Erfahrungsbericht - RWTH AACHEN UNIVERSITY School of

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Erfahrungsbericht - RWTH AACHEN UNIVERSITY School of
Erfahrungsbericht WS 2015/16 | China | Beijing | Tsinghua University | Betriebswirtschaftslehre 1. Vorbereitung und Bewerbung Vor meinem Aufenthalt hatte ich noch nie eine längere Zeit außerhalb von Europa verbracht. Aus diesem Grund hat ein Auslandsaufenthalt in Asien einen besonderen Reiz auf mich ausgeübt, weil es im Vergleich zu Europa eine ganz andere Kultur hat und die dortigen Traditionen und Lebensweisen im Kontrast zu Europa stehen. Als Betriebswirtschaftsstudent in China, eine aufstrebende Weltwirtschaftsmacht, studieren zu können, interessierte mich sehr. Die Bewerbung war nicht weiter aufwendig. Nach der Freischaltung des Portals im März des jeweiligen Jahres kann man sich hier zunächst online bewerben und bekommt anschließend die Aufforderung, weitere Unterlagen per Post nachzusenden. Gefordert wird: Das beglaubigte Abiturzeugnis, ein Transcript of Records und eine Reisepasskopie. Sprachnachweise für Englisch werden nicht verlangt. Im Juli kam dann die Annahmebestätigung der Tsinghua University durch die Admission Notice. Zudem bekommt man ein Visa Application Form, mit dem man sich für ein chinesisches Visum bewerben kann. In meinem Fall konnte ich ein X2 Visum beantragen, da ich für ein Semester an der Uni eingeschrieben war. Wenn man für ein ganzes Jahr bleiben will, muss man ein X1 Visum beantragen. Im Falle eines X1 Visums kann man zudem eine Residence Permit vor Ort beantragen, sodass man beliebig oft aus China ein-­‐ und ausreisen kann. Wenn man, wie in meinem Fall, nur ein X2 Visum hat, ist das nicht möglich. Ich konnte lediglich vor Ort ein neues Visum beantragen mit einem Double-­‐entry. So konnte ich innerhalb des Semesters zweimal aus-­‐ und wieder einreisen. Generell würde ich empfehlen, sich mit den Visabedingungen gut zu beschäftigen. Sich bei verschiedenen Personen zu erkundigen, falls man während des Aufenthalts außerhalb von China reisen möchte, da in China oft sehr viele Missverständnisse entstehen, was mir diesbezüglich einige Probleme bereitet hat. Im Juli erhielt ich eine Liste mit Kursen und musste im Vorfeld schon Kurse, die ich belegen wollte, angeben. Diese Kurswahl ist aber nicht bindend. Erst vor Ort ist die offizielle Kurswahl. Kurse, die ich mir vorher ausgesucht hatte, wurden vor Ort zum Beispiel gar nicht mehr angeboten. Diese erste Kurswahl ist demnach nicht sehr relevant. Die offizielle Kurswahl findet in der ersten Woche des Semesters statt. Da es sich um ein chinesischsprachiges Portal handelt, über das man die Kurse wählt, bekommt man Hilfe vom zugeteilten Buddy. Falls man Kurse wählt, die generell überlaufen sind, sollte man sich pünktlich mit dem PC bereithalten und Kurse vorsichtshalber belegen. Innerhalb der ersten beiden Wochen kann man problemlos Kurse wieder abwählen und während des Semesters gibt es eine weitere Phase, in der man Kurse abwählen kann. Es empfiehlt sich sehr, in dieser Zeit viele Kurse zu wählen und auszuprobieren. Zur weiteren Vorbereitung habe ich an der RWTH einen Chinesisch-­‐Anfängerkurs belegt, der sich dort als essentiell herausgestellt hat. Es ist von großem Vorteil, wenigstens ein paar Chinesischkenntnisse mitzubringen, da der Großteil der Chinesen kein Englisch spricht. An der Tsinghua University habe ich den Chinesischkurs fortgeführt und in der Anfangszeit auch Privatunterricht genommen, da es den Alltag wirklich sehr erleichtert, wenn man wenigstens ein paar Sätze sprechen kann. 2. Ankunft und