Den Homo heuristicus verstehen - Berufsverband Deutscher Markt

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Den Homo heuristicus verstehen - Berufsverband Deutscher Markt
Den Homo Heuristicus verstehen –
Sieg der Emotion über die Kognition?!
Vortrag BVM Regionalgruppe Rhein-Main
Dirk Frank, ISM GLOBAL DYNAMICS
Frankfurt, 7. Mai 2013
www.globdyn.com
O
Intro
Direkte Befragungen haben keinen Erkenntniswert, daher besser
„Research without questions“
Für viele der neue Königsweg: Apparative Mess- und
Beobachtungsverfahren
Neuromarketing, Neurofinance, Neuroökonomie,
Consumer Neuroscience, Neuroleadership,
Neuromarktforschung
Willkommen in der „Neurogesellschaft“
Das „Implizite“ verstehen – und alles wird gut…
Also: Haben wir jahrelang alles falsch gemacht?!
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A. Konsumentenverhalten –
Eine Frage der Psycho-logik
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Ein wenig Psychologiegeschichte…
A
Wo wir herkommen – und wo wir gelandet sind
Behaviourismus
„Subjektiver“ Behaviourismus
Kognitivismus Informationsverarbeitungs-Paradigma
“Ratten-Psychologie”
(Stimulus-Response-Modelle)
“Der erste Blick in die Black-Box”
Miller, Galanter & Pribram,
1962 „Plans of behaviour“
“Computer-Analogien des menschl. Gehirns”
- Rational Choice Theories
- Emotionen als “Unfälle”
- Geburt des “Homo Oeconomicus”
Duale Theorien der
Verhaltensregulation
“Implizite und Explizite (Soziale) Kognition”
Emotion und Kognition
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Geburt des “Homo heuristicus”
Neuropsychology
“Neuromarketing”
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Behavioursmus
Das Stimulus-Response-Modell und …
… seine Helden
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Subjektiver Behavioursmus
Stimulus-Organismus-Response-Modelle
… da ist doch noch was
Miller, Galanter & Pribram (1962)
leiteten die „kognitive Wende“ in der
Psychologie ein.
Ablösung der SR-Modelle in der
Psychologie durch SOR-Modelle
„Sense-Think-Act“
Bsp.: Aufhängen eines Bildes, Einschlagen
eines Nagels in die Wand, es wird
solange die Handlung des Hämmerns
ausgeführt, bis der Nagel tief genug in
der Wand ist
Dieses Verhalten könnte man auch
einem Computer/Roboter beibringen
Ungelöste Frage: WARUM hängen
Menschen Bilder in ihrer Wohnung auf?
(Emotionen bleiben außen vor)
Quelle:http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/d/d9/TOTE-Modell.jpg
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Kognitivismus
Informationsverarbeitungs-Paradigma
Annahmen
Lernen wird durch Prozesse
beeinflusst, die zwischen Reiz und
Reaktion liegen („Denken“)
Zentrale Begriffe: Einsicht,
Vernunft, Ziele, Wahrnehmung,
Erinnerung, Selbstbestimmtheit,
Informationsverarbeitung, Planung…
Emotionen sind allenfalls Störungen
eines ansonsten „perfekten“
Organismus
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Kognitivismus
Informationsverarbeitungs-Paradigma
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Der „Homo oeconomicus“
… Eine Konsequenz des Kognitivismus
A
2+2+2=6
Jeder Verbraucher...
• Verhält sich perfekt rational
• Strebt
nur
nach
/Profitmaximierung
Nutzen-
• Hat einen vollständigen Überblick
über einen transparenten Markt
• Kann denkend und planend
zukünftige Marktentwicklungen
korrekt voraussagen
„Das ist ein rationaler,
bestinformierter Typ, der
stets jene Entscheidungen
fällt, die seinem privaten
Nutzen dienen.“
Quelle: Bernau, P. & von Petersdorff, W. (2013).„So dumm sind wir nun auch wieder nicht“
FAS, 21. April 2013, S.44.
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Der „Homo oeconomicus“
… und das kommt beim Denken dann heraus
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Duale Theorien der Verhaltensregulation
Annahmen
• Emotionen und Kognitionen wirken
integrativ und interaktiv zusammen.
• Beide Systeme sind sich wechselseitig
ergänzende Regelkreise, die eine optimale
Anpassung des Organismus an seine
Umwelt (Äquilibrium) gewährleisten.
• Emotionen sind keine „Störungen“
rationaler Handlungsabläufe.
• Emotionen, Stimmung und Affekte sind
vielmehr ebenfalls Informationen und
als solche funktionell wichtig, d. h.
handlungsregulierend.
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Nichts ist mehr, wie es einmal war….
„Rational ist der
Mensch nicht, richtig
blöd aber auch
nicht…. „
„Dass die Menschen
sich überwiegend
nicht vollständig
rational verhalten, hat
sich mittlerweile auch
unter Ökonomen
herumgesprochen“
„So dumm sind
wir nun auch
wieder nicht“
„Sicher ist: Der Kopf will
sich Denkarbeit sparen.
In viele Fällen ist das
erfolgreich, aber
manchmal schießt er
übers Ziel hinaus“
„Und dann gibt es da ein
neoklassisches
Theoriegebäude, das ein
wenig rissig wird“
„Dennoch halten
fast alle
ökonomischen
Modelle an der
Annahme strikter
Rationalität fest“
Quelle: Bernau, P. & von Petersdorff, W. (2013).„So dumm sind wir nun auch wieder nicht“
FAS, 21. April 2013, S.44.
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Vom Homo oeconomicus zum “Homo heuristicus”
Why biased minds make better inferences (Gigerenzer & Brighton, 2009)
Forschung zu Heuristiken, “psycho-logischem” Denken und Bauchgefühl
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Vom Homo oeconomicus zum “Homo heuristicus“
Einige Key Learnings der modernen
(kognitiven) Psychologie
Urteile und Entscheidungen sind kein Resultat der
Anwendung komplexer quasi-mathematischer
Algorithmen.
Menschen streben keineswegs nach perfekten,
rationalen, logischen Entscheidungen
Es findet auch kein vollständiges Abwägen und
keine berechnende Nutzung der vorhandenen
Informationen statt (vgl. „Conjoint-Paradigma“).
