Geschichten

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Geschichten
Geschichten
Die Einladung
Es ist nicht wichtig für mich, wie du dein Geld verdienst.
Ich möchte wissen, ob du es wagst, der Sehnsucht deines Herzens zu folgen.
Es ist nicht wichtig für mich, wie alt du bist.
Ich möchte wissen, ob du dich traust, wie ein Narr auszusehen, weil du deine Liebe zeigst,
deine Träume lebst und wirklich lebendig bist.
Ich möchte wissen, ob du das Zentrum deines Kummers berührt hast,
ob du durch die Lektionen des Lebens offener geworden bist,
oder ob du dich verschlossen hast aus Angst vor neuem Leid.
Ich möchte wissen, ob du mit Schmerz umgehen kannst, meinem oder deinem Schmerz,
ohne ihn verstecken, verändern oder überspielen zu müssen.
Ich möchte wissen, ob du voller Freude sein kannst, meiner oder deiner Freude,
ob du voller Wildheit tanzen kannst,
ob du die Ekstase von deinen Fußsohlen bis zu dienen Harrspitzen fließen lassen kannst.
Es ist nicht wichtig für mich, ob die Geschichte, die du erzählst, wahr ist.
Ich möchte wissen, ob du jemanden enttäuschen kannst,
wenn es wichtig ist, dir selbst treu zu bleiben.
Ob du mit Verrat umgehen kannst, ohne deine eigenen Seele zu verraten.
Ich möchte wissen, ob ich dir vertrauen kann.
Ich möchte wissen, ob du auch dann noch Schönheit sehen kannst, wenn nicht jeder Tag
schön ist.
Und ob du aus der Quelle des Großen Geistes trinken kannst.
Ich möchte wissen, ob du mit Fehlschlägen leben kannst, meinen und deinen
Und zugleich am Ufer eines Sees stehen kannst und dem Silber des vollen Mondes ein lautes
„Ja!“ entgegen brüllen kannst.
Es ist nicht wichtig für mich, wo du lebest und wie viel Geld du besitzt.
Ich möchte wissen, ob du nach einer Nacht voller Streit, Kummer und Verzweiflung,
zermürbt und erschöpft bis auf die Knochen, aufstehen kannst und für die Kinder das tun, was
getan werden muss.
Es ist nicht wichtig für mich, wer du bist oder wie du hierher gekommen bist.
Ich möchte wissen, ob du mit mir im Zentrum des Feuers stehen kannst, ohne
zurückzuschrecken.
Es ist nicht wichtig für mich, wo, was und mit wem du studiert hast.
Ich möchte wissen, was von dir übrig bleibt, wenn alles Äußere von dir abfällt
Ich möchte wissen, ob du mit dir allein sein kannst.
Oriah Mountain Dreamer (aus einem Orientierungswochenende im www.zegg.de)
In der U-Bahn
Ich fuhr an einem Sonntagvormittag in der U-Bahn. Die Passagiere saßen still da, manchen
lasen Zeitung, andere waren in Gedanken verloren, einige hatten die Augen geschlossen und
ruhten sich aus. Es war eine ruhige, friedliche Szene.
Dann stieg ein Mann mit seinen Kindern ein. Die Kleinen waren laut und ungestüm. Die
ganze Stimmung änderte sich abrupt. Der Mann setzte sich neben mich und machte die Augen
zu. Er nahem die Situation offenbar überhaupt nicht zu Kenntnis. Die Kinder schrien herum,
warfen Sachen hin und her, zerrten sogar an den Zeitungen der anderen Fahrgäste herum. Sie
waren sehr störend. Aber der Mann neben mir tat gar nichts.
Es war schwierig, nicht davon irritiert zu sein. Ich konnte nicht fassen, dass er so teilnahmslos
war, dass er seine Kinder dermaßen herumtoben ließ und nichts dagegen tat, überhaupt keine
Verantwortung übernahm. Mit aus meiner Sicht ungewöhnlichen Geduld und Zurückhaltung
sprach ich ihn schließlich an:
“Ihre Kinder stören wirklich sehr viele Leute hier. Könnten Sie nicht vielleicht ihre Kinder
etwas mehr unter ihre Kontrolle bringen?“
Der Mann hob die Augen, also ob er sich zum ersten Mal der Situation bewusst üwrde, und
sagte leise:
“Oh, Sie haben recht. Ich sollte etwas dagegen tun. Wissen Sie, wir kommen gerade aus dem
Krankenhaus, wo ihre Mutter vor einer Stunde gestorben ist. Ich weiß überhaupt nicht, was
ich denken soll, und die Kinder haben vermutlich auch keine Ahnung, wie sie damit umgehen
sollen.“
Stephen R. Covey: Die sieben Wege zur Effektivität. Ein Konzept zur Meisterung Ihres
beruflichen und privaten Lebesn, München: Heyne, 1996, S. 26/27.
Zwei Tiere in mir
Ein Großvater sprach mit seinem Enkel über seine Gefühle angesichts einer kürzlich erlebten
Tragödie.
Er sagte: „Es ist so, als ob zwei Tiere in meinem Herzen miteinander kämpfen. Einer davon
ist rachsüchtig, wütend und gewälttätig. Der andere ist eher traurig, liebevoll und voller
Mitgefühl.“
Der Enkel war aufgeregt und fragte: „Aber Großvater, - wer von beiden wird den Kampf in
deinem Herzen gewinnen?“
Der Großvater lächelte und sagte: „Derjenige, den ich füttere.“
leicht modifiziert von Klaus Karstädt, aus einem Einführungsseminar GFK
Was uns am meisten Angst macht
Am meisten Angst macht uns nicht unsere Unzulänglichkeiten. Am meisten Angst macht uns
unsere maßlose Kraft.
Es ist unser Licht und nicht unsere Schatten, vor dem wir uns am meisten fürchten.
Du magst dich fragen, wie könnte ausgerechnet ich brilliant, wunderbar, begabt und
unwiderstehlich sein?
Dabei stellt sich eher die Frage, wie du es NICHT sein könntest.
Du bist ein Kind Gottes. Die Welt hat nichts davon, wenn du ich klein machst.
Es steckt nichts Erleuchtetes darin, dich zu ducken, damit sich die anderen Menschen in
deiner Gegenwart nicht unsicher fühlen.
Wir wurden geboren, um die uns innewohnende Herrlichkeit Gottes zum Ausdruck zu
bringen.
Sie ist nicht in einigen von uns; sie ist in jedem von uns. Wenn wir unser Licht leuchten
lassen, erlauben wir den anderen unbewusst, es uns gleichzutun.
Befreien wir uns von unserer eigenen Angst, wirkt unsere Gegenwart automatisch begreieind
auf andere.
Marianne Williamson aus „A Return to love“, gefunden in Jack Canfield/ Mark Victor
Hansen: Mehr Hühnersuppe für die Seele, München: Goldmann, 2001, S. 206.
Manifest der Selbstachtung
Das folgende wurde als Antwort auf die Frage eines 15jährigen Mädchens geschrieben: „Wie
kann ich mich auf ein erfüllendes Leben vorbereiten?“
Ich bin ich
Auf der ganzen Welt gibt es niemanden, der genauso ist wie ich. Es gibt Menschen, die mir in
Teilen ähnlich sind, aber niemand ist ganz wie ich. Deswegen gehört alles, was von mir
kommt, auf authentische Weise mir, weil ich allein es wähle.
Mir gehört alles von mir – mein Körper und alles, was er tut; mein Verstand und alle
Gedanken und Ideen; meine Augen und alle Bilder, die sie erblicken; meine Gefühle, was
immer sie sein mögen – Wut, Freude, Frustration, Liebe, Enttäuschung, Aufregung; mein
Mund und alle Worte, die aus ihm kommen – höflich, süß und roh, richtig oder falsch; meine
Stimme, laut und leise; alle meine Taten, ob sie auf andere oder mich selbst gerichtet sind.
Mir gehören meine Phantasien, meine Träume, meine Hoffnungen, meine Ängste.
Mir gehören all meine Triumphe und Erfolge, all meine Niederlagen und Fehler.
Weil mir alles von mir gehört, kann ich mir selbst eng vertraut werden. Dadurch kann ich
mich lieben und in allen Teilen freundlich zu mir sein. Ich kann es dann allem von mir
möglich machen, in meinem besten Interesse zu wirken.
Ich weiß, es gibt Aspekte von mir selbst, über die ich im unklaren bin, und andere Aspekte,
die ich nicht kenne. Aber solange ich mir selbst gegenüber freundlich und liebend bin, kann
ich mutig und hoffnungsvoll nach Lösungen für das Rätsel und nach Möglichkeiten suchen,
mehr über mich herauszufinden.
Wie ich auch immer in einem gegebenen Augenblick aussehe und klinge, was immer ich
sagen und tue und was immer ich denke und fühle, bin ich. Dies ist authentisch und
repräsentiert, wo ich zur Zeit stehe.
