Kongressband 2014 - 11. Kongress für Gesundheitsnetzwerker
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Kongressband 2014 - 11. Kongress für Gesundheitsnetzwerker
9. KONGRESS FÜR GESUNDHEITSNETZWERKER 2014 EIN KONGRESS DER BERLIN-CHEMIE AG PraxisWissen Schriftenreihe zur Theorie und Praxis in neuen Versorgungsformen DIE ZUKUNFT LIEGT IM NETZ. JETZT! Inhalt 04 Editorial 02 1 05 EINBLICK 2 17 INTERNET 3 26 VERSORGUNG UND KRANKENHAUSMANAGEMENT 06 „Unsere Enkelkinder werden uns belächeln.“ Keynotespeaker Dr. Markus Müschenich über die Zukunft der Internetmedizin 08 Differenzierte Regulierung statt pauschale Ablehnung Interview mit Sebastian Vorberg 10 Internetmedizin intelligent einsetzen! Kommentar von Dr. med. Dipl.-Ing. Erich Schröder 12 Die Zukunft liegt im Netz. Jetzt?! Eröffnungsdiskussion 14 „Das Netz bietet unendliche Möglichkeiten.“ Ambulant, stationär, Internet – wohin steuert das Gesundheitswesen? 15 Das sagen die Netzwerker: 18 Bürokratie steht Bedürfnis im Weg Patientenwohl oder Datenschutz – was wiegt schwerer? 20 Start-ups bewegen den Markt Ferndiagnose – was geht? 22 Kommunikation auf allen Ebenen Webbasierte Strategien in Krankenhäusern, Ärztenetzen und Praxen 24 Individualisierte Gesundheitsdienstleistungen auf dem Vormarsch Start-ups stellen sich vor: erfolgreiche Medizin im Netz 27 Ein weiterer Teil der unendlichen Gesetzgebungsgeschichte? Ambulante spezialfachärztliche Versorgung 29 Um die Ecke denken Grenzgänger: Arbeiten in verschiedenen Welten 32 Ein Sektor in Bewegung Welche Vernetzung braucht das Krankenhaus? 34 Gemeinsame Lösungen statt Konfrontation gefragt Ambulante Versorgungsunternehmen, Netze und Krankenhäuser – Partner oder Konfrontation? 36 Ein Hoch auf Honorarärzte Krankenhaus ohne angestellte Mediziner – geht das? 4 38 PREIS FÜR GESUNDHEITSNETZWERKER 5 48 KOOPERATIONEN DER ZUKUNFT 6 7 39 47 Bewerber – zwei ausgezeichnete Projekte Und eine Vielzahl innovativer Projekte 40 MuM: Elektronische Arztvisite Live-Übertragung vom Pflegeheim in die Praxis 42 Raus aus der Tabuzone, rein in die bestmögliche Therapie Integrierte Versorgung – Beckenboden und Inkontinenz 44 Ehre, wem Ehre gebührt Shortlist 47 Netzwerker gesucht Preis für Gesundheitsnetzwerker 2015 49 Moderation der Inhalte und basisnahe Kommunikation als Erfolgsfaktoren Umsetzung der Netzförderung gemäß § 87b SGB V 51 Polymedikation – Projekte gegen zu viele Pillen Mit Tabletten zählen ist es nicht getan 53 „Mit einer Hand lässt sich kein Netz knüpfen!“ Kooperation zwischen ärztlicher und pflegerischer Versorgung 56 Theoretisch ja, praktisch selten Behandlungspfade im Einsatz 58 Not macht erfinderisch: Gemeinden gestalten Gesundheit Wege aus der Unterversorgung – Kommunen als Partner 60 Netze als Gesundheitsunternehmen Partner bei der Umsetzung von Betrieblichem Gesundheitsmanagement 62 Lernen von anderen Professionen Wie kommen Innovationen ins System? 64 REFERENTEN UND MODERATOREN 70 AUSBLICK 71 „Macht den Arztberuf wieder sexy!“ Generation Y – Zukunft des Arztberufes 72 Gesundheitsprognose für die Große Koalition Journalisten diskutieren über Merkels Gesundheitspolitik 74 Impressum 75 Vernetzen – was sagen Sie dazu, Herr Dr. Jäger? 03 Die Zukunft liegt im Netz. Jetzt! Susanne Eble, M.A. Leiterin Gesundheitsmanagement der BERLIN-CHEMIE AG Dr. Rainer Kern Mitglied des Vorstands der BERLIN-CHEMIE AG Editorial Der neunte Kongress für Gesundheitsnetzwerker hat sein Netz in virtuelle Sphären erweitert. Denn gerade wenn es um Interdisziplinarität und die Überwindung von Sektorengrenzen geht, potenziert das Internet die Möglichkeiten zur Vernetzung. Und diese Möglichkeiten beschränken sich nicht nur auf die Kommunikationswege oder den Aufbewahrungsort von Informationen – vielmehr werden IT-Anwendungen selbst zu innovativen Medizinprodukten, die Teile der Therapie übernehmen. So sorgt etwa eine App für Kinder mit einem Augenleiden mit altersgerechten Spielen dafür, dass die jungen Patienten vor dem Bildschirm sitzen, während im Hintergrund gleichzeitig therapierende Muster ihre Heilung unterstützen. Gar nicht so abwegig also, dass die Frage „Ambulant, stationär oder Internet?“, wie sie in der Keynote von Dr. Markus Müschenich aufgeworfen wurde, in Zukunft immer mehr zur Normalität wird. Noch haben die kreativen Start-ups beim Einsatz dieser neuen Technologien einige Hürden zu überwinden. Abgesehen von den Herausforderungen im Datenschutz gehören dazu das (vermeintliche) Fernbehandlungsverbot, die starren Abrechnungssystematiken und die teilweise eng gefassten Vorgaben für Medizinprodukte. Doch was Arztnetze und andere Gesundheitsnetzwerker besonders auszeichnet, sind ihre Offenheit und ihr Engagement für neue und bessere Wege der Patientenversorgung. Die Entwicklungen im Bereich der Arztnetze haben in den vergangenen 20 Jahren gezeigt, dass Veränderungen der Versorgungslandschaft möglich sind – und sicher werden diese Veränderungen auch vor den Chancen, die das Internet heute bietet, nicht halt machen. Neben technnologiebasierten Innovationen standen aber auch die neuesten Entwicklungen aus den bekannten Welten im Mittelpunkt des Kongresses. So 04 stellten beispielsweise die ersten Netze, die nach § 87b SGB V als förderungswürdig anerkannt wurden, ihre Erfahrungen vor, um anderen Praxisverbünden den Weg dorthin zu erleichtern. Zudem tauschten sich die Gesundheitsnetzwerker u. a. über erfolgreiche Projekte zur Kooperation zwischen ärztlicher und pflegerischer Versorgung sowie zu Polymedikation und zu Behandlungspfaden im Einsatz aus. Im Bereich der sektorenübergreifenden Vernetzung wurden Impulse diskutiert, die mit der Neuregelung der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung (ASV) nach § 116b SGB V einhergehen. Durch die Verpflichtung zur Kooperation zwischen Krankenhausärzten und niedergelassenen Ärzten entsteht zwischen ambulant und stationär ein dritter Sektor, in dem Patienten mit bestimmten komplexen Krankheitsbildern von einem interdisziplinären Team versorgt werden. Eine bessere Vernetzung entsteht dabei ganz automatisch – und wirkt sich beispielsweise auf die Notfallversorgung einer Region positiv aus. Bündelt man die Zwischenergebnisse aus dem Plenum und den Panels, scheinen die Gesundheitsnetzwerker auf einem sehr guten Weg zu sein, denn die Abschlussdiskussion zur Zukunft des Arztberufes zeigte: Was junge Ärztinnen und Ärzte wollen, sind vor allem flexiblere Strukturen. Und wie ließen sich diese besser verwirklichen als durch Vernetzung, Kooperation und Teamwork? In diesem Sinne wird der Kongress für Gesundheitsnetzwerker auch in den kommenden Jahren brandaktuell bleiben. Wir freuen uns schon auf das nächste Mal – am 29. und 30. April 2015! Susanne Eble, M. A. Dr. Rainer Kern 1 KAPITEL EINBLICK Experten zufolge gibt es etwa 15.000 Apps, die das Thema Gesundheit tangieren. Derzeit sind rund drei bis fünf Prozent, also etwa 50.000 der weltweit verfügbaren Apps allein in den Kategorien Medizin, Gesundheit und Fitness und in gesundheitsrelevanten Kategorien wie Sport, Lifestyle sowie Essen und Trinken zu finden. Smartphones können durch einen Klick zum Ernährungsberater werden, Protokolant eines Schmerztagebuchs sein oder Verwalter der Blutdruckdaten. Kritiker tun dies als Internetspielerei ab. Doch die Debatte, ob und welche dieser Apps medizinisch relevant sind oder gar das Zeug haben, als m edizinische Hilfsmittel eingestuft zu werden, beginnt gerade erst – auch bei den Gesundheitsnetzwerkern. 05 1 EINBLICK „Unsere Enkelkinder werden uns belächeln.“ Keynotespeaker Dr. Markus Müschenich über die Zukunft der Internetmedizin Die Gesundheitsnetzwerker sind Pioniere. Dr. Markus Müschenich gilt als Visionär für die Medizin der Zukunft. Da lag es nahe, dass der Kinderarzt und Gesundheitswissenschaftler in diesem Jahr als Key notespeaker den Faden in Richtung Internetmedizin sponn. Dabei sind seine Vorstellungen vom Platz der Internetmedizin im Gesundheitssystem sehr klar und gar nicht mehr futuristisch. „Heute beginnt ein neues Zeitalter“, verkündete Dr. Markus Müschenich, Gründer und Managing Partner von Flying Health auf dem Podium. Das Vorstandsmitglied des Bundesverbandes Internetmedizin hatte allen Grund zum jubeln. Nach langem Ringen und Verhandeln hatte die BARMER GEK pünktlich zu Kongressbeginn den ersten IV-Vertrag für eine App auf Rezept unterschrieben. Die App ist für unter Amblyopie leidende Kinder vom Berliner Start-up Caterna entwickelt worden. Die Sehschule wird vom Augenarzt für 90 Tage verschrieben und ist Teil eines Sehschulprogramms. Die BARMER GEK übernimmt die Kosten für die App-Therapie. „Caterna ist nicht nur ein Paradebeispiel für die neuen Chancen des Internets als Plattform für Gesundheitsdienste“, sagte Dr. Markus Müschenich. „Mit Bits und Bytes wird eine pharmakologische Wirkung erzeugt, die vom Arzt verschriebene Software hat die Funktion eines Medikaments übernommen.“ 06 Müschenich resümierte, dass die Kombination aus Internet und medizinischer Dienstleistungen bald einen völlig neuen Markt, mit alternativen Vertriebswegen und neuen Regeln, schaffen werde. So werde – wo heute Therapieempfehlungen via Internet sicherlich nicht unproblematisch sind – durch die Entwicklung der medizinischen Expertensysteme ein relevanter und qualitätsgesicherter Markt entstehen. „Noch steht das Gesundheitswesen in Sachen Internetmedizin ganz am Anfang. In etwa dort, wo wir standen, als wir vor 20 Jahren unser erstes Mobiltelefon in der Hand hielten. Wir dachten, dass wir ein Gerät hätten, dessen wichtigste Anwendung das Telefonieren ohne feste Leitung zur nächsten Wandsteckdose wäre. Darüber lachen unsere Kinder heute. Doch die Implementierung der Internetmedizin ist nicht mehr aufzuhalten.“ 1 EINBLICK ANGEBOTSSPEKTRUM WÄCHST Während eHealth und Telemedizin traditionelle Prozesse im Gesundheitswesen digital abbilden, mache die Internetmedizin einen Quantensprung in der medizinischen Versorgung. Müschenich: „Der Arztbrief landete dank Telemedizin nicht mehr in einem Briefkasten, sondern im elektronischen Postfach. Die Krankenakte wird nicht mehr auf den Kopierer gelegt, sondern wird über die elektronische Fallakte digital den vernetzen Kollegen zugänglich gemacht. Internetmedizin geht aber noch einen Schritt weiter: Hier geht es nicht um die Optimierung von Bekanntem, sondern um einen Paradigmenwechsel, der da heißt: Der Pa tient nutzt aktiv die Werkzeuge der Informationstechnologie und ist so Knotenpunkt und Treiber für die eigene Gesundheitsversorgung. Eine Versorgung, die in Echtzeit alle persönlichen Gesundheitsinformationen mit dem Weltwissen der Medizin zusammenbringen kann ohne räumliche Begrenzung und zu jedem beliebigen Zeitpunkt.