Staatsratings verstehen und nutzen

Transcrição

Staatsratings verstehen und nutzen
Frankfurt am Main
Goethe-Universität Frankfurt am Main
Geldanlage bei Inflationsrisiken und politischen Risiken
Anlagestrategien in der Europäischen Schuldenkrise:
Staatsratings verstehen und nutzen. Eine ökonometrische Analyse der Marktreaktion nach Ratingveränderungen
Betreuender Hochschullehrer:
Prof. Dr. Michael Binder
Studentische Teammitglieder:
Robert Carl Michael Beyer
Tianzheng Gao
Spyridon Palligkinis
Adjmal Sekander Sirak
Philipp Süß
Beitrag zum Postbank Finance Award 2012
Anlagestrategien in der
Europäischen Schuldenkrise:
Staatsratings verstehen und nutzen
Eine ökonometrische Analyse der Marktreaktion nach Ratingveränderungen
2
Beitrag zum Postbank Finance Award 2012
Anlagestrategien in der Europäischen Schuldenkrise:
Staatsratings verstehen und nutzen
Eine ökonometrische Analyse der Marktreaktion nach Ratingveränderungen
Wettbewerbsbeitrag zum Postbank Finance Award 2012
zum Thema
„Geldanlage bei Inflationsrisiken und politischen Risiken“
Die Finanzierung von Staatsdefiziten hängt auch in entwickelten Volkswirtschaften wesentlich vom
Vertrauen der Investoren ab, wie die europäische Schuldenkrise deutlich zeigt. Die Lösung der Schuldenkrise ist
von globaler Bedeutung und eine zentrale Aufgabe der nächsten Jahre. Wie schon in der Finanzkrise spielen
Ratingagenturen in der europäischen Schuldenkrise eine entscheidende und wenig verstandene Rolle. Die
Analyse der Marktreaktion auf Änderungen der Bewertung europäischer Staatsanleihen ermöglicht wichtige
Einsichten. Zum einen kann bezüglich der umstrittenen Frage des Informationsgehaltes von Ratings Position
bezogen werden und zum anderen eröffnen sich neue Anlagestrategien. Unsere ökonometrische Analyse zeigt,
dass Anleiherenditen sowohl kurz- als auch langfristig von bestimmten Ratingveränderungen beeinflusst
werden; Staatsratings enthalten also marktrelevante Informationen. Wir zeigen weiterhin, dass die Märkte nach
einer Herabstufung kurzfristig überreagieren. Für den Investor mit kurzfristigem Anlagehorizont leitet sich
daraus eine Handelsstrategie ab, nämlich Staatsanleihen nach einer Herabstufung zu kaufen und nach kurzer
Zeit wieder zu veräußern. Für den Investor mit langfristigem Anlagehorizont folgt, dass der Wertverlust seines
Anleihenportfolios mittelfristig geringer ausfällt als direkt nach einer Herabstufung.
Wir können nachweisen, dass negative Watchlist-Bekanntgaben zu einem Anstieg der Renditen führen und dass
Anleihenrenditen durch Herabstufungen der Ratingagenturen Standard & Poor's und Fitch stärker beeinflusst
werden als durch Moody's. Hieraus lassen sich begründete Zweifel an der Effektivität einer staatlich initiierten,
europäischen Ratingagentur ableiten. Aufwertungen führen im Gegensatz zu Abwertungen nicht zu ökonomisch
relevaten Renditeveränderungen.
3
Beitrag zum Postbank Finance Award 2012
Inhaltsverzeichnis
I
5
Einleitung
6
II Ratingagenturen verstehen
II.1 Ratings aus ökonomischer und rechtlicher Perspektive
II.1.1 Die ökonomische Perspektive: Ratings als Informationsträger
II.1.2 Die rechtliche Perspektive: Ratings als Lizenzen
II.2 Eine kurze Geschichte der Ratingindustrie
II.2.1 Die Entwicklung der Ratingagenturen
II.2.2 Die Entwicklung auf Ratings basierender Regulierung
II.2.3 Diskussion
II.3 Empirische Literatur zum Informationsgehalt von Ratingagenturen
6
7
8
12
12
14
15
16
III Ökonometrische Analyse der Marktreaktion auf Ratingveränderungen
III.1 Forschungsfragen
III.2 Datensatz
III.2.1 Länder
III.2.2 Zinsdaten: Nullcouponanleihen
III.2.3 Ereignisse
III.3 Methodik
III.3.1 Definition des Ereignisses
III.3.2 Normale und abnormale Renditen
21
21
21
22
22
22
22
23
III.3.2.1
III.3.2.2
III.3.2.3
III.3.3
III.3.4
III.3.5
III.3.6
24
24
25
t-Test der abnormalen Renditen
Mittelwertvergleich zwischen Vor und Nach-Ereignis-Periode sowie Ereignis- und
Nach-Ereignis-Periode
Genauere Beschreibung der DNS-Methodik
IV.1.1.1
IV.1.1.2
IV.1.1.3
IV.1.1.4
IV.1.1.5
IV.1.1.6
26
26
28
30
Herabstufung allgemein
Möglichkeit einer Überreaktion
Herabstufung durch S&P
Herabstufung durch Moody’s
Herabstufung durch Fitch
Auswirkungen unterschiedlicher Ratingagenturen
30
35
37
38
38
39
40
Aufwertungen
IV.1.2.1
25
28
IV Diskussion der Ergebnisse
IV.1 Ergebnisse
IV.1.1 Herabstufungen
IV.1.2
23
23
23
Constant-Mean-Return-Modell
Time-Trend-Modell
Dynamisches Nelson-Siegel-Modell
Abnormale Renditen
Schätzmethode
Testmethoden
III.3.5.1
III.3.5.2
21
40
Aufwertungen allgemein
42
42
44
IV.1.3 Zusammenfassung Aufwertungen
IV.1.4 Negative Watchlist
IV.2 Interpretation der Ergebnisse
V Zusammenfassung
49
VI Literaturverzeichnis
51
55
VII Appendix
VII.1 Tabellenverzeichnis
VII.2 Abbildungsverzeichnis
55
55
4
Beitrag zum Postbank Finance Award 2012
I
Einleitung
Die vergangenen fünf Jahre waren durch schwerwiegende Turbulenzen an den globalen
Finanzmärkten charakterisiert. Der Immobilienpreiscrash in den Vereinigten Staaten seit dem Jahr
2007 und die darauf folgende globale Wirtschaftskrise der Jahre 2008 bis 2009 erforderte
konjunkturelle Stabilisierungsprogramme in nahezu allen entwickelten Volkswirtschaften. Aber auch
Regierungen vieler Schwellenländer sahen sich gezwungen, ihre Wirtschaft durch eine Ausweitung
der Staatsausgaben, vor einem allzu starken Abschwung zu bewahren. Das weltweite, auf mehrere
Jahre verteilte Volumen aller Konjunkturpakete wird auf zwei Billionen US-Dollar geschätzt,
dennoch brach das globale Bruttoinlandsprodukt um vier Billionen US-Dollar ein. So reduzierte sich
beispielsweise die industrielle Produktion im Euroraum zwischen den Frühjahren 2008 und 2009 um
20%.
Parallel zu den Stabilisierungsmaßnahmen für die Realwirtschaft waren auch zahlreiche staatliche
Interventionen im Bankensektor notwendig. Nach der Insolvenz von Lehman Brothers am 15.
September 2008 kam der Interbankenmarkt weltweit nahezu zum Erliegen, was in den darauf
folgenden Jahren die staatliche Rettung zahlreicher Banken nach sich zog. In Deutschland wurde zu
diesem Zweck der Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) gegründet.
Es besteht weitestgehende Übereinstimmung, dass die staatlichen Konjunkturprogramme und
Bankenrettungen notwendig waren, jedoch ist die gegenwärtige Staatsschuldenkrise im Euroraum
gewisslich nicht unabhängig von diesen Stabilisierungsmaßnahmen. Investoren an den internationalen
Anleihemärkten entzogen Ländern wie Griechenland, Portugal und Irland, in geringerem Maße aber
auch Spanien und Italien, im Zuge sich fortlaufend verschlechternder Staatsfinanzierung (relativ zum
Bruttoinlandsprodukt) das Vertrauen in ihre Kreditwürdigkeit. Sie veräußerten entsprechende
Anleihen auf dem Sekundärmarkt, drosselten ihre Nachfrage bei Neuemissionen und deckten sich mit
Kreditausfallversicherungen ein (Credit Default Swaps), was die Renditen der entsprechenden
Anleihen und die Preise der Ausfallversicherungen in die Höhe trieb. Die Integration dieser Länder in
der Eurozone führt hier zu besonderen Komplikationen. Einerseits ist wegen der Mitgliedschaft in der
Währungsunion eine Anpassung des Wechselkurses unmöglich, andererseits existiert (noch) keine
europäische Fiskalunion, sodass direkte Transferzahlungen an die vom Zahlungsausfall bedrohten
Länder nicht in Frage kommen.
Hinzu kommt, dass durch den gemeinsamen europäischen Bankensektor ein hohes systemisches
Risiko von der Ausfallgefahr einzelner Staaten ausgeht. Sobald ein bestimmtes Land nicht mehr in der
Lage ist, die Couponzahlungen auf die von ihm emittierten Anleihen zu leisten oder keine
Neuemissionen zu vertretbaren Konditionen zu platzieren, sinkt das Eigenkapital derjenigen Banken,
welche Anleihen des (teilweise) zahlungsunfähigen Landes in ihren Büchern halten. Ist die
Abschreibung des Eigenkapitals dieser Banken so groß, dass sie ihrerseits drohen insolvent zu
werden, müssen sie möglicherweise von der Regierung ihres Landes gerettet werden. Dies wiederum
kann den Staatshaushalt desjenigen Landes, in welchem die Bankenrettung notwendig wurde, derart
belasten, dass auch hier eine Staatspleite eintritt. Es besteht die Gefahr eines Flächenbrandes.
Vor diesem Hintergrund sehen wir systemische Risiken als die maßgebliche Bedrohung von
Geldanlagen. Die Lösung der europäischen Schuldenkrise ist deshalb von größtmöglicher wie
globaler Bedeutung. Während auf europäischer Ebene einige wichtige Schritte, wie die Vereinbarung
einer europäischen Schuldenbremse, verabschiedet und andere vorangetrieben werden, sind einige
wichtige Akteure in der Krise, wie zum Beispiel auch Ratingagenturen, etwas aus dem Blickfeld
geraten. Ein besseres Verständnis von deren Funktion und Agieren ist aber nicht nur für das
Verhindern zukünftiger Krisen, sondern auch für die Lösung der jetzigen Krise zwingend notwendig.
5
Beitrag zum Postbank Finance Award 2012
Die Rolle von Ratingagenturen ist in dem beschriebenen Konglomerat von gegenseitigen
Abhängigkeiten weiterhin unklar. In den vergangenen eineinhalb Jahren stuften sie sukzessive die
Bewertung der Staatsanleihen vieler europäischer Länder herab. Zunächst betraf dies nur die
europäische Peripherie, also z.B. Griechenland und Portugal, doch zu Beginn diesen Jahres wurden
auch Frankreich und Österreich herabgestuft und verloren dadurch ihre Bestnoten.
Inwieweit Ratingagenturen bei ihrer Beurteilung der Kreditwürdigkeit eines Landes auf
vorangegangene Marktentwicklungen reagieren und inwieweit sie diese aktiv beeinflussen ist eine
offene Forschungsfrage, zu der wir mit diesem Aufsatz einen Beitrag leisten wollen. Die Rolle der
Ratingagenturen auf den Finanzmärkten ist nicht nur aus akademischer Sicht interessant. Einerseits
besteht ein hitziger öffentlicher Diskurs insbesondere vor dem Hintergrund, dass viele der
forderungsbesicherten Wertpapiere im Zentrum des US-Immobilienpreiscrashs vor dem
Zusammenbruch Bestnoten erhalten hatten. Der Vorwurf lautet, dass diese nachlässige Benotung die
Immobilien-, Finanz- und Wirtschaftskrise überhaupt erst ermöglicht hat und dass nun eine zu strenge
Bewertung der Kreditwürdigkeit des öffentlichen Sektors die Krise weiter verschärft. Andererseits
sehen sich Banken gegenwärtig erheblichen regulatorischen Anpassungszwängen ausgesetzt, welche
aus einer Reform internationaler Bankenregulierungsstandards (Basel III, CRD IV) resultieren. Auch
hierbei spielt das Verständnis von Ratingagenturen und ihrer Funktion auf den Finanzmärkten eine
wichtige Rolle.
Das Ziel unserer Arbeit ist es, die Auswirkungen von Änderungen des Länderratings sowie der
Aufnahme in die Watchlist auf Staatsanleiherenditen zu untersuchen, um zum einen den
Informationsgehalt von Staatsratings zu hinterfragen und die Marktreaktion auf Ratingereignisse
besser zu verstehen, und zum anderen um daraus Implikationen für Investoren abzuleiten. Zu diesem
Zweck gliedert sich der Rest unseres Aufsatzes wie folgt:
In Kapitel II präsentieren wir zwei konkurrierende wissenschaftliche Theorien zur Funktion von
Ratingagenturen. Nimmt man eine dezidiert ökonomische Perspektive ein, so liegt die Hauptfunktion
von Ratingagenturen in der Reduktion von Informationskosten wie sie in jedem Schuldner-GläubigerVerhältnis auftreten. Zieht man allerdings auch die juristischen Rahmenbedingungen institutioneller
Investoren in Betracht, stellen sich Ratingagenturen als Verkäufer rechtlicher Lizenzen dar. Wir
stellen diese zwei Betrachtungsweisen gegenüber und binden sie in einen historischen Kontext ein,
indem wir die Entstehungsgeschichte der Ratingindustrie skizzieren. Kapitel II schließt mit einem
Überblick über die bisherige empirische Literatur zu Ratingagenturen und den wesentlichen darin
aufgeworfenen Fragen sowie Ergebnissen. In Kapitel III werden zunächst konkrete Fragen
spezifiziert, denen wir uns in diesem Aufsatz widmen. Es folgt eine detaillierte Beschreibung des von
uns verwendeten Datensatzes und der empirischen Methoden. In Kapitel IV präsentieren wir als erstes
die Ergebnisse unserer empirischen Studie, um diese dann anschließend zu interpretieren und
ausführlich auf die daraus resultierenden Implikationen für unsere Forschungsfragen einzugehen. Im
abschließenden fünften Kapitel fassen wir unsere Arbeit zusammen und bewerten unsere Methodik
und Ergebnisse, wobei wir auf noch offen stehende und neu aufgeworfene Fragen hinweisen.
II
Ratingagenturen verstehen
II.1 Ratings aus ökonomischer und rechtlicher Perspektive
Ratingagenturen sammeln und bewerten Daten und veröffentlichen neutrale Meinungsbilder über die
relativen Wahrscheinlichkeiten einer Zahlungsunfähigkeit von Unternehmen oder Staaten. Es handelt
sich hierbei nicht um Voraussagen absoluter Ausfallwahrscheinlichkeiten, sondern um vergleichende
Aussagen. Solche Voraussagen im Sinne einer langfristigen Prognose spiegeln sich in einem Rating
wider, welches gegen eine Gebühr in Absprache mit dem Bewerteten oder ohne Gebühr und
Absprache (Unsolicited Rating) veröffentlicht wird. Neue Informationen und Einschätzungen führen
6
Beitrag zum Postbank Finance Award 2012
zu einer Änderung der Einstufung. Es geht nur um eine besondere Art des Risikos, nämlich das eines
Zahlungsausfalls aufgrund der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens oder Staates, also der
Bonität, und nicht um andere Risiken wie beispielsweise Wechselkursrisiken oder Zinsrisiken
(Moody’s 1991). Auch sind die Ratingagenturen auf richtige Informationen der Kreditnehmer
angewiesen und bewerten nicht das Risikos eines Betrugs. Die Ratingagenturen haften nicht für die
Konsequenzen von Ratingfehlern. Nach der Insolvenz des Orange County in den USA im Jahr 1994,
die von den Agenturen nicht vorausgesehen wurde, sodass Anleihen des Orange County noch kurz
vor der Insolvenz viel zu hoch bewertet waren, hat ein Gericht entschieden, dass Ratings der von der
Verfassung garantierten Meinungsfreiheit unterliegen.1 Auch in Deutschland hat ein Gericht diese
Auffassung bestätigt, solange die Ratings nicht vorsätzlich gefälscht sind.2
II.1.1 Die ökonomische Perspektive: Ratings als Informationsträger
Die ökonomische Theorie erklärt die Bedeutung von Ratingagenturen mit dem Mehrwert, den sie
durch eine Reduzierung der Informationskosten im Markt generieren. Ratings werden demnach bei
Interaktionen auf den Finanzmärkten zu Hilfe genommen, um asymmetrische Informationen zu
vermeiden. Ein Kreditvertrag ist ein Prinzipal-Agenten-Verhältnis: Der Agent, hier der Kreditnehmer,
hat mehr Informationen als der Prinzipal, hier der Investor, und ein Interesse daran einige davon
zurückzuhalten, bzw. nur die für seine Zwecke förderlichen mitzuteilen. Der Prinzipal ist sich dessen
bewusst und preist diese Unsicherheit in den Kredit ein, geht also davon aus, dass die zur Verfügung
stehenden Informationen zu positiv sind. Ratingagenturen verfügen im Gegensatz zu den Investoren
in der Regel auch über sonst zurückgehaltene Informationen und entwickeln eine neutrale Meinung
bezüglich des Kreditausfallrisikos, welche dem Prinzipal zur Verfügung steht. Dadurch reduzieren sie
das Problem von asymmetrischen Informationen und somit auch die Kreditkosten. Auch wenn der
Investor natürlich eigene Informationen sammelt und eine Erwartung bezüglich der Bonität bildet,
handelt es sich bei Ratingagenturen um eine teilweise Auslagerung des Screenings von
Kreditnehmern (Ellis 1998). Die Auslagerung an Ratingagenturen hat drei Vorteile: (1) Da eine
Ratingagentur ihr Rating öffentlich macht, können viele verschiedene Investoren darauf
zurückgreifen. Da das Screening eines Kreditnehmers Kosten verursacht, profitieren Rating
Agenturen von Skaleneffekten. Sie schaffen Mehrwert, weil ihr Screening von allen benutzt werden
kann, ohne das dadurch zusätzliche Kosten entstehen. Grundmann und Kerber (2001) finden dafür
empirische Evidenz; Diamond (1984) zeigt es in einem formalen Modell. (2) Außerdem haben
Ratingagenturen einen besseren Zugang zu Informationen. Da sie nicht selbst als Kreditgeber,
Anleger oder sonstiger Geschäftspartner auftreten und sonst geheime Auskünfte nur für die Bildung
eines Ratings nutzen ohne die spezifische Information zu veröffentlichen oder anderweitig davon zu
profitieren, können sie ihre Meinung auf fundiertere Untersuchungen stützen. Folglich ist es sinnvoll,
dass die Agenturen ihre Meinung in Absprache mit den Bewerteten treffen und diese die Möglichkeit
bekommen, die Agenturen durch zusätzliche Informationen von einem geringeren Risiko zu
überzeugen. (3) Ratingagenturen verfügen über eine hohe Reputation im Markt. Reputation ist ein
grundlegendes Konzept der Ratingindustrie, auf das im Folgenden näher eingegangen wird.
Ratingagenturen kreieren auch aus anderen Gründen weiteren Mehrwert. Sobald ein Kredit
vergeben oder eine Anleihe platziert wurde, erfüllt die Ratingagentur auch eine
Überwachungsfunktion und reduziert so das moralische Risiko (Moral-Hazard-Problem), indem sie
verhindert, dass der Kreditnehmer opportunistisch handelt und so größere Risiken eingeht als geplant
und abgesprochen. Durch Ratingagenturen wird außerdem die relative Wahrscheinlichkeit des
Zahlungsausfalls standardisiert, sodass Kredite und Anleihen besser verglichen werden können
(Moody's 1991). Dies führt weiter zu einer Standardisierung des Kreditvergabeprozesses und
reduziert die Unsicherheit (Kerwer 2002; Sinclair 2000, 2005).
Wesentliche Aspekte dieser Theorie lassen sich in einem einfachen Modell beschreiben. Ein
Kreditnehmer bittet einen Investor um einen Kredit. Je kleiner die Wahrscheinlichkeit eines
Zahlungsausfalls, desto weniger Zinsen muss der Kreditnehmer bezahlen. Der Investor ist sich
1
2
County of Orange vs. The McGraw-Hill Companies, d/b/a Standard & Poor's Ratings Services, United
States District Court, Central District of California, Case No. SACV 96-0765
KG, Urteil vom 12. Mai 2006–9 U 127/05
7
Beitrag zum Postbank Finance Award 2012
unsicher über die reale Wahrscheinlichkeit und ist sich der Probleme des Prinzipal-AgentenVerhältnisses bewusst. Er nimmt nun ein Rating zu Hilfe, um die Unsicherheit bezüglich der
Wahrscheinlichkeit eines Zahlungsausfalls zu reduzieren. Solange die Ersparnis durch niedrigere
Zinsen größer ist, als die Kosten des Ratings, kauft der Kreditnehmer ein Rating. Der Investor
berücksichtigt das Rating, weil sich die Agentur mit der Zeit einen Namen gemacht hat, sich also
einen Ruf erarbeitet hat neutrale und solide Ratings abzugeben. Nur wenn eine Ratingagentur über
eine hohe Reputation verfügt, wird der Markt das Rating überhaupt beachten. Durch Reputation wird
der Ratingagentur zugetraut, einen Zahlungsausfall neutral und realistisch voraussagen zu können.
