FC SCHALKE 04 - Ultras Gelsenkirchen
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FC SCHALKE 04 - Ultras Gelsenkirchen
Ausgabe 08 / Saison 15/16 • Hannover 96 • Auflage: 1.500 / gegen freiwillige Spende Termine 10.12.2015, 21:05 Uhr Asteras Tripolis - FC Schalke 04 Stadio Theodoros Kolokotronis 12.12.2015, 9:00 Uhr UGE Stand Weihnachtsmarkt Bahnhofstraße Gelsenkirchen FC SCHALKE 04 Zwischen Mythos, Titeln und Tränen. 13.12.2015, 15:30 Uhr FC Augsburg - FC Schalke 04 Arena Augsburg 18.12.2015, 20:30 Uhr FC Schalke 04 - TSG Hoffenheim Arena AufSchalke Fotos: UGE Herausgeber „Blauer Brief“: Ultras Gelsenkirchen e.V. Daimlerstraße 6 45891 Gelsenkirchen www.ultras-ge.de [email protected] V.i.S.d.P.: Zoran Stanisavljevic Themen in dieser Ausgabe: Einleitung +++ Rückblick FC Schalke 04 e.V. - FC Bayern München AG +++ Rückblick FC Schalke 04 e.V. - APOEL Nicosia +++ Rückblick Bayer 04 Leverkusen GmbH - FC Schalke 04 e.V. +++ Interview: Vorsänger Teil VI +++ aUsGEholt - jetzt wird’s kritisch! +++ Gedankenaustausch +++ Zurück zu den Wurzeln - Italien +++ Gemischte Tüte +++ Nordkurve singt Glückauf Schalker, die sportliche Situation rund um unsere Königsblauen ist derzeit leider nicht wirklich zufriedenstellend. In der Bundesliga sind wir bereits seit fünf Spielen ohne Sieg. Der Mannschaft kann man allerdings kaum einen Vorwurf machen, da die Einstellung zumindest immer gepasst hat. Mit dem mehr als mühsamen 1:0 gegen Nicosia konnten wir das Achtelfinale in der Europa Leauge fix machen und werden so zumindest in einem Pokalwettbewerb überwintern. Am heutigen Abend heißt der Gegner Hannover 96. Nach zuletzt starken Gegnern, wo man im Vorfeld auch mit einem Punkt zufrieden gewesen wäre, gilt heute die Devise: “Drei Punkte sind Pflicht!” Damit dies gelingt sind natürlich auch wieder alle Schalker auf den Rängen gefordert, ihr Maul aufzubekommen. Um die Mannschaft direkt beim Betreten der Arena zu pushen, wird es heute eine große Choreographie in der Nordkurve geben. Damit diese gelingt ist es von immenser Bedeutung, dass ihr die Anweisungen auf dem Choreo Flyer genaustens befolgt. Nur wenn jeder Einzelne mitzieht, kann die Choreo ein ausdrucksvolles Gesamtbild ergeben. Lest euch den Flyer, den ihr beim Betreten der Nordkurve bekommen habt, deshalb gründlich durch. Ganz wichtig ist an dieser Stelle nochmals zu erwähnen, dass die Choreo möglichst lange oben gehalten wird! Geschlossen und laut zum Sieg! Ausruhen könnt ihr euch Samstag und Sonntag. Dass Fußball doch nicht immer das Wichtigste ist, mussten wir in letzter Zeit am eigenen Leib erfahren. Wie jeder mitbekommen haben sollte, war ein aktives Mitglied der Schalker Fanszene spurlos verschwunden. Nach einigen Wochen des Hoffens und Bangens kam vor ein paar Tagen die erlösende Nachricht: Jens ist wieder aufgetaucht und befindet sich derzeit in ärztlicher Behandlung. Vielen Dank an alle Schalker, die die Vermisstenanzeige verbreitet haben und bei der Suche beteiligt waren! 2 Wir wünschen Jens eine baldige Genesung und dass er so schnell wie möglich wieder zusammen mit uns die Spiele des FC Schalke 04 besuchen kann! Auch Willi Koslowski möchten wir an dieser Stelle gute Besserung wünschen. “Der Schwatte” stürzte letzte Woche unglücklich und musste ins Krankenhaus eingeliefert werden. Hoffentlich konnte er mittlerweile das Krankenhaus wieder verlassen und befindet sich auf dem Weg der Besserung. Am 12. Dezember 2015 ist es wieder so weit – dann werden wir gemeinsam mit dem Schalker Fanprojekt auf dem Gelsenkirchener Weihnachtsmarkt unter dem geläufigen Motto “ULTRAS für GE” vertreten sein. Neben der populären Tombola, bei der erneut Artikel aus den Fanlagern Schalke, Skopje, Enschede und Nürnberg verlost werden, wird es wie immer frische Leckereien passend zur Jahreszeit geben. Kommt ab 9:00 Uhr morgens mit der Familie an unserem Stand vorbei und leistet eure persönliche Unterstützung für unsere Stadt, wir spielen erst am darauffolgenden Tag in Augsburg. Über die anschließenden Spenden an uns nahestehende Einrichtungen werden wir natürlich in Kürze über die bekannten Kanäle berichten. Ihr haltet zum wiederholten Male eine prallgefüllte Ausgabe des Blauen Briefs in den Händen. Neben den obligatorischen Spielrückblicken gibt es in dieser Ausgabe auch einen etwas anderen Spielbericht. Ein junger Schalker aus Nordirland hat sich vor einigen Wochen unserem “Vorwärts Nordkurve” Projekt angeschlossen und es sich nicht nehmen lassen, seinen Tag rund um das München-Spiel aus seiner Sicht zu schildern. Auf den nächsten Seiten informieren wir euch über die aktuelle Lage in Nürnberg, Enschede und Skopje. Als nächstes findet ihr eine Rückmeldung auf das Thema “Copy kills Ultra” aus der letzten Ausgabe. Desweiteren erwarten euch der letzte Teil unseres umfangreichen Vorsänger Interviews und eine kritische Auseinandersetzung mit der aktuellen Sicherheitspolitik in der “aUsGEholt” Rubrik. In der “Italien” Rubrik blicken wir auf Geschehnisse im Mutterland der Ultras, stellen das Fanzine “Supertifo” vor und berichten von dem Spiel “AC Pisa 1909 - Robur Siena”. Den würdigen Abschluss bildet wie immer die “Gemischte Tüte”. Viel Spaß beim Lesen! FC Schalke 04 e.V. - FC Bayern München AG 1:3 (1:1) Zum ersten Spiel nach dem bundesligafreien Wochenende machte ich mich früh morgens per Auto auf den Weg durch das teilweise schon schneebedeckte Deutschland. Der Spieltag stand in der medialen Berichterstattung und großen Teilen der Öffentlichkeit ganz unter den Eindrücken der Länderspielpause. Wie stark man von den Geschehnissen in Paris und Hannover betroffen oder gar verängstigt ist, dürfte stark unterschiedlich sein. Von Fans, die deswegen zu Hause bleiben, war zumindest in der Arena nichts zu sehen. Eine tiefergehende Betrachtung dieser Thematik findet ihr im aUsGEholt-Text der heutigen Ausgabe. Kommen wir zur Partie des Tages. Der Club 75 war, auch dank zahlreicher Unterstützung aus Nürnberg und Enschede, brechend voll. Auf dem Weg zum Stadion verbreitete sich dann kurz vor der Ankunft die Info, dass München in relativ großer Anzahl ohne Polizeibegleitung vor die Nordkurve gelangt war. Vor dem Stadion kam es erst zu einzelnen Auseinandersetzungen mit bereits anwesenden normalen Schalkern. Danach gab es einen Schlagabtausch mit dem I-Block von der einen Seite und unserem gerade ankommenden Haufen von der anderen Seite. Als Konsequenz daraus gab es bei den Bayern entkleidete Oberkörper, qualmende Schuhsohlen und blaue Augen. Die knapp 200 Münchner und Bochumer wurden anschließend eingekesselt, mussten ihre Personalien abgeben und erhielten einen Platzverweis für Gelsenkirchen. Sie verpassten damit auch das Spiel, weswegen keine Fahnen der aktiven Gruppen hingen und es auch keine koordinierte Unterstützung gab. Dementsprechend 3 schlecht war auch die Stimmung im Gästeblock, der trotz des Sieges nur vereinzelt und kurz nach den Toren zu hören war. Nichtsdestotrotz muss man den Münchenern eingestehen, dass es noch nicht viele Szenen geschafft haben, in so großer Zahl vor der Nordkurve aufzutauchen. In Folge des Polizeieinsatzes mussten wir auf den Eingang hinter der Gegengerade ausweichen, weswegen sich die Ankunft im Stadion etwas verspätete. Allgemein bildeten sich aufgrund der verschärften Sicherheitskontrollen recht lange Schlangen vor den Eingängen. Im Oberrang der Nordkurve hing wie immer anlässlich des Todestages von Charly Neumann am 11. November die „Charly unvergessen“ -Fahne. Zum Anpfiff kommentierte das Spruchband „Tönnies nimm endlich deinen Hut…dann wird auf Schalke alles wieder gut!“ prägnant die Personalie unseres Aufsichtsratsvorsitzenden. Nachdem er erfreulicherweise in der Öffentlichkeit etwas in den Hintergrund getreten war, trumpfte er in der Diskussion nach den Vorfällen in Paris in altbewährter Manier mit einem populistischen und unsinnigen Wunsch nach Nacktscannern in der Bundesliga auf. Weitere Spruchbänder gab es während des Spiels in Richtung der Fußballverbände und den Herren Rummenigge, Beckenbauer und Winterkorn im Rahmen der allseits bekannten Korruptionsaffären. Zudem wurde vor Spielbeginn ein neues Lied ausprobiert, welches einen ganz guten ersten Eindruck hinterließ. Solltet ihr das Lied noch nicht kennen, findet ihr den Liedtext am Ende dieser Ausgabe. Im Gegensatz zu der anfangs sehr stark aufgelegten Nordkurve startete die Schalker Mannschaft dann zu verhalten in das Spiel, was die Bayern leider schon in der 9. Minute mit einem Gegentreffer bestraften. Stellten sich viele Fans wohl schon auf ein typisches Spiel gegen den Tabellenführer ein, glich Max Meyer ein paar Minuten später überraschenderweise aus. Der Jubel über das Tor, das durchaus haltbar aussah, war entsprechend brachial. Dank des Torhüters der Bayern und seiner provokanten Gesten in Richtung Nordkurve zu Beginn des Spiels kam zu der Freude über das Tor auch Spott über seinen Fehler dazu. „Neuer ist nervös“ schallte es durch das Rund. Auch die Stimmung in der Arena nahm danach wieder an Fahrt auf. Bis zur Halbzeit hielt die blauweiße Mannschaft gut mit und ich ging mit dem Gefühl in die Pause, dass einiges drin war. Leider sollte sich diese Hoffnung nicht bewahrheiten. In der Mitte der zweiten Hälfte ging Bayern in Führung und dominierte danach auch das Spiel. Die Unterstützung der Nordkurve war bis zu diesem Zeitpunkt schon merklich schlechter geworden. Nach der Führung und dem endgültigen Siegtreffer später war die Luft dann komplett raus. Am Ende verabschiedeten wir, in einem leider schon sehr leeren Stadion, die junge Mannschaft, die ihr Bestes gegeben hatte und leider abermals nicht dafür belohnt wurde. Der Rückweg und der weitere Abend gestalteten sich relativ ereignislos. Zurück blieb man mit dem Gedanken, dass an diesem Tag vielleicht doch mehr drin gewesen wäre. 4 Spezial: Rückblick aus der Sicht eines Schalkers aus Nordirland Wie bereits in der Einleitung erwähnt, hat sich vor Kurzem unser erstes Mitglied aus Nordirland dem “Vorwärts Nordkurve” Projekt angeschlossen. Über 1.000 Kilometer legt der junge Schalker für die Besuche unserer Heimspiele zurück. Grund genug, ihm hier eine Plattform zu bieten, um uns seine Eindrücke vom Heimspiel gegen Bayern München zu schildern. Da wir den Text möglichst authentisch belassen wollten, haben wir uns dazu entschlossen, ihn im Original abzudrucken. 