Unterkunft Als oberste Regel bei der Ankunft an der Tsinghua University gilt, dass man am besten jeden kleinsten Zettel aufbewahren sollte, den man an der Uni bekommt, da man ihn sicher noch einmal irgendwann vorzeigen muss. Nach der Ankunft auf dem Campus checkt man zunächst im Studentenwohnheim ein. Dazu sind die Admission Notice, Visa Application Form und der Reisepass mit gültigem Visum nötig. Zudem muss man die volle Miete bis Ende Januar für das gesamte Semester im Voraus bezahlen. Sie wird jedoch auf den Tag genau zurückerstattet, falls man früher auszieht. So kommt man für ein Semester in der Regel auf eine Mietdauer von vier Monaten (Mitte September bis Mitte Januar). In der ersten Woche muss man sich auch für die Uni registrieren im International Office (zu meiner Zeit Zijing Building 23). Dazu braucht man wieder die Admission Notice, die Visa Application Form, den Reisepass, eine Reisepasskopie und ein Passbild. Bei der Registrierung erhält man auch ein Passwort, um sich Zugang zum Internet auf dem Campus zu verschaffen. Das Wifi war leider im Studentenwohnheim nicht sehr gut. Deswegen empfiehlt es sich ein LAN-­‐Kabel zu kaufen. In den Hörsaalgebäuden der Uni funktionierte das W-­‐Lan aber einwandfrei. Dieses Passwort ist auch wichtig für die Kursanmeldung. Also unbedingt aufbewahren. Nach ein paar Tagen nach der Registrierung kann man dann seine Student ID abholen. Im gleichen Gebäude ein paar Räume weiter befindet sich auch ein Visa Service. Falls man also ein neues Visum beantragen möchte, falls man aus China ausreisen will, kann man das auch direkt auf dem Campus tun. Der Erfahrung nach dauert das ca. 2 Wochen, kann aber auch je nach Nachfrage länger dauern. Die Tsinghua University bietet seinen Austauschstudenten Plätze im Studentenwohnheim auf dem Campus an. Die Plätze für das Wohnheim sind sehr beliebt. Zusammen mit der offiziellen Admission Notice erhält jeder Student eine Beschreibung, ab wann und wie man sich für einen Wohnheimplatz bewerben kann. Der Termin, zu dem das Onlineportal freigeschaltet wird, war in meinem Fall um 3 Uhr morgens deutscher Zeit. Wer sich für ein Wohnheimsplatz bewerben will, muss pünktlich um 3 Uhr morgens online sein, da die Plätze in der Regel nach zehn Minuten weg sind. Wählen kann man zwischen einem Einzelzimmer, AB Room (Wohnung für 2 Studenten mit 2 Schlafzimmern und einem Bad) und einem Doppelzimmer (Ein Schlafzimmer für 2 Studenten). In meinem Fall waren die Doppelzimmer als erstes weg, da die um die Hälfte günstiger sind als das Einzelzimmer und der AB Room. Die Zimmer sind zwar nicht gerade groß, aber ich habe es als großen Vorteil empfunden auf dem Campus zu wohnen. Verschiedene Mensen sind direkt um die Ecke. Ebenso wie ein größerer Supermarkt, das International Office, ein Café́, Wäschereien und mehrere Sportanlagen. Besonders das Preisleistungsverhältnis ist unschlagbar. Für das Einzelzimmer und den AB Room bezahlt man 80 RMB pro Tag (ca. 11 €). Wie schon erwähnt, muss die Miete bei der Ankunft bis Ende Januar vorausgezahlt werden. Enthalten in dem Preis ist auch der dreimal wöchentliche Putzservice, der auch einmal die Woche die Bettwäsche wechselt. Auch eine Waschmaschine ist auf jedem Flur des Wohnheims. Dafür muss man jedoch an der Rezeption einen Wäschechip kaufen. Als Nachteil habe ich die eingeschränkten Besuchszeiten und die Einschränkungen für warmes Wasser empfunden. Besucher durften sich nur angemeldet und zwischen 8 und 23 Uhr auf dem Zimmer aufhalten und das Duschen mit warmem Wasser war 3 mal täglich von 7-­‐9, 15-­‐17 und 20-­‐24 Uhr möglich. Aus diesem Grund