine Sicherheitszone signalisiert. In den USA und bei anderen NATO-Ländern stößt ein solches Ansinnen bislang auf Ablehnung. Zu groß erscheinen militärische Risiken und rechtliche Hürden. So müsste eine Sicherheitszone am Boden durch eine Flugverbotszone abgesichert werden. Damit die syrische Luftabwehr nicht aktiv wird, wäre das Ein- verständnis der Regierung in Damaskus notwendig. Ohne die syrische Zustimmung könnte die Einrichtung einer Sicherheitszone aber nur durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen legitimiert werden. Ein entsprechendes Mandat müsste von allen Veto-Mächten gebilligt werden. Eine Sicherheitszone war auch Thema eines Treffens zwischen dem neuen NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg und dem türkischen Außenminister Cavusoglu am vergangenen Donnerstag in Ankara. Stoltenberg erklärte, innerhalb der Nato gebe es noch keine entsprechenden Pläne. Im Falle eines Angriffs auf die Türkei sicherte der Generalsekretär die volle Unterstützung des nordatlantischen Bündnisses zu. (eb) Ein streitbarer Verteidigungspolitiker Manfred Wörner prägte als Verteidigungsminister und NATO-Generalsekretär eine Ära. Am 13. August 1994 verstarb Manfred Wörner im Amt als NATO-Generalsekretär. Durch seine Arbeit an der Spitze des transatlantischen Bündnisses und zuvor als Verteidigungsminister der Bundesrepublik Deutschland erwarb sich der Sicherheitsund Verteidigungspolitiker hohes Ansehen auf nationaler und internationaler Ebene. Am 24. September wäre Wörner 80 Jahre alt geworden. Wörner studierte Rechtswissenschaften in Heidelberg, Paris und München. Seinen Doktortitel im Internationalen Recht erlangte er mit seiner Dissertation zur „Strafgerichtsbarkeit über Truppen bei einverständlichem Aufenthalt auf fremdem Staatsgebiet“. Als Angehöriger des Jahrgangs 1934 musste Wörner nach seinem Abitur keinen Wehrdienst in der Bundeswehr leisten. Militärische Foto: Fischer/IMZ-Bildarchiv 4 Manfred Wörner Erfahrung sammelte er dennoch durch seinen Dienst als Reserveoffizier der Luftwaffe. Dort wurde er im Laufe von Wehrübungen zum Jetpiloten ausgebildet. Bei den Bundestagswahlen 1965 wurde Manfred Wörner als Abgeordneter der CDU in den Deutschen Bundestag gewählt, dem er bis zu seiner Berufung als NATO-Generalsekretär angehörte. Als Politiker konnte sich Wörner als Wehrexperte etablieren. Von 1976 bis 1980 ist er Vorsitzender des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestages. Mit der Regierungsübernahme durch Helmut Kohl wird Manfred Wörner 1982 zum Bundesminister der Verteidigung ernannt. Als Chef des Verteidigungsressorts setzte er sich für die Modernisierung der Bundeswehr ein. Sicherheitspolitisch stand er für eine enge Bindung an die USA sowie eine sicherheitspolitische Annäherung an Frankreich. Als Michail Gorbatschow einen Wandel in der Politik der Sowjetunion einleitet, widmet sich Wörner intensiv einer Verbesserung des Verhältnisses zu den Staaten des Warschauer Paktes. So nahmen im Herbst 1987 erstmals NATO-Offiziere als Beobachter an Manövern des osteuropäischen Bündnisses teil. 1988 schied Wörner aus seinem Amt als Verteidigungsminister aus, um als erster Deutscher zum NATO-Generalsekretär berufen zu werden. In dieser Funktion leitete Wörner nach dem Ende des Kalten Krieges den Wandel der Allianz und öffnete das Bündnis für die neuen Partner aus Osteuropa. Am 13. August 1994 erlag Wörner noch während seiner Amtszeit als Generalsekretär einem Krebsleiden. Seit 1996 verleiht der Bundesminister der Verteidigung jährlich die Manfred-WörnerMedaille an Persönlichkeiten, die sich in „besonderer Weise um Frieden und Freiheit in Europa verdient gemacht haben“. (eb) 13. Oktober 2014 EINSATZ / BUNDESWEHR aktuell 5 Ebola-Einsatz ist selbstverständlich Im Gespräch: Oberfeldarzt Sudeck kennt die Tücken der Krankheit. von Alexandra Möckel Hamburg. Die Ebola-Epidemie breitet sich seit März dieses Jahres immer weiter aus. Mehr als 7000 Menschen haben sich bei dem schwersten Ebola-Ausbruch mit dem Virus infiziert. Mehr als die Hälfte der Erkrankten starben bereits. Am vergangenen Donnerstag machte sich ein vierköpfiges Expertenteam des Sanitätsdienstes auf dem Weg nach Westafrika. Das sogenannte „Fact Finding Team“ startete von Brüssel nach Monrovia, Liberia. Vor Ort erkunden und analysieren die Bundeswehrärzte die Möglichkeit zur Hilfeleistung der Bundeswehr zur Bekämpfung von Ebola. Unter ihnen ist auch Oberfeldarzt Hinrich Sudeck, Leiter des Fachbereichs Tropenmedizin des Bundeswehrkrankenhauses Hamburg. Er war bereits vor zehn Jahren in Afrika. Damals erkrankten im Kongo 143 Menschen an Ebola. 90 Prozent von ihnen starben. „In dem Jahr gab es einen Engpass an Hilfskräften und die WHO suchte händeringend Leute für diesen Einsatz und kam dann über das Robert-Koch-Institut auf mich zu“, erläutert der 58-Jährige. Zusammen mit einem Kollegen aus dem Tropeninstitut in Antwerpen und einem Arzt der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen half er in einem Provinzkrankenhaus in Zentralafrika: „Das war mitten im t iefsten Urwald. Es war sehr beeindruckend, aber auch sehr deprimierend, da die Patienten, die wir isoliert hatten, alle verstarben und wir für sie nichts tun konnten.“ Als Krankenhaus diente den Ärzten und Pflegern lediglich ein primitives Haus mit einem Wellblechdach, kein Strom, kein fließendes Wasser. In den Boden gesteckte Äste bildeten einen eher symbolischen Zaun für die Bevölkerung, die ihre kranken Familienmitglieder besuchen wollten. Infiziert hatten sich die Menschen über Affen, die das Virus in sich trugen. „Die Pygmäen haben die Affen erlegt und gegessen“, erklärt der Tropenmediziner. So sei es immer wieder zu Ebola-Ausbrüchen gekommen. Die Ureinwohner waren der Meinung, dass die Affen durch die Impfungen weißer Biologen krank wurden. Dies führte zu sozialen Unruhen und Widerständen innerhalb der Bevölkerung. Die WHO habe diesen Konflikt aber schnell erkannt. Durch den Einsatz eines Anthropologen, welcher die Sprache beherrschte, war es möglich, die Bevölkerung über die Klinik und die behandelnden Ärzte aufzuklären und so die Wogen zu glätten. Sudecks eigentlicher Berufswunsch war es, Archäologe und Frühgeschichtler zu werden. Da sich damit allerdings kein Brot verdienen lasse und ihm der Alternativvorschlag Lehrer für Latein und Griechisch nicht zusagte, entschied er sich schließlich für die Medizin. „Ich glaube, ich wäre ein ganz guter Archäologe geworden“, sagt Sudeck mit einem Augenzwinkern. Studiert habe er schließlich in Hamburg und in Birmingham in England. Bereits während seiner Zeit als Medizinstudent sammelte er erste Erfahrungen in Afrika. Bei einem dreimonatigen Praktikum wurde sein Interesse an der Tropenmedizin schließlich geweckt, auch wenn er danach erst einmal eine ganz normale Assistenzarztstelle in der Chirurgie in Hamburg antrat. „Aber weil ich handwerklich nicht so wahnsinnig geschickt war, bin ich in die Innere gewechselt.