TASPO GartenMarkt_Juli2012 - Mystery Shopping and More

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TASPO GartenMarkt_Juli2012 - Mystery Shopping and More
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T E S T K Ä U F E
Mystery Shopping Ergebnisse
Teil 1: Die Kundenansprache und Begrüßung. Wenn Testkäufer unterwegs sind. Von Julia Kaufmann
„Beim Betreten des Geschäfts wurde ich lächelnd von einem Mitarbeiter im Vorbeigehen begrüßt.
Das war ein gutes Gefühl. Deshalb
wollte ich den Mitarbeiter später
auch ansprechen.“ (59-jährige
Testkundin eines Gartencenters)
Nur selten berichten Kunden
von solchen Begebenheiten im
deutschen Einzelhandel. Viel
eher werden sie mit der Situation
konfrontiert, beim Betreten eines
Geschäftes, keinen Mitarbeiter
auf ihr Kauf- oder Beratungsanliegen ansprechen zu können.
Oft berichten Mystery Shopper –
potenzielle Kunden des jeweiligen
Unternehmens, die einen Testeinkauf durchführen – von Mitarbeitern, die „herumrennen“ oder
ganz in ihre Arbeit vertieft sind.
Erläutert man den Mitarbeitern des getesteten Unternehmens diese Ergebnisse und weist
sie auf die Schwachstellen „Ansprechbarkeit aus Kundensicht“
und „Kundenbegrüßung“ hin, ist
manchen diese Situation nicht
hinreichend bewusst. Im Gegenteil, viele Mitarbeiter sind über
Julia Kaufmann.
Werkfoto die Ergebnisse sogar verwundert.
Sie können den Grund für eine
ausgebliebene
KundenbegrüZur Autorin
ßung oftmals selbst nicht nachvollziehen. Dabei kann eine
Die Firma Kaufmann & Kirner
„Nichtbegrüßung“ die unter(Rostock), Mitinhaberin Julia
schiedlichsten Ursachen haben.
Kaufmann hat sich auf die KunWelche das sind und wie diese
denzufriedenheitsanalysen spevermieden werden können, wird
zialisiert. Dazu nutzen sie die
im Folgenden genauer erläutert.
Methode Mystery Shopping (Testeinkäufe) in Kombination mit
„Hallo!“ reicht oftmals aus
Kundenbefragung. Mehr InforVielen Mitarbeitern ist die Bemationen zum Unternehmen
deutung der Kundenbegrüßung
unter: www.kaufmann-kirner.
für ein erfolgreiches Verkaufsgede <http://www.kaufmann-kir
spräch nicht bewusst. Sie betrachner.de> oder per Mail an inten sie als Anweisung von „Oben“,
[email protected]
(ts)
die als Regel befolgt werden muss.
Dass die Kundenbegrüßung jedoch vor allem den Mitarbeitern
selbst und der Beziehung zum
Kunden zugutekommt, verstehen
viele Angestellte erst bei der Reflektion dieses Themas.
Wie kann aber eine unverbindliche Kundenbegrüßung aussehen? Wichtig ist, dass die Mitarbeiter keine bestimmte Begrüßungsformel auferlegt bekommen, die sie dann „abarbeiten“.
Angestellte sind stets die Gesichter des Unternehmens und so individuell wie dieses selbst. Eine
Begrüßung kann daher ganz unterschiedlich erfolgen. Ob ein
nettes Lächeln oder ein Zunicken, wenn der Kunde das Geschäft betritt, ein freundliches
„Hallo“ oder ein „Guten Tag“ – es
gibt keine richtige oder falsche
Begrüßungsformel. Es liegt am
Mitarbeiter selbst, die für ihn
passendste Begrüßung herauszufinden und dann anzuwenden.
daher angehalten werden zu agieren und nicht nur zu reagieren,
um mit gutem Beispiel voran zugehen und dem Kunden zu helfen,
sich willkommen zu fühlen. „…
aber es hat keiner Guten Tage gesagt, weder Bitte noch Danke,
oder kann ich sonst noch etwas für
Sie tun. Das sind kleine Basics, die
alles etwas runder gemacht hätBegrüßen, nicht Bedrängen ten.“ (46-jährige Testkundin eines
Mitarbeitern, denen es schwer Gartencenters)
fällt, die Bedeutung der Begrüßung nachzuvollziehen, schil- Botschaft 2: Hallo Kunde, ich
dern oftmals folgendes Szenario: habe dich wahrgenommen!
