Mitarbeiterorientierte Dienstplangestaltung

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Mitarbeiterorientierte Dienstplangestaltung
Mitarbeiterorientierte Dienstplangestaltung
Annemarie Schäper, Universitätsklinikum Münster
Agenda
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Realität der Arbeitswelt
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Erfolgsfaktor Personal
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Mitarbeiterfreundliche Dienstplangestaltung – die Quadratur des
Kreises?
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Arbeitszeitgestaltung als Wettbewerbsfaktor
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Arbeitszeitgestaltung aus Mitarbeitersicht
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Möglichkeiten bei der Arbeitszeitgestaltung
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Rahmenbedingungen der Arbeitszeitgestaltung
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Maßnahmen des Universitätsklinikums Münster (UKM)
Praxisbeispiel: Familienfreundliche Dienstzeiten
Mitarbeiterfreundliche Dienstplangestaltung | A. Schäper | Berlin, 28.01.2012
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Realität der Arbeitswelt
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Weniger jüngere, mehr ältere Arbeitnehmer
• Nachfrage an medizinischer und pflegerischer
Leistung steigt mit der höheren Lebenserwartung
•
Verlängerung der Lebensarbeitszeit
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Sinkender Anteil an Fachkräften/ Fachkräftemangel
•
Zunehmende Teilhabe von Frauen am Erwerbsleben
•
Gesellschaftlicher Wertewandel
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Erfolgsfaktor Personal
Qualifiziertes und motiviertes
Personal
ist die wichtigste
Ressource
in Einrichtungen des
Gesundheitswesen!!!
•Arbeitszeit ein wesentlichen Element der Mitarbeiterzufriedenheit
„Oft orientiert sich die Flexibilisierung vorwiegend an den Bedürfnissen der Firmen,
die Wünsche der Arbeitnehmer werden häufig zu wenig oder gar nicht
berücksichtigt.
Hier sollten die Betriebe im eigenen Interesse umdenken, denn nur zufriedene
Mitarbeiter, die sich wohlfühlen, sind leistungsfähig, leistungsbereit und
produktiv.“
Im Takt? - Gestaltung von flexiblen Arbeitszeitmodellen
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin 3. Auflage. Dortmund 2008, S. 11
Mitarbeiterfreundliche Dienstplangestaltung | A. Schäper | Berlin, 28.01.2012
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Mitarbeiterorientierte Dienstplangestaltung
= Die Quadratur des Kreises?
DEMOGRAFISCHER WANDEL
(Deutschland altert und schrumpft)
ALTERSDIVERSITÄT IN TEAMS
(Werte bei z.B. Baby-Boomer – Generation Y)
ARBEITSVERDICHTUNG
KUNDENWÜNSCHE
(Leistungs-, Zeitdruck wächst)
(Zeitliche Verfügbarkeit von Leistungen)
KOSTENDRUCK
(Bleibt hoch im DRG-System)
BALANCE ARBEIT / LEBEN
(Mitarbeiterzufriedenheit und –bindung nimmt zu)
FACHKRÄFTEMANGEL
(Bedeutung von Wissen und Kompetenz steigt)
AUSFALL UND FLUKTUATION
VEREINBARKEIT FAMILIE / BERUF
(Tragfähige Modelle sind notwendig)
(Anteil weiblicher Beschäftigter ist hoch)
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Arbeitszeitgestaltung als Wettbewerbsfaktor
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Die Arbeitszeitgestaltung hat unmittelbaren Einfluss auf die
Lebensgestaltung (Kinder, Freizeit, Pflege Angehöriger etc.)
•
Somit beeinflusst sie Zufriedenheit, Motivation und
Wohlbefinden /Gesundheit der Mitarbeiter in erheblichem Maße
•
Hier positive Effekte zu erzielen und damit gleichzeitig
Mitarbeiterbindung (Attraktivität) zu bewirken nutzt dem
gesamten Unternehmen
•
Dies kann gelingen, wenn Unternehmens- und Mitarbeiterinteressen gleichermaßen in die Arbeitszeitgestaltung einfließen
•
Keinesfalls zu vernachlässigen ist, dass Arbeitszeit und
Arbeitsorganisation aufeinander abgestimmt werden müssen
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Arbeitszeitgestaltung aus Mitarbeitersicht
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Unübliche Arbeitszeiten (Wechseldienst, Nachtdienst,
Wochenenddienst) werden subjektiv sowohl positiv wie negativ
empfunden
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Objektiv stellen sie eine messbare gesundheitliche Belastung dar
•
Unübliche Arbeitszeiten schränken private Lebensoptionen und
soziale Integration ein, da ein Großteil der Menschen im sozialen
Umfeld über Freizeit verfügt
•
Arbeitsverdichtung und Zunahme von Pflegeintensität sind
verstärkt durch Mehrarbeit / Überstunden – Planungsunsicherheit/
„Einspringen“ also Einschränkung der geplanten Freizeit =
Hauptbelastungsfaktoren
•
Fazit: Jede vierte im Pflege-Thermometer 2009* befragte Pflegekraft
gab an, eine Reduzierung der Arbeitszeit aufgrund von
Überforderung anzustreben
* Isfort, M.; Weidner, F. et al. (2010): Pflege-Thermometer 2009. Eine bundesweite Befragung von Pflegekräften
zur Situation der Pflege und Patientenversorgung im Krankenhaus. Hrsg.: Deutsches Institut für angewandte
Pflegeforschung e.V. Köln (dip)
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Möglichkeiten bei der Arbeitszeitgestaltung
•
Innovative, kreative Arbeitszeitmodelle
•
Zeitsouveräne Arbeitszeitgestaltung unter Berücksichtigung
der Mitarbeiterwünsche
•
Reduzierte Tages-, Wochen-, Monats- und Jahresarbeitszeiten
•
Zwischendienste und kurze Dienste in planbaren
regelmäßigen Arbeitssequenzen
•
Individualisierte Dienstpläne mit Möglichkeiten zum
Diensttausch
•
Wahlarbeitszeit für definierten Zeitraum
•
Arbeitszeitkonten
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Grundsatz: Verlässliche Dienstplanung ist für eine 365 Tage /
24 h – Versorgung unerlässlich
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Rahmenbedingungen der Arbeitszeitgestaltung
• Dienstplangestaltung ist wichtige Führungsaufgabe
• Dienstplangestaltung hat entscheidenden Einfluss auf
die Qualität der Versorgung und die
Mitarbeitermotivation und –zufriedenheit.
