Der Personzentrierte Ansatz

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Der Personzentrierte Ansatz
Der
Personzentrierte
Ansatz
Geschichte – Theorie – Praxis
IMPRESSUM
Herausgegeben von der
Gesellschaft für wissenschaftliche Gesprächspsychotherapie (GwG) e.V.
Fachverband für Psychotherapie und Beratung
Melatengürtel 125a
50825 Köln
Tel. +49 221 925908-0
Fax +49 221 251276
e-Mail: [email protected]
Internet: http://www.gwg-ev.org
Redaktion: Ursula Reinsch
Layout und Gestaltung: Oliver Matussek, Köln
Druck: ALBERSDRUCK GmbH & Co KG, Düsseldorf
Inhalt
Inhaltsverzeichnis
Seite von–bis
An unsere Leserinnen und Leser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4–5
Leistungsangebot/Service der GwG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6–8
Vernetzung
Vermittlung
Kontakte und Kooperationen
Arbeitsgemeinschaften
Wissenschaftlichkeit
Berufsrechtliche/Politische Arbeit
Öffentlichkeitsarbeit
Aus-, Fort- und Weiterbildung
Der Personzentrierte Ansatz – Entstehungsgeschichte und aktuelle Entwicklungen . . . . . . . . 9–12
Entstehungsgeschichte
Aktuelle Entwicklungen
Der Wegbereiter: Carl R. Rogers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13–15
Theoretischer Hintergrund des Personzentrierten Ansatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16–19
Das Bild vom Menschen im Personzentrierten Ansatz
Die Theorie der Therapie nach Rogers
Anwendungsfelder des Personzentrierten Ansatzes – Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20–28
Personzentrierter Ansatz in der Psychotherapie
Personzentrierte Arbeit mit Kindern und Jugendlichen
Suchttherapie
Personzentrierter Ansatz in der Beratung
Personzentrierte Arbeit mit Gruppen und mit Paaren
Der Personzentrierte Ansatz in der Schule und Erwachsenenbildung
Der Personzentrierte Ansatz in Unternehmen:
Personal-, Team- und Organisationsentwicklung sowie Coaching
Supervision
Bildungsangebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29–33
Grundbildungsgänge der GwG e.V.
Weiterbildungsangebote der GwG-Akademie
Bestellformular . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
Organisation der GwG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
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An unsere Leser
Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,
wir freuen uns, dass Sie sich für die GwG und unseren Bildungsträger, die GwG-Akademie, interessieren. Unsere Informationsbroschüre wendet sich an alle, die sich über den „Personzentrierten Ansatz“
nach Carl R. Rogers informieren wollen, oder die über eine Mitgliedschaft in der GwG nachdenken bzw.
sich für Fort- oder Weiterbildung nach dem Personzentrierten Ansatz interessieren.
Die GwG vertritt den wissenschaftlich fundierten Personzentrierten Ansatz, der in Deutschland seit
über vier Jahrzehnten etabliert ist, insbesondere im heilkundlichen Bereich der Psychotherapie und in den
vielfältigen Arbeitsfeldern der Beratung. Beiden Methoden gemeinsam ist die konsequente Orientierung
an der Person und das Vertrauen in deren eigene Entwicklungspotentiale. Psychotherapie und Beratung
unterscheiden sich allerdings in ihrer Zielsetzung, Dauer und Methodik (s.u.).
Viele andere Ansätze haben inzwischen wesentliche Elemente des Personzentrierten Ansatzes in ihre
Ausbildungen und Anwendungen übernommen. Darin kommt zum Ausdruck, dass das Personzentrierte
Konzept allgemeingültige Bedeutung hat.
Unterschied Psychotherapie und Beratung
Der Personzentrierten Psychotherapie – auch als Gesprächspsychotherapie bekannt – liegt die
Überzeugung zugrunde, dass jeder Mensch die Fähigkeit in sich trägt, sich konstruktiv zu entfalten und
zu entwickeln. Diesen Prozess nennt man „Selbstaktualisierung“. Er kann durch unterschiedliche Einflüsse
und Erfahrungen so gestört werden, dass sich erhebliche Probleme in der Lebensbewältigung ausbilden
– bis hin zu seelischen Erkrankungen.
Das Beziehungsangebot der Personzentrierten Psychotherapie hilft dem Patienten, eigene Lösungen
für seine Probleme zu entwickeln und seine Selbstaktualisierung wieder konstruktiv zu gestalten (siehe
hierzu insbesondere S. 16 ff).
Personzentrierte Beratung unterstützt Klienten/innen professionell und qualifiziert in schwierigen
Veränderungs- und Orientierungsprozessen oder bei Problembewältigungen. Sie umfasst das weite Spektrum persönlicher und beruflicher Problem- und Fragestellungen und reicht von professioneller Paarberatung bis hin zu Beratung und Coaching von Fach- und Führungskräften in der Wirtschaft.
Personzentrierte Beratung beinhaltet personzentrierte Kommunikations- und Kooperationsstile, die
die unterschiedlichen persönlichen und beruflichen Lebenswelten der Klienten/innen in der Beratung
berücksichtigen. In der Personzentrierten Beratung spielen grundlegende pädagogische Erkenntnisse von
Carl R. Rogers eine wichtige Rolle.
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An unsere Leser
Vereinfachende schematische Darstellung zur
Abgrenzung von Psychotherapie und Beratung
Personzentrierter Ansatz in
Psychotherapie
Beratung
Ziele:
Ziele:
n Heilung, Verbesserung, Linderung
n Reorganisation des Selbstkonzeptes
n Veränderung der konkreten Lebenssituation und Veränderung von
Grundeinstellungen bzw. Problembewältigung
dauert länger
erstreckt sich oft nur auf kurze Zeit
setzt starke Motivation des Klienten
voraus
muss in Einzelfällen ohne hinreichende
Motivation des Klienten auskommen
findet regelmäßig statt
findet oft nur sporadisch, bei Bedarf,
statt
betont die Gestaltung der Beziehung
betont die Problemlösung
ist eher nicht-lenkend
beinhaltet eher lenkende Vorgehensweisen
basiert auf freier Übereinkunft
wird oft in institutionellem Auftrag vollzogen
betont die Herstellung eines spezifischen Beziehungsangebots, durch das
der Patient seine Fähigkeiten, sich selbst
zu erforschen und weiterzuentwickeln,
ausprägt
die Intensität der Beziehung und das
Maß der Erforschung des Selbst sind für
den Beratungsprozess bei Betonung anderer Faktoren von geringerer Bedeutung
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Leistungsangebot der GwG
Leistungsangebot/Service der GwG
Die GwG ist der größte europäische Fachverband für Psychotherapie und Beratung. Sie fördert und
festigt den Personzentrierten Ansatz auf allen gesellschaftlichen Ebenen und bietet Mitgliedern und Interessierten, die humanistische Grundhaltungen vertreten und verbreiten möchten, eine fachliche und
persönliche Plattform. Als Fachverband wirkt die GwG an einer menschlichen Gesellschaft und an der
Humanisierung der Arbeitswelt mit. GwG-Mitglieder und teilweise auch Außenstehende können die vielfältigen Service-Angebote der GwG nutzen. Die Dienstleistungen umfassen sowohl praktische als auch
wissenschaftliche Bereiche:
Vernetzung
Die GwG
n hat ein bundesweites Netzwerk (Regionalgruppen und Internet) aufgebaut, in dem Sie sich als GwGMitglied mit Kollegen/innen fachlich und persönlich austauschen können. Hierbei werden alle Berufsgruppen berücksichtigt (im Wesentlichen sind dies Arbeitnehmer/innen und Selbstständige in den
unterschiedlichen Bereichen von Psychologie, Psychotherapie und Medizin, Sozialarbeit, Sozialpädagogik, Pädagogik, Politik, Wirtschaft und Theologie sowie Studenten/innen)
n bietet Mitgliedern auf der Internetseite die Möglichkeit, eigene Bildungsangebote zu platzieren und
abzurufen
n koordiniert Angebot und Nachfrage nach psychologischen und psychotherapeutischen Dienstleistungen sowohl im Bereich der individuellen Nachfrage als auch in Universitäten, Verbänden, Unternehmen, Verwaltungen
Vermittlung
Die GwG vermittelt
n bundesweit Gesprächspsychotherapeuten/innen (Listen nach Regionen gegliedert) sowie im Personzentrierten Ansatz weitergebildete Kinder- und Jugendlichentherapeuten/innen (regional gegliederte
Behandlerverzeichnisse)
n bundesweit Berater/innen für psychosoziale Bereiche, für Fragestellungen in Organisationen und
Verwaltungen (Listen nach Regionen gegliedert), Unternehmen, Schulen sowie Erwachsenenpädagogen/innen und Supervisoren/innen
n Fachvorträge, Experten/innen, Referenten/innen zu psychosozialen Themen, Psychotherapie und Beratungsthemen sowie Fortbildungen
n Supervisoren/innen und Ausbilder/innen, Dozenten/innen und Lehrtherapeuten/innen für Psychotherapie und Beratung
Kontakte und Kooperationen
Die GwG unterhält intensive Kontakte
n mit den Psychotherapeutenkammern, Gesundheitsministerien, Leistungsträgern der Sozialversicherung (Renten- und Krankenversicherungen)
n zu anderen Verbänden u.a.: The European Association for Psychotherapy (EAP), Network of the European Association for Person-Centred and Experiential Psychotherapy and Counselling (NEAPCEPC),
World Association for Person-Centred and Experiential Psychotherapy and Counselling (WAPCEPC),
Österreichische Gesellschaft für wissenschaftliche, klientenzentrierte Psychotherapie und personori-
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Leistungsangebot der GwG
entierte Gesprächsführung (ÖGWG), Schweizerische Gesellschaft für Gesprächspsychotherapie und
personzentrierte Beratung (SGGT), Association pour le Développement de L’Approche Centre sur la
Personne selon Carl R. Rogers (ACP-France)
kooperiert
n mit Universitäten und der FernUniversität Hagen
Arbeitsgemeinschaften
Die GwG
n ist federführend in der „Arbeitsgemeinschaft Beratung“. Diese Arbeitsgemeinschaft setzt sich aus ca.
40 Organisationen und Institutionen zusammen, die sich schwerpunktmäßig mit Beratung befassen.
Die Arbeitsgemeinschaft hat sich u.a. das Ziel gesetzt, Standards zur Struktur- und Prozessqualität
psychosozialer Beratungsleistungen zu entwickeln
n unterhält eine Arbeitsgruppe „Personzentrierte Schule“. Ihr Ziel ist es, zur Entwicklung einer Personzentrierten Schule beizutragen und Schulleitern/innen, Lehrern/innen, Eltern und Kindern Methoden
zu einem lernfördernden und kommunikativen Miteinander nach dem Personzentrierten Ansatz aufzuzeigen und zu vermitteln
Wissenschaftlichkeit
Die GwG
n hat einen wissenschaftlichen Beirat und Fachausschüsse akkreditiert
n organisiert Fachtagungen, Seminare, wissenschaftliche Kongresse, Fortbildungstage
n veranlasst und unterstützt wissenschaftliche Forschungen
n besitzt einen eigenen Verlag, der wissenschaftliche Fachbücher herausgibt
Berufsrechtliche/Politische Arbeit
Die GwG
n hat die berufsrechtliche Anerkennung der Gesprächspsychotherapie als psychotherapeutisches Verfahren erwirkt und setzt sich für die sozialrechtliche Anerkennung ein
n veröffentlicht und kommentiert diesbezügliche Gerichtsurteile
Öffentlichkeitsarbeit
Die GwG
n publiziert die vierteljährlich erscheinende Zeitschrift „Gesprächspsychotherapie und Personzentrierte
Beratung“, die aktuelle wissenschaftliche Forschungen aufgreift, gleichzeitig Berufsbilder und Themen
aus dem „personzentrierten Alltag“ darstellt, berufsrechtliche und berufspolitische Fragestellungen
berücksichtigt sowie über aktuelle Entwicklungen innerhalb der GwG und deren Umfeld informiert.
Die Zeitschrift steht GwG-Mitgliedern für Publikationen offen
n aktualisiert im Internet kontinuierlich Informationen für die Öffentlichkeit und Informationen für die
Mitglieder
n nimmt durch Pressemitteilungen in der Öffentlichkeit Stellung zu gesellschaftspolitischen Entwicklungen
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Leistungsangebot der GwG
n veröffentlicht regelmäßig Pressemitteilungen zu allgemeinen und aktuellen sozialpsychologischen
und alltagsbezogenen Themen aus personzentrierter Sicht
n vermittelt auf Anfragen Experten in Agenturen, Printmedien, Hörfunk und Fernsehen
n produziert eigene Hörfunksendungen in „Offenen Kanälen“
n unterstützt Mitglieder in Ihrer Außendarstellung
n führt Medienseminare durch und bereitet Mitglieder auf Wunsch für ihre Auftritte in den Medien vor
Sonstige Dienstleistungen
Die GwG sendet Ihnen auf Wunsch gerne
n Allgemeine Literaturlisten zum Personzentrierten Ansatz
n Übersicht zu den Publikationen des GwG-Verlages
zu (siehe Bestellformular auf S. 34).