Wenn ich später überblicke, wie ich aussah und klang, was ich sagte und tat und wie ich
dachte und fühlte, könnten sich einige Aspekte als unpassend herausstellen. Ich kann das
Unpassende verwerfen und das behalten, was sich als passend erwiesen aht, und ewtas Neues
efinden für das, was ich verwarf.
Ich kann sehen, hören, fühlen, denken, sagen und tun. Ich besitze das Handwerkszeug zum
Überleben, anderen nahe zu sein, produktiv zu sein, aus der Welt der Menschen und Dinge,
die mich umgeben, Sinn und Ordnung zu schaffen.
Ich gehöre mir, und deswegen kann ich mich gestalten.
Ich bin ich, und das ist okay.
Virginia Satir, aus Jack Canfield/ Mark Victor Hansen: Hühnersuppe für die Seele.
Geschichten, die das Herz erwärmen, München: Goldmann, 1996,S. 67/68
Der Geist des Weihnachtsmannes trägt keinen roten Mantel
Ich hockte vorübergebeugt auf dem Beifahrersitz in unserem alten Pontiac, denn es war
„cool“, so dazusitzen, wenn man in die vierte Klasse ging. Mein Vater fuhr in die Stadt, um
einzukaufen, und ich begleitete ihn. Zumindest hatte ich ihm das gesagt – in Wirklichkeit
hatte ich aber seit ein paar Wochen ein wichtiges Anliegen, und dies war das erste Mal, dass
es mir gelungen war, mit ihm alleine zu sein.
„Dad...“, begann ich. Und verstummte.
„Hm?“ murmelte er.
„Ein paar von den Kindern in der Schule haben da was gesagt, und ich weiß, dass es nicht
wahr ist.“ Ich spürte, wie meine Unterlippe zuckte im Bemühen, die Tränen zurückzuhalten,
die im rechten inneren Augenwinkel aufzusteigen drohten – es immer das rechte Auge, das
zuerst weinen wollte.
„Was ist, Stups?“ Wenn es diesen Kosenamen benutzte, war er guter Laune.
„Die anderen sagen, es gibt keinen Weihnachtsmann.“ Ich schluckte. Eine Träne löste sich.
„Sie sagen, ich sei blöd, wenn ich noch an den Weihnachtsmann glauben würde.... das sei nur
was für kleine Kinder.“ Nun sammelten sich auch Tränen in meinem linken Auge. „Aber ich
glaub das, was du mir erzählt hast. Dass es den Weihnachtsmann wirklich gibt. Das stimmt
doch, Dad, oder nicht?“
Inzwischen waren wir die Newell Avenue entlanggefahren, die damals eine mit Eichen
bestandene zweispurige Straße war. Auf meine Frage hin sah mein Vater kurz zu mir herüber.
Dann fuhr er an den Straßenrand, hielt an und rutschte ein Stückchen näher.
„Die Kinder in der Schule irren sich, Patty. Den Weihnachtsmann gibt´s wirklich.“
„Das wusst` ich doch.“ Ich seufzte erleichtert auf.
„Aber ich muss dir mehr über ihn erzählen. Ich glaube, du bist jetzt alt genug, um zu
verstehen, was ich dir sagen werde. Was meinst du?“ In seinen Augen lag ein warmer
Schimmer, und sein Gesicht war weich. Ich wusste, dass etwas Bedeutsames bevorstand, und
ich war bereit, denn ich vertraute ihm völlig. Er würde mich niemals belügen.
„Es gab mal einen Mann, der in der Welt umherreiste und überall Kindern, die das verdienten,
Geschenke brachte. Er ist in vielen Ländern der Erde bekannt. Er ist der Geist der
bedingungslosen Liebe und des Wunsches, diese Liebe dadurch zu beweisen, dass man aus
vollem Herzen schenkt. Wenn du einmal älter bist, wird dir klar, dass der wirkliche
Weihnachtsmann nicht der Mann ist, der am Weihnachtsabend durch den Kamin
herunterkommt. Der Geist dieses Zauberwesens lebt in deinem, in meinem, in Moms und im
Herzen aller Menschen, die an die Freude glauben, die es bringt, andere zu beschenken. Der
wahre Geist des Weihnachtsmanns besteht darin, dass es uns wichtiger ist zu geben als zu
nehmen. Wenn du das einmal verstanden hast und es dir ganz selbstverständlich ist, so wird
Weihnachten sogar noch aufregender und verzauberter sein, weil dir klar geworden ist, dass
diese Zauber aus dir selbst kommt – aus deinem Herzen, in dem der Weihnachtsmann wohnt.
Verstehst du, was ich dir damit sagen möchte?“
Angestrengt starrte ich zum Vorderfenster hinaus auf einen Baum. Ich hatte Angst, meinen
Vater anzusehen – den Mann, der mir mein ganzes Leben lang erzählt hatte, dass der
Weihnachtsmann wirklich existiert. Ich wollte glauben, so wie letztes Jahr, dass der
Weihnachtsmann ein großes, dickes Wesen in einem roten Mantel sei. Nein, diese gewaltige
Pille wollte ich nicht schlucken und meine Vorstellungen ändern.
“Patty, sie mich an.“ Mein Vater wartete. Ich wandte den Kopf und sah ihn an.
Auch Dad hatte Tränen in den Augen – Freudetränen. Sein Gesicht leuchtete wie tausend
Sterne, und in seinen Augen erkannte ich die Augen des Weihnachtsmanns. Des echten
Weihnachtsmanns. Der seine Zeit darauf verwandt hatte, all diese Dinge auszusuchen, die ich
mir zu allen Weihnachten sei meinem Erschienen auf diesem Planeten gewünscht hatte. Der
Weihnachtsmann, der meine sorgfältig verzierten Kekse gegessen und die warme Milch
getrunken hatte. Der Weihnachtsmann, der wahrscheinlich die Karotte gegessen hatte, die ich
für Rudolf hinterlassen hatte. Der Weihnachtsmann, der - trotz seines völligen Mangels an
handwerklichen Fähigkeiten – in den frühen Morgenstunden des Weihnachtstages Fahrräder,
Wagen und andere Gegenstände zusammengesetzt hatte.
Ich begriff. Ich erfasste plötzlich die Freude, die Gemeinsamkeit, die Liebe. Mein Vater nahm
mich in die Arme und hielt mich für eine wie mir schien unendlich lange Zeit fest. Wir
weinten beide.
„Jetzt gehörst du zu einer ganz besonderen Gruppe von Menschen“, fuhr er fort. „Du wirst an
der weihnachtlichen Freude teilhaben, und zwar an jedem Tag des Jahres, nicht nur an einem
ganz speziellen Tag. Von nun an lebt der Weihnachtsmann in deinem Herzen, genauso wie in
meinem eigenen. Du musst dafür sorgen, dass der Geist des Gebens und Schenkens in dir
lebendig bleibt. Dies gehört möglicherweise zu den wichtigsten Dingen, die dir in deinem
Dasein begegnen werden, denn von nun an weißt du, dass der Weihnachtsmann ohne
Menschen wie dich und mich, die ihn am Leben erhalten, nicht existieren kann. Glaubst du,
dass du damit umgehen kannst?“
Mein Herz schwoll vor Stolz, und ich bin sicher, dass meine Augen vor Aufregung glänzten.
„Natürlich, Dad. Ich möchte, dass er in meinem Herzen ist, genau wie in deinem. Ich liebe
dich, Daddy. Du bist der beste Weihnachtsmann, den es je auf der Welt gegeben hat.“
Wenn die Zeit gekommen ist, meinen Kindern die Realität des Weihnachtsmanns nahe
zubringen, wer ich darum beten, dass ich ebenso beredt und liebevoll sein kann wie zu jener
Zeit mein Vater, als ich erfuhr, dass der Geist des Weihnachtsmannes keinen roten Mantel
trägt. Und ich hoffe, sie werden dann ebenso aufgeschlossen sein wie ich damals als Kind.
Aber ich vertraue völlig auf sie und bin überzeugt, dass es so sein wird.
Patty Hansen, in Jack Canfield/ Mark Victor Hansen: Noch mehr Hühnersuppe für die Seele.
Geschichten, die das Herz erwärmen, München: Goldmann, 1997, S. 88-91
Nimm dir einen Moment Zeit, um wirklich zu sehen
Wir alle haben schon den Ausdruck gehört: „Erinnere dich, anzuhalten, um and den Rosen zu
riechen.“ Aber wie oft nehmen wir uns wirklich die Zeit in unserem hektischen, hastenden
Leben, um die Welt um uns herum wahrzunehmen? Zu oft sind wir in unseren geschäftigen
Plänen gefangen, in Gedanken an unseren nächsten Termin, im Straßenverkehr oder im Leben
im allgemeinen, um uns überhaupt bewusst zu werden, dass andere Menschen in der Nähe
sind.
