Wechselwirkungen Kunststoff - Laserprozess

Transcrição

Wechselwirkungen Kunststoff - Laserprozess
Wissenschaftlicher
Arbeitskreis der
UniversitätsProfessoren der
Kunststofftechnik
Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern.
Zeitschrift Kunststofftechnik
Journal of Plastics Technology
© 2008 Carl Hanser Verlag, München
www.kunststofftech.com
archivierte, peer-rezensierte Internetzeitschrift des Wissenschaftlichen Arbeitskreises Kunststofftechnik (WAK)
archival, peer-reviewed online Journal of the Scientific Alliance of Polymer Technology
www.kunststofftech.com; www.plasticseng.com
eingereicht/handed in:
angenommen/accepted:
30.01.2008
05.03.2008
Prof. Dr.-Ing. E. Schmachtenberg
Dipl.-Ing. R. Feulner, Dipl.-Ing. D. Rietzel, Dipl.-Ing. B. Wendel
Universität Erlangen-Nürnberg, Lehrstuhl für Kunststofftechnik
Wechselwirkungen Kunststoff - Laserprozess
Die Anwendungsfelder von Lasern reichen in der Kunststofftechnik von der Beschriftung über das
Schweißen bis hin zu formlosen Formgebungsverfahren in der Additiven Fertigung. Gezieltes Einbringen von Füll- und Verstärkungsstoffen erlaubt das Maßschneidern der Werkstoffeigenschaften sowohl
hinsichtlich der Anforderungen der Fertigungsverfahren als auch für die Anwendung. Am Beispiel des
Selektiven Lasersinterns wird der Einfluss von Werkstoff und Fertigungsprozess auf die inneren Bauteil- und letztlich die Gebrauchseigenschaften verdeutlicht. Forscher des LKT konnten am Beispiel
von POM zeigen, dass bislang für dieses Verfahren nicht nutzbare Kunststoffe zu Pulvern aufbereitet
und durch Lasersintern zu komplexen Bauteilen verarbeitet werden können.
Interdependencies Plastics – Laser Process
The application areas of lasers in plastics engineering are ranging from labelling and welding of parts
to toolless Additive Processing. Selective placement of fillers and reinforcements permit tailor-made
material properties both regarding production process and application’s requirements. Cited Selective
Lasersintering as an example, the influence of material and production process on the inner and finally the part properties are clarified. LKT’s researchers were able to demonstrate with polyoxmethylene (POM) that so far not suitable materials can successfully be pre-processed in order to be manufactured to complex parts via Selective Lasersintering.
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Zeitschrift Kunststofftechnik / Journal of Plastics Technology 4 (2008) 3
E. Schmachtenberg, R. Feulner, D. Rietzel, B. Wendel
1
Einleitung
Der Laser ist heute ein wichtiges Werkzeug zur Be- und Verarbeitung von
Kunststoffen. Nachdem zunächst das Schweißen von Kunststoffen technische
Bedeutung erlangte, folgten die Oberflächenmodifikation durch den Laser (Beschriften, Herstellung von lokaler Leitfähigkeit, Moulded Interconnecting Devices) und schließlich das Urformen ganzer Bauteile im Rapid Prototyping Prozess. Heute lässt sich absehen, dass einige dieser Verfahren das Potential
aufweisen, hochwertige Produkte unter hohen Qualitätsanforderungen in kleinen und mittleren Serien kostengünstig zu fertigen [1]. Die Verfahren des Rapid
Prototyping entwickeln sich zur Klasse der Additiven Fertigungstechnik. Mit der
steigenden Zahl der Anwendungen und deren wirtschaftlicher Bedeutung besteht die Notwendigkeit, das Verständnis der Wechselwirkungsprozesse zwischen dem Werkstoff Kunststoff und dem Laser zu untersuchen. Der vorliegende Beitrag wird aus dem heutigen, vergleichsweise jungen Stand der Technik
referieren und wesentliche Fragestellungen für die zukünftige Forschung aufwerfen. Dabei konzentriert er sich auf die Fragestellung der Wechselwirkungen
zwischen Laser und Kunststoff im Bereich der Additiven Fertigung und hier insbesondere auf das Verfahren des Selektiven Lasersinterns.
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2
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Absorption
Die Lasertechnologie erlaubt es, Licht (Energie) mit
einem definierten Strahldurchmesser und einer definierten Wellenlänge in einen Prozess einzubringen.
In der Wechselwirkung mit
dem Licht unterscheiden
sich Kunststoffe von vielen
anderen Werkstoffen dadurch, dass sie in Abhängigkeit von der Wellenlänge
des Lichtes die Energie in
einem
unterschiedlichen
Maß absorbieren (Bild 1).