Jappeli und Pagano (2000) weisen darauf hin, dass sich der Kreditnehmer durch das Rating ein Teil
der Reputation der Agentur kauft, um dadurch die eigene Reputation zu vergrößern. Danach lässt
dieser sich dauerhaft von der Agentur überwachen und erarbeitet sich so seinerseits einen guten Ruf
und Reputation. Wer lange von den führenden Ratingagenturen mit der höchsten Reputation
kontrolliert wurde, kann nicht einfach andere Agenturen mit weniger Reputation wählen, da deren
Rating im Markt weniger vertraut wird.
Chemmanur und Fulghieri (1994) behaupten sogar, dass Reputation das eigentliche Gut ist, mit
dem Ratingagenturen handeln; in diesem Sinne schaffen, erhalten und verkaufen Ratingagenturen
Reputation. Wenn dies richtig ist, löst Reputation ein schwerwiegendes moralisches Risiko.
Ratingagenturen investieren nicht selbst in die bewerteten Produkte und haben keine eigenen direkten
finanziellen Interessen, ein richtiges Rating abzugeben. Sie könnten dem Kreditnehmer gegen eine
zusätzliche Gebühr ein besseres Rating geben, ohne selbst direkte finanzielle Konsequenzen tragen zu
müssen3. Ratingagenturen werden weder kontrolliert noch bewertet, aber nur durch ihre Reputation
am Markt sind ihre Ratings wertvoll. Würden sie zu gute Ratings vergeben, würde das am Markt
bemerkt werden, die Reputation der Agentur sinken, wodurch das Kapital der Agentur verloren ginge.
Ist der Schaden eines zu guten Ratings größer als der Nutzen, und davon geht diese Theorie aus, hat
die Ratingagentur keinen Anreiz, zu gute Ratings zu vergeben.
Es müssen vier Voraussetzungen erfüllt sein, damit das Problem des moralischen Risikos gelöst
wird und Ratingagenturen einen Mehrwert durch die Reduzierung asymmetrischer Informationen
generieren. Erstens müssen zu gute Ratings die Reputation der Agentur reduzieren; zweitens muss der
Reputationsverlust schwerer wiegen als ein möglicher Profit durch ein zu gutes Rating; drittens muss
der dem Rating zugrundeliegende Bewertungsprozess der Agentur Kosten verursachen und viertens
müssen die Kosten im Zusammenhang mit asymmetrischen Informationen stehen. Die ersten beiden
Voraussetzungen verhindern zu gute Ratings, die letzteren beiden stellen sicher, dass durch einen
komparativen Vorteil im Sammeln und Analysieren von Informationen tatsächlich ein Mehrwert
entsteht. Nach dieser Theorie sind Ratings Meinungen, der Markt für Ratings ist kompetitiv, der
Erfolg einer Agentur basiert auf ihrer Reputation, und Agenturen überleben nur, wenn sie akkurat und
zuverlässig Zahlungsunfähigkeit voraussagen.
II.1.2 Die rechtliche Perspektive: Ratings als Lizenzen
Der juristische Erklärungsansatz zweifelt nicht an der ökonomischen Perspektive, solange Ratings
nicht Teil rechtlicher Bestimmungen sind. Allerdings wird darauf verwiesen, dass sich durch die
Nutzung von Ratings als Instrument in der Regulierung deren Gutscharakter verändert (Partnoy
1999). Regulierungen und rechtliche Anforderungen, zum Beispiel Eigenkapitalanforderungen oder
Informations- und Veröffentlichungspflichten verursachen Kosten, deren Höhe von Rating zu Rating
unterschiedlich ist. Wenn mit einem guten Rating bestimmte rechtliche Erleichterungen einhergehen,
kann der Informationsgehalt der Ratings zweitrangig werden und die eigentliche Bedeutung zur
Reduzierung der Regulierungskosten übergehen. Neben der privatisierten Regulierung spielen dabei
auch institutionelle Risikomanagement-Bestimmungen eine große Rolle (EZB 2004). In diesem Sinne
ist ein Rating kein Meinungsbild über die Bonität, sondern eine Lizenz, die den Zugang zu
bestimmten Märkten ermöglicht und die Kosten rechtlicher Bestimmungen reduziert. Eine
Ratingagentur erlangt den Status eines Zertifizierers, der kein eigenes Risiko trägt. Nach der
ökonomischen Theorie wird so die Objektivität sichergestellt, da ohne weitere eigene Interessen
3
Ratings sind Meinungen, für die eine Agentur nicht haftet. In den USA gedeckt von der Meinungsfreiheit
und auch in Europa besteht keine Haftung.
8
Beitrag zum Postbank Finance Award 2012
alleine die Erhaltung und Steigerung der Reputation als Unternehmensziel angenommen wird. Wird
dieses Prinzip allerdings ausgehebelt, trägt die Ratingagentur also keine Eigenverantwortung für ihr
Rating, schadet sie sich im Falle eines zu guten Ratings nicht automatisch selbst.
Sobald Gesetze auf Ratings verweisen, müssen diese auch die Ratingagenturen spezifizieren, welche
rechtlich relevante Ratings vergeben dürfen. Wenn nun aber der Markt für Ratings auf bestimmte
Agenturen beschränkt wird, schafft dieses zum einen Marktmacht und Profite, zum anderen hebelt es
die entscheidende Rolle der Reputation aus. Denn nun entscheidet nicht mehr die Reputation einer
Agentur über den Wert des Ratings, sondern dessen rechtliche Verwertbarkeit. Damit einher geht eine
Veränderung des Geschäftsmodells. Statt der Veröffentlichung aussagekräftiger Informationen
mutiert die Ratingagentur zum Verkäufer rechtlicher Lizenzen. Ein Kreditnehmer kauft nun immer
dann ein Rating, wenn die Kosteneinsparung durch rechtliche Erleichterungen oder der Gewinn aus
Zugang zu anderen Märkten die Kosten des Ratings übersteigt.4 Dies verursacht zwei Probleme:
Erstens entsteht durch die Bildung eines Oligopols eine Überkompensierung (dead-weight Loss), d. h.
durch mangelnde Konkurrenz unterbieten sich Anbieter nicht ausreichend im Preis und erhalten so
eine Oligopolrente. Schwerwiegender ist das zweite Problem: Durch das Aushebeln des
Reputationsprinzips muss nun zur Lösung des moralischen Risikos in der Ratingindustrie nicht mehr
der Reputationsverlust schwerer wiegen als ein möglicher Profit durch ein zu gutes Rating, sondern
die Wahrscheinlichkeit, seine Position als Vergeber rechtlich verwertbarer Ratings zu verlieren. Eine
Kontrollbehörde müsste somit zu gute Ratings erkennen und abstrafen, was aber nie passiert. Dies
erlaubt natürlich mehr Spielraum für bewusst überbewertete Ratings.
In unserer Studie betrachten wir ausschließlich relativ hoch bewerte Staatsanleihen und umgehen
dadurch so gut es geht den Lizenzcharakter, da für solche Anleihen wenige regulative Bestimmungen
greifen. Deshalb können wir die einer Herabstufung folgende Marktreaktion dem Informationsgehalt
des Ratings zuschreiben. Abbildung II.1 gibt einen Überblick über aktuelle von Standard & Poor’s
vergebene Ratings, Tabelle II.1 gibt eine Übersicht über die vergebenen Noten der drei großen
Agenturen und ihre jeweilige Bedeutung.
4
Die Kosteneinsparung mit einem bezahlten statt einem Unsolicited Rating ist größer als der Preis des
bezahlten Ratings.
9
Beitrag zum Postbank Finance Award 2012
Abbildung II.1: Ratings der Europäischen Union im Überblick (Standard & Poor’s, März 2012)
10
Beitrag zum Postbank Finance Award 2012
Moody’s
Long
Short
Term
Term
S&P
Long
Short
Term
Term
Fitch
Long
Short
Term
Term
Aaa
AAA
AAA
Aa1
Aa2
Aa3
A1
A2
A3
Baa1
Baa2
Baa3
Ba1
Ba2
Ba3
B1
B2
B3
P-1
P-2
P-3
Caa1
Caa2
AA+
AA
AAA+
A
ABBB+
BBB
BBBBB+
BB
BBB+
B
B-
A-1+
A-1
A-2
A-3
B
Ca
Not
Prime
F1
F2
F3
B
Deutsche
Beschreibung
17
Highest Quality
Ein Schuldner höchster Bonität, das Ausfallrisiko ist sehr
gering.
High Quality
Sichere Anlage, wenn auch leichtes Ausfallrisiko besteht.
16
15
14
13
12
11
10
9
8
7
6
5
4
3
2
CCC
CCC
C
1
CCCCC
Strong Payment
Capacity
Die Anlage ist sicher, falls keine unvorhergesehenen
Ereignisse die Gesamtwirtschaft oder die Branche
beeinträchtigen.
Adequate Payment
Capacity
Durchschnittlich gute Anlage. Bei Verschlechterung der
Gesamtwirtschaft ist aber mit Problemen zu rechnen.
Likely to fulfil
Obligations, ongoing
Uncertainty
Spekulative Anlage. Bei Verschlechterung der Lage ist
mit Ausfällen zu rechnen.
High Credit Risk
Höchstspekulative Anlage. Bei Verschlechterung der
Lage sind Ausfälle wahrscheinlich.
Very High Credit
Risk
Near Default with
Possibility of
Recovery
Nur bei günstiger Entwicklung sind keine Ausfälle zu
erwarten.
Default
Moody’s: in Zahlungsverzug
Standard & Poor’s: hohe Wahrscheinlichkeit eines
Zahlungsausfalls oder Insolvenzverfahren beantragt, aber
noch nicht in Zahlungsverzug
Default
Zahlungsausfall
C
C
/
/
F1+
Englische
Bezeichnung
(Quelle: Moody’s)
CCC
C
Caa3
AA+
AA
AAA+
A
ABBB+
BBB
BBBBB+
BB
BBB+
B
B-
Numerischer
Wert
DDD
D
/
DD
D
/
0
Tabelle II.1: Überblick über Ratings und deren Bedeutung für Moody’s, S&P und Fitch
11
Beitrag zum Postbank Finance Award 2012
II.2 Eine kurze Geschichte der Ratingindustrie
II.2.1 Die Entwicklung der Ratingagenturen
Während die Reduzierung von Informationskosten zum Entstehen und frühen Erfolg von
Ratingagenturen unfraglich ist, lässt deren Entwicklung durchaus eine Veränderung des
Gutscharakters vermuten. Wir geben deshalb einen kurzen historischen Überblick über
Ratingagenturen. Eine gute Übersicht über die frühe Geschichte und Entwicklung von
Ratingagenturen findet sich in Cantor und Packer (1994) und in Harold (1938). Die Vorgänger
heutiger Ratingagenturen waren merkantile Auskunfteien. Diese Firmen sammelten Informationen
über Händler und Industriebetriebe und veröffentlichten diese in Form von Büchern. Das Besondere
war, dass die bewerteten Händler und Firmen in Gruppen gemäß Ihrer Bonität sortiert wurden, ohne
dass es schon damals Ratings in heutiger Form gab. Aber wie moderne Ratingagenturen erteilten auch
Auskunfteien gewerbsmäßig Auskünfte über private oder geschäftliche Verhältnisse anderer Händler
und Unternehmen und über deren Kreditwürdigkeit. Das erste Unternehmen dieser Art wurde 1841 in
New York als Antwort auf die Finanzkrise 1837 gegründet. Lewis Tappan, der zusammen mit seinem
Bruder im großen Stil mit Seide handelte, ging im Zuge der Krise Pleite. Durch seinen Handel, durch
den er mit vielen anderen Händlern aber auch Industriebetrieben wirtschaftlich interagierte, besaß er
detaillierte Kreditinformationen über aktuelle und potenzielle Kunden. Diese Informationen waren
interessant und wertvoll für andere Händler und Unternehmen. Das Interesse an der wirtschaftlichen
Situation und Zahlungsmoral potenzieller Schuldner, um die Gefahr eines Zahlungsausfalls zu
bestimmen, stieg nach der Finanzkrise 1837 erheblich. Der Bankrott gegangene Tappan erkannte
diesen Bedarf und gründete vier Jahre später die erste Auskunftei unter dem Namen The Mercantile
Agency, die 1859 das erste Ratingbuch veröffentlichte (Harold 1938). Eine ähnliche Firma wurde
1849 gegründet; womit es im 19. Jahrhundert zwei solcher Firmen gab (ebd.).5
Moody's Investor Service6 wurde 1909 von John Moody gegründet. John Moody war ein Analyst
an der Wall Street und beobachtete den Erfolg der merkantilen Auskunfteien. Seine Idee bestand
darin, das Geschäftsmodell nicht nur auf Kreditnehmer, sondern auch Unternehmensanleihen
auszuweiten. Viele glaubten, dass solche Informationen im eigenen Handel gewinnbringender
eingesetzt werden könnten, aber John Moody war von einer anderen Idee überzeugt. Es ging ihm
darum möglichst viele Informationen über Risiken von Anleihen zu aggregieren und diese
Bewertungen gegen eine Gebühr den Anlegern zur Verfügung zu stellen (Harold 1938). 1922 formte
Moody's ein formales Ratingdepartment und schon 1924 bewertete Moody's so gut wie alle
amerikanischen Anleihen. Zu Beginn waren es vor allem Eisenbahnanleihen, dann schnell auch
andere industrielle Anleihen. Mit diesem Schritt erlangten Ratingagenturen eine neue Dimension. Zu
dieser Zeit wurden weitere Ratingagenturen gegründet: 1921 Poor's Publishing, 1922 Standard
Statistics Company und 1924 die Fitch Publishing Company (ebd.).7 Mitte der 20er Jahre des
vergangenen Jahrhunderts war der Markt für Agenturen also kompetitiv und geprägt von neuen
Markteintritten. Ratingagenturen waren zunächst ein rein amerikanisches Phänomen, was nicht
verwundert, waren diese doch ein natürlicher Geburtsort solcher Institutionen, da große
Industrieprojekte, insbesondere beim Eisenbahnbau, privat finanziert wurden. Dies geschah nicht nur
durch Kredite, sondern vor allem auch durch Anleihen, die auch auf dem Sekundärmarkt gehandelt
wurden. Der Markt für Ratings in den 30er Jahren wuchs schnell und die Agenturen erlebten ein
erfolgreiches Jahrzehnt.
Poor's Publishing und Standard Statistics Company schlossen sich 1942 unter dem heute so
bekannten Namen Standard and Poor's zusammen. Mit diesem Zusammenschluss gab es lange nur
drei Unternehmen, die in den USA industrielle Anleihen bewerteten. Die Dominanz des Marktes für
Ratings durch die drei großen Ratingagenturen ist also kein neues Phänomen, sondern existiert seit 70
5
6
7
Die beide ersten Auskunfteien schlossen sich 1933 unter dem Namen Dun and Bradstreet zusammen und
übernahmen 1962 Moody's Investor Service.
Im Folgenden Moody's.
Im Folgenden Fitch.
12
Beitrag zum Postbank Finance Award 2012
Jahren. Duff and Phelps, gegründet 1932, bewertete zuerst nur öffentliche Unternehmen und konnte
nie zu den großen drei aufschließen.8 Ansonsten stagnierte die Entwicklung der Ratingindustrie in den
40er, 50er und 60er Jahren. Die amerikanische Volkswirtschaft war geprägt von geringer Volatilität
und wenigen Zahlungsausfällen (Partnoy 1999). Bis hierher bezahlten die Emittenten nicht für ihre
Ratings; die Agenturen finanzierten sich alleine durch den Verkauf ihrer Veröffentlichungen. Diese
ließen sich leicht verbreiten und generierten nur geringes Einkommen. Ihre heutige Bedeutung hätten
Ratingagenturen mit diesem Finanzierungsmodell nicht erreichen können.
Seit den 70er Jahren jedoch erlebt die Industrie einen zweiten, bis heute ungebrochenen,
Aufschwung. In den 60er Jahren wuchs der Markt für Unternehmensanleihen sehr schnell und die
Kreditwürdigkeit der Emittenten spielte fast keine Rolle und wurde vielfach überschätzt; Ratings
spielten praktisch keine Marktrolle. Als aber 1970 die Penn Central Bankrott ging und der
Rückzahlung von Anleihen im Wert von 82 Millionen Dollar nicht nachkommen konnte, verbreitete
sich Unsicherheit im gesamten Markt für Unternehmensanleihen, die diesen gänzlich zum Erliegen
brachte. Das Einfrieren des Marktes für Unternehmensanleihen und die damit verbundene
Liquiditätskrise führte zum Bankrott vieler kleinerer Unternehmen. Um die nervösen Anleger zu
beruhigen, begannen viele Unternehmen, sich selbst um Ratings zu bemühen, um dadurch ihre
Zahlungsfähigkeit zu demonstrieren. Diesen neuen Bedarf an Ratings nutze die Industrie zur
Entwicklung eines neuen Geschäftsmodells.9 Noch im Jahr der Pleite von Penn Central begannen
Fitch und Moody's Ratinggebühren von den Emittenten zu verlangen. Nur wenig später übernahm
auch Standard & Poor's dieses Finanzierungsmodell. Erst mit diesen neuen Einkünften waren die
Agenturen in der Lage, ihr Angebot auszuweiten und mit anderen Finanzdienstleistern um die besten
Marktanalysen zu konkurrieren. In diesem Jahrzehnt begannen die Agenturen auch Staaten zu
bewerten, sogenannte Sovereign Ratings zu vergeben, und um 1980 eröffneten sie erste Büros in
Europa und Japan (Partnoy 1999).
Gras (2003) sieht fünf Hauptgründe für den Erfolg von Ratingagenturen seit den 70er Jahren.
Erstens strukturelle Veränderungen der Finanzmärkte, insbesondere eine steigende Anzahl von immer
anonymeren Spekulanten, die mit immer komplexeren Strategien und Produkten handelt. Zweitens,
dass Schuldverhältnisse vom Kreditmarkt zu den Finanzmärkten wandern. Ein Beispiel hierzu ist die
Verbriefung (Securitization) von Immobilienkrediten. Drittens, dass die amerikanische Ausgestaltung
des Finanzmarktes globaler Standard wird und Ratings nun einmal in den USA seit geraumer Zeit ein
wichtiger Bestandteil sind. Viertens, dass eine auf Ratings basierende Regulierung sowohl in den
USA, als zunehmend auch im Rest der Welt, eine immer größere Rolle spielt und fünftens finanzieren
sich auch immer mehr Staaten über die internationalen Finanzmärkte, wodurch ein weiterer Bedarf an
Ratings entsteht. Die Vergrößerung des Marktes wurde begleitet von verschiedenen
Produktinnovationen, wie zum Beispiel den Sovereign Ratings, Bank Loan Ratings, Bank Financial
Strength Ratings, und - ganz besonders wichtig - Ratings für Structured Finance Products, welche
heute eine Haupteinnahmequelle der Agenturen bilden (BIS 2000). Außerdem wurden die
Wertungsskalen verfeinert und einander angeglichen. Moody's führte eine Watchlist ein, S&P einen
Outlook. Seit 1990 bieten die Agenturen auch einen Beratungsservice an (Schwarcz 2001). Während
die Agenturen bis 1970 nicht sehr profitabel waren, sind heute Gewinnmargen von 50% für Moody's
und S&P und von 30% für Fitch normal (Fight 2001).
Einer der Gründe für den Erfolg der Ratingagenturen scheint besonders interessant: Die
zunehmend auf Ratings basierende Regulierung. Nach einem kurzen Überblick über die Entwicklung
der auf Ratings basierenden Regulierung, wird die Bedeutung des Arguments für die Frage der
eigentlichen Rolle von Ratingagenturen diskutiert.
8
9
Als Duff and Phelps 1982 auf einen Schlag viele industrielle Anleihen bewertete, wurde es zur
viertwichtigsten Rating Agentur in den USA.
Cantor und Packer (1994) weisen auf die besondere Rolle der Einführung von Kopierern in den 70er Jahren
und eine damit vebundenen Angebotseffekt hin. Allerdings haben sich andere Informationsindustrien, wie
zum Beispiel Zeitungen, dadurch nicht verändert, so dass wohl vielmehr ein Nachfrage entscheidend war
(Chen et al. 2004).