5 Hi, I’m 19 years old and I come from Northern Ireland. In July 2008 I watched the friendly game between Schalke and Glasgow Rangers and I was instantly really impressed with the Schalke team and how they played football, also the Arena AufSchalke looked like such a great stadium. I decided I wanted to know more about Schalke so I started learning about the wonderful history of the club, when the 08/09 bundesliga season I began watching all of the Schalke games on the TV or internet. Finally two seasons ago I was old enough to get a bank card and a part time job, as soon as I could afford it I booked my first trip to watch Schalke in the arena. The game I decided to go to was Schalke against Hertha, this was a very special experience for me finally getting to stand in the Nordkurve and sing all the chants to make my support for the club vocal. Last season I could only afford to go to four Schalke games as I was studying at college and not getting much money. This season so far I’ve been to five Schalke games and I decided to join the Vorwärts Nordkurve project in October after reading about it on the Ultras Gelsenkirchen website I really agreed with the values of the project My journey started at 01:30 on the Saturday morning when I got the bus from my town in Northern Ireland to Dublin airport, I arrived there at 05:00, I then had a two hour wait until my flight which ended up being delayed until 07:30. I arrived at Düsseldorf airport at 10:00 and an hour later I got the train to Gelsenkirchen. When I arrived in Gelsenkirchen I got some food and then went to the hotel. A few hours before kick off I went to the club where I met up with some friends and it was really nice to see so many people there having a good time. Then it was time for us to go to the arena, unfortunately it took us a bit longer to get into the arena because the police blocked our route. I was standing in N4 and was really looking forward to the game thinking we could get a good result. When we conceded early I thought it was going to be another big defeat but the team came back and when we scored there was euphoria in the arena, in the end I think Bayern just got a bit lucky. After the game I went back to the club where I got some food and met some great people who showed me around the club and told me about the history of the Ultras Gelsenkirchen, this really showed me how much great work the group does for our fan scene and Gelsenkirchen. The next morning was the worst part of the trip which was waking up at 07:00 to start the 1300km journey back home. Rückblick FC Schalke 04 e.V. - APOEL Nicosia 1:0 (0:0) Europapokalspiele Donnerstags um 19 Uhr sind Fluch und Segen zugleich. Segen insoweit, dass man frühzeitig wieder zu Hause ist, was im Umkehrschluss aber auch bedeutet, dass man sich nach Feierabend spurten muss, um pünktlich in der Arena zu sein. Ich habe das große Glück, dass mein Büro gleichzeitig mein zu Hause ist, sodass ich ganz entspannt nach erledigter Arbeit aufbrechen konnte, um gegen 17 Uhr am Club einzutreffen. Noch schnell für die nächste Busfahrt angemeldet und die ersten Experten begrüßt ging es auch schon zum Stadion. An der Nordkurve angekommen fielen zunächst die Bullenwannen auf. Nachdem die Münchener fünf Tage zuvor unerkannt bis vor die Nordkurve kamen, verfiel die Staatsmacht mal wieder in blinden Aktionismus. Einen Angriff der heutigen Gästefans war zumindest auszuschließen. Wie in den letzten Euro League Spielen, war die Arena 20 Minuten vor Anpfiff noch erschreckend leer. Bis 19 Uhr waren es dann schließlich doch 43.000 Zuschauer. Der blau-weiße Anhang startete mit einem ordentlichem “Vorwärts Schalke” in den internationalen Abend. Unsere Elf auf dem Rasen legte ebenso ordentlich los und erspielte sich Chance um Chance. Die erste Halbzeit kann man sicherlich sowohl auf dem Rasen wie auf den Rängen als solide bezeichnen. Vorallem die ersten 30. Minuten waren für die Umstände entsprechend gut. Hüpf- und Klatscheinlagen bei “FC Schalke 1904” beziehungsweise “Gelsenkirchen Schalke” ergaben ein ansprechendes Bild und eine annehmbare Lautstärke. 6 Was fehlte war ein Tor für die Königsblauen. So sollte es mit 12:2 Ecken für uns, aber leider torlos in die Halbzeit gehen. Hälfte zwei erwies sich leider als wesentlich schlechter. Auf dem Rasen gelang es unserer Mannschaft weiterhin nicht, den Ball im Gästetor unterzubringen und es entstand gar die ein oder andere Großchance für Nicosia. Die Nordkurve verfiel zunächst, wie schon beinah üblich nach der Halbzeit, in Lethargie und jeder sang mehr oder weniger vor sich her. Besser wurde es erst wieder als der mittlerweile schon bekannte Wechselgesang mit dem restlichen Stadion erklang. Hierbei war eine Steigerung bei jedem Durchgang erkennbar. Schön, dass sich diese spontan entstandene Variante fest verankert. Als sich die meisten bereits mit einem ernüchternden 0:0 abgefunden hatten, fiel das erlösende 1:0 durch Eric Maxim Choupo-Moting. Dennis Aogo hätte einige Minuten später gar noch auf 2:0 erhöhen müssen. Den Handelfmeter vergab er allerdings kläglich. Trotz vier Minuten Nachspielzeit passierte danach aber nichts mehr und die Knappen konnten das Ticket für die K.O. Runde lösen. Zu den Gästen gibt es nicht viel zu berichten. Der Gästeblock war zu weniger als 50 Prozent gefüllt. Ab und an versuchten die Fans wohl sich Gehör zu verschaffen, in der Nordkurve ist aber nichts angekommen. 7 SV Bayer 04 Leverkusen GmbH - FC Schalke 04 e.V. 1:1 (0:0) Spiele in Leverkusen gehören für mich aufgrund der sportlichen Brisanz zu den besseren Auswärtsspielen. Auch dieses Mal wäre ein Sieg extrem wichtig gewesen. Wegen Problemen bei der Deutschen Bahn ging es statt mit einer Regelverbindung mit dem Sonderzug nach Leverkusen. Hatte der Verein noch Tage vorher auf extra gründliche Einlasskontrollen hingewiesen, waren diese gleich nervig wie immer. Dass man bei Spielen in Leverkusen eine der gründlichsten und übertriebensten Einlasskontrollen der Liga über sich ergehen lassen muss, dürfte hier jeder Leser bereits leidvoll am eigenen Körper erfahren haben. Passend dazu ist sicher die Tatsache, dass der Sportdirektor Rudi Völler direkt nach den Anschlägen in Paris personalisierte Eintrittskarten wie in Italien gefordert hat. Die Absurdität dieses Vorschlages muss ich wohl nicht weiter erläutern. Nachdem man dann schließlich den Block betrat, testeten wir noch zwei neue Lieder. War die Mitmachquote beim ersten Lied noch nicht wirklich zufriedenstellend, kam die abgeänderte Version von „Wir geh’n mit dir auf jede Reise…“ dagegen gut an. Auch in Zukunft werden wir stetig versuchen, unser Liedgut zu erweitern. Dabei ist es die Aufgabe der ganzen Kurve, sich beim Testen von neuen Liedern reinzuhängen und Neuem gegenüber aufgeschlossen zu sein. Den Text des zuerst getesteten Liedes findet ihr am Ende des Blauen Briefes. Was noch erwähnt werden muss, ist die Blockaufteilung der Nordkurve. So haben sich in Leverkusen zu viele Personen in den unteren Teil der Kurve gequetscht, anstatt sich richtig und vernünftig im ganzen Block zu verteilen. Vorallem Schalker, die erst kurz vor Anpfiff den Block betreten, sollten sich lieber einen Platz an freien Stellen im oberen Teil des Blockes suchen, anstatt sich nach unten zu drängeln. In Zukunft sollte man darauf vermehrt achten, da ein viel zu voller unterer Teil des Blockes nicht hilfreich für eine gute Stimmung ist. Wir zeigten noch ein Spruchband für unseren Bruder Henner, der Anfang der Woche wieder aufgetaucht ist. Die genauen Umstände wurden bereits in der Einleitung erläutert. Schön, dass du wieder da bist, Opa! Zum Anpfiff präsentierten wir noch einige Utensilien der Leverkusener Fanszene. Um es vorweg zu nehmen: Es war das einzige, was mir von der Heimszene noch in Erinnerung bleibt. Der Auftritt war einfach nur schlecht. 8 Zurück zur Nordkurve Gelsenkirchen: Im Gästeblock war die Stimmung in der ersten Halbzeit in Ordnung, auch wenn es nicht viele Ausreißer nach oben gab. Einer der Lichtblicke war sicher der mittlerweile allseits bekannte Wechselgesang mit den anderen Tribünen. Da in Leverkusen traditionell viele Schalker im Heimbereich Platz nehmen, führten wir diesen auch mit der Leverkusener Gegengerade durch. Beim ekstatischen Torjubel zum 1:0 merkte man förmlich, wie wichtig dieses Tor und dieses Spiel für Schalke war. Leider waren die letzten 20 Minuten unserer Kurve unwürdig. Dabei spielten sicherlich auch das spannende Spiel und das Anrennen der Leverkusener Mannschaft auf unser Tor eine Rolle. Trotz allem muss gerade in so einer Situation von der Nordkurve mehr kommen. Verteilte Fahnen und Doppelhalter wurden dauerhaft eingesetzt und somit hinterließen wir zumindest optisch über das gesamte Spiel einen guten Eindruck. Leider kassierte unsere Elf kurz vor Schluss noch den Ausgleich und somit ging es mit einem Punkt und ohne weitere Vorkommnisse in die Stadt der 1.000 Feuer. Unter Freunden Ultras Nürnberg Aktuelle Lage: Es läuft rund am Valznerweiher. Erst ein Heimsieg gegen Braunschweig durch einen späten Treffer von Burgstaller und letzte Woche gab es sogar einen 4:0 Erfolg beim Gastspiel auf dem Kiez. Dadurch steht der 1. FC Nürnberg derzeit nur zwei Zähler hinter St. Pauli und dem Relegationsplatz. Hoffen wir, dass die Erfolgsserie beim Heimspiel gegen Paderborn heute ausgebaut werden konnte. Des Weiteren hat sich die „Max-Morlock-Stadion Jetzt!“ Kampagne zurück gemeldet. Zum Ende des Jahrs läuft nämlich der Vertrag mit Grundig aus und sogar ein CSU-Politiker hat den Begriff des Max-Morlock-Stadions ins Gespräch gebracht. Zwar nur als gesponserte Variante, jedoch dürfte es für den FCN sehr schwierig werden, nochmal vom Namen abzuweichen, wenn der Name Max-Morlock erst einmal darin vorkommt. Deshalb könnte eine solche Option durchaus als Etappensieg gewertet werden, wenn es denn dazu kommt. 9 Vak-P Enschede Aktuelle Lage: Die katastrophale Niederlagenserie hält weiter an. Nach einer satten 5:0 Klatsche bei Feyenoord Rotterdam gab es im Heimspiel letzte Woche ebenfalls eine Niederlage. Twente verlor gegen den direkten Abstiegskonkurrenten 3:1 und befindet sich weiterhin auf dem drittletzten Platz mit nur neun Punkten aus 14 Spielen. Zu allem Überfluss tauchte im Vorfeld der Partie letzte Woche auch noch ein Dokument im Internet auf, welches die Verantwortlichen vom FC Twente in arge Bedrängnis bringen dürfte. So soll eine niederländische Investmentgesellschaft illegalerweise in Entscheidungen des Vereins miteinbezogen gewesen sein. Dem niederländischen Fußballverband KNVB wurden auf dessen Nachfrage bereits vor einiger Zeit nur ein unvollständiger Vertrag zwischen Twente und der Investmentgesellschaft übermittelt. Dies wird die Vereinsverantwortlichen nun in Erklärungsnot bringen. Es scheint nämlich so, dass der übermittelte Vertrag unvollständig war und der im Internet erschienene der originale Vertrag ist. Falls sich das Dokument als echt herausstellen sollte, wäre als Strafe sogar ein Lizenzentzug möglich. FC Twente – Willem II 1:3 (1:3) Da unsere Elf erst am Sonntag bei den Pillendrehern in Leverkusen antreten sollte, galt es für mich, unsere Freunde aus Enschede im Kampf gegen den Abstieg bei dem wichtigen Duell gegen Willem II zu unterstützen. Welch Brisanz dieses Spiel zu bieten hat, verriet im Vorfeld ein Blick auf die Tabelle. Tilburg und Twente sind direkte Tabellennachbarn und so wäre ein Sieg natürlich goldwert. Nachmittags noch Kaffee und Kuchen bei den Eltern genossen, ging es dann am frühen Abend Richtung Enschede. Das Supportershome hatte bereits geöffnet und war ordentlich gefüllt. Dazu sei gesagt, dass das Home an diesem Tag für Jedermann zugänglich war, um gemeinsam Stärke zu beweisen, dass dieser Club nicht untergehen wird. Die Stimmung war sehr ausgelassen und so gab es schon vor Anpfiff den ein oder anderen Pogo inklusive Bierdusche und alle hofften auf ein gutes Spiel und natürlich drei Punkte. Zuvor sollte allerdings die Choreo zum 50-jährigen Bestehen des FC Twente im Fokus stehen. Diese umfasste das ganze Stadion. Über alle Tribünen gab es Fahnen, Pappen und kleinere Blockfahnen zu sehen. Leider war das Stadion nicht sehr gut besucht und so konnte kein geschlossenen Bild im Stadion erzeugt werden. Das Bild in der Kurve hingegen war sehr nett anzusehen. 