Ich bin so schuldig wie jeder andere, die Welt auf diese Weise auszuschalten, besonders wenn
ich auf den überfüllten Straßen Kaliforniens fahre. Vor kurzem wurde ich jedoch Zeuge eines
Ereignisses, das mit zeigte, wie sehr ich in meine eigenen kleine Welt eingehüllt war, und
dass mich das davon abgehalten hätte, das größere Bild der Welt um mich wahrzunehmen.
Ich fuhr zu einem Geschäftstermin und, wie üblich, plante ich in Gedanken, was ich sagen
würde. Ich kam zu einer viel befahrenen Kreuzung, an der die Ampel gerade auf rot sprang.
„Gut“, dachte ich, „ich kann die nächste Ampel schlagen, wenn ich an die Spitze der Schlange
rase.“
Mein Verstand und mein Auto waren auf Autopilot geschaltet, bereit loszufahren, als plötzlich
meine Trance von einen unvergesslichen Anblick unterbrochen wurde. Ein junges Paar, beide
blind, ging Arm in Arm über die viel befahrenen Kreuzung, auf der Autos in jeder Richtung
sausten. Der Mann hielt die Hand eines kleinen Jungen, während die Frau ein Tragtuch an
ihrer Brust festklammerte, offensichtlich ein Kind tragend. Beide hielten einen weißen Stock
ausgestreckt, auf der Suche nach Hinweisen, um sie über die Kreuzung zu navigieren.
Am Anfang war ich gerührt. Sie überwanden, was für mich eine der am meisten gefürchteten
Behinderungen war – Blindheit. „Wäre es nicht schrecklich, bind zu sein?“, dachte ich. Mein
Gedanke wurde schnell von Schreck unterbrochen, als ich sah, dass das Paar nicht auf dem
Fußgängerüberweg ging, sondern satt dessen diagonal abbog, direkt auf die Mitte der
Kreuzung zu. Ohne die Gefahr wahrzunehmen, in der sie sich befanden gingen sie geradewegs
auf die Spur der ankommenden Autos zu. Ich hatte Angst um sie, weil ich nicht wusste, ob die
andere Fahrer verstanden, was passierte.
Als ich von der Frontlinie des Verkehrs aus (ich hatte den besten Platz) beobachtet, sah ich ein
Wunder sich von meinen Augen entfalten. Jedes Auto aus jeder Richtung kam zur gleichen
Zeit zum Stehen. Ich hörte kein Kreischen von Bremsen und noch nicht einmal den Ton einer
Hupe. Niemand schrie: „Geh aus dem Weg!“ Alles gefror. In diesem Moment schien für diese
Familie die Zeit stillzustehen.
Verwundert blickte ich auf die Autos um mich herum, um mir zu bestätigen, dass wir alle
dasselbe sahen. Ich bemerkte, dass die Aufmerksamkeit eines jeden auf das Paar gerichtet
war. Plötzlich reagierte der Fahrer zu meiner Rechten. Seinen Kopf aus seinem Auto reckend,
schrei er: „nach rechts! Nach rechts!“ Andere folgten einstimmig und reifen: „Nach rechts!“
Ohne auszusetzen richtetet das Paar seinen Kurs aus, als es der Unterstützung folgte. Im
Vertrauen auf ihre weißen Stöcke und die Rufe einiger besorgter Mitbürger schafften sie es,
auf die andere Seite der Straße zu kommen. Als sie an der Bordkante ankamen, fiel mir etwas
auf – sie waren immer noch Arm in Arm.
Ich war von ihren ausdruckslosen Gesichtern betroffen uns kam zu dem Urteile, dass sie keine
Ahnung hatten, was wirklich um sie herum vorging. Doch ich spürte sofort die Seufzer der
Erleichterung, die von allen ausgestoßen wurden, die an dieser Kreuzung gehalten hatten.
Als ich einen Blick in die Autos um mich herum warf, formte der Fahrer zu meiner Rechten
lautlos die Worte: „Puh, haben Sie das gesehen?“ Der Fahrer zu meiner Linken sagte: „Ich
glaube es nicht!“ Ich glaube, wir alle waren tief bewegt von dem, was wir gerade miterlebt
hatten. Hier waren Menschen, die für einen Moment über sich selbst hinausgingen, um vier
bedürftigen Menschen zu helfen.
Ich habe seitdem viele Male über diese Situation nachgedacht und mehrere kraftvolle
Lektionen daraus gelernt. Die erste ist: „Lass dir Zeit und reiche an den Rosen.“ (Etwas, was
ich bis dahin selten getan hatte.) Nimm dir Zeit, um dich umzusehen und wirklich zu sehen,
was gerade jetzt vor deinen Augen passiert. Tu das und dir wird bewusst, dass dieser
Augenblick alles ist, was du hast, um dein Leben zu verändern.
Die zweite Lektion, die ich lernte, ist, dass die Ziele, die wir uns setzen, durch Selbstvertrauen
und Vertrauen in andere erreicht werden können, trotz scheinbar unüberwindlicher
Hindernisse.
Das Ziel des blinden Paares war, unversehrt auf die andere Seite der Straße zu kommen. Ihr
Hindernis waren acht Reihen von Autos, die auf sie gerichtet waren. Doch ohne Panik und
Zweifel gingen sie vorwärts, bis sie ihr Ziel erreicht hatten.
Auch wir können vorwärts schreiten im Erlangen unserer Ziele, indem wir mit Scheuklappen
auf die Hindernisse zugehen, die sich uns in den Weg stellen. Wir müssen nur unserer
Intuition vertrauen und die Führung durch andere annehmen, die vielleicht eine größere
Einsicht haben.
Schließlich lernte ich meine Gabe des Sehens zu schätzen, etwas, das ich allzu oft als
selbstverständlich hingenommen hatte.
Könnten Sie sich vorstellen, wie anders Ihr Leben ohne Ihre Augen sein würde? Versuchen
Sie, sich für einen Moment vorzustellen, auf eine viel befahrene Kreuzung zu gehen, ohne zu
sehen. Wie of vergessen wir die einfachen, doch unglaublichen Gaben, die wir in unserem
Leben besitzen.
Als ich von dieser viel befahrenen Kreuzung wegfuhr, tat ich es mit einer größeren
Bewusstheit für das Leben und das Mitgefühl mit anderen, als ich es hatte, bevor ich dort
ankam. Seitdem habe ich mich entschieden, das Leben wirklich zu sehen, wenn ich meine
täglichen Aktivitäten nachgehen, und meine gottgegebenen Begabungen zu nutzen, um
anderen zu helfen, die weniger glücklich sind.
Tun Sie sich selbst einen Gefallen, wenn Sie durch Ihr Leben gehen: Lassen Sie sich Zeit, um
wirklich zu sehen. Nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, um zu sehen, was gerade jetzt um
Sie herum vorgeht, wo Sie gerade sind. Sonnst könnte Ihnen etwas Wunderbares entgehen
Jeffrey Thomas, aus Jack Canfield/ Mark Victor Hansen: Hühnersuppe für die Seele.
Geschichten, die das Herz erwärmen, München: Goldmann, 1996,S. 208-211.
Wenn du nicht bittest, bekommst du nichts – aber wenn du bittest,
bekommst du
Meine Frau Linda und ich wohnen in Miami, Florida. Als wir gerade mit unserem
Selbstachtungs-Trainingsprogramm mit dem Namen Kleine Eichel begonnen hatten, um
Kinder zu lehren, nein zu Drogen, sexueller Promiskuität und anderem selbstzerstörerischen
Verhalten zu sagen, erhielten wir eine Broschüre über eine Lehrerkonferenz in San Diego. Als
wir die Broschüre lasen und feststellten, dass jeder, der was auf sich hält, da sein würde,
wurde uns klar, dass wir auch hin mussten. Aber wir wussten nicht, wie. Wir standen gerade
am Beginn, wir arbeiteten von zu Hause und hatten eben unsere persönlichen Ersparnisse in
den ersten Phasen der Arbeit erschöpft. Es gab keine Möglichkeit, uns die Flugtickets oder die
anderen Ausgaben zu leisten, Aber wir wussten, wir mussten dorthin, also begannen wir zu
fragen.