13
Beitrag zum Postbank Finance Award 2012
II.2.2 Die Entwicklung auf Ratings basierender Regulierung
Zu der Bedeutung von Ratings im Bereich finanzieller Regulierung findet sich eine gute
Übersicht in Sinclair (2005). Das Ziel von gesetzlichen Regelungen der Finanzindustrie ist
Finanzmarktstabilität und das Minimieren systemischer Risiken. Eine Übersicht über die Ziele
befindet sich in Balling (2004). Ratings weisen eine hohe Korrelation von Risikoeinschätzung und
tatsächlichen Fällen von Zahlungsunfähigkeit auf10 und stehen allen Marktteilnehmern und
Regulatoren kostenlos zur Verfügung. Außerdem sind sie im Markt akzeptiert, sodass es sinnvoll
erscheint, diese auch für die Regulierung der Finanzindustrie zu nutzen (Brookfield und Ormrod,
2000). Die Regulierungen greifen insbesondere in drei verschiedenen Bereichen: Informations- und
Veröffentlichungspflichten, Anlagebeschränkungen, und Eigenkapitalanforderungen (Adams,
Schinasi und Chadha 1999).
Ratingagenturen waren, wie in Abschnitt II.2.1 beschrieben, lange nur ein US-amerikanisches
Phänomen, es ist also besonders instruktiv, die Entwicklung der auf Ratings basierenden
Regulierungen dort zu betrachten. Schon seit 1931 besteht ein entscheidender Unterschied zwischen
Investment und Non-Investment Grades, also für Investitionen empfohleneund spekulative
Wertpapiere.11 Die amerikanische Bankenaufsichtsbehörde - das Office of the Controller of the
Currency - entschied, dass öffentlich bewertete Anleihen mindestens von einer anerkannten
Ratingagentur ein Investment Grade brauchten, um von Banken mit vollem Buchwert verbucht zu
werden; hatte dies eine solche nicht vorzuweisen, gingen die Anleihen mit ihrem realen Marktwert in
die Bücher ein. Fünf Jahre später folgte ein entscheidender weiterer Schritt, der die Unterscheidung
zwischen Investment und Non-Investment Grades verstärkte. Zusammen mit der Federal Reserve
veranlasste die Bankenaufsichtsbehörde eine Richtlinie, nach der Banken keine Anleihen ohne
Investment Grade mehr halten durften. Zu diesem Zeitpunkt hatten 891 von 1975 an der New York
Stock Exchange gelisteten Anleihen kein Investment Grade, sodass die Richtlinie dramatische
Auswirkungen hatte. 1989 wurde die Regelung von Banken auf Thrifts12 ausgeweitet (Dittrich 2007).
1951 entwickelte die amerikanische Versicherungsaufsichtsbehörde National Association of
Insurance Commissioners (NAIC) interne Qualitätskategorien, bei der weiter alle Anleihen mit
Investment Grade gleich behandelt wurden, unabhängig vom tatsächlichen Rating (West 1973).
Neben rechtlichen Regulierungen verstärken auch institutionelle Regelungen, welche sich auf Ratings
beziehen, die fundamentale Wichtigkeit von Ratings. 1975 verlangte die amerikanische Wertpapierund Börsenaufsichtsbehörde US Securities and Exchange Commission besondere
Eigenkapitalunterlegungen für Junk Bonds und 1982 erleichterte sie die Emission von Anleihen, wenn
diese einen Investment-Grade-Status vorweisen konnten. 1993 wurden die Erleichterungen auf
forderungsbesicherte Wertpapiere (Asset-Backed Securities) mit Investment Grade ausgeweitet
(Cantor und Demsetz 1993). Im gleichen Jahr wurde die erste globale auf einem Rating basierende
Regulierung beschlossen: Der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht verlangte in seiner Leitfadenreihe
zum Marktrisiko von international operierenden Banken zusätzliche Eigenkapitalunterlegungen für
Anleihen ohne Investment Grade. Die Regelung wurde dann in der Capital Adequacy Directive der
Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft übernommen (Dittrich 2007). All diese Regelungen
verstärkten den Unterschied in den Renditen zwischen Investment und Non-Investment Grades; der
Spread zwischen diesen Anleihen hat sich in Folge dieser Regelung vergrößert (West 1973; Carey et
al. 1993).
Mit der Zeit folgte eine immer weitere Ausdifferenzierung der Nutzung von Ratings. Um die
Entwicklung eines Marktes für durch Hypotheken gesicherte Wertpapiere (Mortgage-Backed
Securities) zu fördern, erließ der amerikanische Kongress 1984 den Secondary Morgage Market
Enhacement Act (SMMEA), welcher die Emission solcher Anleihen mit einem Rating von AA oder
10
11
12
Diese Tatsache sagt natürlich noch nichts über den Informationsgehalt von Ratings aus.
Als Investment Grade Anleihen bezeichnet man solche mit einem Rating von mindestens BBB-. Schlechter
bewertete Anleihe haben demnach eine Non-Investment Grade.
Eine Thrift ist eine Organisation die Einlagen annimmt und diese nutzt um Kredite zu vergeben. Sie
befindet sich meist in gemeinschaftlichem Besitz. Statt des reinen Profitstrebens habe sie auch andere Ziele.
Sie unterliegen anderen Regulierungen als Banken.
14
Beitrag zum Postbank Finance Award 2012
AAA erleichterte und deren Marktfähigkeit erhöhte. Insbesondere war es nun erlaubt, Anleihen durch
Hypotheken zu sichern, die erst in sechs Monaten fällig wurden. Die Entscheidung, AA und AAA
bewertete Anleihen anders zu regulieren, verbreitete sich schnell. Erst durch die Federal Reserve und
1988 durch das Labor Department, welches als Aufseher der privaten Altersvorsorge Rentenfonds
erlaubte, in forderungsbesicherte Wertpapiere mit einem Rating von AA oder AAA zu investieren.
Die National Association of Insurance Commissioners brach auch diese Trennung auf. Erst erließ sie
neue Eigenkapitalregelungen, welche für Anleihen mit mindestens einem A Rating niedriger waren
als für andere Anleihen, und 1990 erweiterte sie die Zahl der internen Qualitätskategorien von vier auf
sechs und beschloss verschiedene Bedingungen für jede Kategorie. Vier Jahre später schlug das
Federal Financial Institutions Examination Council gemeinsam mit der Federal Reserve vor,
Kapitalanforderungen für das Halten von strukturierten Anleihen von deren Ratings abhängig zu
machen (ebd.).
Heute ist die Anzahl an Regulierungen, welche sich in der einen oder anderen Weise auf Ratings
beziehen, unüberschaubar. 2002 gab es in den USA 8 Federal Statutes, 47 Federal Regulations und
über 100 State Laws und Regulations, die auf Ratings der lizenzierten Agenturen verwiesen (US
Senate 2002). 2007 trat Basel II in Kraft, welches die Eigenkapitalanforderungen für Handelskredite
vom Kreditausfallrisiko der Unternehmen abhängig machte. Dazu können Banken entweder interne
Bewertungen vornehmen, oder sich auf die Ratings lizenzierter Ratingagenturen beziehen. Damit
wirken sich Ratings zum ersten mal nicht nur auf den Zugang zu den Kapitalmärkten, sondern auch
auf die Kosten von Handelskrediten aus (Jackson 2001).
II.2.3 Diskussion
Die Geschichte der ersten Jahrzehnte der Ratingindustrie ist fraglos mit wesentlichen Elementen
der ökonomischen Perspektive konsistent. Insbesondere die 30er Jahre des 19. Jahrhunderts waren
von neuen Markteintritten geprägt, sodass der Markt in der Tat kompetitiv war. Auch haben zu dieser
Zeit nicht die Emittenten der Anleihen, sondern die Investoren für das Rating bezahlt. Viele
Emittenten waren durch Druck der Investoren gegen ihren Willen gezwungen, mit den Agenturen
zusammen zu arbeiten und ihnen teils geheime Informationen über ihre geschäftliche Situation zu
gewähren; es gab hier also kein moralisches Risiko. Es scheint als waren Agenturen in der Lage,
wertvolle Informationen zu sammeln, zu verarbeiten und so Reputation zu erlangen. Partnoy (1999)
weist darauf hin, dass schon damals Ratings in Gerichtsfällen benutzt wurden, um Investitionen zu
rechtfertigen. Die geringe Bedeutung von Ratingagenturen zwischen 1940 und 1970 erklärt Partnoy
(1999) zum einen dadurch, dass es keine neuen Regulierungen gab, welche sich auf Ratings bezogen,
und zum anderen auf einen reduzierten Informationsgehalt der Ratings, da nun mehr und mehr
Informationen öffentlich zugänglich wurden. In dieser Zeit wurden Ratings oft erst nach der
Platzierung von Anleihen vergeben, so dass sie, wenn überhaupt, nur eine Rolle für den
Sekundärmarkt spielen konnten. In den 50er und 60er Jahren hatten die Agenturen keine große
Marktmacht, so dass sich die Frage aufdrängt, wie es zum zweiten großen Aufschwung der Agenturen
in den 70er Jahren kam. Die empirische Literatur ist sich uneins über den Informationsgehalt von
Ratings insbesondere ab den 70er Jahren.13 Aus der ökonomischen Perspektive ist die Veränderung
des Geschäftsmodells einfach zu erklären. Ein Rating als Informationsträger, welcher durch eine der
Ratingagenturen zur Verfügung gestellt wird, ist ein öffentliches Gut, d.h. wenn es einmal erstellt
wurde, verursacht die mehrfache Nutzung keine weiteren Kosten. Deshalb können die Agenturen
höhere Gebühren verlangen, wenn die Emittenten und nicht die Investoren für das Rating bezahlen.
So wird das Trittbrettfahrerproblem umgangen. Dennoch lassen sich dadurch nicht alle Phänomene
erklären, z.B. systematische Ineffizienzen im Markt für Anleihen ohne Investment Grade, eine
Zunahme der durch Rating verursachten Transaktionen insbesondere im Bereich der strukturierten
Anleihen und das immense Wachstum von Kreditderivaten (Partnoy 1999).
Partnoy (1999) assoziiert den ungebremsten Aufschwung der Ratingagenturen seit 1970 mit deren
neuer Rolle als geschützte Verkäufer rechtlicher Lizenzen und vertritt die Ansicht, dass sich
13
Eine ausführliche Übersicht über die empirische Literatur findet sich in Absatz II.3.
15
Beitrag zum Postbank Finance Award 2012
Ratingagenturen nicht substanziell verändert hätten. Damit bezieht er Position für die rechtliche
Perspektive, nach der der Informationsgehalt von Ratings zweitrangig geworden ist. Die Frage des
Informationsgehalts ist nach wie vor nicht geklärt, wie der folgende Literaturüberblick darstellt.
II.3
Empirische Literatur zum Informationsgehalt von Ratingagenturen
Die empirische Literatur zu dieser Materie lässt sich in zwei unterschiedliche Themenkomplexe
teilen: Der erste Teil beschäftigt sich mit dem Einfluss von Ratings auf Anleiherenditen oder deren
Spreads; der zweite befasst sich vorwiegend mit der Fragestellung, ob Ratingagenturen durch
übermäßiges Abstufen zur Verschlimmerung von Krisen beitragen.
Insbesondere der Umfang des ersten Teiles der Literatur ist gewaltig. Sie liefert eine
Mannigfaltigkeit an empirischen Möglichkeiten, verschiedene Fragestellungen zu erörtern und führt
zu den unterschiedlichsten Ergebnissen.
Es existieren mindestens zwei Wege, um zu ermitteln ob eine durch Ratings vermittelte
Information wertvoll ist. Man kann zum einen untersuchen, ob zwischen Anleiherenditen und Ratings
ein Zusammenhang besteht. Diese Fragestellung versuchen zum Beispiel Liu und Thakor (1984)
mittels einer Regression unter der Verwendung der Kleinstes-Quadrate-Methode zu erörtern und
stellen dabei fest, dass die Sensibilität von Staaten in Bezug auf ihre Ratings nicht unberechtigt ist und
dass Ratings in der Tat helfen, Unterschiede von Renditespreads im Länderquerschnitt zu erklären.
Liu und Thakor (1984) nutzen Ihre Ergebnisse zur Entwicklung von Vorschlägen, wie Staaten ihre
Kapitalkosten verringern und ihre Ratings erhöhen können. Allerdings machen Kliger und Sarig
(2000) darauf aufmerksam, dass aus der Analyse nicht klar ersichtlich ist, ob Ratinginformationen an
sich preisrelevant sind oder ob sie die öffentlich zugänglichen Informationen nur näherungsweise
widerspiegeln.
Zum anderen lassen sich auch Preisreaktionen auf Ratingänderungen überprüfen. Steiner &
Heinke (2000) liefern einen strukturierten Einblick zu theoretischen Grundlagen und den daraus
folgenden Erwartungen an die empirischen Ergebnisse. Vier relevante Hypothesen sind wie folgt:
1. „Information Content Hypothesis“
Angenommen, dass der internationale Anleihemarkt effizient ist, dann würden Preise zu jedem
Zeitpunkt alle relevanten Informationen widerspiegeln (Fama 1970). Wenn der internationale
Anleihemarkt semi-effizient ist und Kreditrisiko bewertet wird, dann sollte jede neue Information zum
Kreditrisiko in den Anleihepreis mit einfließen. Wenn also Ratingänderungen nützliche und öffentlich
unzugängliche Informationen enthalten, folgt jeder neuen Ankündigung eine Preisänderung.
Die empirischen Untersuchungen zur Effizienz des Anleihemarktes kommen zu gemischten
Ergebnissen. Nationale Anleihemärkte sind laut Sharpe und Alexander (1990) in hohem Maße, aber
nicht gänzlich, semi-effizient. Internationale Anleihemärkte lassen im Gegensatz dazu nicht auf
Effizienz schließen, da nationale Informationsquellen nicht in gleichem Maße international
zugänglich sind. Daraus folgt, dass Ratingänderungen mehr Informationsgehalt auf internationaler
Ebene besitzen als auf dem heimischen Markt.
Gilt diese Hypothese, dann müssen wir am Tag der Bekanntgabe der Ratingaktion eine
signifikante Änderung des Anleihepreises beobachten, die permanenter Natur und proportional zum
Rating ist.
2. „Competition Hypothesis“
Zusätzlich ist die Preisreaktion auf eine Ratingankündigung möglicherweise durch vorgehende
Ratingänderungen derselben oder eine konkurrierenden Ratingagentur beeinflusst. Wenn der Markt
die Ratingaktion immer erwartet, sobald ein Titel auf die Watchlist gerät, dann fließt die Information
in den Preis schon mit ein, sobald die Ankündigung für die Watchlist publiziert wird. Die eigentliche
Ratingänderung hat somit keinen, oder zumindest nur einen geringeren, Einfluss (Holthausen und
16
Beitrag zum Postbank Finance Award 2012
Leftwich 1986). Unter dieser Annahme erwarten wir niedrigere Überschusserträge in Zusammenhang
mit Ratingankündigungen, sobald die Anleihe vorher auf die Watchlist gesetzt wurde oder das Rating
durch dieselbe oder eine konkurrierende Rating Agentur vorher schon geändert wurde.
3. „Reliability Hypothesis“
Ein weiteres mögliches moralisches Problem seitens der Ratingagenturen ist eine systematische
Überbewertung des Emittenten. Gründe dafür wurden im vorhergehenden Abschnitten ausführlich
dargelegt. Diese Qualitätsverringerung mindert die Glaubwürdigkeit der Ratingagentur im Markt und
zerstört deren Reputation. Ohne Reputation erzeugen Ratingaktionen dieser Agenturen keine
Preisbewegungen. Empirische Resultate dokumentieren gleichstarke Preisreaktionen für Moody’s und
Standard & Poor’s (z.B. Hite und Warga 1997). Somit gibt es keinen Unterschied in der
Zuverlässigkeit der Anleiheratings dieser beiden Agenturen. Folglich erwarten wir unter dieser
Annahme, dass die mit Ratingänderungen verbunden Überschusserträge von Anleihen unabhängig
von der Ratingagentur sind.
4. „Price Pressure Hypothesis“
Im Laufe der Jahre gewannen Ratings immer mehr Akzeptanz auf den nationalen
Anleihemärkten, und Aufsichtsbehörden und Institutionen nutzten sie zunehmend um den
Kontrollprozess zu erleichtern, wie im Abschnitt II.2.2 dargelegt. Die häufigste Anwendung von
Ratings in Investmentrestriktionen, Eigenkapitalanforderungen oder Offenlegungspflichten ist die
Unterscheidung zwischen für Investitionen empfohlenen Wertpapieren und spekulativen
Wertpapieren (Cantor und Packer, 1994). Diese regulatorische Verwendung kann die mit
Ratingänderungen verbundenen beobachteten Überschusserträge von Anleihen ändern, auch wenn das
neue Rating keinen Informationsgewinn mit sich bringt. Dies ist eine mögliche Erklärung, wieso
Abwertungen signifikant sein können während Heraufstufungen es nicht sind. Denn eine
Herabstufung in den Bereich spekulativer Anleihen zwingt Institutionen dazu, diese Anleihen zu
verkaufen, während eine Aufwertungen natürlich niemand zum Kauf nötigt. Die empirischen
Untersuchungen auf diesem Gebiet fallen jedoch sehr gemischt aus. Holthausen und Leftwich (1986)
z.B. erhalten insignifikante Koeffizienten, Hite und Warga (1997) empirische Evidenz für einen
signifikanten Einfluss dieser einseitigen Ratingbarriere.
Gilt diese Hypothese, dann erwarten wir signifikant stärkere Preisreaktionen, wenn das Rating
vom Investment Grade zum spekulativen Rating abrutscht. Diese Implikation steht im Widerspruch zu
der ersten Hypothese, welche besagt, dass Preiseffekte vom Informationsgehalt der Ratings abhängen.
Der Vorteil des Ansatzes, den Einfluss von Ratingänderungen auf den Anleihepreis zu
bestimmen, besteht darin (Kliger und Sarig, 2000), dass jede Firma oder jeder Staat als eigene
Kontrolle dient und somit für alle preisrelevanten Faktoren kontrolliert wurde. Aus den Studien, die
diese Herangehensweise nutzen, wie zum Beispiel Grier und Katz (1976), Weinstein (1977), Ingram,
Brooks und Copeland (1983) oder Goh und Erdington (1993) lässt sich kein einheitliches Bild
formen. Da Ratingänderungen durch ökonomische Ereignisse ausgelöst werden, ist es nicht klar,
welcher Anteil der Preisreaktion tatsächlich auf die Bekanntgabe des neuen Ratings und welcher
Anteil auf das ökonomische Ereignis selbst zurückzuführen ist.
Cantor und Parker (1996) beschäftigen sich als eines der ersten Paper speziell mit Staatsratings
von Moody’s und Standard & Poor’s, sowie mit deren Determinanten und Auswirkungen. Anhand
der damals rapide gewachsenen Anzahl an bewerteten Staaten war es ihnen möglich zu untersuchen,
(1) welche quantitativen Indikatoren am meisten Gewicht in der Bestimmung von Ratings haben, (2)
inwieweit Ratings eine Querschnitt von Staatsanleiherenditen erklären können und (3) ob
Ratingankündigungen direkten Einfluss auf Marktrenditen am Tag der Ankündigung besitzen. Dabei
verwenden sie eine Ordered-Probit-Schätzung, wo der nichtlinearen Beziehung zwischen Ratings und
Renditen dadurch Rechnung getragen wird, dass sie den Logarithmus der Renditen als
Regressionvariable verwenden. Nur Fünf von Acht untersuchten Faktoren hatten eine in gleichem
Maße direkte Korrelation zu den 1995 von Moody’s und S&P vergebenen Ratings und erklärten diese
zu 90%: Pro-Kopf-Einkommen, Inflation, Staatsverschuldung, ökonomische Entwicklung gemessen
am Grad der Industrialisierung und vorherige Staatsbankrotts. Die Ratings scheinen über die
17
Beitrag zum Postbank Finance Award 2012
Korrelation mit öffentlich zugänglichen Informationen hinaus einen unabhängigen Einfluss auf
Renditen zu haben. Insbesondere hatten Ratingankündigungen für Non-Investment Grade Emittenten
eine direkte Auswirkung auf den Marktpreis.
Reisen und von Maltzan (1999) zeigen anhand von Daten zu US-Staatsanleihen aus der Zeit von
1989 bis 1997 mittels einer Eventstudie, dass Herabstufungen, im Vergleich zu
Ratingverbesserungen, die vom Markt antizipiert werden, einen signifikanten Einfluss auf Spreads
besitzen. Der Granger-Kausalitätstest, der den Einfluss von gemeinsamen Bestimmungsgrößen von
Renditen und Staatsratings beseitigt, lege nahe, dass die drei führenden Ratingagenturen Moody’s,
Standard & Poor’s und Fitch nicht den Markt führen, sondern dass Ratings und Renditespreads von
einander unabhängig sind. Während die Resultate darauf hindeuten, dass Ratingankündigungen als
signifikantes Signal für Kreditwürdigkeit angesehen werden, kann deren Auswirkung auf den Markt
sowohl auf Regulierungen als auch auf interne Richtlinien von institutionellen Investoren
zurückzuführen sein. Diese werden dadurch davon abgehalten, unterhalb bestimmter Ratingkategorien
zu investieren.