Aus, Fort- und Weiterbildung
Die GwG
n konzipiert durch ihre Fachgremien u.a. Bildungsgänge für Gesprächspsychotherapie und Personzentrierter Gesprächsführung
n führt Bildungsgänge in Gesprächspsychotherapie und Personzentrierter Gesprächsführung durch mit
Ausbildern, die nach den GwG-Ausbildungsrichtlinien qualifiziert sind. Sie stellt Ausbildern geeignetes
Lehrmaterial sowie Videos zur Verfügung (siehe S. 29 ff)
n betreibt die GwG Akademie
Die GwG-Akademie
n führt bundesweit berufsbegleitende Fort- und Weiterbildungen durch (siehe S. 31 ff)
n veröffentlicht Fort- und Weiterbildungsangebote in der GwG-Zeitschrift und im Internet sowie in einem Katalog
n führt in Kooperation mit der Fernuniversität Hagen ein weiterbildendes Studium zur „Personzentrierten Beratung: Counsellor“ durch
n setzt sich bei der Bundesanstalt für Arbeit sowie Sozialversicherungsträgern für die Anerkennung ihrer
Weiterbildungsgänge ein
n stellt geeignetes Unterrichtsmaterial und Videos zur Verfügung
n betreibt Qualitätsmanagement zum Beispiel durch Evaluierung neuer Bildungsgänge
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Entstehungsgeschichte
Der Personzentrierte Ansatz:
Entstehungsgeschichte und aktuelle Entwicklungen
Entstehungsgeschichte
Komplizierte Namensfindung
Die Bezeichnung „Personzentrierter Ansatz“ ist der (vorläufige) Endpunkt einer langen Suche nach
einer treffenden Bezeichnung für den wissenschaftlichen Psychotherapie-Ansatz, der auf den amerikanischen Psychologen Carl R. Rogers zurückgeht. Rogers resümierte 1983 über die komplizierte Namensfindung: „Ich lächle, wenn ich an die verschiedenen Etiketten denke, mit denen ich dieses Thema im
Laufe meines Berufsweges versehen habe: Nicht-direktive Beratung, Klientenzentrierte Therapie, schülerzentrierter Unterricht, gruppenzentrierte Führung. Da die Anwendungsgebiete an Zahl und Vielfalt
zugenommen haben, erscheint mir jetzt die Bezeichnung Personzentrierter Ansatz am aussagekräftigsten“
(Rogers, 1983 b, S. 66).
Die vielfältigen Namen für Rogers Therapieansatz stehen nicht nur für verschiedene Anwendungen,
sondern auch für verschiedene Entwicklungen, die dieser Ansatz seit seiner Entstehung erfahren hat.
Rogers fasste einmal zusammen, dass ihm 1940 nach einem Vortrag an der Universität Minnesota erstmalig bewusst geworden sei, wie weit er sich mit seinen Forschungen, Erkenntnissen und theoretischen
Ansätzen von den damals gängigen Auffassungen in Psychotherapie und Beratung bereits entfernt hatte.
Später wird man von einem Paradigmenwechsel, einer radikalen Neuorientierung sprechen und ihn ob
der scheinbaren Einfachheit seines Ansatzes einen „stillen Revolutionär“ nennen (Kirschenbaum & Henderson, 1990) (siehe hierzu S. 13 ff).
Der Klient als Experte seiner selbst
Die psychosoziale Praxis am Beginn des letzten Jahrhunderts war – grob skizziert – von der traditionellen Psychiatrie, der Psychoanalyse und der Verhaltenstherapie dominiert. Die traditionelle Psychiatrie
hatte begonnen, sich von dem Bild der Anstaltspsychiatrie zu lösen und setzte ihre Hoffnungen auf
die gerade aufstrebende Entwicklung von Psychopharmaka. Während Anhänger der Psychoanalyse die
triebhafte Natur des Menschen betonten, propagierten Anhänger der Verhaltenstherapie die Rationalität
und die Erziehbarkeit des Menschen. Ein Hilfesuchender sah sich demnach in jedem Fall einem Experten
gegenüber, einem Experten für das richtige Medikament oder einem Experten für die richtige Deutung
oder einem Experten für das richtige Lernprogramm.
Demgegenüber hatte Rogers in seiner mehrjährigen Arbeit in einer Erziehungsberatungsstelle die
Erfahrung gemacht, dass Hilfesuchende immer dann ihren eigenen Weg finden, wenn er selbst jede
„Expertenattitüde“ ablegte und versuchte, die Sichtweise des jeweiligen Gegenübers genau zu verstehen
und ihm nicht urteilend und nicht lenkend gegenübergetreten war. Rogers bezeichnete diese Methode
zunächst als „non–direktive Beratung“. Diese Beratung beinhaltete, dass Hilfesuchende als Experten ihrer
selbst galten. Rogers sprach daher nicht von Patienten/innen, sondern von Klienten/innen1 (in Anlehnung z.B. an Anwaltsklienten). Mit der Ablehnung des Patientenstatus betonte er die Selbstbestimmung
der Klienten. Klienten sind Experten ihrer selbst.
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Im Bereich Heilkunde sprechen wir heute von Patienten/innen, im Bereich Beratung von Klienten/innen.
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Entstehungsgeschichte
Die Merkmale einer hilfreichen Beziehung
Rogers zentrale Frage lautet jahrzehntelang: Welches sind die Merkmale hilfreicher Beziehungen und
wie können sie in der Praxis genutzt werden? Als hilfreich galt eine Beziehung immer dann, wenn sie die
Persönlichkeitsentwicklung des Menschen erkennbar förderte. Auch hier wird die radikale Abkehr von
damals vorherrschenden Auffassungen deutlich: Im Mittelpunkt steht nicht die Lösung von Problemen,
sondern die persönliche Entwicklung, die ihrerseits zu Problemlösungen führen wird. Dieses positive und
individualistische Menschenbild im Therapie-Ansatz von Rogers trifft auch auf Resonanz in der RooseveltÄra („New Deal“) zu Beginn des letzten Jahrhunderts in den Vereinigten Staaten. Rogers Ansatz entwickelte sich im kreativen Zusammenspiel von Zeitgeist, philosophischen Strömungen, Rogers‘ Lebensgeschichte und seinen persönlichen Begegnungen und – vor allem – durch seine praktischen Erfahrungen
in Therapie und Beratung. Ausgangspunkt für die Entwicklung des Personzentrierten Ansatzes waren
Rogers‘ tatsächliche Erfahrungen in der therapeutischen und beratenden Praxis und deren systematische
Reflexion und Erforschung.
Der neue Weg
Um die Merkmale hilfreicher Beziehungen erforschen zu können, zeichneten Rogers und seine Mitarbeiter damals Gespräche auf Schallplatten auf und analysierten sie. Sie kamen zu dem Schluss, dass
besonders die Gesprächspassagen positive Veränderungen anstießen, in denen der/die Therapeut/in sich
nicht lenkend oder manipulativ verhielt. 1942 fasst Rogers die Forschungsergebnisse, Praxiserfahrungen
und theoretischen Überlegungen in seinem Buch „Counseling and psychotherapy. Newer concepts
in practice“ [deutsche Veröffentlichung: „Die nicht-direktive Beratung“ (1972)] zusammen. Der darin
enthaltene Fall von Herbert Bryan gilt als erstes vollständig aufgenommenes, transkribiertes und veröffentlichtes therapeutisches Gespräch in der Geschichte der Psychotherapieforschung. Rogers’ Verdienst
ist es, erstmals öffentlich und der Forschung zugänglich gemacht zu haben, was in einer Psychotherapie
passiert. Gleichzeitig ebnete diese Methode der Ausbildung und Supervision von Psychotherapeuten
neue Wege.
Das von Rogers geforderte „Non-direktive Therapeutenverhalten“ erwies sich jedoch schon bald als
missverständlich und als willkommener Angriffspunkt gegen die radikal neue Sichtweise in Psychotherapie und Beratung. „Non-direktiv“ barg die Gefahr, als passiv und inaktiv missverstanden zu werden, Äußerungen von Therapeuten/innen wurden als bloße Wiederholungen der Aussagen von Patienten/innen
karikiert. Die Sichtweise eines/einer Patienten/in zu verstehen wurde z.T. darauf reduziert, dass dabei nur
die Gefühle der Klienten/innen gespiegelt würden. Es scheint eine Ironie der Geschichte, dass gerade jener Ansatz, der das „Verstehen“ in den Mittelpunkt rückte, selbst sowohl von seinen Anhängern als auch
von seinen Gegnern so oft falsch verstanden worden ist. Diese Hintergründe, waren letztlich die Quellen,
aus denen sich die Suche nach einem geeigneten Namen für diesen Ansatz speiste.
Im Ergebnis umfangreicher Forschung und theoretischer Auseinandersetzung wurden in den Fünfzigerjahren des letzten Jahrhunderts die Grundlagen des Ansatzes ausgearbeitet und der Begriff „klientenzentriert“ geprägt. In einem Artikel aus dem Jahr 1957 beantwortet Rogers die Frage nach den Merkmalen einer hilfreichen Beziehung, indem er sechs Bedingungen beschreibt (siehe hierzu S. 17 ff). Mit
dem Buch „On Becoming a Person“ (1961) [deutsche Veröffentlichung „Entwicklung der Persönlichkeit.
Psychotherapie aus der Sicht eines Therapeuten“ (1973)] wurde Rogers auch einer breiten Öffentlichkeit
bekannt. Dies lag nicht zuletzt auch an dem damals herrschenden gesellschaftlichen Klima der Aufklärung, das Selbsterfahrung und Selbstbestimmung propagierte und förderte.
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Entstehungsgeschichte
Encounter – als Weiterentwicklung
Der zunehmende Wunsch nach Selbsterfahrung und die vom Zeitgeist getragene Suche nach dem
Selbst führte in den Sechziger und Siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts auch dazu, dass die sogenannte Encounter-Bewegung entstand, die maßgeblich von Rogers beeinflusst war. Der Begriff Encounter
steht für intensive Begegnungen, wie sie hauptsächlich in Gruppen erlebt werden. „Journey into the self“
(1968), ein Film, der Rogers‘ Arbeit mit einer Encounter-Gruppe zeigt, wurde als Dokumentarfilm ausgezeichnet. Die Erkenntnisse im Zusammenhang mit der Leitung von Großgruppen gaben dem Ansatz seinen dritten – bislang letzten – Namen: Personzentrierter Ansatz. Hatte Rogers schon immer betont, dass
es ihm um die Merkmale hilfreicher Beziehungen allgemein ging, so erweiterte die Encounter–Bewegung
nun endgültig die Grenzen von Therapie und Beratung. Die Philosophie des Ansatzes wurde nicht nur
als hilfreich in Therapie und Beratung angesehen, sondern galt zunehmend auch in Erziehung, Management, Politik und Familie als wegweisend. Im Mittelpunkt stand der Dialog im Sinne einer Begegnung
und die Beziehung von Person zu Person („person to person“).
Verbreitung in Deutschland
In Deutschland wurde der Personzentrierte Ansatz in den 60er Jahren bekannt und verbreitet. In der
BRD haben die Hamburger Psychologen Anne-Marie Tausch und Professor Reinhard Tausch den Ansatz als
Gesprächspsychotherapie eingeführt, in der ehemaligen DDR die Ost-Berliner Professorin Inge Frohburg
und Professor Johannes Helm. Die Gesprächspsychotherapie war über ihre gesamte Geschichte hinweg
eng mit der universitären Lehre und Forschung verbunden. Besondere Forschungstraditionen bestehen
in Hamburg und in Berlin. Heute wird der Personzentrierte Ansatz nicht nur in der Psychotherapie und
der psychosozialen Beratung erfolgreich angewendet, sondern u.a. auch in Schulen, in der Pädagogik, in
der Erwachsenenbildung, in der Personal- und Organisationsentwicklung, im Coaching, im Management
und in der Supervision.
Aktuelle Entwicklungen
In den letzten Jahrzehnten gab es zahlreiche Weiterentwicklungen des Personzentrierten Ansatzes.
Einige Vertreter/innen des Ansatzes erforschten, wie spezifische Situationen und spezifische Störungen
die Anwendung des Ansatzes verändern. Dies hat zum Teil zu Neuformulierungen verschiedener theoretischer Grundlagen geführt. Eine Entwicklungsrichtung des Personzentrierten Ansatzes ist demnach
zunehmend auch durch „störungsspezifische“ Sichtweisen kennzeichnet.
Eine andere Entwicklungsrichtung ist durch die Förderung des Erlebens des/der Klienten/in charakterisiert („Experiential Psychotherapy“). Vertreter dieser Richtung konzentrierten sich darauf, genauer zu untersuchen, wie Patienten/innen immer mehr persönliche Erfahrungen zulassen und akzeptieren und in ihr
Selbstbild aufnehmen können. Verbunden mit dieser Forschung war die Frage, wie Therapeuten/innen
den Prozess der Selbstannahme, gezielter oder aktiver unterstützen können. Diese „erlebensbezogene“
Sichtweise hat zu einer Reihe von mittlerweile zum Teil eigenständigen Verfahren geführt. Die bekanntesten Ansätze sind die „Emotion Focused Therapy“ nach Leslie Greenberg, (ursprünglich Prozess-erlebnisorientierte Psychotherapie nach Greenberg, Rice & Elliott) und der Ansatz der „Focusing-orientierten
Psychotherapie“ nach Eugene Gendlin.
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Entstehungsgeschichte
Weiterführende Literatur
Auckenthaler, A. (2001). Die Gesprächspsychotherapie vor dem Hintergrund aktueller Entwicklungen
in Klinischer Psychologie und Psychotherapie. In GwG (Hrsg.), Visionen für ein gesellschaftliches
Miteinander (S. 132-139). Köln: GwG-Verlag.