“ Anfang der Achtzigerjahre mit dem Aufkommen der ersten HIV-Patienten in Deutschland erhielt der Oberfeldarzt die Möglichkeit in das Bernhard-Nocht-Institut zu wechseln und sich dort der klinischen Tropenmedizin Forschung zu widmen. Bereits zu Beginn seiner Arbeit erklärte sich Sudeck bereit, auch in Einsätzen für die WHO tätig zu werden. So fand er sich 2003 schließlich in seinem ersten Ebola-Einsatz im Kongo wieder. Nervös sei er gewesen. Jedoch konnte er sich auf seine beiden erfahreneren Kollegen stets verlassen. „Wir haben von vornherein sehr gut auf einander aufgepasst. Wenn einer zurückkam aus der Isoliereinheit und sich auszog, hat immer einer aufgepasst, ob er alles richtigmacht. Das war eine ganz gute Beruhigung.“ Dennoch war dieser Einsatz nicht ungefährlich. „Angst hatte ich in einem Moment, als ich mit einer völlig durchgeschwitzten Maske und schlechtsitzenden Schutzbrille die Latrineneimer der Patienten entleeren musste. Dabei entstanden immer große Mengen eines Aerosols, welches auch größere Partikel mit sich riss.“ Das Virus sei zwar nicht über die Luft übertragbar, aber durch die Tröpfchen wäre eine Infektion durch- aus möglich gewesen. Die damalige Schutzausrüstung war nicht zu vergleichen mit der heutigen. Sie war, so Sudeck, viel einfacher. „Das war für mich aber der Beweis, dass man auch mit einfachen Schutzmaßnahmen, wenn man alles richtig macht, einen guten Schutz hat. Es muss nicht immer perfekt sein. Wenn man weiß, was man tut und vernünftig trainiert ist, dann kann man sich auch mit sehr einfachen Mitteln schützen.“ Auf die Frage, ob er sich auch freiwillig für den erneuten Ebola-Einsatz gemeldet habe, schaut er ein wenig verständnislos: „Unsere Abteilung Tropenmedizin muss sich nicht freiwillig melden, das ist sowieso unsere Arbeit. Dafür sind wir da. “ Weitere Informationen finden Sie unter www.sanitaetsdienst-bundeswehr.de. Foto: Privat Foto: Rößler/ Bundeswehr Oberfeldarzt Hinrich Sudeck ist derzeit in Liberia und berichtet über seine Erfahrungen mit dem Ebola Virus. Präventive Aufklärung: Die Helfer verteilten diese Plakat im Kongo. Unterstützung für afghanische Hinterbliebene Mazar-e Sharif. Anlässlich des islamischen Opferfestes hat Brigadegeneral Harald Gante, Kommandeur des Train Advise Assist Command North (TAAC-N) gemeinsam mit dem Kommandeur des 209. Korps der afghanischen Armee (ANA), General Zalmai Wesa, Anfang Oktober Sachspenden an rund 100 afghanische Familien überreicht. Insgesamt erhielten die Hinterbliebenen gefallener Soldaten Lebensmittel im Gesamtwert von 10 000 Euro, die zu einer Hälfte durch das TAAC-N zu anderer Hälfte durch das 209. ANA Korps finanziert wurden. Im Rahmen eines Appells wurde im Camp Shaheen, der Heimat des 209. Korps, mit einem Gebet und dem Verlesen der Namen an jene Korpsangehörigen erinnert, die in den vergangenen Monaten ihr Leben im Kampf für ein stabiles und sicheres Afghanistan verloren haben. Für viele Familien bedeutet dies nicht nur den Verlust eines Angehörigen. Sie verloren oftmals das einzige regelmäßige Einkommen, das ihnen die Versorgung mit Lebensmitteln und Kleidung ermöglichte. Damit sie trotz des Verlustes das bevorstehende Opferfest Eid-ul-Adha begehen können, haben beide Kommandeure Lebensmittel im Wert von jeweils 100 Euro pro Familie an die Hinterbliebenen überreicht. Wie es die afghanische Tradition gebietet, nahmen die Familienältesten die Spende in Form von Reis, Zucker, Öl und anderen Lebensmitteln von den Militärs entgegen. Aber auch an die Jüngsten in den Familien haben die Spender gedacht. Als kleine Überraschung brachte der deutsche General für die Kinder Rucksäcke mit, die bis zum Rand mit Spielzeug gefüllt waren. Trotz des unübersehbaren Schmerzes war der Dank für die Spende deutlich spürbar. Eine Geste der Kommandeure, die auch in den schweren Stunden des Verlustes den Hinterbliebenen afghanischer Solda- Foto: Wittig/Bundeswehr Zum muslimischen Opferfest überreichen Brigadegeneral Gante und das 209. ANA Korps Spenden. Beitrag: Brigadegeneral Gante übergibt Spenden an Hinterbliebene. ten ein feierliches Eid-ul-Adha ermöglicht. Das dreitägige Opferfest Eid-ulAdha, das Muslime zehn Wochen nach Beendigung des Fastenmonats Ramadan feiern, ist ein wich- tiger islamischer Feiertag. Er erinnert an die Barmherzigkeit Gottes und soll dazu genutzt werden, Bedürftige und Alleinstehende sowie Verwandte und Bekannte zu besuchen. (wit) 6 aktuell BUNDES Was man nicht ü Soldaten von Heer, Luftwaffe, Streitkräftebasis und Zentralem Sanitätsdienst der Bundeswehr train von Oliver Arning Munster/Bergen. Die ver kohlten Reste des geschützten Transportfahrzeugs qualmen noch. Hier war der Sprengsatz versteckt, der das Fahrzeug vom Typ „Dingo“ schwer beschä digt hat. Ein Auftrag für Stab sunteroffizier Frank Mehlis und seinen „Bison“. Er ist Fahrer des bulligen Boliden, der seine 35 Tonnen Gewicht mit dem 503 PS starken V8 Motor auf bis zu 90 Kilometer in der Stunde beschleunigen kann. Der Auf trag: Fahruntüchtiges Gerät auch aus „heißen Zonen“ b ergen. Der Stabsunteroffizier vom Logistik bataillon 172 aus Beelitz war bereits zweimal in Afghanis tan. Er kennt die Gefahr, doch Mehlis steht voll und ganz hin ter seiner wichtigen Aufgabe. Schließlich sei die Ausbildung vielseitig und intensiv. So habe er, „um den Bison fahren und führen zu dürfen, zunächst eine Ausbildung auf dem Bergepan zer und einen Kranführer-Lehr gang bestehen müssen“. Zusammen mit 3000 ande ren Soldaten hat Mehlis in den vergangenen zwei Wochen auf den niedersächsischen Truppen übungsplätzen Munster und Bergen bei der Informations lehrübung Landoperationen (ILÜ) trainiert. In diesem Jahr haben Heer, Streitkräftebasis und der Sanitätsdienst der Bundeswehr mit Unterstützung der Luftwaffe das Zusammenwirken in gemein samen Operationen geschult und optimiert. Die Station „Transport unter erweitertem Eigenschutz“ war dabei eine von vielen Sze narien der ILÜ. Hier werden die Zeitabläufe, die real über mehrere S tunden ablaufen, stark verkürzt dar gestellt. Führt man sich die Zahlen der Übung vor Augen, wird die Dimension deutlich. So waren mehrere hundert Ketten- und Radfahrzeuge sowie eine Vielzahl von Hubschrau bern, Kampfhubschraubern und Jets der Luftwaffe im Einsatz. Ziel der ILÜ ist es, dem Füh rungskräftenachwuchs sowie den Ausbildern an Truppen schulen, der Führungsakademie der Bundeswehr sowie der Offi zierschule des Heeres, realitäts nahe Bilder von Fähigkeiten der Streitkräfte und dem Einsatz ver bundener Kräfte zu vermitteln. Insgesamt waren circa 1 500 Besucher vor Ort. Zurück ins Szenario. Unter Sicherung durch die eigenen Kräfte kommt beim angespreng ten „Dingo“ ein Schweißgerät zum Einsatz. Für das Begutachten bleibt dabei wenig Zeit: „Wir müssen immer b edenken, dass vor uns noch ein weiter Weg zurück ins Lager liegt und mit einem Schusswech sel müssen wir auch jederzeit rechnen“, erklärt S tabsgefreiter Stefan Engel. Die Hinter achse des „Dingo“ wird deshalb schnellst möglich soweit instand gesetzt, dass sie wieder rollt. Mehlis nimmt mit dem „Bison“ das Fahrzeug anschließend auf den Haken und der Konvoi kann seinen Marsch fortsetzen. Wie es sich für eine ordent liche Übung gehört, gibt es eine detailliert ausgearbeitete Rahmenlage. In diesem Fall hat sich die S ituation im Staat Obsidia auf einer fiktiven Insel im Norda tlantik z ug espitzt. Die s taatlichen Strukturen drohen zusammen zu brechen, organisierte Kriminalität und aufständische Rebellengruppen dehnen ihren Einfluss aus. Da die Situation durch eigene Kräfte nicht mehr kontrolliert werden kann, haben die Verein ten Nationen eine internationale Schutztruppe berufen und zwei Divisionen nach Obsidia ent sendet. Sieht man eine militärische Übung als Prozess, dann ist der Dreiklang von Vorbereitung, Durchführung und Nach bereitung der Schlüssel zum SWEHR aktuell 7 übt, klappt nicht Foto (5): Bundeswehr nieren bei der Informationslehrübung Landoperationen (ILÜ) die Operationen verbundener Kräfte. ten bereits seit Tagen die Ort schaft. Noch bevor die Zuschauer auf die reglosen und gut g etarnten Elitesoldaten aufmerksam wer den können, lenkt sie ein krei schendes Geräusch ab. Es wird lauter, kommt näher und ähnelt von der Geräuschkulisse einer riesigen Mücke. Doch sehen kann die Ursache niemand, denn die tiefhängenden Wolken und der einsetzende Regen lassen erst spät erkennen, dass es sich um eine Aufklärungsdrohne der Strate gischen Aufklärung handelt. Die Auswertung der Aufklärungs ergeb n isse veranlassen die Führung des Gefechtsverbandes dazu, weitere Kräfte in die Ort schaft zu entsenden. Während die rohnengeräusche verstummen, D kündet der vibrierende Boden eine neue Phase des Gefechts an. Nach der A ufklärungsphase hat sich der Kommandeur des Panzergrenadierbataillons 411 entschieden, die Ortschaft einzunehmen. Schon kurz dar auf steht der erste Schützen panzer „Marder“ im Feuergefecht mit Freischärlern. Abgesessene Grenadiere gehen am Ortsrand in Stellung und eröffnen das Feuer auf Aufständische. Gut getarnte und frontal auf den Ort wirkende Scharfschützen der Fallschirm jäger bekämpfen mit Präzision ihre Ziele und ermöglichen so das Vorrücken der Grenadiere. Die Geschehnisse ziehen die volle Konzentration der Gefechtsfeldbeobachter auf sich. Daher bleibt nahezu unbe merkt, dass die Panzerkräfte links der Ortschaft und flankie rend zu den vorrückenden Gre nadieren ins Geschehen ein greifen. Erst das infernalische Donnern der 120-MillimeterGlattrohrkanonen und das Dröh nen der 1 500 PS starken Leo pard 2-Motoren künden von der Entschlossenheit der Truppe, eine Entscheidung herbeizuführen. Während links der Ortschaft das Gefecht noch läuft, beginnt für die abgesessenen Grenadiere mit dem Kampf von Haus zu Haus die schwierigste und gefährlichste Phase. Schon verschieben sich die Schützenpanzer, hinter denen sich die Grenadiere fortbewe gen. Die Grenadiere arbeiten sich zwar konzentriert und zügig in die Ortschaft vor. aber dennoch kommt es zu Verwundeten, die nach einer Erstversorgung aus Heidedorf evakuiert werden. Ein Transportpanzer „Fuchs“ mit Sanitätern nimmt die Ver wundeten auf. Kurz darauf unterbricht der Gesamtleitende die Übung, um den Zuschauern und Journalisten die Möglich keit für Gespräche mit den Sol daten zu geben. Während sich die Gäste bereits zur Abreise rüsten, heißt es für die übende Truppe, die Ausgangslage einzunehmen und einen neuen Übungsdurch gang vorzubereiten. Denn was man nicht übt, klappt nicht! Foto: Vennemann /Bundeswehr Erfolg. Daher verwundert es wenig, dass die ersten Vorbe reitungen für die diesjährige ILÜ bereits Ende vergangenen Jahres begonnen hatten. Szenenwechsel. S tation Gefechtsschießen. Auf gepan zerten Fahrzeugen vom Typ „ F ennek“ verfolgt ein ein gesetzter Trupp Aktivitäten in einer Ortschaft und mel det seine Erkenntnisse weiter. Die „Fenneks bewegen sich nahezu geräuschlos aus ihrem Beobachtungsh alt rückwärts durch den Bodennebel in den Wald. Was die Zuschauer nicht sehen können: Fernspäher der Fallschirmjägertruppe haben nur wenige Meter vor ihren Füßen Stellung bezogen und beobach 8 aktuell BUNDESWEHR 13. Oktober 2014 Klassentreffen in Altenstadt Der erste „Alte“ der F 125 ernannt Wilhelmshaven. Die erste Besatzung der neuen Fregatten der Klasse F 125 ist kürzlich in Wilhelmshaven aufgestellt worden. Zugleich wurde Fregattenkapitän Markus Venker durch den Kommandeur des 4. Fregattengeschwaders, Fregattenkapitän Thorsten Marx, das erste Kommando über eine Besatzung der neuen Schiffe übertragen. V enker führt als Kommandant die Besatzung Alpha und wird als militärischer Schiffsführer die Erprobung und Einführung der ersten Fregatte der neuen Klasse, der Fregatte „Baden-Württemberg“, begleiten. Mit der Entwicklung der Fregatten-Klasse F 125 beschreitet die Marine neue Wege. Die vier Schiffe sind für den Verbleib von bis zu zwei Jahren im jeweiligen Einsatzgebiet vorgesehen. Durch die Ausrüstung mit modernen Anlagen und Systemen in Verbindung mit einer weitreichenden Automation kann die durchschnittliche Besatzungsgröße von bisher 185 Soldaten auf 120 reduziert werden. Die geplanten acht Besatzungen für die Klasse F 125 werden sich regelmäßig an Bord ablösen. (hg) Symposium an Artillerieschule von Markus Tiedke Altenstadt. Vor dem Hintergrund veränderter Einsatzschwerpunkte und geringerer Bedarfszahlen verliert die Fallschirmausbildung mit automatischer Auslösung – wie es beim Absetzen größerer Verbände üblich ist – seit einigen Jahren an Bedeutung. Demgegenüber rückt die Sprungausbildung mit manueller Auslösung (Accelerate Free Fall Training, AFF) in den Vordergrund. Gerade Spezialkräfte und spezialisierte Einsatzkräfte haben Bedarf an „Freifallern“ und mindestens ebenso wichtig ist die Abstimmung dieser Spezialisten auf NATO-Ebene. Die Führung der Luftlandeund Lufttransportschule in Altenstadt hat auf diese Entwicklung