Bild 1: Absorptionsspektrum verschiedener Kunststoffe in Abhängigkeit von der Wellenlänge
des Lichtes [2]
Laserstrahlschweißen
Spezielle Prozesse, wie das Laserdurchstrahlschweißen (Bild 2) nutzen die
Eigenschaft geringer Absorptionsgrade (Transparenz), um die Energie durch das
Bauteil in die Prozesszone zu leiten.
Polycarbonat
(Absorption mit Ruß modifiziert)
Polycarbonat
(hohe Transmission)
Bild 2:
200 µm
Laserdurchstrahlschweißen von Kunststoffen
links: Prinzip des Laserdurchstrahlschweißens [3]
rechts: mittels Laserdurchstrahlschweißen gefügtes Polycarbonat
Im Bereich der Fügezone kann dann durch Einbringen von Farbpigmenten oder
anderer Zusatzstoffen (farbgebende und dispergierende Pigmente, lösliche
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organische Farbstoffe, Ruß, etc.) das Absorptionsverhalten des Kunststoffes
modifiziert werden, um lokal begrenzt in der Fügezone die Energieabsorption zu
erreichen (siehe Bild 3).
Bild 3:
Absorptionsverhalten der Kunststoffe [4]
An diesem Beispiel wird bereits ein wesentliches Prinzip erkennbar, das
grundlegend für die Kunststoffe in den ihnen charakteristischen Verarbeitungsprozessen ist: Durch die Modifikation des Werkstoffes (hier Pigmentzugabe)
werden die Werkstoffeigenschaften für den Prozess maßgeschneidert. So kann
durch die unterschiedlichen Wellenlängen des sichtbaren Lichtes und des Infrarotlasers ein Kunststoff so eingestellt werden, dass er die gleiche Farbanmutung
hat, aber für das infrarote Licht absorbierend oder transparent ist.
Laserbeschriftung und Laserdirektstrukturierung
Das Laserlicht wird in der Kunststofftechnik auch zur lokalen Aktivierung
verwendet. Der Fertigungsprozess Laserdirektstrukturierung (LDS) (siehe Bild 4)
ermöglicht z.B., Kupfer zur Erzeugung von Leiterbahnen auf geometrisch
komplexen Bauteilen selektiv abzuscheiden. Somit ist es möglich, Leiterbahnen in
Gehäusebauteile zu integrieren.
Ein weiteres bekanntes Verfahren der Kunststofftechnik, das den Laserstrahl als
Energiequelle nutzt, wird für die Beschriftung verwendet. Die absorbierte Lichtenergie wird mit jeweils angepassten Energiedosen eingesetzt. Hohe Energiedosen verdampfen den Kunststoff, so dass eine sichtbare Vertiefung entsteht. In
Abhängigkeit von dem vorliegenden Kunststoff und der verwendeten
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Laserstrahlquelle kann das Material mittels des Wärmeeintrags geschäumt oder
ein Farbumschlag angestoßen werden (Bild 5 und Tabelle 1).
Spritzgießen
Laseraktivierung
Metallisierung
Laser
aktivierter Bereich
Bild 4:
abgeschiedenes Kupfer (Leiterbahn)
Leiterbahnenerzeugung mittels Laserdirektstrukturierung LDS [5]
Gravieren
Laser
Material verdampft selektiv
Hohe Leistungsdichte
In Werkstoff entsteht Kavität
Relais
Schäumen
Laser
Der Kunststoff schmilzt lokal
Durch das Schmelzen entstehende Gasbläschen werden
beim Abkühlen im Material
eingeschlossen und reflektieren Licht diffus.
Erhabene Markierung entsteht
Lichtmaschinenabdeckung
Farbumschlag
Laser
Bild 5:
Laser ermöglicht gezieltes Verändern von
Moleküleigenschaften, und damit der optischen Eigenschaften
Oberfläche bleibt weitgehend unbeschädigt
Prozesse der Laserbeschriftung [6, 8, 9]
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Gut beschriftbar
Gut beschriftbar mit Additiven
Nicht beschriftbar
ohne Additive
Ergebnisse ohne Additive abhängig von der
ohne Laseradditiv
Farbe des Materials
ƒ ABS
ƒ PA
ƒ PES
ƒ PU
ƒ PC
ƒ PS
ƒ PE
ƒ Polyolefine
ƒ PBT
ƒ POM
ƒ PI
ƒ PEEK
ƒ PPS
ƒ PVC
ƒ entspr. Blends
ƒ Glasfaserverstärkte Typen
(PEHD, PP)
ƒ PMMA
ƒ PTFE
(z.B. PC/ABS)
Tabelle 1:
Laserbeschriftbare Kunststoffe [6, 7, 16]
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Konsolidierungsmechanismen
Es ist nicht ausreichend, nur die unmittelbare Wechselwirkung zwischen dem
Laserstrahl und dem Werkstoff zu betrachten, es ist auch der Verarbeitungsprozess zu untersuchen. Bei den lasergestützten Urform- und Fügeprozessen
ist es das Ziel, ein zusammenhängendes, möglichst homogenes und eigenspannungsfreies Bauteil zu erzeugen. Ganz grundsätzlich kann dabei von Vorprodukten unterschiedlichster Form und Aggregatzuständen ausgegangen werden,
Bild 6. Der Laser übernimmt hier die Aufgabe des Energieeintrags zur Initiierung des Füge- bzw. des Konsolidierungsprozesses.