Biermann-Ratjen, E. M , Eckert, J. & Schwartz, H. (2003). Gesprächspsychotherapie. Verändern durch
Verstehen. 10. Aufl. Stuttgart: Kohlhammer.
Eckert, J. (2001). Zum gegenwärtigen Stand und zur Zukunft der Gesprächspsychotherapie. Hypnose
und Kognition, 18, 39–49.
Greenberg, L. S., Rice, L. N. & Elliott, R. (2002). Emotionale Veränderungen herbeiführen. Der Schrittfür-Schritt-Prozeß. Paderborn: Junfermann.
Kriz, J. (2001). Grundkonzepte der Psychotherapie. Eine Einführung. Weinheim, Basel: Beltz.
Rogers, C. R. (2000). Entwicklung der Persönlichkeit. Psychotherapie aus der Sicht eines Therapeuten.
13. Aufl. Stuttgart: Klett-Cotta.
Rogers, C. R. (2002). Therapeut und Klient. Grundlagen der Gesprächspsychotherapie. Frankfurt am
Main: Fischer Taschenbuch Verlag.
Rogers, C. R. (1974). Encountergruppen. München Kösel-Verlag.
Rogers, C. R. (1983). Die klient-zentrierte Gesprächspsychotherapie. 4. Aufl. Frankfurt: Fischer-Taschenbuch.
Stumm, G., Wiltschko, J. & Keil, W.W. (2003). Grundbegriffe der Personzentrierten und Focusing-orientierten Psychotherapie und Beratung. Stuttgart: Pfeiffer bei Klett-Cotta.
Tausch, R. & Tausch, A. M. (1990). Gesprächspsychotherapie. Hilfreiche Gruppen- und Einzelgespräche
in Psychotherapie und alltäglichem Leben. Berlin, Toronto, Zürich: Hogrefe.
Tausch, R. & Anne-Marie (1990). Gesprächspsychotherapie. 9. Aufl. Göttingen: Hogrefe.
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Der Wegbereiter
Der Wegbereiter:
Carl R. Rogers (1902-1987)
Der amerikanische Psychologe Carl R. Rogers hat den Personzentrierten
Ansatz begründet und den Weg zu dessen weltweiter Verbreitung geebnet. Rogers hat zeitlebens erforscht, wodurch sich hilfreiche Beziehungen in Therapie, Beratung und anderen Bereichen auszeichnen und
entwickelte seinen Ansatz bis ins hohe Alter weiter.
Lebensstationen
Rogers sprach gerne darüber, wie seine Arbeit begonnen hat, und er erinnerte sich stets daran, wie
sehr Kindheit und Jugend ihn beeinflusst haben. Er stammte aus einer großen, wohlhabenden Familie
im mittleren Westen der USA und war das vierte von sechs Kindern. Rogers’ Familienleben war vom konservativen, puritanischen Protestantismus geprägt. Als Carl Rogers zwölf Jahre alt war, kaufte sein Vater
eine Farm - die Familie zog aufs Land, „um die Kinder vor den Gefahren der Stadt zu bewahren“. Rogers
zeigte früh Interesse an der Natur und naturwissenschaftlichen Fragestellungen, so dass er bereits mit
zwölf Jahren die Bibliotheken durchstöberte. Sein Vater, ein Ingenieur, versuchte, die Landwirtschaft mit
wissenschaftlichen Methoden zu erneuern. Rogers ließ sich von dem Forscherdrang seines Vaters anstecken und begann, wissenschaftliche Literatur über Ackerbau und Viehhaltung zu lesen.
Dabei entstand sein nie nachlassendes Interesse an wissenschaftlicher Arbeit. Er beobachtete Ereignisse genau, zog Schlussfolgerungen, entwickelte Lösungsstrategien und erforschte mit Akribie, ob diese
sich in der Praxis bewährten. Seine genaue Beobachtung und praktische Erfahrung führten ihn zu den
Fragen, auf die er Antworten suchte. Scheinbar unerklärliche Zusammenhänge schienen ihm nach einer
inneren Ordnung zu funktionieren. Rogers wollte deren Wesensart erkennen und erklären – das wurde
letztlich sein Lebensziel. Seine kindliche Neugier mit Methode hat ihn nie verlassen.
Der junge Rogers begann zunächst an der Universität Wisconsin Agrarwissenschaft zu studieren, brach
nach zwei Jahren das Studium ab, wechselte dann in das Fach Geschichte, später zur Theologie. Zunächst
wollte er Pfarrer werden. Doch eine sechsmonatige Studienreise nach China, die er im Alter von 20 Jahren unternahm, führte zu einer grundsätzlichen Wende. Zunehmend beschäftigte sich Rogers auf der
Reise mit fernöstlicher Philosophie und emanzipierte sich dabei von seinem puritanisch-protestantischen
Elternhaus. Mit 22 Jahren heiratete er gegen den Willen seiner Eltern Helen Elliot, eine Jugendliebe, die er
seit seiner Kindheit kannte. Die beiden zogen nach New York.
Rogers setzte sich zunehmend mit seinen religiösen Wurzeln auseinander. Dabei entstand sein Bedürfnis, dem einzelnen zu helfen, ohne einer bestimmten religiösen Doktrin folgen zu müssen. Er beschloss daher, Psychologie an der Columbia University zu studieren, sattelte jedoch bald in den Bereich
Erziehungsberatung um. Schließlich arbeitete er zunächst in einer heilpädagogischen Beratungsstelle
in Rochester, New York. Dort betreute er verhaltensauffällige Kinder, von denen viele aus dem Unterschichtmilieu kamen. Zwar war die Arbeit schlecht bezahlt und isolierte Rogers von der akademischen
Psychologie. Sie gab ihm jedoch die Möglichkeit, genau die Arbeit auszuführen, die ihn am meisten
interessierte. Nach seinem Doktorat in Klinischer Psychologie 1931 folgte ein Jahrzehnt intensiver Arbeit
in der Erziehungsberatung. Hier entwickelte er die non-direktive Beratung, die der Ausgangspunkt einer
völlig neuen Art der therapeutischen Beziehung werden sollte. Dennoch blieb ihm die akademische Psychologie lange verschlossen, und er lehrte in der Erziehungswissenschaft und Soziologie. Während seiner
Zeit in Rochester wurden seine Tochter und sein Sohn geboren.
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Der Wegbereiter
Der akademische Durchbruch in der Psychologie gelang Rogers 1940, als er eine Professur an der
Ohio State Universität erhielt. In einem Vortrag schilderte er seine Praxiserfahrungen und die theoretischen Fragen, die sich daraus ergaben. Dies war der Ausgangspunkt neuer Sichtweisen auf Psychotherapie und Beratung, die Rogers für den Rest seines Lebens weiterentwickelte, erforschte und die ihn international bekannt machten. Nach vier Jahren wechselte er für zwölf Jahre an die Universität von Chicago
und baute dort ein Beratungszentrum auf. Sein Ansatz wurde zunehmend bekannt und zog Hunderte
von Studenten/innen an. 1957 kehrte Rogers für kurze Zeit an die Universität Wisconsin zurück, bevor er
1964 eine Forschungsstelle in La Jolla, Californien annahm. Aus seinem Forschungsinstitut heraus verbreiteten Rogers‘ und seine Schüler/innen und er den Personzentrierten Ansatz weltweit.
Rogers arbeitete unermüdlich: als Therapeut, als Forscher, als Universitätsprofessor – als Autor schrieb
er Fachbücher und Artikel bis ins hohe Alter. Mit zunehmendem Alter setzte er sich international dafür
ein, Konfliktparteien ins Gespräch zu bringen, gab weltweit Seminare, z.B. in Südafrika, um den Dialog
zwischen Schwarzen und Weißen zu fördern und die Rassendiskriminierung zu überwinden. In verschiedenen Staaten des damaligen Ostblocks engagierte Rogers sich dafür, den „eisernen Vorhang“ durchlässiger zu machen und Menschen unterschiedlicher Gesellschaftssysteme miteinander in einen Dialog zu
bringen. Im Alter von 85 Jahren starb er 1987, als er sich von einem Oberschenkelhalsbruch nicht mehr
erholte. Zwei Wochen vor seinem Tod war er für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen worden.
Spuren in die Gegenwart
Wie können wir Beziehungen gestalten, die hilfreich sind und einen anderen Menschen in seiner
Entwicklung fördern? Das war die Frage, die Rogers lebenslang beschäftigte. Und seine Antwort wirkt
zunächst einfach, fast selbstverständlich und war dennoch weitreichend und in der Psychologie nahezu
revolutionär: Unterstützende Beziehungen zeichnen sich vor allem aus durch grundlegendes Vertrauen
in die Entwicklungsmöglichkeiten des Menschen und des Lebens. Diese Erkenntnisse wurden keineswegs
nur begrüßt. Sie lösten heftige Debatten aus. Bis heute dauert die Kontroverse an, die Psychotherapie und Beratung durchzieht: Welchen Stellenwert räumen Therapeuten/innen und Berater/innen der
Kontrolle menschlichen Verhaltens ein, welchen dem Vertrauen, dass Menschen ihre Entwicklung selbst
bestimmen?
Rogers brach mit mehreren Tabus seiner Zeit. Das wichtigste war, dass er Psychotherapie und Beratung aus dem Dunst einer Geheimwissenschaft befreite und sie wissenschaftlichen Untersuchungen
öffnete. Seine Schallplatten-Aufzeichnungen von Therapiegesprächen machten erstmals exakte Analysen
möglich. Die Therapeut-Klient-Beziehung wurde Gegenstand von Forschung, ein eigener Forschungszweig. Dabei war es nicht Rogers’ Anliegen, einen neuen eigenständigen Ansatz zu definieren, sondern
zunächst lediglich die Merkmale hilfreicher Beziehungen im Allgemeinen zu erforschen. Seine Methode,
Gespräche aufzuzeichnen und zu analysieren, ist heute zentraler Bestandteil der Ausbildung in Supervision und Psychotherapie. Dass sich in späteren Jahren aus Rogers’ Forschungsergebnissen ein eigenständiges Verfahren für Psychotherapie und Beratung entwickelte, war Folge der überzeugenden Erkenntnisse
seiner Forschungen.
Rogers ging es nicht nur darum, seine Forschungsergebnisse ausschließlich dem Fachpublikum im
Expertenjargon bekannt zu machen. Neben seiner regen Autorentätigkeit suchte er andere Medien, um
seine Erkenntnisse zu veröffentlichen. So produzierte er beispielsweise einen viel beachteten Dokumentarfilm über seine Arbeit mit einer Gruppe. Öffentlich, auf Kongressen, in Seminaren und vor großem
Publikum führte er seine Methode nach dem Personzentrierten Ansatz in Gesprächsdemonstrationen
durch. Als er nach dem Erfolg eines seiner Bücher in den USA in eine Talkshow eingeladen wurde, lehnte
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Der Wegbereiter
er jedoch ab. Persönliche Popularität und Ehrungen seiner Person waren ihm unwichtig. Rückblickend
schilderte Rogers, es erfülle ihn mit Freude, auf ein langes und erfülltes Leben zurückzublicken, und zu
erleben, wie der Personzentrierte Ansatz weltweit das Leben von Menschen positiv beeinflusste.
Rogers Arbeit hat bis heute die Praxis und die Forschung zur Psychotherapie nachhaltig geprägt.
Seine Bücher erzielten hohe Auflagen und wurden in mehr als 60 Sprachen übersetzt. Als Professor für
Psychologie erhielt er zahlreiche Ehrendoktorwürden von etlichen Universitäten, so auch der Universität
Hamburg und der Universität Leiden/Holland. Er lehrte weltweit, baute Forschungs- und Beratungszentren auf und engagierte sich international für den Dialog zwischen einzelnen Menschen, Gruppen und
Nationen. Er war Präsident der APA (American Psychological Association) und wurde mit einer Reihe von
Preisen geehrt, u.a. dem Preis der APA für Forschungsbeiträge in der Psychotherapie.
Weiterführende Literatur
Groddeck, N. (2002). Carl Rogers. Wegbereiter der modernen Psychotherapie. Darmstadt: Primus.
Rogers, C. R. (2000). Entwicklung der Persönlichkeit. Psychotherapie aus der Sicht eines Therapeuten.
13. Aufl. Stuttgart: Klett–Cotta.
Rogers, C. R. (1984). Freiheit und Engagement, Personzentriertes Leben und Lernen. München: Kösel.
15
Theoretischer Hintergrund
Theoretischer Hintergrund des
Personzentrierten Ansatzes
„Es ist im Leben sehr selten, dass uns jemand zuhört und wirklich versteht, ohne gleich zu urteilen. Dies ist eine sehr eindringliche Erfahrung.“ Rogers, Ohio, 80er Jahre
Das Bild vom Menschen im Personzentrierten Ansatz
Rogers geht von der These aus, dass alles Leben sich erhalten will und zu seiner Entfaltung strebt. Leben trägt immer das Potential von Wachstum und Entwicklung in sich. Diese Tendenz bezeichnet Rogers
als Aktualisierungstendenz. Sie ist die Triebkraft alles Lebendigen. Die wesentliche fördernde Bedingung,
die die Aktualisierungstendenz positiv beeinflusst und fördert, ist die therapeutische Grundeinstellung,
dieser Fähigkeit des menschlichen Organismus grundlegend zu vertrauen.
