Thermolumineszenzdosimetrie (AMP06)

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Thermolumineszenzdosimetrie (AMP06)
Modul:
Angewandte Medizinische Physik
Praktikum:
Thermolumineszenzdosimetrie (AMP06)
Prof. Dr. K. Zink
Praktikum Angewandte Medizinische Physik
Thermolumineszenzdosimetrie
(AMP06)
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Modul:
Angewandte Medizinische Physik
Praktikum:
Thermolumineszenzdosimetrie (AMP06)
Prof. Dr. K. Zink
1 Einleitung
Gemäß Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV) werden Therapiedosimeter zur
Behandlung von Patienten einer Messtechnischen Kontrolle unterzogen. Hierbei kommen
TLDs vermehrt zum Einsatz. Auch im Strahlenschutz und bei der Qualitätssicherung findet
die Thermolumineszenzdosimetrie Anwendung.
Ziel des Praktikums-Versuch ist es, die Wasserenergiedosis im Wasserphantom mittels
Thermolumineszenz-Dosimetern (TLD) zu bestimmen. Dazu wird die Kalibrierung einzelner
TLDs mittels einer kalibrierten Ionisationskammer unter definierten Bedingungen
durchgeführt.
2 Grundlagen
2.1 Dosimetrie mittels Ionisationskammern
Grundlage zur Dosimetrie hochenergetischer Photonen- und Elektronenstrahlung mit
Ionisationskammern ist die in Deutschland gültige Norm DIN6800-2. Die Norm basiert
größtenteils auf dem internationalen Dosimetrieprotokoll TRS398 der IAEA („International
Atomic Energy Agency“).
Die Dosimetrie von Strahlung nach DIN erfolgt mit kalibrierten Ionisationskammern, die zur
Bestimmung der Wasserenergiedosis kalibriert sind. Ein individueller Kalibrierfaktor
ermöglicht die Umrechnung des Messsignals der Ionisationskammer am Referenzpunkt, also
der akkumulierten Ladung durch Ionisation des Kammergases (Coulomb), in
Wasserenergiedosis (Gray). Die Kalibrierung wird in Kalibrierlabors ermittelt und gilt für fest
definierte Bezugsbedingungen (siehe Tabelle 1). In der Regel lassen sich nicht alle
Bedingungen wie bei der Kalibrierung bei der Messung erreichen, z.B. Kalibrierstrahlqualität,
Luftdruck und Temperatur. Jede systematische Abweichung wird deshalb durch die
Anwendung von Korrektionsfaktoren berücksichtigt.
Die Wasserenergiedosis D am Messort im Wasserphantom wird berechnet nach:
n
D = (M − M 0 ) ⋅ N ⋅ ∏ k i
i =1
Dabei ist
M
die Anzeige des Dosimeters
M0
die Nullanzeige ohne Bestrahlung
N
der Kalibrierfaktor für Wasserenergiedosis,
Zusammenhang mit dem Auslesegerät!)
ki
Korrektionsfaktoren
ermittelt
in
60
Co
(gilt
nur
in
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Tabelle 1 – Bezugsbedingungen (Auszug aus DIN6800-2)
Einflussgröße
Bezugsbedingungen
Strahlungsqualität
60
Phantommaterial
Wasser
Messtiefe
5cm
Temperatur
293,15K
Druck
101,325 kPa
Abstand Quelle-Messort
100cm
Feldgröße in 5cm Tiefe
10cm x 10cm
Co-Gammastrahlung
2.1.1 Korrektionsfaktoren
Im Folgenden sind die Korrektionsfaktoren erläutert, die im Rahmen des Praktikums
angewendet werden sollen, für alle übrigen Korrektionsfaktoren (siehe Skript Vorlesung AMP
bzw. DIN 6800-2) gilt hier ausnahmsweise ki = 1.
Korrektion kρ für die Luftdichte (Einfluss Luftdruck / Temperatur)
kρ =
p 0T
pT0
mit p0 und T0 wie in Tabelle 1 definiert
Zur Bestimmung von kρ kann auch eine radioaktive Kontrollvorrichtung verwendet werden.