Das erste, was ich tat, war, die Koordination der Konferenz in San Diego anzurufen und zu
erklären, warum wir einfach dabei sein mussten, und sie zu bitten, ob sie uns den Eintritt zur
Konferenz für uns beide gratis geben würden. Als ich unsere Situation erläuterte, was wir
machten und warum wir dabei sein mussten, sagten sie ja. Also hatten wir jetzt die
Eintrittskarten. Ich sagte Linda, dass wir die Eintrittskarten hätten und zur Konferenz
zugelassen wären. Sie sagte: „Großartig! Aber wir sind in Miami, und die Konferenz ist in
San Diego. Was tun wir als nächstes?“
Also sagte ich: „Wir brauchen ein Transportmittel.“ Ich rief eine Fluggesellschaft an, von der
ich wusste, dass sie gerade sehr gut lieg, North East Airlines. Die Frau am Telefon stellte sich
als Sekretärin des Präsidenten heraus, also sagte ich ihr, was ich benötigte. Sie verband mich
direkt mit dem Präsidenten, Steve Quinto. Ich erklärte ihm, dass ich gerade mit den Leuten der
Konferenz in San Diego gesprochen hatte und dass sie uns Gratiskarten für die Konferenz
gegeben hätten, dass wir aber nicht wussten, wie wir dort hinkommen sollten, und ob er uns
bitte zwei Rundreisetickets von Miami nach San Diego spendieren könnte. Er sagt: „Natürlich
tue ich das“, genau so. Es ging so schnell, und das nächste, was er sagte, warf mich wirklich
um. Er sagte: „Danke, dass sie gefragt haben.“
Ich sagte: „Wie bitte?“
Er sagte: „Ich habe nicht oft Gelegenheit, das Beste für die Welt zu tun, es sei denn, jemand
bitte darum. Das Beste, was ich je tun kann, ist , von mir selbst etwas zu geben, und Sie haben
mich gebeten, das zu tun. Das ist eine schöne Gelegenheit, und ich möchte Ihnen für diese
Gelegenheit danken.“ Ich war hin und weg, aber ich dankte ihm und legte auf. Ich sah meine
Frau an und sagte: „Schatz, wir haben die Flugtickets.“ Sie sagte: „Großartig! Wo wohnen
wir?“
Als nächstes rief ich Holiday Inn Downtown Miami an und fragte: „Wo ist Ihr
Hauptquartier?“ Sie sagten mir, es sei in Memphis, Tennessee, also rief ich in Tennessee an,
und sie stellten mich zu einer Person durch, mit der ich sprechen musste. Es war ein Mann in
San Francisco. Er hatte Aufsicht über sämtliche Holiday Inns in Kalifornien. Ich erläuterte
ihm dann, dass wir unsere Flugtickets von der Fluggesellschaft erhalten hatten, und fragte, ob
es ihm möglich wäre, uns bei der Unterkunft für drei Tage zu helfen. Er fragte, ob es in
Ordnung sei, wenn er uns in ihrem neuen Hotel im Zentrum von San Diego als Gäste
unterbringen würde. Ich sagte: „Ja, das wäre schön.“
Er sagte dann: „Warten Sie einen Moment. Ich muss Sie warnen, dass das Hotel etwa 35
Fahrtmeilen von dem Campus, wo die Konferenz abgehalten wird, entfernt ist; und Sie
müssen herausfinden, wie Sie da hinkommen.“
Ich sagte: „Ich werde es herausfinden, und wenn ich ein Pferd kaufen muss.“ Ich dankte ihm,
und ich sagte zu Linda: „Also, Schatz, wir haben die Eintrittskarten, wir haben die
Flugtickets, und wir haben einen Platz zum Schlafen. Was wir jetzt brauchen, ist etwas, um
zweimal am Tag vom Hotel zum Campus und zurück zu kommen.“
Als nächstes rief ich National Car Rental an, erzähle ihnen meine Geschichte und fragte, ob
sie mir helfen würde. Sie sagten: „Ware ein neuer Olds 88 in Ordnung?“ Ich sagte, das wäre
es. An einem Tag hatten wir alles auf die Beine gestellt.
Wir beließen es dabei, unsere Mahlzeiten für einen Teil des Aufenthaltes selbst zu bezahlen,
aber bevor die Konferenz zu Ende war, erhob ich mich einer der Versammlungen, erzählte
diese Geschichten und sagte: „Jedem, der uns freiwillig hin und wieder zum Mittagessen
mitnimmt, sei herzlich gedankt.“
Etwa fünfzig Leute sprangen auf und meldeten sich freiwillig, also endeten wir damit, dass
uns auch ein paar der Mahlzeiten gratis dazugegeben wurden.
Wir hatten eine herrliche Zeit, lernten viel und bekamen Kontakt zu Menschen wie Jack
Canfield, der immer noch in unserem Beirat sitzt. Als wir zurückkamen, führten wir das
Programm ein, und es wächst jedes Jahr um hundert Prozent. Im vergangenen Juni hat die
2250. Familie unsere Kleine-Eichel-Training abgeshclossen. Wir haben auch zwei
Hauptkonferenzen für Lehrer unter dem Namen Making the World Safe for children
abgehalten, zu der wir Menschen aus aller Welt eingeladen haben. Tausende von Lehrern sind
gekommen, um Anregungen zu erhalten, wie sei Selbstachtung in ihren Klassenzimmern
trainieren können [...].
Sie sehen also, man kann alles bekommen, wenn man nur genug Leute bittet.
Rick Gelinas, aus Jack Canfield/ Mark Victor Hansen: Hühnersuppe für die Seele.
Geschichten, die das Herz erwärmen, München: Goldmann, 1996, S. 130-33.
Das schöne Herz
Eines Tages stand ein junger Mann mitten in der Stadt und erklärte, dass er das schönste Herz
im ganzen Tal habe. Eine große Menschenmenge versammelte sich, und sie alle bewunderten
sein Herz, denn es war perfekt. Es gab keinen Fleck oder Fehler in ihm. Ja, sie alle gaben ihm
recht, es war wirklich das schönste Herz, was sie je gesehen hatten.
Der junge Mann war sehr stolz und prahlte laut über sein schönes Herz. Da tauchte plötzlich
ein alter Mann vor der Menge auf und sagte: „Nun, dein Herz ist nicht mal annähernd so
schön, wie meines.“ Die Menschenmenge und der junge Mann schauten das Herz des alten
Mannes an. Es schlug kräftig, aber es war voller Narben, es hatte Stellen, wo Stücke entfernt
und durch andere ersetzt worden waren. Aber sie passten nicht richtig, und es gab einige
ausgefranste Ecken. Genauer, an einigen Stellen waren tiefe Furchen, wo ganze Teile fehlten.
Die Leute starrten ihn an: Wie kann er behaupten, sein Herz sei schöner, dachten sie? Der
junge Mann schaute auf des alten Mannes Herz, sah dessen Zustand und lachte: „Du musst
scherzen“, sagte er, „dein Herz mit meinem zu vergleichen. Meines ist perfekt und deines ist
ein Durcheinander aus Narben und Tränen.“
„Ja“, sagte der alte Mann, „deines sieht perfekt aus, aber ich würde niemals mit dir tauschen."
Die Menge lauschte ernst, als der Alte weiter sprach: "Jede Narbe steht für einen Menschen,
dem ich meine Liebe gegeben habe. Ich reiße ein Stück meines Herzens heraus und reiche es
meinen Mitmenschen und oft geben sie mir ein Stück ihres Herzens, das in die leere Stelle
meines Herzens passt. Aber weil die Stücke nicht genau gleich sind, habe ich einige raue
Kanten, die ich sehr schätze, denn sie erinnern mich an die Liebe, die wir teilten.
Manchmal habe ich auch ein Stück meines Herzens gegeben, ohne dass mir der andere ein
Stück seines Herzens zurückgegeben hat. Das sind die leeren Furchen. Liebe geben heißt
manchmal auch ein Risiko einzugehen. Auch wenn diese Furchen schmerzhaft sind, bleiben
sie offen und auch sie erinnern mich an die Liebe, die ich für diese Menschen empfinde. Und
ich hoffe, dass sie eines Tages zurückkehren und den Platz ausfüllen werden. - Erkennst du
jetzt, was wahre Schönheit ist?“
Der junge Mann stand still da und Tränen rannen über seine Wangen. Langsam ging er auf
den alten Mann zu, griff nach seinem perfekten jungen und schönen Herzen und riss ein Stück
heraus. Er bot es dem alten Mann mit zitternden Händen an.
Der alte Mann nahm das Angebot an und setzte es in sein Herz. Dann nahm er ein Stück
seines alten vernarbten Herzens und füllte damit die Wunde im Herzen des jungen Mannes.
Es passte nicht perfekt, da es einige ausgefranste Ränder hatte.
Der junge Mann sah sein Herz an, nicht mehr perfekt, aber schöner als je zuvor, denn er spürte
die Liebe des alten Mannes in sein Herz fließen. Sie umarmten sich herzlich und Seite an
Seite gingen sie weg - und ließen betroffen schweigende Menschen zurück.
Autor unbekannt
Der alte Mann und das Schicksal
Ein alter Mann lebte in einem Dorf, sehr arm, aber selbst Könige waren neidisch auf ihn, denn
er besaß ein wunderschönes weißes Pferd... Könige boten phantastische Summen für das
Pferd, aber der Mann sagte dann: "Dieses Pferd ist für mich kein Pferd , sonder ein Mensch.
Und wie könnte man einen Menschen, einen Freund verkaufen?" Der Mann war arm, aber
sein Pferd verkaufte er nie.
Eines Morgens fand er sein Pferd nicht im Stall. Das ganze Dorf versammelte sich und die
Leute sagten: " Du dummer alter Mann. Wir haben immer gewusst, dass das Pferd eines Tages
gestohlen würde. Es wäre besser gewesen, es zu verkaufen. Weich ein Unglück!"