Menschliche Entscheidungsfindung basiert nicht auf
ausführlichen „Pro-“ und „Contra“-Listen oder
analytischem „Zerlegen“ von Informationen.
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Homo heuristicus – a simple and biased mind
„Homo heuristicus has a
biased mind and ignores
part of the available
information, yet a biased
mind can handle uncertainty
more efficiently and robustly
than an unbiased mind relying
on more resource-intensive
and general-purpose
processing strategies.“
Source: Gigerenzer, G./Brighton, H.: Homo Heuristicus: Why
biased minds make better inferences. In: Topics in Cognitive
Science, Journal of the Cognitive Science Society, 1/2009, S. 107.
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Vom Homo oeconomicus zum “Homo heuristicus“
The truth about decision making in
a nutshell…
Daily decisions are mainly based on
gut feelings – they are made intuitively using
- often very successfully - “rules of thumb”.
Sometimes we enjoy the luxury to re-think already taken decisions adding a
number of additional reasons (“rationalizing”).
BUT: Gut feeling is also an intuitively used “rational” strategy as it is
– from an evolutionary perspective – very successful in everyday life!
Gut feeling works best when it is combined with expertise and sound
knowledge in a specific area.
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Heuristiken - “Take the best”
Experiment with students from the New York
University.
Stimulus: A random selection of NBA basketball
games from the previous season (=results known).
All teams were shown “de-branded” (e.g. A vs. B)
Only information given to the student: number of
total wins of each team per season and half-time
result for the match.
Task: Guess the final winner of the match!
Result: 78 % correct guesses!
Simple and intuitive sequential heuristic strategy
used by most students
Choose the team which was clearly more
successful over the whole season
If both teams were close (less than 15 wins
difference over the season) choose the one
leading at half-time!
This strategy is definitely clever and beats
multiple regression in various scenarios!
Mai 2013
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Recognition heuristic – Useful half-knowledge
Which city is larger: San Antonio or San Diego?
Hit rate of German students was much better than
the one of American students
Why? Better education?!
The truth is much simpler:
American students started thinking!
German students relied on their gut feeling - in
the absence of sound knowledge
Recognition heuristic of German students:
“Of both cities I only know San Diego by hearsay or name (or
at least I “know” San Diego better than San Antonio).
Consequently San Diego MUST be the bigger city (otherwise I
would have heard more about San Antonio than San Diego)”
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A
When simple heuristics fail…
You are checking the birth
register of a hospital: Which of
the following sequences has a
higher probability?
1 Boy-Boy-Boy-Boy-Boy-Boy
2 Boy-Boy-Boy-Girl-Girl-Girl
3 Girl-Boy-Boy-Girl-Boy-Girl
Most people choose the
third sequence as it
appears to be “more
random”!!
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A
Heuristics can dramatically influence decisions
Shai Danziger, Ben Gurion University of the Negev,
Israel („Frühstückspause beeinflusst Richter“, FAZ 12.
April 2011)
The graph summarises the results of 1,112 parole
board hearings in Israeli prisons, over a ten month
period. The vertical axis is the proportion of cases
where the judges granted parole. The horizontal
axis shows the order in which the cases were heard
during the day. And the dotted lines, they represent the
points where the judges went away for a morning
snack and their lunch break.
The graph is dramatic. It shows that the odds that
prisoners will be successfully paroled start off fairly
high at around 65% and quickly plummet to nothing
over a few hours. After the judges have returned from
their breaks, the odds abruptly climb back up to 65%,
before resuming their downward slide. A prisoner’s
fate could hinge upon the point in the day when their
case is heard.
All repetitive decision-making tasks drain our
mental resources.We start suffering from
“choice overload” and we start opting for the
easiest choice.
Source: http://blogs.discovermagazine.com/notrocketscience/2011/04/11/justice-is-served-but-more-so-after-lunch-how-food-breaks-sway-the-decisions-of-judges
Mai 2013
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A
The Linda Problem – Conjunction Fallacy
Linda is 31 years old single - outspoken and very bright. She
majored in philosophy. As a student, she was deeply
concerned with issues of discrimination and social justice
and also participated in anti-nuclear demonstrations.
Please rank the following statements by their
probability, using 1 for the most probable and 8 for
the least probable.
Approx. 9 out of
Linda is a teacher in a primary school (A)
10 respondents
Linda works in a bookstore and takes Yoga classes (B) claim that the probability of
Linda is an active feminist (C)
statement H is
higher than the probability
Linda is a psychiatric social worker (D)
of
Linda is a member of Women Against Rape (E)
statement C or F !
Linda is a bank teller (F)
Linda is an insurance salesperson. (G)
Linda is a bank teller and is an active feminist (H)
Tversky & Kahneman, 1983
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Den Homo heuristicus verstehen – Sieg der Emotion über die Kognition?
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A
Anchoring effects
What is the percentage of African states in the
United Nations?
Prior task for respondents before answering the question:
Spin a “wheel of fortune” (0-100) and say whether
their estimate of the percentage of African states was
higher or lower than the outcome of the wheel of
fortune.
Then estimate the precise percentage figure.
The wheel of fortune was manipulated:
50 % of the time it showed 10,
50% of the time it showed 65
In the 10 % condition respondents estimated the
percentage to be 25 % (on average)
In the 65 % condition respondents estimated 45 %
Contextual effects (“anchors”) have a systematic influence
on our decision making!
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Mai 2013
Den Homo heuristicus verstehen – Sieg der Emotion über die Kognition?
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Ökonomische Entscheidungen –
Eine Frage der Psychologie!
Daniel Kahnemann – Psychologe, erhielt 2002 den
Wirtschafts-Nobelpreis
Einer der Gründer der Forschungsrichtung
„Behavioural Economics” (zusammen mit Amos
Tversky und Richard Thaler): Forschungen zu
systematischen Urteilsfehlern, Heuristiken…
Fundamentale Erkenntnisse:
Ökonomische Entscheidungen (darunter fällt
Verbraucherverhalten!) lassen sich vollständig
nur verstehen, wenn man kognitive und
emotionale Faktoren und ihren sozialen
Kontext berücksichtigt.
Unsere Rationalität ist „begrenzt“!