prompt reagiert. Auf Initiative von Oberstleutnant Wolfgang Endras, Kommandeur der Lehrgruppe A der Schule, wurden Ende September Fallschirmjäger bzw. Spezialkräfte aus mehreren NATO-Partnerstaaten erstmals zu einem dreitägigen „Freifall-Workshop“ nach Oberbayern eingeladen. Mehr als ein Dutzend Spezialisten, unter anderem aus den Niederlanden, Belgien, Großbritannien, dem Baltikum und Skandinavien folgten der Einladung und nahmen an dem Treffen teil. „Uns geht es primär darum, voneinander zu lernen“, Foto: Bundeswehrarchiv Foto:Rose/Bundeswehr Freifall-Spezialisten verschiedener NATO-Staaten treffen sich zum Erfahrungsaustausch. Fertig. Ab! Beim Freifallworkshop springen die multinationalen Spezialkräfte mit Lenkfallschirmen. sagt Oberstleutnant Endras. Auf diese Weise könnten Ausbildung und Taktik im Bündnis künftig noch besser koordiniert werden. Außerdem sei es möglich, Synergien beim Training unter verschiedensten Bedingungen zu nutzen. Gerade der traditionsreiche Standort Altenstadt biete dafür ideale Voraussetzungen. Mit dieser Einschätzung steht Oberstleutnant Endras nicht allein. Hauptmann Ingmar M. dient seit beinahe zwei Jahrzehnten in der norwegischen Armee. Mit den deutschen Kameraden hat er in dieser Zeit schon häufiger geübt und zeigt sich von ihrer Professionalität beeindruckt. „Dieser Workshop erlaubt uns tiefere Einblicke in die deutsche Ausbildung. So können wir von den Erfahrungen der Kameraden profitieren.“ Herausfordernd seien die drei Tage in Altenstadt gewesen, sagt Hauptmann M. im Rückblick und versichert zugleich, dass er gern wiederkommen würde. „Ich hoffe, dass dies der Ausgangspunkt für weitere gemeinsame Ausbildungsprojekte mit dem Fokus auf Freifall-Training wird.“ Auch Major Ilker Ata A. von der türkischen Armee ist vom Nutzen des Erfahrungsaustauschs mit den „Kollegen“ begeistert. „Alle NATO-Streitkräfte haben Freifaller, gerade unter den Spezialkräften. Aber normalerweise gibt es keine Infos über deren Ausbildung oder Taktik. Deshalb ist dieser Kurs eine exzellente Gelegenheit, Informationen miteinander zu teilen.“ Davon profitiere letztlich jeder – auch im Einsatz mit NATO-Partnern. Dies sei nicht zuletzt deshalb möglich, weil sich die Männer innerhalb der recht kleinen „Freifaller-Gemeinde“ untereinander kennen und vertrauen. „Ich bin sehr dankbar für diese Initiative, darauf haben im Grunde alle gewartet. Hoffentlich wird diese Form der Zusammenarbeit künftig ausgeweitet.“ Premiere in der Segelcrew Idar-Oberstein. Soldaten aus 26 Nationen haben sich beim Internationalen Artillerie-Symposium an der Artillerieschule eine Woche lang über neue Entwicklungen im Bereich der Artillerie ausgetauscht. Im Mittelpunkt der jährlich von wechselnden Staaten der “Artillerie-Community” durchgeführten Veranstaltung stand in diesem Jahr das Thema “Joint Fire Support”. Am Mittwochnachmittag wurde im Rahmen eines Ausbildungsszenarios die zeitgleiche Bekämpfung mehrerer Ziele durch verschiedene Wirkmittel wie Kampfflugzeuge, Rohr- und Raketenartillerie sowie Seestreitkräfte dargestellt. Die Ausstellung von Waffen und Gerät durch Bundeswehr und Industrie rundete das Symposium ab. (ble) Wilhelmshaven. Unter den Offizieranwärtern auf der „Gorch Fock“ sind viele junge Frauen, die jährlich die Segelausbildung auf dem Schulschiff absolvieren. In der Segelcrew an Bord des Schiffes hat es dagegen bisher nur wenige gegeben. In der Gruppe der Toppsgasten noch gar keine. Das hat sich geändert, denn seit kurzem gehört Hauptgefreiter Lena Wieland zu einer Gruppe besonders qualifizierter Mitglieder der Segelcrew. Im Januar dieses Jahres kam die 26-jährige Lena Wieland auf das Segelschulschiff „Gorch Fock“ und wurde Teil der Segelcrew. Sie durfte gleich von Las Palmas mit nach Kiel segeln. Schnell hat sie sich in das Bordleben und ihre Arbeit eingewöhnt. „Besonders toll finde ich die Kameradschaft hier an Bord und die Möglichkeit, viele neue Leute kennenzulernen.“ Ihr großer Ehrgeiz und steter Wille, Neues zu erlernen, blieben nicht unbemerkt. So Foto: Helmut Michelis Foto: Naumann/RedBw Hauptgefreiter Lena Wieland ist der erste weibliche Toppsgast auf der „Gorch Fock“. An Bord: Hauptgefreiter Lena Wieland auf der „Gorch Fock“. wurde sie schließlich zur Toppsgastenanwärterin ernannt. Toppsgasten sind an Bord des Segelschulschiffes besonders erfahrene und fachlich qualifizierte Mitglieder der Segelcrew. Sie kümmern sich um alle anfallenden Instandsetzungs- und Wartungsarbeiten an und in der Takelage. Entsprechend des Ausbildungsstandes kommen den Toppsgasten bei der Bedienung der Takelage besondere Aufgaben und Befugnisse zu. Sie werden an besonders exponierten Stellen eingeteilt. Es ist eher ungewöhnlich, dass jemand aus der Segelcrew nach so kurzer Zeit an Bord zum Toppsgasten ernannt wird. Und eine Frau gab es bei den Toppsgasten bisher noch gar nicht. Ein Novum auf der „Gorch Fock“, welches deutlich macht, dass die Leistung den Weg bereitet. Bereits kurz nach der Ausbildung zur Operationstechnischen Assistentin zog es Lena Wieland für ein neunwöchiges Praktikum in ein Krankenhaus nach Mexiko. „Bevor ich an Familienplanung denke, wollte ich noch einmal etwas komplett anderes machen und einer Tätigkeit nachgehen, die völlig neue Erfahrungen mit sich bringt“, sagt die gebürtige Haanerin. Daher entschied sie sich, bei der Marine Freiwilligen Wehrdienst zu leisten. Während eines dreiwöchigen Praktikums im Schiffslazarett auf der Fregatte „Sachsen“ hatte sie die Zeit genutzt, sich einen Einblick in andere Bereiche an Bord eines Marineschiffes zu verschaffen. Dabei entdeckte sie schnell ihr Interesse für den Decksdienst. Wenig später trat sie die Grundausbildung an der Marinetechnikschule in Parow an und wurde zur „11erin“, das heißt für eine Verwendung im Decksdienst an Bord, ausgebildet. Als Teil der Stammbesatzung auf dem Segelschulschiff der Deutschen Marine zur See zu fahren, bereitet Lena Wieland sichtlich Freude. Ein Traum steht jedoch noch aus: Ihr größter Wunsch wäre es, einmal in einem Hubschrauber der Marine mitzufliegen. (tm) 13. Oktober 2014 INNERE FÜHRUNG / MILITÄRGESCHICHTE aktuell 9 Für die Freiheit auf die Straße Foto: ullstein Vor 25 Jahren erreichen die Montagsdemonstrationen in Leipzig mit mehr als 100 000 Menschen ihren Höhepunkt. 