Rogers sah zum Ende seines Lebens Beziehungen des Personzentrierten Ansatzes zur modernen Physik.
Die Ergebnisse der Chaosforschung und modernen Systemtheorie brachten das bislang mechanistisch
geprägte westliche Weltbild ins Wanken. Idealvorstellungen der Steuerbarkeit, Machbarkeit und Vorhersagbarkeit wurden von vielen Wissenschaftlern zunehmend in Frage gestellt. Auch Rogers fand Analogien zu menschlichen Entwicklungsprozessen. Menschliche Entwicklungsprozesse können als Prozesse der
Selbstorganisation betrachtet werden: Veränderung geschieht immer von innen heraus, Menschen sind
sich selbst entwickelnde Systeme.
Zentrales Merkmal des Personzentrierten Ansatzes ist das Vertrauen in eine jedem Menschen innewohnende Kraft, konstruktive Veränderungsprozesse in Gang zu setzen. Ziel des Personzentrierten Ansatzes
ist es daher, Bedingungen zu schaffen, die diese Kraft freisetzen. Die Aktualisierungstendenz ist es, die
letztlich positive Veränderungen, Wachstum und Problemlösung ermöglicht. Nach Rogers jahrzehntelangem Forschen und seinen Forschungsergebnissen bringt jeder Hilfesuchende nicht nur das Problem mit,
sondern auch die Lösung. In diesem Sinne ist der Ansatz genuin klienten- bzw. personzentriert. Der Personzentrierte Ansatz hilft Patienten/innen1, indem er sie darin unterstützt, sich selbst dahin zu entwickeln,
dass sie gegenwärtige, aktuelle und vor allem auch künftige Probleme eigenständig bewältigen können
(Rogers, 1987 b, S. 36). Es ist diese konsequente Entwicklungs- und Ressourcenorientierung, die diesen
Ansatz von anderen unterscheidet.
Ob in klientenzentrierten Beratungs- oder Therapiesituationen: Im Mittelpunkt steht immer der
Mensch und nicht sein isoliertes Problem. Der Ansatz heißt im englischen person-centered approach
(PCA). Das Wort „approach“ (Annäherung, Herangehen, Zugang, Weg) verdeutlicht, dass es nicht um
spezielle therapeutische oder pädagogische Techniken geht, sondern um Einstellungen und Haltungen
gegenüber den Patienten/Klienten. Neuere Forschungsergebnisse bestätigen, dass die Beziehung zwischen Klient und Therapeut den Erfolg von Beratungen und Therapien in einem weitaus größeren Maße
bestimmt als spezifische Techniken. Deshalb ist auch die Ausbildung in Gesprächspsychotherapie oder
Personzentrierter Beratung aufwändig und beinhaltet intensive Auseinandersetzungen mit der eigenen
Person und kontinuierliche Weiterbildungen und Entwicklungen der Therapeuten/innen und Berater/innen selbst (Selbsterfahrung, Eigentherapie, Supervision).
Vertrauen in Entwicklungsprozesse und Streben nach Entfaltung sind somit neben der Selbstbestimmung des Menschen die philosophischen Fundamente des Personzentrierten Ansatzes. Der übergeordne1
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Im Bereich Heilkunde sprechen wir heute von Patienten/innen, im Bereich Beratung von Klienten/innen.
Theoretischer Hintergrund
te Begriff dieser Orientierungen ist die Humanistische Psychologie. Sie wird als humanistisch bezeichnet,
weil sie das spezifisch Menschliche betont, z.B. Kreativität, Subjektivität und das Streben nach Selbstausdruck. Neben der Humanistischen Psychologie ist der Personzentrierte Ansatz von der Phänomenologie,
der Existenzphilosophie und der östlichen Philosophie beeinflusst.
Die Humanistische Psychologie mit dem Personzentrierten Ansatz als stärkstem Vertreter wurde im
historischen Rückblick auch als „dritte Kraft“ in der Psychotherapie bezeichnet – neben der Psychoanalyse
und der Verhaltenstherapie (Kriz, 2001). Ausgangspunkt für das humanistische Menschenbild sind vier
Thesen (Bühler & Allen, 1982, S. 7):
n Im Zentrum der Aufmerksamkeit steht die erlebende Person. Damit rückt das Erleben als das primäre
Phänomen beim Studium des Menschen in den Mittelpunkt. Sowohl theoretische Erklärungen wie
auch sichtbares Verhalten werden im Hinblick auf das Erleben selbst und auf seine Bedeutung für den
Menschen als zweitrangig betrachtet.
n Der Akzent liegt auf spezifisch menschlichen Eigenschaften wie der Fähigkeit zu wählen, der Kreativität, der eigenen Wertsetzung und Selbstverwirklichung – im Gegensatz zu einer mechanistischen und
reduktionistischen Auffassung des Menschen.
n Die Auswahl der Fragestellungen und der Forschungsmethoden folgt nach Maßgabe der Sinnhaftigkeit – im Gegensatz zur Betonung der Objektivität auf Kosten des Sinnes.
n Ein zentrales Anliegen ist die Aufrechterhaltung von Wert und Würde des Menschen und das Interesse
gilt der Entwicklung der jedem Menschen innewohnenden Kräfte und Fähigkeiten. In dieser Sicht
nimmt der Mensch in der Entdeckung seines Selbst, in der Beziehung zu anderen Menschen und zu
sozialen Gruppen eine zentrale Stellung ein.
Die Theorie der Therapie nach Rogers
In seinem Artikel von 1957 beschrieb Rogers sechs Bedingungen, die aus seiner Sicht gegeben sein
müssen, damit positive Veränderungen und Wachstum möglich und wahrscheinlicher werden. Diese
Bedingungen wurden im engeren Sinne für den Bereich Psychotherapie entwickelt – später fanden sie
analog Eingang in die Personzentrierte Beratung.
n Als erstes muss ein Minimum an Beziehung zwischen Therapeut/in und Patient/in vorhanden sein.
Rogers spricht von psychologischem Kontakt und betont damit, dass Veränderungen sich innerhalb
von Beziehungen vollziehen. Das Vorliegen eines Kontaktes ist demnach als Voraussetzung oder Vorbedingung anzusehen.
n Der/die Patient/in ist verletzbar oder ängstlich, da er/sie sich – in Rogers Sprache – im Zustand der
Inkongruenz befindet. Inkongruenz bedeutet, dass eine aktuelle Erfahrung nicht mit dem Bild übereinstimmt, das eine Person von sich hat. Das Selbstbild oder Selbstkonzept eines Menschen ist nicht deckungsgleich mit seiner aktuellen (organismischen) Erfahrung, also inkongruent. Erfahrung ist hierbei
ein sehr weiter Begriff, der alles einschließt, was in einem gegebenen Moment in einem Menschen vor
sich geht und spürbar werden kann. Können nicht alle Erfahrungen in das Bild, das die Person von sich
hat, integriert werden, entsteht ein Zustand der Spannung. Häufig wird diese Spannung sehr diffus
erlebt, ohne dass konkrete Inhalte angegeben werden können. Der Begriff der Inkongruenz und ihrer
Überwindung ist zentral für das Verständnis des Personzentrierten Ansatzes.
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Theoretischer Hintergrund
Die Spannung kann u.a. aufgelöst werden, indem der Mensch sein Selbstkonzept erweitert und damit
immer mehr seiner Erfahrungen zulassen kann. Dieser Prozess ist ein steter Entwicklungsprozess, der
Selbstexploration genannt wird. Es geht quasi darum, das eigene Selbst zu erforschen und Erfahrungen
zu verstehen und zuzulassen. Im Verständnis des Personzentrierten Ansatzes ist dies der Kern psychischen Wachstums. Das Wachstum wird am ehesten dadurch behindert, dass Erfahrungen vorschnell
bewertet und damit abgewehrt werden. Am häufigsten passiert das durch eine Erziehung, die dem
Menschen einen äußeren Maßstab anlegt und ihn damit seinem eigenen Erleben entfremdet. Da wir
aber sozialen Bewertungen und Regeln unterliegen, sind nie alle Teile unserer Erfahrung in unserem
Selbstkonzept abgebildet.
Rogers spricht daher vom Ideal einer fully functioning person, also einer Person, die keinerlei Verzerrung
ihrer eigenen Erfahrung benötigt und daher reife und den anderen Menschen fördernde Beziehungen
eingehen kann. Eine solche Entwicklungsrichtung wird nach Rogers folgendermaßen beschrieben:
„Weg von den Fassaden, Weg vom ‚Eigentlich-sollte-ich’, Weg vom Erfüllen kultureller Erwartungen,
Weg davon, anderen zu gefallen, hin zu einer Entwicklung zur Selbstbestimmung, zum Prozess-Sein,
zur Komplexität, zur Erfahrungsoffenheit, zum Akzeptieren der anderen und zum Selbstvertrauen”
(Rogers, 1973, S. 167–176).
n Der/die Therapeut/in ist innerhalb dieser Beziehung kongruent, echt, eine integrierte Person. Er/sie
versucht, in jedem Moment der Beziehung zum/zur Patient/in Kongruenz, d.h. Übereinstimmung
herzustellen zwischen dem, was in ihm/ihr vor sich geht, was er/sie davon spürt und was er/sie ausdrückt. D.h. der/die Therapeut/in versucht, nicht mehr und nicht weniger zu sein, als das, was er/sie
tatsächlich zu diesem Zeitpunkt ist. Das ist der Kern einer tatsächlichen Begegnung, person to person,
wie Rogers sie beschreibt. Diese Bedingung wurde auch als Echtheit des/der Therapeuten/in oder als
Authentizität bezeichnet. Sie geht zurück auf das ursprüngliche Anliegen, dem/der Klienten/in ohne
Fassade und Expertenattitüde zu begegnen.
n Der/die Therapeut/in versucht, Patienten/innen bedingungslos wertschätzend zu begegnen. D.h.
die Zuwendung von Therapeuten/innen ist an keine Bedingungen geknüpft, sie ist bedingungslos.
Therapeuten/innen stehen nicht einigen Gefühlen der Patienten/innen bejahend und anderen ablehnend gegenüber. Ihre Anteilnahme und Zuwendung ist frei von Beurteilungen und Bewertungen der
Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen der Patienten/innen. Das heißt nicht, dass Therapeuten/innen alle Verhaltensweisen der Klienten/innen billigen, sondern nur, dass die Zuwendung zum/zur
Patienten/in nicht von dessen Verhaltensweisen, Gedanken usw. abhängt. Diese Haltung wurde auch
als Wärme, Interesse, Zugewandtheit, Akzeptanz oder bedingungslose positive Wertschätzung bezeichnet.
Die Erfahrung, dass die eigenen Gefühle und Gedanken nicht negativ bewertet werden und nicht
mit Ablehnung verbunden sind, macht es Individuen möglich, sich selbst gegenüber auch weniger
bewertend zu sein und immer mehr Erfahrungen als Teile ihrer Person zu akzeptieren: „Während sie
diese verborgenen und ‚schrecklichen‘ Aspekte ihres Selbst bloßlegen, spüren sie, dass sich an der
akzeptierenden Haltung ihres Gegenübers nichts ändert. Und nach und nach beginnen die Patienten
diese akzeptierenden Einstellungen sich selbst gegenüber anzunehmen und sich so, wie sie sind, zu
akzeptieren, womit sie Voraussetzungen für ihre Weiterentwicklungen schaffen.“ (nach Rogers, 1977,
S. 33)
n Die fünfte Bedingung ist empathisches, d.h. einfühlendes Verstehen. „Die als empathisch-einfühlend
bezeichnete Möglichkeit, mit einem anderen Menschen zusammen zu sein, hat verschiedene Aspekte.
Es bedeutet, die persönliche Wahrnehmungswelt eines anderen zu betreten und völlig in ihr zu Hause
zu sein. Es umfasst jeden Augenblick Empfindsamkeit für die wechselnden Gefühlsbedeutungen, die
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Theoretischer Hintergrund
in diesem anderen Menschen strömen, für Angst oder Wut, Zärtlichkeit oder Verwirrung oder was
auch immer er oder sie gerade an Erlebnis erfährt. Es bedeutet, zeitweise in seinem/ihrem Leben zu
leben, sich darin vorsichtig und ohne Urteile zu fällen zu bewegen und die Gefühlsbedeutungen, deren er/sie sich kaum bewusst ist, zu erfühlen – dabei nicht zu versuchen, Gefühle aufzudecken, deren
sich der andere völlig unbewusst ist, denn das wäre bedrohlich“ (Rogers, 1976, S. 36–37). Der/die
Therapeut/in ist „für den anderen in seiner/ihrer inneren Welt ein vertrauensvoller Gefährte“. Diese
Einfühlung bzw. Empathie beschreibt Rogers als „eine komplexe, stark beanspruchende, starke und
doch subtile und sanfte Art des Zusammenseins“. Sie setzt gleichzeitig eine große Sicherheit und Stabilität des/der Therapeuten/in voraus.
n Schließlich verweist die letzte der von Rogers beschriebenen Bedingungen darauf, dass der/die
Patient/in Echtheit, Wertschätzung und empathische Verstehen bis zu einem gewissen Grad wahrnehmen kann. Fragt man Therapeuten, ob sie sich als echt, wertschätzend und empathisch erlebt haben,
so bestimmen deren Einschätzungen weit weniger den Therapieerfolg als die tatsächliche Wahrnehmung des Klienten. Erst, wenn der/die Klient/in den/die Therapeuten/in und die therapeutische Beziehung als echt, wertschätzend und empathisch erlebt, sind positive Veränderungen möglich.
