Adrenogenitales Syndrom

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Adrenogenitales Syndrom
Kindernetzwerk e.V.
für Kinder, Jugendliche und (junge) Erwachsene mit
chronischen Krankheiten und Behinderungen
Krankheitsübersicht
Adrenogenitales
Syndrom
KINDERNETZWERK
AN ALLE BEZIEHER UND NUTZER DIESER KRANKHEITSÜBERSICHT
Mit den in dieser Krankheitsübersicht enthaltenen Informationen bietet das
Kindernetzwerk e.V. lediglich einen ersten Überblick über die Erkrankung, die
Behinderung oder das entsprechende Schlagwort.
Alle Informationen werden nach bestem Wissen – mit tatkräftiger Unterstützung
unseres pädiatrischen Beraterkreises und wissenschaftlichen Fachbeirats – aus
diversen Quellen ( Fachbücher, Fachartikel, Kindernetzwerk-Archiv sowie aus dem
Internet ) zusammengestellt.
Bei der Krankheitsübersicht wird darauf geachtet, dass die Informationen verständlich
und gut leserlich geschrieben sind. Wir möchten Eltern, Betroffenen und
Nichtmedizinern dadurch ermöglichen, insbesondere auch seltene Erkrankungen
besser zu verstehen.
Wir streben einen möglichst hohen Grad an Aktualität an, können aber wegen des
rapiden medizinischen Fortschrittes nicht in jedem Fall garantieren, stets den
allerneusten Stand des Wissens komplett abzubilden. Gerade deshalb empfehlen wir,
sich immer an einer der zuständigen Selbsthilfegruppen zu wenden (siehe beiligende
Adressen) um dort weiteres aktuelles Material anzufordern und individuelle Beratung
einzuholen!
Die Krankheitsübersicht ist nur für Ihren persönlichen Gebrauch bestimmt. Eine
Weitergabe an Dritte ist aus urheberrechtlichen Gründen nicht gestattet. Die
Unterlagen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Die Inhalte der beigefügten
Materialien stellen keine Bewertung von Seiten des Kindernetzwerks dar, sondern
dienen der übersichtlichen Zusammenfassung vorhandener Informationsmaterialien
in kompakter Form.
Bei einem Teil der Krankheitsbildern liegen beim Kindernetzwerk noch umfassendere
Informationen (Infopakete) vor. Näheres erfahren sie über die Geschäftsstelle.
Aufgrund der Seltenheit vieler Erkrankungen ist es nicht möglich, bei allen
Krankheitsübersichten ein Fallbeispiel darzustellen. Falls Sie uns dabei unterstützen
möchten, nehmen sie bitte Kontakt mit dem Kindernetzwerk e.V. auf.
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Adrenogenitales Syndrom
AGS
Zusammengestellt für das Kindernetzwerk von
Dr. Hans-Joachim Landzettel, Darmstadt
2004,
überarbeitet von Wolfgang Rupprecht und Imma Rost, Martinsried
01/2011
Kurzbeschreibung:
In der Schwangerschaft kommt es bei Mädchen durch die vermehrte Produktion von
Androgenen in der Nebenniere zu Stoffwechselstörungen, die zu einer mangelhaften
Produktion von Cortison und Aldosteron führen. Wenn beide Hormone fehlen, entsteht ein AGS mit Salzverlust mit nicht eindeutigen äußeren Geschlechtsmerkmalen
(penisartige Klitorishypertrophie und skrotumartigen großen Schamlippen). Die Kinder sind jedoch chromosomal weiblich, haben ein weibliches inneres Genital und
sind fruchtbar.
Die autosomal rezessiv vererbten Formen des adrenogenitalen Syndroms (AGS) führen durch Mangel an Enzymen der Steroidbiosynthese in der Nebennierenrinde je
nachdem, welches Enzym betroffen ist, zum Mangel an Glucocorticoiden und Mineralocorticoiden und einem Überschuss androgener Steroide. Betroffene Mädchen
können dabei bereits im Mutterleib durch Wirkung androgener Steroide eine Entwicklung zum männlichen äußeren Genitale (Virilisierung mit Klitorishypertrophie und
scrotumartigen großen Schamlippen) zeigen.
Bei Jungen und Mädchen muss nach der Geburt der Cortisolmangel mit Hormongaben lebenslang ausgeglichen werden, Wenn auch ein Aldosteronmangel vorliegt, besteht bei Neugeborenen beiderlei Geschlechts das Risiko eines Salzverlustsyndroms; auch der Aldosteronmangel muss behandelt werden.
Symptome/Formen:
Nach der Häufigkeit können folgende Enzymdefekte als Ursache eines AGS unterschieden werden:
●
21-Hydroxylase Mangel (90-95%)
Häufigste Form, autosomal rezessiver Erbgang, Inzidenz klassisches AGS ca.
1:12.000, Heterozygotenfrequenz ca. 1:50;
Klassisches AGS (congenitales AGS) mit Salzverlustsyndrom: Schwerste Form, intrauterine Virilisierung bei weiblichen Feten, Salzverlust bei männlichen und weiblichen Neugeborenen, Pseudopubertas praecox;
Klassisches AGS (congenitales AGS) ohne Salzverlustsyndrom (einfach
virilisierend): Intrauterine Virilisierung bei weiblichen Feten, kein Salzverlustsyndrom,
männliche Neugeborene bis auf gelegentliche Pigmentierung des Scrotums in der
Regel keine Auffälligkeiten, bei beiden Geschlechter Pseudopubertas praecox, durch
Androgenüberschuss zunächst akzeleriertes Knochenwachstum, jedoch vorzeitiger
Schluss der Epiphysenfugen und daher kleinere Endgrößen;
Nicht-klassisches AGS (late-onset AGS): leichtere Form des AGS, spätmanifestierend (nach dem Säuglingsalter), teilweise erst im Erwachsenenalter, bei Mädchen /
Frauen: Pseudopubertas praecox, Hyperandrogenämie, Hirsutismus, Zyklusstörungen, Akne, bei Jungen / Männern Pseudopubertas praecox, in der Regel unauffällig.
●
11β-Hydroxylase Mangel (5-8%)
Autosomal rezessiver Erbgang, Überschuss an Mineralcorticoiden und Androgenen,
intersexuelles Genitale bei Mädchen; Jungen entwicklen Pseudopubertas praecox,
kein Salzverlustsyndrom, in den ersten Lebensjahren arterielle Hypertonie mit evtl.
späterer Linksherzhypertrophie und/oder Retinopathie;
●
17α-Hydroxylase Mangel (bis 1%)
Autosomal rezessiver Erbgang , Glucocorticoid- und Steroid-Mangel, DOC und Corticosteron erhöht, dadurch hypokaliämische Hypertonie, intersexuelles Genitale bei
männlichen Neugeborenen, primäre Amenorrhoe bei Frauen, bei beiden Geschlechtern ausbleibende Pubertät;
●
3β-Hydroxysteroid-Dehydrogenase Mangel (selten)
Autosomal rezessiver Erbgang, Mineralokortikoid-, Glukokortikoid- und Steriodsynthese betroffen, breites klinisches Spektrum mit und ohne Salzverlust, mit und ohne
Störung der Geschlechtsentwicklung bei männlichen Neugeborenen, isolierte prämature Pubarche bei Jungen und Mädchen, spätmanifestierende Formen mit Hirsutismus und Zyklusstörungen
●
P450-Oxidoreductase-Mangel (?)
Störung der Geschlechtsentwicklung bei beiden Geschlechtern, manchmal mit skelettalen Auffälligkeiten;
●
20,22-Desmolase-Defizienz (sehr selten)
Störung der Geschlechtsentwicklung bei männlichen Neugeborenen, massive Vergrößerung der Nebennieren mit Einlagerung von Cholesterinestern, ohne Behandlung kompletter Ausfall aller Nebennierensteroide und Entwicklung einer Addison-Krise;
●
Aldosteronsynthase-Mangel (selten)
Hypoaldosteronismus bei normalen Cortisol-und Androgen-Spiegeln, Neugeborene
mit lebensbedrohlicher Salzverlustkrise, Erbrechen und Gedeihstörung, wird mit zunehmenden Alter schwächer und ist im Erwachsenenalter häufig asymptomatisch.
Ursachen:
Autosomal-rezessiv Vererbung;
Mutationen bei den verschiedenen AGS-Typen in verschiedenen Genen für Enzyme
der Steroidbiosynthese der Nebennierenrinde.
Die Gendefekte blockieren die Biosynthese von Cortisol und oft auch Aldosteron
Häufigkeiten:
1 : 10 000, die Heterozygotenfrequenz liegt bei ca. 1 : 50 (21-Hydroxylasemangel)
Bei 60 – 70 % der Patienten kann sich ein lebensbedrohliches schockähnliches Salzverlustsyndrom entwickeln
Verwandte Krankheiten / Differentialdiagnose /
Begleitfehlbildungen:
Androgen-produzierende Tumoren, z.B. der Hoden, Ovarien, Nebennieren
Stein-Leventhal-Syndrom
Idiopathischer Hirsutismus
Standardtherapie:
Lebenslange Hormonsubstitution mit Gluko- und Mineralokortikoiden ohne Unterbrechung. Bei Stress (z.B. Unfall, Operation) muss die Dosis event. auf das Fünf
fache erhöht werden. Wenn bei Mädchen das äußere Genitale bis zum Stadium 3
nach Prader virilisiert ist, sollte mit 1 ½ Jahren eine chirurgische Genitalkorrektur vorgenommen werden.