Additive Fertigungsverfahren
fest
Draht
Pulver
Folie
flüssig
gasförmig
Flüssigkeit
Gas
Aufschmelzen
und
Erstarren
Aufschmelzen
und
Erstarren
Verfestigen
durch
Binder
Ausschneiden
und
Fügen
Ausschneiden
Polymerisieren
und
Polymerisieren
Fused
Deposition
Modeling
(FDM)
Selective
Laser
Sintering
(SLS)
3D-Printing
(3DP)
Laminated
Object
Manufacturing
(LOM)
Solid
Foil
Polymerisation
(SFP)
StereoLithoGraphy
(SLA)
chemische
Reaktion
LaserJet
ChemicalVapor
Deposition
(LCVD)
Selective
Mask
Sintering
(SMS)
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Electron
Beam
Melting
(EBM)
Bild 6:
Additive Fertigungsverfahren, eingeteilt nach dem
Konsolidierungsprinzip [10, 11]
Im Folgenden wird auf die industriell besonders relevanten lasergestützten
Prozesse Laser-Stereolithographie und das Selektive Lasersintern eingegangen.
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Laser-Stereolithographie
Die Laser-Stereolithographie ist das älteste Rapid Prototyping Verfahren. Das
Verfahrensprinzip beruht auf der Photopolymerisation. Spezielle flüssige
Kunststoffe (z.B. photosensitive Epoxidharze) werden unter Einwirkung von UVLicht selektiv ausgehärtet. Als Energiequelle werden Festkörperlaserstrahlquellen
eingesetzt. Das flüssige Monomer befindet sich in einem Behälter, der zugleich
als Bauraum und Vorratsbehälter dient. Darin ist eine in z-Richtung verschiebbare
Bauplattform integriert. Die über dem Bauraum angeordnete Laser-ScannerEinheit projiziert die Schichtinformation auf die Oberfläche des Harzbades. Die
Aushärtung wird in der horizontalen Ebene durch den Durchmesser des
Laserstrahls, in der vertikalen Ebene durch die optische Eindringtiefe des Lasers
in das verwendete Harz begrenzt. Nach der Verfestigung dieser Schicht wird die
Bauplattform um die gewählte bzw. definierte Schichtstärke abgesenkt. Nach dem
Auftragen einer neuen Harzschicht mittels eines Beschichters wiederholt sich der
Prozess, bis das Bauteil schichtweise aufgebaut ist (siehe Bild 7). Die Bauteile
weisen in der Regel eine bis zu 96 % ige Polymerisation auf. Die vollständige
Aushärtung erfolgt anschließend mittels eines UV-Ofens. Laser-Stereolithographiemodelle weisen im Vergleich zu anderen RP-Verfahren einen hohen
Detaillierungsgrad und sehr gute Oberflächenqualitäten auf.
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Bild 7:
Verfahrensablauf bei der Laser-Stereolithographie, nach [10]
Selektives Lasersintern
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In der Technik bevorzugt ist der Prozess des Aufschmelzens und Erstarrens zur
Erzeugung eines homogenen Bauteils. Daher nutzt die Mehrzahl der Additiven
Fertigungsverfahren dieses Prinzip. Der Vorteil dieses Konsolidierungsprinzips
ist der Verzicht auf chemische Reaktionen im Prozess. Die Vorprodukte sind
inert, nicht toxisch, leicht handhabbar und wenig empfindlich gegenüber Störeinflüssen, z.B. der Lagerung oder im Verarbeitungsprozess. Im Vergleich von
Metallen und Kunststoffen erkennt man für dieses Konsolidierungsprinzip wesentliche Unterschiede im Werkstoffverhalten (siehe Tabelle 2), welche etwa in
den Prozessen des Additiven Fertigens zu beachten sind.