Diese sechs Bedingungen sind als ein Geflecht sich beeinflussender Faktoren zu sehen, die dann, wenn
sie vollständig vorliegen, einen konstruktiven Veränderungsprozess unterstützen. Was Rogers Mitte des
letzten Jahrhunderts noch in Form von Hypothesen formuliert hatte, konnte in den letzten 50 Jahren
durch ausgiebige Forschung und Praxis bestätigt werden.
Die oben erläuterten Zusammenhänge aus der Psychotherapie-Forschung und -Praxis sind ohne Einschränkungen auch Grundlagen erfolgreicher Personzentrierter Beratungen. Personzentrierte Beratung
wird in sehr unterschiedlichen Kontexten angewendet: in Sucht- und Drogeneinrichtungen, Erziehungsberatungsstellen, Jugend- und Familieneinrichtungen, in Berufsberatungsstellen, Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen, in der Gesundheitsberatung, Schuldnerberatung, Heimerziehung, in Organisationen und Unternehmen.
Unterschiede zwischen Personzentrierter Psychotherapie und Beratung gibt es in erster Linie in der
Zielsetzung: Beratung bezieht sich auf konkrete Veränderungssituationen, auf Lösungen von konkreten
Problemen. Auch die Methodik der Personzentrierten Beratung weicht von der Psychotherapie ab. Da es
im obigen Text jedoch um die Grundlagen des Personzentrieren Ansatzes geht, wird hier auf eine ausdrückliche Differenzierung zwischen Psychotherapie und Beratung verzichtet.
Weiterführende Literatur
Biermann-Ratjen, E. M , Eckert, J. & Schwartz, H. (2003). Gesprächspsychotherapie. Verändern durch
Verstehen. 10. Aufl. Stuttgart: Kohlhammer.
Rogers, C. R. (1987). Eine Theorie der Psychotherapie, der Persönlichkeit und der zwischenmenschlichen Beziehungen. Köln: GwG-Verlag.
Sander, Klaus (1999). Personzentrierte Beratung – Ein Arbeitsbuch für Ausbildung und Praxis, Köln,
GwG-Verlag.
19
Anwendungsfelder
Anwendungsfelder des Personzentrierten Ansatzes
in der Praxis
„Die Zukunft hängt nicht von den Naturwissenschaften ab. Sie hängt von uns ab, die wir versuchen, die Interaktionen zwischen Menschen zu verstehen und mit ihnen umzugehen.“
(Rogers, 1973, S. 71)
Ob in der Heilbehandlung, in der Wirtschaft, Politik, in Schulen oder Behörden – überall dort, wo Menschen miteinander verhandeln, wo Menschen behandelt oder beraten werden – sind zwischenmenschliche Beziehungen bedeutsam. Zwischenmenschliche Beziehungen – als wissenschaftlich erforschbare und
beeinflussbare Prozesse – stehen im Mittelpunkt des Personzentrierten Ansatzes. Das bedeutet, dass der
Personzentrierte Ansatz prinzipiell in all diesen Bereichen produktiv und erfolgreich angewendet werden
kann. In der Praxis arbeiten Vertreter/innen des Personzentrierten Ansatzes
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in Psychotherapeutischen Praxen
in der stationären Behandlung psychisch Kranker (psychiatrische Einrichtungen, Krankenhäuser)
in der ambulanten sozialpsychiatrischen Psychotherapie und Beratung
in Beratungsstellen, Schulen und anderen Erziehungseinrichtungen
in der Sozialarbeit und Jugendhilfe
in der Suchttherapie und -beratung
in der Seelsorge
im Strafvollzug
in der Erwachsenenpädagogik und betrieblichen Aus- und Weiterbildung
in der Supervision
in der Personal-, Team- und Organisationsentwicklung
im Coaching von Führungskräften
in der Projektberatung/Projektsupervision
in Management und Führungspsychologie
in der gerichtlichen und Wirtschaftsmediation
in Unternehmen, Organisation und Verwaltungen
Die Entwicklung des Personzentrierten Ansatzes begann im Kontext von Beratung und Therapie. In
den letzten 50 Jahren konnten Erkenntnisse und Erfahrungen darüber gesammelt werden, in welchen
Lebens- und Arbeitszusammenhängen der Personzentrierte Ansatz hilfreich und wirkungsvoll ist.
Der Personzentrierte Ansatz in der Psychotherapie
Personzentrierte Psychotherapeuten/innen – auch Personzentrierte Kinder- und Jugendlichentherapeuten/innen – absolvieren eine mehrjährige qualifizierende Weiterbildung und eine eigene Psychotherapie, um das Zertifikat nach den GwG-Richtlinien zu erlangen. Sie verpflichten sich damit zu fortlaufender
Supervision während ihrer psychotherapeutischen Tätigkeit.
Für einen Beobachter stellt sich die Situation einer gesprächspsychotherapeutischen Behandlung so
dar (vgl. Eckert, 2001): Therapeut/in und Patient/in sitzen auf zwei Stühlen, die zumeist „über Eck“
stehen. So kann ein Blickkontakt entstehen, wenn er gewünscht wird. Der/die Therapeut/in hört vor
allem zu und fasst zusammen, was er/sie glaubt, verstanden zu haben. Er/sie versucht dabei, das Erleben
eines/einer Patienten/in wahrzunehmen und zu verstehen und dem/der Patienten/in in seiner/ihrer per-
20
Anwendungsfelder
sönlichen Welt „ein vertrauensvoller Gefährte“ zu sein. Der/die Therapeut/in unterstützt sein Gegenüber
darin, sich selbst besser zu verstehen und immer mehr von den eigenen Erfahrungen zulassen zu können.
Auf diesem Wege wird es dem/der Patienten/in gelingen, in sich die Lösung seiner/ihrer Schwierigkeiten
zu finden, sich zu entwickeln, zu wachsen und zu reifen. Der/die Therapeut/in gibt keine Ratschläge und
auch keine Themen vor. Er/sie verzichtet weitgehend auf Lenkung. Die spezifische therapeutische Kompetenz besteht vielmehr darin, das Gegenüber zu befähigen, die Selbstexploration zu erweitern und zu
vertiefen und neue Erfahrungen zu klären und in das Selbst zu einzufügen.
Ambulante Behandlungen finden in der Regel einmal in der Woche in einem ca. 50-minütigen Gespräch statt. Der zeitliche Abstand der Gespräche wird im Laufe der Behandlung immer größer, bis die
Behandlung abgeschlossen werden kann. Die wöchentlichen Treffen können nach einiger Zeit 14-tägig
stattfinden und dann nur einmal im Monat. Daher können sich Psychotherapien im Durchschnitt auf
ca. zwei Jahre erstrecken. In dieser Zeit werden im Schnitt ca. 70 Therapiegespräche geführt. Dies sind
Durchschnittswerte, d.h. im individuellen Fall hängen Dauer und Häufigkeit der Kontakte von vielen
Faktoren ab: von der Art und Schwere der Probleme, den allgemeinen Lebenssituationen des/der Patienten/in und dem Verlauf der Behandlung. Der Personzentrierte Ansatz betont ja gerade die Individualität
und Einzigartigkeit des Menschen und seiner Entwicklung, so dass auch jeder personzentrierte Kontakt
individuell verläuft und sich nach dem Tempo und den Themen des/der Klienten/in selbst richtet.
Die Wirksamkeit dieses Ansatzes ist „für ein weites Spektrum an Störungen“ (Grawe, 1995, S. 135)
überzeugend nachgewiesen worden. Gesprächspsychotherapie wird angewendet bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, bei Paaren und Gruppen. Die Anwendungsfelder beziehen sich auf die medizinische Versorgung, psychiatrische Einrichtungen, Einrichtungen für psychosomatische Patienten/innen,
d.h. Menschen mit körperlichen Beschwerden für die keine organische Ursache vorliegt. In der Betreuung chronisch Kranker, der Sterbebegleitung und Krisenintervention wird der Personzentrierte Ansatz
genutzt.1
Weiterführende Literatur:
Biermann-Ratjen, E. M , Eckert, J. & Schwartz, H. (2003). Gesprächspsychotherapie. Verändern durch
Verstehen. 10. Aufl. Stuttgart: Kohlhammer.
Eckert, J., Höger, D. & Linster, H. (1997). Praxis der Gesprächspsychotherapie. Störungsspezifische Falldarstellungen. Stuttgart: Kohlhammer.
Keil, W.W. & Stumm, G. (Hrsg.). (2002). Die vielen Gesichter der Personzentrierten Psychotherapie.
Wien, New York: Springer.
Pförtner, M. (1994). Praxis der Gesprächspsychotherapie. Interviews mit Therapeuten. Stuttgart: Klett–
Cotta.
Sander, Klaus (1999). Personzentrierte Beratung. Ein Arbeitsbuch für Ausbildung und Praxis. Weinheim,
Basel: Beltz.
Weinberger, Sabine (1998). Klientenzentrierte Gesprächsführung. Eine Lern– und Praxisanleitung für
helfende Berufe. Weinheim, Basel: Beltz.
Ein ausführliches Beispiel einer Gesprächspsychotherapie: „Anorexia Nervosa (Magersucht) – Lilian“ senden wir Ihnen auf Wunsch
gerne zu.
1
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Anwendungsfelder
Personzentrierte Arbeit mit Kindern und Jugendlichen:
Nicht-direktive bzw. Klientenzentrierte Spieltherapie
Die Personzentrierte Psychotherapie mit Kindern und Jugendlichen ist auch bekannt unter dem Namen nicht-direktive Spieltherapie oder klientenzentrierte Spieltherapie. Die heute übliche Bezeichnung „Personzentrierte Psychotherapie mit Kindern, Jugendlichen und deren Bezugspersonen“ zeigt auf, dass die
Behandlung von Kindern und Jugendlichen eine Ausformung des Personzentrierten Ansatzes ist.
Die nicht-direktive Spieltherapie geht auf Rogers‘ Doktorandin Virginia Axline zurück. Ihr Konzept
ist ausführlich in ihrem Buch „Kinder-Spieltherapie im nicht-direktiven Verfahren“ dargestellt. In ihrem
populären Buch „Dibs“ schildert sie den Verlauf einer Kindertherapie und das therapeutische Vorgehen.
Ausgangspunkt ist die Erfahrung, dass der Kontakt mit Kindern und Jugendlichen über das Medium Spiel
möglich wird, und dass Kinder oft im Spiel ihre Sicht der Welt und damit auch ihre Probleme darstellen.
Therapeuten/innen vermeiden Zurechtweisungen und Vorschläge, Verbote und Einmischungen. Sie nehmen die Kinder ernst und fördern deren Selbstausdruck in einer wertschätzenden und annehmenden
Umgebung. Das Spiel ermöglicht es dem Kind, Erlebnisse zu aktivieren und Affekte abzubauen. Spielen
als eine besondere Form des Lernens ist erfahrungsgeleitet, selbstinitiiert, engagiert, die ganze Person
durchdringend, selbstbewertend, sinnfindend und sinngebend. Therapeuten/innen schaffen somit entsprechend des Personzentrierten Ansatzes Möglichkeiten zur Selbstentwicklung der Kinder.
Der personzentriert arbeitende Kinder- und Jugendtherapeut Stefan Schmidtchen erläutert das Vorgehen und die Wirkungsweise des therapeutischen Spiels: Der/die Therapeut/in soll sich in die Emotionen und Motive des Kindes einfühlen können und auf nonverbalem Wege Rückmeldung geben; er soll
Wärme und Nähe, Vertrauen und Zuversicht ausstrahlen, Ruhe und Entspannung vermitteln. Er/sie soll
– anders als die meisten Erwachsenen dies tun – dem Kind auch seine eigenen Gefühle zeigen.
Für das Kind und den Jugendlichen werden folgende Erfahrungen im therapeutischen personzentrierten Setting ermöglicht: Einerseits hat das Kind die Chance, angenehme Gefühle zu erleben, kann aber
andererseits auch unangenehme Gefühle ausdrücken, die der/die Therapeut/in vorbehaltlos akzeptiert.
Dabei soll das Kind lernen, mit den eigenen Gefühlen umzugehen. Es beginnt im Spiel eigene Ideen zu
entwickeln, stellt sozialen Kontakt zu anderen Personen her, lernt sich im Spiel besser kennen und eigene
Lösungsstrategien für seine Probleme zu entwickeln. Schließlich lernt es, mit fremden und eigenen Grenzen besser umzugehen.
Gegenüber dem Ansatz von Virginia Axline gibt es heute zwei wichtige Weiterentwicklungen. In der
Personzentrierten Psychotherapie mit Kindern und Jugendlichen wird großer Wert auf die Arbeit mit
den Eltern und Bezugspersonen gelegt. Eine Form der Integration ist mit der Familienspieltherapie von
Kemper (1997) erreicht worden. Außerdem versuchen Therapeuten/innen, das Vorgehen an spezifische
Situationen anzupassen und ein sogenanntes differentielles Vorgehen zu beschreiben.