16. Oktober 1989, Karl-Marx-Platz in Leipzig: Auf der Montagsdemonstration fordern 100 000 Menschen Reformen in der DDR. von Peter Popp, Offizierschule der Luftwaffe Geschichte. Auf der größten Protestdemonstration, die jemals in der DDR stattfand, der Kundgebung auf dem Berliner Alexanderplatz am 4. November 1989 mit nahezu einer Million Teilnehmern, sprach der ostdeutsche Literat und Intellektuelle Christoph Hein von Leipzig als „Heldenstadt“. Darin schwang Pathos, dialektisches Denken und Ironie zugleich mit: Als „Heldenstädte“ galten nämlich bis dato die Städte in der Sowjetunion, die sich durch besonderen Widerstand gegenüber den deutschen Aggressoren im „Großen Vaterländischen Krieg“, also Hitlers Rassen- und Vernichtungskrieg im Osten, auszeichneten. Denjenigen, denen der Berliner Massenprotest galt, klang der Begriff „Heldenstadt“ durchaus schmerzhaft in den Ohren. Denn der Begriff identifizierte sie mit den ihrerseits bekämpften „Faschisten“. Zugleich erfuhren damit diejenigen hohe Wertschätzung, die bis zum 16. Oktober jeden Montag unter Lebensgefahr in Leipzig auf die Straße gegan- gen waren. Sie verteidigten ganz im Sinne des vom sowjetischen Staats- und Parteichef Michail S. Gorbatschow propagierten „Neuen Denkens“ Errungenschaften gegenüber denjenigen, die mit Hilfe der „bewaffneten Organe“ das eigene Volk drangsalierten: die alten Kader der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED). Für die „alte Garde“ stand zur Sicherung der Herrschaft bis zum Putsch im Politbüro gegen Generalsekretär Erich Honecker am 17. Oktober 1989 immer noch die „chinesische Lösung“ – gemeint ist das Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking vier Monate zuvor – als „probates Mittel“ zur Verfügung. Entsprechend war die DDR-Staatsmacht gerüstet, als am 9. Oktober 1989 in Leipzig weit mehr als 50 000 Menschen auf die Straße gingen, gefolgt von rund 100 000 eine Woche danach. Was den Regimewechsel in der DDR betraf, so spielte Berlin bis zum 4. November 1989 eine eher nachrangige Rolle. Zwar hatte es hier am Abend des 7. Oktober 1989 – des 40. Jahrestages der DDR – Proteste und dem- entsprechend massiv brutales Vorgehen der Volkspolizei einschließlich Massenverhaftungen gegeben. Doch kein Vergleich zum Süden der DDR, vor allem Sachsen, dem Kernland der deutschen Arbeiterbewegung. Den Menschen in Plauen/Vogtland kommt dabei das Verdienst zu, erstmals zu mehr als Zehntausend am 7. Oktober 1989 auf die Straße gegangen zu sein. Eine fünfstellige Zahl von mutigen Demonstranten an vielen Orten in der DDR zugleich bedeutete für das SED-Regime eine nicht mehr handhabbare Größe. Leipzig kam dabei eine Schlüsselrolle zu. Hier entwickelte sich seit dem Tag der ersten Montagsdemonstration am 4. September 1989 der Massenprotest und zwar genau so, wie es Karl Marx einst formulierte, als er von Revolution als einem Zustand sprach, in dem die Idee zur materiellen Gewalt werde. Das „Wunder“ von Leipzig bestand darin, dass keine Schüsse fielen und somit das Signal dafür gesetzt wurde, dass der Abschied vom SED-Regime als friedliche Revolution in die deutsche Geschichte einging. Kurzum, die Massendemo vom 4. November 1989, die im Rückblick so etwas darstellt wie ein letztes Bekenntnis zu einer anderen DDR als derjenigen, die sie als SED-Staat tatsächlich war, wäre ohne „Leipzig“ nicht möglich gewesen. Historisch aufschlussreich ist, dass sich in Leipzig Bürgersinn und emanzipatorisches Denken der deutschen Arbeiterschaft in einem langen Vorlauf entwickelt hatten. Dies reicht weit über die Geschichte der DDR hinaus. Leipzig galt den SED-Funktionären immer als kritische Größe. Hier war das Denken trotz Ideologisierungsbemühungen nicht ganz so konditioniert wie in Ost-Berlin, das mit materieller Privilegierung Hauptstadt der DDR war. Allerdings konnte Leipzig von den Politbürokraten nicht ganz vergessen werden: Es war als traditionelle Messestadt absolut unentbehrlich für die Außenwirtschaftspolitik der DDR. Zur Frühjahrs- und Herbstzeit wurde die Stadt international. Das heißt: Die Westmedien waren vor Ort und die Versorgungslage war mit einem Mal besser. Gleichwohl erwies sich Leipzig immer mehr als markantes Anschauungsobjekt und Beweis dafür, wie massiv die DDR ökonomisch und ökologisch in der Ära Honecker „den Bach ’runterging“. Hier wuchs – gerade im Schutze der evangelischen Kirche – das Protestpotenzial wie sonst nirgends in der DDR. Seit 1982 wurden in der Leipziger Nikolaikirche die so genannten montäglichen Friedensgebete gehalten, die Umweltschützern und Reformern ein Forum boten. Dieses nutzten seit Frühjahr 1989 in zunehmendem Maße auch Ausreisewillige. Und so ergab sich unmittelbar vor dem 40. Jahrestag der DDR ein Meinungsklima, das die ganze Zerrissenheit der Menschen in der DDR zwischen Weggehen und Hierbleiben darbot und zugleich durch repressive Maßnahmen des Regimes noch angeheizt wurde. Von der Straße weg wurden Kirchenbesucher verhaftet. Obwohl Vertretern der Westmedien der Zugang zur Stadt seit Ende September 1989 verwehrt war, drang die Kunde vom anschwellenden Protest, unterlegt durch Videomaterial, immer mehr durch. Die Wirkung der heimlich von Bürgerrechtlern aufgenommenen und in den Westen geschmuggelten Bilder von den Menschenmassen am 9. und 16. Oktober kann in der Breiten- und Tiefenwirkung gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Dem Regime gelang es letztlich nicht, Transparenz gänzlich zu vereiteln – trotz der martialischen Drohkulisse aus Volkspolizei und Armeeeinheiten. Dass es am 9. Oktober 1989 nicht zu einem blutigen Ausgang kam, war auch dem Zusammenwirken des Dirigenten Kurt Masur, des Kabarettisten Bernd-Lutz Lange und des Pastors Peter Zimmermann mit drei örtlichen Funktionären der SED-Bezirksleitung – Kurt Meyer, Jochen Pommert und Roland Wötzel – zu verdanken. Die drei Genossen verstießen durch das Unterzeichnen eines gemeinsamen Aufrufs mit den drei Erstgenannten ausdrücklich gegen die Parteidisziplin. Helmut Hackenberg, seinerzeit amtierender 1. SED-Bezirkssekretär und Hardliner blieb somit nichts anderes übrig, als den so genannten bewaffneten Organen den Befehl zum Rückzug zu geben. Die von ihm erhofften eindeutigen Signale von Honeckers „Kronprinz“ blieben aus. Leipzig am 9. Oktober 1989 zeigte mithin, wie sich die Menschen als mündige Bürger konstituierten und, dass die SED weder ein Monolith war noch fortan eine handlungsfähige Größe darstellen sollte. Der 9. und der 16. Oktober 1989 verkörpern somit zwei der großen Freiheitsdaten der deutschen Geschichte. Prag. Am 30. September 1989 trat der damalige Außenminister Hans-Dietrich Genscher auf den Balkon der bundesdeutschen Botschaft in Prag. Seine Worte an die fast viertausend DDR-Bürger, die in den vergangenen Wochen über den Zaun des Palais Lobkowicz in die Vertretung der Bundesrepublik geflohen waren, gingen in die Geschichte ein. „Wir sind zu Ihnen gekommen, um Ihnen mitzuteilen, dass heute Ihre Ausreise... (möglich geworden ist).