Eigenschaft
Thermoplaste
Metalle
Schmelztemperatur
100 °C - 350 °C
138 °C - 1500 °C
~1 % / 100 °C
~0,01 % / 100 °C
zähflüssig
dünnflüssig
niedrig
hoch
Wärmeausdehnungskoeffizient
Fließeigenschaften der Schmelze
Oberflächenspannung der Schmelze
Tabelle 2:
Eigenschaften von Metallen und Kunststoffen im Vergleich
Aus diesen Eigenschaften resultieren unterschiedliche Prozessstrategien: Bei den
Metallen zwingt die hohe Oberflächenspannung dazu, die Menge des aufgeschmolzenen Metalls klein zu halten, da es sonst zu Agglomerationen kommt. Es
wird also auf den erstarrten Untergrund eine kleine Menge Schmelze aufgebracht,
die während des Bauprozesses unmittelbar nach dem Aufschmelzen sofort
wieder erstarrt. Die Temperatur des Werkstückes liegt wesentlich unter der
Schmelztemperatur des Werkstoffs. Da die Wärmedehnung vergleichsweise
gering ist, bleibt der Verzug trotz hoher Temperaturheterogenitäten begrenzt.
Bevorzugt lassen sich Legierungen mit sehr geringen Wärmeausdehnungskoeffizienten verarbeiten. Die hohe Wärmedehnung bei den Kunststoffen lässt ein
Bauprinzip mit hohen Heterogenitäten im Temperaturfeld innerhalb des
Werkstückes nicht zu. Daher muss das Pulverbett bis nahe an die Schmelztemperatur des Kunststoffes erwärmt werden. Ein idealer Bauprozess führt zu
dem modellhaften Zustand des quasi-isothermen Lasersinterns [12]. Mittels des
Lasers wird lediglich die zum Überschreiten des Phasenübergangs notwendige
Energie zugeführt. Dabei sollte eine möglichst geringe Temperaturerhöhung im
umliegenden Bett auftreten. Bei einer quasi-isothermen Prozessführung können
Schmelze und Pulver nebeneinander vorliegen. Der Bauprozess findet sozusagen
in einem Zweiphasenmischzustand statt [13].
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Hieraus folgt eine weitere werkstoffliche Voraussetzung für diese Verfahrensweise: Die Kristallisationstemperatur Tpc des Kunststoffes sollte deutlich niedriger
liegen als die Kristallitschmelztemperatur Tpm. Durch die dynamische Differenzkalorimetrie (DSC) kann die Temperaturdifferenz zwischen Kristallitschmelz- und
Kristallisationstemperatur dargestellt werden. Bild 8 zeigt an Hand eines Aufheizund Abkühlvorgangs in der DSC das ausgeprägte Temperaturfenster zwischen
beiden Peaks eines kommerziell erhältlichen Lasersinterpulvers auf Polyamidbasis.
Bild 8:
Festlegung der zulässigen Bauraumtemperatur durch Auswertung
der Temperaturdifferenz zwischen Aufschmelzen und Kristallisation
anhand eines DSC-Kurvenverlaufs von PA12 [12]
Dieses kennzeichnet den möglichen Bereich der Bauraumtemperatur beim SLSProzess. Wird dieses Prozessfenster überschritten, schmelzen Pulver unkontrolliert auf, während bei einer Unterschreitung, die bis dahin erzeugte
Polymerschmelze zu kristallisieren beginnt und Schwindung, respektive eigenspannungsinduzierter Verzug („Curling“), auftritt [12]. Erst mit Abschluss des
Bauprozesses werden Pulver und Bauteil langsam bei möglichst kleinem
Temperaturgradienten abgekühlt, sodass eigenspannungsarme Bauteile mit
großer Maßhaltigkeit realisiert werden können. Curling während des Bauprozesses kann zu Unebenheiten im Pulverbett führen und den Bauprozess
gefährden [2]. Folglich muss der Zusammenhang von Prozess und Bauteileigenschaften im Detail betrachtet werden.
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Die Formteilmerkmale (und somit die Gebrauchseigenschaften) von Spritzgussteilen aus Kunststoff werden nicht nur aus der Geometrie des Formnestes und
den Werkstoffeigenschaften von Formmasse und Formnest, sondern auch durch
die variablen Prozessparameter bei der Herstellung des Formteils bestimmt. Die
vielfältigen Abhängigkeiten und Einflussmöglichkeiten ermöglichen es nicht, ohne
weitere Betrachtungen unmittelbar von den Randbedingungen des Fertigungsprozesses auf die Eigenschaften des Bauteils schließen zu können. Um den
Einfluss der Bedingungen bei der Herstellung auf die Formteileigenschaften
quantifizieren zu können, wurde der Begriff der „Inneren Eigenschaften“ entwickelt
(siehe Bild 9) [6].
variable
Prozessparameter
Formteilgeometrie
Kunststoff
Füllstoffe
Werkzeugwerkstoff
...
Formteilmerkmale
Schwindmaße
Formteilgewicht
Bauteilfestigkeit
Kratzfestigkeit
Spannungsrissbeständigkeit
Glanz
...
g
ng n
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Kr .