• Ziel ist die gelungene Balance von Arbeit und Leben
• Grundsätze:
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Gesetzliche / tarifrechtliche Rahmenbedingungen
Qualifikationsorientierte (Mindest-) Besetzung
Kontinuität der Pflege
Einbeziehung der Mitarbeiterwünsche
Planungssicherheit
Gleichbehandlung der Mitarbeiter
Transparenz
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Universitätsklinikum Münster - Eckdaten
Mehr als 7000 Beschäftigte
Darunter:
Einrichtungen
• 48 Kliniken und Institute
• 30 Forschungsinstitute
• 12 Schulen und Weiterbildungsstätten
Besondere Schwerpunkte
• Entzündungs- und Transplantationsmedizin
• Herz- und Gefäßmedizin
• Neuromedizin
• Reproduktions- mit Prä- und Perinatalmedizin
• rund 1.600 Ärztinnen/Ärzte und
Wissenschaftlerinnen/Wissenschaftler
• mehr als 1.800 Beschäftigte im Pflegeund Funktionsdienst
• ca. 200 Servicemitarbeiter
• über 1.700 medizinisch-technische
Mitarbeiterinnen/ Mitarbeiter
• ca. 850 Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter in
Technik, Versorgung und Verwaltung
• über 350 Schüler, Auszubildende,
Praktikanten
• Tumormedizin
Größter Arbeitgeber im Münsterland
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Maßnahmen des UKM (I)
• Flexible Modelle lösen Standardarbeitszeiten mehr
und mehr ab
• Neben der Dauer können auch die Verteilung und die
Lage der Arbeitszeit in unterschiedlichen Modellen
variieren
• Bedürfnisorientierte Teilzeitmodelle (z.B. 80% oder 40%)
ergänzen die vorhandenen Formen (z.B. 25%, 50%, 75%)
• Wechsel zwischen Voll- und Teilzeitbeschäftigung
möglich
• Freistellung bei familiären Ereignissen möglich
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Maßnahmen des UKM (II)
Arbeitszeitflexibilität
• 2 Früh- / 2 Spätdienstzeiten; Zwischendienste; Nachtdienst
• Längere und kürzere Arbeits- und Freiphasen
• Längere und kürzere Nachtdienstphasen (2,3,4 oder 7)
• verlässliche Urlaubsplanung für ein Jahr
• Etablierung kürzerer Dienste (3,85 bzw. 5,75 Std.)
• Möglichkeit individueller Pausengestaltung
• Berücksichtigung von Wünschen
• Planung 6 Wochen im Voraus
• Möglichkeit von Dienstplanänderungen
• Dienstplanung: Qualifikation, Pflegebedarf, individuelle Wünsche
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Maßnahmen des UKM (III)
Steuerung des Anfalls von Mehrarbeit
- Ampelsystem mit Ausgleichszeitraum 6 Monate -

0-25 Std.

