Ostwestfalen
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Ostwestfalen-Lippe FREITAG 12. FEBRUAR 2016 5 $! 1 + war beim Regionalen Breitband-Gespräch zu Gast ¥ Dortmund. Mit einer Razzia in Dortmund und zwei Orten in Niedersachsen ist die Polizei am Donnerstag gegen Rechtsextremisten vorgegangen. In Dortmund wurden sechs Objekte durchsucht, in Rinteln und Seggebruch (beides im Landkreis Schaumburg) nahe der NRW–Landesgrenze zwei Wohnungen, wie Staatsanwaltschaft und Polizei mitteilten. Dabei seien eine Schreckschusswaffe und zahlreiche Computer, Handys sowie eine Videokamera beschlagnahmt worden. Die Geräte werden jetzt vom Landeskriminalamt untersucht, um Verdächtige zu identifizieren. Dabei haben die Ermittler unter anderem Foto- und Videomaterial, Kurznachrichten und Emails im Blick. Mit den Durchsuchungen reagierten die Ermittler auf die Vorkommnisse der Silvesternacht in Dortmund: Eine Gruppe von rund 25 Rechtsextremisten hatte Polizisten mit Feuerwerkskörpern, Silvesterraketen, Steinen und Flaschen angriffen. Mehrere Beamte wurden verletzt, 18 Personen festgenommen. Die Polizei ermittelt unter anderem wegen Körperverletzung, gefährlicher Körperverletzung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und schwerem Landfriedensbruch. Eine der Durchsuchungen in Dortmund stand nicht im Zusammenhang mit den Silvestervorfällen und hat anscheinend keinen politischen Hintergrund. Bei dem Einsatz stürmte ein Spezialeinsatzkommando die Wohnung eines zur rechten Szene gehörenden Mannes und erschoss einen Kampfhund, wie es in Sicherheitskreisen hieß. Polizeipräsident Gregor Lange betonte, dass die Dortmunder Polizei weiter jede rechtsstaatliche Möglichkeit nutzen werde, um „Volksverhetzer und rechtsextremistische Gewalttäter konsequent zur Verantwortung“ zu ziehen. Dortmund gilt als eine Hochburg von Rechtsextremisten. Im Jahr 2012 hatte NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) die Neonazi-Organisation „Nationaler Widerstand Dortmund“ verboten. Heute sitzt der Landesverband der Partei „Die Rechte“ in Dortmund, der personell und ideologisch der verbotenen Vereinigung nahesteht. ´ Rechtsextreme Straftaten haben in Deutschland 2015 um mehr als 30 Prozent zugenommen. Nach vorläufigen Zahlen registrierten die Sicherheitsbehörden im vergangenen Jahr 13.846 einschlägige Delikte. 2014 hatten die Sicherheitsbehörden 10.541 rechtsextreme Straftaten festgestellt. Der NRW-Wirtschaftsminister VON RALPH MEYER ¥ Paderborn. In Ostwestfalen-Lippe ist der Breitbandausbau auf einem guten Weg, und das Land unterstützt die Vorhaben mit Förderprogrammen mit einem Volumen von 135 Millionen Euro. Wirtschaftsminister Garrelt Duin traf sich mit Landräten und Bürgermeistern der Kreise Paderborn, Gütersloh und Höxter zum dritten Regionalen Breitbandgespräch. In Paderborn sprach Duin über den Stand des Breitbandausbaus in der Region und stellte den Bürgermeistern und Wirtschaftsförderern die Rahmenbedingungen der Breitbandförderung durch das Land NRW und den Bund vor. Die Kreise Paderborn und Gütersloh setzen auf ein gemeinsames Genossenschaftsmodell zur Erschließung von Gewerbegebieten, um den Prozess zu beschleunigen. Die Genossenschaft unter Führung des Rheinisch-Westfälische-Genossenschaftsverbandes soll noch in diesem Jahr gegründet werden, kündigte Paderborns Landrat Manfred Müller an. Sein Gütersloher Kollege Sven-Georg Adenauer begrüßte dieses