Oder, um es mit Daniel Ariely (2008) auszudrücken:
“Humans are predictably irrational”
Neues Schlagwort: Emonomics
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Seite 24
A
… und was ist mit Neuromarketing?
Decade of the human Brain
Das Jahrzehnt
des menschlichen Gehirns
in Deutschland
Eine Initiative führender deutscher Hirnforscher
„Leider wird ein großer Teil der
öffentlichen Debatte über das
Neuromarketing derzeit von
Scharlatanen beherrscht, deren
Ausführungen vor allem Verwirrung
stifteten und dem Publikum vorwiegend
Albernheiten ohne Hand und Fuß
einzureden versuchten – wie etwa die,
dass die Hirnforschung überhaupt erst
die Bedeutung der Emotionen entdeckt
habe…“
Quelle: Koschnick, W. J. (2007): FOCUS-Jahrbuch 2007:
Schwerpunkt: Neuroökonomie, Neuromarketing und
Neuromarktforschung, FOKUS-Magazin-Verlag,
München. S. VI.
Mai 2013
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Seite 25
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… und was ist mit Neuromarketing?
Welche spektakulären Forschungsergebnisse
speisen die hochfliegenden Hoffnungen des
Neuromarketing?
Das bis dato meist zitierte Forschungsergebnis: Bei der Untersuchung von Verbrauchern
im Kernspintomographen zeigt sich, dass die für
Kognitionen zuständigen Hirnregionen bei der
Präsentation starker Marken entlastet werden,
während es zu vermehrter Aktivität „emotionaler
Hirnregionen“ kommt.
Conclusio: Starke Marken schalten
gewissermaßen den Verstand der Verbraucher
aus!
Typische Pressereaktionen: „Verbraucher sind
Sklaven ihrer Emotionen“
Neuromarketing als die neue durchschlagskräftige
Marketing-Wunderwaffe.
Mai 2013
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Seite 26
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… und was ist mit Neuromarketing?
„Verwundert hat mich, wie viele andere Kollegen, übrigens auch aus den
Neurowissenschaften, der disziplinäre Hegemonieanspruch, gekoppelt
mit einer stark ausgeprägten reduktionistischen Tendenz zur Erklärung
menschlichen Erlebens und Verhaltens.
Auch wenn jedem Verhalten und psychischen Erleben eine biologische
Ebene entspricht, bedeutet dies nicht, dass Theorien auf dieser Ebene
das zu leisten vermögen, was auf der psychologischen Ebene
möglich ist.“
„Es ist aber wahr, dass die Messergebenisse der funktionellen
Magnetresonanztherapie nicht mehr sein können als die
Indikatoren psychischer Prozesse, sie sind nicht die Prozesse
selbst.“
(report psychologie, 6/2007, Wie viel Psyche nimmt uns die Biologie?,
Gespräch mit Prof. Reinhold Kliegl über den Stellenwert der Psychologie im Boom der
Neurowissenschaften)
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Seite 27
A
Modelle dualer Verhaltensregulation
World of Meaning
Higher Level Goals
Bedeutung
World of Probability
Lower Level Goals
Information
System 1
Die aktuelle Diskussion zu Modellen des
Verbraucherverhaltens ist stark
inspiriert von den Forschungsrichtungen
der Verhaltensökonomie
(bspw. Kahneman, Ariely) und der
(neuro)psychologischer Forschung
zur (impliziten) Sozialen Kognition.
Moderne psychologische Theorien der
Verhaltensregulation postulieren
zwei “Systeme”, die das menschliche
Verhalten und Erleben steuern
(Frank & Riedl, 2004)
Alle Modelle betonen die „beschränkte
Rationalität“ menschlichen Verhaltens
und die dominierenden Einflüsse
intuitiver, impliziter Prozesse auf das
(Konsumenten)Verhalten.
1) Frank, D. & Riedl, P. (2004). Theoretical Foundations of Contemporary Qualitative Market Research
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Seite 28
A
Ein Modell dualer Handlungsregulation
Bedeutungswelt
Wahrscheinlichkeitswelt
• Beide “Welten” ergänzen einander interaktiv und integrativ.
Es gibt kein “Gegeneinander” und daher sind auch Emotionen keine Störungen
rationaler Prozesse.
• Beide Welten (=Systeme) sind Kontrollsysteme die auf evolutionär auf
Kooperation angelegt sind und die so eine optimale Anpassung des Individuums
an seine Umwelt ermöglichen (Equilibrium).
Mai 2013
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Seite 29
A
Ein Modell dualer Handlungsregulation
World of Probability1)
World of Meaning
–
–
–
–
–
–
– Hot cognitions: Feelings
– Meaning checks (“Preferences”)
– Meaning (“Bedeutung”; as an
affective information)
– “Autopilot 1)”, “Selbst 2)” , System 1
– Fast, automated, (partly)
unconscious, holistic, impulsive
Cold cognitions: Thinking
Probability checks (“Inferences”)
Controlled, Rule-based, reflective
Information (in the narrow sense)
“Pilot 2)”; “Ich3)”, System 2
Slower, reflected, rational or
rationalizing (influenced by moods/primings…)
Spatial and temporal
processes and relations
Meaning
Checks
• Closeness and Distance
• Volatility and Continuity
• Chance and physical laws
Emotions, affects, mood
states, valences
o Weal and Woe
(„Wohl und Wehe“)
o Redundancy
o Repetitions
o Rewards
1) Schwanenberg, Enno (1994). World of probability and world of meaning.
2) Scheier, Christian & Held, Dirk (2006). Wie Werbung wirkt, Erkenntnisse des Neuromarketing.
3) R. Sommer (2007), Consumer´s Mind Die Psychologie des Verbrauchers
Mai 2013
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Seite 30
A
Vergleichbare theoretische Konzepte/Modelle
Ratneshwar, S., Mick, D. G., & Huffman, C. (2000).
The why of consumption: Contemporary perspectives on consumer motives, goals
and desires. London, New York: Routledge.
„Higher Level Goals“ vs. „Lower Level Goals“
Kahneman, D. (2011).
Thinking, fast and slow. (1st ed.). New York: Farrar, Straus and Giroux.