..
Bild 9:
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Randbedingungen
des Prozesses
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Massetemperatur
Werkzeugtemperatur
Einspritzgeschwindigkeit
Nachdruck
...
Fertigungsprozess
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4 Korrelation Fertigungsprozess und Bauteileigenschaften
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ka
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Analytisches Prozessverständnis beim Spritzgießen
Die inneren Eigenschaften sind Merkmale zur Charakterisierung des Zustandes
eines Kunststoffes. Die wichtigsten inneren Eigenschaften sind Orientierungen,
Eigenspannungen, Kristallisation (Kristallisationsparameter), molekularer Aufbau
(mittlere Molmasse, Molmassenverteilung) und Änderung der Zuschlagsstoffe
(z.B. Stabilisatoranteil, Faserlänge). Über variable Prozessparameter können die
Bauteileigenschaften optimiert werden. Beim Spritzgießen steigt mit Erhöhung der
Werkzeugwandtemperatur die Zeit, die dem Kunststoff zur Kristallisation in der
Form zur Verfügung steht. Damit ändert sich die Innere Eigenschaft Kristallisationsgrad. Hieraus leiten sich weitere Eigenschaften ab, wie etwa Dichteerhöhung,
erhöhter E-Modul, hieraus wieder die Veränderung der Gebrauchseigenschaften
wie etwa erhöhte Kratzfestigkeit, stärkere Schwindung und daher kleinere
Formteilabmessungen.
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Ganz allgemein nutzt man den Begriff Orientierung dann, wenn die Eigenschaften
richtungsabhängig vorliegen. Die Ursache für die Richtungsabhängigkeit beruht
darauf, dass mikroskopische Eigenschaftsunterschiede (z.B. die unterschiedlichen
Bindungsenergien von Haupt- und Nebenvalenzen) dann makroskopisch erkennbar werden, wenn der Werkstoff gerichtet zusammengesetzt ist. Somit kennzeichnet die Orientierung das Maß an Ausrichtung der inneren Strukturen im Werkstoff.
Mit der zunehmenden Orientierung wachsen der E-Modul, die Zugfestigkeit und
die Wärmeleitfähigkeit bei sinkender Wärmeausdehung (dies gilt jeweils in
Orientierungsrichtung, senkrecht hierzu verhalten sich die Eigenschaften in
umgekehrter Weise), die Permeabilität und die Absorption sinken. Bei teilkristallinen Werkstoffen wächst die Kristallinität, und die Transparenz sinkt. Wenn ein
Bauteil auch ohne äußere Beanspruchung einen mechanischen Spannungszustand aufweist, spricht man von Eigenspannung. Die Ursache für die
Eigenspannungen beruht darauf, dass einzelne Bereiche des Werkstoffverbundes
unterschiedliche Abmessungen aufweisen, im Verbund durch den äußeren Formzwang dann gestreckt oder gestaucht werden und daher dann mit Spannungen
beaufschlagt sind. Die Ursache für die unterschiedlichen Ausgangsabmessungen
der einzelnen Bereiche des Werkstoffes kann die lokal unterschiedliche
thermische Kontraktion, die Reaktionsschwindung oder die Medienaufnahme
(oder –abgabe) des Werkstoffes sein. Eigenspannungen wirken wie äußere
Spannungen und sind bei der Dimensionierung zu berücksichtigen. Sie wachsen
bei heterogener Temperaturverteilung im Bauteil, schnellen Abkühlgeschwindigkeiten, hohem Wärmeausdehnungskoeffizienten und hohem E-Modul an. Bei
Werkstoffverbunden bewirken unterschiedliche Wärmeausdehnungskoeffizienten
ebenfalls Eigenspannungen. Durch Tempern kurz unterhalb der Schmelztemperatur und anschließendes langsames Abkühlen können Eigenspannungen abgebaut
werden.
Die Molekülketten bestimmter Thermoplaste können sich bei der Erstarrung
teilweise ordnen (kristallisieren => teilkristalline Kunststoffe). Der Aufbau
kristalliner Ordnungszustände erfolgt an Grenzflächen in der abkühlenden
Schmelze (Keimen). Je langsamer die Abkühlgeschwindigkeit ist, umso gleichmäßiger können die Makromoleküle kristallisieren (Kristallisationsgrad steigt). Je
weniger Keime vorhanden sind, umso größer wird der einzelne Kristall (z.B.
Sphärolithdurchmesser). Je geordneter die Makromoleküle in der Schmelze liegen
(Orientierung), umso besser können die Makromoleküle kristallisieren (z.B.
scherungsinduzierte Kristallisation). Bei sehr hohen Abkühlgeschwindigkeiten
kann die Kristallisation unterdrückt werden (z.B. Getränkeflasche aus PET).