Ein Kunde betritt das Geschäft „…ich war mir nicht sicher und
und wird sofort von einem Mit- schaute mich fragend um, fand
arbeiter angesprochen, ob dieser aber keine Beachtung. Das Persoihm behilflich sein kann. Der nal war mit Aufräumen beschäfKunde verneint dies mit Hinweis, tigt…“ (56-jährige Testkundin eisich erstmal einen Eindruck ver- nes Gartencenters) Durch eine
schaffen zu wollen. Bereits ein Begrüßung, registriert der Kunpaar Minuten später wird er je- de, dass er durch den Mitarbeiter
doch vom nächsten Mitarbeiter wahrgenommen worden ist, fühlt
angesprochen: „Wie kann ich ih- sich dadurch beachtet und somit
nen helfen?“ – Daraufhin kann wertgeschätzt.
sich der Kunde genervt oder gar
zu einem Kauf gedrängt fühlen.
Botschaft 3: Hallo Kunde, sprich
Das Ereignis, dass ein Kunde mich gerne an! Durch eine un-
„Nur selten berichten Kunden von solchen
Begebenheiten im deutschen Einzelhandel.“
durch doppelte Ansprache entnervt das Geschäft verlässt ist
tendenziell zwar eher gering und
nur bei höherer Personalbesetzung wahrscheinlich. Den Mitarbeitern sollte dementsprechend
vermittelt werden, darauf zu achten, dem Kunden genügend Zeit
zum Umschauen einzuräumen,
ihn jedoch durchaus zu begrüßen. Denn dadurch können verschiedene Botschaften an den
potenziellen Käufer indirekt vermittelt werden:
Botschaft 1: Hallo Kunde, du bist
herzlich willkommen! Der Kun-
de betritt ein Geschäft und ist in
diesem zunächst ein Fremder.
Die Begrüßung trägt dazu bei,
dem Kunden eine gewisse Herzlichkeit und Wertschätzung entgegen zu bringen – so entwickelt
er Vertrauen. Eine freundliche
und ernst gemeinte Begrüßung
ist nicht nur ein Zeichen von
Respekt und guten Umgangsformen, sondern auch ein Mittel um
als Verkäufer den ersten Schritt zu
machen. Die Mitarbeiter sollten
verbindliche Kundenbegrüßung
wird die durch den Kunden empfundene Ansprechbarkeit des
Personals verstärkt. Damit wird
eine mögliche Hürde, welche
Kunden bei der Ansprache eines
Mitarbeiters durchaus haben, reduziert oder ganz genommen.
Gerade Verkäufer können sich
nur schlecht vorstellen, dass es
Kundentypen gibt, die Hemmungen haben oder sich schlichtweg
nicht trauen einen Mitarbeiter
anzusprechen. Ist der Angestellte
zudem in seine Arbeit vertieft
und vergisst, den Kunden zu begrüßen, ist die empfundene Hürde
bei vielen Kunden meist noch höher. „Ich bin doch dafür da, dass
Kunden mich ansprechen können!“, sagen vielen Mitarbeiter.
Dass die Angestellten für den
Kunden ansprechbar sind, ist insbesondere im Facheinzelhandel
äußerst wichtig. Gerade hier erwarten die Kunden kompetente
Beratung zu speziellen Produkten. Verkäufer, die in der Regel
schon von Natur aus extrovertierter sind als andere Angestell-
Eine lächelnde Begrüßung färbt auf die Kunden ab.
te, müssen sich in den Kunden
und die jeweilige Situation hineinversetzen können. Bereits
durch unverbindliche Kundenbegrüßungen wird die durch den
Kunden empfundene Ansprechbarkeit des Personals positiv beeinflusst. Ein großer Teil der Daseinsberechtigung des Facheinzelhandels besteht darin qualifizierte
Beratungsgespräche anzubieten.
Diese können nur zu Stande kommen, wenn die Mitarbeiter auch
für den Kunden erreichbar und
ansprechbar scheinen.
Mit anhaltender Regelmäßigkeit erreichen die Gartencenter
bei unseren Untersuchungen
hierbei allerdings die schlechtesten Ergebnisse: „…selbst beim
verzweifelten Herumwerkeln an
einem Sonnenschirm, ging der
Mitarbeiter, ohne dass andere
Kunden in der Nähe gewesen wären, an mir vorbei. Ich musste ihm
hinterherrufen, um beachtet zu
werden…“ (25-jährige Testkundin
eines Gartencenters)
Gehen Sie mit gutem Beispiel
voran – auch der Chef sagt
„Hallo!“ Keine Präsentation,
kein Workshop oder Teammeeting kann die Begrüßungssituation in einem Unternehmen verbessern, wenn nicht von allen
Seiten gehandelt und agiert wird.