10 Sportlich gibt es leider nichts erfreuliches zu berichten. So ging auch dieses Spiel mit 1:3 vollkommen verdient verloren und die sportliche Krise spitzt sich weiter zu. Zwei verletzte Spieler des Vereins standen bei den Jungs von Ultras VAK P im Block und beteuerten immer wieder, dass sie es einfach aktuell nicht besser können. Naja. Nach dem Spiel quatschten wir noch ein bisschen mit den sichtbar enttäuschten Jungs, bevor wir uns doch recht zeitig auf den Weg nach Gelsenkirchen machten. Komiti Skopje Aktuelle Lage: Außer der sportlichen Situation gibt es aus Mazedoniens Hauptstadt nichts außergewöhnliches zu berichten. So verlor Vardar in der Liga überraschend bei Turnovo, konnte letzte Woche jedoch 2:0 gegen Renova gewinnen. Da Shkendija patzte führt Vardar nun mit vier Punkten Vorsprung die Tabelle an. Im Pokal gab es im Hinspiel in Tetovo leider eine sehr bittere 3:0 Niederlage gegen Shkendija. Im Rückspiel vor zwei Tagen musste deshalb schon eine kleine Sensation her. In der Handball Champions League ist Vardar durch eine weitere Niederlage in Polen bei Tauron Kielce auf den fünften Tabellenplatz abgerutscht. Beim morgigen Spiel gegen Kopenhagen gilt es deshalb endlich wieder zu punkten, um das Weiterkommen in die KO-Runde nicht zu gefährden. Interview Vorsänger Teil VI Mit diesem Teil endet das Vorsänger Interview. Wir möchten uns bei allen beteiligten Personen und Gruppen für dieses ausführliche Interview und die Unterstützung bei der Ausarbeitung dessen bedanken! Teil V endete mit einer Aussage von Eboln, dass die Szene aufpassen muss, wohin der Weg der Ultras führt. An dieser Stelle steigen wir mit der Antwort von Kanne wieder ein. Was du ja jetzt ansprichst, damit ist ja schon die ein oder andere Szene auf die Nase gefallen. Da gibt es zum Beispiel eure Freunde aus Frankfurt. Die waren stimmungsmäßig mal das non plus ultra in Deutschland und jeder hat auf sie 11 geblickt und gedacht: “Wahnsinn! Egal wo sie gespielt haben, es war immer ein hammer Support. Aber dann gab es irgendwann den Punkt, da machte es den Anschein, als ob UF als Gruppe den Fokus anders gelegt hat und man sich nur noch auf die Riot Schiene konzentriert hat. Im Stadion hat man dermaßen abgebaut, dass man regelrecht enttäuscht war. Da gab es Spiele in Frankfurt, da hat sich jeder von uns gefragt: “Was ist mit den Jungs passiert?” Stimmungstechnisch ging nicht mehr viel. Das hat sich zwar wieder ein bisschen geändert, aber so war zumindest der Eindruck. Sehe ich ein bisschen anders. Wenn ich in Frankfurt bin, bin ich selten enttäuscht. Und sie haben auch, glaube ich, immer noch das Potential, jeden in Deutschland und vielleicht in Europa an die Wand zu singen. Das haben sie gerade europapokalmäßig auch gezeigt. Aber ja, natürlich ist die Gefahr immer da und das gibt es auch bei so einer kleinen Gruppe wie der unsrigen, dass halt irgendwie zehn Leute gerade mehr mit pumpen beschäftigt sind, als sich Gedanken um die nächste Choreo zu machen. Das ist überall so und das ist wirklich eine Gefahr, mit der man dann auch sehr offen umgehen muss und auch versuchen muss, die Leute wieder ins Boot zu holen. Damit das keine Eigendynamik bekommt. Und es dann, wie bei euch, auch wenn es vielleicht andere Hintergründe hatte, eine Abspaltungen gibt. Ich meine gerade für eine kleine Kurve wäre das tödlich. EBOLN: Aber das ist selbst bei einer Kurve wie unserer nicht spurlos an uns vorbeigegangen. Da zerbrechen Freundschaften und dann hast du dann auf einmal die Nummer, dass der eine sagt: „Ey, das ist mein bester Kumpel“ oder „Das war Jahrelang mein Ding, der ist jetzt da und was mach jetzt ich? Was sagst du, wenn ich mit rüber gehe?“ Und die ganze Scheiße halt. Das hat halt vielen von uns schlaflose Nächte bereitet und ich bin heilfroh, dass wir die ganze Nummer relativ gut überlebt haben. Also es war jetzt nie so, dass wir das jetzt alles in Frage gestellt haben. Aber es waren schon keine lustigen Momente, sag ich mal. Und ich mein 12 das habt ihr ja auch erlebt. Und das ist glaube ich auch schon ein Problem, was sich in den nächsten Jahren häufen wird. Ich glaube halt diese ganzen Feinde, Polizeistaat und auch die ganze Nummer ist alles existent und passiert auch. Aber wir machen es uns auch als Ultragruppen selbst nicht einfach. Diesen Leistungsdruck zu halten, wo in den letzten Jahren einfach dieser Faktor Straße halt immens dazu gekommen ist. Wo ich auch sage, da bescheißen wir uns ja auch medial mal seit Jahren halt komplett. Wo wir immer schreiben, dass es nicht mehr geworden ist. Das ist halt kompletter Blödsinn. Es ist ja so, dass es mehr geworden ist. Wenn ich jetzt nur Nürnberg sehe, was da abgeht, was du da für einen Haufen stehen hast. Ich sag nicht, dass ich das scheiße finde aber ich habe es auch schon mal besser gefunden. Also ich fand es auch schon mal geiler, und wenn du halt siehst wo der Weg hinführt am Ende. Wenn ich denk, wie viele wir jetzt schon draußen stehen haben und jetzt kommen dann noch welche durch den Vorfall in Wien dazu. Das ist alles nicht so lustig. Gut, wir können das in der Kurve kompensieren von der Masse, weil da rücken dann halt Jüngere nach. Also von außen sieht man es ja nicht. Ich mein gut, dann hast du da so ein paar Professoren wie dich (Menne), die sitzen halt da und schauen sich Bilder an und sagen: „Ja, in Nürnberg waren aber auch mal paar bessere Leute gestanden“. Aber das sehen halt nur solche Leute, aber die Leute im Stadion, die merken das ja nicht. Ich werde auf jeden Fall jetzt die nächsten Wochen eine Feinanalyse machen und dann einen Artikel im Erlebnis Fußball schreiben dafür. Da kannst du Gift darauf nehmen! Nein, aber natürlich ist die Gefahr mit den Freundschaften da. Das wollte ich nochmal aufnehmen. Wir hatten diese Situation ja wirklich schon. Das war, als wir uns entschieden haben von Sachsen weg zu gehen und unser eigenes Ding BSG Chemie zu machen. Es war so, dass die Leute des sogenannten Direttivo das ein halbes Jahr vorher schon wussten und da geheim daran mitgearbeitet haben. Was aber niemand erfahren durfte, weil es nicht klar war, wie das Ganze genau funktionieren soll. Kennt ihr ja sicherlich auch, dass es solche internen Projekte gibt. Und dann haben wir von einem Tag auf den anderen den jüngeren Leute oder auch der nachfolgenden Generation beziehungsweise der Gruppe gesagt: „Hier, so und so sieht es aus ab Sommer. Wir wollen, dass alle mitgehen, es gibt eigentlich auch keine andere Variante.“ Aber es war eine seltsame Situation: Wir hatten das allerletzte Spiel dann. Für den Verein ging es auch noch um den Klassenerhalt, was als Aufstieg verkauft wurde wegen einer Ligareform. Aber eigentlich war es nur ein Klassenerhalt und unsere Jungschen haben halt gejubelt bei den Toren und wir standen da und haben uns gedacht: “Ja ist mal Abpfiff jetzt.” Und das war schon eine krasse Zerreißprobe, wo es auch hätte sein können, dass wirklich Freundschaften zerbrechen, wie du es halt vorhin gesagt hast. Und da bin ich wirklich sehr glücklich und froh drüber, dass wir tatsächlich bei damals so 40–45 Mitgliedern plus Jugend nur eine Person verloren haben, die das damals nicht mitgehen wollte und die auch, bei allem Respekt, jetzt nicht mal ein Zahnrad war oder so. Solche Sachen sind, und genauso ist es eben halt auch mit der Gewalt, wirklich eine ganz große Gefahr, auch für die ganze so genannte Szene. EBOLN: Ja dieses Gewaltding. Ich will da ja auch gar nicht großartig drüber reden, ich war ja auch nicht unbeteiligt. Aber ich hab halt schon so das Gefühlt, dass das Ganze halt einfach an die Wand fährt. Das ist halt so. Weil ja auch der Staatsapparat die Schraube immer noch mal enger gedreht. EBOLN: Du verlierst das immer. Das hab ich ja auch immer gesagt. Aber auf der anderen Seite reden wir seit zehn Jahren davon, dass das Ende der Szene gekommen ist. Wir reden eigentlich seit vor der WM 2006, dass die Repression immer krasser wird und, ok jetzt gibt ist das Hooligan Elbflorenz-Urteil, was definitiv noch für einige Gruppen Konsequenzen haben wird. Da brauchen wir nicht drum herum zu reden. Also gerade wir in Sachsen sind da sehr schwer von betroffen. Aber Sachsen ist ja eh nochmal eine eigene Geschichte für sich. Obwohl, Bayern ist jetzt wahrscheinlich auch nicht besser. Aber ja im Endeffekt reden wir schon lange darüber und trotzdem geht es eigentlich immer wieder weiter. EBOLN: Es geht nicht nur weiter, es wird immer besser. Ich bin da voll bei dir, weil ich glaube auch nicht, dass uns der Staat zerstört. Weil wir auch zu wichtig und zu groß geworden sind und die Vereine wissen das auch. Das siehst du ja jetzt an Hannover zum Beispiel ganz klar. Das ist schon ein Faktum, was da ist. Und Deutschland ist einfach zu bürokratisch, um das auch dann am Ende komplett zu zerschlagen. Wie du schon sagtest, wir dachten nach der WM ist alles vorbei. Aber wenn du siehst, was seit 2006 passiert ist. Das hat sich ja verdoppelt beziehungsweise multipliziert an Szenen. Ich hab damals, das müsste ungefähr die Zeit gewesen sein, ein Interview für eure Freunde aus Dortmund gegeben, da habe ich Stadionverbot gehabt. Da haben die mich damals gefragt, was das wichtigste ist für eine Ultrasgruppe ist. Und ich hab damals gesagt, das wichtigste ist für eine Ultrasgruppe, dass wir gesellschaftlich in allen Bereichen bekannt sind und da Einfluss haben. Ob es jetzt positiv oder negativ ist, ist vollkommen wurscht. Vor zehn Jahren hat niemand was mit Ultras anfangen können. Wenn du jemand gefragt hast: „Was sind Ultras?