“ Konkret gemeint sind neue Services, die es den Patienten ermöglichen, ihre medizinische Versorgung via Internet nach Hause zu holen oder unterwegs über Smartphone und Tablet selbst zu organisieren. Das Spektrum der Internetmedizin wachse beständig und reiche von Internetportalen, die die Suche und Bewertung von Ärzten und Krankenhäusern anbieten, über internetbasierte elektronische Patientenakten bis hin zu diagnostischen und therapeutischen Angeboten. Etwa das des Potsdamer Unternehmens Emperra, das den weltweit einzigen Insulin-Pen entwickelt und anbietet, der in der Lage ist, die injizierte Insulindosis automatisch auf eine Internetplattform zu übertragen. Denn der Pen übermittelt über ein Expertensystem die Insulinmenge mit dem kurz zuvor gemessenen Blutzuckerwert und den verköstigten Kohlenhydraten und bereitet sie so auf, dass der Pa tient in Echtzeit informiert wird, ob seine individuelle Insulintherapie leitliniengerecht durchgeführt wurde und ob kurz- oder langfristige Probleme drohen. Der betreuende Diabetologe, der ebenfalls Zugriff auf das System hat, kann seinen fachärztlich Rat genau zu dem Zeitpunkt geben, an dem Probleme auftreten und nicht erst dann Hinweise zur Therapieoptimie- rung geben, wenn sich der Patient quartalsweise auf den Weg in die Arztpraxis gemacht hat. „Das ist keine Spielerei, sondern Hochleistung.“ BRÜCKE ZWISCHEN DEN SEKTOREN Müschenich ist überzeugt, dass die Internetmedizin die perfekte Brücke zwischen den Sektoren ist – quasi ein Meta-Sektor, der aus den versäultem Gesundheitswesen eine Matrix der Behandlungsoptionen macht. Heute funktioniere die sektorenübergreifende Versorgung häufig deshalb nicht, weil der Patient bei der Information und Kommunikation praktisch nicht berücksichtigt wird. „Es wird über den Patienten gesprochen und nicht mit dem Patienten. Da der Patient bei der Internetmedizin tatsächlich im Mittelpunkt – nämlich dem Mittelpunkt der Information und Kommunikation – steht, wird so die Sollbruchstelle „geheilt“. Es eröffnen sich hervorragende Möglichkeiten, die Kompetenzen der einzelnen Sektoren zu nutzen und gleichzeitig den Prozess der Versorgung reibungslos vonstatten gehen zu lassen. „Wer mit der Taktik der undifferenzierten Ablehnung gegen diese neue Welt der Medizin angeht, vergibt eine riesige Chance, das Gesundheitswesen mitzugestalten“, warnte Müschenich seine Zuhörer. „Unsere Enkelkinder werden lächeln, wenn wir ihnen erzählen werden, dass wir im Jahr 2014 bei jedem Besuch eines neuen Arztes unsere ganze Krankengeschichte aufs neue erzählt haben und uns fragen, ob wir früher denn beim Kauf eines neuen Handys auch jedes Mal eine neue Telefonnummer bekommen hätten.“ Es gehe um Qualität und um den Zugang zu guter Medizin, auch in den Gebieten, in denen der nächste Facharzt 50 Kilometer entfernt praktiziert. „Die Internetmedizin vermag das zu leisten, woran schon viele engagierte Netzwerker, allen voran aktive und enthusiastische Ärzte, arbeiten: Dass das Gesundheitssystem endlich zu einem vernetzten System der Gesundheit wird. Was unsere Gesundheitspolitik nicht vermag, nämlich die Sektorengrenzen einzureißen, wird über die Vernetzung der Information der einzelnen Sektoren virtuell gelingen.“ 07 1 EINBLICK Differenzierte Regulierung statt pauschale Ablehnung Interview mit Sebastian Vorberg Sebastian Vorberg ist Rechtsanwalt für Medizinrecht in Hamburg und Vorstandsmitglied des Bundesver bandes Internetmedizin. Er begleitet Start-ups auf ihrem Weg und lotst Sie durch den ParagraphenDschungel, sieht aber in der deutschen Rechtsprechung keine ernsthaften Hindernisse für die Internet medizin. ? Therapeutische und diagnostische Anwendungen fallen unter das Medizinproduktegesetz oder das Heilmittelwerbegesetz. Können die Innovationen der Internetmedizin den Vorgaben gerecht werden? Sebastian Vorberg: Die erste Qualitätssicherung internetmedizinischer Angebote muss sich den Anforderungen selbstverständlich stellen. Es gilt der Grundsatz: Gute Medizin ist ein Segen, schlechte Medizin ist gefährlich und unethisch. Was gut ist, legen die eindeutigen technischen, medizinischen und Informationsanforderungen für das Inverkehrbringen von Medizinprodukten eindeutig fest. Das Gesetz spricht von „Zweckbestimmung“. Ein Hersteller muss den Nachweis erbringen, dass dieser Nutzen auch wirklich eintritt, und dies ist nur möglich mit umfangreichen Bewertungen. Woran es in der Internetmedizin mangelt, ist eine Systematik zur Ergebnisqualität, wie sie im Rahmen der gesetzlichen Qualitätssicherung beispielweise bei Operationen oder Interventionen im Krankenhaus heute Standard ist. ? Wie steht es um die Qualität des Datenschutzes in der Internetmedizin? Sebastian Vorberg: Sofern der Datenschutz aus den Augen des Patienten betrachtet wird, stellen sich hier gar keine Probleme. Der Patient ist grundsätzlich Herr 08 seiner Daten und muss diese keinem preisgeben, wenn er das nicht will. Andererseits kann er seine Daten aber auch jedem bekannt geben, wenn er das will. Es spricht also nichts dagegen, dass der Patient freiwillig seine Gesundheitsdaten und seine Krankheiten für alle lesbar ins Internet stellt. Der Zugang zum Internet ist freiwillig und aus diesem Grunde kann hier Datenschutz keine Rolle spielen. Werden hier sensible Daten eingestellt, so muss der Anbieter der Datenbank den Nutzer davon überzeugen, dass dieser hier keinen Schaden nimmt. Das Vertrauen des Nutzers ist die entscheidende Größe. Es wird jeder Patient entscheiden müssen, ob er seine Gesundheitsdaten überhaupt für sensibel und schützenswert hält. Sicherlich kann es einem Epileptiker wichtig sein, dass z. B. sein Arbeitgeber nichts von seiner Krankheit weiß, vielleicht ist es ihm aber auch ganz lieb, dass der Arbeitgeber auf einen Anfall eingestellt ist und im Sinne der Gesundheit des Patienten darauf reagieren kann. Im Bereich der Internetmedizin, die sich alleine an die Patienten richtet, sollte sich das Angebot daher völlig frei vom gesetzlichen Datenschutz entwickeln können. Hier zählt alleine das Vertrauen, die Einwilligung und die freie Marktwirtschaft – jedoch kein Rechtsstaat. Im Übrigen: Der Bundesverband Internetmedizin befasst sich gerade mit einem Qualitätssiegel, dass Patienten, Ärzten, Therapeuten und natürlich auch den Krankenkassen zeigen soll, welche Angebote auch in Sachen Datenschutz ein hohes Qualitätsniveau haben. 1 EINBLICK ? Es wird auch argumentiert, dass die Medizin mit einem persönlichen Behandlungsverhältnis zu dem Behandelndem zu tun haben muss. Sebastian Vorberg, Bundesverband Internetmedizin ? Die Berufsordnung der Ärzte wird als Gegenargument für die Etablierung der Internetmedizin vorgetragen. Sebastian Vorberg: Die Berufsordnung der Ärzte, insbesondere das Fernbehandlungsverbot, ist immer wieder Kritikpunkt. Was die Berufsordnung besagt ist, dass Mediziner eine individuelle Behandlung und Beratung nicht ausschließlich über „Kommunikationsmedien“ durchführen dürfen. Diagnose und Therapie bedingen einen physischen Arztkontakt. Die Internetmedizin zielt aber nur in den seltensten Fällen auf eine unmittelbare Diagnose und Therapie aus der Ferne ab. Bei den meisten Anwendungen wird zunächst ein Informationsinteresse des Patienten bedient, welches noch keine Diagnose darstellt. Außerdem stellen die meisten Angebote lediglich eine Unterstützung und Ergänzung der Diagnose und Therapie in einer Arztpraxis dar. Die Rechtsbegriffe der beschriebenen Regelung sind unbestimmt. Die Voraussetzung, dass nicht ausschließlich über Kommunikationsmedien behandelt oder beraten werden soll, kann formal recht schnell eingehalten werden, wenn die Internetmedizin immer in engem Zusammenwirken mit der Praxismedizin erfolgt. Wie streng die Anforderungen eines Rückgriffs auf eine Praxis sein müssen, ist schließlich Tatfrage. Die Zulässigkeit der Angebote liegt häufig alleine im Auge des Betrachters. Die heutigen berufsrechtlichen Hürden liegen daher nicht in einem generellen Verbot, sondern in einer gedanklichen Blockade. Sebastian Vorberg: Da aber schon heute die Labormedizin und die Pathologie ohne ein solches persönliches Behandlungsverhältnis auskommen, ist dieses Argument nicht gültig. Im Ergebnis ist der Begriff der „unmittelbaren Behandlung“ inhaltslos und kann nicht ernsthaft interpretiert werden. ? Wo liegen die rechtlichen Grenzen der Internetmedizin? Sebastian Vorberg: Rechtliche Fragen, wie etwa das Fernbehandlungsverbot oder Datenschutz werden keine nachhaltigen Hürden für die Internetmedizin darstellen. Derartige Fragestellungen lähmen nur das herkömmliche Gesundheitswesen, das sich immer um einen kleinsten gemeinsamen Nenner zum Nutzen aller Patienten gekümmert hat. Die Internetmedizin wird aber von dem innovativen Nutzer und seinen Bedürfnissen her getrieben. Schon jetzt zeigt sich, dass alle sinnvollen und nachgefragten Dienste der Internetmedizin es schaffen sich auch bei schwierigen Rechtslagen auf dem Markt durchzusetzen, selbst wenn dies, wie im Falle des Vorreiters Dr. Ed, bedeutet, dass man die Internetdienste aus dem Ausland anbieten muss. Hier entfällt die standesrechtliche Kontrolle aus Deutschland vollständig. Derartige Beispiele sollten den deutschen Ärzten zu denken geben. Wie in allen innovativen rechtlichen Fragestellungen wird die erste pauschale Ablehnung einer differenzierten Regulierung weichen. Damit beeinflussen die rechtlichen Fragen schon heute nur das „Wie“ der Internetmedizin nicht jedoch das „Ob“. 09 1 EINBLICK Internetmedizin intelligent einsetzen! Kommentar Dr. med. Dipl.