Dazu wird die Anzeige des Dosimeters im Kalibrierlabor mit der Kontrollvorrichtung unter
Bezugsbedingungen als kp im Kalibrierschein vermerkt. Vor der eigentlichen Messung beim
Anwender wird die Anzeige km zur Bestimmung von kρ verwendet:
kρ =
kp
km
Korrektionsfaktor kQ – Änderung des Ansprechvermögens der Ionisationskammer
Wird die Ionisationskammer nicht bei der Bezugs-Strahlungsqualität (60Co-Gammastrahlung)
verwendet, so kommt es zu einer Änderung des Ansprechvermögens der
Ionisationskammer. Diese Änderung wird experimentell bestimmt oder durch Berechnungen
ermittelt. In den Dosimetrieprotokollen bzw. der DIN 6800-2 finden sich Zahlenwerte für die
meisten im Handel erhältlichen Ionisationskammern in Abhängigkeit der Strahlqualität
(Energie der Strahlung). Der Korrektionsfaktor kQ gilt bei der Einhaltung von geometrischen
Referenzbedingungen, die ebenfalls in der Norm angegeben sind. Für den
Praktikumsversuch finden sie einen Faktor kQ und die dazugehörigen Referenzbedingungen
im Anhang.
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2.2 Thermolumineszenzdosimetrie
Thermolumineszenzsdetektoren speichern bei Bestrahlung mit ionisierender Strahlung die
übertragene Energie in metastabilen Energieniveaus. Durch Erhitzen kann die gespeicherte
Energie in Form von Lichtquanten freigesetzt werden, diesen Vorgang bezeichnet man als
Thermolumineszenz. Die Lichtmenge ist dabei ein Maß für die gespeicherte Energie.
2.2.1 TLD-Reader
Zur Auswertung der TLDs werden diese in eine Auswerteeinheit gebracht, die zum einen für
die Erhitzung sorgt, zum anderen dem Lichtnachweis dient. Zur Lichtdetektion kommen
Photomultiplier (PM) zum Einsatz, der erzeugte Strom ist dabei proportional zur emittierten
Lichtmenge aus dem TLD. Vor jeder Messung wird zur Gewährleistung einer konstanten PMEmpfindlichkeit eine Dunkelstrommessung durchgeführt. Weiterhin wird mit einer internen
Lichtquelle bekannter Intensität eine Kalibrierung des PM durchgeführt.
Aufgrund der hohen Temperaturen, die beim Ausheizen erreicht werden, kommt es zu
Infrarot-Strahlung, die mittels geeigneter Bandpass-Filter vor dem PM reduziert werden.
Verunreinigungen auf der TLD-Oberfläche können zu so genannter Tribo- und
Chemolumineszenz führen. Das Spülen des Raums zwischen TLD und PM mittels inertem,
sauerstofffreiem Gas wie N2 wird häufig genutzt, um diese Effekte zu minimieren.
Abbildung 1: Schematischer Aufbau eines TLD-Readers.
2.2.2 Glowkurven
Beim Ausheizen des bestrahlten TLDs werden Elektronen aus mehreren metastabilen
Energieniveaus freigesetzt, wodurch in Abhängigkeit von der Temperatur mehrere
Intensitätsmaxima auftreten. Die Form und Größe der Maxima hängt vom Material des TLDs
(energetische Lage der Traps, Dotierung) ab. In Tabelle 2 sind einige Charakteristika
verschiedener TLD-Materialien angegeben.
Die Glowkurven hängen des Weiteren vom zeitlichen Ablauf des Ausheizens der TLDs ab.
Der Heizzyklus wird in verschiedene Phasen unterteilt und besteht aus einer Vorheizphase
(Preheat/ Pre-Annealing), der eigentlichen Lesezone (Read) und einer Nachheizzone
(Anneal). In der Vorheizphase wird der TLD aufgeheizt, ohne die Lichtemission zu
detektieren. Dies dient zur Unterdrückung von Signalbeiträgen aus instabilen Zuständen. In
der Lesephase wird das emittierte Licht gemessen. Die Ausheizphase dient zur Löschung
von Restsignalen. In Abbildung 2 ist schematisch der Verlauf eines Ausheizzyklus („Time-
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Temperature-Profile“ – TTP) mit entsprechendem Verlauf der Lichtemission gezeigt. Für
reproduzierbares Verhalten der TLDs bei der Auswertung ist ein exaktes Einhalten der TTP
erforderlich.