Werden Bauteile im Spritzgießprozess gefertigt, wird die Wärme über die
Bauteiloberfläche an das Werkzeug abgeführt. Aufgrund der im Vergleich zum
Werkstoff des Spritzgießwerkzeuges niedrigen Wärmeleitfähigkeit des Kunststoffs
entsteht im Bauteil ein Temperaturgradient, der in einem schichttiefenabhängigen
Kristallisationsgrad resultiert (siehe Bild 10).
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Randschicht
(optisch amorph)
randnahe Schicht
(feinsphärolithisches Gefüge)
Kernschicht
(grobsphärolithisches Gefüge)
Bild 10:
Gefügeausbildung in einem Spritzgussformteil
PA66, Durchlicht, Polarisationskontrast mit O-Platte
Dieses aus dem Spritzgießen entwickelte Verständnis um die inneren
Eigenschaften des Werkstoffes wird für das kunststoffverarbeitende Fertigungsverfahren Lasersintern herangezogen, um den Prozess zu optimieren sowie neue
oder modifizierte Werkstoffe zu qualifizieren.
Wie Bild 1 exemplarisch verdeutlicht, weisen Kunststoffe von einander
abweichendes Absorptionsverhalten auf. Für eine werkstoffgerechte Verarbeitung
ist es demzufolge notwendig, die Wechselwirkungen zwischen Prozess und
Energieeintrag zu verstehen. Bei zu hohen Laserleistungen kann es zu
Materialabbau und durch die hohe Eindringtiefe zu Konturungenauigkeiten
kommen. Das Zusammenwirken von hoher Absorptionsleistung und zu niedriger
eingebrachter Energiedichte ist in Bild 11 dargestellt – durch die Verwendung
eines Einbettmittels bei der Probenpräparation wird die Schichtaufweitung
verstärkt. Neue aufgebrachte Schichten werden nicht durchgängig aufgeschmolzen und verbinden sich nicht vollständig mit der darunter liegenden
Schmelze, woraus verminderte mechanische Eigenschaften resultieren.
Folglich müssen bei der Verwendung neuer Kunststoffpulver für das SLSVerfahren werkstoffspezifische Prozessanpassungen durchgeführt werden.
Bislang werden überwiegend Kunststoffpulver auf PA12-Basis (z.B. PA 2200 der
EOS GmbH, Krailling) angeboten. Am LKT wurden Untersuchungen zur
Verarbeitung neuer Werkstoffe durchgeführt, um für teilkristalline Werkstoffe
Prozessmodelle ableiten zu können. Im nachfolgenden wird das kommerziell
erhältliche PA 2200 Pulver mit einem kryogen gemahlenen POM-Pulver
verglichen und Werkstoff, Fertigung und Bauteileigenschaften korreliert.
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Bild 11:
WW Kunststoff - Laserprozess
Fehlende Schichtanbindung an lasergesintertem Bauteil bei zu
geringer Laserleistung (Durchlicht an eingebettetem Dünnschnitt)
Da während des Lasersinterprozesses die Schmelzetemperatur lange Zeit über
der Kristallisationstemperatur gehalten und schließlich langsam bis auf Raumtemperatur abgekühlt wird, werden hohe Kristallinitätsgrade (KPOMmax ~ 85%) und
damit dennoch hohe Festigkeiten, bei einer Abnahme der Bruchdehnung, erreicht.
Die Beweglichkeit der Molekülketten ist über einen vergleichsweise langen
Zeitraum gegeben, weshalb hoch kristalline Strukturen aufwachsen können.
Durchlichtmikroskopische Aufnahmen von Mikrotomschnitten aus Zugstäben im
polarisierten Licht zeigen, dass POM weniger lamellare und stärker ausgeprägte,
geordnete sphärolithische Überstrukturen als PA 2200 aufweist, Bild 12. Die
durchgängige Kristallstruktur über mehrere Schichten bestätigt das Vorliegen
quasi-isothermer Verhältnisse bzw. deren durch eine optimale Prozessführung
temporäre Aufrechterhaltung.
Bild 12:
Morphologie von PA 2200 (links) und POM-Zugstäben (rechts),
dargestellt an Dünnschnitten im polarisierten Licht
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Im oberen Randbereich der POM-Zugstäbe sind transkristalline Bereiche erkennbar. Dabei handelt es sich um orientierte Kristallwachstumsfronten, welche
typischerweise an Phasengrenzen entstehen [14]. Die Oberseite des Bauteils
ist eine derartige Phasengrenze, da nach dem Bauprozess in der Abkühlphase
noch Pulverschichten aufgebracht werden. Transkristalline Fronten können bei
Prozessinstabilitäten unterschiedlichen Ursprungs auch im Bauteil auftreten.