“, wusste keiner was es ist. Heute weiß jede Großmutter, was es ist, weil es halt überall steht. Und das ist ein Funken der uns, ob es positiv oder negativ ist, immer zuspielt. Die Bullen werden immer Leute von uns einsperren. Und es wird auch passieren, dass die mal auf kleinere Szenen, wie eure, draufgehen, das wird passieren. Aber ich glaube nicht, dass solche größeren Szenen, ich sag mal wie bei uns, dass die halt zerstört werden. Ich glaube halt wirklich, dass das Problem innerhalb der Gruppen liegt. Weil ich zum Beispiel, als ich damals 2000 UN mitgegründet 13 habe, nicht unbedingt im Sinn hatte, dass ich jetzt am Ende irgendwie im Jahr 2015 halt eine Horde 16/17 -Jähriger hab, die nichts anders wollen, als mit Holzlatten Bullen anzugreifen. Da habe ich kein Bock drauf, weil das ist halt so eine Nummer. Ich bin jetzt kein Oberlehrer, um Gottes Willen. Aber ich hab kein Bock, dass aus dem, was ich da gemacht habe, irgendwann mal einer liegen bleibt. Und das ist halt, was ich meine. Ich rede nicht davon, dass die Bullen uns einsperren. Aber mir geht es halt darum, dass ich diese Gewaltnummer nicht dahin bringen will, wo ich halt irgendwie so Tendenzen seh, die halt passieren. Weil ich halt sag, diese 15/16-Jährigen definieren sich ja. Also wenn du jetzt halt 16 Jahre alt bist und du kommst in so eine Gruppe, dann musst du viele Choreos malen, um den Stellenwert zu kriegen, als wenn du beim Derby hingehst und dem ersten Schickeristen eine auf die Fresse haust. Nachdem du den Schickeristen auf die Fresse haust, kennt dich bei uns jeder. Und dann bist du gleich wer. Da musst du viele Choreos malen, um das anders zu schaffen. Und da muss ich sagen, dass finde ich nicht cool. Und das ist auch so ein Ding, wo ich nicht mit einverstanden bin. Da hast du auf jeden Fall Recht. Wobei ich da auch wieder so eine Anekdote zu habe: Da sind wir nach Jena gefahren und hatten keine Zugtickets und da kommen die Bullen rein und sagen, ihr müsst euch jetzt Tickets kaufen. Und da werden die halt von 14-Jährigen ausgelacht. Da sage ich mir: “Wir haben es geschafft.” Das ist halt auch was, was ich den Leuten trotzdem rüberbringen will. Sich zu sagen, dass man einem Bullen, obwohl er eine Uniform hat und vom Gesetz her stärker ist und auch physisch, ich dem erstmal irgendwie den Wind aus dem Segel nehmen kann. Was diese gesellschaftliche Anerkennung angeht, du hast da Recht, dass dies wahrscheinlich dafür sorgen wird, dass es Ultras noch lange geben wird. Zumindest eine Vorstufe zu Ultras, ob es jetzt meine ist, ist eine andere Geschichte. Aber ich war erschrocken, als mir zum ersten mal jemand geschickt hat, dass im Kreuzworträtsel stand: „Extreme Fans 14 Ultras“. Also ich hab nicht so Bock auf Bürgerlichkeit. Ich hab das damals auch in diesem ZDF Interview auch gesagt. Dass es halt für Ultra auch immer bedeutend ist, sich von diesem bürgerlichen Scheiß abzuheben und da gehört halt Gewalt bis zu einem gewissen Punkt dazu. Auch ohne, dass ich will, dass da jemand liegen bleibt und, dass es noch nicht passiert ist, ist eigentlich ein Wunder. Weil es kann halt immer passieren, ein Schlag reicht und du fällst blöd und dann ist es halt vorbei. War ja jetzt auch irgendwie dieser Fall in Bielefeld glaub ich. Von diesem Bremer Typen, der irgendwie ein Jahr im Koma lag, oder ein halbes Jahr im Koma lag. Das ist natürlich von niemandem das Ziel. Und es ist scheiße! Wo wir auch immer versuchen dann auch den Jugendlichen mitzugeben, was irgendwie auch die Werte unserer Gruppe sind. Dass wir kein Bock auf Waffen haben, dass wir kein Bock auf Hausbesuche haben und in der Regel auch niemand noch einen drüber gewischt kriegen soll, wenn er bereits am Boden liegt. Aber natürlich gibt es da auch so Mechanismen, die dann greifen in so einer Situation mit Adrenalin und sowas. Aber nichtsdestotrotz würde ich wirklich sagen, ich scheiß halt auf Bürgerlichkeit. Denn ich scheiß halt auch auf Anerkennung. Wenn ich ein Bild bei Facebook poste und ein Mädel, dass ich frisch kennengelernt habe mir dann erst einmal ein schockierten Smiley schickt und fragt, was sind das denn für Leute und kann es sein, dass du ein Hooligan bist, dann feier ich das halt ab. Dann mache ich davon ein Screenshot und schick das meinen Freunden aus Frankfurt und wir lachen uns alle kaputt. Weil diese Ablehnung einfach dazu gehört und für mich gehört auch dazu, dass sich Leute, wenn wir über den Hauptbahnhof laufen, erschreckt umdrehen und denken, oh scheiße ich glaub ich geh jetzt besser einen anderen Weg. Das ist jetzt nicht besonders aufgeklärt, nicht besonders modern, wahrscheinlich auch ein bisschen elitär aber es gehört für mich einfach dazu. Und schließt trotzdem für mich nicht aus, dass ich nächste Woche mit 40 8-jährigen Flüchtlingskindern den ganzen Tag verbringe und mit denen Fußball spiele und Graffitis male. Das ist für mich auch so eine Ambivalenz die Ultra halt ausmacht. Ich wollte eigentlich irgendwann mal einen riesigen Text schreiben, vielleicht auch zu wissenschaftlich für Ultras an sich, mit dem Thema “Dialektik der Ultras.” Und das ist halt genau so eine Sache, die da für mich eine Rolle spielt. Dass man halt, auf der einen Seite diese sozialen fast emanzipatorischen Sachen hat und auf der anderen eben wie ein Höhlenmensch eine Tankstelle klarmacht. Zum Schluss ein paar Worte zum Thema Stimmung, um in der abschließenden Runde vielleicht nochmal darzustellen, was euch dazu bewegt hat an dem Gespräch teilzunehmen. Schließlich ist es nicht so üblich, dass sich verschiedenste Szenen aus Deutschland an einen Tisch setzen und offen über solche Themen sprechen. Stimmung ist neben Geschlossenheit, Mentalität und dem Tifo inklusive Choreos das wichtigste und markanteste, was eine Kurve ausmacht. An ihrer beständig guten Stimmung wird sie gemessen. Nur wer über Jahre einen guten Support abliefert, genießt auch den Respekt. Ich finde die Idee zu diesem Interview sehr ansprechend. Es ist interessant, sich auszutauschen und Ansichten anderer zu lesen. Vor allem über das grundlegende Element Stimmung. Darüber hinaus genießen die UGE trotz aller Rivalität bei uns Respekt. Ein weiterer Grund hier mitgemacht zu haben. EBOLN: Dennis hat mir ja gesagt, dass er das machen will und mich gefragt, ob ich kommen kann und ich hab ihm dann gesagt, dass es nicht ganz einfach ist bei mir. Vor allem halt irgendwelche festen Termine, weil ich beruflich immer diese Scheiße da hab. Aber ich hab dann auch gesagt, dass ich das schon gerne machen würde. Dann hat er mir gesagt, dass einer aus Stuttgart kommt, Chemie kommt und ich fands halt auch ganz interessant mal mit denen zu reden. Und ich fands auch merkwürdig, dass ich gefragt wurde ob ich komme, weil ich halt auch nicht mehr diese Rolle hab, in der Gruppe, die ich halt noch vor ein paar Jahren hatte. Aber der (Dennis) hat sich schon seinen Teil dabei gedacht. Und ich finds auch ganz interessant, halt mal mit jemandem anderen zu sprechen, weil ich mein so hast ja nie die Chance, dass du jetzt mal einen von einer anderen Gruppe da sitzen hast. Ich hätte jetzt auch gerne einen Stuttgarter da gehabt, wäre auch interessant gewesen halt irgendwie. Ich fands einfach ganz spannend und deswegen habe ich das halt eingeschoben und hab halt gesagt ich mach da natürlich mit. Weil ich hab eh nicht so viel Zeit in meinem Leben, mir da so Gedanken zu machen und ich kann das halt immer so ganz gut abrufen, wenn man in so einer Gesprächsrunde ist, weil ich mir in mein restlichen Zeit schon über private Sachen den Kopf mach. Da seid ihr noch anders drauf. Ihr könnt die ganze Zeit drüber nachdenken. Ist bei mir leider nicht mehr so, und ich genieß es dann eigentlich schon, dass ich mich dann auch mal wieder mal drauf besinn und das bringt mich auch in eine Welt zurück, in der ich schon leider nicht mehr so drin bin, wie ich es eigentlich sollte. Das sind eigentlich die Hauptgründe und deswegen fand ich es bis jetzt eigentlich ganz cool. Also meine beiden Hauptgründe als Ossi sind, zum einen mein grenzenloser Narzissmus und der andere ist das kostenlose Zugticket hier her. Natürlich hat Basti schon Recht. Die Möglichkeit irgendwie sowas zu haben ist halt relativ gering. Mario hat mich halt gefragt. Ich bin eh relativ offen für solche Geschichten. Zumindestens und das ist halt auch was für mich, für Szenen, die ich respektiere. So und ich respektiere sowohl Schalke, als auch Nürnberg, wahrscheinlich hätte ich auch Stuttgart respektiert. Ich hätte mich jetzt nicht mit Braunschweig an einen Tisch gesetzt zum Beispiel, die für mich halt irgendwie einen anderen Weg von Ultra oder Supportern verkörpern. Oder keine Ahnung auch Fürth, Dortmund und so weiter. Und hier ist es halt so, dass ich mich da dann doch relativ gut aufgehoben gefühlt habe und wusste: “Okay das könnte eine coole Runde sein. Und wenn es keine coole Runde ist, dann war ich zumindest mal im Westen.” Aber nichtsdestotrotz, ziehe ich da jetzt 15 16 17 ein positives Fazit raus, also auch die Tatsache, dass wir eigentlich vom normalen Thema immer wieder abgedriftet sind, zeigt ja wie viel wir zu sagen haben. Auch, wenn ich da ein sehr engstirniger Mensch bin und dann auch manchmal sage, naja die anderen Gruppen sind für mich eigentlich keine Ultras und ich da, Copyright bitte, so darwinistisch eingestellt bin, was Ultragruppen angeht. Dann genießt man es natürlich trotzdem, in so einer Runde zu sein und einfach sich auszutauschen. Und vielleicht zu reflektieren und durch die ein oder andere Aussage auch was mitzubekommen, so einen Gedankenanstoß wo man jetzt sagt: “Okay. Vielleicht gibt das nochmal neuen Input.” Das spielt auf jeden Fall auch eine große Rolle Abschließende Worte, in meiner perfekten Ultra Gruppe sind Männer und Frauen. Ich glaub die Runde hat ja gezeigt, dass man sich in vielen Themen und in vielen Bereichen sehr einig und ähnlich ist. Wie gewisse Sachen ablaufen, oder wie man sich Sachen vorstellt. Trotzdem gibt’s immer mal wieder kleinere Unterschiede zwischen den einzelnen Szenen, was dann vielleicht halt durch die Geschichte der Kurve oder des gesamten Vereins geprägt ist. Die Runde fand ich natürlich auch sehr ansprechend. Es war interessant, dass Menne hier war und entsprechend für Chemie gesprochen hat. Dass du hier warst (Basti), ich glaube mit einer der ältesten und längsten Vorsänger, die es mittlerweile in Deutschland gibt. Was ja auch in der Form glaub ich mit einzigartig in Deutschland ist. War mega stark und interessant für uns. Und wird auch für die Leser des Blauen Briefes sehr interessant sein. Wir sind im Gegensatz zu dir ja dann wie Babys auf dem Zaun. Du bist da jetzt schon der Opa. Da kann man nur den Hut vor ziehen, dass man das dann so viele Jahre durchgezogen hat, beziehungsweise auch immer noch am Ball ist. Weil es gibt ja leider Gottes auch die Geschichte, dass viele Leute an dem Punkt und an dem Alter angekommen sind, wo du auch schon bist und im Gegensatz zu dir das Handtuch geschmissen haben. Aber du machst nach deinen eigenen Möglichkeiten immer noch weiter und bleibst am Ball. 18 Generell möchte ich noch eins zur Entwicklung unserer Kurve sagen. Ich glaub, dass wir aufpassen müssen, was auch meiner Meinung nach eine allgemeine Entwicklung ist, bei Ultras in Deutschland, dass viele neue und jüngere Leute, die neu dazu kommen nicht mehr wegen dem Fußball und Schalke den Weg in die Kurve finden oder generell ins Stadion gehen und mal Ultras werden oder werden wollen, sondern wegen dem ganzen Erlebnis. Wegen dem Drumherum was geboten wird, sei es Choreos, sei es Pyrotechnik, sei es Randale, die Stimmung oder sonstige Geschichten. Darüber habe ich mich gestern auch schon mit dem Menne unterhalten. Auf jeden Fall, sehe ich das sehr kritisch und gefährlich, weil das was einen in den jeweiligen einzelnen Vereinen und Gruppen zusammengeführt hat und zudem gemacht hat, was wir sind, Ultras, ist der Verein. Was bringt es uns, wenn wir uns in der Kurve nur selbst feiern und das Spiel und der Verein einem scheiss egal sind. Dann können wir hier in Gelsenkirchen auch alle in die “Alte Hütte” gehen und einen drauf machen und brauchen nicht ins Stadion gehen. Der Verein, Schalke ist das ausschlaggebende. Und da ist im Moment, so sehe ich das zu mindestens auch in unserer Gruppe, da mache ich mir wahrscheinlich keine Freunde mit, eine Entwicklung, die ich sehr kritisch und negativ sehe und stark hinterfrage. Frag die jungen Leute mal nach den fünf bekanntesten Spielern der Vereinsgeschichte oder nach fünf Eurofightern, die den größten Titel des Vereins gewonnen