Softwareunterstütztes Qualitäts

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Softwareunterstütztes Qualitäts
Qualitätsmanagement
das
Krankenhaus
7.2009
Hubert Buddendick/Anna Wiesmann/Dr. Beate Wolter/Prof. Dr. Norbert Roeder
Softwareunterstütztes Qualitäts- und
Wissensmanagement am UKM
Die Qualität der medizinischen Leistungen ist ein wesentlicher Faktor mit steigender Bedeutung im Wettbewerb der
Krankenhäuser. Die Einführung eines internen Qualitätsmanagementsystems ist für Krankenhäuser seit 2005 gemäß
§ 135 a SGB V gesetzliche Pflicht. Dabei bleibt es den Krankenhäusern selbst überlassen, welches QM-System sie
anwenden. Zunehmend mehr Krankenhäuser entscheiden sich über die Etablierung hinaus für eine Zertifizierung
ihres QM-Systems. Die Überprüfung des eingeführten QM-Systems durch ein Zertifizierungsverfahren wird künftig
zu einem unverzichtbaren Gütesiegel für die Qualität eines Krankenhauses. Die mit der Einführung eines umfassenden QM-Systems notwendigen Maßnahmen müssen administriert werden, die notwendigen Informationen wie
Standards, Verfahrensanweisungen etc. müssen allen Mitarbeiterinnnen und Mitarbeitern zur Verfügung stehen.
Die Autoren zeigen mit ihrem nachfolgenden Beitrag, wie diese komplexe Herausforderung am Universitätsklinikum
Münster (UKM) gelöst wurde.
I
m Mai 2007 beschloss der Vorstand des UKM die klinikumsweite Einführung eines QM-Systems und dessen Zertifizierung nach dem Verfahren der Kooperation für Transparenz
und Qualität im Gesundheitswesen (KTQ). Ziel ist die nachhaltige Optimierung von Prozessen und Ergebnissen in allen
Aspekten der Patientenversorgung und auch patientenfernen
Bereichen des UKM. In einem Teil der Kliniken und Institute
des Unternehmens bestanden bereits zertifizierte bzw. akkreditierte QM-Systeme. Die Aufgabenstellung war nun, ein alle
medizinischen und nichtmedizinischen Bereiche des Klinikums umfassendes QM-System zu etablieren und nach KTQ
zu zertifizieren. Hierzu gehören auch die Herstellung einer
klinikumsweiten Transparenz hinsichtlich der Prozesse und
Abläufe, eine standardisierte Dokumentation sowie eine klinikumsweit strukturierte und einheitliche Vorgehensweise bei
der Umsetzung von Prozessoptimierungen.
Softwareunterstützung
Bereits in den Planungen wurde deutlich, dass die Einführung
eines umfassenden QM-Systems durch eine einheitliche Software im Sinne einer klinikumsweiten und bereichsübergreifenden Qualitätsmanagement-Plattform unterstützt werden muss. Gewährleistet werden sollte
n die zentrale Dokumentation aller relevanten Prozesse und
n ein flexibles Wissensmanagement,
n die Unterstützung des Zertifizierungsprozesses.
Übergreifendes Ziel war die Etablierung einer klinikumsweiten lebendigen Qualitätsmanagement-Plattform, in der allen
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Unternehmens das gesammelte Wissen und alle Regelungen des Hauses zur Verfügung stehen. Außerdem sollte die Bündelung aller QM-relevanten Inhalte in einem System geschaffen werden.
Anforderungen an die Software
Die Anforderungen an eine Software zur Unterstützung der
Einführung eines umfassenden Qualitätsmanagementsystems
waren im Einzelnen:
1. Systemanforderungen
n webbasiert
n datenbankgestützt
n individuell konfigurierbar (Struktur, Layout)
n dezidiertes Berechtigungssystem zur Trennung von Lese-,
Schreib- und Freigabe-/Veröffentlichungsrechten
n zentrale Vorgabe von Strukturen und dezentrale Pflege von
Inhalten
n automatische Archivierung
n benutzerfreundliche Handhabung und Bedienung
Abläufe,
n die berufs- und abteilungsübergreifende Transparenz und
Information über alle Abläufe und Regelungen,
n die standardisierte Erstellung und Pflege von QM-Dokumenten,
n die übergreifende Kommunikation und Information von
QM-relevanten Inhalten,
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2. Elektronische Dokumentenlenkung
n automatisierte Versionierung und Revisionskontrolle
n Verteilung von Verantwortung und Information
n Aufgabenlenkung durch automatisierte Workflows (Genehmigungs-/Freigabeworkflows)
n Einbindung von mitgeltenden Dokumenten
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n Einbindung von gängigen Office-Do-
Qualitätsmanagement
Abbildung 1: Startseite der internen QM-Plattform des UKM
kumenten
3. Datenbankgestütztes Wissensmanagement
Suchfunktionalität
n umfangreiche
zur raschen Lokalisation von Informationen
n bedarfsgerechte Verknüpfung von
Inhalten
n Möglichkeiten, Inhalte gebündelt
und bedarfsgerecht zur Verfügung
zu stellen
4. Unterstützung bei Zertifizierungsvorhaben
Auswahl der Software
Im deutschsprachigen Raum ist eine
Vielzahl unterschiedlichster Softwareprodukte zur elektronischen Dokumentenlenkung verfügbar. Nach ausgiebigen Recherchen und Produktpräsentationen hat sich das UKM für das Produkt Nexus Curator
entschieden. Diese Software ist nicht nur speziell für die elektronische Dokumentenlenkung einsetzbar, sondern eignet sich
darüber hinaus für ein flexibles datenbankbasiertes Wissensmanagement. Die Nexus AG ist seit 2008 Kooperationspartner
der KTQ-GmbH.