System 1 vs. System 2 Thinking
Two systems drive the way we think: System 1 is fast, intuitive, and
emotional; System 2 is slower, more deliberative, and more logical.
Häusel. (2006).
Brain-Script, München: Haufe.
“Ebene 2” vs. “Ebene 1”
Mai 2013
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Seite 31
Bedeutungs- und Wahrscheinlichkeitsprüfungen
A
Mentale Repräsentationen von Packungen beim Konsumenten
Automatisierte “Tests”
Bedeutungsprüfungen
Reflektierte “Tests”
Emotionale
Bedeutung
“Belohnung”
Kognitive
Auseinandersetzung mit
dem Produkt:
„rationalisierter“
Nutzen,Verständnis
Wahrscheinlichkeitsprüfungen
Mai 2013
Den Homo heuristicus verstehen – Sieg der Emotion über die Kognition?
Seite 32
A
Bedeutungsprüfungen (“Meaning checks”)
Meaning Checks
• Search for redundant and emotionally stabilising repetitions
(„to feel good again and again“)
• Valences, emotional appeal of brands, products
and services
• Gut feeling, implicit decisions
• Personal evaluation and Ego-involvement
“How do I feel when using x/doing z...?“
• Represents our subconscious, emotional Self
Mai 2013
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Seite 33
A
Wahrscheinlichkeitsprüfungen (“Probability checks”)
Probability Checks
• Search for non-redundant incidents and structures in the
physical world of products
• Search for information in a complex world
• Expansion of individual knowledge („Try out new things“)
• What do I think when using x/What do I know about z
• Proto-typical expressions: from everyday curiosity to scientific research
• Represents our self-image as “rational planners” and “thinkers”
Mai 2013
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Seite 34
A
Implizite und Explizite Ziele
„Wenn wir ein Waschmittel kaufen, haben wir das explizite Ziel, die Wäsche zu
reinigen, der erwünschte Zustand ist also die saubere Wäsche.Wenn wir ein Auto
kaufen, wollen wir von A nach B fahren.Wenn wir einen Handyvertrag abschließen,
wollen wir mobil telefonieren. Das sind die konkreten und expliziten Basisziele“.
„Wir können noch so sehr über implizite Konzepte differenzieren, wenn wir die
expliziten Basisziele unzureichend erfüllen, werden wir nicht erfolgreich sein“.
„Es gibt also zwei Arten von Zielen, das explizite Ziel, das die Basis für den Konsum
bildet und ein übergeordnetes implizites Ziel“.
(Quelle: Ch. Scheier, D. Bayas-Linke & J. Schneider (2010), Codes – Die geheime Sprache der Produkte, pp. 102-103.)
Konsequenzen für ein ziel-orientiertes Modell des Konsumentenverhaltens:
ein hierarchisches Prozessmodell, welches die Interaktion zwischen
impliziten (System 1, Bedeutungswelt) und expliziten (System 2,
Wahrscheinlichkeitswelt) Prozessen beschreibt.
Mai 2013
Den Homo heuristicus verstehen – Sieg der Emotion über die Kognition?
Seite 35
A
Ein duales Modell der Handlungsregulation
Bedeutungswelt
Automatisierte
Tests (System 1)
Exit
- Keine Bedeutung
(= irrelevant)
- Keine Belohnung
- Aversion
Wahrscheinlichkeitswelt
Reflektierte
Tests (System 2)
„VETO“
Exit
Handlung
1) In Anlehnung an E. Schwanenberg (1994)
Mai 2013
Den Homo heuristicus verstehen – Sieg der Emotion über die Kognition?
Seite 36
A
Fehlerhafte Heuristiken, System 1 und System 2
Wie entstehen falsche Schlussfolgerungen?
Eine Tafel Schokolade und ein Kaugummi kosten
zusammen 1 €. Die Tafel Schokolade kostet 1 € mehr
als der Kaugummi.Wie viel kostet der
Kaugummi?
Typische (falsche) Antwort: Schokolade kostet 1 €,
Kaugummi 10 Cent.
Mögliche Ursachen:
Entscheidung rein nach Bauchgefühl (System 1),
System 2 wird bei der Entscheidung gar nicht erst
„dazu geschaltet“ (sei es aus Bequemlichkeit oder weil
die Antwort so „nahe liegt“, dass System 1 spontaner
und schneller antwortet als System 2 eingreifen
könnte
System 2 wird als mögliche Korrektur eingeschaltet,
„weiß es aber auch nicht besser“ (Intelligenz, Bildung
etc. als moderierende Variablen), so dass die falsche
Antwort ein Mix aus beiden Systemreaktionen ist.
Mai 2013
Den Homo heuristicus verstehen – Sieg der Emotion über die Kognition?
Seite 37
A
Fehlerhafte Heuristiken, System 1 und System 2
Wie entstehen falsche Schlussfolgerungen?
Die Wahrscheinlichkeit falscher Urteile…
Steigt bei Reaktionen unter Zeitdruck
Steigt bei Ablenkung der kognitiven Kapazität von
System 2 durch andere Aufgaben
Sinkt mit zunehmender (analytischer) Intelligenz der
Probanden (= effizientes System 2, welches fehlerhafte
Intuitionen und Heuristiken erkennt und korrigiert)
Mai 2013
Den Homo heuristicus verstehen – Sieg der Emotion über die Kognition?
Seite 38
A
Fehlerhafte Heuristiken, System 1 und System 2
Die meisten Experimente machen heute den folgenden Gedankenfehler:
Es werden Reaktionen von System 1 abgegriffen (bspw. durch Ablenkung
von System 2)
Die hieraus folgende Entscheidung wird automatisch als eine „korrekte“
Entscheidung aufgefasst („so würde der Verbraucher auch im
wahren Leben entscheiden“)
Häufig wird noch eine „Kontrollgruppe“ gebildet, die zeigt, dass bei
Einschaltung von System 2 eine andere Entscheidung getroffen worden
wäre (bspw. System 2 hätte „eine andere Packung gewählt“)
Die System 2 Entscheidung wird aber per definitionem als falsch bewertet,
weil wir ja „wissen“, dass >95% aller Konsumentenentscheidungen auf
reinen impliziten System 1 Prozessen beruhen!