Tabelle 2: Charakteristika von einigen TLD-Materialien
LiF: Mg, Ti
CaF2: Mn
Li2B4O7
CaSO4: Mn
Dichte (g/cm³)
2.64
3.18
2.3
2.61
Effektive Ordnungszahl
8.2
18.3
7.4
15.3
Emissions-Spektrum (nm)
350-600
440-600
530-630
450-600
Emissionsmaximum (nm)
400
290
180
100
Temperatur
Glowkurvenmaximum
bei Erwärmung mit
40°C/min (°C)
215
290
180
100
Abbildung 2: Schematischer Verlauf eines Ausheizvorganges
2.2.3 Kalibrierung von TLD & Reader
TLDs gleichen Materials können nicht mit konstanter Empfindlichkeit gefertigt werden. In
einem Satz TLDs schwankt die Empfindlichkeit typischerweise um 10-15%. Daher wird für
jeden TLD ein individueller Korrektionsfaktor ECC (Element Correction Coefficient) bestimmt,
der die Abweichung von der mittleren Empfindlichkeit der Charge beschreibt.
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ECC i =
Q
Qi
Hierbei ist Q die im Reader gemessene Ladung, die direkt proportional zur detektierten
Lichtmenge und damit der gespeicherten Energiedosis im TLD ist.
Um aus der gemessenen Ladung im PM auf eine akkumulierte Dosis im TLD zu schließen,
wird der Reader selbst über den so genannten RCF (Reader Calibration Factor) kalibriert.
Dazu wird ein TLD bestrahlt und unter gleichen Bedingungen eine Referenzdosis Dref z.B. mit
einer kalibrierten Ionisationskammer ermittelt. Für den RCF gilt:
RCF =
Qi ⋅ ECC i
Dref
Wird nun ein TLD bestrahlt, kann aus dem im Reader gemessenem Signal auf eine Dosis D
geschlossen werden mittels:
Di =
Qi ⋅ ECC i
RCF
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Versuchsdurchführung
Bei der verwendeten Röntgenanlage handelt es sich nicht um eine typische diagnostische
Röntgenanlage, sondern um ein in der Röntgentherapie eingesetztes Gerät mit einer
Festanodenröhre geringer Dosisleistung, die Bestrahlungszeiten von mehreren Minuten
zulässt. Über ein Schaltpult lassen sich Spannung, Strom und Zeit manuell einstellen.
Abbildung 3: Schematischer Messaufbau. IK: Ionisationskammer; DFP: Messkammer zur Bestimmung
des Dosis-Flächenprodukts; FOA:
Fokus-Oberflächen-Abstand; A: Abstand Fokus-Röhrenaustrittsfenster; d: Messtiefe im Wasserphantom. (Draufsicht)
2.3 Relativdosis: Querprofile / Tiefendosiskurven
Während der Messung der Querprofile und Tiefendosiskurven wird die Röhre dauerhaft
betrieben. Die Steuer- und Auswertesoftware des Wasserphantoms verfährt die Kammer
währenddessen im Phantom entlang der Breite bzw. Tiefe (siehe Abbildung 4). Nach
DIN6800-2 gelten für die Messung der Absolutdosis geometrische Referenzbedingungen, die
eingehalten werden müssen. Nachdem nicht an einem Linearbeschleuniger gemessen wird,
entnehmen Sie die geometrischen Referenzbedingungen ersatzweise dem Anhang.
Berücksichtigen Sie bei der Messung den Abstand A (siehe Abbildung 3) mit 5cm. Die
zylindrische Ionisationskammer besitzt einen geometrischen Referenzpunkt (siehe Abbildung
5 links). Dieser muss beim Anfahren einer Tiefe berücksichtigt werden.
2.4 Bestimmung Absolutdosis (Ionisationskammer/TLDs)
Für die Messung der Absolutdosis mit der Ionisationskammer messen Sie über eine
definierte Zeit von 1 Minute. Parallel wird das Dosis-Flächen-Produkt (DFP) am
Röhrenaustrittsfenster gemessen. Die Ionisationskammer bzw. der Halter mit dem TLD
befinden sich in der definierten Tiefe d. Die Messung soll mindestens drei mal wiederholt
werden.