Kliger und Sarig (2000) erörtern die Frage, ob Ratings preisrelevante Informationen enthalten,
die Investoren nicht über andere Quellen zugänglich sind. Die Einzigartigkeit dieses Papers besteht in
dem verwendeten Datensatz, welcher Ratingänderungen vom 26. April 1982 enthält, die
ausschließlich auf der Verfeinerung von Moody’s Rating System basieren, welche unangekündigt an
einem einzigen Tag stattgefunden hat und alle beobachteten Anleihen betraf. Dementsprechend
spiegeln diese Ratingänderungen ausschließlich Ratinginformationen wider und sind nicht beeinflusst
durch wirtschaftliche Fundamentalfaktoren. Hierzu wird eine Kleinste-Quadrate-Regression mit
Dummyvariablen für „besser als gedacht“ und „schlechter als gedacht“ als Regressoren verwendet.
Das Paper stellt in seiner empirischen Untersuchung fest, dass die Anleihepreise auf die neue
Information reagieren. Insbesondere führt ein besser als gedachtes Rating zu höheren positiven
abnormalen Renditen als ein schlechter als gedachtes Rating. Diese Methode birgt jedoch zwei
Nachteile in sich: Da sich die Ratings alle an einem Tag geändert haben, kann man nicht
ausschließen, dass gemeinsame makroökonomische Faktoren sich auf alle beobachteten Erträge
ausgewirkt haben. Hinzu kommt, dass das Maß der Ratingänderung sehr gering ausfällt, da es sich
hier um eine Verfeinerung handelt, und somit der Informationsgehalt ebenso klein ist. Dies verringert
natürlich die Güte des Testes.
Steiner und Heinke (2001) analysieren mittels einer Eventstudie tägliche Überschusserträge
deutscher Eurobonds verbunden mit Ankündigungen für die Beobachtungsliste oder für
Ratingänderungen von Moody’s und Standard & Poor’s im Zeitraum von März 1985 bis Dezember
1996. Dabei beobachten sie Reaktionen bei Ankündigungen für die negative Watchlist und
Herabstufungen, besonders stark bei Herabstufungen unterhalb des Investment Grades. Aufwertungen
und das Setzen auf die positive Watchlist führen zu keinem Preiseffekt. Dies lässt darauf schließen,
dass Ankündigungseffekte zum Teil durch Preisdruckeffekte aufgrund regulatorischer Auflagen
erklärbar, statt auf neue Informationen aus Ratingankündigung zurückzuführen sind.
In einem den Eventstudien ähnlichen Verfahren untersuchen Hull, Predescu und White (2004) in
welchem Ausmaß Ratingankündigungen der Agentur Moody’s von den Marktteilnehmern in Form
von Credit Default Swaps (CDS) antizipiert werden. Hierbei werden CDS Spread Quoten von GFI aus
der Periode zwischen dem 5. Januar 1998 und dem 24. Mai 2002 verwendet. GFI ist ein Broker, der
sich auf Handel mit Kreditderivativen spezialisiert hat. Zwischen CDS Spreads und
Anleiherenditenspreads existiere eine theoretische Beziehung, die gut empirisch belegbar sei. Im
ersten Schritt der Analyse werden CDS Änderungen bedingt durch Ratingankündigungen geprüft.
Überprüfungen für Herabstufungen enthielten signifikante Informationen, jedoch Herabstufungen
selbst und negative Outlook nicht. Es gibt im CDS Markt eine Antizipation für alle drei
Ratingereignisse. Im zweiten Schritt der Untersuchungen werden Ratinganküdigungen abhängig vom
Level und von Spread-Änderungen beobachtet. Entweder Spread Änderungen oder Spread Levels
bieten nützliche Informationen bei der Schätzung der Wahrscheinlichkeit einer negativen
Ratingänderung. Die Ergebnisse für positive Ratingänderungen sind bei weitem weniger signifikant.
18
Beitrag zum Postbank Finance Award 2012
Jorion, Liu und Shi (2004) nehmen die Auswirkungen des am 23. Oktober 2000 in den USA
eingeführten Regulation Fair Disclosure (FD) Gesetztes unter die Lupe. Hierbei wird die Methodik
von Standard-Eventstudien verwendet: Sie vergleichen Aktienpreisreaktionen auf Änderung de
Anleiheratings vor und nach FD. FD verbietet US-Aktiengesellschaften selektive Offenlegungen
gegenüber favorisierten Investment Experten. Ausnahmen erlauben jedoch die Weitergabe von
nichtöffentlichen Informationen an Ratingagenturen. Infolge dieser Regelung haben Ratingagenturen
nun Zugang zu vertraulichen Daten, die Analysten neuerdings versperrt bleiben. Dies könnte
möglicherweise den Wert von Ratings für Investoren erhöhen. Bei der Begutachtung von
Ratingänderungen und deren Auswirkungen auf Börsenkurse von Firmen stellen sie fest, dass der
Informationseffekt von Herab- und Heraufstufungen in der Periode nach 2000 wesentlich größer
ausfällt.
Gaillard (2009) untersucht die Beziehung zwischen Spreads des JP Morgan EMBIG (Emerging
Market Bond Index Global) und Staatsratings von Moody’s, Standard & Poor’s und Fitch im
Zeitraum von Dezember 1993 bis Februar 2007. Mit Hilfe einer unbalancierten Panelschätzung mit
Fixed Effects leitet er eine negative Beziehung zwischen Spreads und Ratings her. Moody’s
widerspricht demnach dem Markt öfters als S&P und Fitch. Alle drei Ratingagenturen tendierten
stärker dazu, nach überaus hohen oder steigenden Spreads abzuwerten, statt nach überaus niedrigen
oder fallenden Spreads heraufzustufen. S&P Aufwertungen und Moody’s Herabstufungen haben den
signifikantesten Effekt auf die Spreadbewegungen.
Alfonso, Fuceri und Gomes (2011) bedienen sich den Renditen von EU-Staatsanleihen und
täglichen Credit Default Swap Spreads aus dem Zeitraum von Januar 1995 bis Oktober 2010, um eine
Eventstudie durchzuführen. Sie analysieren die Reaktion staatlicher Renditenspreads vor und nach der
Ratingankündigung der drei führenden Ratingagenturen Moody’s, Standard & Poor’s und Fitch. Die
Resultate zeigen signifikante Resonanz von staatlichen Anleiherenditenspreads auf Änderungen in
Rating und Ausblick, insbesondere im Falle einer negativen Ankündigung. Ankündigungen werden
im Rahmen von ein bis zwei Monaten nicht antizipiert. Allerdings besteht in dem Zeitraum von ein
bis zwei Wochen beidseitige Kausalität zwischen Ratings und Spreads. Sie beobachten SpilloverEffekte zwischen den Staaten der Europäische Wirtschafts- und Währungsunion, vor allem von
schlechter bewerteten zu besser bewerteten, und eine Persistenz bei wiederholter Abwertung.
Die zweite Gruppe an wissenschaftlichen Papieren beschäftigt sich vorwiegend mit der
Fragestellung, ob Ratingagenturen durch übermäßiges Abstufen zur Verschlimmerung von Krisen
beitragen. Dieses Thema ist in Anbetracht der europäischen Schuldenkrise von besonderer Bedeutung.
Die untersuchten Datensätze beinhalten vorwiegend Schwellenländer, meist aus dem asiatischen
Raum. Hier ein kurzer Einblick in die Literatur:
Kräussl (2003) betrachtet die Asienkrise von 1997 und 1998. Die Erfahrungen aus dieser Periode
haben eine erhebliche Diskussion über die Bewertung von Länderrisiko in Schwellenländern durch
Ratingagenturen hervorgerufen. Die Studie analysiert die Rolle von Ratingagenturen auf den
internationalen Finanzmärkten, insbesondere den Einfluss der Staatsratings auf die Finanzstabilität in
den Schwellenländern. Hierbei werden tägliche Daten im Zeitraum vom 1. Januar 1997 bis zum 31.
Dezember 2000 verwendet und die Ratings von Moody’s und Standard & Poor’s betrachtet. Die
Resultate der Eventstudie und der Panel-Regression deuten darauf hin, dass Ratingagenturen einen
beträchtlichen Einfluss auf die Menge und die Volatilität der Kreditvergabe in diesen Ländern haben.
Die Ergebnisse sind signifikant stärker im Falle von Herabstufungen von Staaten und drohenden
negativen Ratingänderungen, wie das Setzen auf die Watchlist oder ein negativer Outlook, als im
Falle von positiven Bekanntmachungen. Vom Markt antizipierte Ratingänderungen haben hier eine
kleinere Auswirkung auf die Finanzmärkte von Schwellenländern.
Vaaler und McNamara (2004) analysieren Ratings im Zeitraum von 1987 bis 1998, eine
Zeitperiode die sowohl Stabilität (1987-1996) als auch durch eine Finanzkrise hervorgerufen
19
Beitrag zum Postbank Finance Award 2012
Turbulenzen (1997-1998) in etlichen Schwellenländern beinhaltet. Sie führen ihre Untersuchungen
mittels einer Kleinste-Quadrate-Regression durch. Nach dem für makroökonomische und verwandte
objektive Risikofaktoren für Staaten kontrolliert wurde, lassen sich folgende Ergebnisse schätzen: (1)
Ratings sind während der durch die Krise hervorgerufene Turbulenzen negativ schief14, was darauf
hinweist, dass übermäßiger Pessimismus seitens der Experten herrscht. (2) Diese negative
Verschiebung ist gravierender für etablierte und regional fokussierte Firmen. Das ist möglicherweise
auf den Verlust eines Informationsvorteils zurückzuführen. Und (3) je stärker die Konkurrenz
zwischen Experten in bestimmten Sektoren, desto größer ist diese negative Verschiebung. Dies
könnte auf Mitläufertum hinweisen. Insgesamt deuten die Resultate darauf hin, dass objektive
Beurteilungen durch Expertenfirmen für beträchtliche Verzerrungen durch zusammenfließende
Effekte von Sektor-Instabilität und Marktposition der Experten innerhalb des Sektors anfällig sind.
Ironischerweise würden Experten also am wahrscheinlichsten die Kunden in die Irre führen, deren
Sektor instabiler ist und die den Experten größere Aufmerksamkeit schenken müssten.
Die Literatur erweckt insgesamt den Eindruck, dass zu Krisenzeiten andere Gesetzmäßigkeiten
für Ratingagenturen und deren Einfluss auf Anleihepreise herrschen, als in normalen Zeiten.
14
Die Verteilung ist nicht symmetrisch, sondern nach links, in die negative Richtung, verschoben.
20
Beitrag zum Postbank Finance Award 2012
III Ökonometrische Analyse der Marktreaktion auf Ratingveränderungen
III.1 Forschungsfragen
Nach obiger Zusammenfassung der bestehenden Literatur wenden wir uns der ökonometrischen
Analyse zu. In den nachfolgenden Abschnitten beschreiben wir detailliert den verwendeten Datensatz
und die ökonometrischen Methoden welche wir verwenden um folgende drei Forschungsfragen zu
untersuchen:
•
•
•
Welche Auswirkungen haben Herabstufungen auf Anleiherenditen?
Welche Auswirkungen haben Aufwertungen auf Anleiherenditen?
Welche Auswirkungen haben eine Aufnahme auf die Watchlist?
Zu Beginn befassen wir uns mit den Folgen von Herabstufungen. Hier werden folgende Fragen
näher beleuchtet:
•
•
•
•
•
Sind die Effekte von Herabstufungen auf Anleiherenditen abhängig von der neuen
Ratingstufe?
Variiert die Reaktion von Anleihen des gleichen Emittenten mit unterschiedlichen Laufzeiten?
Was sind die längerfristigen Wirkungen von Herabstufungen?
Führen Herabstufungen zu Überreaktionen am Markt?
Gibt es einen „Brand-Name-Effekt“, varrieren die Effekte also mit der herabstufenden
Ratingagentur?
Auf die Behandlung der Herabstufungen folgt die Analyse der Aufwertungen. Auch hier
interessieren uns alle oben angeführten Fragen. Da wir allerdings deutlich weniger Aufwertungen als
Abwertungen in unserem Datensatz beobachten, können nicht alle beantwortet werden. Daher
konzentrieren wir uns auf die Fragen, ob
•
•
die Effekte von Aufwertungen abhängig von der neuen Ratingstufe sind.
sich die Reaktion mit der Laufzeit der Anleihen ändert.
Abschließend befassen wir uns mit den Aufnahmen in die Watchlist. Da wir nur sehr wenige
Ereignisse einer Aufnahme in die Watchlist mit positivem Ausblick haben, beschränken wir uns auf
solche mit negativem Ausblick. Bei diesen Ereignissen überprüfen wir, ob die Ankündigung eines
negativen Ausblicks je nach Laufzeiten der Anleihen unterschiedliche Einflüsse auf die
Anleiherenditen hat. Eine Zusammenfassung und Interpretation unserer Ergebnisse findet sich im
Abschnitt IV.2.
III.2 Datensatz
III.2.1 Länder
Unser Datensatz enthält 15 europäische Staaten: Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland,
Frankreich, Italien, die Niederlande, Norwegen, Polen, Portugal, Spanien, Schweden, Schweiz,
Tschechien, Ungarn und das Vereinigte Königreich. Auch wenn die Länderauswahl hauptsächlich
durch die Verfügbarkeit aussagekräftiger Zinsdaten der Staatsanleihen der jeweiligen Länder
bestimmt wurde, haben wir darauf geachtet, dass sowohl Mitglieder als auch Nicht-Mitglieder des
Eurosystems und der Europäischen Union im Datensatz enthalten sind.
21
Beitrag zum Postbank Finance Award 2012
III.2.2 Zinsdaten: Nullcouponanleihen
Für unsere ökonometrische Studie nutzen wir Renditekurven von Nullcouponanleihen (engl. Zero
Coupon Bond). Detaillierte Informationen zu solchen Anleihen finden sich in Bentlage (2006). Eine
Nullcouponanleihe ist ein Wertpapier, bei dem es keine laufenden Zinszahlungen gibt, also keinen
Coupon, sondern eine einzige Auszahlung nach Ablauf der Anleihe. Der Anleger kann also entweder
auf diese Auszahlung warten, oder die Anleihe im Sekundärmarkt veräußern. In beiden Fällen besteht
der Ertrag im Unterschied zwischen Kaufpreis und Auszahlung, bzw. Verkaufspreis. Zwar spielen
diese Anleihen im Markt der Staatsanleihen bei weitem nicht die wichtigste Rolle15, aber drei
Eigenschaften sind für unsere Studie von großem Vorteil. Erstens erlauben sie einen gemeinsamen
Maßstab für Anleihen mit verschieden langen Laufzeiten. Würden wir coupontragende Anleihen
benutzen, wäre ein Vergleich erschwert, da wir auf die Couponzahlungen Rücksicht nehmen müssten.
Zweitens ist die Volatilität dieser Anleihen deutlich höher als bei herkömmlichen Anleihen, also
solchen, die regelmäßige Zinszahlungen leisten. Der Kurs dieser Anleihen reagiert besonders stark auf
Veränderungen des Marktzinssatzes oder anderen Veränderungen, wie zum Beispiel
Ratingveränderungen. Die höhere Zinssensitivität der Nullcouponanleihe ist auf ihre höhere Duration
zurückzuführen, wobei diese natürlich immer gleich der Restlaufzeit ist. Und drittens erlauben uns
Nullcouponanleihen, ein dynamisches Nelson-Siegel-Modell in die Eventstudie zu implementieren.
Der empirische Erfolg dieses Modells gilt ausdrücklich nur für solche Anleihen.
Da es nur eine begrenzte Zahl solcher Produkte gibt und davon wiederum nur einige am Markt
gehandelt werden, fehlen natürlich Datenpunkte für die Renditekurve, welche nicht einfach abgelesen
werden kann. Um diese zu erhalten, wird durch die Bootstrap-Methode aus coupontragenden
Anleihen eine Renditekurve von Nullcouponanleihen für beliebige Laufzeiten gewonnen. Dazu sind
einige Annahmen wie zum Beispiel eine lineare Interpolation nötig. Eine hervorragende Erklärung
dieser Methode findet sich in Hull (2004).
Wir arbeiten mit täglichen Renditen von Nullcouponanleihen mit 16 verschiedenen Laufzeiten: 3,
6, 9, 12, 15, 18, 24, 30, 36, 48, 60, 72, 84, 96, 108, und 120 Monate. Für die meisten Staaten starten
die Zeitreihen 1997 und gehen bis März 2012; besonders für die osteuropäischen Staaten beginnen sie
erst 2001. Alle Renditen stammen von Datastream.
III.2.3 Ereignisse
Die große Marktmacht der drei größten Ratingagenturen vereinfacht die Ereignisdefinition. Als
Ereignisse definieren wir Ratingbestätigungen und -veränderungen, sowie Watchlist-Ankündigungen
von Moody's, Standard & Poor's und Fitch. Sowohl bei Standard & Poor's als auch Fitch findet man
diese Daten online, die Daten für Moody's haben wir direkt von der Agentur bekommen. Für die
ökonometrische Analyse haben wir die Bewertungen der Ratingagenturen in numerische Werte
überführt. Für die nachfolgende empirische Untersuchung ist die Überführung der durch die
Ratingagenturen vergebenen Noten in numerische Werte unerlässlich. Tabelle II.1 zeigt in der Spalte
„Numerischer Wert“ die von Afonso, Furceri und Gomes (2011) und uns verwendete Umrechnung.
III.3 Methodik
Die Methodik der Eventstudie orientiert sich an der in Campbell, Lo und MacKinlay (1996)
vorgeschlagenen Struktur. Somit gliedert sich die Eventstudie in sieben Teile.
III.3.1 Definition des Ereignisses
Wie oben aufgelistet, differenzieren wir die Ereignisse in fünf Kategorien, wobei drei zu den
Ratingänderungen und weitere zwei zu Watchlist-Events gehören. Darüberhinaus führen wir die
Eventstudie zusätzlich für jede Ratingagentur separat durch. Die Vor-Ereignis-Periode beträgt 60
15
Griechenland, beispielsweise, verkauft keine solche Anleihen, so dass wir Griechenland leider nicht im
Datensatz haben.
22
Beitrag zum Postbank Finance Award 2012
Tage. Für das Ereignis-Fenster wurden der Tag des Ereignisses sowie der darauffolgende Tag
gewählt.
III.3.2 Normale und abnormale Renditen
Die normalen Renditen sind zunächst ein statistisches Konzept, welches die realisierten Renditen
der Vergangenheit in geeigneter Weise zu erklären vermag. Darüber hinaus werden normale Renditen
oft mit einem Fundamentalwert gleichgesetzt. Dies macht allerdings nur Sinn, wenn dieser
Fundamentalwert durch ein geeignetes Modell generiert wird. Im folgenden werden drei Modelle
verwendet, um die normalen Renditen zu schätzen. Neben dem in Eventstudien üblichen ConstantMean-Return-Modell und dem Time-Trend-Modell verwenden wir das dynamische Nelson-SiegelModell. Dieses Modell liefert eine intuitive Interpretation des Fundamentalwertes der Renditen und
rechtfertigt eine Gleichsetzung von normalen Renditen und Fundamentalwerten. Im Folgenden
werden die Modelle vorgestellt.
III.3.2.1 Constant-Mean-Return-Modell
Für das Constant-Mean-Return-Modell werden in der Vor-Ereignis-Periode folgende Annahmen
getroffen. Die Entwicklung der Renditen ist stationär und durch folgendes Bewegungsgesetz gegeben:
yit = µi + ε it
,
2
wobei ε it ein weißes Rauschen mit Erwartungswert 0 und unbekannter Varianz σ MM
ist. Eine
Rechtfertigung dieser Annahmen wäre ein vergleichsweise stabiler Verlauf der Renditen um den
Erwartungswert µ , sowie zeitinvariante und rein zufällige Abweichungen der realisierten Renditen
von deren Erwartungswert in der Vor-Ereignis-Periode.
Dieses Model dient als Referenzmodell. Wie von Campbell, Lo und MacKinlay (1996)
beschrieben, kann man dieses Model dadurch rechtfertigen, dass Brown und Warner (1980, 1985)
ähnliche Resultate für dieses Modell verglichen mit anderen elaborierteren Modellen finden. Darüber
hinaus wird es immer noch in aktuellen Veröffentlichungen verwendet, siehe etwa Afonso, Furceri
und Gomes (2011). Wie später deutlich werden wird, kommen wir jedoch zu dem Schluss, dass dieses
Modell die Realität allzu sehr vereinfacht.
III.3.2.2 Time-Trend-Modell
Die deskriptive Analyse der Renditen in der Vor-Ereignis-Periode legt zum Teil einen
unterliegenden Trend nahe, deshalb erweitern wir das Constant-Mean-Return-Modell um einen
deterministischen Zeittrend. Die Bewegungsgleichung für dieses Modell lautet somit
yit = µi + δ i t + ε it ,
2
ist. Das
wobei ε it ein weißes Rauschen mit Erwartungswert 0 und unbekannter Varianz σ TM
Trend-Modell bietet im Allgemeinen einen besseren „in sample model-fit“ (mechanisch entsteht ein
höheres R2 durch die Aufnahme weiterer Regressoren). Im Allgemeinen liegen die Ergebnisse für die
abnormalen Renditen jedoch recht nahe an denen des Constant-Mean-Return-Modells. Da TrendVerhalten aus finanztheoretischer Sicht aufgrund von Arbitragemöglichkeiten unwahrscheinlich
erscheint, ist es
notwendig, dieses Modell zu rechtfertigen. Obwohl das Modell aus
finanztheoretischer Perspektive für eine Analyse von Renditen ungeeignet sein mag, erachten wir die
Analyse jedoch als Robustness Check und aufgrund des besseren Model-Fits als sinnvoll. Weiter lässt
sich aus empirischer Sicht der Einbezug des Trends durch die Signifikanz der δ i ’s rechtfertigen.