Vorgehen, zielt es doch auf eine schnelle Umsetzung. Als wirtschaftsstarker Kreis ist das schnelle Internet für die Gütersloher unverzichtbar. Wie der Kreis Paderborn haben auch die Nachbarn in Gütersloh einen Masterplan für ein Glasfasernetz aufstellen lassen. Der Kreis Höxter hat bereits in den Jahren 2010 und 2011 rund vier Millionen Euro in die Breitbandinfrastruktur investiert. Die kreisweit tätige Gesellschaft für Wirtschaftsförderung koordiniert die Prozesse in Planung und Ausschreibung, berichtet Landrat Friedhelm Spieker. Aktuell sollen im Frühjahr die Gewerbe- und Industriegebiete im Kreis Höxter ausgeschrieben werden. Mit Mitte des Jahre ist auch die Detailplanung für die dörflichen Gebieten in Arbeit. In Langenberg (Kreis Gütersloh) und Delbrück (Kreis Paderborn) will sich ein privater Investor im Glasfaserbau versuchen. In beiden Kommunen fehlen aber noch Hunderte von Verträgen. ¥ Bielefeld. 80 Jahre nach den Olympischen Spielen 1936 in Berlin zeigt die Ausstellung „Olympia 1936“ vom 14. Februar bis 13. Mai im Bielefelder Bauernhaus-Museum das „Großereignis im Kleinformat“. Private Fotos und Film- material geben Einblick, wie die Spiele von Besuchern und in der Bevölkerung wahrgenommen wurden. Die Amateurbilder stammen aus der Sammlung des Sportwissenschaftlers Emanuel Hübner von der Universität Münster. ! Die Abdinghofkirche war 1945 völlig zerstört worden. Intakte Klostermauern wurden abgerissen. FOTO: KÖPPELMANN "#$ % &''' ( Sonderausstellung zeigt wechselvolle Geschichte eines einst bedeutenden Klosters VON SABINE KAUKE ¥ Paderborn. Nur einen Steinwurf vom Hohen Dom entfernt steht die evangelische Abdinghofkirche. Ihre Ursprünge gehen zurück auf das Abdinghofkloster Sankt Peter und Paul, als ehemalige Abtei der Benediktiner in Paderborn einst eines der wichtigsten Klöster in Westfalen. Derzeit bereiten sich die Abdinghofgemeinde, das Museum in der Kaiserpfalz und der Verein für Geschichte und Altertumskunde mit Unterstützung der Universität auf ein großes Jubiläum vor: Am 14. Februar 1016, also vor 1.000 Jahren, weihte Bischof Meinwerk, 1009 bis 1036 Bischof von Paderborn, eine erste Kapelle dem heiligen Benedikt und legte damit den Grundstock für das Abdinghofkloster. Mehr als 800 Jahre später, 1866, schenkte der Preußische König die Abdinghofkirche der ersten evangelischen Gemeinde in Paderborn, die 1803 gegründet worden war. Eine Sonderausstellung vom 3. Juli bis 23. Oktober im Museum in der Kaiserpfalz sowie in der Abdinghofkirche soll einen Überblick über die wechselvolle Geschichte des Benediktinerklosters geben. „Wertvolle Schätze sind offenbar verkauft worden, um sich wirtschaftlich über Wasser zu halten“, sagt Museumsleiter Martin Kroker, der in anderen Pfarrgemeinden und Klöstern mittlerweile rund 80 Exponate wie Sakralgefäße aus den Resten der Ausstattung zusammengetragen hat. In der Abdinghofkirche werden Entwürfe eines Kirchenmalers gezeigt, dessen Motive den Innenraum bis zur völligen Zerstörung der Kirche im Zweiten Weltkrieg zierten. Die Klostergeschichte steht auch bei einer wissenschaftlichen Tagung im Zentrum. ) *+ "! Lea Block (Mitte) mit Mutter Nelly und Moderator Steffen Hallaschka im „Stern-TV“-Studio. FOTO: I&U TV # # ,#- Die überlebende Schwester ist inzwischen zwölf Jahre alt und macht erstaunliche Fortschritte. Bei „Stern TV“ verblüfft sie auch den Moderator VON TOBIAS SCHNEIDER UND MARTIN FRÖHLICH ¥ Lemgo/Köln. Bewegende Bilder eines lebensfrohen Mädchens: Die zwölfjährige Lea aus Lemgo sitzt im Studio von „Stern-TV“ und plaudert mit Mutter Nelly Block und Moderator Steffen Hallaschka. Lea ist das überlebende siamesische Zwillingsmädchen, dessen Schwester Tabea bei einer aufsehenerregenden Operation 2004 starb. Eine Geschichte, die viele Menschen in Deutschland berührte. Das Publikum im Fernsehstudio staunt über die Fortschritte, die Lea gemacht hat. Die Zwölfjährige, die mit einigen Einschränkungen leben muss, wirkt bei ihrem Auftritt voller Gelassenheit und Zuversicht. Sie lacht viel und freut sich sehr über ein Buch, das ihr der Moderator überreicht. Dann der Filmbeitrag, gedreht bei den Blocks in Lemgo: Er zeigt eine fröhliche Lea, die mit ihrem Vater Peter vorsichtig Fangen spielt („Wo kann ich den Papa denn finden? Na, warte!“) , jauchzend in einer Schaukel liegt („Mehr Schwung“), Treppensteigen übt und bei Musik entspannt. In einer Szene verschüttet das fast blinde Mädchen eine Dose mit Erbsen – nimmt das Malheur aber mit viel Humor und lacht, weil die jüngeren Geschwister die Erbsen aufsammeln müssen. Im August 2003 ist Lea als siamesischer Zwilling zur Welt gekommen. Mit ihrer Schwester Tabea war sie am Kopf zusammengewachsen. Ein Jahr später entschlossen sich die Eltern dazu, die Kinder durch eine gefährliche Operation trennen zu lassen. Sonst hätten beide wohl keine Zukunft gehabt. Doch nur Lea überlebte den komplizierten, mehrere Tage dauernden Eingriff in Baltimore (USA). Führender Arzt war damals der Neurochirurg Ben Carson. Auch er sitzt heute oft in TV-Studios, weil er sich als Präsidentschaftskandidat der Republi- kaner für die US-Wahl bewirbt. Lea hat den Eingriff überlebt, doch Schäden davon getragen: Sie ist halbseitig gelähmt und hat deshalb Schwierigkeiten beim Gehen. Sie ist stark sehbehindert und kann lediglich Hell und Dunkel sowie Farben unterscheiden. Direkt nach der Trennung von der Schwester hatte sie keine stabile Schädeldecke, die ihr Hirn schützt, und musste lange einen Helm tragen. 2009 wurde sie erneut in den USA operiert, wo ihr eine künstliche Schädeldecke eingesetzt wurde. Doch Lea kämpft sich durch. Sie macht beständig Fort- Operation dauert 18 Stunden ´ Siamesische Zwillinge nennt man eineinige Zwillinge, deren Körper miteinander verwachsen sind. ´ Statistisch gesehen kommt auf eine Million Lebensgeburten etwa ein siamesisches Zwillingspaar. ´ Die körperliche Verbindung der Kinder kann an verschiedenen Stellen bestehen. Am problematischsten sind Fälle, bei denen die Köpfe zusammengewachsen sind. Dann sind Trennungsoperationen kaum oder nur sehr schwer möglich. ´ Die Trennung von Lea und Tabea in Baltimore war hochdramatisch. Nach 18 Stunden Operation unterbrachen die Ärzte im September 2004 den Eingriff, weil Tabeas Herz still stand. Es folgte eine 82stündige Erholungspause für die Kinder unter Narkose. Bei der Fortsetzung der OP gelang zwar die Trennung, Tabea aber starb. schritte. Seit 2010 besucht sie eine Sonderschule. Im Film zeigt sie unter anderem, wie gut ihr Gedächtnis ist: Alle Verse eines Tastbuches kann sie fehlerfrei auswendig aufsagen. Beim Gespräch im Studio bestätigt Mutter Nelly Block, dass sich ihre Tochter gut entwickelt habe. Sie könne Dinge schneller umsetzen als früher, sei immer bereit, Neues anzupacken, berichtet die Mutter. „Es ist gut, dass sie immer selbstständiger wird.