Aufbau der softwareunterstützten QM-Plattform
Nach dem Aufbau der technischen Infrastruktur und der
Installation der Software wurde zunächst ein Benutzerrechtekonzept entwickelt. Die Benutzerrechte steuern im System
die Berechtigungen als Leser, Autor, Genehmiger oder Administrator. Die QM-Plattform ist im Sinne einer Intranetplattform für jeden Mitarbeiter am UKM zugänglich. Alle Beschäftigten haben Leserechte und können die eingestellten Inhalte
von jedem PC am UKM aus einsehen. Benannte Vertreter der
einzelnen Organisationseinheiten des UKM erhalten erweiterte Benutzerrechte (Autorenrechte), um dezentral Inhalte
einstellen, ändern und pflegen zu können. Hierzu wurde ein
Konzept zur Benutzerverwaltung und Betreuung der Nutzer
erstellt. Die Genehmigungsrechte liegen grundsätzlich bei den
verantwortlichen Leitungen der verschiedenen Organisationseinheiten. Die Aufgabenlenkung erfolgt durch einen elektronischen Freigabe- und Genehmigungsworkflow. Das Layout
der QM-Plattform wurde an das Corporate Design des UKM
angepasst. Die in das System integrierte Textverarbeitung wurde so modifiziert, dass eine einheitliche Gestaltung der eingestellten Inhalte gewährleistet wird, um den Wiedererkennungswert zu erhöhen.
Um die grundlegende Seitenstruktur der Plattform zu entwickeln, wurde eine Projektgruppe gegründet. Neben der Ab-
bildung der organisatorischen Einheiten waren die Benutzerfreundlichkeit und eine einfache Navigation innerhalb des
Systems entscheidende Anforderungen.
Elektronische QM-Dokumentation und Dokumentenlenkung
In einer weiteren Projektgruppe wurden die grundlegende
Struktur der klinikumsweiten QM-Dokumentation sowie Art
und Aufbau der QM-Dokumente (Verfahrensanweisungen,
Arbeitsanweisungen etc.) erarbeitet und vom Vorstand als
verbindlich verabschiedet. Dabei wurde auch eine Gesamtstruktur für das QM-Handbuch des UKM festgelegt. Allen
Organisationseinheiten steht innerhalb des QM-Handbuches
ein eigener Bereich zu Verfügung, wo dezentral alle relevanten
Dokumente wie Verfahrensanweisungen, Pflegestandards
oder Checklisten und Formulare eingestellt werden. Alle
wesentlichen QM-Dokumente (Verfahrensanweisungen, Arbeitsanweisungen etc.) wurden als Dokumentenvorlagen, versehen mit Ausfüllhinweisen, im System angelegt. Die Dokumente können auf diese Weise dezentral in standardisierter
Form von allen Organisationseinheiten erstellt und gepflegt
werden.
Im zentralen klinikumsweiten Bereich des elektronischen QM-Handbuches werden unter anderem die grundlegenden Organisationsstrukturen des UKM, zentrale Informationen sowie klinikumsübergreifende Regelungen dargestellt. Die Sicherung, Versionierung und Archivierung der
Dokumente erfolgt automatisiert über das System. Das Verfahren zum Erstellen, Vorschlagen und Freigeben (Veröffentlichen) von Dokumenten wurde in einer Verfahrensanweisung zur Dokumentenlenkung verbindlich für das
u
UKM festgelegt.