haben, da scheitern die meisten dran. Und das ist traurig und eine Entwicklung, die mir zu denken gibt. Das Endspiel 97 habe ich übrigens im Radio gehört. Im Bett, weil ich es nicht gucken durfte, weil ich noch zu jung war. Ich denke, ich brauch da nicht mehr großartig ausholen. Kanne hat ja schon viel gesagt. Ich fand es einfach nochmal wichtig, nach diesem Interview im Ya Basta, was mich ziemlich fasziniert hat, auf einer anderen Plattform das Thema Support und Stimmung ausführlich zu thematisieren. Weil wir ja auch hier schon an einigen Punkten angesprochen haben, dass es an einigen Stellen, vielleicht auch innerhalb der jeweiligen Gruppe zu kurz kommt und der Stellenwert, sich mit anderen auszutauschen nicht jedem bewusst ist. Gut, mit unseren Freunden ist das immer noch was anderes, weil wir uns da eigentlich im regen Austausch befinden. Aber ich finde es jetzt auch gut, dass jemand von Chemie den Weg hierhin gefunden hat. Weil man immer irgendwas mitnimmt auch wenn es nur Kleinigkeiten sind. Also ich persönlich nehme immer irgendwelche Sachen mit. Und ich weiß auch, warum ich den Basti gefragt hab ob er hierhin kommt, weil er, wie Kanne schon gesagt hat, nun mal mit 15 oder fast 16 Jahren auf dem Zaun einer der ältesten Vorsänger in Deutschland ist, wo man eigentlich nur den Hut vor ziehen kann. EBOLN: Ja, ich bin dann der Letzte. Was ich noch sagen will, was mir eigentlich schon sehr wichtig ist, das hast du gerade gut gesagt, die Stimmung oder das Singen, bei einem Fußballspiel, egal wo es jetzt ist, für mich definiert das eigentlich in allen Bereichen dieses Fanleben schon in einer komprimierten Form. Weil ich sag, wir gehen ja zum Fußball, wir lassen das alles außen vor, die ganze Straße und die Choreographie. Die Choreographie, du arbeitest natürlich lang dafür und, die erscheint dann im besten Fall für fünf Minuten. Aber wir stehen ja dann 90 Minuten da, einmal in der Woche im besten Fall halt. Wir singen da eben für unsere Passion, für unseren Verein und auch für uns. Das darf man nicht vergessen, weil das natürlich schon so ist. Ich glaub das definiert schon sehr viel von dem was wir an der ganzen Sache lieben. Und das hat auch oftmals so ein Stiefmütterliches, die Leute sagen „Naja die singen da“, aber ich glaube, dass da auch wirklich dieser Fußball, diese Emotionen nach außen am besten transportiert werden können. Wenn du eine Kurve hast mit 10.000 Leuten, die singt oder du hast ein „You’ll never walk alone“ und alle geilen sich halt an der England Hymne auf. Wenn alle dann singen, glaube ich, dass das am Ende, für die meisten Menschen, die im Stadion sind, vom Spiel mal abgesehen, das Wichtigste ist und das größte Erlebnis bringt. Mir war es eigentlich immer am allerwichtigsten, dass halt alle singen und auch daran Spaß haben zu singen. Weil es macht eben einfach auch Spaß, vor allem, wenn du einen Sinn dahinter siehst. Ich mein, wir machen das alle lang genug und wissen, dass es nicht oft so ist, dass du mit deinen Gesängen irgendwas auf diesem Feld beeinflusst. Das musst du natürlich den “Normalos” verkaufen, dass du da irgendwas bewirkst. Aber die Momente wo das wirklich passiert, die kannst du an einer Hand abzählen. Also ich kann mich an eine Szene erinnern, da sind wir wieder bei Frankfurt, aber die Frankfurter haben es einmal geschafft beim Pokalspiel gegen uns. Es kam zum Elfmeterschießen und da habe ich dann am Ende gesagt, das Publikum in Frankfurt hat dieses Elfmeterschießen gewonnen, weil die halt so gepöbelt und geschrien haben. Und du hast richtig gesehen, dass es unsere Spieler verunsichert hat. Also den Eindruck habe ich gehabt. Das sind seltene Momente. Aber was wir machen ist einfach da zu sein, Spaß und Freude zu haben und das aufs Feld und auf die anderen Tribünen zu transportieren. Ich glaube, dass das das Wichtigste ist und alles andere ist Beiwerk. Das ist auch gut, aber jetzt auch die Gewaltnummer, das ist wieder so Special Interest und die Choreografie, kann helfen zu dem Ganzen. Pyrotechnik kann helfen, aber eigentlich ist Pyrotechnik nur ein Mittel zum unterstreichen, weil es bringt ja nichts, wenn du eine Bengalfackel zündest und keiner singt, das unterstreicht das Ganze nur. Aber Bengalen kitzeln manchmal noch 20 Prozent mehr raus. EBOLN: Bringt auf jeden Fall mehr dazu. Aber, wenn die Bengalfackel brennt und keiner singt, dann ist die Fackel auch wirkungslos. Von daher ist das immer noch ein wichtiges Thema. Ich mein, wir sind jetzt hier Vorsänger, und natürlich sagen wir, dass das Singen das Wichtigste ist. Das ist so wie bei einer Band, wo der Gitarrist sagt er ist das Wichtigste und der Sänger. Ist natürlich Quatsch, aber stimmt in dem Moment halt. Das ist das Wichtigste und ich glaub, dass sich 19 viele drauf besinnen sollten zu schauen, dass die Leute singen. Was sie singen ist meiner Meinung nach zweitrangig. Hauptsache sie singen und haben Spaß daran zum Fußball zu gehen. Ich glaube, wenn wir das gewährleisten, stärkst du damit auch deine Szene, weil das auch die Leute auf den Tribünen und die Offiziellen sehen. Das bringt auch was. Ich glaub, dass das viel hilft. Und deswegen ist für mich Stimmung im Stadion immer noch das wichtigste. Eigentlich kann ich eine Ultra Gruppe nur an der Stimmung halt wirklich qualitativ bemessen. Ich kann auch eine kleinere Szene daran bemessen, ich kann natürlich jetzt nicht eine kleinere Szene mit AS Rom vergleichen, das ist klar. Aber es kann auch bei Chemie Leipzig eine super Stimmung sein und ich sag: „Ey geil was die mit 3.000 Leuten machen.“ Und daneben kann eine Kurve mit 60.000 Leuten sein und die machen nur scheiße und ich sag: “Chemie war geil und Rom war scheiße!” Bayern war scheiße! EBOLN: Bayern ist meistens scheiße! aUsGEholt -jetzt wird´s kritisch Drei Wochen sind nun nach den schrecklichen Terroranschlägen in Paris vergangen. Bis zu diesem Spieltag begleiten uns die Nachwehen dieser Tat. Einerseits ist es immer noch das Thema in den Medien, von denen besonders die Boulevardpresse ununterbrochen die Angst in der Bevölkerung schürt, und anderseits bemerkt man an den Spieltagen deutlich das andere Auftreten der Bullen oder am eigenen Leib die genaueren Durchsuchungen an den Eingängen. Ob das nun alles wirklich gerechtfertigt ist, können wir nicht beurteilen. Die Fans in den Stadien scheint es zumindest nicht vom Besuch abzuhalten. Die Stadien sind immer noch ausverkauft und auch die Stimmung ist die selbe. An dieser Stelle fängt es aber an absurd zu werden, denn dass die Stimmung die selbe ist, scheint nicht allen zu gefallen. Einerseits wird gefordert, sich nicht von den Anschlägen einschüchtern zu lassen und weiter seine „Freiheit“ zu leben, anderseits sollte man doch aber bitte die üblichen Rituale beim Fußball wie beispielsweise Schmähgesänge lassen. Bei Asamoahs Abschiedsspiel ging es so weit, dass sich der Moderator für die gelöste Atmosphäre in der Arena entschuldigte, da sie als respektlos angesehen werde könnte. Dabei war genau diese Atmosphäre so viel wichtiger und eine bessere Ansage als jedes Facebookprofilbild es je sein kann. Was Schmähgesänge mit Respektlosigkeit gegenüber den Opfern von Paris zu tun haben sollen, erschließt sich uns ebenso nicht. Und warum soll es dann drei Wochen später wieder ok sein? Genauso wenig wie das Zünden von Pyrotechnik? Klar, die Gefahr einer Massenpanik ist aktuell größer, daher sollte man sich Dämlichkeiten wie Böller gerade jetzt sparen. Bengalos werden dann aber gerne mal mit in den Topf geschmissen. Bietet sich ja an, dass auch nochmal zu verunglimpfen. Dass die Bullen nun offen noch schwerer bewaffnet durch die Gegend ziehen dürfen, soll dann aber der Sicherheit und Beruhigung der Menschen dienen? Der Lauf eines Maschinengewehrs wirkt sicherlich bedrohlicher als eine leuchtenden Fackel. Auf der anderen Seite ist sich im Zuge der Aufarbeitung der Anschläge keiner der Sicherheitsfanatiker zu schade, die absurdesten Forderungen zu stellen. Da fordert die französische Polizei, die es selber zum Teil verkackt hat, noch mehr Möglichkeiten zur Überwachung. Dass der mutmaßliche Drahtzieher die Anschläge in einem ISISMagazin quasi schon Monate zuvor angekündigt hatte, hat wohl für die Überwachungsspezialisten nicht gereicht. 20 Lieber noch mehr Überwachung, wie die Vorratsdateispeicherung. Oh, die gibt es in Frankreich schon? Na, das hat ja was gebracht. Der Schrei nach noch mehr Überwachung, die immer mehr die Privatsphäre der Menschen eingrenzt, fand nach den Anschlägen kaum Kritik und wird dementsprechend von den Organen genutzt. Für diesen Artikel habe ich zum Beispiel ewig gesucht, um überhaupt etwas Kritisches zu finden. Ein Zitat von Sascha Lobo passend zu den Forderungen habe ich dennoch gefunden, welches ich euch nicht vorenthalten möchte, da es so wunderbar das unverschämte Verhalten von Staat und Polizei deutlich macht: „Wir finden die Nadel im Heuhaufen nicht, also brauchen wir mehr Heu.“. Uns Fussballfans direkter betreffend sind die Forderungen von solchen Experten wie Tönnies und Holzhäuser, die allen Ernstes in bester Stammtischmanier Nackt- oder Fingerabdruckscanner an den Eingängen fordern. Natürlich werden solche Diskussionen auch gleich genutzt, um Fankarten nach italienischem Vorbild wieder ins Gespräch zu bringen. Unabhängig davon, dass gerade Nacktscanner bei Stadien mit über 50.000 Besuchern nicht mal ansatzweise umsetzbar wären, würden all diese Dinge sowieso keinen Anschlag wirklich verhindern können. Aber in der Geschichte wurden schon immer gerne Krisenzeiten dazu genutzt, um kritische Gesetze oder Forderungen durch zu bringen. Genau aus diesem Grund muss jeder aufpassen, dass jetzt nicht auf einmal solche Vorschläge durchgewunken werden. In Frankreich zum Beispiel sind jetzt bis Mitte Dezember gar keine Gästefans mehr erlaubt (offizielle Begründung ist die Überbelastung der Polizei), Verlängerung dieser Maßnahme möglich. Als ob die paar Gästefans in Frankreich das Problem sind. Wir sind uns der Sensibilität dieses Themas bewusst und wollen in keiner Weise die Anschläge verharmlosen. Aber keine Angst der Welt rechtfertigt es, das eigene Recht auf Privatsphäre, Reisefreiheit oder Meinungsfreiheit aufzugeben. Weder im Stadion noch sonst irgendwo. Gedankenaustausch Hier die erste Antwort zum Thema “Copy kills Ultra”. Wie immer an dieser Stelle auch der Hinweis, dass jeder auf diesen Text antworten oder auch ein eigenes neues Thema unter [email protected] einsenden kann. Als ich den Text zu Copy Kills Ultra gelesen habe, hat es sofort in meinen Fingern gejuckt und somit beglücke ich euch mit meinem Senf zum Thema. Ich halte die These, dass nur wenige Gruppen in Deutschland es geschafft haben, sich eine eigene Identität zu verleihen, für gewagt, ja sogar falsch. Die eigene Identität ergibt sich für mich allein aus dem eigenen Handeln, welches ja immer wieder durch äußere Faktoren beeinflusst wird. Sie ergibt sich aus dem Umgang mit den Problemen und täglichen Herausforderungen des Gruppen-/Vereinslebens. Jedes Land, jede Region, jede Stadt und jeder Verein haben Eigenheiten, welche das Handeln, Auftreten und Verhalten der Gruppen/Kurven beeinflussen und ihnen so eine eigene Identität verleihen, die sie am Ende doch von anderen unterscheiden. Jede Subkultur hat ihre eigenen Regeln, Riten und Erscheinungsbilder, die sich zwangsläufig verbreiten und somit temporär zur Mode werden. Diese grenzen uns aber auch von anderen Subkulturen und gesellschaftlichen Gruppen ab, was durchaus gewollt ist und gibt uns Ultras ja auch wieder eine gemeinsame Identität. Unabhängig davon, ob man jetzt jede aktuelle Welle mitschwimmen muss. Eine aktuelle Modeerscheinung in Reihen der Ultras, welche in der Auflistung von Dennis fehlt, ist der schon fast zwanghafte Drang in einigen Bereichen alles immer nur neu erfinden und immer so komplett anders sein zu wollen, als alle Anderen. 