III.3.2.3 Dynamisches Nelson-Siegel-Modell
Die Verwendung des dynamischen Nelson-Siegel-Modells (DNS-Modell) unterscheidet unsere
Eventstudie von gewöhnlichen, welche häufig lediglich das Constant-Mean-Return-Modell
verwenden, und erweitert diese methodisch. Im Gegensatz zu den Modellen aus dem obigen Abschnitt
23
Beitrag zum Postbank Finance Award 2012
ist das DNS-Modell ein in der Beschreibung von Anleiherenditen empirisch hohe Relevanz
besitzendes Modell. Das DNS-Modell wird wie folgt in einer Zustandsraum-Darstellung formuliert:
Ausgangsgleichung:
yt (τ ) = Λ(τ ) ft + ε t ,
wobei
τ
der Laufzeit der Anleihen entspricht.
Zustandsgleichung:
ft = µ + A ft−1 + u t .
Der Kern des DNS-Modells ist die Parameter-Matrix Λ(τ ) ∈ ℜ16×9 . Sie enthält in den Spalten 3
Faktoren. Faktor 1 repräsentiert den Niveau der Zinsstrukturkurve, Faktor 2 die Steigung und Faktor 3
die Krümmung. Das besondere am DNS-Modell ist dabei, dass die drei Faktoren nicht geschätzt
werden, sondern vordefinierte, nichtlineare Funktionen der Laufzeit und eines frei wählbaren
Parameters λ sind.16 Darüber hinaus finden Diebold, Rudebusch und Aruoba (2006) eine Beziehung
zwischen den Faktoren und makroökonomischen Fundamentaldaten. Faktor 1 korrespondiert mit
Inflationserwartungen und Faktor 2 mit der Outputlücke.
III.3.3 Abnormale Renditen
Nach der Schätzung der normalen Renditen werden die abnormalen Renditen wie folgt geschätzt:
Die abnormalen Renditen ergeben sich aus der Differenzenbildung der realisierten und normalen
Renditen.
Formal:
ε it* = yit − E( yit Xt−1 ) .
III.3.4 Schätzmethode
Alle drei Modelle werden mittels der Kleinsten-Quadrate-Methode geschätzt. Aufgrund der
Länge des Vor-Event-Fensters von 60 Tagen müssen keine Verteilungsannahmen bezüglich ε it
getroffen werden, da Lindeberg-Levys Zentraler Grenzwertsatz greift. Da wir annehmen, dass ε it
unabhängig identisch verteilt sind, ergibt sich daraus, dass die Schätzer als lineare Funktion der
Summe ε it ’s bedingt auf die Daten linear von der Summe unabhängig identisch verteilter
Zufallsvariablen abhängen. Lindeberg-Levys Zentraler Grenzwertsatz besagt, dass die Summe
unabhängig identisch verteilter Zufallsvariablen für eine hinreichend große Anzahl an Beobachtungen
approximativ normalverteilt ist. Die abnormale Rendite ist eine Differenz zweier zumindest
approximativ normalverteilter Variablen. Weiter sind die Bestandteile der Differenz aufgrund der
Annahme unabhängiger ε it ’s bedingt auf die Daten unabhängig. Daraus resultiert eine approximativ
normalverteilte abnormale Rendite. Die Schätzung des DNS-Modells wurde wie folgt vorgenommen:
Zunächst wurden die Faktoren ft über den Querschnitt der Laufzeiten geschätzt. Daraus resultierte
eine mehrdimensionale Zeitreihe mit 60 Beobachtungen der 3x1 Vektoren der Faktoren. Daraufhin
erfolgte die Schätzung der A Matrix wie üblich mittels der Kleinsten-Quadrate Methode über eine
Zeitreihenregression auf Basis der Übergangsformel. Die Vorhersagen der normalen Renditen
Bezeichnet man für eine gegebene Laufzeit i den ersten Faktor als β1i und den zweiten
und dritten entsprechend, so ergeben sich für die drei Faktoren der i ten Spalte von Λ (τ ) :
16
 1− e− λτ 
 1 − e− λτ
und β3i = 
β1i = 1 , β 2i = 

 λτ 
 λτ

− e− λτ  .

24
Beitrag zum Postbank Finance Award 2012
erfolgen auf Basis der verfügbaren Informationen zum Zeitpunkt t-1. Genauer bedeutet dies, dass sich
die abnormalen Renditen in Zeitpunkt t und t-1 in den drei Modellen wie folgt ergeben.
1. Constant-Mean-Return-Modell:
ε it* = yit − µ̂i
*
ε it+1
= yit+1 − µ̂i
2. Time-Trend-Modell:
ε it* = yit − µ̂i + δ i t
*
ε it+1
= yit+1 − µ̂i + δ i (t +1)
3. Dynamisches Nelson-Siegel-Modell:
ε it* = yit − Λ(τ ) A ft−1 (τ )
*
ε it+1
= yit+1 − Λ(τ ) A 2 ft−1 (τ )
III.3.5 Testmethoden
Zwei unterschiedliche Tests werden durchgeführt. Zunächst testen wir die Signifikanz der
abnormalen Renditen. Deren Signifikanz ist ein klares Indiz für eine Reaktion der Anleihemärkte auf
Ereignisse wie etwa Ratingänderungen. Darüberhinaus testen wir den Unterschied zwischen VorEreignis-und Nach-Ereignis Durchschnittsrendite. Dieser Unterschied ist ein Indiz für den
permanenten Effekt von Ratingänderungen. Die Vor-Ereignis-Durchschnittsrendite wird aus den
letzten 60 Tagen vor dem Ereignis berechnet. Für die Nach-Ereignis-Rendite wird ein Puffer von 15
Tagen verwendet. Somit werden zur Kalkulation der Nach-Ereignis-Rendite die Tage 16 bis 75 nach
dem Ereignis verwendet.
III.3.5.1 t-Test der abnormalen Renditen
Die Signifikanz der abnormalen Renditen wird parametrisch durch einen t-Test untersucht.
Standardmäßig gliedert sich der Test in drei Schritte.
i) Hypothesen:
H 0 : CAR =
t*+1
∑ ε it* vs.
H1 : CAR ≠
t=t*
t*+1
∑ε
*
it
t=t*
ii) Teststatistik:
CÂR
SD(CÂR)
iii) Ablehnungsbereich:
CÂR
∈ (-∞, −1.96) ∪ (1.96,∞)
SD(CÂR)
25
Beitrag zum Postbank Finance Award 2012
Der t-Test verwendet somit die Summe der abnormalen Renditen der Tage t und t+1. Nach einer
nichttrivialen Herleitung17 ergibt sich eine gewöhnliche Student-t-Verteilung für die Teststatistik. Die
Varianzberechnung orientiert sich an der Diskussion in Campbell, Lo und MacKinlay (1996) und
kann vom interessierten Leser in der Fußnote nachvollzogen werden.
III.3.5.2 Mittelwertvergleich zwischen Vor und Nach-Ereignis-Periode sowie Ereignis- und
Nach-Ereignis-Periode
Um festzustellen, ob statistisch signifikante Unterschiede zwischen den drei beobachteten
Durchschnitts-Renditen bestehen führen wir zwei separate Tests auf Mittelwertvergleiche durch. Zum
einen testen wir auf Signifikanz der Differenz zwischen Vor-Ereignis-Durchschnittsrendite und NachEreignis-Durchschnittsrendite und zum anderen auf Signifikanz zwischen Rendite zum
Ereigniszeitpunkt und Nach-Ereignisdurchschnittsrendite.
Die Tests sind wie folgt aufgebaut.
Test für den Mittelwertvergleich:
i) Hypothesen:
H 0 : µi = µ j
H 1 : µi ≠ µ j
vs.
ii) Teststatistik:
T=
iii) Ablehnungsbereich:
µ̂i − µ̂ j
60 ⋅ 60
⋅
120 SD̂( µ̂i − µ̂ j )
T ∈ (-∞, −1.98) ∪ (1.98,∞)
Signifikante Ergebnisse deuten auf Unterschiede zwischen den betrachteten Renditen hin.
Nach dem Durchführen der t-Tests analysieren wir deskriptiv die Verteilung der 5%, 25%, 50%,
75% und 95% Perzentile der Differenzen zwischen Vor- und Nach-Ereignis-Mittelwert sowie
Ereignis- und Nach-Ereignis-Mittelwert der Renditen, differenziert nach neuen Ratings und
gegebenenfalls Laufzeiten.
III.3.6 Genauere Beschreibung der DNS-Methodik
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die einzelnen Faktoren und die Koeffizienten des Systems zu
schätzen. Wir entscheiden uns für die sogenannte zweistufige Kleinste-Quadrate-Methode. Wie der
Name andeute,t unterteilt sich diese Methode in zwei Schritte:
1. Zunächst werden für einen gegebenen Wert von λ die zu jeder vorkommenden Laufzeit korrespondierenden Eintrage von Λ (τ ) berechnet. Anschließend werden für jede Zeitperiode
einzeln die beobachteten Renditen auf die drei Koeffizienten in Λ (τ ) regressiert. Hierfür
17
Der Schätzer für die Varianz der kumulativen abnormalen Renditen des Constant-Mean-Return sowie
des Time-Trend-Modells, ist gegeben durch
( 1 1 ) I (σˆ ) + X (X ' X )
2
εi
die Matrix der Regressoren in der Event-Periode sowie
Xi
*
i
i
i
−1
 1 
Xi* (σˆ ε2i )   wobei Xi*
 1 
die Matrix der Regressoren in der Vor-Event-
Periode sind. Die Varianzschätzung im DNS-Modell erfolgt unter Annahme der asymptotischen Varianz
( 1 1 ) (σˆ
2
εi
 1 
)   . Da 60 Beobachtungen vorhanden sind, scheint diese Annahme gerechtfertigt.
 1 
26
Beitrag zum Postbank Finance Award 2012
verwendet man typischer Weise die Methode der Kleinsten Quadrate. Somit erreicht man eine
Schätzung der drei Faktoren { fˆt }Tt=1 18.
2. Die geschätzten Faktoren können nun verwendet werden, um mittels eines Vektor-Autoregressiven-Modells (VAR) die Parameter in µ und A zu schätzen. Hier stehen eine Reihe
verschiedener Schätzmethoden zur Verfügung, aber unter der Annahme, dass die Anleihenrenditen und somit die Faktoren einem stationären Prozess folgen, kann abermals die
Methode der Kleinsten Quadrate verwendet werden. Da wir eine Schätzung immer nur über
einen Zeitraum von 60 Tagen ausführen, halten wir die Stationaritätsannahme für unkritisch.
Ein ungewöhnliches Merkmal dieser Methode ist, dass im ersten Schritt die Schätzung über die
Laufzeitdimension erfolgt, im zweiten Schritt hingegen durch die zeitliche Dimension. Andere
Schätzmethoden, welche darauf basieren die logarithmierte Wahrscheinlichkeitsfunktion zu
maximieren, benötigen eine Anfangsschätzung für die Faktoren in der ersten Beobachtungsperiode. Ist
der Beobachtungszeitraum hinreichend groß, konvergiert bei diesen Methoden die geschätze Folge
der Faktoren { fˆt }Tt=1 gegen den tatsächlichen Erwartungswert {E( fˆt )}Tt=1 . Da unser
Beobachtungszeitraum allerdings
auf 60 Tage begrenzt ist, halten wir die zweistufige Methode für geeigneter, da hier keine Konvergenz
der Faktorenschätzung über die Zeit erforderlich ist.
Sobald die Koeffizienten des DNS-Modell geschätzt wurden, können Vorhersagen der Renditen
berechnet werden, indem man zunächst auf Basis der letzten Faktoren fˆT eine Vorhersage für diese
aus der Zustandsgleichung ableitet,
fˆT+1 = µ̂ + Â fˆT ,
und diese anschließend in der Ausgangsgleichung verwendet, um eine Vorhersage für die Renditen zu
bestimmen:
ŷT+1 (τ ) = Λ(τ ) fˆT+1 .
Wie üblich nennen wir die Differenz der so gewonnenen Vorhersage und der im Ereigniszeitraum
tatsächlich beobachteten Rendite yT+1 (τ ) - ŷT+1 (τ ) „abnormale Rendite“.
Zusammenfassend erwähnen wir nochmals die entscheidenden Punkte unserer Methodik. Zur
Analyse des Einflusses von Ratingänderungen auf Anleiherenditen verwenden wir den Rahmen einer
Eventstudie. Die Eventstudie vergleicht die Renditen am Tag des Ereignisses sowie die des
darauffolgenden Tages mit einem statistischen Normalwert für die Rendite. Dieser Normalwert wird
in unserer Studie aus drei Modellen gewonnen, dem Constant-Mean-Return-Modell, dem TimeTrend-Modell sowie dem DNS-Modell. Dieser Vergleich wird mittels statistischer Tests weiter
untersucht. Darauf aufbauend werden die Vor-Ereignis-, die Ereignis- sowie die Nach-EreignisDurchschnittsrenditen miteinander verglichen. Es folgt nun die Diskussion der Ergebnisse.
18
fˆt = (Λ' Λ)−1 Λ' yt .
27
Beitrag zum Postbank Finance Award 2012
IV Diskussion der Ergebnisse
IV.1 Ergebnisse
Im folgenden Textabschnitt werden die Ergebnisse der Eventstudie vorgestellt. Zunächst werden
die Auswirkungen einer Verschlechterung des Ratings diskutiert, darauf folgt eine Darstellung der
Folgen einer Verbesserung des Ratings. Anschließend wenden wir uns jenen Fällen zu, in denen
ausschließlich eine Aufnahmen in die negative Watchlist bekannt gegeben wurde. Zum Zwecke der
Übersichtlichkeit wird auf eine Diskussion für Bestätigungen des Ratings verzichtet. Zwar haben wir
die gleichen Analysemethoden wie bei einer Abwertung angewendet, doch sind die Ergebnisse
unabhängig von der Modellspezifikation nicht eindeutig. Sowohl im Constant-Mean-Return-, als auch
im Time-Trend- und im DNS-Modell beobachten wir etwa gleich viele und betragsmäßig gleich große
positive wie negative abnormale Renditen. Eine klare Aussage zu den Auswirkungen einer
Ratingbestätigung ist also nicht möglich.
Aufgrund der Tatsache, dass wir Anleihen mit 16 verschiedenen Laufzeiten aus 15 Ländern mit
unterschiedlichen Ratings betrachten, müssen wir notwendigerweise eine aggregierte Darstellung der
Ergebnisse wählen. Da die Präsentation der Ergebnisse eine gewisse Komplexität aufweist, werden
wir unsere Darstellungsmethode exemplarisch anhand von zwei häufig verwendeten Schaubildern
erläutern. Eine einfachere Darstellung könnte zwar zunächst intuitiver erscheine, würde jedoch zu aus
unserer Sicht falschen Schlussfolgerungen führen.
Exemplarisch wenden wir uns der Darstellung der abnormalen Renditen im Constant-MeanReturn-Modell zu. Wie im Methodikteil genauer beschrieben, sind die abnormalen Renditen die
unerwarteten Abweichungen der Anleiherenditen am Tag des Ereignisses, sowie des darauffolgenden
Tages. Da dies zwei abnormale Renditen sind, werden in den folgenden Schaubildern die Mittelwerte
dieser zwei abnormalen Renditen dargestellt. Wir betrachten die Ergebnisse in zwei Dimensionen.
Zunächst aggregieren wir über die Laufzeiten und stellen die Verteilung der abnormalen Renditen in
Abhängigkeit des neuen Ratings dar.
So können wir untersuchen, ob Investoren die Staaten in separate Risikoklassen einteilen und ob
der Übergang in eine neue Risikoklasse einen Effekt auf die Rendite der betroffenen Anleihen hat.
Um nicht lediglich wie üblich den Mittelwert der Verteilung darzustellen, wählen wir Schaubilder,
welche die fünf Kenngrößen der Verteilung zeigen. Diese sind das 5%, 25%, 50%, 75% sowie das
95% Perzentil der jeweiligen Verteilung. In Schaubild 1 stellt der Graph, welcher sich links oben
befindet, folgendes dar: Es werden alle Ereignisse betrachtet, welche ein Rating nach dem Ereignis
auf Stufe 6 zur Folge haben. Ein Ereignis verursacht 16 abnormale Renditen, eine pro Laufzeit der
Anleihe. Die gebildeten Durchschnitte der abnormalen Rendite, werden dann nach Größe geordnet.
Die Höhe des ersten (blauen) Balkens gibt an, unter welcher Obergrenze sich die kleinsten 5% der
realisierten abnormalen Renditen befinden. Das 25% Perzentil gibt die Obergrenze an, unter welcher
die kleinsten 25% der abnormalen Renditen liegen. Entsprechendes gilt für die 50%, 75% und 95%
Perzentile. Von besonderem Interesse ist das 50% Perzentil, welches auch Median genannt wird.
Dieser trennt die Daten in zwei Hälften, von den 50% kleiner sowie 50% größer als der Median sind.
Eine positive abnormale Rendite bedeutet, dass die Realisation der Rendite höher als erwartet ist.
Damit geht ein Preis einher, welcher niedriger als erwartetet ist. Wenn Herabstufungen nicht
antizipiert und somit nicht eingepreist wurden, wäre eine positive abnormale Rendite eine natürliche
Marktreaktion.
28
Beitrag zum Postbank Finance Award 2012
Abbildung IV.1: Constant Mean Return - Verschiedene Ratings nach Herabstufung durch eine beliebige Agentur
Abbildung IV.2: Constant Mean Return - Verschiedene Laufzeiten nach Herabstufung durch eine beliebige Agentur.
29
Beitrag zum Postbank Finance Award 2012
Das zweite Schaubild ist konzeptionell ähnlich aufgebaut. Die Graphen stellen wiederum
Perzentile dar. Jedoch wird diesmal nicht nach dem neuen Rating nach einer Herabstufung
differenziert, sondern stattdessen nach Laufzeiten. Der Graph links oben, stellt z.B. die Perzentile
aller abnormalen Renditen bei Herabstufungen für Anleihen mit einer dreimonatigen Laufzeit dar. Mit
dieser Darstellungsform hoffen wir Änderungen in der Form der Zinsstrukturkurve aufdecken zu
können, welche von Herabstufungen verursacht wurden.
Nachdem die von uns verwendete Darstellungsmethode erläutert wurde, folgt die
Darstellung der tatsächlichen Ergebnisse.
IV.1.1 Herabstufungen
Wir beobachten 37 Herabstufungen des Ratings in unserem Datensatz. Die betroffenen Länder sind
Belgien, Finnland, Ungarn, Italien, Portugal und Spanien. Da wir die Anleihen separat nach Laufzeit
und Land betrachten, ergeben sich 37*16 = 592 Reaktionen, welche es zu untersuchen gilt. Unten
stehende Tabelle IV.1 zeigt je nach Schätzmodell die Anzahl der Anleihen, deren abnormale Rendite
auf dem 5%-Niveau signifikant ist. Die letzte Zeile in Tabelle IV.1 zeigt dabei die Anzahl der
Anleihen, welche sowohl nach dem Constant-Mean-Return-Modell als auch nach dem Time-TrendModell eine signifikante abnormale Rendite aufweisen. Es zeigt sich deutlich, dass der Anteil an
Anleihen mit signifikanter abnormaler Rendite sinkt, je komplexer das Modell zur Bestimmung der
normalen Rendite wird.
Modell
Constant Mean Return
Trend
DNS
Constant Mean Return & Trend
signifikant
Anteil
440
273
199
167
74,37%
40,02%
33,61%
28,21%
Tabelle IV.1: Übersicht über die Anzahl von Anleihen mit signifikanter abnormaler Rendite geordnet nach Modellen.
Fortan werden wir uns auf diejenigen abnormalen Renditen beschränken, welche sowohl nach
Constant-Mean-Return- und Time-Trend-Modell signifikant sind, bzw. nach dem DNS-Modell.
Zunächst betrachten wir die Reaktionen der Anleihen auf die Herabstufung eines Lands durch
irgendeine der drei Ratingagenturen. Anschließend werden für jede Agentur einzeln die abnormalen
Renditen untersucht.
IV.1.1.1 Herabstufung allgemein
In diesem Abschnitt wird nicht zwischen Herabstufungen durch verschiedene Ratingagenturen
unterschieden. Wir präsentieren deskriptive Statistiken für die abnormalen Renditen des ConstantMean-Return-, des Time-Trend- und des DNS-Modells. Dabei beschränken wir uns auf
Herabstufungen, bei denen keine anderen Ratingereignisse in den 10 vorangegangenen Handelstagen
stattfanden. Wir werden zwei zuvor motivierten Darstellungsformen der abnormalen Renditen
betrachten:
• Reaktionen aggregiert über alle Laufzeiten, differenziert nach neuem Rating.