“ Neurochirurg Ben Carson hatte nach der OP vor zwölf Jahren gesagt: „Wir haben große Hoffnung, dass Lea kräftig bleibt, sich gut erholt und zu einem gesunden jungen Mädchen heranwächst.“ Was zunächst nur wie ein Mutmacher klang, ist in weiten Teilen eingetroffen. Jetzt lernt Lea intensiv die Blindenschrift Braille, bei der Buchstaben mit Fingern ertastet werden. Dann folgt der Höhepunkt des Abends: Bei einer Tastaufgabe mit Spielfiguren, die es zu unterscheiden gilt, schlägt sie Moderator Hallaschka um Längen. . +% /$ 0+ + !" In der Grundschule wurde ein Junge zusammengeschlagen. Doch seine Mutter fand keine andere Einrichtung, die ihren Sohn aufnehmen wollte. Da reichte sie Klage gegen das Land ein VON HARTMUT NOLTE ¥ Bielefeld/Minden. Man kann öffentlich gar nicht wiedergeben, mit welchen Ausdrücken Grundschüler einen Mitschüler drangsaliert haben sollenund dies weitertun – auch nach seinem Schulwechsel. Dafür, dass er auf eine Bielefelder Gesamt- oder Hauptschule gehen kann, wo man von den Vorfällen in der Grundschule nichts weiß, musste jetzt seine Mutter sogar vor das Verwaltungsgericht Minden ziehen. Denn viele Bielefelder Schulen hatten abgewinkt und auf ihre Wartelisten verwiesen. Als Grundschüler war der Junge nicht nur verbal heftig von Mitschülern malträtiert worden, er war auch zusammengeschlagen worden – von Zehnjährigen. Nach dem Schulwechsel aber war die tägliche Angst vor dem Schulbesuch nicht weg. Denn in die nahe liegende Gesamtschule gingen auch einige der „Schläger“. Eine weitere Gesamtschule lehnte mit Hinweis auf Überfüllung und ihre Warteliste ab. Doch selbst in der Realschule, die den Jungen schließlich aufnahm, wurde er von seinen Peinigern wiedererkannt und drangsaliert. Die verzweifelte Mutter, die die Leiden ihres Sohnes sah, von anderen die fortgesetzten Beleidigungen hörte und durch psychologische Atteste die Leiden ihres Kindes schwarz auf weiß bestätigt bekam, schilderte vor Gericht eindringlich ihre Suche nach anderen Schulen, bis hin zur Waldorfschule. Sie sei bereit gewesen, auch weitere Schulwege mit allen Umständlichkeiten in Kauf zu nehmen. Aber immer wieder gab es nur Achselzucken: „Wir sind voll.“ So blieb ihr der Rechtsweg. Die Klage musste sie gegen das Land, vertreten durch die Bezirksregierung als Schulaufsichtsbehörde, richten. Kon- kret gegen den ablehnenden Bescheid der Gesamtschule, an der sie in landesgesetzlich garantierter freier Schulwahl als erster Ausweichschule den Aufnahmeantrag gestellt hatte. So unverständlich hier schon die mangelnde Koordination unter Bielefelder Schulen und mit der Schulaufsichtsbehörde zu sein scheint, wurde dies dadurch noch dokumentiert, dass die Vertreterin der Detmolder Landesbehörde sich noch Akten aus der Gerichtsakte, nämlich die früheren Atteste über die Folgen des Mobbings und der Malträtierung in der Grundschule, kopieren lassen musste. Aber man zeigte auf der Beklagtenseite doch in der Verhandlung schnelle Einsicht und will „umgehend eine Prüfung in Angriff nehmen und entsprechende Schritte einleiten“, um mit einer Zuweisungsverfügung dem Elfjährigen doch einen stressfreien Schulaufenthalt zu ermöglichen, ihn „raus aus dem Angstfeld“ zu bringen, wie es Richterin Brinkmann formulierte. Das soll nach Wunsch der Mutter eine Gesamt- oder eine Hauptschule sein, wie es auch die Grundschulempfehlung vorsah. Mit der Klagerücknahme konnte das Verfahren eingestellt werden.