Die Personzentrierte Psychotherapie mit Kindern und Jugendlichen gehört in Deutschland zu den am
weitesten verbreiteten Therapieansätzen im Bereich der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen mit einem
ausgearbeiteten Ausbildungscurriculum. Sie wird in Heimen, Beratungsstellen, in Kliniken, freien Praxen,
ebenso in der Einzelfallhilfe und in pädagogischen Kontexten eingesetzt. Auch viele logopädische Praxen nutzen den Personzentrierten Ansatz; ebenso Ergotherapeuten/innen, Sonderpädagogen/innen und
Lehrer/innen.2
Ein ausführliches Beispiel einer Psychotherapie mit Kindern und Jugendlichen „Der Fall Jan: Anpassungsstörungen“ senden wir Ihnen
auf Wunsch gerne zu.
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Anwendungsfelder
Weiterführende Literatur:
Axline, V. (2003). Kinderspieltherapie. Im nicht-direktiven Verfahren. 10 Aufl. München: Ernst-Reinhardt-Verlag.
Axline, V. (1982). Dibs. Ein autistisches Kind befreit sich aus seinem seelischen Gefängnis. München:
Droemer Knaur.
Weinberger, S. (2001). Kindern spielend helfen. Eine personzentrierte Lern- und Praxisanleitung. Weinheim, Basel: Beltz.
Der Personzentrierte Ansatz in der Suchttherapie
Die Anwendung der Gesprächspsychotherapie bietet auch in der stationären und ambulanten Arbeit
mit Abhängigkeitskranken eine bewährte, wissenschaftlich fundierte und empirisch überprüfte Handlungsgrundlage.
In ihrer Definition der Sucht und Abhängigkeit orientiert sich die klientenzentrierte Krankheitstheorie
an den Definitionen der Internationalen Klassifikation der Erkrankungen ICD-10 und des diagnostischen
und statistischen Manuals psychischer Störungen DSM-IV. Sie berücksichtigt ferner die aktuellen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse der Ätiologie, Pathogenese, Therapie und Rehabilitation bei
Abhängigkeitserkrankungen. Damit wird auf der Basis eines bio-psychosozialen Krankheitsmodells die
gesprächspsychotherapeutisch orientierte Behandlung Abhängigkeitskranker realisiert.
Aus der Sicht der gesprächspsychotherapeutischen Krankheitstheorie kann der Konsum psychotroper
Substanzen als Versuch gesehen werden, das Erleben von Inkongruenz (siehe hierzu S. 17 f) zu unterdrücken. Unter der Wirkung etwa von Alkohol, Medikamenten oder Rauschdrogen gelingt es, die Wahrnehmung weniger schätzenswerter Aspekte der eigenen Person weitgehend zu unterdrücken. Inkongruenzen werden erst dann als Bedrohung erlebt, wenn die Wirkung der Substanz nachlässt. Durch den
Substanzgebrauch selbst entstehen jedoch neue Inkongruenzen, deren Erleben dann durch die weitere
Einnahme der präferierten oder anderer psychotroper Substanzen verhindert wird. Der Konsum psychotroper Substanzen ist, so gesehen, ein ständiger Versuch des Erreichens scheinbarer Kongruenz durch Unterdrücken, Dämpfen oder Vermeiden von Inkongruenzerleben – demnach eine „Pseudo-Bewältigung“
von konflikthaftem und nicht-konflikthaftem Erleben von Inkongruenz im Sinne eines Teufelskreises, der
in die Abhängigkeit führt und – z.B. nach den Kriterien der ICD-10 – als Abhängigkeitssyndrom zu diagnostizieren ist.
Die Therapie der Abhängigkeitserkrankungen vollzieht sich nach Feuerlein (1989) in mehreren Phasen. In der Kontakt- und Motivationsphase ist es die Aufgabe des/der gesprächspsychotherapeutisch
orientierten Therapeuten/in, bei den Patienten/innen Ansätze von Inkongruenzerleben zu erkennen,
deren bewusste Wahrnehmung und damit auch die Bereitschaft zur Therapie zu fördern sowie außerdem festzustellen, inwieweit die Patienten/innen in der Lage sind, das Beziehungsangebot des/der
Therapeuten/innen im Sinne der Basismerkmale von Rogers (1987): Empathie, Akzeptanz und Kongruenz
zumindest teilweise wahrzunehmen. Die therapeutischen Interventionen der Gesprächspsychotherapie
verringern zum einen Inkongruenzerleben, zum anderen verbessern sie die Selbst-Annahme (Selbst-Wertschätzung), das Selbst-Verständnis (Selbstempathie), und die Selbst-Aufrichtigkeit (Selbst-Kongruenz).
Die Heilwirkungen der Gesprächspsychotherapie im Rahmen der Behandlung von Abhängigkeitskranken bestehen neben der Abstinenz bzw. einer verbesserten Symptomkontrolle auch in Veränderungen
im Denken, Fühlen und Handeln der PatientInnen. In ihnen kann das Wirken der Selbstaktualisierungstendenz für eine gesunde Weiterentwicklung der Person an deren von Rogers besonders betonten Eigenschaften und an den Merkmalen der Kongruenzdynamik erkannt werden.
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Anwendungsfelder
Weiterführende Literatur:
Bensel, Wolfgang (2003). Die klientenzentrierte Therapie der Alkoholabhängigkeit. In: Gesprächspsychotherapie und Personzentrierte Beratung, 34, 2, 67–74.
Fiedler, Dirk (1998). Psychische Störungen durch Alkohol und ihre gesprächspsychotherapeutische Behandlung. In: Gesprächspsychotherapie und Personzentrierte Beratung, 29, 2, 108–118.
Speierer, Gert-Walter (1994). Personen mit psychischen und Verhaltensstörungen durch psychotrope
Substanzen. In Speierer, G.-W. (1994). Das differentielle Inkongruenzmodell (DIM). Heidelberg.
Asanger, 171–189.
Der Personzentrierte Ansatz in der Beratung
Beratung erstreckt sich im Gegensatz zu Therapie oft nur auf kurze Zeit. Ihr Ziel ist es, Ratsuchende
bei Veränderungen ihrer konkreten Lebenssituation oder bei konkreten Problembewältigungen zu unterstützen. Personzentrierte Beratung befasst sich auf der theoriegeleiteten personzentrierten Grundlage mit
unterschiedlichen Entwicklungsaufgaben und häufig komplexen Problem- und Konfliktsituationen – in
Bereichen wie
n
n
n
n
n
n
n
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Erziehung und Bildung,
Sozial- und Gemeinwesen,
Arbeit und Beruf,
Gesundheit,
Pflege und Rehabilitation,
Ökonomie
Politik sowie
Recht.
Zu Beginn der Beratung steht in aller Regel eine Zielvereinbarung zwischen Berater/in und Klient/in.
Probleme und Konflikte werden dialogisch bearbeitet. Beratungsprozesse sind kooperativ. Das Ziel einer
Beratung ist in der Regel erreicht, wenn die Beratenen Entscheidungen und Problembewältigungswege
gefunden haben, die sie bewusst und eigenverantwortlich in ihren Bezügen umsetzen können. Hierzu
gehört auch, dass Selbsthilfepotentiale und soziale Ressourcen erschlossen werden.
Berater/innen mit zertifizierter personzentrierter Qualifikation haben langjährige und umfangreichen
Weiterbildungen hinter sich. Sie greifen in Beratungssituationen auf das vielfältige Instrumentarium personzentrierter Methoden und Erkenntnissen zurück. Hierzu zählen insbesondere die personzentrierten
Grundeinstellungen (siehe hierzu S. 17 ff).
Personzentrierte Beratung ist als soziale Dienstleistung ressourcenorientiert, gesundheitsfördernd; sie
kann präventiv, kurativ oder rehabilitativ sein. Sie findet in unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern und unterschiedlichen Einrichtungen und Unternehmen statt, in speziellen Beratungsinstitutionen (öffentliche oder
freie Trägerschaft) oder in selbständigen Praxen bzw. multiprofessionellen Praxengemeinschaften – einzeln oder in Teams.
Personzentrierte Beratung berücksichtigt die unterschiedlichen Sozialgesetze, vor allem im Kinderjugendhilfegesetz (KJHG) und Bundessozialhilfegesetz (BSHG). Personzentrierte Beratung ist subjekt-,
aufgaben- und kontextbezogen. Sie ist eingebettet in institutionelle, rechtliche, ökonomische und berufsethische Rahmenbedingungen. Sie erfolgt auf der Grundlage eines rechtlich geschützten Vertrauensverhältnisses (Schutz des Privatgeheimnisses und Datenschutz). Personzentrierte Berater sind verpflichtet, mit Abhängigkeiten, die in der Beratungsbeziehung entstehen, sorgsam umzugehen. Fortlaufende
24
Anwendungsfelder
Analyse der Beziehungen, Verhaltensweisen und Interaktionen im Beratungsprozess sind wesentlicher
Bestandteil der Beratung.
Weiterführende Literatur:
Sander, Klaus (1999). Personzentrierte Beratung – Ein Arbeitsbuch für Ausbildung und Praxis. Köln:
GwG-Verlag.
Straumann, Ursula (1992). Beratung und Krisenintervention. Köln: GwG-Verlag.
Straumann, Ursula (1999). Professionelle Beratung. Leitfaden zur Entwicklung von Struktur-, Prozessund Ergebnisqualität. Heidelberg.
Personzentrierte Arbeit mit Gruppen und mit Paaren
Der Personzentrierte Ansatz betont nicht nur die individuellen Entwicklungsmöglichkeiten des Menschen, sondern stellt diese immer in den Kontext von Beziehungserfahrung. Es ist daher konsequent,
dass sich der Ansatz auch in der Arbeit mit Gruppen entwickelt hat. Rogers „Encounter-Gruppen“, d.h.
„Begegnungs-Gruppen“ zur Selbsterfahrung sind von heilkundlich orientierter Gruppenpsychotherapie
abzugrenzen.
Gruppenarbeit ist angesichts zunehmender Sparzwänge im Gesundheitswesen ein wichtiger Bestandteil psychosozialen Handelns. Gerade in Kliniken und Institutionen können in einer Gruppe mehrere Menschen gleichzeitig mit einem Hilfsangebot erreicht werden. Es gibt jedoch auch ambulante oder teilstationäre, also tagesklinische Gruppentherapie. Die Gruppe, bestehend aus sechs bis zehn Mitgliedern, bietet
spezifische Erfahrungen in einer intensiven sozialen Situation. Es geht für den/die Einzelnen/e darum,
soziale Fähigkeiten in zwischenmenschlichen Situationen zu entwickeln, Rückmeldungen zu erhalten und
Konflikte zu lösen. Dieser Rahmen wird auch als „soziales Lernen“ bezeichnet. Besonders bedeutsam ist,
dass der/die Einzelne sich in einer Gruppensituation erlebt. Hier ist die Begegnung von Person zu Person
möglich, hier werden die Echtheit und der Gefühlsausdruck unterstützt. Wenn der/die Einzelne erlebt,
dass seine/ihre Erfahrungen und Gedanken von der Gruppen akzeptiert und angenommen werden, kann
er/sie selbst auch weniger bewertend mit sich umgehen und immer mehr seiner Erfahrungen zulassen.
Dies ist die Voraussetzung seines Wachstums, seiner/ihrer Entwicklung und letztlich der Überwindung
seiner/ihrer Schwierigkeiten oder Krisensituationen. „Heilsam“ ist in diesem Sinne auch die gefühlsmäßige Zuwendung durch die anderen Gruppenmitglieder und die Möglichkeit, Gefühle und Empfindungen,
die sonst unaussprechlich oder dem/der Klienten/in selbst nicht bewusst sind, auszudrücken. All diese
Prozesse werden durch Psychotherapeuten/innen insbesondere dadurch angeregt und unterstützt, dass
sie den Gruppenmitgliedern einfühlsam und akzeptierend gegenübertreten und eigene Empfindungen
mit in die Gruppe einbringen.
Eine besondere Form der Arbeit mit mehr als einem/einer Patienten/in ist die Paartherapie und Paarberatung. Rogers ging es nicht darum, Merkmale einer guten Beziehung zu benennen. Er zeigte statt
dessen auf, welche Bedingungen für das Gelingen einer Partnerschaft förderlich sind. Dies ist unter anderem das Bemühen beider Partner, sich selbst und den anderen zu verstehen und das Erleben des anderen
zu akzeptieren.
Bei Paarkonflikten und Paarkrisen können personzentrierte Paarberatungen oder Paartherapien helfen,
zu befriedigenden Lösungen zu kommen. Ist Trennung die angemessene Lösung des Konflikts, kann
personzentrierte Mediation (Schlichtungsverfahren) helfen, dass die Trennung besser bewältigt wird. Die
Fortführung des Konflikts um Sorgerecht, Unterhalt, etc. – häufig zu Lasten der Kinder – kann so vermieden oder möglichst gering gehalten werden.
25
Anwendungsfelder
Weiterführende Literatur:
Auckenthaler, A. (1983). Klientenzentrierte Psychotherapie mit Paaren. Stuttgart: Kohlhammer.
Auckenthaler, A. (2003). Paartherapie. In W. Keil, G. Stumm & J. Wiltschko (Hrsg.),
Grundbegriffe der Klientenzentrierten und Focusing–orientierten Psychotherapie. (S. 222–224). Stuttgart: Pfeiffer bei Klett–Cotta.
Eckert, J. & Biermann-Ratjen, E.-M. (1985). Stationäre Gruppenpsychotherapie. Prozess –Effekte – Vergleich. Berlin u.a.: Springer.
Schmid, P. F. (1996). Personzentrierte Gruppenpsychotherapie in der Praxis. Die Kunst der Begegnung.