21 In vielen Bereichen unserer Bewegung werden sich Dinge bei anderen Gruppen abgeschaut, die sich dort bewährt haben. Macht doch auch Sinn, wenn es die eigene Gruppe weiterbringt. Oder würde jemand freiwillig auf Rechtshilfen, Kurvenflyer oder gar eigene Räumlichkeiten verzichten, nur weil andere Gruppen jene Errungenschaften zuerst genutzt haben? Warum soll das beim Tifo und dem Liedgut anders sein? Schauen wir auf unsere Vorbilder aus Italien, so ist jedem bewusst, dass dort sämtliche Kurven das fast identische Liedgut zum Besten geben. Gleich verhält es sich in Griechenland, Argentinien, ja eigentlich weltweit. Lediglich Roter Stern würde mir jetzt als vertretbares Gegenbeispiel einfallen. Sampdoria Genua und ihr hundertfach kopiertes Fahnenmuster im Bereich der optischen Gestaltung der Kurven. Das wars dann aber auch schon. Die Lieder die hier von Frankfurt und Stuttgart kopiert wurden, sind selber ja nur Kopien. Frankfurts klassische Kurvenhits sind von den Melodien her fast eine eins zu eins Kopie jener Liste, die man als Audiofiles auf der Internetseite der Fossa Dei Leoni von Milan rund um die Jahrtausendwende finden konnte. Wirklich eigenständig war da nur wenig. Auch die Stuttgarter haben sich ihre Inspirationen größtenteils in den Kurven anderer Länder oder bei befreundeten Gruppen geholt. Warum muss man sich jetzt zwanghaft davon lösen, um “real” zu sein? Mir persönlich ist eine gute einfache Kopie, die von der gesamten Kurve getragen wird lieber, als ein selbstgebauter Mehrzeiler, der am Ende rüberkommt wie gewollt und nicht gekonnt. Auch damit kann man die eigene Identität in die Welt tragen. Dann nämlich, wenn tausende Blaue dem Gegner ein “Blau und Weiss ein Leben lang” ins Gesicht rotzen, obwohl grad der Pokal die falsche Seite ansteuert. Dann wenn ein ganzes Stadion auf den Sitzen steht und ein magischer Moment eine schon tausendfach gesungene und gehörte Melodie, welche auch als Wechselgesang schon zuvor zu sehen war, unweigerlich zu einer unsterblichen Erinnerung in unsere Köpfe und Herzen meißelt. Diese Momente unterscheiden uns von anderen Gruppen und Vereinen. Das ist ein Teil der Schalker Mentalität und unserer eigenen Identität. Wenn gute Ideen, die aus der eigenen Feder stammen, jene Momente herbeiführen ist das wunderbar. Jedoch halte ich nichts davon, das auf Biegen und Brechen herbeiführen beziehungsweise erzwingen zu wollen, nur um sagen zu können, dass wir anders sind als Andere. Denn das sind wir so oder so. Kevin Zurück zu den Wurzeln - Italien Die Italienrubrik ist wieder prall gefüllt. Neben der schon obligatorischen Gemischten Tüte war eines unserer Mitglieder wieder in Italien unterwegs und hat danach das Erlebte verschriftlicht. Etwas größer geworden ist diesmal die Buchvorstellung, die sich ausführlich mit den überregionalen Fanzines in Italien beschäftigt. An dieser Stelle möchten wir uns noch mal für die vielen positiven Rückmeldungen für diese Rubrik bedanken, was uns motiviert, weiter viel Arbeit hier rein zu stecken. Gemischte Tüte Italien Die Liga in Italien bleibt nach wie vor spannend. Die Attentate von Paris blieben auch hier nicht folgenlos, so werden die Zuschauer im Zuge schärferer Kontrollen im Eingangsbereich seitens der Polizei nun in vielen Stadien mit Metalldetektoren überprüft. Insgesamt wurde in Italien durch die Geschehnisse jedoch keine neue Debatte um Sicherheit rund um Stadien entfacht. Prato: Im Zuge der Initiative „il Prato ai Pratesi“ hat der, von Fans des Vereins zusammengesetzte, Fonds Orgoglio Pratese fünf Prozent der Anteile des AC Prato für 9.000 Euro übernommen. Der Fonds erhält somit 22 einen Sitz und eine Stimme im Verwaltungsrat des Vereins. Die Anteilsübernahme des hauptsächlich von älteren Fans unterstützten Fonds ist der erste Schritt in Prato, der Fans mehr Mitspracherechte im Verein ermöglichen soll, und ist ein Beispiel dafür wie in Italien in einigen Orten Fans wieder versuchen, das Zepter im Innenleben des Vereins in die Hand zu nehmen. Palermo: Beim Heimspiel am 12. Spieltag gegen Chievo kam es erneut zu einer Abspaltung in der Curva Nord. Im Jahre 2013 hatten sich mehrere Gruppen entschieden sich vom Oberrang in den Unterrang der Kurve zu begeben. 2014 fanden sich im Oberrang, unter anderem, die Gruppen Brigate Rosanero und Warriors Ultras hinter einem neuen Ultras Palermo 1900 Banner wieder. Daraufhin büßte die Kurve nicht nur ihren alten Charme ein, sondern es gab immer wieder Unstimmigkeiten, weshalb einige in den Unterrang zu den Ultras Curva Nord abwanderten. Hier kam es nun zur Teilung rund um UCN und Borgo Vecchio Sisma, während die wenigen Reste der Ultras Palermo 1900 nach wie vor im Oberrang beheimatet sind. Beim Spiel gegen Chievo kam es dann zu der völlig absurden Szenerie, dass über 90 Minuten hinweg voneinander unabhängig von vier verschiedenen Positionen aus supportet wurde. An drei Stellen aus der Curva Nord und außerdem in der Curva Sud durch die Ultras Curva Sud. Lucca: Die Polizei von Lucca hat für das Serie D Spiel zwischen Viareggio und GhiviBorgo vom 29. November ein Verbot des Ticketverkaufs an Bewohner der Gemeinden Viareggio, Camaiore und Massarosa ausgesprochen, um eventuelle Zusammenstöße zwischen Fans beider Vereine zu verhindern. Der Präsident von Viareggio zeigte sich ob dieser Entscheidung enttäuscht, hatte aber Verständnis für die Entscheidung der Polizei. Imperia: Der Aufruf der Fanszene von Imperia #vogliamomatuzianialderby, um den verhassten Fans von Unione Sanremo den Besuch des Spiels zwischen Imperia und Sanremo am letzten Novemberwochenende zu ermöglichen blieb leider erfolglos. Die Polizei schloss Auswärtsfans aus Gründen der öffentlichen Ordnung von diesem Spiel aus. In einer längeren Stellungnahme wurde der Aufruf damit begründet, dass „ein Derby ohne gegnerische Fanszene kein Derby ist. Weil die beiden bunten Kurven nicht zu sehen undenkbar ist. Weil ein Derby ohne die Anwesenheit beider Fanszenen so ist, wie alleine Liebe zu machen. Weil ein Derby ohne die Anwesenheit beider Fanszenen so ist, wie eine schöne Frau ohne T..... .“ Immerhin stellte Sanremo seinen Fans einen Livestream des Spiels auf der Homepage zur Verfügung, damit diese das Spiel wenigstens im Internet verfolgen konnten. San Benedetto: Die Sambenedettese und die Vereinigung Noi Samb haben eine Plattform gegründet, auf welcher der Dialog und die Zusammenarbeit zwischen Fans und Verein gefördert werden soll, um Restriktionen und Sanktionen zu vermeiden, die dem Verein wirtschaftlich oder in seinem Ansehen schaden könnten. Während eine Dialogplattform hierzulande vielleicht üblich ist, ist dies im Moment in Italien eher eine Ausnahme. La Spezia: Einen Erfolg konnten Fananwälte vor dem Berufungsgericht von Genua erzielen. Das Urteil, das einen jungen Fan mit acht Monaten Hausarrest und 8.000 Euro Strafe belegt hatte, weil er sich im Zuge einer Auslandsreise nicht an seine Meldeauflagen gehalten hatte, wurde aufgehoben. Das Gericht gab den Anwälten vollumfänglich Recht. Der junge Fan hatte vor einer geplanten Städtereise bei der örtlichen Polizei darum gebeten, für das Wochenende von seiner Pflicht sich bei der Wache zu melden befreit zu werden, was ihm jedoch verwehrt wurde. Das Berufungsgericht stellte fest, dass die Behörde hierzu nicht berechtigt war, und hob die Strafe auf, da bewiesen sei, dass der junge Mann bei einem Auslandsaufenthalt ohnehin nicht die Spiele von La Spezia besuchen konnte. Avezzano: Der am 15. November ausgesprochene Boykott der Curva Nord Avezzano wurde auch am letzten Spieltag fortgesetzt. Übermorgen wird die Curva Nord allerdings das Auswärtsspiel in Scoppito besuchen. 23 Torre Annunziata: In einer langen Stellungnahme der Curva Sud Torre Annunziata mit dem Titel „Schande“, gaben die Gruppen Savoia Supporters 1985, Bronx 80058, Ultras Oplontini und UCS ihren Rückzug aus dem Stadion bekannt. Neben der angestauten Wut über ständige Repressionen, Verbote, Medienhetze, politischen Aktionismus und einem Handeln der Institutionen, welches im Widerspruch zu den verfassungsrechtlich garantierten Rechten wie der Meinungsfreiheit oder der Bewegungsfreiheit steht, wird auch die aus „Dieben“ zusammengesetzte Vereinsführung und der Bürgermeister dafür verantwortlich gemacht. Diese fahre einen untragbaren vereinspolitischen Kurs und werde von dem ansonsten völlig abwesenden und „nur noch zu verachtenden“ Bürgermeister toleriert. Man investiere so viel in den Verein und doch kämen von allen Seiten nur Stiche ins Herz zurück. Aus diesen Gründen habe man die Maßnahme bis auf unbestimmte Zeit getroffen. Triest: Die Curva Furlan Trieste erklärte vor einigen Wochen in ihrer Stellungnahme noch einmal ihre starre Protesthaltung im Zuge der Führungskrise im Verein. Im Sommer 2014 stand der Verein ohne Geld und ohne Besitzer da, bis in letzter Sekunde mit Pontrelli ein Investor präsentiert wurde. Dieser missfiel den Fans von Anfang an, sodass die Vereinigung Centro di coordinamento, welche die Rechte am alten Vereinswappen hält, diese nicht freigab. Da bis heute keine seriösen Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt werden konnten, die den Club tatsächlich weiter brächten, werde der Protest fortgesetzt. Die Entscheidung, die historische Marke nicht den neuen Besitzern zu überlassen, habe sich als richtig erwiesen. Des Weiteren forderte die Curva Furlan Trieste, die lokalen Politiker sechs Monate vor der Kommunalwahl auf, endlich bei der Suche nach einer tragbaren Vereinsführung aktiv zu werden. Genua: In der letzten Ausgabe hatten wir über mehrere Genua Fans berichtet, die mit einer Geldstrafe belegt worden waren, weil sie das Auswärtsspiel ihrer Mannschaft in Friaul trotz Verbot besucht hatten. Nun erklärte die Associazione Club Genoani, dass man die Hälfte der Strafe übernehmen werde, um die Fans zu unterstützen. Catanzaro: Mitte November kam es in Catanzaro zu einem Treffen zwischen den Ultras 73 und dem Eigentümer des Vereins Giuseppe Cosentino, in dem es um die ungewisse Zukunft des Vereins ging. Hatte der Besitzer zuvor noch den Plan, den Verein im Sommer wieder abzugeben, ließ er sich im Gespräch zu einem ewigen Treueschwur hinreißen, wie die Gruppen mitteilten. Die Fans, die bis dahin vor allem ein Ende seiner Regentschaft erhofft hatten, gaben ihm nun eine zweite Chance unter der Bedingung, dass es radikale Veränderungen im Umgang mit den Fans geben müsse. Saronno: In der vergangenen Ausgabe hatten wir von einer Auseinandersetzung zwischen der Fronte