Der alte Mann sagte: "Geht nicht so weit das zu sagen. Sagt einfach das Pferd ist nicht im
Stall. Soviel ist Tatsache. Alles andere ist Urteil. Ob es Ein Unglück ist, oder ein Segen, weiß
ich nicht, weil dies ja nur ein Bruchstück ist. Wer weiß, was darauf folgen wird?"
Die Leute lachten den Alten aus. Sie hatten schon immer gewusst, dass er ein bisschen
verrückt war. Aber nach fünfzehn Jahren kehrte eines Abends das Pferd plötzlich zurück. Es
war nicht gestohlen worden, sondern in die Wildnis ausgebrochen. Und nicht nur das, es
brachte noch ein Dutzend wilder Pferde mit.
Wieder versammelten sich die Leute und sie sagten: "Alter Mann, du hattest Recht. Es war
kein Unglück, es hat sich tatsächlich als ein Segen erwiesen."
Der Alte entgegnete: "Wieder geht ihr zu weit. Sagt einfach: Das Pferd ist zurück... wer weiß,
wer weiß, ob das ein Segen ist oder nicht? Es ist nur ein Bruchstück. Ihr lest nur ein einziges
Wort in einem Satz wie könnt ihr das ganze Buch beurteilen?"
Dieses Mal wussten die Leute nicht viel einzuwenden, aber innerlich wussten sie, daß der Alte
unrecht hatte. Zwoelf herrliche Pferde waren gekommen...
Der Alte Mann hatte einen einzigen Sohn, der begann die Wildpferde zu trainieren. Schon
eine Woche später fiel er vom Pferd und brach sich die Beine.
Wieder versammelten sich die Leute, und wieder urteilten sie. Sie sagten: "Wieder hattest du
recht! Es war ein Unglück. Dein einziger Sohn kann nun seine Beine nicht mehr gebrauchen,
und er war die einzige Stütze deines Alters. Jetzt bist du ärmer als je zuvor."
Der Alte antwortete: Ihr seid besessen vom Urteilen. Geht nicht so weit. Sagt nur, dass sich
mein Sohn die Beine gebrochen hat. Niemand weiss, ob dies ein Unglück oder ein Segen ist.
Das Leben kommt in Fragmenten und mehr bekommt ihr nie zu sehen."
Es begab sich, dass das Land nach ein paar Wochen einen Krieg begann. Alle jungen Männer
des Ortes wurden zwangsweise zum Militär eingezogen. Nur der Sohn des alten Mannes blieb
zurück, weil er verkrüppelt war. Der ganze Ort war von Klagen und Wehgeschrei erfüllt, weil
dieser Krieg nicht zu gewinnen war und man wusste, dass die meisten der jungen Männer
nicht nach Hause zurückkehren würden.
Sie kamen zu dem alten Mann und sagten: '*Du hattest recht, alter Mann es hat sich als
Segen erwiesen. Dein Sohn ist zwar verkrüppelt, aber immerhin ist er noch bei dir. Unsere
Söhne sind für immer fort."
Der alte Mann antwortete wieder: Ihr hört nicht auf zu urteilen. Niemand weiß! Sagt nur dies:
dass man eure Söhne in die Armee eingezogen hat, und dass mein Sohn nicht eingezogen
wurde. Doch nur Gott, nur das Ganze weiß, ob dies ein Segen oder ein Unglück ist."
Quelle Nicoles Geschichten-Sammlung
Riskieren
Zwei Samen lagen Seite an Seite in der fruchtbaren Frühlingserde.
Der erste Samen sagte: „Ich will wachsen! Ich will meine Wurzeln tief in die Erde unter mir
aussenden und meine Sprossen durch die Erdkruste über mir stoßen... Ich will meine zarten
Knospen entfalten wie Banner, um die Ankunft des Frühlings zu verkünden... Ich will die
Wärme der Sonne auf meinem Gesicht und den Segen des Morgentaus auf meinen
Blütenblättern spüren!“
Und so wuchs er.
Der zweite Samen sagte: “Ich habe Angst. Wenn ich meine Wurzeln in den Boden unter mir
aussende, weiß ich nicht, was mir im Dunkeln begegnet. Wenn ich mir meinen Weg durch die
harte Erde über mir bahne, könnte ich meine empfindlichen Sprossen verletzen... Was ist,
wenn ich meine Knospen sich öffnen lasse, und eine Schnecke versucht, sie zu fressen? Und
wenn ich meine Blüten öffne, könnte ein kleines Kind mich aus dem Boden reißen. Nein, es
ist viel besser für mich, zu warten, bis es sicher ist.“
Und so wartete er.
Eine Hofhenne, die im Boden des ersten Frühlings nach Futter umherscharrte, fand den
wartenden Samen und fraß ihn prompt.
Moral von der Geschichte: Jene von uns, die sich weigern, etwas zu riskieren und zu wachsen,
werden vom Leben verschlungen.
Patty Hansen in: Jack Canfield/ Mark Victor Hansen: Hühnersuppe für die Seele, München:
Goldmann, 1997, S. 165
Jeder hat einen Traum
Vor einigen Jahren nahm ich einen Auftrag in einem südlichen Verwaltungsbezirk an, um mit
Menschen zu arbeiten, die von der öffentlichen Fürsorge lebten. Mein Anliegen war es, zu
zeigen, dass jeder die Fähigkeit hat, für sich selbst zu sorgen: alles, was wir tun müssen, ist,
die Menschen zu aktivieren. Ich bat beim Verwaltungsbezirk darum, eine Gruppe von Leuten
auszusuchen, die von der Fürsorge lebten und aus verschiedenen ethnischen Gruppen und
Familienkonstellationen stammten. Ich würde mich dann mit ihnen jeden Freitag für drei
Stunden treffen. Ich bat auch um eine kleine Portokasse, mit der ich nach Bedarf arbeiten
konnte.
Das erste, was ich sagte, nachdem ich jedem die Hand gegeben hatte, war: „Ich möchte gern
wissen, was Ihre Träume sind.“ Jeder sah mich an, als ob ich irgendwie verrückt sei.
“Träume? Wir haben keine Träume.“
Ich sagte: “Nun, wie war es, als Sie Kinder waren? Gab es nichts, was Sie tun wollten?”
Eine Frau sagte zu mir: “Ich weiß nicht, was man mit Träumen anfangen kann. Meine Kinder
werden von Ratten aufgefressen.“
“Oh“; sagte ich. „Das ist schrecklich. Nein, Sie haben natürlich sehr viel mit den Ratten und
Ihren Kinder zu tun. Wie kann man da helfen?“
“Na ja, ich könnten ein neues Fliegenfenster gebrauche, weil Löcher in meinem Fliegenfenster
sind.“
Ich fragte: „Gibt es jemanden, der weiß, wie man ein Fliegenfenster reparieren kann?“
Es gab einen Mann in der Gruppe, und er sagte: „Vor langer Zeit habe ich solche Sachen
gemacht, aber jetzt habe ich einen kranken Rücken, aber ich werde es versuchen.“
Ich sagte ihm, dass ich etwas Geld hätte, wenn er ins Geschäft gehen und irgendeine
Abdeckung kaufen und damit das Fliegenfenster der Dame reparieren würde. „Glauben Sie,
Sei können das machen?“
“Ja, ich versuche es.“
In der nächsten Woche, als die Gruppe Platz genommen hatte, sagte ich zu der Frau: „Nun, ist
Ihr Fliegengitter repariert?“
“Oh, ja“, sagte sie.
„Dann können wir jetzt anfangen zu träumen, nicht wahr?“
Sie lächelte mir ein wenig zu.
Ich sagte zu dem Mann, der die Arbeit gemacht hatte: „Wie geht es Ihnen?“
Er sagte: „Nun ja, wissen Sie, es ist eine komische Sacher, aber mir geht es langsam viel
besser.“
Dies half der Gruppe, mit dem Träumen zu beginnen. Diese scheinbar kleinen Erfolge
erlaubten der Gruppe zu erkennen, dass Träume nicht krankhaft waren. Diese kleinen Schritte
veranlassten Menschen, zu sehen und zu fühlen, dass wirklich etwas passieren konnte.
Ich begann, andere über ihre Träume zu befragen. Eine Frau teilte mit, dass sie immer
Sekretärin sein wollte. Ich sagte: „Nun, was steht Ihnen im Weg?“ (Das ist immer meine
nächste Frage.)
Sie sagte: „Ich habe sechs Kinder, und ich habe niemanden, der sich ums sie kümmert, wenn
ich weg bin.“
“Lassen Sie uns sehen“, sagte ich, „Gibt es jemanden in der Gruppe, der sich an ein oder zwei
Tagen in der Woche um sechs Kinder kümmern kann, während diese Frau eine Ausbildung
hier am Gemeinde-College macht?“
Eine Frau sagte: „Ich habe auch Kinder, aber ich könnte das machen.“
“Lassen Sie uns das tun“, sagte ich. Also wurde ein Plan aufgestellt, und die Frau ging in die
Schule.