-Ing. Erich Schröder, Arzt und Journalist, Geschäftsführer der Gesundheitspolitik.de Verlags- und Beratungs-GmbH aus Düsseldorf, über die Chancen und den Nutzen des Internets in der medizinischen Versorgung. Ja, unsere Enkel werden uns belächeln! Ebenso, wie wir über unsere Großeltern geschmunzelt haben, die sich nicht von ihrem schwarzen Drehscheibentelefon trennen mochten, das die Verbindung früher mit sogenannten Hebdrehwählern herstellte. Ich kenne diese Technik noch von meinem Praktikum bei Siemens vor knapp 50 Jahren. Wie mein Enkel in 50 Jahren kommunizieren wird, kann sich heute wohl noch niemand wirklich vorstellen. Ob und wie das heutige Internet dabei noch eine Rolle spielt bleibt abzuwarten. Ja, in einem überschaubaren Zeitraum wird die Internetkommunikation erst einmal in allen Lebensbereichen zunehmen, natürlich auch in der Medizin. Und das ist gut so! Um diesen Zug zu erkennen, muss man kein Visionär sein. Er ist auch schon länger unterwegs und hat in vielen Bereichen, genannt seien nur die Telemedizin und die Patienteninformation, bereits interessante Etappenziele erreicht. Natürlich fährt der Zug auch weiter, aus Patienteninformation zum Beispiel wird Interaktivität und Patientenkommunikation werden. Der erste Tag des Angebots einer App durch eine Krankenkasse ist auf diesem Weg aber wohl nicht der Beginn eines neuen Zeitalters sondern eher eine nette Randepisode. Dr. med. Dipl.-Ing. Erich Schröder 10 1 EINBLICK Nein, da sind doch ganz andere Chancen möglich und zu erwarten! Wie wäre es zum Beispiel mit einer Nutzenbewertung neuer Arzneimittel (nach Zulassung) durch die Anwender? Sind die Stimmen von 50.000 und täglich mehr Patienten, die mit einem neuen Produkt unter Alltagsbedingungen zufrieden sind, nicht vielleicht aussagekräftiger als eine zusätzliche doppelblinde (und wahrscheinlich auch taube) Studie an 50 Patienten unter sterilen klinischen Bedingungen? Wichtig ist aber, immer die Grenzen der Internetkommunikation im Blick zu behalten. Bei der Patienteninformation z. B. kann – wie bei jedem „googeln“ – das Internet den Konsumenten auf falsche Fährten locken oder in falscher Sicherheit wiegen. Es kann auch faul oder sogar dumm machen, die ständige Google-Präsenz verleitet dazu, die eigene Reflexion und Analyse gar nicht erst in Betrieb zu nehmen – was nicht genutzt wird, verkümmert. Wir kennen das vom Navi im Auto, wer kann noch Straßenkarten im Gedächtnis speichern und umsetzen? Wer allerdings umgekehrt das riesige abrufbare Informationspotenzial geschickt in seine eigenen Reflexionen integriert, der kann seine Kompetenz und Entscheidungsfähigkeit so erheblich steigern. Ob das Internet also dumm macht oder die anwendbare Intelligenz des Users multipliziert, hängt ganz von der Art seiner Nutzung ab. Bezogen auf medizinische Anwendungen kommt noch der menschliche Aspekt hinzu: Ein verstehender Blick, ein stummer Händedruck und aufmerksame Zuwendung sind keine Stärken des Internet. Für die Akzeptanz einer Therapie sind solche Signale dagegen oft wichtiger als die Information. Die persönliche Beziehung zwischen dem Patienten und seinen Behandlern kann durch Internetkommunikation wertvoll ergänzt, aber nicht ersetzt werden. Ich meine, es kommt nicht darauf an, dem Internet möglichst viele medizinische Prozesse zu übertragen, oder ihm vielleicht sogar Entscheidungen zuzuordnen. Entscheidend ist vielmehr, das Internet als potentes Hilfsmittel intelligent in menschliche Kommunikations- und Entscheidungsprozesse einzubinden. Die Zukunft liegt im Netz. Jetzt?! 11 1 EINBLICK Die Zukunft liegt im Netz. Jetzt?! Eröffnungsdiskussion Das Wirkungsfeld des Arztes ist nicht mehr nur auf sein Wartezimmer beschränkt. Darüber waren sich die Diskutanten auf dem Podium des Gesundheitsnetzwerkerkongresses einig. Doch ob sich der Arbeits radius des Mediziners bis ins Internet ausweitet – darüber herrschte zwischen Dr. Franz-Joseph Bart mann, Vorstandsmitglied der Bundesärztekammer, Franz Knieps, Vorstand des BKK Dachverbandes, Verbraucherschützer Christoph Kranich, Dr. Markus Müschenich, Vorstand des Bundesverbandes Inter netmedizin, Dr. Axel Paeger, CEO der Ameos Gruppe, und Nicolaus Widera, Geschäftsführer der Caterna Vision, Uneinigkeit. Es war für Vordenker und Projektentwickler Nicolaus Widera nicht einfach, den Gesundheitsmarkt von der Idee einer internetbasierten Therapie bei Amblyopie, einer meist durch Schielen verursachten Sehstörung bei Kindern, zu überzeugen. „Bereits seit 1995 haben Augenärzte, Psychologen und Informatiker an der TU Dresden an einem Programm für Kinder mit funktioneller Sehschwäche gearbeitet“, berichtet der Geschäftsführer der Caterna Vision. Doch erst der Bedarf der Patienten während der Testphase, führte zum Erfolg der „App auf Rezept“. Widera: „Die Not der Patienten, und in unserem Falle insbesondere die von besorgten Eltern und Kindern, wird zukünftig die Gesundheitsbranche zum Handeln zwingen.“ Die Akteure werden, so der Mitbegründer des Start-ups, die Entwicklung der Internetmedizin nicht mehr ignorieren können. „Dennoch ist es nicht gewollt, die Anwender zu überrollen. Alle Innovationen werden nur dann erfolgreich sein, wenn sie gemeinsam mit Arzt und Patienten entstanden sind.“ Dr. Franz-Joseph Bartmann führte noch einen weiteren Grund an. „Uns gehen die Ärzte aus. Schon jetzt beschränkt sich der Radius des Mediziners nicht mehr nur auf sein Warte- und Behandlungszimmer“, so der 12 Vorstand der Bundesärztekammer. Deshalb müsse die Therapie anders als bisher organisiert werden. In der Internetmedizin sieht er eine Chance. „Sie macht den Arzt nicht überflüssig“, betonte der Vorsitzende des Telematikausschusses. „Denn etwa 80 Prozent der Diagnosen sind durch Anamnese zu stellen.“ Selbstverständlich werde es auch mit der Internetmedizin zukünftig nur einen Zugang zu Versorgungsleistungen des GKV-Systems über den Arzt geben. „Aber das Internet macht die Leistungen transparent. So hat der Patient die Möglichkeit, die beste Lösung für sein Problem zu finden.“ Ein Problem aber bleibe die Abrechenbarkeit von derartigen Leistungen. „Die Arztdiagnose wird immer hinter den Informationen des Internets zurücktreten“, unterschrieb Dr. Axel Paeger die Aussage seines Vorredners. Der Arzt übernehme schließlich für die Auskunft auch die Verantwortung. Dennoch werde sich in der ambulanten Versorgung die Ärzteschaft mit dem Phänomen der Internetmedizin auseinander setzen müssen. Paeger: „Für die stationäre Behandlung und die Einweisung in eine Klinik ist daher das Netz zweitrangig. InternetTherapien können hier vielleicht unterstützend sein.“ 1 EINBLICK Dr. Uwe K. Preusker, Dr. Franz-Joseph Bartmann, Franz Knieps, Christoph Kranich, Dr. Markus Müschenich, Dr. Axel Paeger und Nicolaus Widera Sicher seien die Angebote der Internetmedizin keine Ersetzungs- aber Veränderungsprozesse, so Franz Knieps. „Sie ist Teil des Bündels von Veränderungen und der kulturellen Veränderungen des Gesundheitssystems. Denn nicht nur die Kommunikation hat sich verändert, sondern auch die Inhalte der medizinischen Versorgung“, so der Vorstand des BKK Dachverbandes. Leider sei das konservative System auch langsam. „Da aber die Nutzer mit dem Internet bereits umgehen, müssen wir schneller reagieren.“ Auf die Krankenkassen käme hier viel Arbeit zu. „Es fehlt an der seriösen Ordnung der Inhalte aus dem Internet. Die Krankenkassen werden hier die richtige Gewichtung treffen müssen. Aber die BARMER GEK hat mit dem Projekt zur internetbasierten Therapie bei Amblyopie ein Tor aufgemacht.“ Die Diskussion über die Vergütung als Bremse für den Fortschritt ließ Knieps so nicht stehen: „Das SGB V hält die Regeln für die Vergütung der Telemedizin bereit. Das ist keine Empfehlung, sondern eine Vorgabe.“ Für ihn ist die Internetmedizin ein Instrument, das zwar nicht die vielen Grundprobleme des Gesundheitssystems lösen wird. „Aber wenn wir es schaffen, die Angebote massenfähig und für jeden zugänglich zu machen, ist sie ein probates Instrument zur Verbesserung der Versorgung.“ „Bei den Krankenkassen ist die Internetmedizin schon längst angekommen“, bestätigte Dr. Markus Müschenich. Und auch die Ärzteschaft sei zunehmend aufgeschlossener. „Viele Mediziner sind sich darüber im Klaren, dass sie daran arbeiten können, neue Therapieformen mitzuentwickeln – oder die Entwicklung an ihnen vorbeizieht.“ Denn der mündige Patient nutze bereits jetzt die Möglichkeiten des Internets, um Lösungen für ihre gesundheitlichen Probleme zu finden. Der Gesundheitswissenschaftler und Arzt betonte: „Wenn das, was als Internettherapien angeboten wird, Medizin ist, dann muss es sich selbstverständlich der Wissenschaft stellen.“ Am Ende entscheide der Patient, so Christoph Kranich. „Durch die Internetmedizin wird die Patientensouveränität verbessert. Ein Mehr an Informationen erweitert automatisch die Entscheidungsfähigkeit des Patienten.“ Allerdings warnte der Leiter der Fachabteilung Gesundheit und Patientenschutz der Verbraucherzentrale Hamburg vor dem Zugriff auf medizinische Daten im Internet: „Das Bekanntwerden von Patienteninformationen – auf welche Art auch immer – kann beispielsweise berufliche Konsequenzen haben, wenn ein Arbeitgeber über Vorerkrankungen Bescheid weiß.“ Deshalb müssten Patienten die Entwicklung der Internetmedizin kritisch begleiten. 13 1 EINBLICK „Das Netz bietet unendliche Möglichkeiten.“ Ambulant, stationär, Internet – wohin steuert das Gesundheitswesen? Whats app, Wikileaks, Snowden – das Internet fördert immer wieder Erscheinungen zu Tage, die die Gesellschaft nachhaltig beeinflussen. „Das Netz birgt nicht nur potentielle Gefahren, sondern auch unendliche Möglichkeiten“, begrüßte Dr. Rainer Kern, Vorstandsmitglied der BERLIN-CHEMIE AG, die Gäste des 9. Kongress der Gesundheitsnetzwerker. Die diesjährige Veranstaltung, zu der wieder gut 500 Teilnehmerinnen und Teilnehmer ins Berliner Langenbeck-VirchowHaus kamen, sollte denn auch nicht nur Plattform für den fachlichen Austausch sein, sondern der Ort, sich diese Chance zu nutzen zu machen. „Das Internet in der medizinischen Versorgung sinnvoll und nachhaltig einzusetzen, ist eine Herausforderung“, so Dr. Kern. „Hier wollen die Gesundheitsnetzwerker Pionierarbeit leisten – wie schon so oft zuvor auf dem Kongress.