Ribelle des FBC Saronno und Fans von Legnano berichtet. Hierbei wurde ein örtliches Blumengeschäft beschädigt. Nun besuchte eine Abordnung der Fronte Ribelle den Blumenladen und entschuldigte sich dafür, dass der Ladenbesitzer als unbeteiligter in die Auseinandersetzung verwickelt wurde, und ersetzte zudem die Schäden mithilfe einer gesammelten Kollekte. Sportliche Situation: Auf sportlicher Ebene konnte sich Inter Mailand vor zwei Wochen durch ein 4:0 gegen Frosione an die Spitze der Tabelle setzen, weil AS Rom und der AC Florenz jeweils nicht über ein 2:2 gegen Bologna beziehungsweise Empoli hinauskamen. Allerdings verlor Inter Mailand am vergangenen Montag das verrückte Spitzenspiel gegen den SSC Neapel mit 2:1 und gab somit seine Tabellenführung im direkten Duell ab. Da Florenz gegen Sassuolo unentschieden Spielte, hielt sich Inter 24 in der Tabelle jedoch auf Platz zwei vor Florenz und AS Rom. Juventus Turin kommt derweil immer weiter in Fahrt, so konnte man am 13. Spieltag den AC Mailand mit 1:0 und letzte Woche Palermo mit 3:0 besiegen und war bei Redaktionsschluss auf Platz fünf und somit tatsächlich in Tuchfühlung mit dem internationalen Geschäft. Abgeschlagenes Schlusslicht der Serie A mit gerade ein mal sechs Punkten ist aktuell Hellas Verona. Am heutigen Spieltag trifft unter anderem Lazio auf Juventus, während Inter morgen ein Heimspiel gegen Genua austrägt. Fanzines in Italien: Nachdem wir in den vergangenen Ausgaben die ersten Bücher vorstellen konnten, richtet sich dieses Mal der Blick auf die überregionalen Fanzines in Italien. Ähnlich wie lange Zeit in Deutschland (BFU und Erlebnis Fußball), gibt es in Italien zwei Hefte, die regelmäßig erscheinen und sich mit unserer Bewegung auseinandersetzen. Zudem haben wir noch mal Massimo von den Fighters Gruppo Roma angefragt, ob er nicht noch ein paar kurze Sätze zu Fanzines in Italien sagen kann. Im Übrigen kann man mit etwas Glück das ältere und bedeutendere Heft „Supertifo“ auch in manchen deutschen Bahnhofszeitungsläden entdecken und kaufen. Kurzinterview: Was kannst du uns zu Fanzines in Italien sagen? Das Supertifo war das einzige Fanzine, was auch in den 80er Jahren überall verbreitet war. Auch wir haben einige Male dafür etwas geschrieben. Früher war es auch eine Tauschplattform, in der Fans Dinge angeboten und verkauft haben. Dazu gab es dann nach und nach immer mehr gute Berichte, was bis zum Ende der 90er Jahre anhielt. Früher war es die einzige Plattform, um sich auszutauschen und Informationen zu kriegen. Handy oder Internet gab es ja noch nicht. Wie es heute ist, kann ich nur schwer beurteilen, aber man hört, dass in letzter Zeit dort auch immer mehr rechte Gruppen zu Wort kommen und es schlechtere Berichte gab, was natürlich etwas „stinkt“. Hattet ihr bei Juve einen eigenen Kurvenflyer oder ein Heft? Ja, es gab schon mal kleinere Flyer, aber sehr einfach. Das war zur damaligen Zeit ganz anders als heute, und besonders in Deutschland, wo es so einen hohen Stellenwert hat. Es gab nur selten und ganz einfache selbstgebastelte Flyer. Auch wir als Gruppo Roma haben ein zwei mal versucht, etwas zu schreiben, uns aber in der Regel dafür keine Zeit genommen. In Deutschland gibt es mittlerweile eine Fülle an Hoppingheften oder ähnlichem, gab oder gibt es etwas Vergleichbares in Italien? Nein, so etwas war und ist mir nicht bekannt, ich kannte immer nur das Supertifo. Bei einigen größeren Vereinen gab es zumindest halbwegs regelmäßige Flyer. Ich kann mich zum Beispiel an einen Flyer vom AS Rom erinnern, aber an ganze Hefte nicht. Also nach meiner Kenntnis, es kann natürlich sein, dass irgendwo so etwas erschien. Vorstellung „Supertifo“: Die erste Ausgabe vom Supertifo erschien vor 30 Jahren im Jahre 1985. Das Fanzine beschäftigt sich mit und konzentriert sich seit Beginn auf Einblicke und die Vertiefung der italienischen (und ausländischen) Ultra–Kultur. Im Mittelpunkt steht hier ganz klar der Fußball, aber auch bei anderen Sportarten wie zum Beispiel beim Einshockey wird in regelmäßigen Abständen über das Treiben auf den Rängen berichtet. Auf in der Regel knapp über 125 Seiten in Farbe, findet der Leser eine Mischung aus Fotogalerien der verschiedenen Kurven aus Italien, Spielberichten, Bildern von Choreographien, Reportagen und Interviews mit unterschiedlichen Ultra–Gruppen. Im Heft wird versucht einen Überblick beziehungsweise Abriss über das zu geben, was sich an den vergangenen 25 Spieltagen in und um die jeweiligen Kurven sowie Gruppen ereignet hat. Supertifo erschien zu Beginn monatlich und zu seiner Hochzeit sogar alle 14 Tage. An jedem gut ausgestatteten Kiosk des Landes ist das Heft neben Gazzetta und Co. zu erwerben. Des Weiteren ist das Heft Vorbild für verschiedene Fanzines und Magazine in diversen anderen Ländern Europas. Auch hierzulande hatte das Heft einen maßgeblichen Anteil daran, dass sich die erste Generation der Ultras in Deutschland einen ersten Blick über den Tellerrand auf das beeindruckende Schauspiel in den italienischen Kurven verschaffen konnte. Somit prägten die Bilder von Choreographien, Zaunfahnen, Vorsängern mit Megaphon und diverse andere Bestandteile des italienischen Tifos, gerade in den Anfangsjahren der Ultrakultur, maßgeblich die Entwicklung unserer Kurven und Gruppen. Aufgrund der italienischen Sprache hat wahrscheinlich niemand auch nur ein Wort der geschriebenen Zeilen im Heft verstanden, trotzdem wurde stundenlang vor den Bildern gesessen und die ersten Eindrücke von „Ultra“ sprichwörtlich aufgesogen. Um noch ein Mal die Bedeutung dieses mittlerweile drei Jahrzehnte alten Heftes zu untermauern: Es gibt Veröffentlichungen im Supertifo, welche Geschichte geschrieben haben. Publikationen und Stellungnahmen, welche noch heute in den Köpfen der Tifosi vorhanden und tief verwurzelt sind. Die letzten schwierigen und teilweise existenzbedrohenden Jahre für Ultras in Italien gingen jedoch auch nicht spurlos an dem Stellenwert und der Bedeutung des Supertifos vorbei. Oftmals veraltet und nicht mehr up to date, wirkte das Supertifo zeitweise nur noch wie eine reine Sammlung von Fotos. Die Informationen und das jeweilige Bildmaterial wurden oftmals schon an anderer Stelle deutlich früher veröffentlicht. Die rasende Entwicklung vom Internet sowie Youtube und Co. taten ihr Übriges dazu bei, dass das Heft kurz vor dem kompletten Aus stand. Aktuell steht das traditionsreiche Fanzine vor einem Comeback. So erscheint das Heft seit September diesen Jahres wieder monatlich an den Kiosken in Italien. Vorstellung „fans magazine“: Das Fanzine, “fans magazine” aus Salerno, informiert schon seit 1997 „als Stimme der Ultras“ über die italienische und ausländische Ultra’ und Fußballszene. Neben dem Vertrieb des Heftes an Zeitungskiosken, in seiner mittlerweile 342. Auflage, unterhält die Truppe auch eine Internetseite mit Neuigkeiten, Videos, Fotogalerie und einem Shop. Im letzteren sind Marken und Artikel aller Art erhältlich und versorgt Ultras schon seit 1988 (damals noch analog) mit Fahnen, Banner, Shirts, Pyro und Choreo Material. Der später erweiterte Shop (mittlerweile digital) bietet nicht nur einen Archivverkauf der bisher erschienen Magazine an, sondern auch Comichefte, Klamotten, Musik und vieles mehr. Das Heft und die Internetseite berichten in Artikelform über Geschehnisse rund um die Stadien und den Sport, 26 hier auch mit „breaking news“ aus einigen Ländern, sogar gesammelt unter Landeskategorien (Italien, England, Südamerika, Griechenland, Balkan, Spanien und Portugal, Weltweit sowie verschiedene Sportarten). Während die Internetseite jedoch sich darauf verständigt kurze und schnelle Informationen zu liefern, werden Themen, Spielberichte (Hoppingberichte) ausführlicher und bebildert abgearbeitet, in dem regelmäßig erscheinenden Magazin. Die Kosten für ein Heft belaufen sich auf wenige Euro und es erscheint in der Regel alle 14 Tage. AC Pisa 1909 – Robur Siena 1:2 (0:1), 15.11.2015 Es ist Gang und Gäbe, dass sich an den Länderspielwochenenden der ein oder andere Schalker in Italien verläuft. Da ein orangener Vogel bereit war, meine Freundin und mich praktisch vor der Haustür abzuholen und uns für äußerst schmale Euros für diesen Zeitraum nach Pisa zu verfrachten, nutzen wir wieder einmal die Gelegenheit, das Land zu besuchen, welches wir nicht nur wegen der Fankultur lieben. Neben den Spielen zwischen Livorno und Vicenza sowie Spezia und Cagliari, wurden eine Menge Pizza und Pasta gegessen und einiges an Sehenswürdigkeiten in der Toskana abgegrast. Mein absolutes Highlight dieses Trips war aber das Aufeinandertreffen von AC Pisa und Robur Siena in der Girone B, der dritten italienischen Liga. Als ein Element dieser Italienrubrik möchte ich euch hierzu im Folgenden die erlebten Eindrücke im und um das Stadion schildern. Das Abendprogramm des Sonntags war ein wirklicher Kracher. Da können die Zeilen dieses Berichts mit wirklich relevanteren Darstellungen gefüllt werden als den Infos, dass Robur Siena ein im letzten Jahr neugegründeter Verein als Nachfolger des Konkurs gegangenen AC Siena ist oder, dass an der Seitenlinie von AC Pisa mittlerweile Gennaro Gattuso die Strippen zieht und mit dem Club in die Serie B aufsteigen möchte. Das Stadion von Pisa – das Stadio Arena Garibaldi – ist der absolute Wahnsinn. Es ist fast 100 Jahre alt und mitten in der Stadt, unweit des Schiefen Turms von Pisa, welcher hinter dem Gästeblock zum Vorschein tritt, gelegen. Während einige europäische Stadien sich ein Baujahr des frühen 20. Jahrhunderts auf die Fahne schreiben, dank einiger Umbaumaßnahmen jedoch nichts mehr mit dem ursprünglichen Bau gemeinsam haben, zeichnet sich hier ein anderes Bild. Es wirkt als sei seit der Eröffnung nichts mehr an dieser Stätte getan worden. Sitzschalen auf der Gegengerade komplette Fehlanzeige, eine nicht mehr funktionstüchtige Anzeigetafel und zwei Kurven, die diese Bezeichnung auch wahrlich verdient haben. 