• Reaktionen aggregiert über alle neuen Ratings, differenziert nach Laufzeit.
Wir beginnen mit dem ersten Fall. Da es vorkommen kann, dass zwei Agenturen am gleichen Tag
eine Herabstufung bekannt geben, wurde für diese Falle die neue Durchschnittsnote berechnet. In den
Abbildungen IV.3, IV.4 und IV.5 werden das 5%, 25%, 50%, 75% und 95% Perzentil der abnormalen
Renditen für das Constant-Mean-Return-, das Time-Trend- und das DNS-Modell als
Balkendiagramme präsentiert.
30
Beitrag zum Postbank Finance Award 2012
Abbildung IV.3: Constant Mean Return - Verschiedene Ratings nach Herabstufung durch eine beliebige Agentur.
Abbildung IV.4: Time Trend - Verschiedene Ratings nach Herabstufung durch eine beliebige Agentur.
31
Beitrag zum Postbank Finance Award 2012
Abbildung IV.5: DNS - Verschiedene Ratings nach Herabstufung durch eine beliebige Agentur.
Nicht für alle neuen Ratings postulieren die drei unterschiedlichen Modelle ein ähnliches Verhalten
der abnormalen Renditen. Zunächst lässt sich festhalten, dass das komplexe DNS-Modell
konservativer ist als das rudimentäre Constant-Mean-Return-Modell: Betragsmäßig hohe Perzentile
der abnormalen Renditen sind hier seltener. Weiterhin lässt sich feststellen, dass Herabstufungen auf
die Noten 8 (BBB-) und 10 (BBB+) von allen drei Modellen mit einem substanziellen Anstieg der
Renditen assoziiert werden. Für alle anderen beobachteten Noten sind die Ergebnisse der einzelnen
Modelle entweder widersprüchlich, oder die Absolutwerte der Perzentile sind so klein, dass sie in der
Praxis vernachlässigt werden können.
Nun wenden wir uns der Differenzierung nach der Laufzeit zu. Wieder werden in den Abbildungen
IV.6, IV.7 und IV.8 das 5%, 25%, 50%, 75% und 95% Perzentil der abnormalen Renditen für das
Constant-Mean-Return-, das Time-Trend- und das DNS-Modell als Balkendiagramme angezeigt.
32
Beitrag zum Postbank Finance Award 2012
Abbildung IV.6: Constant Mean Return - Verschiedene Laufzeiten nach Herabstufung durch eine beliebige Agentur.
Abbildung IV.7: Time Trend - Verschiedene Laufzeiten nach Herabstufung durch eine beliebige Agentur.
33
Beitrag zum Postbank Finance Award 2012
Abbildung IV.8: DNS - Verschiedene Laufzeiten nach Herabstufung durch eine beliebige Agentur.
In den drei obigen Abbildungen lassen sich einige Regelmäßigkeiten beobachten. Zunächst fällt
auf, dass in allen drei Modellen und für alle Laufzeiten das 95% Perzentil deutlich höher ist als der
Median. Extreme Anstiege der Renditen nach einer Herabstufung sind also für Anleihen aller
Laufzeiten möglich. Auch ist das 5% Perzentil für alle Laufzeiten und in allen drei Modellen negativ.
Es kann also vorkommen, dass die Renditen nach einer Herabstufung abnehmen. Die Reaktionen von
Anleihen mit einer Laufzeit von 3 bis 9 Monaten sind bis zum 75% Perzentil betragsmäßig klein. Dies
gilt für alle drei Modelle.
Weiterhin gibt es eine Reihe von Anleihen mit mittlerer Laufzeit, bei deren abnormaler Rendite
ein substantieller Teil der Wahrscheinlichkeitsmasse im positiven Bereich liegt. Beim ConstantMean-Return- und beim Time-Trend-Modell sind dies die Anleihen mit 18 und 24 Monaten Laufzeit,
das DNS-Modell zeigt dieses Ergebnis hingegen bei 12, 15 und 18 Monaten.
Für die Anleihen mit längerer Laufzeit lässt sich keine eindeutige Aussage aus dem ConstantMean-Return- und dem Time-Trend-Modell ableiten. Zwar scheint sich für alle Anleihen der größere
Teil der Wahrscheinlichkeitsmasse im positiven Bereich zu befinden, jedoch liegt dies vornehmlich
am sehr hohen 95% Perzentil. Das DNS-Modell hingegen weist bei den Anleihen mit 8, 9 und 10
Jahren Laufzeit bereits positive 25% Perzentile auf.
Bisher konzentrierten wir uns bei der Analyse der Auswirkungen von Herabstufungen auf die
abnormalen Renditen im Ereigniszeitraum, also am Tage der Bekanntgabe einer Herabstufung und am
unmittelbar darauf folgenden Handelstag. Um allerdings zu entscheiden, ob die Herabstufung eines
Landes auch langfristig zu einem Anstieg der Renditen führt, muss ein längerer Zeitraum nach der
Abwertung betrachtet werden. Dies geschieht im Nachfolgenden Textabschnitt IV.1.1.2
34
Beitrag zum Postbank Finance Award 2012
IV.1.1.2 Möglichkeit einer Überreaktion
Dieser Abschnitt widmet sich der Frage, wie sich das langfristige Zinsniveau einer Anleihe nach
der Abwertung zur Situation vor der Abwertung verhält und ob es am Tage der Bekanntgabe der
Herabstufung und am Tag danach möglicherweise eine Überreaktion gibt. Zu diesem Zweck schätzen
wir zunächst die normalen Renditen in den 60 Handelstagen vor der Bekanntgabe der Herabstufung
und in den Handelstagen 16 bis 75 nach der Herabstufung. Dadurch werden die ersten 15 Handelstage
nach der Herabstufung ausgespart, so dass man erwarten kann, dass die neue Ratingstufe in den
Renditen eingepreist ist und keine weitere Anpassung der Renditen als Antwort auf die Herabstufung
geschieht. Zur Berechnung der normalen Renditen verwenden wir in diesem Abschnitt ausschließlich
das Constant-Mean-Return-Modell. Da in jedem statistischen Modell strukturelle Änderungen der
Parameter wie etwa im Zeittrend oder dem konstanten Erwartungswert nur rückwirkend erkannt
werden können, scheint die Verwendung komplexerer Modelle hier nicht zielführend zu sein.
Zunächst vergleichen wir den Mittelwert der Renditen in der Nachereignisperiode mit dem
Mittelwert der Renditen in der Vorereignisperiode. Bei einer negativen Differenz aus
Vorereignismittelwert und Nachereignismittelwert haben die Renditen langfristig ein höheres Niveau
nach der Herabstufung angenommen. Abbildung IV.9 zeigt die zuvor verwendeten Perzentile dieser
Differenzen gruppiert nach neuer Ratingstufe für all jene Anleihen, deren abnormale Rendite am Tag
der Bekanntgabe auf dem 5%-Niveau signifikant war.
Abbildung IV.9: Constant Mean Return - Vorereignis- minus Nachereignismittelwert für verschiedene Ratings.
Bei allen neuen Ratingstufen außer 6 (BB) ist bereits das 75% Perzentil positiv. Es besteht also die
Möglichkeit, dass die Rendite nach einer Herabstufung auch dauerhaft niedriger ausfällt. Bei einer
Herabstufungen auf die Ratingstufe 10 (BBB+) zeigt sich ein negativer Median mit substantiellem
Absolutbetrag, so dass für eine Abwertung auf diese Ratingstufe von einer längfristigen Steigerung
der Renditen ausgegangen werden kann. Für die anderen Ratingstufen ergibt sich kein klares Bild und
die Mediane sind nahe Null. Das vermeintlich klare Ergebnis für eine Herabstufung auf 6 (BB) ist
35
Beitrag zum Postbank Finance Award 2012
trügerisch, da für diese Ratingstufe nur sehr wenige Beobachtungen in unserem Datensatz vorhanden
sind.
Nun vergleichen wir die Rendite während des Ereigniszeitraumes - am Tag der Bekanntgabe und
am Tag danach - mit dem Nachereignismittlewert, also dem Mittelwert der Renditen im Zeitraum von
16 bis 75 Handelstagen nach der Herabstufung. Ist die Differenz der Ereignisrendite und des
Nachereignismittelwertes positiv, so stieg die Rendite bei der Bekanntgabe der Herabstufung höher
an, als ihr darauf folgendes langfristiges Gleichgewicht. Dies kann als Überreaktion interpretiert
werden. Abbildung IV.10 zeigt die Perzentile dieser Differenz für Anleihen, deren abnormale Rendite
am Tage der Herabstufung auf dem 5%-Niveau signifikant war, gruppiert nach neuen Ratingstufen.
Abbildung IV.10: Constant Mean Return - Vorereignis- minus Nachereignismittelwert für verschiedene Ratings.
Der deutlichste Anstieg zeigt sich bei einer Herabstufung auf 10 (BBB+), bei Abwertungen auf 8
(BBB-), 9 (BBB) und 11 (A-) sind die Absolutbeträge der Mediane kleiner, aber der überwiegende
Teil der Wahrscheinlichkeitsmasse liegt auch hier im positiven Bereich. Allein die Perzentile für eine
Herabstufung auf 6 (BB) fallen mit beträchtlichen negativen Werten auf.
Bevor wir uns den Auswirkungen einer Herabstufung durch eine bestimmte Ratingagentur
zuwenden, sollten die bisherigen Ergebnisse zusammengefasst werden.
•
Die Renditen von Anleihen mit kurzer Restlaufzeit bleiben von Abwertungen unberührt,
Renditen von Anleihen mittlerer Laufzeit steigen hingegen an. Für Anleihen mit langer
Restlaufzeit ergibt sich kein klares Bild.
•
Unterscheidet man nach neuen Ratingstufen, ergibt sich das klarste Bild für Abwertungen auf
8 (BBB-) und 10 (BBB+). Am Tag der Abwertung steigen die Renditen über ihr darauf
folgendes langfristiges Niveau hinaus und im Falle einer Herabstufung auf 10 (BBB+) ist das
36
Beitrag zum Postbank Finance Award 2012
langfristige Renditenniveau für die betroffenen Anleihen nach der Abwertung höher als
davor.
•
Für Abstufungen auf die anderen Ratingstufen ergeben sich keine eindeutigen Ergebnisse.
Welche Rolle diese Ergebnisse für unsere zentralen Forschungsfragen spielen, wird in Abschnitt
IV.2 erörtert. Wenden wir uns nun den Abwertungen durch S&P zu.
IV.1.1.3 Herabstufung durch S&P
Aus Gründen der Übersichtlichkeit und da sich bei den bisherigen Untersuchungen der abnormalen
Renditen der Eindruck ergab, dass das DNS-Modell die konservativsten Ergebnisse produziert,
werden wir fortan auf die grafische Darstellung der Ergebnisse aus dem Constant-Mean-Return- und
dem Time-Trend-Modell verzichten und auf diese nur noch beim Vergleich mit dem DNS-Modell
Bezug nehmen. Das 5%, 25%, 50%, 75% und 95% Perzentil der abnormalen Renditen für
unterschiedliche Ratingstufen nach der Herabsetzung durch S&P werden in der Abbildung IV.11
präsentiert.
Abbildung IV.11: DNS - Verschiedene Ratingstufen nach einer Herabstufung durch S&P.
Wie zuvor fällt ein eindeutiger Anstieg der Rendite nach einer Abwertung auf Stufe 10 (BBB+)
auf, welcher auch von den zwei ausgelassenen Modellen bestätigt wird. Bei Herabstufungen auf die
Ratingstufen 11 (BBB) sowie 13 (A+) bis 16 (AA+) sind in allen drei Modellen die Absolutwerte der
abnormalen Rediten so klein, dass die Ergebnisse keine praktische Relevanz besitzen. Leider kann der
substantielle Anstieg der Renditen bei einer Abwertung auf 8 (BBB-) beim DNS-Modell weder vom
Constant-Mean-Return- noch vom Time-Trend-Modell bestätigt werden. Eine nach Laufzeiten
differenzierte Darstellung kann nicht für jede Ratingagentur separat vorgenommen werden, da für
manche Laufzeiten zu wenige Beobachtungen vorliegen.
37
Beitrag zum Postbank Finance Award 2012
Es folgt eine Betrachtung der Auswirkungen einer Herabstufung durch Moody’s.
IV.1.1.4 Herabstufung durch Moody’s
Aus den zuvor genannten Gründen beschränken wir uns auf eine grafische Darstellung der
abnormalen Renditen aus dem DNS-Modell und zeigen diese gruppiert nach unterschiedlichen
Ratingstufen in Abbildung IV.13.
Abbildung IV.12: DNS - Verschiedene Ratingstufen nach einer Herabstufung durch Moody’s.
Außer bei Abwertungen auf 8 (BBB-) und 11 (A-) sind die Randperzentile auffallend klein. Nur
eine Herabstufung auf Rating 16, d.h. von AAA auf AA+, zeigt in allen drei Modellen konsistente,
positive abnormale Renditen, allerdings ist selbst das 95% Perzentil kleiner als 0,15%.
IV.1.1.5 Herabstufung durch Fitch
In diesem Abschnitt werden die Herabstufungen durch Fitch analysiert. Wie zuvor bei Moody’s
werden nur die abnormalen Renditen aus dem DNS-Modell vorgestellt. Die Gruppierung erfolgt hier
ebenfalls gemäß Ratings nach der Herabstufung.
38
Beitrag zum Postbank Finance Award 2012
Abbildung IV.13: DNS - Verschiedene Ratingstufen nach einer Herabstufung durch Fitch.
Auch wenn die Verteilungen der abnormalen Renditen aus dem DNS-Modell einen klaren
positiven Effekt der Herabstufung durch Fitch auf die Zinssätze suggerieren, werden diese Ergebnisse
vom Constant-Mean-Return- und Time-Trend-Modell nur für eine Abwertung auf Stufe 10 (BBB+)
bestätigt. Für diesen Fall nimmt allerdings selbst das 5% Perzentil verhältnismäßig hohe Werte an. Im
nachfolgenden Abschnitt IV.1.1.6 werden die Ergebnisse der nach Ratingagenturen differenzierten
Analyse zusammengefasst.
IV.1.1.6 Auswirkungen unterschiedlicher Ratingagenturen
Im Wesentlichen bestätigen unsere Analysen für die einzelnen Ratingagenturen die zuvor
gewonnenen Ergebnisse. Insbesondere die Marktreaktionen auf Herabstufungen durch S&P und Fitch
ähneln den allgemeinen Reaktionen: Es zeigen sich beträchtliche positive abnormale Renditen bei
Abwertungen auf Stufe 10 (BBB+). Für Stufe 8 (BBB-) sind die Ergebnisse weniger klar. Bei allen
anderen Ratingstufen ist das Bild nicht eindeutig. Interessant ist, dass die Reaktion auf Abwertungen
durch Moody’s erheblich schwächer sind als bei S&P. Eine gründliche Untersuchung dieses
Umstandes lässt die zu geringe Anzahl an Beobachtungen leider nicht zu, allerdings ist eine mögliche
Erklärung, dass Moody’s dazu tendiert Herabstufungen zeitlich nach S&P bekannt zu geben, so dass
die Information vom Markt bereits eingepreist wurde.
Nachdem die Auswirkungen von Herabstufungen dargelegt wurden, betrachten wir als nächstes die
Wirkung von Aufwertungen auf die Renditen von Staatsanleihen.
39
Beitrag zum Postbank Finance Award 2012
IV.1.2 Aufwertungen
IV.1.2.1 Aufwertungen allgemein
In unserem Datensatz beobachten wir 18 Verbesserungen der von Rating-Agenturen
ausgewiesenen Kreditwürdigkeit eines Landes. Es handelt sich dabei um die Länder Belgien,
Tschechien, Finnland, Italien, Polen, Portugal und Spanien. Es ergeben sich 18 * 16 = 288 Reaktionen
von Renditen, die für eine Analyse der Auswirkungen von Heraufstufungen in Frage kommen. Unten
stehende Tabelle IV.2 zeigt je nach Schätzmodell die Anzahl der Anleihen deren abnormale Rendite
auf dem 5%-Niveau signifikant ist. Wieder lässt sich deutlich erkennen, dass der Anteil an Anleihen
mit signifikanter abnormaler Rendite umso kleiner
Modell
Constant Mean Return
Trend
DNS
Constant Mean Return & Trend
signifikant
Anteil
177
152
100
80
60,42%
53,13%
34,72%
27,78%
Tabelle IV.2: Übersicht über die Anzahl von Anleihen mit signifikantem abnormal Renditegeordnet nach Modellen.
wird, je mehr Struktur vom Schätzmodell vorgegeben wurde. Wie zuvor beschränken wir uns auf
Anleihen, deren Renditen sowohl nach dem Constant-Mean-Return- und dem Time-Trend-Modell,
bzw. nach dem DNS-Modell signifikant waren. Allerdings ist eine Unterscheidung nach einzelnen
Rating Agenturen wegen der geringen Anzahl von beobachteten Aufwertungen nicht vertretbar. Für
S&P und Fitch befinden sich jeweil acht Aufwertungen in unserem Datensatz, für Moody’s nur zwei.
Daher betrachten wir ausschließlich die Effekte eine Heraufstufung durch eine beliebige
Ratingagentur. Ebenso schließen wir Ereignisse aus, welche nicht länger als zehn Handelstage nach
einem anderen Ereignis stattfanden. Abbildung IV.14 zeigt die zuvor verwendeten Perzentile der
abnormalen Renditen aus dem DNS-Modell nach einer Aufwertung durch eine beliebige Agentur.
40
Beitrag zum Postbank Finance Award 2012
Abbildung IV.14: DNS - Verschiedene Ratingstufen nach einer Aufwertung durch beliebige Agentur.
Negative abnormale Renditen haben auch an den Randperzentilen nur sehr geringe Absolutbeträge.
Weiterhin zeigen sich für Aufwertungen auf die Stufen 14 (AA-) und 15 (AA) positive Mediane
geringer Größe, dies wird allerdings nicht von den anderen beiden Modellen bestätigt. Das einzige
Ergebnis, welches von allen drei Modellen unterstützt wird ist, dass eine Aufwertung auf Stufe 12 (A)
zu einem Anstieg der Rendite führt, welcher aber wegen seiner geringen Größe vernachlässigt werden
kann. Beim DNS-Modell liegt zwar ein beträchtlicher Teil der Wahrscheinlichkeitsmasse der
abnormalen Renditen nach einer Aufwertung auf 17 (AAA) im negativen Bereich, allerdings gilt dies
nicht für die übrigen zwei Modelle.
41
Beitrag zum Postbank Finance Award 2012
Abbildung IV.15: DNS - Verschiedene Laufzeiten nach einer Aufwertung durch beliebige Agentur.
Für Anleihen mit Laufzeiten von 30 Monaten bis zu 8 Jahren - also mit mittlerer bis langer
Laufzeit - befindet sich der größere Teil der Wahrscheinlichkeitsmasse der abnormalen Renditen im
negativen Bereich. Dies wird auch von den zwei nicht dargestellten Modellen bestätigt. Die
Absolutwerte der Perzentile sind jedoch eher gering. Für Anleihen mit einer kurzen Laufzeit von 6 bis
24 Monaten ergeben sich aus dem DNS- und dem Constant-Mean-Return-Modell eher positive
abnormale Renditen, während das Time-Trend-Modell auch hier eine Abnahme der Rendite
impliziert. Für Anleihen mit Laufzeiten von 9 und 10 Jahren sind beim Constant-Mean-Return- und
Time-Trend-Modell alle Perzentile negativ, die abnormalen Renditen des DNS-Modells haben jedoch
mehr Wahrscheinlichkeitsmasse im positiven Bereich.
IV.1.3 Zusammenfassung Aufwertungen
Anders als bei Herabstufungen, zeigt sich für keine einzige neue Ratingstufe ein eindeutiges Bild. Die
Ergebnisse der einzelnen Modelle sind entweder widersprüchlich oder von der Größe her unbedeutend. Betrachtet man die Reaktionen auf eine Aufwertung gruppiert nach Restlaufzeit, sind die
Effekte zwar quantitativ ebenfalls unbedeutend, aber von der Tendenz her wenigstens jenen
entgegengesetzt, welche bei einer Herabstufung zu beobachten waren. Die Anleihen mit mittlerer
Laufzeit verzeichnen negative abnormale Renditen, während die Reaktion der Anleihen mit kurzer
und langer Laufzeit ambivalent ist. Eine Interpretation dieser Ergebnisse erfolgt in Abschnitt IV.2.