Jeder fand etwas. Der Mann, der das Fliegengitter eingesetzt hatte, wurde Handwerker. Die
Frau, die sich um die Kinder kümmerte, wurde eine zugelassene Tagesmutter. Innerhalb von
zwölf Wochen hatte ich all diese Leute von der öffentlichen Fürsorge losbekommen. Dies war
nicht nur einmal der Fall, ich tat es viele Male.
Virgina Satir, in: Jack Canfield/ Mark Victor Hansen: Hühnersuppe für die Seele, München:
Goldmann, 1997, S. 152-54
Eine einfache Geste
Mark ging eines Tage von der Schule nach Hause, als er bemerkte, wie ein Junge vor ihm
stolperte und alle Bücher, die er trag, und dazu zwei Pullover, einen Baseballschläger, einen
Handschuh und einen kleinen Kassettenrekorder fallen ließ. Mark kniete sich hin und half
dem Junge, die verstreuten Gegenstände aufzuheben. Da sie denselben Weg hatten, half er
einen Teil der Last zu tragen. Als sie gingen, erfuhr Mark, dass der Name des Jungen Bill war,
dass er Videospiele mochte, Baseball und Geschichte, dass er viele Probleme mit seinen
anderen Fächern hatte und dass er sich gerade von seiner Freundin getrennt hatte.
Sie kamen zuerst zu Bills Haus, und Mark wurde auf eine Cola eingeladen und zum
Fernsehen. Der Nachmittag verging angenehm mit viel Lachen und ein wenig Unterhaltung,
dann ging Mark nach Hause. Sie fuhren fort, einander in der Schule zu treffen, aßen
miteinander ein- oder zweimal zu Mittag, dann schlossen sie beide ihre Mittelschulausbildung
ab. Sie landeten in derselben High-School, wo sie über die Jahre hindurch kurze Knotakte
hatten. Schließlich kam das lang ersehnte Abschlussjahr, und drei Wochen vor dem Abschluss
bat Bill um ein Gespräch mit Mark.
Bill erinnerte ihn an den Tag, vor Jahren, als sie einander kennen gelernt hatten. „Hast du dich
je gefragt, warum ich an dem Tag so viele Sachen nach Hause getragen habe?“, fragte Bill.
„Weißt du, ich habe meinen Spind ausgeräumt, weil ich keine Unordnung für irgend
jemanden hinterlassen wollte. Ich habe ein paar von den Schlaftabletten meiner Mutter
beiseite gelegt, und ich ging nach Hause, um Selbstmord zu begehen. Aber nachdem wir
einige Zeit mit Reden und Lachen zusammen verbracht hatten, wurde mir klar, wenn ich mich
umgebracht hätte, wäre mir diese Zeit entgangen und viele anderen, die folgen könnten. Nun
weißt du es, Mark, als du an dem Tag meine Bücher aufgehoben hast, hast du viel mehr getan.
Du hast mir das Leben gerettet.“
John W. Schlatter, in: Jack Canfield/ Mark Victor Hansen: Hühnersuppe für die Seele,
München: Goldmann, 1997, S. 38/39
Das Lächeln
[Dies ist eine kleine, wahrscheinlich autobiographische Geschichte von Antoine de SaintExupery, dem Autoren von dem Kleinen Prinzen. Vor dem zweiten Weltkrieg kämpfte er im
Spanischen Bürgenkrieg gegen die Faschisten und wurde gefangen genommen und in ein
Gefängnis geworfen....] Aufgrund der verächtlichen Blicke und der rohen Behandlung, die
ihm die Gefängniswärter zuteil werden ließen, war er sicher, dass er am nächsten Tag
hingerichtet werden würde. Von hier an erzähle ich die Geschichte in meinen eigenen Worten,
wie ich mich an sie erinnere:
“Ich war sicher, dass ich getötet werden sollte. Ich wurde schrecklich nervös und verzweifelt.
Ich wühlte in meinen Taschen, um zu sehen, ob da Zigaretten waren, die ihrer Suche
entgangen waren. Ich fand eine, und weil meine Hände so zitterten, konnte ich sie kaum na
meine Lippen führen. Aber ich hatte keine Streichhölzer, sie hatten sie mir weggenommen.
Ich schaute durch die Gitterstäbe auf meinen Wärter. Er nahm keinen Blickkontakt zu mir auf.
Schließlich nimmt man keinen Blickkontakt zu einem Ding auf, zu einer Leiche. Ich rief ihm
zu: `Hast du Feuer, por favor?` Er sah mich an, zuckte mit den Schultern und kam herüber,
um mir Feuer zu geben.
Als er näher kam und das Streichholz anzündete, begegneten sich ungewollt unsere Blicke. In
diesem Moment lächelte ich. Ich weiß nicht, warum ich das tat. Vielleicht war es Nervosität,
vielleicht war es, weil, wenn man einander nahe kommt, einer dem anderen, es sehr schwer
ist, nicht zu lächeln. Auf jeden Fall lächelte ich. In diesem Moment war es, als ob ein Funke
die Lücke zwischen unserer beiden Herzen übersprang, unserer beiden menschlichen Seelen.
Ich wusste, er wollte es nicht, aber mein Lächeln sprang zwischen den Gitterstäben hindurch
und erzeugte auch auf seinen Lippen ein Lächeln. Er gab mir Feuer, blieb aber nahe, indem er
mir direkt in die Augen sah und fort fuhr zu lächeln.
Ich lächelte ihm weiter zu; ich nahm ihn jetzt als Mensch wahr und nicht nur als Wärter. Und
sein Blick schien auch eine neue Dimension zu haben. `Hast du Kinder?`, fragte er.
`Aber ja, hier, hier.` Ich zog meine Brieftasche heraus und kramte nervös nach den Bildern
meiner Familie. Er zog auch die Bilder seiner ninos hervor und begann über seine Pläne und
Hoffnungen für sie zu sprechen. Meine Augen füllten sich mit Tränen. Ich sagte, dass ich
fürchtete, meine Familie nie wieder zu sehen, nie die Möglichkeit zu haben, sie heranwachsen
zu sehen. Auch in seinen Augen traten Tränen.
Plötzlich, ohne ein weiteres Wort, schloss er meine Zelle auf und führte mich schweigend
hinaus. Aus dem Gefängnis, still und auf Nebenwegen aus der Stadt. Dort, am Rande der
Stadt, entließ er mich. Und ohne ein weiteres Wort wandte er sich zurück in die Stadt.
Mein Leben wurde durch ein Lächeln gerettet.“ [...]
leicht gekürzt und modifiziert von Hanoch McCarty, in Jack Canfield/ Mark Victor Hansen:
Hühnersuppe für die Seele, München: Goldmann, 1997, S. 39-41.
Was jenseits der Wissenschaft liegt
Ein College-Professor ließ seine Soziologiestudenten in die Slums von Baltimore gehen, um
Fallgeschichten über zweihundert Jugendlich zu sammeln. Sie wurden gebeten, eine
Bewertung über die Zukunft eines jeden Jungen zu schreiben. In jedem Fall schrieben die
Studenten: „Er hat keine Chance.“ Fünfundzwanzig Jahre später stieß ein anderer
Soziologieprofessor auf die frühere Studie. Er ließ seine Studenten das Projekt
nachvollziehen, um zu sehen, was mit diesen Jungen passiert war. Mit Ausnahme von
zwanzig Jungen, die weggezogen oder gestorben waren, erfuhren die Studenten, dass 176 der
verbliebenen 180 einen mehr als ungewöhnlichen Erfolg als Anwälte, Doktoren und
Geschäftsleute erlangt hatten.
Der Professor war überrascht und beschloss, die Angelegenheit weiter zu verfolgen.
Glücklicherweise lebten alle Männer in der Nähe, und er konnte jeden einzelnen frage: „Wie
erklären Sie sich ihren Erfolg?“ Jeder von ihnen antwortete: „Es gab eine Lehrerin.“
Die Lehrerin war noch am Leben, also machte er sie ausfindig und fragte, die alte, aber noch
immer aufgeweckte Dame, welche magische Formel sie benutzt habe, um diese Jungen aus
den Slums herauszureißen, hinein erfolgreiche Leistungen. Die Augen der Lehrerin funkelten,
und auf ihren Lippen erschien ein leises Lächeln: „Es ist wirklich ganz einfach“, sagte sie.
„Ich liebte diese Jungen.“
Titel geändert, Eric Butterworth, in Jack Canfield/ Mark Victor Hansen: Hühnersuppe für
die Seele, München: Goldmann, 1997, S. 16/17
Napoleon und der Kürschner
Während Napoleons Invasion in Russland kämpften seine Truppen einmal in einer der vielen
Kleinstädte in diesem riesigen winterlichen Land, als Napoleon zufällig von seinen Leuten
getrennt wurde. Eine Gruppe russischer Kosaken erkannte ihn, und sie begannen, ihn durch
die gewundenen Gassen zu verfolgen. Napoleon rannte um sein Leben und schlüpfte in den
kleinen Laden eines Kürschners. Als er keuchend eintrat und den Kürschner sah, schrei er
kläglich: „Rette mich! Rette mich! Wo kann ich mich verstecken?“ Der Kürschner sagte:
“Schnell, dort unter dem großen Haufen Pelze in der Ecke!” und deckte Napoleon mit diesen
Pelzen zu.