Diese Auffassung ist in dieser Schlichtheit Nonsens und keinesfalls
durch Grundlagenforschung belegt!
Mai 2013
Den Homo heuristicus verstehen – Sieg der Emotion über die Kognition?
Seite 39
Automatisierte und reflektierte Prozesse der Informationsverarbeitung
• Implizite Assoziationen
• Emotionale Bedürfnisse
• Stimmungen als
Wahrnehmungsfilter
(Evaluatives Priming)
• “Bauchgefühl”
-
Implizite
Verarbeitung
- Implicit Emotions
(Moods)
Emotional
A
Konzeptueller Rahmen
Explizite
Verarbeitung
Stimmungen
Gefühle
Reflektierte Prozesse
Automatisierte Prozesse
Explizite
Verarbeitung
Implizite
Verarbeitung
Wahrnehmung
Kognitiv
• Unter- und teilbewusste
Wahrnehmungsprozesse
(Eyetracking)
• Unter- und teilbewusste
Erinnerung (Speeded
Recall)
• Sympathie
• Emotionale Images
(Semantisches
Differential)
• Markenaffinität
• Loyalität
• Freude, Ärger
Denken
• Marken- und
Produktrecall
• Identifikation/
• Erinnerte Details
• Meinungen
• Einstellungen/Werte
• Heuristiken
• Verständnis
In Anlehnung an: C. Camerer & G. Loewenstein (2003),
Neuroeconomics – How neuroscience can inform economics.
Mai 2013
Den Homo heuristicus verstehen – Sieg der Emotion über die Kognition?
Seite 40
B. Packungswirkungen integriert
messen
Mai 2013
Den Homo heuristicus verstehen – Sieg der Emotion über die Kognition?
Seite 41
B
Modell der Konsumentenreaktionen auf Produktdesign*)
Moderierende Einflüsse
Designentwicklung
Definition der Botschaften
Produktform
CODING
Verschlüsseln von
Botschaften
Gelernte
Designpräferenzen
Kultureller/
Sozialer
Kontext
Verbrauchereigenschaften
Erfahrung,
Persönlichkeit…
Individuelle
Präferenzen
(„Geschmack“)
Situationale
Faktoren
(„Kontext“)
Psychologische Reaktionen auf
Produktdesign
(Entschlüsseln)
System 1
Belohnung?
Bedeutung?
System 2
Verständnis?
Verhaltensreaktion
Zuwendung Vermeidung
*) In Anlehnung an Bloch (1995)
Mai 2013
Den Homo heuristicus verstehen – Sieg der Emotion über die Kognition?
Seite 42
B
Wirkung impliziter Codes
Erfolgreiche Packungen kommunizieren emotionale Bedeutung und
rationalen Nutzen über klare implizite und explizite Codes
“WEIBLICHE
Codes”
“SCHLANKHEITS
Codes”
Mai 2013
“KRAFT
Codes”
Den Homo heuristicus verstehen – Sieg der Emotion über die Kognition?
“MÄNNLICHE
Codes”
Seite 43
A
Was machen eigentlich implizite Tests?
Klassische und moderne Untersuchungsparadigmen:
Verhaltensbeobachtung (Blickfolgemessung)
Messung physiologischer Aktivierung
Reaktionszeitexperimente
Assoziationstests (IAT, GNAT, Go/NoGO Task…)
Apparative Verfahren der neurologischen Forschung
(EEG, fMRI, …) – „Neuro-Imaging“
Caveat: Nicht jedes in der Grundlagenforschung eingesetzte Verfahren lässt
sich problemlos oder 1:1 in der angewandten Marktforschung nutzbringend
einsetzen (vgl. Operationalisierungsprobleme mit dem IAT (Impliziten
Assoziations“test“, im Englischen besser: „task“)
Mai 2013
Den Homo heuristicus verstehen – Sieg der Emotion über die Kognition?
Seite 44
Packungsforschung
B
Packungswirkungen integriert messen – Implizit UND explizit!
Messansatz
Tools
“Indirekt”
Orientierung am Prozess
Ablenkung, Intention für
Probanden undurchschaubar
Inhalte müssen erschlossen
werden
Orientierung und
Verhalten am Regal –
STOP/HOLD/CLOSE
(EYETRACK)
Reaktionszeitbasierte Messungen
(SPEEDLAB)
Implizit
Beispiel
Eyetracking:
Mehrfache Fixierung einer
Packung im Regal
Interpretation: “Interesse”,
“Involvement”
HOLD-Power
*) Apparative Verfahren der neurologischen Forschung (EEG, fMRI, …) wurden bewusst ausgeklammert,
da trotz gegenteiliger Beteuerungen die Praxistauglichkeit meist nicht geben ist (schnell? flexibel?, international
einsetzbar?, integrierbar? bezahlbar?)
Mai 2013
Den Homo heuristicus verstehen – Sieg der Emotion über die Kognition?
Seite 45
Packungsforschung
B
Packungswirkungen integriert messen – Implizit UND explizit!
Messansatz
Tools
“Direkt”
Orientierung am Inhalt
Messintention dem
Probanden klar
Inhalte werden direkt
interpretiert
Klassische RatingSkalierungen
Likes und Dislikes
Konzeptverständnis
Erwartete
Produktvorteile
und –nachteile
Beispiel
“Likes-Abfrage”:
30 % “ansprechende Form”
für Design A vs. 10 % für
Form B
Explizit
Pricing/Conjoint
(CBC)
A ansprechender als B
Mai 2013
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Seite 46
B
Packungsforschung
Packungswirkungen integriert messen – Implizit UND explizit!
“Mixes” - Tools
Versuchen, den Einfluss
von System 2 (bspw.