Lasergesinterte Bauteile aus POM zeigen als herausragendes Merkmal eine
plane und homogen ausgeprägte Oberfläche. Eine derart hohe Oberflächenqualität ist für lasergesinterte Bauteile bisher untypisch, da durch den drucklosen Sinterprozess in der Regel zerklüftete, raue Oberflächen entstehen.
5
Aufbereitung der Kunststoffe
Wie bereits erläutert, ergeben sich die Verarbeitungs- und Anwendungseigenschaften der Kunststoffe auch durch das Vorhandensein von Zusatzstoffen.
In diesem Zusammenhang gilt es auch, das Verständnis des Begriffes Kunststoff
zu präzisieren. So spricht man von Kunststoffen, wenn der polymere Werkstoff
benannt wird, und nicht von Polymeren. Polymer bezeichnet den Teil des
Werkstoffes, der eine makromolekulare Struktur aufweist. Im Werkstoff Kunststoff
bildet das Polymer die Matrix, ergänzt durch unterschiedlich hohe Anteile an
Zusatzstoffen. Zusatzstoffe können sehr unterschiedliche Funktionen übernehmen (siehe Bild 13). Erst durch die Einarbeitung der Zusatzstoffe erhält das
Polymer seine verarbeitungs- und anwendungsspezifischen Eigenschaften, es
entsteht der Kunststoff. Ohne Zusatzstoffe sind viele Polymere nicht verarbeitbar
(z.B. weil sie sich wegen fehlender Stabilisierung in der Wärme zersetzen).
Additive:
(einige ppm bis 5 Vol.-%)
Î
Î
Î
Î
Î
Î
Î
Î
Î
Î
Î
Î
Î
Î
Bild 13:
Gleitmittel, Trennmittel
Stabilisatoren
Antistatika
Flammschutzmittel
Pigmente
Additive für die Laserbeschriftung
Vernetzer
Weichmacher
Haftvermittler
Treibmittel
Antibakterielle Mittel, Fungizide
Bitterstoffe (Verbissschutz)
Nanocomposites
…
Füllstoff:
(10-50 Vol.-%)
Î
Î
Î
Î
Î
Î
Î
Î
Î
Mineralische Füllstoffe
(Calciumcarbonat,
Aluminiumhydroxid)
Glasfasern
Kohlenstofffasern
Polymerfasern
Naturfasern
magnetisierbare Füllstoffe
elektrisch leitende Füllstoffe
wärmeleitende Füllstoffe
…
:
Zusatzstoffe in Kunststoffen (Beispiele) [6, 7]
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Das Aufbereiten des Kunststoffes aus dem Polymer und den Zusatzstoffen
(Compoundieren) ist ein wichtiger Prozess in der Prozesskette der Kunststoffverarbeitung, Bild 14. Neben dem Dosieren von Grundpolymer und Zusatzstoffen
erfolgt hier das Mischen, das Homogenisieren bis herunter auf molekulare Ebene
(z.B. durch Lösen im Schmelzezustand) und schließlich das Ausbringen in einem
für die Weiterverarbeitung erforderlichen Zustand (typischer Weise Granulieren).
Polymersynthese
• Polymerisation
• Polykondensation
• Polyaddition
Aufbereitung
(Compoundierung)
•
•
•
•
Dosieren
Mischen
Homogenisieren
Granulieren
Verarbeitung
• Extrusion
• Spritzgießen
• Hohlkörperblasen
• ...
werkstoffliches
und
rohstoffliches
Recycling
Bild 14:
Die Aufbereitung, ein Prozess der Kunststoffverarbeitung
Auch Kunststoffe, die in Additiven Fertigungsverfahren eingesetzt werden,
benötigen spezifische Zusatzstoffe und Ausbringungsformen für den Additiven
Fertigungsprozess.
Beim Selektiven Lasersintern werden die Kunststoffe in Pulverform in den Fertigungsprozess eingebracht. Entsprechend dem Konzept des schichtweisen
Aufbaus muss die nächste, etwa 0,1 mm dicke Pulverschicht gleichmäßig und
unter geringen Schubspannungen auf die zuvor teilweise mit dem Laser
aufgeschmolzene Schicht aufgebracht werden. Aus heutiger Sichtweise sind
dabei folgende Aspekte wesentlich [15]:
x
monodisperse Pulver mit Partikeldurchmesser von ca. 60 ȝm
x
möglichst sphärische Partikelform (gleichmäßiger Eintrag)
x
kein Kleben der Partikel aneinander (Oberflächenspannung, Elektrostatik)
Eine der wesentlichen Herausforderungen bei der Umsetzung der Additiven
Fertigung durch Lasersintern besteht darin, kostengünstige Verfahren zu entZeitschrift Kunststofftechnik 4 (2008) 3
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wickeln, die eine Herstellung solcher Partikel aus der Schmelze erlaubt. Aus
diesem Hintergrund heraus erklärt sich die große Verbreitung des Werkstoffes
PA12 im Bereich des Lasersinterns. Als teilkristalliner Werkstoff erlaubt er eine
optimale Prozessführung zur Erzeugung porenarmer oder porenfreier Bauteile
(siehe „Quasi-isothermes Lasersintern“). Zugleich liegt dieser bei der Polymersynthese in Pulverform und somit in der benötigten geometrischen Form vor, Bild
15 links [16]. Allerdings bedingt dieser Weg der Pulverherstellung im
Polymerisationsprozess, dass Zuschlagstoffe nur sehr eingeschränkt eingebracht
werden können [17].