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Abbildung 2: Übersichtsliste über Projekte und Verbesserungsmaßnahmen in einem dezentralen
Bereich
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Startseite des QM-Portals wird mittels
einer Nachrichtenfunktion laufend
über inhaltliche Neuerungen informiert. Für das UKM erhielt die Nachrichtenfunktionalität eine Erweiterung,
sodass auch bereichsspezifisch auf
den Startseiten der jeweiligen Organisationseinheiten bereichsspezifische
Nachrichten von den berechtigten Nutzern selbstständig erstellt und veröffentlicht werden können. Somit sind
tagesaktuell übergreifende und bereichsspezifische Informationen kommunizierbar.
Wissensmanagement
Schulungen
Für die dezentrale Erfassung von Inhalten war es notwendig,
die verantwortlichen Mitarbeiter der einzelnen Organisationseinheiten in der Anwendung der Software zu schulen. Hierzu
wurde ein spezielles Schulungskonzept für die sogenannten
Key-User erstellt. In einem Zeitraum von vier Monaten nahmen mehr als 160 Mitarbeiter jeweils vierstündig hausintern
an einer Schulung im Umgang mit dem System teil. In der
Regel handelte es sich hierbei um die Qualitätsmanagementbeauftragten der einzelnen Kliniken, Institute und Fachabteilungen sowie weitere benannte Autoren. Ein umfängliches Key-User-Handbuch wurde erstellt, das detailliert die
grundlegenden Schritte für die Erstellung, Pflege und Genehmigung von QM-Dokumenten in der QM-Plattform beschreibt.
Übergreifende Kommunikations- und Informationsplattform
Die dezentral durch die Key-User der jeweiligen Bereiche eingestellten Inhalte stehen nach der Veröffentlichung allen
UKM-Beschäftigten klinikumsweit zur Verfügung. Um eine
lebendige QM-Plattform zu schaffen, in der alle Mitarbeiter gesammeltes Wissen finden können, steht unter anderem auch
ein umfassender zentraler Informationsbereich bereit, der stetig ausgebaut wird. Hier sind grundlegende Informationen
zum Qualitätsmanagement abrufbar (KTQ-Zertifizierungsverfahren, Qualitätsmanagementbeauftragte, Mustervorlagen
für qualitätsrelevante Dokumente etc.) sowie zu weiteren Themenbereichen wie Risikomanagement, Beschwerdemanagement, Ideenwettbewerb und Projektmanagement. Auf der
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Die QM-Plattform bietet die Möglichkeit, klinikumsübergreifende und bereichsspezifische Informationen und
Regelungen durch Übersichtslisten,
Verweise und intelligente Verlinkungen
mit weiteren Inhalten nutzerfreundlich
aufzubereiten und zu verknüpfen. So
können zum Beispiel bestimmte Inhalte individuell in Form von Datenbankabfragen systemweit
an jeder Stelle der QM-Plattform zur Verfügung gestellt werden. In jeder Organisationseinheit existieren Übersichtslisten
zu allen Regelungen (Verfahrensanweisungen, Arbeitsanweisungen, Standards etc.) und Checklisten des Bereiches.
Ähnliche Übersichten sind auch für alle klinikumsübergreifenden Regelungen verfügbar.
Die eingestellten Inhalte lassen sich so weit verknüpfen,
dass zum Beispiel bei einer Verfahrensanweisung mitgeltende
Dokumente oder weiterführende Informationen, die auf der
Plattform hinterlegt sind, als Link in das Dokument eingebunden werden und somit zum interaktiven Bestandteil dieses
Dokumentes werden. Dies ermöglicht es, Wissen gezielt und
komfortabel zu bündeln und an geeigneter Position in zweckmäßiger Form zu präsentieren.
Inhalte werden kategorisiert, sodass für den Nutzer die
Identifikation einzelner Informationen vereinfacht wird. Zum
Beispiel sind alle Qualitätsdokumente vom Typ Verfahrensanweisung durch ein Symbol direkt im Navigationsbaum als
solche erkennbar. Für diese Visualisierung und Kategorisierung von Dokumenten stehen verschiedene Symbole zur Verfügung.
Eine weitere Möglichkeit, sich in der stetig wachsenden
Menge von Informationen schnell und gezielt zurechtzufinden, ist die Nutzung einer umfangreichen Suchfunktionalität.
Ähnlich wie bei bekannten Internetportalen (zum Beispiel
Wikipedia), kann der Nutzer schlagwortbezogen in der gesamten QM-Plattform oder nur in Teilbereichen gezielt nach bestimmten Inhalten suchen. Durch eine Indexierung der Dateianhänge (PDF, Office-Dokumente) wurde die Suchfunktionalität für das UKM erheblich erweitert. Komplettiert wird
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die Suchfunktion durch die Verknüpfung mit der Suche im Intranet des UKM. Der Nutzer bekommt schlagwortbezogen sowohl alle Ergebnisse der QM-Plattform als auch des UKM-Intranets angezeigt.