Soziale
Erwünschtheit…)
zumindest zu
minimieren
Shelf Recall
SCS Skalierung
(IMPSCAL)
Lenken System 2 ab
Interpretiert werden
Inhalte, in der Annahme,
dass diese “spontaner”,
“offener”, “direkter”
ausfallen
Explizit/
Implizi
Kombination mit
impliziten Elementen
(bspw. Zeitdruck bei der
Antwort…)
Oft praktikabler,
“greifbarer”,
“marketingtauglicher”
als abstrakte
Reaktionszeitvergleiche
Mai 2013
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Treiberwirkung von
Packungselementen
(Advanced
Communication
Analysis - ACA)
Decodieren von
Packungen
(DEBRAND)
Sorting:
„UNconscious
CLustering“ (UNCL)
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C. Regalsituation
Mai 2013
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Seite 48
C
Regalsituation
Bedeutung des POS bei der Kaufentscheidung
• 70% der Kaufentscheidungen fallen erst am POS
• 40% der Käufe sind Spontankäufe
• 45% nennen Packung als wichtigstes Kaufkriterium *)
*) Quelle: GfK Studie „STORE EFFECT“
Mai 2013
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Seite 49
C
Regalsituation (EYE TRACKING)
STOP-HOLD-CLOSE
Was wird gemessen?
Unbewusstes visuelles
Orientierungsverhalten am Regal
Wahrnehmung der Marke im
Wettbewerbsumfeld
Zeitpunkt, Dauer und Reihenfolge der
Wahrnehmung einzelner Elemente
Performance der Packung auf den
Dimensionen STOP-HOLD-CLOSE
Mai 2013
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Regalsituation (incl. EYE TRACKING)
C
STOP-HOLD-CLOSE
Basis ist ein einfaches Prozessmodell der Informationsverarbeitung:
STOP-HOLD-CLOSE
Mai 2013
Power to Stop
Power to Hold
Power to Close
1
2
3
Setzt sich die
Packung im
Regalumfeld
durch?
Kommuniziert die
Packung implizite
Benefits, die für
den Konsumenten
relevant/
involvierend sind?
Ist die ganzheitliche Wirkung
aller Packungs- und
Markencodes so
überzeugend/
belohnend
dass es zum Kauf
kommt?
JA/NEIN
JA/NEIN
JA/NEIN
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Seite 51
Regalsituation (incl. EYE TRACKING)
C
STOP-HOLD-CLOSE
Definition von STOP – HOLD - CLOSE
STOP: Kurzer Blick auf das Produkt
Wahrnehmung
HOLD: Mind. 2 kurze Blicke auf das Produkt
Wahrnehmung und Interesse
oder
ein oder mehrere längere Blicke
Bewusstes Erkennen
CLOSE: Share of Choice (SoC),
Relation Erstwahl/Relevant Set
Mai 2013
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Seite 52
Regalsituation (EYETRACK)
C
Tobii Eye-Tracker Brillen/Fototapeten (Set-Up USEYE)
Mobile Solution for eye tracking
by using real products and
shelf
Mobile Solution for eye tracking
by using photo wallpaper in
real size
Markers used for calculating
heat maps and AoIs are fixed
directly on the shelf
Markers used for calculating
heat maps and AOI’s are fixed
behind the photo wallpaper
Mai 2013
Den Homo heuristicus verstehen – Sieg der Emotion über die Kognition?
Seite 53
C
Regalsituation (EYETRACK)
Fototapeten (Set-Up in Kooperation mit USEYE)
Vorderansicht,
Regalbreite durch
Kombination von
Segmenten bequem
ausbaubar
Mai 2013
Rückansicht mit
Positionierung der
Markierungsreiter
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Seite 54
D. Dekodieren von Packungen
(DEBRAND)
Mai 2013
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Seite 55
D
Dekodieren von Packungen (DEBRAND)
Ansatz des Moduls
Was wird gemessen? Was wird analysiert?
EYE TRACKING bietet valide Hinweise auf die Fähigkeit einer
Packung aufzufallen (STOP), zu involvieren (HOLD) und Verhalten
auszulösen (CLOSE).
Offen bleibt, welcher Code auf den Packungen zu welcher
Bedeutungswahrnehmung/Decodierung führt. Eine Stärkenund Schwächenanalyse zur Packungsoptimierung fehlt.
Diese Analyse leistet DEBRAND: Die Bedeutung und
Belohnungsstruktur einzelner Packungselemente und die holistische
Bedeutung der Code-Strukturen (Assoziationsmuster) wird
aufgedeckt.
Das Untersuchungsparadigma beruht auf Kurzeitdarbietungen
verschiedener Debranding-Stufen von Packungen.
Mai 2013
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Seite 56
D
Dekodieren von Packungen (DEBRAND)
Ansatz des Moduls
Sequentielles Design mit schrittweiser
Komplettierung der Packung von der
reinen Form bis zur kompletten Packung
Die Packung ist immer vor allem Markenbotschafter, sie wirkt einerseits
holistisch auf das Belohnungssystem des Verbrauchers, kommuniziert
andererseits aber auch über einzelne Elemente!
Ein sequentieller Ansatz erfasst einerseits die Wirkung einzelner
Packungselemente, andererseits aber auch die Codes, die von der
kompletten Packung ausgehen.
Die Kurzzeitvorgabe der Stimuli in Kombination mit spontanen Reaktionen
unter Zeitdruck ist Teil des impliziten Forschungsparadigmas.
Mai 2013
Den Homo heuristicus verstehen – Sieg der Emotion über die Kognition?
Seite 57
D
Mai 2013
Dekodieren von Packungen (DEBRAND)
Phasen des Debranding bei der Stimulusvorgabe
Den Homo heuristicus verstehen – Sieg der Emotion über die Kognition?
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D
Mai 2013
Dekodieren von Packungen (DEBRAND)
Phasen des Debranding bei der Stimulusvorgabe
Den Homo heuristicus verstehen – Sieg der Emotion über die Kognition?
Seite 59
D
Dekodieren von Packungen (DEBRAND)
Phasen des Debranding bei der Stimulusvorgabe
Psychological benefits
Please describe everything that spontaneously
came to your mind while watching the product,
even if it’s just a vague feeling or a first
impression. What do you associate with the
shown product?
Functional benefits
And what sort of a product is this, respectively
what sort of a product could it be? What do you
expect from this product? What does it do?
Point of difference
If you compare the product with others: how
does the product differ from others? Have you
noticed anything you haven’t seen before?
Mai 2013
Den Homo heuristicus verstehen – Sieg der Emotion über die Kognition?