26-50 Std. : werden mit 30% vergütetet und in Freizeit abgebaut

> 50 Std. : werden mit 150% vergütet; Mitarbeiter wird nicht mehr
geplant
: werden zeitnah in Freizeit abgebaut
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7. Maßnahmen des UKM (IV)
Mitarbeiterpools
Intensivpflege
Pool mit familienfreundlichen
Dienstzeiten
Allgemeinpflege
Prinzip des „Gebens und Nehmens“
Mitarbeiter bekommt:
• Wechselschichtdienst im Früh- und Spätdienst
• Verbindliche Planung 6 Wochen im Voraus
• Finanzieller Ausgleich für entgangenen Nachtdienst
• 1-2 monatige Einarbeitung
= Absolute Planungssicherheit
im 2-Schichtssystem
Mitarbeiter gibt:
•Tagesaktueller Einsatz auf 6-12 Stationen
= Flexibilität im Stationseinsatz
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7. Maßnahmen des UKM (V)
Qualifikation
• Fortbildungsangebot für alle Pflegemitarbeiter
• Freistellung analog des Stellenvolumens
• Einsatz von 25% Teilzeitmitarbeitern mind. 1x pro Halbjahr
innerhalb der Woche (Qualitätserhalt)
• Geplante Rotation
•Qualifikationsgerechte Aufgabenverteilung: Delegation
berufsfremder Tätigkeiten
Ziele:
 Kompetenz für sinnhafte qualifizierte
Tätigkeit gewinnen
 Verantwortung für sich selbst, die
Pflege der Patienten und den
Versorgungsprozess übernehmen
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Praxisbeispiel: Familienfreundliche Dienstzeiten
Zielsetzung
• Frühzeitiger Wiedereinstieg nach/in Elternzeit
• Erhöhung der Motivation/ Mitarbeiterzufriedenheit
• Nutzen vorhandener Qualifikationen/Qualitätssicherung
Rahmenbedingungen
• Gesundheits- und Krankenpfleger/in; Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger/in
• Teilzeit < 50 % Stelle
• Dienstzeiten: Kurze Früh- und Spätdienste innerhalb der Woche kombiniert
mit Früh- und Spätdienst am Wochenende
• Fester Dienstplan
• Geplante Einarbeitung
• Einsatz auf unterschiedlichen Stationen (fachspezifische Einsatzgruppen)
• Regelkommunikation
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Tätigkeitsschwerpunkte des kurzen Dienstes
• Unterstützung bei der Ganz- und Teilkörperpflege
• Unterstützung beim An- Auskleiden
• Mobilisation und Lagerung des Patienten
• Unterstützung bei der Nahrungsaufnahme
• Verabreichung von Medikamenten
• Pausenablösung
• Begleitung und Betreuung von Patienten bei Untersuchungen
• Delegation ärztlicher Tätigkeiten
• Stations- und Terminorganisation
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Dienstzeiten
Dienst
Frühdienst
Beginn
08:00 Uhr
Ende
11:50Uhr
Dauer
3,85 Std.
Ohne Pause
Spätdienst
16:10 Uhr
20:00 Uhr
3,85 Std.
Ohne Pause
Frühdienst
06:00 Uhr
14:15 Uhr
+ Pause
Wochenende
Spätdienst
7,7 Std.
12:45 Uhr
21:00 Uhr
Wochenende
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7,7 Std.
+ Pause
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Dienstzeitmodell
• Früh- und Spätdienste
• Einsätze in 2-3 Dienstsequenzen pro Monat
Planungsbeispiel: 4 Wochenrhythmus einer 25% Stelle
(Kurzer Dienst (KD) 3,85 Std. und Wochenenddienst 7,7 Std.)
a) 2 KD + ein Wochenende (Samstag/ Sonntag)
4 KD innerhalb der Woche
b) 3 KD + ein Samstagsdienst
3 KD + ein Sonntagsdienst
und
und
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Einarbeitung:
•
erfolgt in 50% Stelle für einen Monat
•
beträgt 2 Tage pro Station
•
erfolgt auf bis zu 6 Stationen, fachbereichsbezogen
•
benannte Bezugsperson von der Station
•
erfolgt on Top in 7,7 Std.
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Organisatorische Steuerung:
•
Anforderungsberechtigt sind Stationsleitungen und deren Stellvertretung
oder eine im Vorfeld benannte Person.
•
Tagesaktuelle Anforderungen bis 09:00 Uhr
•
Anforderungen für den Folgetag bis 11:00 Uhr
•
Anforderungen werden über das Formular des Allgemeinen Pflegepools
(APP) durchgeführt
•
Die Benachrichtigung der Leitungen erfolgt zeitnah
•
Die Mitarbeiter/innen werden zeitnah per SMS informiert
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Zusammenfassung
 Krankenhäuser müssen sich dem Thema lebensphasenorientierte
Personalführung und -entwicklung intensiv widmen, wenn sie
weiterhin leistungsfähig und als Arbeitgeber attraktiv bleiben wollen.
 Eine gelungenen Balance zwischen Arbeit und Freizeit unterstützt:
- Gewinnung und Bindung von qualifizierten Mitarbeitern
- Erhöhung der Mitarbeiterzufriedenheit und -motivation
- Förderung der Beschäftigungsfähigkeit
- Reduktion von Ausfallzeiten und Fluktuation
 Eine innovative Arbeitszeitgestaltung ist ein wesentliches Element
 Denn:
Medizin und Pflege werden von Menschen für Menschen gemacht
 ohne die im Krankenhaus tätigen Menschen geht gar nichts !
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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Kontakt
Annemarie Schäper
Pflegedirektion – stellv. Pflegedirektorin
Dipl. Pflegemanagerin / Dipl. Pflegepädagogin / M.A.
[email protected]
www.klinikum.uni-muenster.de
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