“ Die letzten drei Worte gingen im Ausbruch der Jubelschreie unter, Menschen fielen sich vor Freude und Erleichterung weinend in die Arme. Die DDR hatte der Ausreise der Flüchtlinge in die Bundesrepublik zugestimmt. Schon seit Jahren waren immer wieder DDR-Bürger in die westdeutsche Botschaft in der Tschechoslowakei geflüchtet. Im Sommer schwoll die Zahl der Menschen, die dem SED-Staat den Rücken kehren wollten auf ein bis dahin unbekanntes Ausmaß an. Über Wochen harrten sie auf engstem Raum auf dem Gelände der bundesdeutschen Botschaft aus, um der SED-Führung die Ausreiseerlaubnis abzuringen. Mit Genschers Mitteilung war mit einem Mal der Weg in den Westen frei. Noch am Abend rollte ein erster Zug mit Botschaftsflüchtlingen über DDR-Gebiet in Richtung Westdeutschland. (eb) Dramatisch: Sturm auf die bundesdeutsche Botschaft. Foto: ullstein Flucht über Prag SPORT Auf die Matte gelegt Starkes Zeichen gegen Doping Berlin. Diskus-Olympiasieger und Weltmeister Stabsunteroffizier (FA) Robert Harting hat den Leichtathletik-Weltverband (IAAF) aufgefordert, ihn von der Kandidatenliste zum Welt-Leichtathleten des Jahres zu streichen. Der 29-jährige Berliner war kürzlich von der IAAF unter anderem mit Justin Gatlin für die Ehrung nominiert worden. G atlin war von 2006 bis 2010 wegen Dopings gesperrt. Zusammen mit einem ehemaligen Dopingsünder zur Wahl zu stehen sei für ihn der Grund für den Verzicht, teilte Harting mit. Der Deutsche Leichtathletik-Verband würdigte die Entscheidung des Sportsoldaten als bemerkenswerten, mutigen Schritt und wichtiges Zeichen gegen die Bagatellisierung von Doping im Sport. Harting laboriert derzeit an einem Kreuzbandriss und wird noch längere Zeit pausieren müssen. (sid/eb) Foto: Imago Lokalmatador springt zum Sieg Klingenthal. Hauptgefreiter Richard Freitag hat zum Abschluss des Sommer-GrandPrix im Skispringen einen Sieg eingefahren. In der Klingenthaler Vogtland-Arena triumphierte der 23-jährige Breitenbrunner mit Sprüngen auf 131 und 133 Meter und ließ damit den Tschechen Roman Koudelka und den Norweger Rune Velta hinter sich. Unteroffizier (FA) Pius Paschke landete als 30. ebenfalls in den Punkterängen. In der Gesamtwertung belegte Richard Freitag als bester Deutscher Position sechs. Sieger wurde Jernej Damjan aus Slowenien. (sid/eb) Starke Leistung wird belohnt Frankfurt / Main. Rennradlerin Feldwebel Lisa Brennauer hat bei der Wahl zum Sportler des Monats September den dritten Platz erreicht. Bei dem Wettbewerb standen 3800 von der Deutschen Sporthilfe geförderte Athleten zur Wahl. Brennauer hatte bei der Straßenrad-Weltmeisterschaft im September zwei Mal Gold und ein Mal Silber gewonnen. Auf Platz eins kam die Deutsche Volleyball-Nationalmannschaft der Herren vor der Ringerin Aline Focken.(eb) 13. Oktober 2014 Spitzensportler der Bundeswehr glänzen bei der Militärweltmeisterschaft im Ringen. von Stefan Rentzsch Lakehurst. Deutsche Sportsoldaten haben bei der 29. Militärweltmeisterschaft im Ringen im amerikanischen Lakehurst vergangene Woche für einen Medaillenregen gesorgt. Insgesamt errangen die Sportler bei den vom CISM (‹Conseil International du Sport Militaire›) im US-Bundesstaat New Jersey ausgetragenen Wettkämpfen vier Gold-, zwei Silber- und drei Bronzemedaillen. Unter der Führung von Missionschef Oberst Michael Kuhn, Kommandeur des Landeskommandos Baden Württemberg, starteten die deutschen Athleten hellwach in den ersten Turniertag. Den Auftakt zur Medaillenjagd machten Hauptfeldwebel Alexandra Engelhardt und Obergefreiter Tim Müller mit ihren Silbermedaillen im Freistil der Leichtgewichtsklasse. Am selben Tag konnten Stabsunteroffizier (FA) Jaqueline Schellin und Obergefreiter Laura S chmitt nachlegen und ebenfalls im Freistil die Bronzemedaille gewinnen. Besonders erwähnenswert ist der Erfolg von Laura Schmitt, denn mit 17 Jahren ist sie nun die jüngste Medaillengewinnerin in der Geschichte des CISM. Am zweiten Wettkampftag wurde es dann goldig: Sowohl Stabsunteroffizier (FA) J ohannes Kessel als auch Stabsgefreiter William Harth erkämpften sich die Siege im Freistil. Besonders das packende Schwergewichtsfinale von Johannes Kessel gegen den Kasachen Dmitri Popov Foto: Frank Heinzelbecker aktuell Glänzend: Oliver Hassler und Ramsin Azizsir präsentieren ihre Trophäen. begeisterte die Zuschauer. Trotz der sehr harten Kampfführung seines favorisierten Gegners und einer Verletzung, die er sich während des Kampfes zuzog, bezwang Kessel Popov knapp mit sechs zu fünf. Für die siebente Medaille der Meisterschaft und zugleich die erste im Griechisch-Römischen Stil sorgte Hauptgefreiter Deniz Menekse. Nach Siegen über die Vertreter aus Marokko, China und Ägypten sicherte er sich den Bronzerang am dritten Tag der Wettkämpfe. Stabsunteroffizier (FA) Benjamin Hofmann erreichte zudem einen starken fünften Platz. Zwei Athleten, die bereits bei der diesjährigen Weltmeisterschaft im usbekischen Taschkent Anfang September für Aufsehen gesorgt hatten, brachten das Turnier am letzten Tag zu einem goldenen Ende. Der amtierende Vizeweltmeister im Halbschwergewicht, Stabsunteroffizier (FA) Oliver Hassler, erkämpfte sich die Goldmedaille im GriechischRömischen Stil. Ihm gleich tat es der Fünfte der Weltmeisterschaft, Stabsunteroffizier (FA) Ramsin Azizsir in der Klasse bis 85 Kilogramm. „Das war eine sehr anschauliche Leistung“, fasst Stabsfeldwebel Frank Heinzelbecker, Mannschaftskapitän und Leiter der Sportfördergruppe Bruchsal, bei der alle Athleten aktiv sind, das Abschneiden seiner Schützlinge zusammen. „Das Turnier war stark besetzt, umso toller ist es, wenn man so erfolgreich abschneidet. Es ist gerade im Jahr vor den Qualifikationen für die Olympischen Spiele 2016 in Rio wichtig zu wissen, dass Potential vorhanden ist.“ In der Tat konnte sich das Teilnehmerfeld sehen lassen. Unter den rund 200 Sportlern aus 24 Ländern fand sich so mancher Topathlet, Olympiasieger und Weltmeister. „Der Teameist bei uns wurde groß geschrieben“, freut sich Heinzelbecker, der auch Präsidiumsmitglied beim Deutschen Ringer-Bund (DRB) ist. „Alle drei Disziplinen, die Männer in beiden Stilarten und die Frauen, haben sich zusammengerauft.