In einer Schwangerschaft mit einem Risiko für ein klassisches AGS sollte so früh wie
möglich, spätestens ab der 6. Woche, mit einer Hormonsubstitution über die Mutter
begonnen werden, um während der beginnenden Geschlechtsdifferenzierung die Virilisierung eines weiblichen Feten zu verhindern. Die molekulargenetische Diagnostik
durch Chorionzottenbiopsie ist ab der 11. Schwangerschaftswoche möglich.
Diese Prophylaxe kann beendet werden, wenn die Pränataldiagnostik ergibt, dass
der Fet nicht betroffen oder männlich ist.
In Deutschland ist die Untersuchung auf das AGS seit 2005 Bestandteil des Neugeborenen-Screenings.
Prognose:
Bei der häufigsten Form, dem21-Hydroxylase-Mangel, ist die Prognose gut, wenn die
Kinder frühzeitig und professionell mit den fehlenden Hormonen substituiert werden.
Da bei Mädchen das innere Genital normal angelegt ist, sind sie später fertil, wenn
die Virilisierung des äußeren Genitale hormonell und operativ behoben wurde.
Beratung der Familien:
Eine intensive Beratung und Schulung der Eltern ist erforderlich, da die Patienten lebenslänglich behandelt werden müssen und bei Schockzuständen eine sofortige Behandlungsanpassung nötig ist. Die Kinder sollten stets einen Notfallpass bei sich tragen.
Mütter mit einem AGS-Kind sollten bei einer erneuten Schwangerschaft zur Sicherheit sofort behandelt werden.
BUNDESVERBÄNDE
Bei folgenden BUNDESWEITEN ANLAUFSTELLEN können Sie
Informationsmaterial anfordern. Fragen Sie dort auch nach Ansprechpartnern des
jeweiligen Verbandes in der Umgebung Ihres Wohnortes! Falls vorhanden, sind
auch Auslandsadressen mit aufgelistet. Bitte haben Sie dafür Verständnis, daß wir
in Bereichen, in denen bereits bundesweite Ansprechpartner existieren, primär
diesen Initiativen den Versand von Informationsmaterial und die Vermittlung
spezieller Hilfen überlassen. Bei zusätzlichen Fragen können Sie sich natürlich
jederzeit wieder an das Kindernetzwerk wenden!
AGS-Eltern- und Patienteninitiative e.V.
Geschäftsstelle
Baumschulenstr. 1
89359 Kötz
Tel.: 0 82 21/96 35 37
Fax: 0 82 21/96 35 38
e-mail: [email protected]
Internet: www.ags-initiative.de
Ansprechpartner/innen: Christiane Waldmann
Netzwerk Hypophysen- und
Nebennierenerkrankungen e.V.
Netzwerk Neuroendokrine Tumoren (NeT) e.V.,
Geschäftsstelle
Waldstr. 34
91054 Erlangen
Tel.: 0 91 31/81 50 46
Fax: 0 91 31/81 50 47
e-mail: [email protected]
Internet: www.glandula-online.de
Ansprechpartner/innen: Frau Martina Friedl
(Geschäftsstelle)
Bürozeiten: Mo-Do 8-12 Uhr
BERATUNG UND INFORMATIONEN ZU:
- Hypophysenerkrankungen
- Nebennierenerkrankungen
- Neuroendokrine Tumoren
und unter anderem:
- Akromegalie
- Cushing-Syndrom
- Morbus Addison
- Diabetes insipidus
- Hypophysentumoren (OP-Beratung)
- Hypophyseninsuffizienz
- Wachstumshormonmangel
- Störungen der Geschlechtsentwicklung
(Pubertät)
Zeitschrift GLANDULA (2x jährlich)
WEGWEISER - Schweizer Selbsthilfe-
Congenital Adrenal Hyperplasia Group
gruppe für Krankheiten der Hypophyse
CAH Group (Climb)
Postfach 5 29
2 Windrush Close / Flitwick
CH-3004 Bern
Tel.: 0041 3130 2951 5
GB-MK45 1PX Bedford
Tel.: 0044 1525 7175 36
e-mail: [email protected]
Internet: www.shg-wegweiser.ch
Ansprechpartner/innen: Herr Arnold Forter
e-mail: [email protected]
Internet: www.cah.org.uk
Adrenal Hyperplasia Network
"Hypophysis"
c/o 17 Newton Road
Sandhult PL 801
GB-WS13 7EF Lichfield
Tel.: 0044 1543 252 961
Fax: 0044 1543 411 761
S-28040 Skanes Fagerhult
Internet: www.come.to/hypophysis
e-mail: [email protected]
Internet: www.ahn.org.uk
Ambiguous Genitalia
Pituitary Tumor Network Association
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P.O.Box 3 13
16350 Ventura Boulevard
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Fax: 001 2097 2703 13
U.S.A.- Encino CA 91436
Tel.: 001 8054 9922 62
e-mail: ag [email protected]
e-mail: [email protected]
Internet: www.pituitary.com
Anlaufstelle in Amerika für:
- Hypophysenstörungen