Stockholm University 2008/2009

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Stockholm University 2008/2009
Erfahrungsbericht Erasmus Wintersemester 2008/2009, Universität Stockholm Markus Brinkmann Im Wintersemester 2008 habe ich im Erasmus‐Programm ein Semester an der Universität Stockholm studiert. Dieser Erfahrungsbericht soll Euch einen Eindruck von meinen Erfahrungen geben. Bei Rückfragen, meldet Euch bitte unter: [email protected]‐aachen.de Anreise und Verkehrsmittel: Germanwings fliegt vom Flughafen Köln‐Bonn für relativ wenig Geld nach Stockholm (Arlanda). Man muss nicht allzu lange im Voraus buchen und kommt aus Aachen bequem zum Flughafen. Vom Zielflughafen kann man dann für circa 20 € mit dem Arlanda Express, einem schnellen Direktzug, ins Stadtzentrum fahren. Es fahren auch preiswertere Busse, die allerdings etwas länger brauchen. Nachdem Ihr Euch eingeschrieben habt bekommt Ihr ein Semesterticket. Das dauert allerdings ein wenig, sodass es sich lohnt eine Monatskarte für den Nahverkehr in Stockholm zu kaufen. Die ist relativ teuer, aber gerade in der Eingewöhnungszeit fährt man ja viel durch die Stadt und braucht sie daher dringend. Der Nahverkehr in Stockholm ist genial. Im Minutentakt fahren die U‐Bahnen (T‐Bana bzw. Tunnelbana) sehr viele Stationen an und auch für Nachtschwärmer gibt es noch bis zu später Stunde ausreichend Verbindungen. Eine Besonderheit ist die Möglichkeit, Personenfähren zwischen den Haltestellen Slussen und Gröna Lund zu benutzen, die regelmäßig fahren. Unterbringung: Wie viele Hundert andere Studenten auch habe ich während meines Aufenthaltes im Studentenwohnheim „Lappis“ gelebt. Hier brummt das Leben. Sehr angenehm ist die Tatsache, dass man ein eigenes Bad hat, sich aber die Küche mit durchschnittlich zwölf weiteren Studenten teilt. Man lernt so unheimlich schnell einen Haufen netter Leute kennen, die man täglich sieht und mit denen sich zuweilen sehr intensive Freundschaften entwickeln. Allerdings sollte man was Hygiene in der Küche angeht nicht allzu pingelig sein: Es kann mitunter sehr dreckig werden, wenn sich dreizehn Leute eine Anrichte teilen. Allerdings muss in Lappis niemand einen Abend allein verbringen, wenn er das nicht möchte. Wer sich auf einen Platz im Wohnheim bewerben möchte, sollte das frühzeitig tun. Die Daten teilt in der Regel aber auch das International Office mit. Studium: Die gesamte Organisation lief hervorragend. Das International Office und auch die Verantwortlichen der Biologie haben sich vorbildlich um alle Belange gekümmert und es kamen niemals Fragen auf wie „Wo muss ich eigentlich hin?“, „Wann war nochmal…?“ und „Wen frage ich denn wenn…?“ – sehr beeindruckend! Mit dem Infomaterial und den Mails der Betreuer war man bestens für alle Eventualitäten gerüstet. Auch von Seiten des International Office und der Verantwortlichen der Fachgruppe Biologie in Aachen war die Betreuung hervorragend. Die Kurse laufen in der Regel (zumindest bei den Biologen) nicht parallel sondern in Blöcken nacheinander. Ich persönlich habe einen zehnwöchigen Kurs in Ökotoxikologie belegt, der von den Systemökologen und dem Institut für angewandte Umweltwissenschaften (ITM, http://www.itm.su.se) organisiert wurden. Der Kurs ist sehr empfehlenswert, da er kaum Vorbildung voraussetzt und sehr auf vernetzendes Lernen ausgerichtet ist. Der Kurs umfasst eine sehr informelle Vorlesung, ein Seminar, ein Praktikum am ITM, eine praktische wissenschaftliche Arbeit bei den 1 Erfahrungsbericht Erasmus Wintersemester 2008/2009, Universität Stockholm Markus Brinkmann Systemökologen, einige Exkursionen (so zum Beispiel zur Forschungsstation Askö) und schließt mit einer Hemtenta ab, einer Klausur die man zu Hause schreibt (paradiesisch, was?). Im Anschluss daran habe ich noch eine Art Bachelorarbeit am ITM bearbeitet, die sich „Självständigt Arbeite“ nennt und mit 15 ECTS‐Punkten belohnt wird. Es ist absolut empfehlenswert, auf diese Art und Weise einmal in den Laboralltag im Ausland zu schnuppern. Die Verantwortlichen in Aachen (in meinem Fall Herr Prof. Hollert) sind in der Regel gerne bereit, derartige Laborpraktika zu initiieren. Auch Gertje Czub, die die Erasmus‐Partnerschaft mit dem ITM von Stockholm aus betreut, ist hier eine gute Ansprechpartnerin. Diese Arbeit könnte grundsätzlich auch als Bachelorarbeit in Aachen anerkannt werden. Zu diesem Teil des Erfahrungsberichtes stehe ich besonders gerne für Rückfragen zur Verfügung. Auch die restliche Infrastruktur ist einmalig: So kann man zum Beispiel durch seine Immatrikulation viele perfekt ausgestattete Computerräume und mit einem gewissen