“ Bereits jetzt haben sich ambitionierte Start-ups auf den Weg gemacht, die Gesundheitsversorgung auf den Kopf zu stellen. Diagnostik via Foto-upload, die App auf Rezept oder die Lebensgesundheitsakte in der Cloud: Auf dem Kongress stellten sich die Projektentwickler bei den Netzwerkern vor. Deren Ideen stießen auf interessierte, wenn auch nicht unkritische Zuhörer. Wir haben uns umgehört und einige Meinungen und Gedanken dazu eingefangen. Dr. Rainer Kern, Mitglied des Vorstands der BERLIN-CHEMIE AG 14 1 EINBLICK Das sagen die Netzwerker: Dr. Veit Wambach, Vorsitzender der Agentur deutscher Ärztenetze » Es ist wichtig, dass ambulante, stationäre und weitere Leistungserbringer, aber auch der Öffentliche Gesundheitsdienst oder Kommunen, in Zukunft extrem eng zusammenarbeiten, um anstehende Probleme zu lösen. Internet und andere technische Hilfsmittel sind für mich zusätzliche Tools, die unheimlich wichtig sind, weil sie das Arbeiten im Alltag erleichtern. Aber sie sind nicht gleichzustellen mit der engen Kooperation dieser klassischen Bereiche. Ich glaube, dass die Zusammenarbeit von Menschen an dieser Stelle entscheidend sein wird für eine Optimierung der regionalen Versorgung. « Dr. Ursula Hahn, Geschäftsführerin OcuNet Verwaltungs GmbH » Ich denke, zwei Entwicklungen stehen im Vordergrund. Erstens werden in der ambulanten Versorgung größere Einrichtungen im Sinne von ambulanten Versorgungsunternehmen zunehmend an Bedeutung gewinnen. Damit einher geht auch, dass Patientenversorgung stärker, als es in der Vergangenheit der Fall war, aus dem ambulanten Bereich heraus gesteuert wird. Zweitens wird das Internet sowohl bei der Diagnostik als auch bei der Therapie eine immer größere Rolle spielen. Wichtig dabei ist, dass das Angebot ärztliche Leistung ergänzt bzw. auch diese Versorgungsform von Ärzten gezielt eingesetzt wird. Ein telemedizinisches Angebot, das ärztliche Leistung ersetzen will, wird meines Erachtens weder bei Patienten noch bei Ärzten Akzeptanz finden. « Michael Hahn, Public Affairs FachArztAgentur » Die Sektoren weisen ja schon jetzt zahlreiche Mischformen und Übergänge auf. Das wird sich weiter fortsetzen. Es wird keine klare Sektorengrenze mehr geben und das Internet wird einer der Treiber an der Nahtstelle zwischen den Versorgungsformen sein. « 15 1 EINBLICK Burkhard Nolte, Geschäftsführer Sankt Franziskus-Hospital Münster » Ich glaube, dass wir zwingend zusammenarbeiten müssen. Die Sektoren müssen viel enger zusammenkommen, idealerweise auf einem Gelände. Nur so werden wir in der Zukunft die Versorgung bei knapper werdenden Ressourcen sicherstellen können. Das Internet wird dabei helfen, die verschiedenen Expertisen enger zusammenzuführen. Wir nutzen das schon heute, beispielsweise bei Tumorkonferenzen, um Pathologen, Strahlentherapeuten einzubinden oder für das Zweitmeinungsverfahren. Das wird sicherlich deutlich zunehmen, speziell in ländlichen Strukturen. « Sonja Laag, Leiterin Versorgungsprogramme B ARMER GEK » Aus meiner Sicht wird die Ambulantisierung der Medizin weiter voranschreiten. Der ambulante Bereich muss dafür aber teamorientierter organisiert werden und braucht ein anderes Vergütungssystem, um modernes Versorgungsmanagement strukturieren, organisieren und auch bezahlen zu können. Die Technik muss dort unterstützen, wo es nötig ist und sie adäquat eingesetzt werden kann. Medizinische Versorgung funktioniert aber nicht ohne den Menschen. Technik kann die Behandlung nur unterstützen. « Mario Wöstmann, Regionalleiter Nord der Abteilung Gesundheitsmanagement, BERLIN-CHEMIE AG » 16 Der ambulante und stationäre Sektor werden verschmelzen. Arztnetze werden dabei verstärkt die Versorgung übernehmen und Leistungserbringerstatus bekommen. Während im niedergelassenen Bereich die Basisversorgung stattfindet, werden bestimmte hochspezialisierte Leistungen an und in der Klinik durchgeführt. Das Internet wird aus meiner Sicht, anders als Herr Müschenich in der Eröffnungsveranstaltung gesagt hat, nur punktuell ein eigenes Standbein für Therapie und Diagnose werden, aber deutlich die Kommunikation verbessern und Schnittstellen überwinden helfen. « KAPITEL 2 INTERNET Für die Einen ist das Internet die Revolution der modernen Medizin. Die Vernetzung und Verfügbarkeit von schier unendlichem Wissen hilft Medizinern bei der Arbeit und macht Patienten zu mündigen Gesprächspartnern. Für die Anderen birgt das Web und seine Technik scheinbar unbeherrschbare Gefahren, wenn etwa Informationen nicht in den richtigen Kontext gesetzt werden, oder die ärztliche Berufsordnung ins Wanken geraten könnte. 17 2 INTERNET Bürokratie steht Bedürfnis im Weg Patientenwohl oder Datenschutz – was wiegt schwerer? Eigentlich hätte die elektronische Gesundheitskarte (eGK) bereits 2006 im Einsatz sein sollen. Doch im mer wieder entbrannte eine Diskussion über die Datensicherheit: Der Deutsche Ärztetag lehnte 2007 und 2008 die Einführung wegen datenschutzrechtlichen Bedenken gegen die zentrale Speicherung der Patienteninformationen ab. Kritiker warfen den Widersachern vor, den Datenschutz über das Patienten wohl zu stellen. Und auch die Gesundheitsnetzwerker fragten sich: Was wiegt schwerer? „Unser Gesundheitswesen ist längst viel digitaler, als den Akteuren häufig bewusst ist: bei Diagnostik und Therapie genauso wie bei der Administration“, sagte Dr. Franz-Joseph Bartmann, Vorsitzender des Telematik-Ausschusses der Bundesärztekammer. Die eGK hält der Chirurg dennoch für sinnvoll, vor allem im Notfall. „Wir haben das ursprünglich vorgesehene Einsatzszenario ausgedehnt. Dem alten Konzept lag ein auf die „blutige Rettung“ beschränkter Notfallbegriff zugrunde. Jetzt umschreibt „Notfall“ jede Situation, in der ein Patient mit einem akuten Krankheitsbild einem Arzt gegenübersteht, der diesen noch nie gesehen hat“, so Bartmann. Diese Ausweitung sei wirklich sinnvoll, denn bei der Rettung im Straßengraben werde der Arzt und Rettungssanitäter kaum nach dem Notfalldatensatz auf einer Plastikkarte suchen. Bartmann: „Der Notfalldatensatz hat eine zentrale Rolle auch wenn er im Moment noch nicht auf der eGK gespeichert ist.“ Die Bundesärztekammer hat das Lastenheft des Notfalldatensatzes verabschiedet und nun gehe es an die technische Umsetzung in Form eines Pflichtenheftes. „Erst wenn dieses von den Gesellschaftern der gematik verabschiedet ist, wird das Projekt ausgeschrieben und geht in die Testung – und danach wird der Notfalldatensatz auf die Karte kommen“, so der Arzt. Das würde allerdings nicht nur ein paar Monate, sondern Jahre dauern. 18 Dr. Franz-Joseph Bartmann „Der Patient ist heute schon sein eigener Gesundheitsmanager“, so Dr. Rolf Lange, Sprecher der Geschäftsführung der enpenet GmbH. Er wolle wissen, woran er erkrankt sei und wie er wieder gesund werden kann. „Die Informationen sucht er sich im Internet.“ Die Gesundheitsbibliothek von epenet bietet bereits jetzt die Möglichkeit, individualisierte medizinische Informationen zu bekommen. Durch Eingabe des Alters und des Geschlechts wird die Auskunft für den User in einem Info-Pool individuell zusammengestellt. In der Bibliothek sind zu mehr als 100 der häufigsten Krankheiten umfassende, immer aktuelle INTERNET 2 Essays gesammelt, aber auch mehr als 40.000 Begriffe der Medizin umfassend und laienverständlich erklärt. Die Gesundheitsbibliothek ist werbefrei und frei von Interessen Dritter. Sie ist von Experten unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr. med. Dr. h. c. Robert F. Schmidt erstellt. „Wir haben alleine 1,8 Millionen Einträge über Bluthochdruck gesammelt, die in 19 Sekunden durchsucht werden,“ so Lange. „Der Arzt muss entscheiden, ob er an der Entwicklung partizipiert, oder sie über ihn wegrollt“, warnt Dr. Thorsten Schmale, Geschäftsführer der Doc Cirrus GmbH. Das Sicherheitsargument sei da nur vorgeschoben. „Doc Cirrus beweist längst in der Praxis, dass Datenschutz keine Frage mehr ist. Doc Cirrus arbeitet mit dem System einer hybriden Cloud-Struktur, die in Arztpraxen und Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) zum Einsatz kommt. Diese steht im Prinzip auf drei Säulen: auf einer Private Cloud, einer Public Cloud und dem Browser des Endanwenders. Während die Private Cloud Daten wie zum Beispiel Patienten- und Abrechnungsinformationen lokal in der Praxis vorhält, stellt die Public Cloud die Anwendungslogik und Softwareupdates zur Verfügung. Der Browser des Endnutzers führt die Daten und Applikationen zusammen und bildet die Schnittstelle zum Nutzer, egal ob auf Smartphone, Tablet oder einfach am PC. „Datenschutz ist für den Patienten tödlich“, so Dr. Markus Müschenich. „28.000 Tote aufgrund von Arzneimittel-Intoxikationen, 12.000 Verstorbene wegen nicht sachgerechter Therapie, 7.000 Patienten, die keinen rechtzeitigen Zugang zu einem Facharzt fanden – kurzum: vermeidbare Todesfälle aufgrund von Informationsdefiziten.“ Der Gesundheitswissenschaftler ist sicher: Eine undifferenzierte Ablehnung der Entwicklung der bereits heute vorhandenen Angebote steht dem Patientenwohl entgegen. Müschenich: „Die Probleme des Datenschutzes werden von den heutigen Start-ups bereits gelöst. Und auch Fragen wie die Qualitätssicherung der Internetangebote in Sachen Gesundheit und die Vergütung internetmedizinischer Leistungen werden beantwortet werden. Das wird nicht einfach werden, doch es wird gelingen.“ Dr. Markus Müschenich Für die Entwicklung der eGK wurde bislang bereits knapp eine Milliarde Euro ausgegeben. Das sind bei 70 Millionen Versicherten 14 Euro pro Versichertem. Ob diese noch sinnvoll eingesetzt sind, wird die Zukunft zeigen. Kontakt Bundesärztekammer Herbert-Lewin-Platz 1 10623 Berlin Tel.: 030 – 400 45 60 www.bundesaerztekammer.de enpenet GmbH Holzdamm 28-32 20099 Hamburg Deutschland Tel.: 040 – 809 06 18 01 50 www.enpenet.de Doc Cirrus GmbH Bessemerstr. 82 12103 Berlin Tel: 030 – 692 08 87 20 www.doc-cirrus.com Dr. med. Markus Müschenich Askaloner Weg 4 13465 Berlin Tel.: 030 – 40 10 82 42 www.markus-mueschenich.de 19 2 INTERNET Start-ups bewegen den Markt Ferndiagnose – was geht? Sebastian Vorberg ist sich sicher: „Die Steuerung der verteilten Gesundheitsinformationen wird über die Haftungsfrage geregelt.“ Im Zweifelsfall, so der Rechtsanwalt für Medizinrecht, wird ein behandelnder Arzt immer an einen Fachmediziner überweisen. Deshalb geht bereits schon so einiges in der Internet medizin – wie die drei Unternehmungen zeigten, die sich den Gesundheitsnetzwerkern vorstellten. GODERMA Über eine App oder die goderma-Webseite begutachten Dermatologen Hautprobleme. Alles, was der Patient dafür tun muss, ist ein Foto des Problems zu machen und Dr. Simon Lorenz einen kurzen, medizinisch relevanten Fragebogen auszufüllen. Alle Daten werden dann anonymisiert und verschlüsselt an die für goderma arbeitenden Fachärzte übertragen, welche eine Begutachtung erstellen und Handlungsempfehlungen abgeben – alles in maximal 48 Stunden. „Wir haben einige der besten und erfahrensten Dermatologen Deutschlands für goderma gewinnen können, wie zum Beispiel Prof. Dr. Dr. Johannes Ring, Prof. Dr. Bernadette Eberlein und Prof. Dr. Andreas Blum“, so Dr. Simon Lorenz, Geschäftsführer der goderma GmbH. „Zudem arbeiten wir eng mit dem Universitätsklinikum Rechts der Isar, TU-München, zusammen, mit dem wir auch eine wissenschaftliche Studie durchführen.