IV.1.4 Negative Watchlist
Nachdem bisher Herabstufungen und Aufwertungen diskutiert wurden, wenden wir uns jetzt
Änderungen beim Status der Watchlist zu. Die Bekanntgabe, dass ein Land auf die negative Watchlist
gesetzt wurde, bedeutet, dass es einer intensiven Prüfung durch die betreffende Ratingagentur
unterzogen und seine Kreditwürdigkeit anschließend möglicherweise herabgesetzt wird. Von einer
42
Beitrag zum Postbank Finance Award 2012
solchen Bekanntgabe kann man vermuten, dass sie die Erwartungen der Marktteilnehmer über die
zukünftige Kreditwürdigkeit des jeweiligen Landes negativ beeinflussen wird. Um zu untersuchen, ob
sich dies in höheren Anleihenrenditen widerspiegelt, betrachten wir das 5%, 25%, 50%, 75% und 95%
Perzentil derjenigen abnormalen Renditen, welche auf dem 5%-Niveau signifikant sind. Wir
gruppieren die abnormalen Renditen ausschließlich nach Laufzeiten, da es bei der Watchlist im
Gegensatz zu den Ratings keine feinere Abstufung als positiv und negativ gibt. Wie üblich, schließen
wir solche Bekanntgaben aus, die nicht mehr als 10 Tage auf ein anderes Ereignis folgen. Wegen der
geringen Anzahl von Watchlist-Ankündigungen lässt sich eine Unterscheidung nach Ratingagenturen
nicht rechtfertigen. Die Abbildungen 1.14 und 1.15 zeigen die genannten Perzentile der abnormal
Renditen aus dem Time-Trend- und dem DNS-Modell. Das Constant-Mean-Return-Modell erzeugt
beinahe identische Ergebnisse wie das Time Trend Modell und wurde daher ausgelassen.
Abbildung IV.16: Time Trend - Verschiedene Laufzeiten nach negativer Watchlist-Bekanntgabe durch eine beliebige
Agentur.
43
Beitrag zum Postbank Finance Award 2012
Abbildung IV.17: DNS - Verschiedene Laufzeiten nach negativer Watchlist-Bekanntgabe durch eine beliebige
Agentur.
Mit Ausnahme der Anleihen mit 3-monatiger Laufzeit - bei denen nur sehr wenige signifikante
abnormale Renditen beobachtet wurden - zeigen sich keine erwähnenswerten negativen Perzentile für
die abnormalen Renditen. Das Time-Trend-Modell deutet für alle Laufzeiten ab 6 Monaten darauf hin,
dass ein beträchtlicher Teil der Wahrscheinlichkeitsmasse im positiven Bereich liegt. Im DNS-Modell
sind Folgen einer negativen Watchlistbekanntgabe weniger stark ausgeprägt. Einzig die Anleihen mit
Laufzeiten von 15 und 18 Monaten, sowie 4, 9 und 10 Jahren zeigen hier ähnliche Reaktionen wie im
Time-Trend-Modell.
Zusammenfassend lässt sich also festhalten, dass wie erwartet die Bekanntgabe, dass ein Land auf die
negative Watchlist gesetzt wurde, eher zu einem Anstieg der Renditen führt. Eine präzise
Unterscheidung hinsichtlich der Laufzeiten ist wegen der schlechten Datenlage leider nicht möglich.
Nach der ausführlichen Diskussion der einzelnen Ergebnisse aus statistischer Perspektive, wenden
wir uns nun der ökonomischen Sicht der Ergebnisse zu.
IV.2 Interpretation der Ergebnisse
Aus unseren Ergebnissen lassen sich einige interessante und neue Schlussfolgerungen ziehen.
Während einige in der Literatur bekannte Ergebnisse repliziert werden, ziehen wir auch originäre
Schussfolgerungen.
1) Die Auswirkung einer Herabstufung ist abhängig vom Rating
Für Herabstufungen auf einige Ratings ergibt sich ein gemischtes Bild, welches kein eindeutiges
Fazit zulässt. Zwar scheint es zumindest eine Tendenz in Richtung der erwarteten Auswirkungen zu
geben, aber entweder führen die verschiedenen Modelle nicht zu einem einheitlichen Ergebnis, oder
die Marktreaktionen sind zwar statistisch signifikant, nicht aber ökonomisch relevant.
44
Beitrag zum Postbank Finance Award 2012
Für Herabstufungen von A- nach BBB+ und von BBB nach BBB- sehen wir allerdings ein sehr
klares Bild, welches unseren Erwartungen voll und ganz entspricht. Diese Herabstufungen führen zu
einem unmittelbaren Anstieg der Rendite. In der Zeit nach der Herabstufung sinkt die Rendite etwas,
bleibt aber über der durchschnittlichen Rendite vor dem Ereignis.
Auch wenn wir nicht vorhersahen, dass gerade diese Herabstufungen ein so klares Ergebnis
liefern, ist es wenig verwunderlich. Die beiden Herabstufungen unterscheiden sich in ihrer Bedeutung
von den anderen. Eine Herabstufung von A- nach BBB+ scheint eine wichtige psychologische
Schranke. Allerdings kann hier auch nicht ausgeschlossen werden, dass interne
Gewichtsbestimmungen von institutionellen Anlegern, eine Rolle spielen, also z.B. nur einen
gewissen Prozentsatz in Produkte mit einem Rating unter A- zu investieren. Eine Herabstufung nach
BBB- liefert auch eindeutige Ergebnisse. Hier gilt zu beachten, dass BBB- die letzte Stufe vor dem
Verlust der Investment Grade ist. Eine deutliche Reaktion des Marktes auf den Verlust der Investment
Grade ist in der Literatur bekannt (z.B. Altmann und Kao 1992). Hier scheint eine solche Reaktion
auch schon für eine Herabstufung auf BBB- zu gelten. Darin reflektiert sich die nun erhöhte
Wahrscheinlichkeit, mit der nächsten Herabstufung die Investment Grade zu verlieren.
Aus der Marktreaktion auf Herabstufungen nach BBB+ und BBB-, welche wir ab hier
marktrelevante Herabstufungen nennen, können wir zweierlei schließen.
2) Marktrelevante Herabstufungen beeinflussen die Rendite dauerhaft und enthalten
Informationen
Wir haben gezeigt, dass der Markt unmittelbar auf Ratingveränderungen reagiert. Es ist also nicht
zutreffend, dass die Ratingagenturen lediglich schon im Markt bekannte und eingepreiste
Informationen nutzten und lediglich die Marktentwicklungen nachzeichnen. Unsere ökonometrische
Analyse zeigt aber auch, dass der Renditeanstieg von Dauer ist. Aus zweierlei Gründen halten wir es
für plausibler, Ratings hier tatsächlich einen Informationsgehalt zuzuschreiben, als die Reaktion
alleine durch deren regulative Bedeutung zu erklären. Zum einen handelt es sich bei den von uns
untersuchten Anleihen um relativ hoch bewertete Staatsanleihen. Verglichen mit
forderungsbesicherten Wertpapieren und strukturierten Finanzprodukten ist deren Bedeutung für
staatliche Regulierung marginal. Zwar könnten auch interne Sicherheitsstandards großer Investoren zu
einem ebensolchen Effekt führen, aber auf lange Sicht ist dies unmöglich, da sich daraus
Arbitragemöglichkeiten ergäben, die die Investoren zu einer Änderung ihrer internen
Qualitätsstandards verleiten würden. Zweitens würden wir in diesem Fall erwarten, dass eine
Ratingveränderung lediglich zur Umstrukturierung der Portfolios führte. Während auch hier die
Rendite unmittelbar nach der Herabstufung anstiege, würde sie nach einiger Zeit zur
durchschnittlichen Rendite vor dem Ereignis zurückkehren und nicht zu einer dauerhaften
Verschiebung der Renditekurve führen. Genau eine solche beobachten wir aber. Da weder eine große
regulative Bedeutung der Staatsratings noch kurzfristige internen Regeln verschuldete
Umstrukturierungen von Portfolios institutioneller Anleger eine befriedigende Antwort darauf liefern,
sehen wir in unseren Ergebnissen einen Beleg für den Informationsgehalt von Staatsratings. Die
Tatsache, dass die Auswirkungen auch vom Rating selbst abhängen, widerspricht dem nicht. Es
bedeutet lediglich, dass dies auch für den Informationsgehalt gilt, also nicht alle Herabstufung
gleichviel marktrelevante Informationen enthalten. Einige Herabstufungen ändern die Einschätzung
der Investoren so marginal, dass wir keine Marktreaktion beobachten. Ob ein Land mit AAA oder
AA+ bewertet ist, spielt für die Investoren keine Rolle. Führt eine Herabstufung aber zum
Durchschreiten einer wichtigen psychologische Grenze, oder führt diese nah an den Verlust der
Investment Grade, überdenkt der Investor seine eigene Einschätzung und passt diese an die der
Ratingagentur an. In diesen Fällen enthalten Ratings also marktrelevante Informationen.
Ratingagenturen erfüllen also auch im Bereich der Staatsanleihen ihre Aufgabe der Reduktion
asymmetrischer Information, obwohl für diese Anlageprodukte viele Informationen öffentlich zur
Verfügung stehen.
45
Beitrag zum Postbank Finance Award 2012
3) Marktrelevante Herabstufungen führen zu einer kurzfristigen Überreaktion
Wird ein Staat entweder auf BBB+ oder BBB- abgewertet, folgt der Herabstufung unmittelbar ein
starker Anstieg der Rendite, welcher danach wieder leicht sinkt. Für eine solche Überreaktion des
Marktes gibt es zwei mögliche Erklärungen. Hier könnten in der Tat interne Regelungen großer
institutioneller Investoren greifen. Diese zwingen den Investor zu einer Umstrukturierung seines
Portfolios, welche sich natürlicherweise erst einmal im Abstoßen der abgewerteten Staatsanleihen
widerspiegelt. Nach einigen Tagen beruhigt sich der Markt, die – gegeben dem tatsächlichen Risiko –
zu hohen Renditen werden erkannt, so dass diese wieder sinken. Die Überreaktion muss aber nicht
zwangsläufig an internen Regelungen der Investoren liegen. Es könnte auch sein, dass es am Markt zu
einer Überbewertung der neuen Information durch die Herabstufung kommt. Nach einigen Tagen
verbessert sich dann die Einschätzung der Investoren wieder, zum Beispiel durch die der
Herabstufung folgenden eigenen Analysen.
Für kurzfristig interessierte Anleger leitet sich aus der Überreaktion nach einer Herabstufung eine
einfache Anlagestrategie ab; für langfristig interessierte Anleger eine beruhigende Erkenntnis.
Kurzfristig lässt sich von der Überreaktion wie folgt profitieren. Kurz nach der Herabstufung steigen
die Renditen stark an, der Preis der Anleihe sinkt daher. Zu diesem Zeitpunkt, also kurz nach der
Herabstufung, wenn die Renditen gerade stark gestiegen sind, kauft man diese Staatsanleihe, um sie
dann zwei bis drei Wochen später, wenn die Renditen wieder gefallen sind, zu einem höheren Preis zu
verkaufen. Zwar zeigt unsere Analyse deutlich, dass es sich bei der Überreaktion nach
marktrelevanten Herabstufungen um ein stabiles Phänomen handelt, um jedoch die Profitabilität der
vorgeschlagenen Strategie beurteilen zu können, ist weitergehende Forschung nötig. Insbesondere gilt
zu beachten, dass bei Herabstufungen nur ca. 30% aller abnormaler Renditen auf dem 5%-Niveau von
Null verschieden waren. Schlussendlich hängt es auch von den Transaktionskosten ab, ob sich die von
uns vorgeschlagene Handelsstrategie erfolgreich umsetzen lässt. Für langfristig interessierte Anleger
wird durch unsere Analyse deutlich, dass es sich eben nicht, auszahlt sich unmittelbar nach einer
Herabstufung von den abgewerteten Staatsanleihen zu trennen. Stattdessen ist es sinnvoller, diese erst
noch zu halten und – wenn die dauerhafte Verschiebung der Rendite zum Verkaufswunsch führt – sie
erst einige Zeit nach der Herabstufung zu veräußern. Wenn interne Gewichtungsregelungen,
Qualitäts- und Sicherheitsstandards derart strikt sind, oder bis zur Grenze ausgereizt werden, sodass
ein unmittelbarer Verkauf zwingend notwendig ist, führt dies zu vermeidbaren Verlusten. In diesem
Fall sollten die internen Regelungen entweder aufgeweicht, oder die Portfoliomanager dazu
angehalten werden, diese nicht bis ins Letzte auszureizen.
4) Negative Watchlist Announcements verhalten sich wie tatsächliche Herabstufungen
Wir haben gezeigt, dass negative Watchlist Announcements zu identischen Marktreaktionen
führen wie Herabstufungen und die oben angeführten Schlussfolgerungen demnach auch für solche
Ereignisse gelten. Die Ankündigung einer möglichen Herabstufung nimmt Teile der Reaktion einer
tatsächlichen Herabstufung vorweg; sie übermittelt negative Neuigkeiten, welche die Einschätzungen
der Investoren beeinflussen. Die Renditen verhalten sich qualitativ als sei es zu einer Herabstufung
gekommen, d.h. sie steigen etwas an. Findet diese dann wirklich statt, wird die negative Information
verifiziert und die Renditen steigen weiter. Dieses Ergebnis ist in der Literatur bekannt und kann von
uns voll bestätigt werden (Cantor und Packer 1996, Alsakka und Gwilym 2012).
5) Anleihen mit mittlerer Laufzeit reagieren am stärksten auf marktrelevante
Herabstufungen
Die Betrachtung der Auswirkungen auf Anleihen mit verschieden langen Restlaufzeiten finden in
der Literatur bisher nicht statt. Dabei zeigt unsere Analyse jedoch deutlich, dass die Reaktion der
Rendite stark davon abhängt. Wir zeigen, dass Anleihen mit kurzer Restlaufzeit keinerlei Reaktion auf
Herabstufungen zeigen. Wir sind von dieser Tatsache nicht überrascht. Wir untersuchen lediglich
Staatsanleihen mit einem sehr geringen Ausfallrisiko. Ratings beziehen sich auf die langfristige
46
Beitrag zum Postbank Finance Award 2012
Situation; niemand wird wegen einer Herabstufung das Ausfallrisiko einer Anleihe mit weniger als
einem Jahr Restlaufzeit revidieren. Wir sehen deshalb auch keinen Anstieg der Rendite. Für Anleihen
mit einer Restlaufzeit von ein bis zwei Jahren finden wir die stärkste Reaktion. Während wir erwarten,
dass die Reaktion stärker ausfällt als für Anleihen mit kurzer Restlaufzeit, ist überraschend, dass sich
für Anleihen mit langer Restlaufzeit kein klareres Bild ergibt. Zwar gibt es einen tendenziellen
Anstieg der Rendite für lange Laufzeiten, jedoch variiert dieses Ergebnis modellabhängig. Für dieses
gemischte Bild erscheinen uns zwei Erklärungsansätze möglich. Entweder revidieren die Investoren
ihre langfristigen Erwartungen nicht auf Basis gegenwärtiger Ratings, sodass Anleihen von einer
Laufzeit mit mehr als acht Jahren kaum noch auf Herabstufungen reagieren oder dieses Phänomen
lässt sich auf die verwendeten Daten zurückführen. Die meisten europäischen Staatsanleihen haben
eine Höchstlaufzeit von 10 Jahren, so dass zur Konstruktion der von uns genutzten
Nullcouponrenditen für diese Laufzeiten, und dabei insbesondere für die lineare Interpolation, nur
sehr wenig Ausgaben zur Verfügung stehen. Dadurch könnte die Sensitivität unserer Daten für sehr
hohe Laufzeiten beeinflusst sein. Dies kann dazu führen, dass wir nur eine sehr schwache Reaktion
auf eine Ratingveränderung sehen, obwohl diese tatsächlich stärker sind. Leider können wir die wahre
Ursache dieses Ergebnisses nicht erklären, was für eine weiterführende Analyse aber sicher
interessant wäre.
Angenommen es handelt sich nicht um ein Problem der verwendeten Daten, so lässt sich aus
unseren Ergebnissen eine interessante Veränderung der Renditekurve belegen. Während nach einer
Herabstufung die Anleihen mit kurzer und langer Restlaufzeit kaum reagieren, reagieren solche mit
einer mittleren verbliebenen Laufzeit mit einem statistisch und ökonomisch signifikanten Anstieg der
Rendite; immerhin in der Hälfte der Fälle ist hier selbst im DNS-Modell, welches die konservativsten
Schätzungen liefert, der Renditeanstieg größer als 0,2 Prozentpunkte. Das heißt, dass die
Renditekurve im mittleren Bereich steigt, während sie an den Enden gleich bleibt, ihre Krümmung
vergrößert sich also. Da man eine Herabstufung natürlich nie sicher voraussagen kann, lässt sich aus
der Veränderung der Form der Renditekurve nicht unmittelbar eine Anlagestrategie ableiten.
6) Herabstufungen von S&P und Fitch führen zu stärkeren Marktreaktionen als
Herabstufungen von Moody's
In unserer ökonomischen Analyse unterscheiden wir auch zwischen den verschiedenen
Ratingagenturen, um für einen sogenannten Brandname Effekt zu testen. Und in der Tat, die
Marktrelevanz der Herabstufungen ist nicht homogen. Während wir für S&P und Fitch ein klares Bild
bekommen, scheinen Herabstufungen von Moody's so gut wie keine Rolle zu spielen. Das heißt auch,
dass alle bisherigen Schlussfolgerungen durch Herabstufungen von S&P und Fitch, nicht aber durch
solche von Moody's erklärt werden. Für die Invarianz der Renditen im Bezug auf Herabstufungen
durch Moody's sind zwei Erklärungen denkbar. Es könnte sein, dass der Markt den Ratings von
Moody's keinen Informationsgehalt zuschreibt, also die Reputation von Moody's zumindest im
Bereich der Staatsratings nicht ausreicht, um diese zu beeinflussen. Eine andere Möglichkeit ist, dass
Moody's am längsten an Ratings festhält. Wenn dann sowohl S&P als auch Fitch ein Land abgewertet
haben, hat eine dritte Herabstufung praktisch keinen Einfluss mehr. In der Literatur ist ein
sogenannter First-Mover-Effekt nachgewiesen, wobei diese Rolle in der Regel S&P zufällt (Brooks et
al. 2004). Dies ist mit unseren Ergebnissen vereinbar, erklärt aber nicht, wieso Herabstufungen von
Fitch eine stärkere Marktreaktion hervorrufen als solche von Moody's. Eine genauere Untersuchung
dieses Phänomens ist im Rahmen unserer Studie leider nicht möglich, eröffnet aber Raum für weitere
Forschungen.
7) Während die Renditeveränderungen nach einer Heraufstufung tendenziell in die
entgegengesetzte Richtung der Veränderungen nach einer Herabstufung weisen, sind
diese Veränderungen ökonomisch nicht relevant
Für Heraufstufungen ergibt sich kein derart deutliches Bild wie bei Herabstufungen. Die Reaktion des
Marktes ist unabhängig vom Rating minimal. Wenn wir uns stattdessen die Reaktion der Anleihen
47
Beitrag zum Postbank Finance Award 2012
verschiedener Laufzeiten anschauen, wird das Bild etwas deutlicher. Wir beobachten wieder die
stärkste Reaktion bei Anleihen mit mittlerer Restlaufzeit, wobei diese hier etwas weiter nach hinten
reicht. Besonders für diese Anleihen, aber etwas schwächer und diffuser auch für solche mit kurzer
und langer Restlaufzeit, sehen wir eine schwache Abnahme der Rendite. Jedoch ist selbst für
diejenigen Anleihen, welche am stärksten reagieren, der Median des DNS-Modells bei nur 0.05
Prozentpunkten. Dies ist eine derart minimale Abnahme, dass wir – unter Berücksichtigen des
diffusen Bildes über die erste Aggregierung – Heraufstufungen keine Marktrelevanz unterstellen
können.
Es stellt sich somit die Frage, wieso der Markt auf einige Herabstufungen statistisch und ökonomisch
signifikant reagiert, dies für Heraufstufungen aber nicht der Fall ist. Wenn wir den marktrelevanten
Herabstufungen Informationswert zuschreiben, wieso führen Heraufstufungen dann nicht zu
systematischen Veränderungen der Renditen? Zuerst gilt festzuhalten, dass dieses Ergebnis in der
Literatur nicht ungewöhnlich ist (z.B. Ammer 2004). Viele Studien finden asymmetrische Reaktionen,
wobei die Heraufstufungen schwächer reagieren. In unserem Falle könnte dieses Phänomen durch die
untersuchten Anleihen verstärkt worden sein. Europäische Staatsanleihen gelten nach wie vor als
sicherer Hafen und ziehen Investoren mit geringer Risikobereitschaft an. Gerade für solche Investoren
scheint die Standardannahme, dass alleine die Volatilität eines Finanzprodukts entscheidend ist,
besonders vereinfachend. Eine in der Literatur vorgeschlagenen Alternative, nämlich die Bedeutung
von Verlustaversion, eröffnet eine Alternative (Tversky und Kahneman 1991; Kahneman, Knetsch
und Thaler 1991; Shleifer 2000; Haigh und List 2005). Europäische Staatsanleihen werden von
Anlegern nicht wegen ihrer hohen Renditen gehalten, sondern als Versicherung vor Verlusten. Diese
verlustaversen Anleger reagieren deswegen besonders auf negative Neuigkeiten, also Herabstufungen,
während sie positiven Neuigkeiten gleichgültig gegenüber stehen. Auch hier gilt, dass eine genauere
Analyse des Phänomens erstrebenswert wäre.