Die TLDs befinden sich in kleinen Kunststoffbehältern, die in den Kammerhalter im Phantom
gesteckt werden (siehe Abbildung 5 rechts). Das TLD-Material ist wasserempfindlich. Achten
Sie beim Einbringen und Entfernen aus der Halterung darauf, dass sich die Behälter dabei
nicht öffnen. Bei der Auswertung der TLDs im Reader muss das TTP für das verwendete
TLD Material berücksichtigt werden. Die Angaben dazu liegen beim Praktikum aus.
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Abbilung 4: Verwendetes Wasserphantom MP3 der Firma PTW Freiburg. Schrittmotoren können den
Kammerhalter an beliebige Punkte im Phantom verschieben.
Abbildung 5: links: Schematische Ansicht der verwendeten Ionisationskammer. Das Kreuz zeigt den
Referenzpunkt der Kammer an. Rechts: Halter für TLD-Behälter. Angaben in mm.
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Versuchsablauf
2.4.1 Ionisationskammer-Messung
1) Mess-Aufbau vorbereiten
a. Füllen des MP3-Wasserphantoms
b. Ausrichten/ Zentrieren des Phantoms
c. Anschließen der Ionisationskammer
d. Positionierung des Referenzpunkts in Null-Position (siehe Anlage)
e. Fokus-Oberflächen-Abstand einstellen
2) Querprofil aufnehmen
a. Röhrenspannung 180kV
3) Tiefendosiskurven
a. Röhrenspannung 180kV (+ zwei weitere)
4) Absolutdosimetrie
a. kp/km Messung (auch Temperatur notieren)
b. Kammer in Bezugstiefe bringen
c. Messzeit: 1min
2.4.2 TLD-Messung
1) Messung mehrerer TLDs
2) Messung mit kalibrierten TLDs in mehreren Tiefen
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3 Versuchsauswertung
Berechnen Sie die absolute Wasserenergiedosis am Messpunkt mit der Ionisationskammer
aus dem Messwert und unter Berücksichtigung aller nötigen Korrekturen. Den Kalibrierfaktor
entnehmen Sie dem Kalibrierschein (liegt aus). Berechnen Sie den Wert für kρ nach beiden
Methoden (siehe Kapitel Grundlagen), dazu benötigen Sie weiterhin den Wert des Luftdrucks
am Tag der Messung.
Bestimmen die ECC-Koeffizienten aller verwendeten TLDs und ermitteln Sie den RCF des
Readers.
Da es zu einer Schwankung der Röhrenausgangsleistung kommen kann, beziehen Sie die
Messungen auf das jeweilige DFP und kalibrieren Sie auch damit die TLDs. Damit wird die
Kalibrierung unabhängig von der Messzeit.
Berechnen Sie die Dosis mit den kalibrierten TLDs in weiteren Tiefen. Vergleichen Sie
diesen Wert mit der absoluten Dosis in entsprechenden Tiefen, die sich mit der
Ionisationskammer ergibt. Dazu müssen Sie mit der relativen Tiefendosiskurve und der
absoluten Dosis in einer Tiefe umrechnen. Diskutieren Sie Ursachen für Abweichungen.
Dürfen Sie das auch bei anderen Energien bzw. Spannungen machen?
4 Literatur
1. DIN 6800-2 (2006), Dosismessverfahren nach der Sondenmethode für Photonenund Elektronenstrahlung – Teil 2: Dosimetrie hochenergetischer Photonen- und
Elektronenstrahlung mit Ionisationskammern,
2. DIN 6800-5 (2005), Dosismessverfahren nach der Sondenmethode für Photonenund Elektronenstrahlung – Teil 5: Thermolumineszenzdosimetrie
3. H. Krieger: Strahlenphysik, Dosimetrie und Strahlenschutz – Band 2, Teubner-Verlag
2001
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5
Anhang
5.1 Geometrische Referenzbedingungen für die Messung der
Wasserenergiedosis
Messtiefe
3cm
Feldgröße
Fokus-Oberflächen-Abstand
100cm
5.2 Korrektionsfaktor kQ (gilt nur mit oben genannten Referenzbedingungen)
Strahlqualität bzw. Röhrenspannung1
Bauart
Ionisationkammer
140
160
180
M31010
(semiflex 0.125cm³)
1,009
1,006
1,005
1
Üblicherweise wird die Strahlqualität im Bereich der Strahlentherapie nicht durch die Angabe der
Beschleunigungsspannung definiert und gilt nur für den Praktikumsversuch.