“ Probleme mit dem Fernbehandlungsverbot sieht der Geschäftsführer nicht: „Goderma ersetzt nicht den Besuch beim Arzt, sondern ergänzt ihn. Wir bieten den Patienten eine schnelle und fachgerechte Klärung ihres Prob20 lems. Wir stellen jedoch keine finalen Diagnosen oder Rezepte aus. Es ist aber auch mit wissenschaftlichen Studien belegt, dass bis zu 90 Prozent aller Patientenanfragen mit Hautkrankheiten auf Basis eines Fotos erkannt werden können.“ Die fachärztliche Begutachtung eines Hautproblems kostet den Patienten 29 Euro. Ziel ist, dass diese Kosten als Leistung anerkannt werden und auch von den Kassen erstattet werden. Lorenz: „Wir führen augenblicklich Gespräche mit ersten privaten Versicherungen, welche die Leistungen von goderma übernehmen wollen.“ BETTERDOC „Von welchem Kollegen würden Sie sich selbst oder Ihre Angehörigen behandeln lassen?“ Dies ist die Kernfrage und das Geschäft von BetterDoc: Patienten können nach einer kostenlosen Ersteinschätzung bei BetterDoc Nils von Dellingshausen eine kostenpflichtige Spezialistensuche beauftragen, um den für ihr Problem besten Arzt zu finden – empfohlen von seinen medizinischen Kollegen. Der INTERNET Such-Ablauf erfolgt in drei Schritten: Zunächst beschreiben die Portal-Nutzer ihr Gesundheitsproblem anhand von Beschwerden und einer bereits gestellten Diagnose. Daraufhin leitet BetterDoc die Anfrage an bis zu 200 Fachärzte des betreffenden Fachbereichs weiter. Im Pool sind mittlerweile 1000 Experten, darunter 80 Prozent Chef- und Oberärzte, die übrigen Empfehler sind niedergelassene Fachärzte. Für jede Patientenanfrage, an der sich Ärzte durch eine Kollegen-Empfehlung beteiligen, spendet BetterDoc in seinem Namen 42 Euro an ein gemeinnütziges Gesundheitsprojekt, wie zum Beispiel „Ärzte ohne Grenzen“. Nutzer erhalten innerhalb von zwei Tagen dann bis zu 20 Empfehlungen inklusive sachlicher Begründung, je nachdem, welchen Service sie gewählt haben: Es werden je nach gewähltem Paket (Basis, Standard, Premium) fünf, zehn oder 20 Ärzte-Empfehlungen für Mediziner abgeben. Vor allem Patienten mit schwerwiegenden, seltenen oder komplexen Erkrankungen fragen bei BetterDoc an. Ziel des Startups ist es, langfristig integraler Bestandteil des Gesundheitssystems zu werden – an den sich Patienten beispielsweise immer vor einer OP wenden. Die Kölner sind überzeugt, dass Leistungsträger hier viel Geld sparen können und gleichzeitig die Behandlungsqualität steigt. WAS HAB’ ICH? Die Diagnose des Arztes zu verstehen, den Fachjargon zu übersetzen, grenzt für viele Patienten an die Dechiffrierung eines Geheimcodes. Anja Bittner, Ansgar Jonietz und JoAnsgar Jonietz hannes Bittner brachte das alltägliche Praxis-Problem vor drei Jahren auf eine innovative Idee: Sie entwickelten und gründeten das Internet-Portal “Was hab’ ich?”. Auf dem Portal können Patienten ihre ärztlichen Befunde anonym einschicken. Medizinstudenten übersetzen ihnen dann das Papier in eine laienverständliche Sprache. Der Service ist kostenlos. Das 2 Portal ist gemeinnützig und finanziert sich über Spenden. Das inzwischen bundesweit aufgestellte, ehrenamtliche Team umfasst heute mehr als 1.000 geschulte Mediziner die nahezu 18.000 Befunde übersetzt haben. Für die Medizinstudenten bietet die Übersetzung der Befunde eine sehr gute Chance, ihre fachlichen Kenntnisse zu erweitern. Außerdem haben sie so bereits im Studium die Möglichkeit, komplizierte Sachverhalte in einer für den Patienten verständlichen Sprache darzustellen und sich in der Kommunikation zu üben. Im nächsten Schritt wird das Portal um einen „Patientenbrief“ erweitert. Gemeint ist eine patienten orientierte Version des Entlassbriefes, die dem Patienten und seinen Angehörigen direkt nach dem Krankenhausaufenthalt nachlesbare und individuelle Informationen über Krankheitsbild, die während des Aufenthaltes durchgeführten Untersuchungen und Therapien sowie die weiteren Schritte liefert. Kontakt goderma GmbH Rosenthaler Straße 36 10178 Berlin Tel.: 030 – 57 70 21 89 www.goderma.com BetterDoc Clusterhaus Im Klapperhof 7-23 50670 Köln Tel.: 0221 – 42 36 44 20 www.betterdoc.org „Was hab‘ ich?“ gGmbH Bertolt-Brecht-Allee 24 01309 Dresden Tel.: 0351 – 418 89 00 www.washabich.de 21 2 INTERNET Kommunikation auf allen Ebenen Webbasierte Strategien in Krankenhäusern, Ärztenetzen und Praxen Vernetzen, kommunizieren und arbeiten: Erfolgreiche webbasierte Strategien verbessern Arbeitsabläufe, fördern den fachlichen Austausch und sorgen für mehr Patientenzufriedenheit. Ideen aus der Praxis for dern zum Abgucken auf. „Gesundheit berührt“, so Johanna Müller von der Agentur WOK. „Umso wichtiger ist es, dass Gesundheitsthemen im Internet die Lebenswelt der Patienten widerspiegeln und emotional aufbereitet werden.“ Erst dann werden sie den Ansprüchen der Patienten gerecht und die zu vermittelnden Informationen erreichen sie auch wirklich. Ein Beispiel könnte sich die Gesundheitswirtschaft an der Autoindustrie nehmen: Statt mit Bettenzahlen, DIN-Normen oder Qualitätssiegel für sich zu werben, sollten beispielsweise Kliniken empathisch auf die Sorgen und Bedürfnissen ihrer Kunden reagieren. „Oder glauben Sie, ein Autokäufer will wissen, wie viele Pressstraßen sein neuer Wagen durchlaufen hat oder ob Drehschrauben nach dem aktuellen Qualitätsnormen des EU-Rechtes importiert wurden?“, so die Kommunikationsberaterin. Für die Ansprache von Patienten im Netz bedeutet das: Erfolgreiches Klinikmarketing muss eine Beziehung zu den Usern aufbauen, statt einen Monolog zu halten. So rührt die Webseite einer Geburtsklinik an, weil sie die emotionale Achterbahnfahrt der werdenden Mütter ernst nimmt und mit Ratschlägen begleitet oder ist der Internetauftritt der onkologischen Abteilung erfolgreich, weil er durch laienverständliche Erklärungen den Patienten ihre Ängste nimmt. Ebenso wichtig wie die gezielte „externe“ Kommunikation ist die gesteuerte und einfache Kommunikation zwischen den einzelnen Akteuren und über die sektoralen Grenzen hinaus. DoctorCom liefert hierzu Lösungen, um Arbeitsabläufe zu optimieren, sowie 22 Zeit und Kosten zu sparen. DoctorCom wurde 2010 von Michael Eiffert, M. D., in der San Francisco Bay Area gegründet. „Wir wollen, dass die Kommunikation im Gesundheitswesen den Komfort einer SMS oder E-Mail hat – ohne dabei den Datenschutz aus den Augen zu verlieren“, so der Facharzt für Innere Medizin. Dazu wurden mediale Applikationen entwickelt, mit denen sich alle Teilnehmer vernetzen können. Ärzte und medizinisches Personal müssen nur noch ein Smartphone dabei haben, um mit Kollegen, Mitarbeitern und Patienten in Kontakt zu bleiben, Patientendaten sicher auszustauschen oder per Videoübertragung Visiten abzuhalten. So wäre es sogar möglich, etwa als Arzt einen Patienten zu behandeln, der an einem völlig anderen Ort in einem Krankenbett liegen würde. So unwahrscheinlich diese Vision jetzt noch klingen mag: Die Nutzung des Internets zum Informationsaustausch wird auch von Medizinern bereits intensiv genutzt. Mehr als die Hälfte aller befragten Mediziner sind laut des Ärztenachrichtendienstes (ÄND) User von Community-Websites. Eine davon ist das Portal esanum. „esanum bietet Ärzten die Möglichkeit, mit einer Vielzahl von Kollegen in Kontakt zu treten und interdisziplinär Erfahrungen auszutauschen“, erklärt Tom Renneberg, Geschäftsführer der esanum GmbH, das Prinzip. Durchschnittlich sind die User 40 Jahre alt. Sie diskutieren Fälle, tauschen Neuigkeiten aus und berichten aus dem medizinischen Alltag. „Zugang zur esanum-Gemeinschaft erhalten ausschließ- INTERNET 2 Roger Sturm, Johanna Müller, Michael Eifert, Tom Renneberg, Torsten Flöttmann lich approbierte Ärzte. Dadurch ist sichergestellt, dass alle Diskussionen auf Expertenwissen basieren“, so Renneberg. Nach kostenfreier Registrierung und Authentifizierung können die Mediziner auch Beiträge verfassen, in denen sie Beobachtungen mitteilen oder um Rat fragen. Andere Mitglieder antworten darauf in Kommentaren und können mittels eines 5-SterneSystems die Relevanz und Qualität des Beitrags für die Gemeinschaft bewerten. Grundsätzlich ist esanum pharma- und industrieunabhängig. Dennoch verdienen die Macher ihr Geld über Werbung. Renneberg: „Viele Pharma-Hersteller informieren in den Communities über ihre Produkte.“ In einem eigenen Infocenter können diese zielgruppenspezifische Kampagnen starten und Inhalte bereit stellen. Für Torsten Flöttmann ist die Ansprache von Medizinern über ein Netzwerk nicht die erste Wahl der Kommunikation und Informationsvermittlung. Der Marketingleiter der BERLIN-CHEMIE AG sieht das Problem und die Lösung woanders: „Volle Wartezimmer und kurze Behandlungszeiten: Der Arzt von heute steht immer häufiger unter Druck. Er möchte seine Patienten umfassend informieren und beraten, kommt jedoch durch seine knappen zeitlichen Ressourcen oft nicht über die Vermittlung von Basiswissen hinaus. Die Folge: Patienten informieren sich immer öfter eigenständig im Internet, erhalten falsche Informationen und bleiben verunsichert zurück.“ Die Lösung: Der TheraKey®, ein Konzept, mit dem der Arzt seinen Patienten auch außerhalb der Sprechstunde kontrol- lierten Zugang zu gesicherten und umfassenden Informationen rund um die Erkrankung ermöglichen kann. Das produktneutrale Therapiebegleitprogramm ist eine Online-Plattform, auf der Patienten und Angehörige evidenzbasierte Informationen rund um ausgewählte chronische Erkrankungen wie Diabetes mellitus und Hypertonie finden. Definitionen, physiologische und pathologische Hintergründe sowie lebenstiländernde Maßnahmen mit konkreten Beispielen helfen den Patienten, sich besser mit ihrem Krankheitsbild auseinanderzusetzen. Den Zugang erhalten sie über den behandelnden Arzt, der über die Inhalte und besuchten Seiten mit Patienten konkret sprechen kann. „TheraKey® ist der verlängerte Arm des behandelnden Arztes“, so Flöttmann. „Der TheraKey® ist ein Schlüssel zu einer erfolgreichen Arzt-Patienten-Kommunikation.