Seite 60
Dekodieren von Packungen (DEBRAND)
D
Phasen des Debranding bei der Stimulusvorgabe
Beispiel für Debranding-Stufen und Expositionszeiten
Stufe 1 (kurz)
Mai 2013
Stufe 2 (kurz)
Stufe 3 (kurz)
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Stufe 4 (mittel)
Seite 61
D
Dekodieren von Packungen (DEBRAND)
Phasen der Erkennung und Assoziationsmuster
Starke Marken setzen eindeutige Signale über ihre Packung: Codes werden
früh erkannt und korrekt zugeordnet und sicher in Bedeutung und
Belohnungssignale überführt!
Die Analyse rekonstruiert den zeitlichen Decoding-Prozess und zeigt die
Assoziationsmuster der Codes!
90%:
Produkt von Red
Bull
33%:
Gibt Energie/Power
33%:
Energy Drink
18%:
Schmeckt gut
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D
Dekodieren von Packungen (DEBRAND)
Assoziationen mit der gezeigten Packung
Red Bull, besonders die Marke, wird von Energy Drink Benutzer sehr positiv
wahrgenommen - nur bei den Produkt Features und der Anmutung gibt es
ein paar polarisierende Stimmen.
Marke
99%
Produkteigenschaften
90%
60%
Produktanmutung
46%
Form und Design
32%
Farben
29%
Textelemente
Geschmack
Mai 2013
20%
Den Homo heuristicus verstehen – Sieg der Emotion über die Kognition?
Deskriptive Nennungen
Positive Nennungen
Negative Nennungen
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Dekodieren von Packungen (DEBRAND)
D
Phasen der Erkennung und Assoziationsmuster
Um die Assoziationsmuster zu erkennen, werden u.a. semantische
Netzwerkanalysen benutzt, hier für die 1. Stufe des DEBRAND Teil
Energy Drink
Gibt
Energie/Power
Schmeckt gut
Verleiht Flügel
Schmeckt anders
Hält wach
Mai 2013
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Dekodieren von Packungen (DEBRAND)
D
Phasen der Erkennung und Assoziationsmuster
Im 2. DEBRAND Teil werden die Bullen mit Red Bull assoziiert, aber auch
mit Energy Drink und der energieverleihenden Funktion
Energy Drink
Typischer Bulle
Gibt
Energie/Power
Schmeckt gut
Verleiht Flügel
Schmeckt anders
Hält wach
Mai 2013
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E. Reaktionszeitbasierte Messungen
(SPEEDLAB)
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Mai 2013
Quelle: aboutpixel.de Tacho © Peter Smola
Seite 66
E
Dekodieren von Packungen (SPEEDLAB)
Forschungsrationale des Moduls
Was wird gemessen?
Was wird analysiert?
Reaktionszeitbasierte Verfahren
Proband gibt das Passen/Nichtpassen
verschiedener Attribute auf eine Packung mit
Hilfe einer Computertastatur ein
Monadische Varianten und „Side-by-Side“
Vergleiche Testpackung vs. Wettbewerber
möglich
Es wird erfasst, wie schnell relevante Attribute
mit einer Packung assoziiert werden
Dabei werden die Probanden motiviert, ein
bestimmtes Zeitfenster nicht zu überschreiten
(Optisches/Akustisches Warnsignal)
Erfasst werden ALLE Reaktionen (innerhalb eines
definierten Zeitfensters plus verzögerte
Reaktionen)!
Mai 2013
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KRRAF
kraftvoll
Passt links
Passt rechts
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Dekodieren von Packungen (SPEEDLAB)
E
Forschungsrationale des Moduls
Monadisches Setting
Passt
Mai 2013
Side-by-Side Evaluation
KRRAF
KRRAF
kraftvoll
kraftvoll
Passt nicht
Passt links
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Passt rechts
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System 2
System 1
G. Integriertes Forschungsparadigma
Mai 2013
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Seite 69
G
Integriertes Forschungsparadigma
Idealtypisches Interview Setting
Um beide Systeme valide abzufragen und beeinflussende Faktoren zu
vermeiden, ist es zielführender diese getrennt voneinander zu
evaluieren
Um die Kaufabsicht der Zielgruppe möglichst mit geringer
Messfehlerstreuung zu messen, wird das Regal zu Beginn allen gezeigt
Design 1
Design 2
Einkaufssimulation am Regal
(n=160)
Einkaufssimulation am Regal
(n=160 )
Implizit: bspw.
DEBRAND für
Design 1 und
Wettbewerb*)
Explizit:
Vor- und
Nachteile
mittels PACK
PROFILE*)
Implizit: bspw.
DEBRAND für
Design 1 und
Wettbewerb
Explizit:
Vor- und
Nachteile
mittels PACK
PROFILE
*) Wahl konkreter Module je nach Forschungsfrage!
Mai 2013
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Seite 70
Integriertes Forschungsparadigma
Auswertungs Beispiel – Dash Board
G
STOP*
68 %
4,4 s
HOLD*
45 %
4,3 s
IM-FACTOR
EX-FACTOR
(KPI Implicit)
(KPI Explicit)
Test Produkt
Wettbewerb 1
Wettbewerb 2
* Rot: unteres Drittel
Mai 2013
Test Produkt
Wettbewerb 1
Wettbewerb 2
DEBRAND
• Positive Codes
dominieren
• Produktanmutung
polarisiert
Gelb: Mittleres Drittel Grün Oberes Drittel im Vergleich zum Wettbewerb
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CLOSE*
8%
12 %
PACK PROFILE
• Test Produkt
überzeugt bei
Uniqueness,
Aktivierung und
Geschmack
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G
Integriertes Forschungsparadigma
Zusammenspiel der verschiedenen Komponenten
Klar - anziehend
Unklar - aversiv
System 1
Implizite Bedeutung
Stimmige
Emotionalisierung der
Marke ABER
generische
Produktinformationen,
fehlender USP…
Klare Codes &
ablehnende Bewertungen
IM-Faktor +
EX-Faktor -
Klare Codes &
rationale Überzeugung
IM-Faktor +
EX-Faktor -
HARMONIZE!
ADD
INFORMATION!
KEEP ON!
Diffuse Codes &
ablehnende Bewertungen
IM-Faktor –
EX-Faktor REWORK
FROM SCRATCH!
Diffuse Codes &
rationale Überzeugung
IM-Faktor –
EX-Faktor +
Interessante, unique,
überzeugende
Botschaften ABER
emotional
unstimmig. (noch)
nicht markenadäquat oder
schlicht
emotional „blass“
HARMONIZE!