entscheiden sich auch viele nicht auf dem Campus zu wohnen und suchen sich eine Wohnung in Wudaokou, das naheliegende Studentenviertel. Wer das will, sollte mit der Suche erst vor Ort beginnen und keine Wohnung mieten, die er nicht besichtigt hat. Zudem ist es sinnvoll, wenn man selbst nicht fließend Chinesisch spricht jemand chinesischsprachigen bei den Besichtigungen und Vertragsverhandlungen dabeizuhaben. Generell ist das Wohnen außerhalb des Campus’ teurer. Man muss mit einem deutlich höheren Mietpreis pro Monat rechnen plus Provision. 3. Fächerwahl Die School of Economics and Management bietet ein breitgefächertes Programm an Wahlfächern an. Es gab für mich viele interessante Kurse, die auf Englisch gehalten wurden. Ich habe die Fächer General Management, International Business und Financial Institutions belegt, die jeweils 2 Chinesische Credits einbringen. An der RWTH werden die Credits aber doppelt angerechnet. Zudem habe ich das Fach Labor Economics belegt, das 3 chinesische Credits hat, also mit 6 Credits an der RWTH angerechnet wird. Der Unterschied zwischen 2 und 3 Credit Fächern besteht darin, dass 2 Credit Fächer nur ein Quartal gehen, und 3 Credit Fächer über das ganze Semester. Vom Aufwand her konnte ich sonst keinen Unterschied feststellen. Im Semester gab es in jedem Fach Gruppenarbeiten, die eine Präsentation und eine mindestens 10-­‐seitige Hausarbeit beinhalteten. Zudem gab es immer auch eine Abschlussklausur. Nur in Labor Economics hat sich die Note aus einem Midterm, einem final exam und wöchentlichen Abgaben von Hausaufgabenblättern zusammengesetzt. Generell zum Studium lässt sich sagen, dass sehr viel Wert auf Gruppenarbeit gelegt wird und es im Semester sehr viele Abgabefristen gibt (Hausaufgaben, Präsentationen, Hausarbeiten). Zudem besteht in den meisten Fächern Anwesenheitspflicht. 4. Partneruniversität Es hing stark von den positiven Erfahrungsberichten der letzten Jahre ab, weshalb meine Wahl auf die Tsinghua University fiel. Zudem zählt sie zu den renommiertesten Universitäten in China und auch in internationalen Rankings schneidet sie sehr gut ab und genießt ein hohes Ansehen. Der ausgezeichnete Ruf der Uni wird in China besonders deutlich, da es für viele Chinesen ein großer Traum ist, an der Tsinghua University zu studieren, was aber nur wenigen möglich ist. Ich selbst kann diese Universität auch wärmstens empfehlen. Ich habe mich trotz mancher Schwierigkeiten auf Grund der Sprachbarriere immer gut aufgehoben gefühlt und vom Organisatorischen war alles sehr strukturiert und gut organisiert. Auch die Dozenten waren sehr gut und motiviert und gaben sich große Mühe, ihre Fächer interessant zu gestalten. Im Unterschied zu Deutschland bestand auch ein engeres Verhältnis zu den Studenten, was Gruppengröße in den einzelnen Fächern von ca. 50 Leuten zuzuschreiben ist. Der Campus selbst gleicht einer eigenen kleinen Stadt. Wenn man nicht will, muss man den Campus gar nicht verlassen. Es gibt einen eigenen Supermarkt, ein Krankenhaus (falls man dort hin muss, am besten seinen chinesischen Buddy mitnehmen, da kein Englisch gesprochen wird), eine große Auswahl an verschiedenen Mensen, Cafés, Copy-­‐Shops, Buchläden, Banken, eine Poststelle, ein Frisör und zahlreiche Sportmöglichkeiten. Und es gibt sogar ein Fitnessstudio auf dem Campus, das sehr sinnvoll ist, weil man sich draußen häufig nicht sportlich betätigen kann und es auch wegen der hohen Luftverschmutzung in Peking gesundheitsgefährdend ist. Es gibt Tage, mit extrem hohen Smogwerten, an denen man das Haus nicht ohne Maske verlassen sollte. Es ist sinnvoll, sich