“ Kontakt Agentur WOK Palisadenstraße 48 10243 Berlin Tel.: 030 – 498 55 00 www.agentur-wok.de esanum Schönhauser Allee 45a 10437 Berlin Tel.: 030 – 27 89 03 30 www.esanum.de DocotorCom GmbH Halskesteig 5a 13629 Berlin Tel.: 030 – 81 47 71 30 www.mdcom.com BERLIN-CHEMIE AG Glienicker Weg 125 12489 Berlin Tel.: 030 – 67 07 25 90 www.berlin-chemie.de 23 2 INTERNET Individualisierte Gesundheitsdienstleistungen auf dem Vormarsch Start-ups stellen sich vor: erfolgreiche Medizin im Netz „Patienten fordern aktiv ihre Medizin ein – jederzeit und überall und in einem persönlichen Format“, so Dr. Markus Müschenich. Schon jetzt bieten Start-ups genau das an: individualisierte Gesundheitsdienst leistungen. Doch auch wenn noch offen ist, wie die Internetmedizin in die Praxen kommt, wie Start-ups den Schulterschluss zu den Ärzten herstellen oder die Strategie des Vertriebs ist – die Reise der Inter netmedizin ins Gesundheitswesen hat schon längst begonnen. Die Firma Caterna Vision stellt über eine Internetplattform spezielle Sehübungen für die Therapie der Amblyopie im Kindesalter bereit. Um erfolgreich behandelt zu werden, müssen die Kinder oft mehrere Jahre ein Augenpflaster tragen. Damit soll das schwächere Auge aktiv in das Sehen eingebunden und die für das Sehen verantwortlichen Hirnregionen stimuliert werden. Das geschieht auch durch visuelle Reize mit schmalen Wellenmustern auf einem Bildschirm. Das an der Technischen Universität Dresden entwickelte Verfahren der webbasierten Stimulationstherapie wird am Computermonitor angewandt, während das gesunde Auge abgeklebt ist. Dazu spielen die Kinder altersgerechte Computerspiele, während im Hintergrund für jedes Kind individuell konfigurierte, schmal bandige Wellenmuster über den Bildschirm laufen. Die Stimulationstherapie von Caterna wird seit 2002 praktisch angewendet. Um die Wirksamkeit nach wissenschaftlichen Kriterien weiter zu untermauern, findet eine begleitende klinische Studie statt. Die Sehübungen werden für jeden Patienten online und gemäß seinem Therapieschema digital bereit gestellt. Nach einer Einweisung durch den Augenarzt werden die Übungen zu Hause am PC fortgesetzt. Zur Therapiekontrolle werden Sitzungsprotokolle automatisch dokumentiert. Sie stehen den Eltern auch in einer App für Smartphones und Tablets zur Verfügung. Eine Tagebuchfunktion erleichtert die Organisation der Tra24 gezeiten des Augenpflasterns. Auch der behandelnde Augenarzt kann die Therapie- und Abklebezeiten online über die App verfolgen. Das Potsdamer Unternehmen Emperra bietet den weltweit einzigen Insulin-Pen an, der in der Lage ist, die injizierte Insulindosis automatisch auf eine Internetplattform zu übertragen. Von dort wird über ein Expertensystem die übermittelte Insulinmenge mit dem kurz zuvor gemessenen Blutzuckerwert und den verköstigten Kohlenhydraten so aufbereitet, dass der Patient in Echtzeit informiert wird, ob seine individuelle Insulintherapie leitliniengerecht durchgeführt wurde und ob kurz-oder langfristige Probleme drohen. Der betreuende Diabetologe, der ebenfalls Zugriff auf das System hat, kann seinen fachärztlich Rat genau zu dem Zeitpunkt geben, an dem Probleme auftreten und nicht erst dann Hinweise zur Therapie optimierung geben, wenn sich der Patient quartalsweise auf den Weg in die Arztpraxis gemacht hat. Neuronation bietet zielgerichtetes Gedächtnistraining an, mit dem sich insbesondere das Arbeitsgedächtnis, das in direktem Zusammenhang mit der Intelligenz steht, verbessern soll. Die über 50 Übungsmodule basieren auf den modernsten Studien der Gehirnforschung, die an renommierten Einrichtungen wie dem Max-Planck-Institut für Bildungsforschung INTERNET 2 Dr. Markus Müschenich durchgeführt werden: Forscher des Instituts haben zirka 100 Jugendliche und 100 Senioren jeweils 100 Trainingssitzungen am Computer absolvieren lassen. Jede Sitzung bestand aus zwölf Tests, sechs zur Auffassungsgabe und je drei zum Arbeitsgedächtnis und zum Erinnerungsvermögen. Insbesondere beim Arbeitsgedächtnis wurde eine deutliche Steigerung der kognitiven Fähigkeiten festgestellt – sowohl bei den älteren als auch bei den jüngeren Teilnehmern, so das Ergebnis. Bei älteren Probanden wurden von Tag zu Tag sogar geringere Schwankungen bei der Leistungsfähigkeit festgestellt als bei den jungen. Die Übungen sind individualisiert und sollen die größten Schwächen und Stärken gezielt trainieren. Anstelle von einfachem Gehirnjogging bietet Neurnoation personalisiertes Gedächtnistraining, das konzentrierter und mental fit machen, aber auch dem geistigen Alterungsprozess entgegen wirken soll. Mit ihnen lässt sich das Kurzzeitgedächtnis, das Merken von Zahlen und Kopfrechnen trainieren. 14 Übungen sind kostenfrei. Darüber hinaus muss eine Premium-Mitgliedschaft für sieben Euro im Monat abgeschlossen werden. Kontakt Caterna Vision Leipziger Straße 26 10117 Berlin Tel.: 0351 – 31 46 69 39 www.caterna.de Emperra GmbH E-Health Technologies Friedrich-Ebert-Straße 33 14469 Potsdam Tel.: 0 331 – 97 93 48 00 www.emperra.com Neuronation Synaptikon GmbH Oberwallstraße 10 10117 Berlin Tel.: 030 – 99 54 53 30 www.neuronation.de 25 KAPITEL 3 VERSORGUNG UND KRANKENHAUSMANAGEMENT Kostendruck, Personalmangel, Qualitätsanforderungen: Krankenhäuser müssen den Herausforderungen begegnen und haben verstanden, dass ihr Erfolg ein Neudenken und Umdenken erfordert. Denn die Vernetzung geht weiter. Nicht nur mit der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung schreitet die sektor übergreifende Versorgung voran. Auch immer mehr Beschäftigte kennen als Grenzgänger beide Welten und verstärken das Zusammenwachsen. 26 VERSORGUNG UND KRANKENHAUSMANAGEMENT 3 Ein weiterer Teil der unendlichen Gesetzgebungsgeschichte? Ambulante spezialfachärztliche Versorgung Im März 2013 beschloss der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) in einer ersten Richtlinie die Rahmenbedingungen für die ambulante spezialfachärztliche Versorgung (ASV). Hat die gemeinsame Selbstverwaltung ihre Hausaufgaben gemacht und „bottom up“ einen neuen, sektorenübergreifenden Versorgungsbereich aufgebaut? Das Gesundheitsministerium hat das Regelwerk zur interdisziplinären Versorgung von Tuberkulosepatienten nicht beanstandet. Sobald die Entscheidung im Bundesanzeiger veröffentlicht ist, können niedergelassene Mediziner und Klinik-Ärzte bei den erweiterten Landesausschüssen anzeigen, dass sie an der ASV teilnehmen wollen. Widerspricht der Landesausschuss binnen zwei Monaten nicht, sind die Antragsteller zur ASV nach Paragraf 116b SGB V zugelassen. Dr. Regina Klakow-Franck Im vergangenen Jahr wurde der dritte Anlauf zur gesetzlichen Fassung der ASV unternommen. Da befürchtet wird, dass dieser neu entstehende dritte Sektor zu einer Kostenexplosion führen könnte, erfolgte eine gesetzliche Begrenzung auf schwere Verlaufsformen. „Die diagnosespezifischen Eckpunkte wurden zunächst für TBC festgelegt“, so Dr. Regina KlakowFranck, unparteiisches Mitglied des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA). „Inzwischen gibt es diese Eckpunkte auch für Gastrointestinal-Tumoren und andere Tumoren der Bauchhöhle, also für Erkrankungen, deren schwere Verlaufsformen jährlich 100.000 Patienten betreffen. Als nächstes soll es diese Regelungen auch für gynäkologische Tumore geben“, so KlakowFranck. Wichtigstes Merkmal für die Zulassung zur ASV ist das interdisziplinäre Team. Zudem muss zweimal jährlich eine sektorenübergreifende Qualitätskonferenz stattfinden. Neu ist, dass die Krankenhäuser sich namentlich auf Teammitglied(er) festlegen müssen. Freigestellt bleibt, ob die Teams tatsächlich unter einem Dach arbeiten oder „nur“ miteinander vernetzt sind. Zur Sicherung der Qualität wurde eine Mindestmenge an Patienten pro Kernteam festgelegt: Ein Mitglied dieses Teams muss pro Quartal mindestens 30 Chemotherapien nachweisen. Weitere neue Regelungen betreffen die Überweisungsdauer. Zudem wurden regelhaft schwere Verlaufsformen festgelegt (zum Beispiel bei Bauchspeicheldrüsenkrebs). 27 3 VERSORGUNG UND KRANKENHAUSMANAGEMENT Dr. Regina Klakow-Franck, Dr. Axel Munte, Jochen Metzner Dr. Axel Munte, Bundesverband ambulante spezialfachärztliche Versorgung e. V., sieht in der neuen Versorgungsebene sowohl Chancen als auch Risiken. „Die Idee der ASV hat Potenzial, einen Versorgungsbereich für Spitzenmedizin und Innovationen zu schaffen. Leider fehlt es den Trägerorganisationen des G-BA bislang jedoch am Mut, echte sektorenübergreifende Kooperationen durchzusetzen“, so Munte. Standardisierte Qualität und ein einheitliches Angebot sieht der ehemalige KV Bayern-Vorsitzende als entscheidenden Vorteil der ASV gegenüber den Selektivverträgen. Alle Kassen und alle Ärzte können sich beteiligen und es gibt keine Ausschreibungspflicht für die Kassen. Doch die bislang nicht vorgesehene einheitliche Abrechnung und das Fehlen einer Verpflichtung zu einer einheitlichen Dokumentation seien unabdingbar für die Überwindung der Sektorengrenzen. Eine für alle Beteiligten zugängliche elektronische Fallakte, die Praxisnetze bereits einsetzen, wäre Grundvoraussetzung, um eine patientenrelevante Kooperationsverpflichtung zwischen niedergelassenen und stationär tätigen Ärzten durchzusetzen. Das Regelwerk fördere so jedoch nur eine Pseudo-SektorenVerbindung. Denn die interdisziplinären Kernteams müssten nicht verpflichtend aus niedergelassenen und stationär tätigen Ärzten zusammengesetzt sein. „Die Zusammenarbeit von Hausärzten, Fachärzten und Spezialisten ist aber ein Muss“, sagte Munte. Oberstes Gebot der ASV müsse sein, die Leistungen den Patienten zukommen zu lassen. „Es besteht jedoch kein gesetzlicher Anspruch auf vernetzte inter disziplinäre Versorgung “, so Jochen Metzner, Referats 28 leiter Krankenhausversorgung des hessischen Ministeriums für Soziales und Integration. Umso wichtiger sei die Rolle der Länder. Metzner: „Mitreden, die regionalen Versorgungsstrukturen in den Vordergrund stellen und die Patienten im Blick behalten: den Ländern kommt die Rolle des Förderers, Beobachters oder auch des Verweigerers zu.“ Der erweiterte Landesausschuss hat eine „Wächterfunktion“ in den Gremien. Konkret wollen die Länder beim G-BA in den Ausschuss Qualitätssicherung. Und es entspricht zudem der Versorgungsphilosophie der Länder, Möglichkeiten für Patienten mit seltenen Erkrankungen zu schaffen. Die Thematik der „schweren Verlaufsformen“ wurde durch die Länder in die ASV eingebracht. Allerdings hätten sie, wie Jochen Metzer einräumte, die Problematik unterschätzt und demzufolge auch nicht absehen können, wie viel Arbeit durch Änderungen und Nachbesserungen auf sie zukäme. Das Beispiel Hessen zeigt, so Jochen Metzner, welche Vorteile sich dennoch gerade für kleinere Häuser mit geringen Fallzahlen aus der Verpflichtung zu Zusammenschlüssen sowie zur Einrichtung von Versorgungs zentren ergeben. Sein Fazit: Die Länder haben Gestaltungsmöglichkeiten, es kommt drauf an, was sie daraus machen. Kontakt Gemeinsamer Bundesausschuss Wegelystr. 