ADD
MEANING!
Unklar - ablehnend
Klar - zustimmend
System 2
Explizite Bedeutung
Mai 2013
Den Homo heuristicus verstehen – Sieg der Emotion über die Kognition?
Seite 72
G
Fazit
Aktuell scheint das Pendel der Diskussion
wieder zurückzuschwingen und es erscheinen
zunehmend (wieder) Publikationen „pro Brain“
und „pro System 2“
Dennoch erscheint der hier geführte Kampf
um die Deutungshoheit menschlichen
Verhaltens und Erlebens überholt und erinnert
an längst vergangene Debatten in der
Psychologie („On the primacy of
cognition“/Lazarus vs. „On the primacy of
affect“/Zajonc“ – 80er Jahre des vergangenen
Jahrtausends)
Dualen Verhaltensmodellen gehört die Zukunft,
es gilt Emotion und Kognition, System 1 und
System 2 in ihrer gegenseitigen Bedingtheit
und Interaktion zu verstehen!
Mai 2013
Den Homo heuristicus verstehen – Sieg der Emotion über die Kognition?
Seite 73
G
Fazit
„When it comes to making business decisions, nothing beats a balance of
personal judgment and seasoned experience with careful analysis
of unimpeachable data. Judgment and experience allow you to see what
should be present but is not. Though we’d never say research is uniformly
perfect, it is infinitely easier to meet the criteria required for unimpeachable
data than it is to improve intuitive capabilities—only time and professional
experience supposedly improve business instinct, and even that’s often hard
to prove. This truism applies as equally to operations management and
finance as it does to corporate strategy planning and, importantly, marketing.
The balance is the key“.
Source: Kevin J. Clancy and Peter C. Krieg, The Power of Intuition And Why
It’s the Biggest Myth in Business Today.
Mai 2013
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Seite 74
Literatur zum Thema
Mai 2013
Den Homo heuristicus verstehen – Sieg der Emotion über die Kognition?
Seite 75
Literatur für Interessierte
Ariely, D. (2008). Predictably Irrational. Harper Collins.
Frank, D. & Dehde, H. (1999). Globalisation of market research tools – The digital pack test.
Paper presented at the ESOMAR Conference in Paris 1999.
Frank, D. & Schlund, W. (2001). Packaging Research revisited. A method for international
research. planung und analyse market research, pp. 43-47.
Gigerenzer, G. (2007). Gut feelings:The intelligence of the unconscious. New York:Viking
Press.
Gigerenzer, G. (2002). Calculated risks: How to know when numbers deceive you. New
York: Simon & Schuster. International editions.
Gigerenzer, G., Hertwig, R., & Pachur, T. (Eds.). (2011). Heuristics: The foundations of
adaptive behavior. Oxford: Oxford University Press.
Hell, W., Fiedler, K., & Gigerenzer, G. (Eds.) (1993). Kognitive Täuschungen: Fehl-Leistungen
und Mechanismen des Urteilens, Denkens und Erinnerns. Heidelberg: Spektrum,
Akademischer Verlag.
Kahneman, D. (2011). Thinking, fast and slow (1st ed.). New York: Farrar, Straus and
Giroux.
Young, S. (2010). Winning at Retail. Skokie: In-Store Marketing Institute.
Mai 2013
Den Homo heuristicus verstehen – Sieg der Emotion über die Kognition?
Seite 76
Literatur für Interessierte
Heylen, J. Paul; Dawson, B. & Sampson, Peter (1995). An Implicit Model of Consumer
Behaviour. Journal of the Marketing Research Society, 37(1), 51-67.
Frank, D. & Riedl, P. (2004). Theoretical Foundations of Contemporary Qualitative Market
Research. [63 paragraphs]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social
Research [On-line Journal], 5(2), Art. 30. Available at: http://www.qualitative-research.net/fqstexte/2-04/2-04frankriedl-e.htm [Date of Access: May 20th, 2004].
Ruth Rettie, Carol Brewer, (2000). The verbal and visual components of package design.
Journal of Product & Brand Management,Vol. 9 Issue 1, pp.56 – 70.
Bloch, Peter H. (1995). Seeking the ideal form. Product design and consumer response.
Journal of Marketing, 59 (3), pp. 16-29.
Blijlevens, J., Creusen, M. E. H. & Schoormans, J. P. L. (2009). How consumers perceive
product appearance: The identification of three product appearance attributes.
International Journal of Design, 3/3, 27-35.
Greenwald, A. G., Poehlman, T. A., Uhlmann, E., & Banaji, M. R. (2009). Understanding and
using the Implicit Association Test: III. Meta-analysis of predictive validity. Journal of
Personality and Social Psychology, 97, 17–41.
Mai 2013
Den Homo heuristicus verstehen – Sieg der Emotion über die Kognition?
Seite 77
Literatur für Interessierte
Frank, D. & Woppmann, A. (2012). System 1 meets System 2 Integrierte Messung impliziter und expliziter Informationsverarbeitung
am Beispiel von Packungsdesign.Vortrag auf der R&R Marktforschungsmesse,
München, Oktober 2012. h
Naderer, G. & Frank, D. (in Druck). Den Homo heuristicus verstehen – Implizit
braucht explizit – und umgekehrt. (Vorabdruck kann über den Autor bestellt
werden)
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D. Ihr Kontakt
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Mai 2013
aboutpixel.de / verbindet… 2010 stormpic
Seite 79
D
Ihr Kontakt
Prof. Dirk Frank
Diplom-Psychologe
Managing Director
Tel. :+49 (0)6172 9213-12
E-Mail: [email protected]
ISM GLOBAL DYNAMICS
Hessenring 89
61348 Bad Homburg vor der Höhe
Tel.: +49 (0)6172 – 92 13 12
Fax: +49 (0)6172 – 92 99
www.globdyn.com
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D
Copyright
©Copyright
2013 by
Bad Homburg vor der Höhe
The present paper was presented at the BVM Regionaltreffen
Rhein-Main Mai 2013 in Frankfurt and is copyrighted.
Where indicated, picture copyrights remain with
www.aboutpixel.de .
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