Projekte am UKM
Weitere Funktionalitäten wurden entwickelt und in der QMPlattform zur Verfügung gestellt. Nachfolgend zwei Beispiele:
Weit über 600 Projekte und Verbesserungsmaßnahmen
werden derzeit im Rahmen der klinikumsweiten Einführung
eines QM-Systems am UKM umgesetzt. Die Projekte und
Maßnahmen werden entweder zentral oder in eigener Regie
von den Kliniken, Instituten und Fachabteilungen durchgeführt. Um über alle aktuellen Projekte und Verbesserungsmaßnahmen Transparenz zu schaffen, wurde in der QM-Plattform eine datenbankbasierte Projektübersicht eingerichtet.
Alle Mitarbeiter können sich jederzeit über Projektinhalte und
den Stand der Projekte und Maßnahmen am UKM informieren (siehe u Abbildung 2). Jedes Projekt wird mit einer Kurzbeschreibung des Projektinhaltes, den jeweiligen Ansprechpartnern und dem aktuellen Status dokumentiert. Darüber
hinaus werden die dezentralen Projekte und Maßnahmen unter den jeweiligen Bereichen in der QM-Plattform aufgelistet.
Alle Übersichtslisten können individuell nach Schlagwörtern
gefiltert werden. Bei abgeschlossenen Projekten und Maßnahmen wird auf das jeweilige Projektergebnis verwiesen.
Qualitätsmanagement
Stand der Umsetzung
Das Gesamtprojekt der Implementierung eines umfassenden
QM-Systems und die angestrebte Zertifizierung nach dem
KTQ-Verfahren wird vom Zentralen Qualitäts- und Risikomanagement des UKM geleitet und koordiniert. Im Dezember
2007 wurde mit dem Aufbau der QM-Plattform begonnen, ab
März 2008 fanden die Key-User-Schulungen zum Umgang mit
dem System statt. Zeitgleich erfolgte in allen Organisationseinheiten eine bereichsspezifische Projekt- und Maßnahmenplanung zur Einführung eines QM-Systems. Seitdem pflegen die
verschiedenen Organisationseinheiten Inhalte in die QM-Plattform ein. Diese Inhalte sind zum Beispiel die Ergebnisse der
Projekte und Maßnahmen in Form von Regelungen, Checklisten, Formularen oder Informationen. Die QM-Plattform wird
zentral und dezentral kontinuierlich ausgebaut, um ein umfassendes Wissensmanagement zu etablieren.
Anschrift der Verfasser
Dipl.-Pflegew. Hubert Buddendick/Dipl.-Päd. Anna Wiesmann/
Dr. med. Beate Wolter, Geschäftsbereich Medizinisches Management,
Abteilung Zentrales Qualitäts- und Risikomanagement, Universitätsklinikum Münster, Domagkstraße 20, 48149 Münster/Prof. Dr. med.
Norbert Roeder, Ärztlicher Direktor/Vorstandsvorsitzender, Universitätsklinikum Münster, Domagkstraße 5, 48149 Münster
n
Beauftragte am UKM
Entsprechend der gesetzlichen Regelungen existiert eine Vielzahl von Beauftragten am UKM (zum Beispiel Hygiene-, Strahlenschutz- oder Transfusionsbeauftragte). In der QM-Plattform
wurde eine datenbankbasierte Funktionalität eingerichtet, um
alle Beauftragten systematisch zu erfassen. Neben dem Namen
und der Funktion des Beauftragten werden weitere Informationen wie Diensttelefon und E-Mail-Adresse zentral erfasst und
publiziert. Der Nutzer erhält somit gezielte und immer aktuelle
Informationen in Form von Übersichtslisten über alle Beauftragten am UKM, die jeweiligen Beauftragten einer Art oder
alle Beauftragten einer Abteilung.
Unterstützung des Zertifizierungsprozesses
Mit Hilfe der QM-Plattform am UKM stehen alle qualitätsrelevanten Dokumente zentral zur Verfügung. Dies bietet für Zertifizierungsvorhaben einzelner Bereiche des UKM und für die
Vorbereitung auf eine klinikumsweite Zertifizierung nach dem
KTQ-Verfahren eine willkommene Unterstützung. Die QMPlattform-Software bietet die Funktionalität, qualitätsrelevante
Inhalte direkt mit den einzelnen Kategorien des integrierten
KTQ-Kataloges zu verknüpfen. Außerdem lässt sich die Erstellung des KTQ-Selbstbewertungsberichtes inklusive einer Bepunktung direkt auf der Plattform vornehmen. Die Vorbereitung auf das KTQ-Zertifizierungsverfahren wird dadurch systematisiert und vereinfacht.
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