Paderborn: Junfermann.
Der Personzentrierte Ansatz in der Schule und Erwachsenenbildung
Respektvoller Umgang miteinander und das Fördern von gleichberechtigtem Dialog hat Unterricht
und Zusammenarbeiten von Menschen entscheidend beeinflusst. Rogers‘ berufliche Entwicklung begann
in der Erziehungsberatung, wo er erstmalig erlebte, welche Kraft dem Zuhören und Verstehen innewohnt
(siehe hierzu S. 13).
Besonders der Aspekt des Zuhörens wurde von Rogers’ Schüler Thomas Gordon in ein spezielles Training zum sogenannten „aktiven Zuhören“ umgesetzt und erfolgreich verbreitet. Kern des Konzeptes ist
es, aktiv zu versuchen, den/die Gesprächspartner/in zu verstehen. Erst, wenn man sich darüber verständigt hat, dass man den/die Gesprächspartner/in korrekt verstanden hat, kann man ihm die eigene Sicht
der Dinge präsentieren und bei Konflikten einen Ausgleich suchen. Normalerweise formulieren wir im
Alltag schon unsere „Gegenargumente“ und wappnen uns, bevor wir den anderen überhaupt richtig
verstanden haben. Diese destruktive „Automatik“ kann durch aktives Zuhören überwunden werden.
Das Programm von Thomas Gordon wurde auf spezielle Situationen im Alltag von Lehrern („LehrerSchüler-Konferenz“) und im Alltag von Familien („Familienkonferenz“) abgestimmt. Ziel ist es, ausgehend von einer personzentrierten Sichtweise, einen tatsächlichen Dialog zu finden. In diesem Verständnis
geht es darum, im Konflikt die alten Muster von Verlieren oder Siegen aufzubrechen; und statt dessen
gemeinsam um gegenseitiges Verständnis und Akzeptanz zu ringen. In diesem Sinn birgt der Personzentrierte Ansatz im Kern eine völlig neuen Gesprächskultur in sich.
Im Schulalltag ist es häufig weniger die Wissensvermittlung als vielmehr der Umgang mit Schülern/innen, Eltern und Kollegen/innen, der für Belastungen im Lehrerberuf sorgt. Der schulische Alltag ist von
Auseinandersetzungen und Konfliktgesprächen geprägt. Lehrer/innen sehen sich oft in der Rolle des
Vermittlers und Schlichters zwischen einzelnen Schülern/innen bzw. Schülern/innen und Lehrern/innen.
Zentrales Merkmal ihres Berufes ist es gerade, unterschiedliche Interessen auszugleichen und den/die
Einzelnen/e zu fördern, ohne aber die gesamte Gruppe aus den Augen zu verlieren. Lehrer/innen müssen
unterschiedliche Erwartungen von Eltern, Schülern/innen, Kollegen/innen, Vorgesetzten und Bildungsträgern erfüllen respektive ausbalancieren. Der/die Einzelne kann sich in dieser Situation aufgrund unzureichender Vorbereitung in der traditionellen Lehrerausbildung sowie durch mangelnde Unterstützung
schnell belastet, überfordert und ausgebrannt fühlen. In keiner anderen Berufsgruppe sind psychisch
bedingte Frühpensionierungen, Berufsunfähigkeit und Arbeitsausfall so häufig wie unter Lehrern/innen.
Der Personzentrierte Ansatz bietet hier das Potenzial, Konflikte in der Schule zu lösen, eigene Belastungen
und eigenes Handeln zu reflektieren und zu einem konstruktiven und gesund erhaltenden Umgang mit
den alltäglichen beruflichen Anforderungen zu finden.3
Ein praktisches Beispiel zum Thema „Personzentrierte Arbeit in der Schule: hier „Schullaufbahnberatung für Sascha“ senden wir Ihnen
auf Wunsch gerne zu.
3
26
Anwendungsfelder
Personzentrierte Pädagogik und Erwachsenenbildung beruht darauf, den/die Einzelnen/e in
seinen/ihren individuellen Entwicklungsmöglichkeiten zu respektieren und zu fördern. Lerninhalte
werden an die persönliche Erfahrung geknüpft. Es wird so möglich, eine Brücke zu schlagen zwischen
persönlichen Erfahrungen und Sichtweisen und neuen Lerninhalten. Diese enge Verknüpfung zwischen
Theorie, Praxis und persönlicher Erfahrung der Ausbildungsteilnehmer macht den Personzentrierten Ansatz für Lehrer/innen und in der Erwachsenenbildung Tätige interessant.
Bitte fordern Sie unseren „Fortbildungskatalog Schule“ an, oder besuchen Sie die GwG-Akademie
im Internet unter http://www.gwg-ev.org.
Weiterführende Literatur:
Gordon, T. (1989). Lehrer-Schüler-Konferenz. Wie man Konflikte in der Schule löst. München: Heyne.
Gordon, T. (1989). Familienkonferenz. Die Lösung von Konflikten zwischen Eltern und Kind. München:
Heyne.
Rogers, C. R. (1977): Lernen in Freiheit. Zur Bildungsreform in Schule und Universität. München: Kösel.
Tausch, R. & Tausch, A. M. (1998). Erziehungspsychologie. Begegnung von Person zu Person. Berlin,
Toronto, Zürich: Hogrefe.
Tausch, R. (2002). Hilfen bei Stress und Belastung. Was wir für unsere Gesundheit tun können. Reinbek
bei Hamburg: Rowohlt.
Der Personzentrierte Ansatz in Unternehmen:
Personal-, Team- und Organisationsentwicklung sowie Coaching
Partnerschaftlicher Umgang im Sinne des Personzentrierten Ansatzes kann auch das Arbeiten im
beruflichen Team verändern. Der Personzentrierte Ansatz wird daher zunehmend im Personalmanagement von Unternehmen genutzt. Es hat sich gezeigt, dass „personzentriertes Miteinander“ zu besseren
Arbeitsergebnissen führt und die Motivation aller Beteiligten erhöht. Die Aus- und Weiterbildung im
Personzentrierten Ansatz wird daher zunehmend für andere Berufsgruppen, z.B. aus der Wirtschaft interessant. Menschen, die Verhandlungen führen müssen oder Teams leiten und organisieren, können diesen
Ansatz nutzen. Berufsgruppen, deren Produkt oder Leistung letztlich immer eine Leistung von einzelnen
Menschen oder von Gruppen ist, profitieren vom Personzentrierten Ansatz. Eine personzentrierte Organisationsberatung kann langfristig sowohl einen Konsens zwischen Management und Belegschaft ausloten,
als auch den Unternehmenserfolg sichern.4
Weiterführende Literatur:
Terjung, B. & Kempf, T. (2001). Von der Klientenzentrierten Therapie zur Personzentrierten Organisationsentwicklung. (Person-Centered-Organisation-Development – PCOD). Köln: GwG-Verlag.
Schlechtriemen, M. (2001). Coaching nach dem personzentrierten Ansatz. In GwG (Hrsg.). Visionen für
ein gesellschaftliches Miteinander. Köln: GwG-Verlag.
Themenheft „Personal- und Organisationsentwicklung“ der Zeitschrift Gesprächspsychotherapie und
Personzentrierte Beratung 2/2002.
Wir senden Ihnen gerne auf Wunsch gerne den Beitrag „Subjektive Landkarten ergründen“ – ein praktisches Beispiel aus der Personalund Organisationsentwicklung – zu.
4
27
Anwendungsfelder
Der Personzentrierte Ansatz in der Supervision
In der pflegerischen, pädagogischen und psychologischen/psychotherapeutischen Praxis nimmt die
Nachfrage nach Supervision zu. Hinzu kommt, dass immer mehr Fach- und Führungskräfte, Angestellte
in Behörden und Verwaltungen Supervision zur Verbesserung ihrer Arbeit nutzen. Supervision heißt, die
berufliche Arbeit systematisch zu reflektieren. Hierbei können sowohl die Problem- und Fragestellungen
der Arbeit betrachtet werden als auch Aspekte des Zusammenarbeitens oder spezifische Probleme des
einzelnen. Supervision dient prinzipiell dazu, die Qualität der Arbeit zu sichern bzw. zu erhöhen. Sie führt
zu Entlastung und Austausch, fördert aber auch Problemlösungen, den Erwerb von Kompetenzen und
einen kreativen Umgang im Team.
Es kann mit einem/einer externen, also teamfremden Supervisior/in gearbeitet werden oder eine
Supervision unter Kollegen/innen stattfinden. Die Arbeit mit einem/einer externen Supervisor/in hat
den Vorteil, dass er/sie unbefangen und mit einer neuen Perspektive auf die Situation schauen kann.
Dieser Vorteil bildet sich in einer wachsenden Nachfrage nach Supervision und gut ausgebildeten
Supervisoren/innen ab. Supervision ist eine Dienstleistung für Einzelne, Gruppen oder Teams.
Personzentrierte Supervision stellt dem Personzentrierten Ansatz entsprechend das persönliche Erleben und die Sichtweise des Einzelnen bzw. der Gruppe in den Mittelpunkt. Sie schafft ein annehmendes
Klima, in dem Lernprozesse und Reflexion möglich werden. Dies fördert die Auseinandersetzung mit
Konflikten, Fehlern und Kritik und führt den Einzelnen bzw. die Gruppe letztlich an die eigenen Stärken
und Ressourcen zur Lösung. Der Personzentrierte Ansatz ist besonders entwicklungs- und ressourcenorientiert. Er ist daher besonders effektiv darin, berufliche und persönliche Weiterentwicklungen mittels
Supervision in den unterschiedlichsten Handlungsfeldern zu fördern.
Weiterführende Literatur:
Auckenthaler, A. (1995). Supervision psychotherapeutischer Praxis. Organisation – Standards – Wirksamkeit. Stuttgart: Kohlhammer.
Auckenthaler, A. (2003). Supervision. In W. Keil, G. Stumm & J. Wiltschko. (Hrsg.).
Grundbegriffe der Klientenzentrierten und Focusing-orientierten Psychotherapie. (S. 298–301). Stuttgart: Pfeiffer bei Klett-Cotta.
Themenheft „Person-/Klientenzentrierte Supervision“ der Zeitschrift Person 2/2000.
Straumann/Schröter (1998). Verstehen und Gestalten. Köln: GwG-Verlag.
28
Bildungsangebote
Bildungsangebote der GwG e.V.
und der GwG Akademie
Auf der Grundlage des Personzentrierten Ansatzes von Carl R. Rogers hat die GwG berufsbegleitende
Fort- und Weiterbildungskonzepte für alle beraterischen und psychotherapeutischen Arbeitsfelder entwickelt.
In mehrjährigen berufsbegleitenden Kursen erlernen Seminarteilnehmer/innen die Prinzipien des Personzentrierten Ansatzes. Absolventen/innen der Fort- und Weiterbildungen können durch diese Qualifizierungen die Kommunikation und die professionelle Beziehung in ihrem ganz speziellen Arbeitsbereich
effektiver gestalten, Konflikte besser lösen und produktiver arbeiten.
Alle Bildungsgänge der GwG werden in Ausbildungsgruppen von Dozenten/innen durchgeführt, die
von der GwG in speziellen Fortbildungsprogrammen eigens dazu qualifiziert wurden. Die Bildungsgänge
unterliegen strengen Qualitätskriterien.
Die Abschlüsse nach den Richtlinien der GwG sind in zahlreichen nationalen und internationalen
Einrichtungen, in Verwaltungen und in der Wirtschaft anerkannt. Die Bildungsgänge werden bundesweit – an unterschiedlichen Orten – durchgeführt.
Grundbildungsgänge der GwG e.V.
Klientenzentrierte Psychotherapie
Dauer: 5 Jahre
Umfang: 1240 Unterrichtsstunden (Ustd.1) sowie mindestens 50 Std. Einzeltherapie und mindestens dreijährige psychotherapeutische Tätigkeit mit mindestens 300 Std. im Rahmen beruflicher Tätigkeit
Zulassungsvoraussetzungen:
Zugelassen werden Personen, die einen der folgenden Studiengänge an einer wissenschaftlichen Hochschule oder Fachhochschule mit einem berufsqualifizierenden Abschluss (Diplom, Staatsexamen oder
äquivalenter Abschluss) absolviert haben:
n
n
n
n
n
n
Psychologie (Diplomstudiengang/Diplom)
Humanmedizin (Abschluss: Drittes Staatsexamen und Approbation)
Pädagogik (Diplomstudiengang/Diplom)
Theologie (Diplomstudiengang/Diplom)
Sozialarbeit und Sozialpädagogik (Abschluss: Diplom)
Heilpädagogik (Abschluss: Diplom)
Personen, die einen äquivalenten Studiengang mit einem berufsqualifizierenden Abschluss absolviert
haben, der für psychotherapeutische Tätigkeit qualifiziert, können einen Antrag auf Zulassung stellen.
Voraussetzung dafür ist die Anerkennung der Äquivalenz des Studienganges durch die Mitgliederversammlung.
