Der letzte Dienst nt

Transcrição

Der letzte Dienst nt
Das geschlossene Auge einer
toten Frau: Das letzte Bild fehlt oft, sagt Martin Kreuels.
Er
fotografiert tote
Menschen..
Der letzte Dienst
Foro Kreuets
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Warum ein Fotograf, eine Bestatterin und ein Trauerredner sich zusammentun
uÜNsrrR. An Heiligabend
me Knut Leschnikowski an.
2009, anderthalb Monate' nach
dem Tod von Martin Kreuels
Frau, starb Knut Leschni-
Im Jahr 2010 hat Leschnikowski 82 Gottesdiensre gehalten, doch inzwischen habe
kowskis Mutter. So lernten
beide Männer die Bestatterin
Angela Thieme kennen, Zu
dritt wollen sie nun etwas wagen, das es in Deutschland
noch nicht gibt.
ben oder die
Martin Kreuels hatte nie au-
Keine Konventionen
Martin Kreuels, I(nut Leschnikowski und Angela Thieme
ßergewöhnlich viel mit dem
Tod zu tun. Er hatte Biologie
studiert, promoviert und sich
auf Spinnen spezialisiert. Er
war 39 Jahre alt, Hobbyfotograf, verheiratet, sein viertes
Kind war gerade zwei Jahre
alt, als vor zwei Jahren seine
Frau an Krebs starb.
die Kirche ihm
nahegelegt,
entweder sein Amt aufzuge-
Trauerreden,
sagt er. Er hat sich gegen die
Kirche entschieden.
Knut Leschnikowski (1.) und Martin
re alt, hat Erzieher
gelernt
und verdient sein Geld heute
als Bildungsreferent. 30 Jahre
lang hat er ehrenamtlich ftir
die evangelische Kirche gear-
Der zweitjüngste Sohn, damals sechs Jahre alt, stand
mit der Digitalkamera am Totenbett seiner Mutter, um sie
ein letztes Mal zu fotografieren. ,,Gleich ist sie ja nicht
beitet, seit neun Jahren als
Laienprediger. In seinem
mehr da", sagte er.
Da hat sich für Martin lfteuels einiges erschlossen.
An die kranke Frau erinnert
Er nahm seine eigene Kamera und fotografierte seine
tote Frau selbst. Die Bilder
klebte er zusammen mit den
anderen Fotos von ihr, die er
aufbewahrte, in ein Album.
Es waren mehr als tausend.
,,Die Kinder schauen sich immer das letzte an", sagt er.
I(nut Leschnikowski sah seine Mutter in den letzten Wochen nur krank. Er ist 43 Jah-
gen verblassen.
Wenn sie sich damals schon
Kopf hat er Erinnerungen aus
41 Jahren mit seiner Mutter.
Erinnerungen kaum
er sich kaum. An die tote ein
bisschen. Doch die Erinnerungekannt hätten, sagt I(reuels,
hätte er die Mutter fotografiert. Leschnikciwski sagt, er
hätte die Trauerrede bei der
Beerdigung von Kreuels Mutter gehalten. Zum ersten Mal
getroffen haben beide sich bei
einem zwölftägigen Seminar
zum Thema Trauerbegleitung. Später verabredeten sie
Kreuels.
haben sich
N/Z-Foto Heimann
sich privat. Im Caf6 Klemens,
damals noch Pinkus,
spra-
chen sie über eine gemeinsame berufliche Zukunft.
Martin Ikeuels schlug nach
dem Bruch in seinem Leben
auch im Beruf einen anderen
Weg ein. Der Biologe wollte
es als Naturfotograf versuchen. Doch davon gab es viele. Durch den Tod seiner Frau
fand er zur Post-mortem-Fotografie. Er machte Bilder von
toten Menschen. Kreuels,
ganz Wissenschaftler, grub
sich in Bücher ein und lernte
alles darüber.
Er sagt, er sei der einzige
hauptberufliche Post-mortem-Fotograf in Deutschland.
Die ersteo Aufträge kamen
über Angela Thieme, die
Kreuels Frau beerdigt hatte.
Wenn Menschen sich eine
feinfühlige [ieerdigung ohne
Pfarrer wünschten, rief Thie-
zusammenge-
schlossen. Es ist eine neue
Kombination. Die drei wollen
die Trauerfeier von Konventionen befreien. Es leichter
machen, wo es gehtr Als Martin'Ifteuels Ft'iiü'ßtarb, frägte
Angela Thieme die Kinder
nach ihren Wünschen.
Die Mutter wurde am Samstag beerdigt. Es gab keine
Predigt. Es wurde nicht kondoliert. Er sei überrascht ge-
wesen, dass die Rechnung
erst Wochen später kam, sagt
Kreuels. Es hat ihn beeindruckt. Und es gab noch die
Fotos. ,,Früher hatte man so
viele Bilder, nur das Ende
fehlte", sagt Ifteuels. Einige
Male schon hat er das verhindert. ,,Die meisten Trauerredner schweben über den Dingen", sagt Leschnikowski. Er
spricht immer frei, damit er
will er
reagieren kann. Bald
selbst Trauerredner ausbil-
den.
[email protected]
wwwfotoqraf ie-kreuels.de