eine App runterzuladen, die den aktuellen Smogwert anzeigt. Manche Fächer sind auf ein bestimmtes Buch aufgebaut, das das ganze Semester behandelt wird. Daher sollte man sich dieses sinnvollerweise zulegen. Sehr günstig erhält man diese Bücher als Fake Bücher (das Originalbuch wurde kopiert und gebunden) in einer Buchhandlung auf dem Campus nahe des Teachingbuildings 3. Der Campus ist wirklich sehr groß und es dauert ein paar Tage, bis man sich einen Überblick verschafft hat. Es ist zu empfehlen sich ein Fahrrad zuzulegen. Ansonsten braucht man zu Fuß teilweise gute 20 Minuten, um zur Vorlesung zu kommen. Ein Fahrrad kann man auch auf dem Campus kaufen. Fahrräder gibt es schon ab 20 € zu kaufen. Man sollte auf jeden Fall mit dem Händler verhandeln, sonst bezahlt man zu viel. Am besten dafür seinen Buddy mitnehmen, wenn man nicht sehr gut Chinesisch sprechen kann. 5. Freizeit Außerhalb des Campus kann man sich gut im nahegelegenen Studentenviertel Wudaokou aufhalten. Hier gibt es zahlreiche Einkaufsmöglichkeiten und viele nette Studentenbars und Cafés. Um mehr von Peking zu sehen, ist die Metro unschlagbar (maximal 5 RMB, weniger als 1 € pro Fahrt). Mit ihr gelangt man zu fast allen Sehenswürdigkeiten wie die Verbotene Stadt, der Sommerpalast und der Himmelstempel, um nur ein paar davon zu nennen. Kulturell hat Peking sehr viel zu bieten und ich habe es im Semester kaum geschafft alles zu besichtigen. Als Student hat man auch den Vorteil, dass man bei Vorlage des Studentenausweises oft eine Ermäßigung bekommt. Auch die anderen Stadtviertel sind mit der Metro gut zu erreichen wie zum Beispiel Sanlitun, ein eher westlich geprägtes Viertel, das zum Ausgehen sehr beliebt ist mit seinen zahlreichen Clubs und einer Barstreet. Was man in Peking auf keinen Fall auslassen sollte, ist der Besuch der Great Wall. Dorthin kommt man auch mit den öffentlichen Verkehrsmittel. Neben den öffentlichen Verkehrsmitteln ist auch das Taxifahren in China sehr günstig im Vergleich zu Deutschland. Zum Reisen ist China ein sehr interessantes und vielfältiges Land. Auf der einen Seite gibt es die boomende Städte, wie Peking, Shanghai, Hongkong und auf der anderen Seite wunderschöne Naturlandschaften, die mich sehr beeindruckt haben. Das Land bietet so viele Facetten, von Wüstenregionen, Stränden, Städten aus Eis, Reisfeldern, Karstlandschaften bis hin zu atemberaubenden Gebirgen. In der ersten Oktoberwoche ist die sogenannte „Golden Week“ in China. Hier hat man eine Woche Zeit, um schon während des Semesters zu reisen. In dieser Woche reisen sehr viele Chinesen, da alle frei haben. Falls man in der Zeit verreisen möchte, sollte man sich möglichst früh um Zugtickets etc. kümmern, da vieles in dieser Woche sehr schnell ausgebucht ist. Nach Ende des Semesters war China für mich ein guter Ausgangspunkt, noch weitere Länder im asiatischen Raum zu bereisen. Ich bin mit 3 anderen Studenten zunächst in südliche Richtung durch China gereist, von dort über den Landweg nach Vietnam, dann weiter nach Taiwan und Seoul, bevor ich wieder für den Rückflug nach Peking ging. Für mich war es die richtige Entscheidung, in ein Land außerhalb Europas und mit einer total anderen Kultur zu gehen. Genau aus diesem Grund war es nicht immer einfach, mit China zu identifizieren, aber diese andern Denk-­‐ und Sichtweisen zu erleben und zu verstehen, war sehr prägend und bereichernd für mich. Ich kann es nur jedem empfehlen, denn es war eine wunderschöne Zeit mit viel Spaß und vielfältigen Erfahrungen, die meinen Horizont erweitert haben. 

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