27 Mit über 7.000 Menschen hatte sich eine stattliche Anzahl für ein Drittligaspiel im Stadio eingefunden. Siena hat mich an diesem Abend nicht vollständig überzeugen können. Von den ungefähr 400 Tifosi beteiligten sich gut zwei Drittel am Support. Positioniert wurde sich hinter einer „Noi non Tesserati“-Fahne der Ultras Siena. Hätte dieser Gastauftritt bei einem der beiden vorangegangen Spiele stattgefunden, wäre er mir wohl positiver aufgefallen. Das Durchschnittsalter von sicherlich über 30 Jahren konnte letztendlich mehr überzeugen als die Lautstärke. Einige ansprechende Melodien wurden vorgetragen, waren jedoch nur nach den Treffern im gesamten Stadion zu hören. Insgesamt ging Siena im Kontrast zur Heimkurve doch sang- und klanglos unter. Diese zeigte nämlich am heutigen Abend par excellence, was den unterklassigen Fußball in Italien auszeichnet. Die Kurve der heimischen Tifosi schmückte eine große Zaunfahne mit der Aufschrift „Legati Ai Valori Del Passato…Uniti Lottiamo Ancora Oggi“. Übersetzt bedeutet das in etwa „Für die Werte der Vergangenheit kämpfen wir gemeinsam noch heute“. Sorgte schon dieser Anblick dafür, dass sich die ersten Haare auf den Armen aufstellen wollten, brachten mich die ersten Spielminuten auf Wolke sieben. Pünktlich zum Anpfiff legte die Curva mit der ersten Melodie des heutigen Abends los und gleichzeitig stieg hinter der gesamten – kürzlich gelobten – Zaunfahne gemäß der Stadtfarben roter Rauch empor. Ganz stark! Der koordinierte Einsatz von Pyrotechnik ist heutzutage durch Entwicklungen im Land, die dem treuen Leser unserer Rubrik bereits bestens bekannt sind, alles andere als regelmäßig. Umso schöner ist es dann natürlich, von einem solchen Anblick überrascht zu werden. Der Trommler der Sconvolts Pisa versteht definitiv sein Handwerk und erzeugte zu den Cori der Ultras in der Curva erstklassige Rhythmen. Regelmäßig stieg auch die Gegengerade ein, welche heute fleißig den Schiedsrichter und die gegnerischen Spieler bepöbelte. In den Gesängen fand neben der Liebe zum eigenen Verein auch der Hass auf den Erzrivalen Livorno Erwähnung. Ein alleinstehendes Highlight war der Beginn des Spiels keinesfalls. Immer wieder wurden nette Melodien in starker Lautstärke gemeinsam mit der einen oder anderen Fackel auf dem Boden vorgetragen. Zudem wurden verschiedene Spruchbänder gezeigt und durch dahinter brennende Fackeln hervorgehoben, die unter anderem den bekannten Artikel 9 und den Tod von Gabriele Sandri, der sich zu dieser Zeit jährte, zum Inhalt hatten. Auch nimmt die Curva Nord Pisa häufig zu politischen Themen Stellung. So wurde sich beispielsweise am heutigen Abend mit den Menschen solidarisch gezeigt, denen eine Zwangsräumung ihrer Wohnungen droht. Das Vorgehen der Polizisten gegen die Bürger, die für ihr Recht auf Wohnung die Tage zuvor in der Stadt mit Protesten kämpften, wurde scharf kritisiert. Die Ultras aus Pisa sind generell sehr stark in sozialen Kämpfen, die ihre Stadt (aber auch darüber hinaus) betreffen, involviert. Diese enge Verzahnung von sozialen Themen und dem Geschehen in der Kurve war ein weiteres eindeutiges und schönes Merkmal dafür, dass man sich gerade am Ursprung unserer Bewegung befand. 28 Mir gefiel der Auftritt durchweg gut, sodass eigentlich nur noch ein Tor fehlte, um hier etwas richtig Starkes daraus zu machen. Leider fiel dieses dann jedoch unverdient auf der falschen Seite. Zur zweiten Halbzeit hatten wir unseren Standort auf der Gegengerade gewechselt und sind relativ dicht an die Heimkurve herangegangen, um die Atmosphäre hier noch besser aufnehmen zu können. Passend hierzu begann der zweite Abschnitt mit einer heftigen Druckphase sowohl von der Mannschaft als auch der Kurve. Endlich fiel ein Treffer für die Blau-Schwarzen, aus dem ein klasse Torjubel und lauter Gesang des Stadions, sowie Fackeln in der Kurve und im Innenraum folgten. In dem Moment hätte die Uhr auch stehen bleiben können, das hätte ich mir noch lange angeschaut. Leider verließen die Mannschaft einige Minuten später etwas die Kräfte, der Druck nahm ab und gleichsam auch die Lautstärke der Gesänge. Mitte der zweiten Hälfte plätscherte das Geschehen nun eher etwas vor sich daher. Ein weiterer Treffer der Gäste zur 1:2 Führung sorgte für Ernüchterung. Erst in der Schlussphase nahm das Geschehen nochmal ordentlich Fahrt auf und auch wenn Pisa letztendlich nicht mehr zum Ausgleich kam, wurde die Mannschaft von der Kurve gefeiert. Ich war mit dem Spiel rundum zufrieden. Sehr viel Luft nach oben war hier heute wirklich nicht geboten. Ein etwas anderer Spielverlauf hätte sicher für ein noch besseres Erlebnis gesorgt, aber auch so war es für mich absolut top und die netten Eindrücke konnten bei zwei weiteren Pizzen und der letzten Nacht dieser netten Tour verarbeitet werden. Gemischte Tüte Baden-Württemberg/NRW: Leider konnte sich in zwei Bundesländern die Polizeilobby zumindest vorerst gegen eine Kennzeichnungspflicht für Polizisten durchsetzen. In Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen steht die Einführung zwar im Koalitionsvertrag und wurde länger geplant, soll aber nun doch nicht kommen. Als Fußballfan trifft man naturgemäß oft auf Einsatzhundertschaften, die das Ziel der Kennzeichnung werden sollten. Bei einem Machtmissbrauch der Polizisten ist man dabei in der Regel ohnmächtig, da diese sich hinter ihrer Anonymität verstecken können. Ein trauriges Beispiel dafür ist das Heimspiel gegen Saloniki vor zwei Jahren. Insofern wäre die Einführung einer anonymen Kennzeichnung ein längst überfälliger Schritt, um Grundrechte der Bürger zu wahren und Polizeibeamte für ihr Handeln verantwortlich zu machen. Die Argumente gegen eine neue Regelung vonseiten der Gewerkschaften und diversen Politikern sind dabei die immer gleichen. Mit ihnen verhält es sich wie mit schlechten Witzen, sie werden nur nerviger, je öfter man sie wiederholt. Man müsse der Polizei doch vertrauen und durch eine Kennzeichnung nicht die Polizisten persönlich gefährden, waren auch in BadenWürttemberg und NRW wiedermal Hauptargumente. Jedem Polizisten unbegrenzt Vertrauen auszusprechen ist absurd, da es Jahr für Jahr zu zahlreichen Fehlverhalten im Dienst kommt und dies Konsequenzen haben muss. Dazu 29 muss man die jeweiligen Täter aber erstmal identifizieren können. Eine persönliche Gefährdung von einzelnen Polizisten durch eine Kennzeichnung mit einer Nummer ist so gut wie auszuschließen und ein ebenso unsinniges Argument. Durch eine Zahlenkombination auf der Uniform persönliche Informationen herauszubekommen ist schließlich nicht machbar. Dass diese Gefahr nicht wirklich besteht, haben auch Erfahrungen in Bundesländern gezeigt, die eine Kennzeichnungspflicht bereits eingeführt haben. Solange die Polizeigewerkschaften sich also so geschlossen gegen eine Kennzeichnung wehren, sollten sie sich über ein Misstrauen gegenüber der Polizei, insbesondere den Hundertschaften, nicht beschweren oder gar wundern. Magdeburg: Beim Spiel vom 1. FC Magdeburg gegen die Zweitvertretung von Union Berlin im Dezember 2014 kam es zu einer mehrstündigen Polizeikontrolle von 254 Magdeburg Anhängern. Gegen alle kontrollierten Fans wurde im Anschluss Anzeige erhoben und ein bundesweites Stadionverbot ausgesprochen. Nun wurden die ersten Verfahren eingestellt, da den Betroffenen kein Fehlverhalten vorgeworfen werden kann, weitere Einstellungen werden wohl folgen. Die entsprechenden Stadionverbote werden laut der Fanhilfe Magdeburg aufgehoben. Schön, dass die Gießkannentaktik der Polizei vor Gericht letztendlich keinen Bestand hatte. Was dagegen bleibt sind 254 Fans, die zu Unrecht vor den Toren standen. München: Es ist klar, dass man in der Fanszene von 1860 seit Jahren alles andere als erfreut darüber ist, seine Heimspiele in der Arena in Fröttmaning auszustragen. Jetzt ging eine außerordentliche Mitgliederversammlung bei den Löwen gar so weit, einen Antrag zum Auszug aus der Arena mit 154 zu 126 Stimmen zu verabschieden. Der geplante Umzug soll dabei bereits zur Saison 2016/2017 vollzogen werden. Dabei ist unklar, ob der Antrag überhaupt umgesetzt werden muss. Nicht das Präsidium des eingetragenen Vereins, sondern die Geschäftsführung sei laut einem Vereinsjuristen für solche Entscheidungen zuständig. Von vielen Fans wird die Heimat von 1860, das Grünwalder Stadion, favorisiert. Bei einem Gespräch mit dem Münchner Oberbürgermeister vor wenigen Tagen hat dieser zwar einer Renovierung zugestimmt, allerdings ist seiner Meinung nach nicht mehr als eine Kapazität von 20.000 Zuschauern machbar. Österreich: Auch in Österreich bewirkt ein Stadion, genauer genommen ein Stadionname, massive Proteste durch Fans. Nach dem Abriss des Hanappi-Stadions baut Rapid Wien ein neues Stadion, welches nach einer Versicherungsagentur benannt wird. Deswegen wurde von der aktiven Fanszene von Rapid die Kampagne „Weststadion“ ins Leben gerufen. Dabei möchte man alle Möglichkeiten nutzen, um zu verhindern, dass der Sponsorenname der Allianz in den Köpfen der Menschen verankert wird. Um den wahren Namen „Weststadion“ dabei so präsent wie möglich zu halten, wurden bereits Zaunfahnen gepinselt und Fanartikel hergestellt, selbst ein Weststadionbier gibt es. Darüber hinaus hat man das Ziel, dass Rapid nach Ablauf der Frist für die Namensrechte im Jahr 2026 offiziell im Weststadion spielt. Weitere Informationen über die Kampagne inklusive Youtube Video bekommt ihr auf www.weststadion.at. Kroatien: Der Kampf zwischen den berüchtigten Ultras aus Zagreb, den Bad Blue Boys, und der Vereinsführung von Dinamo, den Gebrüdern Mamic, schreibt ein neues Kapitel. Nachdem die beiden Brüder bereits im Sommer für einige Tagen hinter Gittern landeten, bevor sie auf Kaution entlassen wurden, kehrten die Bad Blue Boys für das Spiel gegen den Erzrivalen aus Split in ihr Stadion zurück. War nach elf Tagen die Hoffnung auf ein Verschwinden der korrupten Machthaber bereits verflogen, kam es im vergangenen Monat zu einer erneuten Verhaftung des Präsidenten Zdravko Mamic, seines Sohnes und des geschäftsführenden Präsidenten des kroatischen Fußballverbandes. Aufgrund des Verdachts auf Veruntreuung, Steuerhinterziehung und Bestechung sei unter anderem auch das Haus Mamics untersucht worden. Interessierte Personen können im Internet ein Haufen 30 Material zu den Vorwürfen finden, die hier den Rahmen sprengen würden. Von Verkäufen vielversprechender Talente zur persönlichen Bereicherung an den Transfererlösen bis zum willkürlichen Aussperren der ungeliebten Torcida aus Split ist alles dabei. Hält sich wegen der korrupten Strukturen die Hoffnung auch in Grenzen, dass dieses Mal ein nachhaltiger Schlag gegen die Verbands- und Vereinsführung gelingt, können nur weiter die Daumen gedrückt werden, dass auf lange Sicht die Bad Blue Boys und weitere unter dem Einfluss der Sippe leidenden Gruppen den Kampf gewinnen werden. Türkei: Während der Saison 2013/2014 wurde in der Türkei das Passolig-System eingeführt. Die Passolig-Karte ist eine Kreditkarte der türkischen Aktif Bank, die fortan gleichsam als Fankarte genutzt werden und die Eintrittskarten ersetzen sollte. Die persönliche, mit Foto versehene Karte war fortan für den Stadionbesuch verpflichtend. Die Kritik der Fans bezog sich nicht nur auf die Personalisierung der Tickets und dem damit verbundenen Sammeln der Daten durch dieses System, sondern ebenso darauf, dass Erdogan, unter dem der entsprechende Paragraph eingeführt wurde, Nähe zur Aktif Bank nachgesagt wird, für die dadurch etliche neue Kreditkartenkunden winkten. Wegen eines Verstoßes gegen die Persönlichkeitsrechte der Fans hat kürzlich das türkische Verfassungsgericht Passolig nach Klage der türkischen Fanvereinigung “Taraf-Der” für verfassungswidrig erklärt. Da im Rahmen des PassoligSystems den Vereinen die Weitergabe von persönlichen Daten erlaubt war, sah das Gericht hier eine Verletzung grundlegender Menschenrechte. Das Gericht für Verbraucherrechte, welches die Frage an das Verfassungsgericht weitergab, wird am 9.Dezember entscheiden, ob Passolig endgültig abgeschafft wird. Möge dieses System den Fans in der Türkei in Zukunft erspart bleiben und die Rückkehr der Anhänger in die Stadien ermöglichen. Nordkurve singt Am vierten Mai gegründet, wurd´s du mein Verein - Fussballclub Schalke, werd immer bei dir sein! Wir reisen durch Städte und Dörfer dieser Welt Fussballclub Schalke, denn du bist das was zählt! Melodie: The Kinks - Death of a Clown 31 32