“ Den Zusammenhalt im Team konnte man vor allem während der Kämpfe spüren. Die wettkampffreien Athleten sorgten stets für lautstarke Unterstützung und freuten sich nach gewonnenen Medaillen mit ihren Teamkollegen. Viel Zeit zum Feiern und Ausruhen blieb den Sportlern allerdings nicht. Nach der Heimreise vergangenen Mittwoch begann bereits die Vorbereitung für die bevorstehenden Bundesligakämpfe am Wochenende. Ein straffes Programm. „Die Jungs und Mädels brauchen die Kämpfe“, betont Heinzelbecker die Wichtigkeit des Wettkampfmodus. Nächstes Jahr findet die CISM-Weltmeisterschaft dann in Südkorea statt. Einem erneuten erfolgreichen Abschneiden steht dort nicht viel im Wege. Erfolg zieht an Spitzensportler stellen sich auf der Leipziger Spielemesse vor. Leipzig. Die Bundeswehr hat sich kürzlich auf der Messe „modell-hobby-spiel“ in Leipzig wieder sportlich präsentiert. Vier Spitzenathleten der Sportfördergruppen begleiteten den Messerundgang, überreichten den Deutschen Spielegrafikpreis „Graf Ludo“ und gaben Autogramme für alle interessierten Besucher aus dem In- und Ausland. Rennrodler und Olympiasieger Oberfeldwebel Tobias Wendl und die Europameisterin im Kugelstoßen, Stabsunteroffizier (FA) Christina Schwanitz, waren die Stars des Tages. Aber auch die Kanuten Obergefreiter Melanie Gebhardt und Obergefreiter Tom Liebscher begeisterten die Besucher und ließen Foto: Matthias Plehn/Daniela Anneken 10 Beliebt: Spitzensportler der Bundeswehr sind ein Magnet. sich mit Eltern und Kindern auf Wunsch fotografieren. Unterstützt und begleitet wurde der Themenbereich der Sportförderung durch den Olympiastützpunkt Leipzig, der ehemaligen Kunst- und Synchronspringerin Heike Fischer sowie der Sportfördergruppe der Bundeswehr aus Frankenberg, die Teile ihrer Profi-Wintersportausrüstung präsentieren konnte. „Die ‚modell-hobby-spiel‘ ist eine geeignete Plattform zur Dar- stellung der Sportförderung in der Bundeswehr“, sagt Hauptmann Winfried Heinz vom Zentralen Messe- und Eventmarketing der Bundeswehr. „Seit Jahren stellen wir hochkarätige Spitzensportler im Rahmen der ministeriellen Öffentlichkeitsarbeit während Messen und Ausstellungen vor und sind damit für unsere Besucher einmal abseits der Großveranstaltungen auch hautnah ansprechbar. Das ist immer eine tolle Erfahrung für unsere Gäste am Messestand.“ Die Spielemesse lockt jährlich über 100 000 Modellbauer, Spielefans und Tüftler aus aller Welt in die sächsische Metropole. Sie ist damit die größte ihrer Art in Deutschland. (wh) 13. Oktober 2014 VERMISCHTES Entertainment pur Foto: dpa/pa Volle Hingabe: Jan Delay merkt man in jeder Sekunde an, wie sehr er seine Liveauftritte genießt. Konzert. Bei dem Hamburger Musik-Chamäleon Jan Delay weiß man scheinbar nie so richtig, woran man ist. Das charismatische Nordlicht hat bisher vier Soloalben veröffentlicht – und dabei jedes Mal eine andere musikalische Richtung eingeschlagen. Nach Reggae, Funk und Soul erklingen auf dem neuesten Werk „Hammer und Michel“, welches Delay vergangenen Donnerstag in Berlin live präsentierte, plötzlich rockige Töne. Die Kritiker runzelten reflex artig mit der Stirn und warfen dem Künstler Etikettenschwindel vor. Doch bei seinem Auftritt in der Berliner Max-SchmelingHalle strafte Delay seine Skeptiker auf ganzer Linie Lügen. Die mehr als 7 000 Zuschauer bekamen knappe zwei Stunden Pop-Unterhaltung vom Allerfeinsten geboten. Schnell wurde klar, dass Delay die eingängigen Gitarrenriffs, die seine makellos aufspielende Band „Disko No. 1“ bei den neuen Songs in den Saal schmetterte, zur Pflege seines Images als lockerer Styler heranzog: Delay spielte genüsslich mit diversen Rocker-Klischees und machte damit deutlich: „Mir ist egal, was auch nur irgendjemand über mich denkt.“ Dieser Musiker bewies, dass er es wie kein Zweiter versteht, seine nach Action gierenden Fans mit originellen Showeinlagen zum Tanzen und Feiern zu bringen – etwa, als er sein routiniertes Bläser-Trio „Jonny Blazers“ in einem Tanzwettbewerb gegen „Disko No. 1“ antreten ließ. Der Stimmung tat es auch keinen Abbruch, dass die immer wieder mit subtiler Ironie gespickten Texte allzu oft im näselnden Sprechgesang des Künstlers untergingen. Auf der Bühne setzt Delay seine markigen Statements eben weniger mit Worten, als mit der ihm ganz eigenen Lässigkeit. Dass Delay viele seiner Evergreens wie „Vergiftet“ oder „Disco“ mit Samples von Lenny Kravitz, Blur oder den Beastie Boys unterlegte, war gewöhnungsbedürftig, aber immer stilsicher. Genau wie die drei im Leopardenlook auftretenden Chorsängerinnen „Delaydies“, die nicht nur bei den vier Zugaben frisch dahertänzelten. Am Ende der Show stand fest: Jan Delay lässt sich in keine Funk-, Soul- oder Rockschublade packen. Er will einfach nur unterhalten. Und das gelingt ihm in beeindruckender Perfektion. Sternstunde auf der Bühne von Andreas Müller DVD/Blu-ray. Richard Strauss (1864-1949) nannte seine „Arabella“ eine „lyrische Komödie“. Die Entstehungsgeschichte macht die Oper eher zu einer Tragödie. Mitten im Arbeitsprozess stirbt 1929 völlig unerwartet Strauss Librettist, der geniale Hugo von Hofmannsthal. Der erschütterte Komponist entscheidet: Das Werk wird textlich nicht mehr „verbessert“, zu Ehren des Dichters bleibt es unangetastet. Damit ist die „Arabella“ in gewisser Weise eine „unfertige“ Oper. Davon merkt man in der diesjährigen Aufführung der Salzburger Osterfestspiele jedoch nichts. Im Gegenteil! Viel zu selten bekommt der Musikliebhaber eine solch hochkarätige Interpretation geboten. Da ist das Liebespaar Arabella (Renée Fleming) und Mandryka (Tho- mas Hampson). Die amerikanischen Opernstars dominieren die Bühne. Sie sind nicht das junge Liebespaar, das die Geschichte eigentlich verlangt. Aber ihre mitreißende, charakterstarke Darbietung gleicht das mehr als aus – ein Paradebeispiel für die „Illusion Oper“. Die übrigen Rollen sind ebenso exzellent besetzt, was sich auch in der beachtlichen Textverständlichkeit widerspiegelt. Die Inszenierung ist wohltuend klassisch, man könnte sagen: aufgeräumt, aber authentisch. Regisseurin Florentine Klepper verzichtet glücklicherweise weitgehend auf die Einfälle des längst überkommenen Regietheaters. Stattdessen findet man sich im Wien des ausgehenden 19. Jahrhunderts wieder. Das großartige Ensemble und die ansprechende Inszenierung werden musikalisch von Christian Thielemann und der Staats- kapelle Dresden begleitet. Niemals zu laut und stets die Sänger tragend, manövriert der Strauss-Experte sein Orchester durch die rund zwei Stunden und 40 Minuten währenden drei Akte. Die Leistung im Orchestergraben ist einzigartig farbenprächtig, filigran, subtil und leichtfüßig. Selten hat man das Glück, eine derart harmonische Darbietung zu erleben. Denn hier stimmt alles. So ist es auch nicht vermessen, bei dieser Aufzeichnung von einer Sternstunde der „Arabella“, vielleicht sogar der Oper, zu sprechen. Richard Strauss: „Arabella - Lyrische Komödie in drei Akten“; Salzburger Osterfestspiele 2014; C Major; DVD und BluRay; 29,99 Euro aktuell verlost eine DVD und zwei Blu-ray Discs der Aufführung. Einfach eine Mail mit Adresse und Betreff „Arabella“ bis zum 19. Oktober senden an: [email protected]. 