8 10623 Berlin Tel.: 030 – 275 83 80 www.g-ba.de Mail: [email protected] Hessisches Ministerium für Soziales und Integration Dostojewskistraße 4 65187 Wiesbaden hsm.hessen.de/gesundheit Bundesverband ambulante spezialfachärztliche Versorgung e.V. Dr.-Max-Str. 21 82031 Grünwald Tel.: 089 – 414 14 40 60 Mail: [email protected] www.qualidoc.org VERSORGUNG UND KRANKENHAUSMANAGEMENT 3 Um die Ecke denken Grenzgänger: Arbeiten in verschiedenen Welten Neue Situationen fordern neues Denken. Das Arbeiten in verschiedenen Welten und das strategische Planen über die eigenen Grenzen hinaus klingt nach dem neuen heiligen Gral der Gesundheitsversorgung. Aber was genau bedeutet das in der Praxis? Und wo liegen die Vorteile für Grenzgänger und Gesund heitsunternehmungen? Einige Beispiele. schoben und investiert. Zur Umsetzung des Konzeptes wurden im Laufe der Jahre ein Gesamtvolumen 40 Millionen Euro für mehr als 30 Baumaßnahmen ausgegeben. Bernd Schulte DAS KRANKENHAUS Brilon, eine Stadt im östlichen Sauerland, in unmittelbarer Nähe der Landesgrenzen von Nordrhein-Westfalen, Hessen und Niedersachsen. Schon in den 80er Jahren begann das Städtische Krankenhaus sich für integrierte Versorgungsformen zu öffnen. „Wir standen finanziell mit dem Rücken zur Wand“, so Bernd Schulte, ehemaliger Geschäftsführer des Städtischen Krankenhauses Maria-Hilf-Brilon gGmbH. Doch statt den Kopf in den Sand zu stecken, dachte man um die Ecke und in die Zukunft: Kontinuierlich wurde das Leistungsspektrum ausgebaut, Kooperationen ange- Heute ist die Versorgung der Region und weit über die Landesgrenzen hinaus durch den Gesundheitspark Brilon gesichert. Hier arbeiten verschiedene stationäre und ambulante Leistungserbringer und Kooperationspartner wie ambulante Dienste, Industrie und Serviceunternehmen zusammen, ergänzen sich, konzipieren interdisziplinäre Behandlungskonzepte und nutzen technische und räumliche Kapazitäten gemeinsam. „In dem hochmodernen Gesundheitspark Brilon werden heute regionale Kompetenzen gebündelt“, so Schulte. Nicht zuletzt ist das Konzept so erfolgreich, weil es beispielsweise mit MRT und Linksherzkatheter über modernste Technik verfügt, die sich weder ein normales Krankenhaus dieser Größe noch Niedergelassene leisten könnten. Der demographische Wandel steht im Mittelpunkt weiterer strategischer Überlegungen. Bernd Schulte sieht ihn in erster Linie als Riesenchance für die Entwicklung neuer, vernetzter Strukturen von Krankenhausleistungen, ambulanter Betreuung, Reha und Pflege. Er betonte: „Netzwerkmedizin ist die Zukunft!“ 29 3 VERSORGUNG UND KRANKENHAUSMANAGEMENT DER ARZT „Schätzungsweise 120.000 Ärzte arbeiten nicht in ihrem Beruf, sondern in der pharmazeutischen Industrie, in Verwaltungen und an anderen Stellen“, so Dr. Jochen Jouaux, Geschäftsführender Gesellschafter FAA Facharztagentur GmbH, Bielefeld. „Eine Katastrophe für das Gesundheitssystem, dem die Ärzte ausgehen.“ Als Erste-Hilfe-Maßnahmen zur Verringerung des Personalmangels in den Krankenhäusern werden etwa Ärzte aus anderen Ländern angeworben und ärztliche Tätigkeiten auf Nichtärzte verlagert. Die Alternative sind kurzfristig und flexibel einsetzbare externe Fachärzte als Vertretung auf Honorarbasis oder Fachärzte auf Grundlage der Arbeitnehmerüberlassung, wie sie die Facharztagentur vermittelt. Jouaux: „Externe und Honorarärzte müssen geplant und gezielt in die Krankenhäuser gebracht werden, trotz restriktiver Strukturen zum Schutz der Niedergelassenen.“ Leider, so zeige die Erfahrung, würden Honorarärzte in Krankenhäusern zwar geduldet, aber sie seien nicht beliebt, weil sie Kosten verursachen würden. Zudem werden ihre Teamfähigkeit, Kompetenzen und Qualität infrage gestellt. „In Wahrheit ist das Gegenteil der Fall: Honorarärzte bringen den Krankenhäusern finanziellen Nutzen und mehr Flexibilität“, so der Geschäftsführer. Vermittlungsagenturen wie die Facharztagentur agieren an dieser Stelle als Referenz institution und Qualitätsfilter, sie sind Schnittstellen für zwei Seiten, die gegensätzliche Interessen und Bedürfnisse haben. 30 Dr. Nicolai Schäfer vom Bundesverband der Honorarärzte e. V. bestätigt den Vorteil der Honorarärzte: „Honorarärzte sind als Grenzgänger flexibel, mobil und werden an den unterschiedlichsten Stellen eingesetzt: als Vertretungsärzte auf Zeit, als Kooperations- oder Belegärzte, die fest mit Gesundheitseinrichtungen zusammenarbeiten, als Konsiliarärzte, in der Forschung, als Gutachter und mehr.“ Nach seinen Schätzungen arbeiten 3.000 bis 6.000 Honorarärzte in Deutschland und deren Spezialisierung wird immer stärker nachgefragt. „Die meisten Honorarärzte sind erfahrene Fachärzte. Sie wollen den Frust des langjährigen angestellten Arztes hinter sich lassen, ihre Lebensplanungen haben sich – beispielsweise aus Altersgründen – geändert, sie suchen flexible Arbeitszeiten oder wollen kein reines Rentnerdasein führen.“ Zwar könnten auch Honorarärzte strukturelle Probleme im Gesundheitswesen nicht lösen. „Aber sie ermöglichen neue und flexible Wege der Patientenversorgung“, so Schäfer. Ohne Honorarärzte würden sich auch unter dem Aspekt des demografischen Wandels die Versorgungsfragen verschärfen. Hauptproblem für den Einsatz von Honorarärzten sind zurzeit Administration und Behörden. „Hier ist es notwendig, Rechtssicherheit zu schaffen, beispielsweise, indem Honorarärzte den Status der Selbstständigkeit erhalten“, so Dr. Jochen Jouaux. VERSORGUNG UND KRANKENHAUSMANAGEMENT DER NETZWERKER Dr. Ulrich Tappe nennt sich selbst „Hybridarzt“. Er ist Chefarzt der Abteilung für Gastroenterologie der St. Barbara-Klinik Hamm GmbH und niedergelassener Facharzt für Gastroenterologie im Ärztezentrum Hamm-Norden. Tappe lebt die sektorenübergreifende Versorgung: Seit über zwei Jahren kooperierten die Abteilung für Gastroenterologie der Klinik mit dem Ärztezentrum. Patienten werden dank seiner Doppe lfunktion fortlaufend, fachübergreifend und kontinuierlich betreut. „Doppeluntersuchungen werden vermieden, Wartezeiten verkürzt und der Behandlungs erfolg optimiert. Sind operative Behandlungen erforderlich, können diese innerhalb der Klinik rasch in die Wege geleitet werden“, so Tappe. Aber auch für sich persönlich sieht er Vorteile: „Als Niedergelassener bin ich alleiniger Entscheider und Teamleiter. Meine Leistung ist an dieser Stelle allerdings budgetiert und es gibt fachliche Einschränkungen. Auch wenn ich in der Klinik um die Anerkennung als Chefarzt mehr kämpfen muss, sind die Möglichkeiten des Therapiespektrums dort größer.“ DIE FACHKRÄFTE Die Grenzen zwischen den einzelnen Arbeitsfeldern im Gesundheitsbereich verschwimmen immer mehr – auch für Fachkräfte. „Um die Balance zwischen hoher patientenzentrierter Versorgungsqualität und Wirtschaftlichkeit zu halten, werden die Aufgaben immer komplexer: Akademisierung ist aus diesem Grund für sie die Herausforderung“, so Prof. Dr. Björn Maier, Studiendekan der Dualen Hochschule BadenWürttemberg (DHBW) in Mannheim. „Fachkräfte im Gesundheitsbereich müssen immer mehr Aufgaben außerhalb ihrer eigentlichen – oder genauer gesagt: ursprünglichen – Qualifikation übernehmen. Es gibt daher immer mehr Schnittstellen zu Managementbereichen wie Prozesskontrolle, Prozessoptimierung, zur Personalführung und Ambulanz. Die Arbeit am Menschen ist durch einen immer höheren Technisierungsgrad gekennzeichnet.“ 3 Die Duale Ausbildung ist nach Ansicht Maiers das Zukunftsmodell für interprofessionelle Zusammenarbeit im Gesundheitsbereich. An den 13 Standorten der Hochschule in Baden-Württemberg gibt es insgesamt 34.000 Studierende, das Studium dauert vier Jahre und ist durch die Verzahnung mit der Ausbildung gekennzeichnet. Es schließt mit dem Bachelor of Arts ab. Das duale Angebot umfasst Studiengänge in den Fakultäten Wirtschaft, Sozialwesen und Technik. Kontakt Städt. Krankenhaus Maria-Hilf Brilon gGmbH Am Schönschede 1 59929 Brilon Tel.: 02961 – 78 00 Mail: [email protected] www.krankenhaus-brilon.de St. Barbara-Klinik Hamm GmbH Am Heessener Wald 1 59073 Hamm Tel.: 02381 – 68 10 www.barbaraklinik.de Duale Hochschule Baden-Württemberg Mannheim Coblitzallee 1–9 68163 Mannheim Tel.: 0621 – 410 50 www.dhbw-mannheim.de FAA Facharztagentur GmbH Gadderbaumer Straße 19 33602 Bielefeld Tel.: 0521 – 48 95 10 www.facharztagentur.de Bundesverband der Honorarärzte e. V. Flemmingstraße 9 12163 Berlin Tel.: 030 – 70 09 63 29 www.bv-honoraraerzte.de 31 3 VERSORGUNG UND KRANKENHAUSMANAGEMENT Ein Sektor in Bewegung Welche Vernetzung braucht das Krankenhaus? Krankenhäusern werden ständige Neuerungen und damit Investitionen abverlangt. Gleichzeitig ver schiebt die Gesundheitspolitik medizinische Leistungen aus dem stationären in den ambulanten Bereich. Mit welchen gezielten Vernetzungsstrategien Kliniken gegen hohe Ausgaben und sinkende Einnahmen gegensteuern, zeigen Praxisbeispiele. Effizienzsteigerung durch Straffung der Führungsprozesse, so lautet das Vernetzungscredo der Valeo-Kliniken. „Die Verwaltungsdienstleitungen aller 14 Kliniken sind gebündelt, eine interdisziplinär besetzte Geschäftsstelle steuert daher alle Aktivitäten wie Einkauf, Controlling, IT, Kommunikation, Qualitätsmanagement oder auch das Melde- und Warnsystem für BeinaheFehler“, so Jochen Brink, Geschäftsführer der ValeoKliniken und Präsident der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen. Der Valeo-Verbund ist eine gemeinnützige Gesellschaft von 14 evangelischen Akut-, Fach- und RehaKliniken, deren 9.500 Mitarbeiter im Jahr 253.000 stationäre und 213.000 ambulante Patienten betreuen. Der jährliche Umsatz beträgt 557 Mio. Euro. Der Klinikverbund hat seinen Erfolg auch der Kompetenzvernetzung zu verdanken: Zentrenbildung und Spezialisierung wie im Qualitätsverbund Geriatrie, im Zentrum für ambulante Rehabilitation Münster und im Senora Brustzentrum sind nur einige Beispiele. Brink: „Zudem können durch die Zusammenarbeit von Nuklearmedizin und Radiologie im Verbund Leistungsmengen erbracht werden, die für jede einzelne Einrichtung nicht finanzierbar wären.