Es gibt nichts Schlimmeres als in
einem Mitarbeiterseminar ausführlich die Funktion und Notwendigkeit der Kundenbegrüßung zu diskutieren und am Ende zu erfahren, dass weder die
Abteilungsleiter noch die Geschäftsführung mit gutem Bei-
Foto:Imago
spiel vorangehen. Auch nicht direkt im Verkauf arbeitende Mitarbeiter wie Lageristen sehen oft
nicht die Notwendigkeit der
Kundenbegrüßung bei ihrer Arbeit. Allerdings besteht auch bei
ihnen die Möglichkeit des direkten Kundenkontaktes. Es gilt also: Die Kundenbegrüßung sollte
von allen Mitarbeitern, unabhängig vom Stand im Unternehmen
selbst, durchgeführt werden. Das
wirkt sich nicht nur positiv auf
das Geschäftsklima aus, sondern
kann in manchen Fällen sogar
ansteckend sein. Hierzu mal eine
Anregung aus einem ganz anderen Dienstleistungsbereich: „Dieses Hotel war einfach genial… alle
Angestellten, ob Servicemitarbeiter, Animation, Hausmädchen,
Gärtner schlichtweg jeder der eine
Uniform trug begrüßte jeden Urlauber. Interessant war zu sehen,
dass diese Haltung schnell auf die
Urlauber abfärbte. Diese fingen
nämlich teilweise an als erste zu
grüßen. Die dadurch entstandene
Atmosphäre war sympathisch und
herzlich.“ (24-jährige Testkundin
eines Hotels).
Die Kundenbegrüßung ist bei
flächenmäßig größer aufgestellten
Facheinzelhändlern Thema. Apotheken erzielen in ihrer Serviceleistung meist Spitzenwerte. Sie
sind schon einen Schritt weiter:
Bei ihnen geht es weniger darum
ob sondern wie begrüßt wird. Dies
ist für viele Gartencenter jedoch
erst der zweite Schritt. Zunächst ist
die Ansprechbarkeit der Mitarbeiter durch unverbindliche Kundenbegrüßungen zu verbessern.
Servicestudie „Gartencenter 2012“ weist Schwachstellen aus
Die Servicequalität von Gartencentern ist insgesamt nur befriedigend, so das Ergebnis der
Servicestudie Gartencenter 2012,
durchgeführt vom Deutschen Institut für Servicequalität Hamburg (www.disq), bei der zwölf
Gartencenter-Ketten untersucht
wurden (TASPO 25/12). Positiv
fielen aber das sehr vielfältige
Angebot der Geschäfte sowie die
Freundlichkeit der Mitarbeiter
auf. In Bezug auf das Umfeld und
das Angebot zeigten sich die
Märkte gut aufgestellt und
schafften durch eine übersichtliche Warenpräsentation und eine
vielfältige Produktauswahl eine
gute Grundlage für ein positives
Einkaufserlebnis.
Bei der Beratung überzeugten
die Mitarbeiter insgesamt eher
durch Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft als durch Kompetenz,
heißt es in der Studie weiter.
Schwächen gab es demnach im
Kundenkontakt: „Meistens ließen
die Angestellten die Kunden allein
und boten eher selten ihre Hilfe
an. Auf eine Beratung mussten die
Kunden sehr lange warten.“
Die getesteten Gartenmärkte
verfügen insgesamt über eine gute Basis, sollten ihre Leistungen
in Bezug auf den direkten Kontakt mit den Kunden allerdings
steigern, lautet die Empfehlung.
So gingen die Mitarbeiter in 56
Prozent der Gespräche nicht genug auf die Wünsche der Kunden
ein und erfragten zu wenig deren
genaue Vorstellungen, wie zum
Beispiel die Preisvorstellungen
für einen Rasenmäher.
Die Reaktion der Angestellten
auf Beschwerden fiel in gut 40
Prozent der Fälle nicht professionell aus. Das Angebot an Pflan-
zen und Gartendekoration/-pflege gehört zu den Stärken der
Branche. Die langen Wartezeiten
(Kasse/Beratung) fielen den Testkäufern besonders negativ auf.
In lediglich 35 Prozent der Fälle gingen die Angestellten auf die
Kunden zu, um ihnen Hilfe anzubieten. Baumärkte wurden in
der Studie nicht berücksichtigt.
Das Deutsche Institut für Service-Qualität
verfolgt
in
Deutschland seit seiner Gründung 2006 das Ziel, die Servicequalität in Deutschland zu verbessern. Weitere Infos unter
http://www.disq.de/ju
ni2–2012.php. Eine Gesamtdokumentation zur Studie (PDF, 51
Seiten) kann für eine Schutzgebühr in Höhe von 250 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer beim Institut ([email protected]) angefordert
werden.
(ts)