Guthaben auch die Drucker nutzen. Der Literaturzugang der Universität Stockholm ist vorbildlich und lässt (zumindest für Biologen) kaum Wünsche offen. Stadt, Sehenswürdigkeiten und Kultur: Stockholm ist eine grandiose Stadt und man sollte sich einige Zeit nehmen, sie ausgiebig zu erkunden. Als Startpunkt empfiehlt es sich, eine Stockholms‐Card zu kaufen. Mit der hat man freien Eintritt in alle Museen und Ausstellungen. Einige davon kann man sich sparen. Die meisten jedoch sind wirklich einmalig. Kunstausstellungen (z.B. das Museum der modernen Kunst) stellen hervorragende und signifikante Kunstwerke aus. Naturkundliche Ausstellungen (z.B. das technische Museum oder das naturhistorische Reichsmuseum) sind didaktisch hervorragend und die Einmaligkeit des Freilichtmuseums Skansen steht außer Frage. Ich war insgesamt drei Mal hier und habe jedes Mal neue Details entdeckt. Gerade auch zum Lucia‐Fest findet hier eine Feier statt, die man wunderbar mit einem Besuch des historischen Weihnachtsmarktes verbinden kann. Die Abendgestaltung kann in Stockholm ganz unterschiedlich aussehen. Man kann ruhige Abende in den vielen Kneipen und Clubs verbringen. Viel spannender fand ich allerdings die Tatsache, dass man am Puls der schwedischen Musikszene lebt. Im Vergnügungspark Gröna Lund treten regelmäßig (wie auch schon Weltstars wie Jimi Hendrix zuvor) bekannte Bands und Musiker auf – und das Ganze für nur 70 SEK. Sehr empfehlenswert ist auch der „Debaser“. Alternative und Pop‐Bands wie „Division of Laura Lee“ oder „Those Dancing Days”, die im schwedischen Radio rauf und runter laufen (liefen), aber auch experimentelle elektronische Combos und Metalbands spielen hier mehrmals pro Woche umsonst. Finanzielles: Nur damit kein falscher Eindruck entsteht: Stockholm kommt dem Paradies sehr nahe, ist dafür aber fürchterlich teuer! Die Lebenshaltungskosten sind meiner Einschätzung nach ungefähr doppelt so hoch – gerade wenn man gerne einen Kaffee unterwegs oder ein Bier in der Bar trinkt. Andere Leute schätzen einen Faktor von 1,2 bis 1,5‐fach. Dafür sind wiederum andere Dinge (Bananen und exotische Gewürze zum Beispiel) viel billiger als in Deutschland. Der Schwede bezahlt selbst Kleinigkeiten am liebsten mit der Kreditkarte. Das ist ziemlich praktisch und auch für Austauschstudenten zu empfehlen. So kann man sich lästige Gebühren sparen, die anfallen wenn man am EC‐Automaten Geld abhebt. Außerdem wird man so weniger oft erstaunt angesehen, weil man mit Bargeld zahlt. Sehr lohnenswert ist es, sich eine Prepaid‐Karte für das Handy zu kaufen. Mit dem Tarif „Amigos“ von Tele 2 kann man für sehr wenig Geld pro Monat kostenlos mit seinen Freunden und auch sehr günstig nach Deutschland telefonieren und SMS schreiben. 2 Erfahrungsbericht Erasmus Wintersemester 2008/2009, Universität Stockholm Markus Brinkmann Sprache: Ich habe – was ein großer Fehler war – vor dem Austauschsemester keinen Sprachkurs belegt. Mit einem Buch kommt man in der Regel nicht wirklich weit. Die Sprachkurse „für Ausländer“ an der Universität Stockholm bringen Anfänger auch nicht weiter. Trotzdem sollte man sich diese Kurse nicht entgehen lassen: Die Dozenten springen mit einer Gitarre vor einer lachenden Meute bunt gemischter Austauschstudenten herum und singen – unbedingt empfehlenswert! So sehr man sich bemüht mit Schweden in ihrer Muttersprache zu sprechen, es gelingt nur schwer. Die meisten Schweden (auch im hohen Alter) sprechen perfektes Englisch und nutzen es auch. Wenn also ein Fremder mit gebrochenem Schwedisch nach dem Weg fragt wird in den meisten Fällen auf Englisch geantwortet. Ob man das nun als Vor‐ oder Nachteil werten will bleibt jedem selbst überlassen. Reisen: Von Stockholm aus sind viele andere Orte gut zu erreichen: Uppsala kann man sehr schnell mit dem Zug besuchen, nach Kiruna werden im Winter Touren angeboten und Tallinn, Riga, sowie Helsinki kann man mit Fähren erreichen, die gelegentlich auch lediglich mit Studenten an Bord in See stechen. Zusammenfassend kann ich Euch nur ans Herz legen, diese Stadt für ein oder zwei Semester zu bereisen – es lohnt sich. Für mich ist Stockholm eine der schönsten Städte Europas. Zuletzt noch ein paar Bilder: Saunahäuschen der Forschungsstation Askö. Nach einiger Zeit im kalten Ostsee‐Wasser wirklich eine Wonne. 3 Erfahrungsbericht Erasmus Wintersemester 2008/2009, Universität Stockholm Markus Brinkmann Lustiges Sami‐Häuschen im Skansen. Besonders die Geschichte der Lappen wird hier auf gelungene Weise erklärt. Der botanische Garten der Universität wurde von Linné persönlich gegründet und ist für jeden Biologen eine besondere Freude. 4