Bild 15:
Pulver für das Lasersintern
links : PA12 (PA 2200),
rechts:kryogen gemahlenes POM-Pulver (NMF)
Eine weitere technische Möglichkeit zur Herstellung von Polymerpulvern in der
erforderlichen Pulverfraktion ist das Kryomahlen in einer Prallmühle. Dieses
aufwendige Verfahren erlaubt die Erzeugung von Pulvern mit einer geometrischen
Ausformung, wie in Bild 15 rechts dargestellt. Aktuelle Arbeiten am LKT zeigen,
dass auch solche Pulverformen gut verarbeitbar sind und wie hier bei dem
Kunststoff POM zu guten Bauteilen führen. Aus diesen Betrachtungen kann
gefolgert werden, dass für viele andere, möglicher Weise für das Lasersintern
geeignete Kunststoffe die Verwendung unterbleibt, da kostengünstige Wege zur
Herstellung monodisperser Pulver aus der Schmelze nicht verfügbar sind.
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Zusammenfassung
In den vergangenen Jahren wurden innerhalb der Kunststofftechnik insbesondere
neue Verarbeitungsverfahren als Innovationstreiber sichtbar. Im Bereich der
Sonderspritzgießverfahren führte zunehmend tiefer greifendes Werkstoff- und
Prozessverständnis gepaart mit neuen Auslegungsstrategien beispielsweise zu
hochkomplexen Werkzeug fallenden reibschlüssigen Mehr-Komponenten Kupplungen. Dies wurde durch gezieltes Einstellen der werkstoff- und prozessabZeitschrift Kunststofftechnik 4 (2008) 3
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hängigen Bauteilschwindung möglich. Im Bereich der laserbasierten Kunststoffbearbeitung und –bauteilfertigung sind aufgrund des bisher kurzen Entwicklungszeitraums ungleich größere Fortschritte zu erwarten. Bisher liegen keine
standardisierten Strategien zur Qualifizierung neuer Werkstoffe vor. Erst wenn die
Anforderungen an den Werkstoff klar umrissen sind, können neue zielsicher
beurteilt und vor allem auch für die Verfahren zugeschnitten werden. Am Beispiel
des Selektiven Lasersinterns wurde in diesem Beitrag gezeigt, dass die
zielgerichtete Werkstoffanalyse gemeinsam mit einer geeigneten Prozessmodellierung völlig neue Anwendungsfelder besetzen lässt.
7
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Geiger, A. Otto, M. Schmidt, Meisenbach-Verlag
Bamberg, S. 323-331
Stichworte:
Additive Fertigung, Prozessmodelle, Selektives Lasersintern, Kunststoffe für die
Additive Fertigung
Keywords:
Additive Processing, Process Models, Selective Laser Sintering, Polymers for
Additive Processing
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Autor/author:
Prof. Dr.-Ing. Ernst Schmachtenberg (Professor)
Dipl.-Ing. Robert Feulner (Autor)
Dipl.-Ing. Dominik Rietzel (Autor)
Dipl.-Ing. Bettina Wendel (Autor)
Universität Erlangen-Nürnberg
Lehrstuhl für Kunststofftechnik
Am Weichselgarten 9
91058 Erlangen
Herausgeber/Editor:
Europa/Europe
Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. Gottfried W. Ehrenstein, verantwortlich
Lehrstuhl für Kunststofftechnik
Universität Erlangen-Nürnberg
Am Weichselgarten 9
91058 Erlangen
Deutschland
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Fax.:
+49/(0)9131/85 - 29709
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Verlag/Publisher:
Carl-Hanser-Verlag
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81679 Muenchen
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Tel.: +49(0)9131/85297-00
Fax: +49(0)9131/85297-09
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Prof. Prof. h.c Dr. Tim A. Osswald,
responsible
Polymer Engineering Center, Director
University of Wisconsin-Madison
1513 University Avenue
Madison, WI 53706
USA
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Beirat/Editorial Board:
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Arbeitskreises Kunststofftechnik/
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of Polymer Technology
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