48
Beitrag zum Postbank Finance Award 2012
V
Zusammenfassung
Wir haben für unsere Analyse verschiedene Fragen aufgeworfen, wie die Auswirkungen von
Herab- und Heraufstufungen durch Ratingagenturen auf die Renditen europäischer Staatsanleihen,
oder die Effekte von Watchlist Announcements. Selbst die grundlegende Frage nach der
Marktreaktion auf Ratingereignisse wird in der Literatur widersprüchlich beantwortet. Unser Ansatz
erlaubt über die Beantwortung dieser Fragen hinaus die Marktreaktionen genauer zu analysieren und
dabei die Auswirkungen abhängig vom Ausgangsrating sowie der Laufzeit der Anleihe zu betrachten.
Des Weiteren können wir zwischen den Ratingagenturen unterscheiden.
Wir haben gezeigt, dass bestimmte Herabstufungen – solche nach BBB+ und BBB- einen
dauerhaften Anstieg der Rendite nach sich ziehen. Die starke Reaktion gerade dieser Herabstufungen
haben wir durch deren besondere Bedeutung erklärt. Bei der Herabstufung auf BBB+ finden wir auch
eine kurzfristige Überreaktion, aus der wir eine kurzfristige Handelsstrategie und eine Warnung für
langfristig orientierte Investoren abgeleitet haben. Nachdem ein Land auf BBB+ herabgestuft wurde
können dessen Staatsanleihen zu niedrigen Preisen gekauft werden. Werden diese nach der nun zu
erwartenden Preiserholung wieder verkauft, lässt sich ein Gewinn erzielen. Sollte ein Land, dessen
Staatsanleihen ein Investor bereits in seinem Portfolio hält, auf BBB+ herabgestuft werden, kann er
erwarten, dass sich der anfängliche Wertverlust seines Portfolios nach einigen Wochen relativiert.
Außerdem zeigten wir auf, dass Heraufstufngen für die Rendite von Staatsanleihen ökonomisch nicht
relevant sind und bestätigen damit Ergebnisse der bestehenden Literatur. Auch dass sich negative
Watchlist Announcements wie tatsächliche Herabstufungen verhalten, ist keine Überraschung.
Neben diesen die bestehende Literatur unterstützenden Ergebnissen, konnten wir auch originäre
Schlussfolgerungen ziehen. Zum einen haben wir gezeigt, dass der Effekt einer Herabstufung in
starkem Zusammenhang mit der Laufzeit der Anleihe steht. Während Anleihen mit kurzer Laufzeit
nicht auf eine Herabstufung reagieren, zeigen solche mit mittlerer Laufzeit die stärkste Reaktion.
Warum Anleihen mit langer Laufzeit ein unklares Bild abgeben, konnten wir leider nicht klären.
Entweder liegt dies an der Länge des Horizontes und Investoren revidieren ihre langfristigen
Erwartungen nicht auf Basis gegenwärtiger Ratings, oder das unklare Ergebnis ist auf Limitationen
unseres Datensatzes zurückführen. Hier sind weiterführende Analysen wünschenswert. Unsere Frage
nach einem Brand-Name Effekt hat eine überraschende Antwort. Der Markt reagiert stärker auf
Herabstufungen von S&P und Fitch, als auf solche von Moody's. Ob dies an der mangelnden
Reputation von Moody's im Bereich der Staatsrating liegt, oder daran, dass Moody's Staaten
tendenziell als letzte Agentur abwertet, konnten wir nicht klären. Auch hier wäre eine weitergehende
Analyse zum besseren Verständnis hilfreich.
Insgesamt hat unsere ökonometrische Analyse aber dennoch wertvolle Ergebnisse geliefert.
Unsere Eventstudie repliziert einige bekannte Ergebnisse, erlaubt aber auch neue Schlussfolgerungen.
Die mit der Implementierung des DNS Modells einhergegangene methodische Erweiterung hat
nachhaltige neue empirische Befunde ermöglicht. Zwar verringert sich die Zahl der signifikanten
Marktreaktionen auf Ratingereignisse, aber dies erscheint aufgrund der weniger restriktiven Struktur
des Modells zur Berechnung der normalen Renditen plausibel. Hinzu kommt, dass nun
Abhängigkeiten zwischen den Anleihen unterschiedlicher Laufzeit berücksichtigt werden, so dass
dadurch die Schätzungen für die verbliebenen signifikanten Ereignisse zuverlässiger sind als in der
bisherigen Literatur. Auch rechtfertigt das DNS-Modell eine Gleichsetzung von normalen Renditen
und Fundamentalwerten. Obwohl es die konservativsten Schätzungen liefert, kommt selbst das DNSModell auf eine beachtliche Anzahl signifikanter Ereignisse.
Welche Einsichten über die Ratingagenturen können wir aus unseren Ergebnissen ableiten? Wir
haben zu Beginn auf verschiedene Theorien zu deren Funktion hingewiesen. Die belegten
Marktreaktionen auf Herabstufungen von Staatsanleihen bestätigen die Hypothese, dass die Reduktion
49
Beitrag zum Postbank Finance Award 2012
von Informationskosten zu den Hauptfunktionen von Ratingagenturen gehört. Gerade für Anleihen
des öffentlichen Sektors war ein solches Ergebnis nicht vorherzusehen, da im Vergleich zu privaten
Unternehmen viele Informationen frei zugänglich sind und die Einbeziehung einiger für
Staatsanleihen spezifischer Risiken, zum Beispiel politische Unsicherheit, auch für Ratingagenturen
schwierig ist. Da Ratings für Anleihen des öffentlichen Sektors nur eine geringe regulative Bedeutung
haben, enthalten zumindest Herabstufungen auf BBB+ und BBB- marktrelevante Informationen.
Somit erweist sich die in der Einleitung zitierte Fundamentalkritik als nichtig, welche besagt, dass
Ratingagenturen überhaupt keinen ökonomischen Mehrwert schaffen würden.
In der öffentlichen Debatte um Ratingagenturen wurde mehrfach der Vorschlag vorgebracht, eine
vierte große, europäische Ratingagentur zu schaffen. Vor dem Hintergrund, dass von den bereits
bestehenden drei Agenturen eine – nämlich Moody's – unserer Analyse nach keine Informationen im
Bereich der Staatsanleihen vermitteln kann, gibt es Gründe, die Effektivität einer vierten Agentur
anzuzweifeln. Zwar wären für eine abschließende Klärung dieser Frage ein noch umfassenderer
Datensatz und noch verfeinertere ökonometrische Methoden hilfreich, doch ist fragwürdig, ob eine
von öffentlicher Hand initiierte, bzw. geschaffene Ratingagentur die nötige Reputation würde
erwerben können, um am Markt für Staatsanleihen als relevante Informationsquelle wahrgenommen
zu werden.
Abschließend sei ein Ausblick auf sich anknüpfende Forschungsfragen gewährt: Durch die
Verwendung des DNS-Modells konnten wir bereits Wechselwirkungen zwischen den Anleihen
unterschiedlicher Laufzeiten für ein gegebenes Land berücksichtigen. Ein sehr wichtiges, eingangs
genanntes Thema ist eine mögliche Abhängigkeitsbeziehung von Staatsanleihen über Ländergrenzen
hinweg. Es tun sich Fragen auf wie “Wenn die Renditen für griechische Staatsanleihen ansteigen,
nimmt der Markt dann die gestiegene Zahlungsausfallwahrscheinlichkeit wahr und preist sie in die
Renditen von – beispielsweise – zypriotischen Staatsanleihen ein? Und wenn ja, in welchem
Ausmaß?” Die Untersuchung solcher sog. Spillover-Effekte würde ein wesentlich komplexeres
ökonometrisches Rahmenmodell erfordern, könnte allerdings auch weitere Handelsstrategien und
Erkenntnisse zutage fördern.
50
Beitrag zum Postbank Finance Award 2012
VI Literaturverzeichnis
Adams, C., Mathieson, D. J., Schinasi, G., & Chadha, B. (1998). International capital markets: developments,
prospects, and key policy issues. prospects, and policy issues. International Monetary Fund.
Afonso, A., Furceri, D., & Gomes, P. (2011). Sovereign credit ratings and financial markets linkages:
application to European data. ECB Working Paper Series, 1347.
Verfügbar unter http://www.ecb.int/pub/pdf/scpwps/ecbwp1347.pdf
Alsakka, R., & Gwilym, O. ap. (2012). Rating agencies’ credit signals: sovereign watchlist and outlook.
International Review of Financial Analysis, 21, 45-55.
Altman, E. I., & Kao, D. L. (1992). Rating drift in high-yield bonds. The Journal of Fixed Income, 1(4), 15-20.
Ammer, J., & Clinton, N. (2004). Good news is no news? The impact of credit rating changes on the pricing of
asset-backed securities. International Finance Discussion Papers (Vol. 809). Board of Governors of the
Federal Reserve System.
Balling, M. (2004). Objectives and theoretical foundations of the European Commission’s 1999 action plan
concerning the framework for financial markets. Journal of Banking Regulation, 5(3), 256-286.
Bank of International Settlements (BIS). (2000). Credit ratings and complementary sources of credit quality
information. Basel Commitee on Banking Supervision Working Papers, (3).
Verfügbar unter http://www.bis.org/publ/bcbs_wp3.pdf
Bentlage, C. (1996). Betriebswirtschaftliche und steuerrechtliche Analyse von Zero-Bonds. Deutscher
Universitätsverlag.
Brookfield, D., & Ormrod, P. (2000). Credit agency regulation and the impact of credit ratings in the
international bond market. The European Journal of Finance, 6(4), 311-331.
Brooks, R., Faff, R. W., Hillier, D., & Hillier, J. (2004). The national market impact of sovereign rating
changes. Journal of Banking & Finance, 28(1), 233-250.
Brown, S. J., & Warner, J. B. (1980). Measuring security price performance. Journal of Financial Economics,
8(3), 205-258.
Brown, S. J., & Warner, J. B. (1985). Using daily stock returns: The case of event studies. Journal of Financial
Economics, 14(1), 3-31.
Campbell, J. Y., Lo, A. W., & MacKinlay, A. C. (1996). The econometrics of financial markets. Princeton:
Princeton University Press.
Cantor, R., & Demsetz, R. (1993). Securitization, loan sales, and the credit slowdown. Federal Reserve Bank of
New York Quarterly Review, 18(Summer), 27-38. Federal Reserve Bank of New York.
Cantor, R., & Packer, F. (1994). The credit rating industry. Quarterly Review, 19(2), 1-26. Federal Reserve
Bank of New York.
Cantor, R., & Packer, F. (1996). Determinants and impact of sovereign credit ratings. The Jounal of Fixed
Income, 6(3), 76-91.
Carey, M. S., Prowse, S. D., Rea, J. D., & Udell, G. F. (1993). Recent developments in the market for privately
placed debt. Federal Reserve Bulletin, 79, 77-92.
51
Beitrag zum Postbank Finance Award 2012
Chemmanur, T. J., & Fulghieri, P. (1994). Reputation, renegotiation, and the choice between bank loans and
publicly traded debt. Review of Financial Studies, 7(3), 475-506.
Chen, H., Chen, W. H., Huang, Z., Hsu, C. J., & Wu, S. (2004). Credit rating analysis with support vector
machines and neural networks: a market comparative study. Decision Support Systems, 37(4), 543-558.
Datastream/Thompson Reuters (2012). Reihen zu eurpäischen Nullcouponanleihen - abgerufen aus einem
Datastream Terminal
Diamond, D. W. (1984). Financial intermediation and delegated monitoring. The Review of Economic Studies,
51(3), 393-414.
Diebold, F. X., Rudebusch, G. D., & Aruoba, S. B. (2006). The macroeconomy and the yield curve: a dynamic
latent factor approach. Journal of Econometrics, 131, 309-338.
Diebold, F. X., & Rudebusch, G. D. (fothcoming). Yield curve modeling and forecasting: The Dynamic NelsonSiegel Approach (perliminary draft October 2011). Princeton: Princeton University Press.
Verfügbar unter http://www.ssc.upenn.edu/~fdiebold/papers/paper105/EIRL.pdf
Dittrich, F. (2007). The credit rating industry: competition and regulation. Dissertation, Universität zu Köln.
Verfügbar unter http://ssrn.com/abstract=991821
Ellis, D. M. (1998). Different sides of the same story: investors’ and issuers' views of rating agencies. Journal of
Fixed Income, 7, 35-46.
Europäische Zentralbank (EZB). (2004). Die Geldpolitik der EZB. Frankfurt am Main.
Fama, E. F. (1970). Efficient capital markets: a review of theory and empirical work. The Journal of Finance,
25(2), 383-417. Blackwell Publishing for the American Finance Association.
Fight, A. (2001). The ratings game. John Wiley & Sons.
Gaillard, N. (2009). Fitch, Moody’s and S&P's Sovereign Ratings and EMBI Global Spreads: Lessons from
1993-2007. International Research Journal of Finance and Economics, (26).
Goh, J. C., & Ederington, L. H. (1993). Is a bond rating downgrad bad news, good news, or no news for
stockholders? Journal of Finance, 48, 2001-2008.
Gras, I. (2003). The Power to Rate: Eine Untersuchung zur Rolle der Ratingagenturen auf den internationalen
Finanzmärkten. Trier University REGEM Analysis, 6(May).
Grier, P., & Katz, S. (1976). The differential effects of bond rating changes among industrial public utility bonds
by maturity. Journal of Business, 49, 226-239.
Grundmann, S., Kerber, W., & Weatherill, S. (2001). Party autonomy and the role of information in the internal
market. Berlin: de Gruyter.
Haigh, M. S., & List, J. A. (2005). Do professional traders exhibit myopic loss aversion? An experimental
analysis. The Journal of Finance, 60(1), 523-534.
Harold, G. (1938). Bond ratings as an investment guide: An appraisal of their effectiveness. The Ronald Press
Company.
Hite, G., & Warga, A. (1997). The effect of bond-rating changes on bond price performance. Financial Analysts
Journal, 53(3), 35–51.
52
Beitrag zum Postbank Finance Award 2012
Holthausen, R., & Leftwich, R. (1986). The effect of bond rating changes on common stock prices. Journal of
Financial Economics, 17, 57-89.
Hull, J., Predescu, M., & White, A. (2004). The relationship between credit default swap spreads, bond yields,
and credit rating announcements. Journal of Banking & Finance, 28(11), 2789-2811.
Ingram, R., Brooks, L., & Copeland, R. (1983). The information content of bond rating changes: a note. Journal
of Finance, 38, 997-1003.
Jackson, P. (2001). Bank capital standards: the new Basel Accord. Bank of England Quarterly Bulletin.
Jappelli, T., & Pagano, M. (2000). Information sharing in credit markets: The European experience. Center for
Studies in Economics and Finance Working Paper, (35).
Jorion, P., Liu, Z., & Shi, C. (2005). Informational effects of regulation FD: evidence from rating agencies.
Journal of Financial Economics, 76(2), 309-330.
Kahneman, D., Knetsch, J. L., & Thaler, R. H. (1991). Anomalies: The endowment effect, loss aversion, and
status quo bias. The Journal of Economic Perspectives, 5(1), 193-206.
Kräussl, R. (2005). Do credit rating agencies add to the dynamics of emerging market crises? Journal of
Financial Stability, 1(3), 355-385.
Kerwer, D. (2002). Rating Agencies Setting a Standard for Global Financial Markets. Economic Sociology.
European Electronic Newsletter, 3(3).
Verfügbar unter http://econsoc.mpifg.de/archive/esjune02.pdf
Kliger, D., & Sarig, O. (2000). The information value of bond ratings. The Journal of Finance, LV(6), 28792902.
Liu, P., & Thakor, A. V. (1984). Interest yields , credit ratings , and economic characteristics of state bonds: An
empirical Analysis. Journal of Money, Credit and Banking, 16(3), 344-351.
Moody’s Investment Service. (1991). Global Analysis. IFR Publishing, London.
Partnoy, F. (1999). The Siskel and Ebert of the financial markets?: two thumbs down for the credit rating
agencies. Washington University Law Quarterly, 77, 619-712.
Reisen, H., & Maltzan, J. von. (1999). Boom and Boost and Sovereign Ratings. International Finance, 2(2),
273-293.
Steiner, M., & Heinke, V. G. (2001). Event study concerning international bond price effects of credit rating
actions. International Journal of Finance & Economics, 6(2), 139-157.
Sharpe, W., & Alexander, G. (1990). Investments (4th ed.). Englewood Cliffs, NJ.
Shleifer, A. (2000). Inefficient markets: An introduction to behavioral finance. Oxford University Press.
Sinclair, T. J. (2000). Reinventing authority: embedded knowledge networks and the new global finance.
Environment and Planning C. 18(4), 487-502.
Sinclair, T. J. (2005). The new masters of capital: American bond rating agencies and the politics of
creditworthiness. Cornell University Press.
53
Beitrag zum Postbank Finance Award 2012
Schwarcz, S. L. (2001). The role of rating agencies in global market regulation. In E. Ferran & C. A. E.
Goodhart (Eds.), Regulating Financial Services and Markets in the Twenty First Century (S. 297-310).
Oxford.
Tversky, A., & Kahneman, D. (1991). Loss aversion in riskless choice: A reference-dependent model. The
Quarterly Journal of Economics, 106(4), 1039-61.
US Senate. (2002). Oversight Hearing on “Accounting and Investor Protection Issues Raised by Enron and
Other Public Companies.” US Senate Committee on Banking, Housing and Urban Affairs (February 12,
26, and 27).
Vaaler, P. M., & McNamara, G. (2004). Crisis and competition in expert organizational decision making: creditrating agencies and their response to turbulence in emerging economies. Organization Science, 15(6),
687–703.
Weinstein, M. (1977). The effect of a rating change announcement on bond price. Journal of Financial
Economics, 5, 29-44.
West, R. R. (1973). Bond ratings, bond yields and financial regulation: some findings. Journal of Law and
Economics, 16(1), 159-168.
54
Beitrag zum Postbank Finance Award 2012
VII Appendix
VII.1 Tabellenverzeichnis
Tabelle II.1: Überblick über Ratings und deren Bedeutung für Moody’s, S&P und Fitch ................... 11
Tabelle IV.1: Übersicht über die Anzahl von Anleihen mit signifikanter abnormaler Rendite geordnet
nach Modellen. .............................................................................................................................. 30
Tabelle IV.2: Übersicht über die Anzahl von Anleihen mit signifikantem abnormal Renditegeordnet
nach Modellen. .............................................................................................................................. 40
VII.2 Abbildungsverzeichnis
Abbildung II.1: Ratings der Europäischen Union im Überblick (Standard & Poor’s, März 2012) ...... 10
Abbildung IV.1: Constant Mean Return - Verschiedene Ratings nach Herabstufung durch eine
beliebige Agentur .......................................................................................................................... 29
Abbildung IV.2: Constant Mean Return - Verschiedene Laufzeiten nach Herabstufung durch eine
beliebige Agentur. ......................................................................................................................... 29
Abbildung IV.3: Constant Mean Return - Verschiedene Ratings nach Herabstufung durch eine
beliebige Agentur. ......................................................................................................................... 31
Abbildung IV.4: Time Trend - Verschiedene Ratings nach Herabstufung durch eine beliebige
Agentur. ........................................................................................................................................ 31
Abbildung IV.5: DNS - Verschiedene Ratings nach Herabstufung durch eine beliebige Agentur. ..... 32
Abbildung IV.6: Constant Mean Return - Verschiedene Laufzeiten nach Herabstufung durch eine
beliebige Agentur. ......................................................................................................................... 33
Abbildung IV.7: Time Trend - Verschiedene Laufzeiten nach Herabstufung durch eine beliebige
Agentur. ........................................................................................................................................ 33
Abbildung IV.8: DNS - Verschiedene Laufzeiten nach Herabstufung durch eine beliebige Agentur. 34
Abbildung IV.9: Constant Mean Return - Vorereignis- minus Nachereignismittelwert für verschiedene
Ratings. ......................................................................................................................................... 35
Abbildung IV.10: Constant Mean Return - Vorereignis- minus Nachereignismittelwert für
verschiedene Ratings..................................................................................................................... 36
Abbildung IV.11: DNS - Verschiedene Ratingstufen nach einer Herabstufung durch S&P. ............... 37
Abbildung IV.12: DNS - Verschiedene Ratingstufen nach einer Herabstufung durch Moody’s. ........ 38
Abbildung IV.13: DNS - Verschiedene Ratingstufen nach einer Herabstufung durch Fitch. .............. 39
Abbildung IV.14: DNS - Verschiedene Ratingstufen nach einer Aufwertung durch beliebige Agentur.
...................................................................................................................................................... 41
Abbildung IV.15: DNS - Verschiedene Laufzeiten nach einer Aufwertung durch beliebige Agentur. 42
Abbildung IV.16: Time Trend - Verschiedene Laufzeiten nach negativer Watchlist-Bekanntgabe
durch eine beliebige Agentur. ....................................................................................................... 43
Abbildung IV.17: DNS - Verschiedene Laufzeiten nach negativer Watchlist-Bekanntgabe durch eine
beliebige Agentur. ......................................................................................................................... 44
55
Beitrag zum Postbank Finance Award 2012