Kaum war er damit fertig, als die russischen Kosaken eindrangen und schrieen: „WO ist er?
Wie haben gesehen, dass er hier hereingekommen ist.“ Ungeachtet der Proteste des
Kürschners nahmen sie fast den Laden auseinander, um Napoleon ausfindig zu machen. Sie
stachen auch mit den Säbeln in den Stapel von Pelzen, fanden ihn jedoch nicht. Bald gaben sie
auf und verschwanden wieder.
Gerade als seine Leibwächter zur Tür hereinkamen, kroch Napoleon unverletzt unter dem
Haufen Pelze hervor. Der Kürschner wandte sich ihm zu und sagte schüchtern: „Verzeihen
Sie mir, dass ich an einen so großen Mann diese Frage richte – aber wie war es, unter diesen
Pelzen zu liegen und zu wissen, dass der nächste Augenblick warhscheinlich Ihr letzter sein
würde?“
Napoleon richtete sich zu seiner vollen Größe auf und erwiderte dem Kürschner entrüstet:
„Wie kannst du mir eine solche Frage stellen, mir, dem Kaiser Napoleon! Wächter, bringt
diesen Unverschämten hinaus, bindet ihm die Augen zu und erschießt ihn. Ich werde
persönlich das Kommando dazu geben.“
Die Wächter packten den armen Kürschner, schleppten ihn hinaus, stellten ihn an eine Mauer
und verbanden ihm die Augen. Der Kürschner konnte nichts sehen, aber er hörte, wie sich die
Leibwächter langsam nebeneinander aufreihten und ihre Gewehre vorbereiteten; er konnte das
leise Rascheln seiner Kleidung im kalten Wind hören und spüren, wie er den Stoff bewegte
und über seine Wangen strich. Dann hörte er, wie Napoleon sich räusperte und in gemessenem
Ton ausrief: „Fertig... legt an...“ In diesem Augenblick, als dem Kürschner klar wurde, dass
ihm nun selbst diese wenigen Empfindungen für immer genommen würden, überwältigte ihn
ein Gefühl, das er niemals hätte beschreiben können, während ihm die Tränen über die
Wangen liefen.
Nach einer langen Stille hörte der Kürschner, wie sich Schritte näherten und ihm die Binden
von den Augen genommen wurde. Noch halb geblendet vom plötzlichen Sonnelicht sah er
Napoleons Augen vor sich, die tief und eindringlich in seine eigenen blickten – Augen, die in
jedem Winkel seines Inneren einzudringen schienen. Dann sagte Napoleon leise: „Jetzt weist
du es.“
Steve Andreas, in Jack Canfield/ Mark Victor Hansen: Noch mehr Hühnersuppe für die Seele,
München: Goldmann, 1997, S. 246/47.
Wahre Kraft
Dies ist eine Geschichte, die Terry Dobson seinem Freund Daniel Goleman erzählte, der in
den 50er Jahren in Japan Aikido studierte.
“Eines Nachmittags fuhr er [Terry Dobson] in einem Vorortzug von Tokio nach Hause, als ein
massiger, kampfeslüsterner, stark betrunkener und besudelter Arbeiter einstieg. Der torkelnde
Mann begann, die Fahrgäste einzuschüchtern. Schimpfend und fluchend schlug er nach einer
Frau, die ein Baby auf dem Arm trug, so dass sie auf dem Schoß eines älteren Ehepaares
landete. Das daraufhin aufsprang und mit den übrigen Fahrgästen ans Ende des Wagens
flüchtete. Als der Betrunkene noch nach einigen weiteren Fahrgästen Schlug, die er in seiner
Wut verfehlte, packte er unter wüstem Gebrüll die Metallstande in der Mitte des Wagens und
versuchte, sie aus der Verankerung zu reißen.
An diesem Punkt glaubte Terry, der durch tägliche achtsündige Aikido-Übungen in bester
körperlicher Verfassung war, eingreifen zu müssen, damit niemand ernstlich verletzt würde.
Er erinnerte sich aber an die Worte seines Lehrers: `Aikidio ist die Kunst der Versöhnung.
Wer Lust zum Kämpfen hat, der hat seine Verbindung zum Universum zerrissen. Wenn du
versuchst, Menschen zu beherrschen, wirst du immer verlieren. Wir lernen, wie man einen
Konflikt löst, nicht wie man ihn eröffnet.`
Terry hatte sich am Beginn des Unterrichts sogar gegenüber seinem Lehrer verpflichtet, nie
einen Kampf vom Zaun zu brechen, sondern seine Kenntnisse in der Kampfkunst nur zu
Verteidigung einzusetzen. Jetzt sah er endlich seine Chance gekommen, seine Aikido-Künste
in der Realität zu überprüfen, und es erschien ihm eindeutig als legitime Gelegenheit. Also
stand Terry auf, langsam und bedächtig, während die übrigen Fahrgäste wie erstarrt auf ihren
Sitzen saßen.
Als der Betrunkene ihn erblickte, brüllte er: `Oh, ein Ausländer! Dir werd` ich japanische
Manieren beibringen!` und schickte sich an, es mit Terry aufzunehmen.
Doch als der Betrunkene gerade im Begriff war, über ihn herzufallen, stieß jemand einen
ohrenbetäubenden, merkwürdig fröhlichen Schrei aus: `Hey!`
Der Schrei klang so vergnügt, als habe jemand plötzlich einen lieben Freund entdeckt.
Erstaunt drehte der Betrunkene sich um und erblickte ein kleines japanisches Männlein, das in
den Siebzigern sein mochte und in einem Kimono dasaß. Der alte Mann strahlte den
Betrunkenen erfreut an und winkte ihn mit einer leichten Handbewegung und einem flotten
`Komm her` zu sich.
Der Betrunkenen setzte sich mit staksigen Schritten in Bewegung, wobei er wütend knurrte:
`Wieso soll ich mit dir reden, verdammt noch mal?` Terry stand unterdessen bereit, den
Betrunkenen bei der geringsten gewalttätigen Regung niederzustrecken.
`Was hast du getrunken?` fragete der alte Mann und strahlte den betrunkenen Arbeite an. `Ich
hab` Sake getrunken, und das geht dich einen Dreck an`, brüllte der Betrunkene.
`Oh, das ist wunderbar, absolut wunderbar`, erwiderte der alte Mann mit freundlicher Stimme.
`Weißt du, ich liebe auch Sake. Meine Frau und ich (sie ist 76, musst du wissen) wärmen uns
jeden Abend ein Fläschchen Sake und nehmen es mit in den Garten, und wir setzen uns auf
eine alte Holzbank...` und er erzählte weiter von den Dattelpflaumenbaum in seinem Hof, den
Schätzen seinen Gartens und wie er abends den Sake genoss.
Das Gesicht der Betrunkenen wurde allmählich sanfter, während er dem alten Mann lauschte;
seine Fäuste öffneten sich. `Tja... ich liebe auch Dattelpflaumen ...` sagte er, und seine Stimme
verlor sich. `Ja`, sagte der sagte der alte Mann munter, `und du hast sicher eine wunderbare
Frau.`
`Nein`, sagte der Arbeite, `meine Frau ist gestorben...` und begann schluchzend die traurige
Geschichte zu erzählen, wie er seine Frau, sein Haus und seine Arbeit verloren hatte und dass
er sich schäme.
In diesem Augenblick fuhr der Zug in den Bahnhof ein, wo Terry aussteigen musste, und
während er zur Tür ging, hörte er noch, wie der alte Mann den Betrunkenen einlud, mit ihm
zu kommen und ihm alles zu erzählen, und als er sich umdrehte, sah er noch, wie der
Betrunkene sich auf den Sitz ausstreckte, den Kopf auf dem Schoß des alten Mannes.“
Daniel Golemann: Emotionale Intelligenz, dtv, 1997, S. 162/63
Wer bin ich?
Eine Geschichte von Attar aus Neishapur.
Der Verehrer klopfte an die Tür seiner Liebsten.
“Wer klopft?“ fragte die Liebste von drinnen.
„Ich bin´s“, sagte der Liebhaber.
„Dann geh weg. Dieses Haus hat keine Platz für dich und mich.“ Der abgewiesene Verehrer
ging in die Wüste:
Dort meditierte er monatelang über den Worten der Geliebten. Schlißlich kehrte er zurück und
klopfte wieder an die Tür.
„Wer klopft?“
“Du bist es.“
Und sofort wurde aufgetan.
aus Anthony de Mello: Warum der Vogel singt. Weisheitsgeschichten, Herder, 1992, S. 78.