11 Chemie-Nobelpreis geht an Deutschland Der Pop-Allrounder Jan Delay ließ es in der Berliner Max-Schmeling-Halle ordentlich krachen. von Stefan Rentzsch aktuell Stockholm. Der rumäniendeutsche Forscher Stefan Hell hat vergangenen Mittwoch den Nobelpreis für Chemie erhalten. Der 51-jährige Direktor am Göttinger Max-Planck-Institut wurde damit für bahnbrechende Entdeckungen im Bereich der Mikroskopie geehrt. Die von ihm entwickelte superauflösende Fluoreszenzmikroskopie ermöglicht es, Strukturen, die kleiner sind als die Wellenlänge von Licht, in lebenden Zellen sichtbar zu machen. Dies galt bis zu der Entdeckung im Jahr 2 000 als unmöglich. Die Methode könnte einen erheblichen Teil dazu beitragen, Krankheiten wie Parkinson und Alzheimer auf zellulärer Ebene zu verstehen. So könnten etwa Vorgänge in kranken Zellen in Echtzeit beobachtet und mit denen in gesunden Zellen verglichen werden. Zusammen mit Hell wurden die US-amerikanischen Kollegen Eric Betzig und William M oerner, die die Entdeckung unabhängig von Hell machten, ausgezeichnet. (eb) Heldenepos auf Leinwand Kino. Er ist halb Mensch, halb Gott: Der legendäre Grieche Hercules (Dwayne Johnson). Jetzt steht sein größter Kampf bevor: Mit der Armee von König Cotys (John Hurt) und seinen Söldnern zieht er in die Schlacht um Thrakien, um das Reich vom tyrannischen Centaur Rhesus zu befreien. Cotys drängt nach der Macht, denn nach dem Gesetz ist er der eigentliche Throninhaber. Aber noch ahnt Hercules nicht, dass König Cotys ein doppeltes Spiel mit ihm treibt. aktuell verlost zwei Kinogutscheine für den Film „Hercules“ (bundesweit gültig). Einfach eine Mail mit Adresse und Betreff „Hercules“ bis zum 19. Oktober senden an: aktuell@ bundeswehr.de. (eb) Gewinnauslosung aktuell 38/2014. Je ein Buch „Opa, was macht ein Physiker - Physik für Jung und Alt“ gewinnen Peter Stubakow, Berthold Schäffner und Bernd Stöhr. Je ein Comic „Lucky Luke - Ein Menü mit blauen Bohnen“ gewinnen Manuela Lemberger, Barbara Vieira Martins, Thomas Nußbaum und Frank Anders. Herzlichen Glückwunsch! aktuell Ausgewählte Medienbeiträge 18. Oktober, 16:30 Uhr, ARD: „Frontfrau am Brandherd - Die deutsche UN-Abrüstungschefin Angela Kane und die Zerstörung der syrischen Chemiewaffen“ Nach dem Giftgasangriff bei Damaskus im August 2013 war es dem Verhandlungsgeschick der deutschen UN-Diplomatin Angela Kane zu verdanken, dass die syrischen Machthaber sich mit einer Untersuchung durch UN-Inspektoren einverstanden erklärten. Im Oktober 2013 verpflichtete sich die syrische Regierung, ihr gesamtes Chemiewaffenarsenal zu vernichten. Ein großer Erfolg für Angela Kane. Hilde Stadler konnte die ranghöchste Deutsche innerhalb der UNO mit der Kamera begleiten. Youtube-Video der Woche: Die Luftlandebrigade 26 bei der Evakuierungsübung „Schneller Adler“: Zwei Wochen lang üben die Soldaten das Evakuieren aus Krisenregionen. Zwischen Saarbrücken und Zweibrücken warten verschiedene Szenarien auf die übende Truppe. Die Redaktion der Bundeswehr begleitet einen Zugführer und einen Diensthundeführer mit der Kamera. (eb) Der Beitrag „Schneller Adler 2014“ unter www.youtube.com/ bundeswehr. VERMISCHTES 13. Oktober 2014 Menschlichkeit verpflichtet Oberfeldwebel der Reserve Folker Theis engagiert sich im Lazarusorden für Notleidende. Pforzheim. „Die Menschen brauchen Hilfe und ich versuche zu helfen“, beschreibt Folker Theis in knappen Worten, was ihn antreibt. Unermüdlich engagiert sich der 65-Jährige für notleidende Menschen in Kriegs- und Krisengebieten. Theis ist Prior des Ordens des Heiligen Lazarus zu Jerusalem. Der Ordensname lässt auf die lange Tradition der christlichen Vereinigung schließen. „Bereits in den Zeiten der Kreuzzüge haben sich Ordensmitglieder um Kranke gekümmert“, berichtet Theis. Heute konzentrieren sich die so genannten Damen und R itter des Ordens darauf, mildtätige Projekte in aller Welt zu fördern. Dazu gehören unter anderem Engagements in Kenia, Rumänien und Kroatien. So wurden beispielsweise medizinische Geräte, aber auch Werkmittel für eine Nähschule und eine Werkstatt in zwölf Containern in den Kongo geschickt. Derzeit sammelt der Orden, dem Theis vorsteht, Spenden und Hilfsgüter aller Art für die Menschen im Bürgerkriegsland Syrien. Konkret wird ein Krankenhaus in der Nähe von Damaskus mit Ausstattung, medizinischen Geräten und Bettwäsche unterstützt. Weitere syrische Ein- Welche Redewendung gebrauchen Sie zu häufig? Machen wir schnell. Was ist Ihre größte Errungenschaft? Zufriedenheit und Dankbarkeit gegenüber dem Leben, so wie es ist. Wie können Sie am besten entspannen? Bei der Durchführung meiner Hilfstransporte. Foto: privat 12 richtungen profitieren von finanziellen Zuwendungen. Hilfreiche Güter wie Feldbetten erhält Theis unter anderem auch aus Beständen der Bundeswehr, die nicht mehr im Regelbetrieb eingesetzt werden. Doch Theis verbindet noch mehr mit der Truppe. Als Oberfeldwebel der Reserve hatte er sich im Heimatschutzkommando Pforzheim engagiert. Auch nach dessen Auflösung blieb er in Kontakt mit seinen Kameraden. Anstoß für Theis Engagement war die schwere Erkrankung seiner Frau. „Ich möchte Gott danken, dass wir trotzdem noch zusammen sein dürfen“, so Theis. Doch die Hilfe, die er anderen zukommen lässt, baut ihn auch selbst auf: „Es bringt einem so viel, wenn man anderen Menschen hilft.“ (kha) Welche Eigenschaften schätzen Sie an einem Menschen am meisten? Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit und Respekt dem Leben gegenüber. Was können Sie überhaupt nicht leiden? Lügner und Geschichtenerzähler. Welches Lied singen oder hören Sie gern? Da gibt es viele. Schon morgens fange ich fröhlich an zu pfeifen. Was können Sie besonders gut kochen? Einiges, da meine Mutter mehr als 20 Jahre eine Gaststätte betrieb. Welche lebende Person bewundern Sie am meisten? Seine Seligkeit Gregorios III. Laham Patriarch von Antiochien, von Alexandria, Jerusalem und dem gesamten Osten. Mit 82 Jahren voller Hoffnung, Zuversicht und Liebe den Menschen gegenüber. Wo möchten Sie am liebsten leben? Das ist egal, Hauptsache meine Frau ist dabei. Wer sind Ihre Helden in der Wirklichkeit? All jene, die im Kleinen Großes für die Menschen bewirken. Was war Ihr größter Fehler in der Vergangenheit? Auf falsche Freunde hereingefallen zu sein. Wie lautet Ihr Lebensmotto? Was immer du tust, mache es richtig und bedenke das Ende.