1
1 Unterrichtsstunde = 50 Minuten
29
Bildungsangebote
Personzentrierte Psychotherapie mit Kindern und Jugendlichen
Dauer: 5 Jahre
Umfang: 1220 UStd. sowie 50 Std. Einzeltherapie und 300 Std. psychotherapeutische Tätigkeit
Zulassungsvoraussetzungen:
Zugelassen werden Personen, die einen der folgenden Studiengänge an einer wissenschaftlichen Hochschule oder Fachhochschule mit einem berufsqualifizierenden Abschluss (Diplom, Staatsexamen oder
äquivalenter Abschluss) absolviert haben:
n
n
n
n
n
Psychologie (Diplomstudiengang/Diplom)
Humanmedizin (Abschluss: Drittes Staatsexamen und Approbation)
Pädagogik (Diplomstudiengang/Diplom)
Sozialarbeit und Sozialpädagogik (Abschluss: Diplom)
Heilpädagogik (Abschluss: Diplom)
Darüber hinaus müssen die Teilnehmer/innen der Weiterbildung im psychosozialen Bereich tätig sein
und spätestens ab der Aufbaustufe 1 die Möglichkeit zu psychotherapeutischer Tätigkeit mit Kindern/Jugendlichen haben.
Personzentrierte Beratung mit Kindern, Jugendlichen und deren Bezugspersonen
Dauer: 21⁄2 Jahre
Umfang: 450 UStd. sowie 25 Std. Einzeltherapie plus praktische Arbeit
Zulassungsvoraussetzungen:
Zulassungsfähig sind Personen, die in der psychosozialen Versorgung tätig sind und eine abgeschlossene
Berufsausbildung in einem psychosozialen Beruf besitzen.
Personzentrierte Beratung – Grundstufe (Klientenzentrierte Gesprächsführung)
Dauer: 2 Jahre
Umfang: 300 Ustd.
Zulassungsvoraussetzungen:
1. Adressaten/innen der Weiterbildung sind Personen, die insbesondere in psychosozialen, medizinischen und pädagogischen Tätigkeitsfeldern arbeiten.
2. Nachweis einer regelmäßigen und kontinuierlichen Tätigkeit in einem der unter 1. genannten Tätigkeitsfelder zu Beginn und während der Weiterbildung.
3. Erklärung, dass Art und zeitlicher Umfang der Tätigkeit die Möglichkeit gewähren, die in der Weiterbildung erworbenen bzw. zu erwerbende Kenntnisse und Fertigkeiten anzuwenden.
4. Nachweis, dass die im Rahmen der Tätigkeit durchgeführte Gespräche dokumentiert werden können.
30
Bildungsangebote
Personzentrierte Beratung – Aufbaustufe
Dauer: 2 Jahre
Umfang: 390 UStd. sowie 25 Ustd. Lehrberatung, 100 Ustd. kollegiale Supervision und 100 Std. dokumentierte Beratungspraxis
Zulassungsvoraussetzungen:
1. Fachhochschul- oder Hochschulabschluss in einem für die Praxis relevanten Studiengang (z.B. Pädagogik, Sozialpädagogik und Sozialarbeit, Pflegewissenschaften, Heilpädagogik, Psychologie, Humanmedizin, Theologie, Jura, Wirtschaftswissenschaften)
2. mindestens drei Jahre einschlägige berufliche Praxis
3. ausbildungsbegleitende, dokumentierfähige Beratungspraxis
4. eine abgeschlossene Weiterbildung in „Personzentrierter Beratung (Grundstufe)“ (260 Std. mit
Ausbilder/innen). Dieser Abschluss wird nicht vorausgesetzt, wenn die Grund- und Aufbaustufe der
Weiterbildung „Personzentrierte Beratung“ integriert durchgeführt werden.
Personen, die keinen Hochschul- oder Fachhochschulabschluss haben, können zur Weiterbildung
zugelassen werden, wenn sie durch Berufspraxis und einschlägige Fortbildungen entsprechende Qualifikationen nachweisen.
Weiterbildungsangebote der GwG-Akademie
Weiterbildung zum/zur Supervisor/in
Die Bildungsgänge zum/zur Supervisor/in werden von der Deutschen Gesellschaft für Supervision (DGSv)
zertifiziert.
Dauer: 3 Jahre
Umfang: 500 UStd. sowie 35 Sitzungen Lehrsupervision und 45 Sitzungen Lernsupervision
Zugangsvoraussetzungen:
1. Abgeschlossenes Fachhoch- oder Hochschulstudium in einem für die Ausübung der Supervision relevanten Studiengang. Interessenten ohne Fachhochschul- oder Hochschulabschluss können bei der
GwG-Akademie einen Antrag auf Zulassung stellen. Über die Zulassung entscheidet die GwG-Akademie in Absprache mit der Kursleitung.
2. Mindestens fünfjährige, einschlägige Berufstätigkeit
3. Erklärung der Weiterbildungsteilnehmer/innen, dass die innerhalb der Weiterbildung durchzuführende Supervision dokumentiert werden kann, und dass Art und zeitlicher Umfang der beruflichen
Tätigkeit die Möglichkeit gewähren, die in der Weiterbildung erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten
anzuwenden.
4. Nachweis von Zusatzausbildungen oder Fortbildungsveranstaltungen, die das Spannungsfeld Person,
Rolle und Institution zum Gegenstand haben, im Umfang von mindestens 400 Ustd. Absolvierte Bildungsgänge nach den Richtlinien der GwG können angerechnet werden.
5. 30 Sitzungen berufsbezogene Supervision, davon 15 Sitzungen Einzel- und 15 Sitzungen Gruppenoder Teamsupervision. Darauf können 10 Stunden Ausbildungssupervision angerechnet werden.
6. Teilnahme an einem Orientierungsseminar
31
Bildungsangebote
Sozialtherapie – klientenzentriert/gesprächspsychotherapeutisch orientiert
Der Kurs ist vom Verband Deutscher Rentenversicherungsträger (VDR) anerkannt
Dauer: 3 Jahre
Umfang: 860 UStd.
Zugangsvoraussetzungen:
Zur Aufnahme in die Weiterbildung der GwG-Akademie zum/zur Sozialtherapeuten/in klientenzentriert/gesprächspsychotherapeutisch orientiert kann zugelassen werden, wenn
1. ein abgeschlossenes Hochschulstudium als Arzt oder Dipl.-Psych. oder ein abgeschlossenes
Fachhochschulstudium als Dipl.-Soz.-Arb. bzw. Dipl. Soz.-Päd. und
2. eine mindestens einjährige berufliche Erfahrung in der Suchtkrankenrehabilitation und
3. eine gegenwärtig bestehende Festanstellung in der Suchtkrankenrehabilitation nachgewiesen werden
und
4. in einem Aufnahmegespräch grundlegende persönliche und berufliche Fähigkeiten nachgewiesen
werden können, die kollegiale Supervision und Zusammenarbeit in der Zeit zwischen den Seminaren
und Kursen nachgewiesen werden kann und
5. eine gleichzeitig bestehende Teilnahme an einer anderen Aus-, Fort- oder Weiterbildung ausgesetzt
bzw. unterbrochen worden ist.
Personzentrierte Beratung in der Personal- und Organisationsentwicklung
Dauer: 2 Jahre
Umfang: 250 Ustd. sowie 25 UStd. Lehrberatung und 80 Ustd. kollegiale Supervision
Zulassungsvoraussetzungen:
1. Abgeschlossenes Hochschul- oder Fachhochschulstudium oder eine dem Hochschulstudium äquivalente Ausbildung.
2. Mindestens dreijährige Berufstätigkeit
3. Erklärung des/der Teilnehmers/in, dass im Rahmen der beruflichen Tätigkeit die in der Weiterbildung
erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten angewendet und ggf. Beratungsprojekte durchgeführt werden können.
4. Nachweis einer Personzentrierten Basisqualifikation
Fortbildungsangebote der GwG-Akademie
Die GwG-Akademie bietet neben Fortbildungen und Workshops in Focusing, Mediation, Coaching u.a.m.
vielfältige Fortbildungen im Schulbereich an. Hierzu gehören insbesondere die Themenbereiche:
n
n
n
n
Personzentrierte Kommunikation und Kooperation
Personzentrierte Methoden des Unterrichts
Personzentriertes Leiten von Schule, Personal- und Organisationsentwicklung
Supervision und Entlastung
Bitte fordern Sie hierzu unseren „Fortbildungskatalog Schule“ an, oder besuchen Sie die GwG-Akademie im Internet unter http://www.gwg-ev.org.
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Bildungsangebote
FernUniversität in Hagen & GwG-Akademie GmbH
Weiterbildendes Studium
Personzentrierte Beratung: Counsellor
Die GwG-Akademie GmbH führt in Kooperation mit dem Kurt Lewin Institut der FernUniversität in Hagen seit dem Wintersemester 2003 ein weiterbildendes Studium ‚Personzentrierte Beratung: Counsellor’
durch.
Dieser Bildungsgang entspricht bereits den zu erwartenden standardisierten europäischen Anforderungen
(Standards der European Association of Counselling – EAC) und ermöglicht den Absolventen/innen
deshalb neue berufliche Perspektiven.
Die beiden Träger des Bildungsganges streben an, das weiterbildende Studium in einen weiterbildenden
Studiengang mit dem akademischen Grad „Master of Counselling“ zu überführen.
Dauer: 2,5 Jahre (5 Semester)
Umfang: 792 Stunden
wie folgt verteilt:
252 Stunden als Kurseinheiten (Fernstudienmaterial)
300 Stunden als Präsenzveranstaltungen (mit AusbilderInnen)
120 Stunden kollegiale Gruppenarbeit ohne AusbilderInnen
96 Stunden dokumentierte in die Berufstätigkeit integrierte Beratungspraxis
24 Stunden eigene Lehrberatung
Zulassungsvoraussetzungen:
1. ein mindestens sechssemestriges erfolgreich absolviertes Studium im Geltungsbereich des Hochschulrahmengesetzes oder eine gleichwertige Qualifikation erworben hat und zudem
2. eine für die Teilnahme förderliche Aus- oder Weiterbildung, in der u.a. auch persönliches Wachstum
Ausbildungsziel war. Dies kann durch die erfolgreiche Teilnahme an einer Ausbildung in Klientenzentrierter Gesprächsführung nach den Richtlinien der GwG oder durch eine gleichwertige Aus- bzw. Weiterbildung nachgewiesen werden. Über die Gleichwertigkeit entscheidet die Weiterbildungsleitung.
3. Nachweis der Möglichkeit zur studienbegleitenden Durchführung beraterischer Tätigkeiten im Sinne
der Studienordnun.
4. erfolgreiche Teilnahme am Informations- und Zulassungsverfahren.
In begründeten Einzelfällen kann die Weiterbildungsleitung andere Zulassungsvoraussetzungen anerkennen, wenn die Durchführung der Ausbildung und die Erreichung der Ausbildungsziele dadurch nicht
gefährdet wird.
33
Bestellschein
Absender:
Name: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
An die
Gesellschaft für wissenschaftliche
Gesprächspsychotherapie (GwG) e.V.
Melatengürtel 125a
Straße: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
50825 Köln
E-Mail: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
PLZ / Ort: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Tel.: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Fax: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Bestellung kostenloser Informationsmaterialien
Bitte senden Sie mir: (bitte ankreuzen!)
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Literaturliste zur Gesprächpsychotherapie
Literaturliste zum Thema Personzentrierte Beratung
Informationsmaterial zur Ausbildung in Gesprächspsychotherapie
Informationsmaterial zur Ausbildung in Gesprächsführung
Informationen über Fort- und Weiterbildungen generell
Informationen zur Weiterbildung zum Sozialtherapeuten
Liste der Videos
Verlagsprogramm
Liste der Ausbilderinnen/Ausbilder
Liste der Therapeutinnen/Therapeuten
Liste der Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeutinnen und -therapeuten
Liste der Beraterinnen und Berater(Gesprächsführung)
Bestell-Liste Bücher
Ethik-Richtlinien
Flyer: Mitglied werden in der GwG
Beispiele aus der Praxis zu folgenden Themenbereichen
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"
Bitte senden Sie diesen Bestellbogen per Post an die o.g. Adresse, per Fax an +49 221 251276, oder
bestellen Sie kostesloses Informationsmaterial telefonisch unter +49 221 925908-0 oder per e-Mail an
[email protected].
Gesellschaft für wissenschaftliche
Gesprächspsychotherapie (GwG) e.V.
Mitglieder
organisiert in
Regionalversammlungen
wählen
Delegierte
bilden die
Delegiertenversammlung
wählt
Ausschüsse für
Vorstand
n Beratung
n Psychotherapie
n ethische Angelegenheiten und Beschwerden
n Haushalt
(5 Personen)
Wissenschaftlicher
Beirat
(12 Personen
aus der Wissenschaft)
GwG e.V.
Bundesgeschäftsstelle
GwG-Verlag
n
n
n
n
Fachbücher
Kongress-Berichte
Reader
GwG-Zeitschrift
Verbreitung des Personzentrierten Ansatzes in Forschung
und Lehre durch:
n Kongresse,
Fachtagungen
n Entwicklung von Fort- und
Weiterbildungsprogrammen
n Service für Mitglieder
n Gesundheits- und
Sozialpolitik
n Öffentlichkeitsarbeit
GwG-Akademie
n Fortbildungsprogramme
n Erprobung und
Evaluation neuer
Weiterbildungsgänge
n Qualifizierung von
Ausbilderinnen und
Ausbildern in der GwG
n Beratungsleistungen
Gesellschaft für wissenschaftliche Gesprächspsychotherapie (GwG) e.V.
Fachverband für Psychotherapie und Beratung
Melatengürtel 125a
50825 Köln
Tel. +49 221 925908-0
Fax +49 221 251276
e-Mail: [email protected]
Internet: http://www.gwg-ev.org