Auf der Durchreise
Ein vom Äußeren her streng und unnachsichtig wirkender Sufi erschien vor den Toren des
Palastes. Niemand wagte ihn aufzuhalten, als er geradewegs auf den Thron zuschritt, den der
heiligmäßige Ibrahim ben Adam innehatte.
“Was wünscht du?“ fragte der König
„Einen Platz, um in dieser Karawanserei zu schlafen.“
“Das ist keine Karawanserei. Das ist mein Palast.“
“Darf ich fragen, wem dieser Ort vor Euch gehörte?”
“Meinem Vater. Er ist tot.“
”Und wem gehörte er vor diesem?”
”Meinem Großvater. Er ist auch tot.“
“Und dieser Ort, den Menschen eine kurze Weile bewohnen und dann weiterziehen – saget Ihr
wirklich, er sei keine Karawanserei?“
aus Anthony de Mello: Wer bringt das Pferd zum Fliegen?, Herder, 1998, S. 93
Worum es beim Heilwerden geht
Beim Heilwerden geht es darum, unsere Herzen zu öffnen, nicht sie zu verschließen. Es geht
darum, die Stellen in uns, die die Liebe nicht einlassen wollen, weich zu machen.
Heilung ist ein Prozeß. Beim Heilwerden schaukeln wir hin und her zwischen den
Mißhandlungen der Vergangenheit und der Fülle der Gegenwart und bleiben immer öfter in
der Gegenwart. Es ist das Schaukeln, das die Heilung bewirkt nicht das Stehenbleiben an
einem der beiden Stellen.
Der Sinn des Heilwerdens ist nicht, für immer glücklich zu werden; das ist vielleicht
unmöglich. Der Sinn der Heilung ist, wach zu sein. Und sein Leben zu leben, nicht bei
lebendigem Leibe zu sterben. Heilung hängt damit zusammen, gleichzeitig ganz und
zerbrochen zu sein.
Erhalten von Monika Schärpe, www.gewaltfrei-reutlingen.de
Spezial-Olympiade in Seattle
Vor ein paar Jahren machten sich an der Spezial-Olympiade (der Behinderten)
in Seattle neun Wettkämpfer zum Sprint Start bereit.
Sie alle waren körperlich oder geistig behindert. Alle waren begierig, das
Rennen zu laufen. Auf den Startschuss preschten sie los, so schnell, wie es ihre
Behinderungen eben erlauben. Fast alle – denn einer der Läufer stolperte, fiel
und überschlug sich auf der Bahn. Dann begann er zu weinen. Die anderen acht
hörten den Jungen weinen. Sie schauten zurück, stoppten und dann kehrten sie
um – alle – ohne Ausnahme. Ein Mädchen mit Down-Syndrom beugte sich zum
Unglücklichen nieder, gab ihm einen Kuss und sagte: „So, das macht’s schon
mal besser.“ Dann halfen sie dem Jungen wieder auf die Beine und alle gingen
zusammen, Arm in Arm, zur Ziellinie.
Die Zuschauer im Stadion standen auf und applaudierten während mehrerer
Minuten. Leute, die die Szene miterlebten, erzählen die Geschichte noch heute.
Warum?
Weil wir tief in uns eine Wahrheit sicher wissen: In diesem Leben gibt es
Wichtigeres, als für uns selbst zu gewinnen. Wichtiger ist es, den anderen zu
helfen, dass sie gewinnen können, auch wenn das bedeutet, dass wir langsamer
gehen oder unseren Kurs ändern müssen.
Trust is a very important factor for all relationships. When trust is broken,
it is the end of the relationship. Lack of trust leads to suspicion, suspicion
generates anger, anger causes enmity and enmity may result in
separation.
A telephone operator told me that one day she received a phone call. She
answered, "Public Utilities Board." There was silence. She repeated,
"PUB." There was still no answer. When she was going to cut off the line,
she Heard a lady's voice, "Oh, so this is PUB. Sorry, I got the number from
my Husband's pocket but I do not know whose number it is."
Without mutual trust, just imagine what will happen to the couple if the
telephone operator answered with just "hello" instead of "PUB".
NO POINTING FINGERS
A man asked his father-in-law, "Many people praised you for a successful
marriage. Could you please share with me your secret?"
The father-in-law answered in a smile, "Never criticize your wife for her
shortcomings or when she does something wrong. Always bear in mind
that because of her shortcomings and weaknesses, she could not find a
better husband than you."
We all look forward to being loved and respected. Many people are afraid
of losing face. Generally, when a person makes a mistake, he would look
around to find a scapegoat to point the finger at. This is the start of a war.
We should always remember that when we point one finger at a person,
the other four fingers are pointing at ourselves.
If we forgive the others, others will ignore our mistake too.
CREATING PERFECT RELATIONSHIPS?
A person visited the government matchmaker for marriage, SDU, and
requested "I am looking for a spouse. Please help me to find a suitable
one." The SDU officer said, "Your requirements, please." "Oh, good
looking, polite, humorous , sporty, knowledgeable, good in singing and
dancing. Willing to accompany me the whole day at home during my
leisure hour, if I don't go out. Telling me interesting stories when I need
companion for conversation and be silent when I want to rest." The officer
listened carefully and replied, "I understand you need television."
There is a saying that a perfect match can only be found between a blind
wife and a deaf husband ,because the blind wife cannot see the faults of
the husband and the deaf husband cannot hear the nagging of the wife.
Many couples are blind and deaf at the courting stage and dream of
perpetual perfect relationship. Unfortunately, when the excitement of love
wears off, they wake up and discover that marriage is not a bed of roses.
The nightmare begins.
NO OVERPOWERING
Many relationships fail because one party tries to overpower another,or
demands too much. People in love tend to think that love will conquer all
and their spouses will change the bad habits after marriage. Actually, this
is not the case. There is a Chinese saying which carries the meaning that
"It is easier to reshape a mountain or a river than a person's character."
It is not easy to change. Thus, having high expectation on changing the
spouse character will cause disappointment and unpleasantness.
It would be less painful to change ourselves and lower our expectations..
RIGHT SPEECH
There is a Chinese saying which carries the meaning that "A speech will
either prosper or ruin a nation." Many relationships break off because of
wrong speech. When a couple is too close with each other,we always
forget mutual respect and courtesy. We may say anything without
considering if it would hurt the other party.
A friend and her millionaire husband visited their construction site. A
worker who wore a helmet saw her and shouted,"Hi, Emily! Remember
me? We used to date in the secondary school." On the way home, her
millionaire husband teased her, "Luckily you married me.Otherwise you
will be the wife of a construction worker." She answered ,"You should
appreciate that you married me. Otherwise, he will be the millionaire and
not you."
Frequently exchanging these remarks plants the seed for a bad
relationship. It's like a broken egg - cannot be reversed.
PERSONAL PERCEPTION
Different people have different perception. One man's meat could be
another man's poison. A couple bought a donkey from the market. On the
way home,a boy commented, "Very stupid. Why neither of them ride on
the donkey?"Upon hearing that, the husband let the wife ride on the
donkey. He walked besides them. Later, an old man saw it and
commented, "The husband is the head of family. How can the wife ride on
the donkey while the husband is on foot?" Hearing this, the wife quickly
got down and let the husband ride on the donkey.
Further on the way home, they met an old Lady. She commented, "How
can the man ride on the donkey but let the wife walk. He is no
gentleman."
The husband thus quickly asked the wife to join him on the donkey. Then,
they met a young man. He commented, "Poor donkey, how can you hold
up the weight of two persons. They are cruel to you." Hearing that, the
husband and wife immediately climbed down from the donkey and carried
it on their shoulders.
It seems to be the only choice left. Later, on a na rrow bridge, the donkey
was frightened and struggled. They lost their balance and fell into the
river. You can never have everyone praise you, nor will everyone
condemn you. Never in the past, not at present, and never will be in the
future.
Thus, do not be too bothered by others words if our conscience is clear..
BE PATIENT
This is a true story which happened in the States. A man came out of his
home to admire his new truck. To his puzzlement, his three-year-old son
was happily hammering dents into the shiny paint of the truck. The man
ran to his son, knocked him away, hammered the little boy's hands into
pulp as punishment. When the father calmed down, he rushed his son to
the hospital.
Although the doctor tried desperately to save the crushed bones, he finally
had to amputate the fingers from both the boy's hands. When the boy
woke up from the surgery & saw his bandaged stubs, he innocently said, "
Daddy,I'm sorry about your truck." Then he asked, "but when are my
fingers going to grow back?" The father went home & committed
suicide.
Think about this story the next time someone steps on your feet or u wish
to take revenge. Think first before u lose your patience with someone u
love. Trucks can be repaired.. Broken bones & hurt feelings often can't.
Too often we fail to recognize the difference between the person and the
performance. We forget that forgiveness is greater than revenge.
People make mistakes. We are allowed to make mistakes. But the actions
we take while in a rage will haunt us forever.