“ Krankenhäuser ohne Spezialisierung haben deutlich schlechtere Marktchancen. Das bestätigt auch Prof. Dr. Christian Schmidt, Vorstandsvorsitzender und ärztlicher Vorstand der Universitätsmedizin Ros32 tock: „Eine genaue Markt- und Wettbewerbsanalyse ist zwingend für die Aufstellung einer erfolgreichen Strategie. Für die Rostocker Universitätsmedizin heißt das: Nicht in allen, aber in einigen Bereichen ist Wachstum möglich, beispielsweise in der Neurologie und der Dermatologie.“ Eine Marktanalyse ergab zudem, dass es sinnvoll ist, die Kardiologie breit aufzustellen. Schmidt: „Sie besitzt ein hohes Potenzial und soll, ausgehend von den Patientenzahlen des Einzugsgebietes, in den nächsten vier bis fünf Jahren Maximalversorgungsniveau erreichen.“ Die regionale Versorgungslage war auch der Grundgedanke der Vernetzungsstrategie im Land Brandenburg. „Wir haben bundesweit die niedrigste Vertragsarztdichte und immer mehr Patienten nehmen die Rettungsstellen auch dann in Anspruch, wenn es sich nicht um einen Notfall handelt“, so Andreas Schwark, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg. Ärzte, Land, Kommunen und Krankenkassen zogen für das KV RegioMed-Programm an einem Strang. Ein Baustein des Programms sind Bereitschaftspraxen, die außerhalb der normalen Sprechzeiten geöffnet sind, beispielsweise am Sonntagvormittag. Schwark: „Dadurch können Patientenströme aus der Rettungsstelle herausgelöst werden. Zugleich sind diese Praxen eine Alternative zu Hausbesuchen.“ Das Echo der Krankenhäuser ist durchweg positiv. VERSORGUNG UND KRANKENHAUSMANAGEMENT 3 Prof. Dr. Christian Schmidt Die erste Bereitschaftspraxis wurde im Januar 2012 in Potsdam gegründet. Seit Dezember 2012 gibt es eine solche Praxis auch in Cottbus, zunächst als Praxis für Allgemeinmedizin, inzwischen sind auch Kinderärzte beteiligt. Demnächst sollen auch in der Stadt Brandenburg und in Rüdersdorf derartige Praxen eröffnet werden. Eine Vorab-Wirtschaftlichkeitsstudie zeigte, dass vier bis fünf Patienten pro Stunde ausreichend sind, um eine Bereitschaftspraxis wirtschaftlich führen zu können. Die IT der Praxen wird durch die Krankenkassen gestellt, das Personal kommt aus dem Krankenhaus und macht „Dienst nach Wunsch“. Kontakt Valeo-Klinikverbund Königstraße 52 33330 Gütersloh Tel.: 05241 – 400 99 20 www.valeo-klinikverbund.de Universitätsmedizin Rostock Schillingallee 35 18057 Rostock www.med.uni-rostock.de Kassenärztliche Vereinigung Brandenburg Gregor-Mendel-Straße 10/11 14469 Potsdam Tel.: 0331 – 286 80 www.kvbb.de 33 3 VERSORGUNG UND KRANKENHAUSMANAGEMENT Gemeinsame Lösungen statt Konfrontation gefragt Ambulante Versorgungsunternehmen, Netze und Krankenhäuser – Partner oder Konfrontation? Der Wettbewerb im Gesundheitswesen wird angefeuert. Während sich vor allem die Funktionäre der Selbstverwaltung immer wieder Grabenkämpfe liefern, arbeiten Ärzte und Kliniken vor Ort trotz politisch gewollten Wettbewerbs häufig hervorragend zusammen. Denn Alleingänge sind angesichts der künftigen Herausforderungen im Gesundheitswesen kontraproduktiv. Seit geraumer Zeit haben Gesundheitspolitiker fast aller Parteien die Devise ausgegeben, es müsse mehr Wettbewerb im Gesundheitswesen herrschen. Ob Krankenkassen, Krankenhäuser oder Ärzte – sie alle stehen in Konkurrenz zueinander. Doch die Fronten verlaufen längst nicht mehr nur zwischen den niedergelassenen Ärzten auf der einen und Krankenhäusern oder den Krankenkassen auf der anderen Seite. Uneinigkeit über die neuen Strukturen wie MVZ oder ambulanten Versorgungsunternehmen (AVU) herrscht auch innerhalb der niedergelassenen Ärzteschaft. Gilt im deutschen Gesundheitswesen das Prinzip Jeder gegen Jeden? 34 „Wir haben derzeit nur wenige Freunde“, sagte Dr. Ursula Hahn, Geschäftsführerin von OcuNet. Das AVU mit großen ambulanten augenmedizinischen Zentren beschäftigt 105 Mitarbeiter und hat etwa 75.000 konservative Patientenkontakte sowie 13.000 Operationen jährlich. Besonders kritisch stünden Kassenärztliche Vereinigungen und Krankenhausverbände dem AVU gegenüber. Dagegen seien Krankenkassen und Lokalpolitiker durchaus aufgeschlossen und zeigten reges Interesse. „Für Lokalpolitiker ist es wichtig, dass es in der Region genügend Augenärzte gibt, die ja zur Primärversorgung gehören “, so Hahn. Aber auch mit den Leistungserbringern vor Ort, jenseits der Funktionärsebene, funktioniere die Kooperation oft ganz gut, VERSORGUNG UND KRANKENHAUSMANAGEMENT ergänzte sie. Hahn zeigte sich überzeugt, dass ambulante Versorgungsunternehmen die Voraussetzungen erfüllen, um die aktuellen Herausforderungen im Gesundheitswesen zu meistern. So seien AVU durch eine verbindliche moderne Organisationsstruktur mit gemeinsamen Versorgungszielen und Qualitätsstandards sowie eine Bündelung von Managementfunktionen gekennzeichnet. Die Ablehnung der ärztlichen Standesorganisationen hat auch Dr. Bernard Frieling, Mitgründer der Medivision/Endokrinologikum Gruppe, zu spüren bekommen. „Die jungen Ärzte sind dagegen sehr gern zu uns gekommen, weil wir flexible Arbeitszeitmodelle und qualifizierte Fortbildungen anbieten“, sagte er. Auch mit den niedergelassenen Ärzten aus der Umgebung habe man keine großen Probleme gehabt. Das liege daran, dass das Endokrinologikum eine spezialisierte Versorgung anbiete. „Unser Ziel ist nicht, Patienten anzuziehen und zu halten. Im Gegenteil: Wir führen sehr spezialisierte Interventionen durch und schicken sie wieder zu den behandelnden Kollegen vor Ort“, so Frieling. Das habe dem Unternehmen hohe Akzeptanz gesichert. In den vergangenen Jahren waren es aber vor allem Medizinische Versorgungszentren, deren Konkurrenz niedergelassene Ärzte fürchteten. Sie sahen sich in der Konkurrenz zu Krankenhäusern, einen verzerrten Wettbewerb um ambulante Patienten und beklagten die ungleich langen Spieße, mit denen der Wettbewerb ihrer Ansicht nach ausgetragen würde. Während Vertragsärzte beispielsweise die Kosten für ihre Geräte aus eigener Tasche stemmen müssen, verfügen die Großkonzerne über nahezu unbegrenzte Ressourcen, lautet ihre Argumentation. Allerdings sind niedergelassene Ärzte ebenfalls kein zahnloser Tiger in diesem Konkurrenzkampf. Einige Krankenhausträger fühlten sich regelrecht erpresst, als Vertragsärzte aus Protest gegen KrankenhausMVZ die Zusammenarbeit aufkündigt und keine Patienten in die Kliniken mehr überwiesen. Auch Burkhard Nolte, Regionalgeschäftsführer der St. Franziskus Stiftung Münster, musste diese Erfahrung machen, als das St. Franziskus Hospital auch ambu- 3 lante onkologische Versorgung anbieten wollte. „Am Ende konnten wir jedoch mit niedergelassenen Ärzten eine Lösung finden und das MVZ gemeinsam gründen“, berichtete er. Ohnehin ist Nolte überzeugt, dass Kooperation der beste Weg ist, um bestehenden und künftigen Probleme im Gesundheitswesen gewappnet zu begegnen. So habe man am St. Franziskus Hospital in Münster schon frühzeitig begonnen, Kooperationen mit niedergelassenen Ärzten aufzubauen. „Die erste Praxis ist bereits 1998 auf dem Klinikgelände angesiedelt worden“, so Nolte. Mittlerweile seien es 21 Facharztpraxen, mit deutlich über 50 Fachärzten, die ein Netzwerk in enger Vernetzung mit dem Krankenhaus bilden. Ein Partner ist auch ein Augenzentrum des OcuNet-Verbundes. Sein Plädoyer: Nur eine sachlich geführte Diskussion über die Kooperationsmöglichkeiten im Gesundheitswesen bringt Ergebnisse. Weder Krankenhäuser, noch niedergelassene Ärzte oder ambulante Versorgungsunternehmen könnten alleine eine hoch qualitative und flächendeckende Versorgung auf Dauer sicherstellen. Dafür seien vor allem kluge und gemeinsame Lösungsansätze gefragt. Kontakt OcuNet GmbH & Co. KG Friedrichstraße 47 40217 Düsseldorf Tel.: 0211 – 179 32 66 Mail: [email protected] www.ocunet.de St. Franziskus-Hospital Münster Hohenzollernring 72 48145 Münster Tel.: 0251 – 93 50 Mail: [email protected] www.sfh-muenster.de MediVision Trägergesellschaft mbH Haferweg 40 22769 Hamburg Tel.: 040 – 33 44 11 93 11 Mail: [email protected] www.endokrinologikum.com 35 3 VERSORGUNG UND KRANKENHAUSMANAGEMENT Ein Hoch auf Honorarärzte Krankenhaus ohne angestellte Mediziner – geht das? Der Fachkräftemangel im Krankenhaus wird laut einer Studie der Unternehmensberatung Roland Berger zunehmen. Bereits 2015 fehlten demnach rund 175.000 Ärzte und Pfleger. Auf der Suche nach Lösungen stellt sich die Frage, ob das Drama ohne Honorarärzte noch größer wäre? Oder ist gar das Krankenhaus ohne angestellte Mediziner die Lösung des Problems? Immerhin beschäftigen 66 Prozent der Kliniken zur Zeit Honorarärzte. „In den deutschen Krankenhäusern sind 12.000 Arztstellen unbesetzt und junge Leute bleiben nicht länger als nötig“, so Lutz Hammerschlag, Leiter des Berliner Instituts für innovative Arbeitsbedingungen im Krankenhaus. „Wir reden nicht von Ärztemangel, sondern von Ärzteflucht.“ Die Gründe: Es gibt immer mehr Ärztinnen, dadurch wird die (Familien-)Planbarkeit auch im Arztberuf immer wichtiger. Honorarärzte wollen zwar im Krankenhaus arbeiten, lehnen aber die dortigen Strukturen ab. Und angestellte Ärzte suchen zunehmend Alternativen zum Angestelltenverhältnis. „Aus all dem lässt sich ableiten: Der Arbeitsplatz Krankenhaus muss attraktiver werden, dabei sind Wertschätzung, Planbarkeit und Verlässlichkeit gefragt“, so Hammerschlag. Der Geschäftsführer der Horst-Schmidt-Kliniken (HSK) folgert: Nicht-angestellte Ärzte werden sich zunehmend zusammenschließen. Rechtlich ist die Erbringung medizinischer Leistungen von nicht angestellten Ärzten durchaus möglich. „In der Vergangenheit gab es eine strikte organisatorische und personelle Trennung zwischen ambulant vertragsärztlicher und stationärer Versorgung“, so der Berliner Fachanwalt für Medizinrecht Dr. Bernd Halbe. „Waren niedergelassene Ärzte lediglich als Belegärzte oder als Konsiliarärzte im Krankenhaus tätig, dürfen sie seit 2007 auch als Honorarärzte im Krankenhaus arbeiten.“ Problematisch bleiben der rechtliche 36 Status und die Vergütung. „Sind prä- und poststationäre Leistungen ambulant oder vorstationär? Können Leistungen von Honorarärzten als Krankenhausleistungen vergütet werden? Welche Rolle spielt das ambulante Operieren? Wo gibt es Überschneidungen mit klassischen Krankenhausleistungen? Sind Honorarärzte sozialversicherungspflichtig?“, listet Halbe auf. Ungeklärt ist auch, ob und unter welchen Vorgaben ein Honorararzt zugleich ärztlicher Leiter sein kann. Und nicht zuletzt steht die Frage der Scheinselbstständigkeit im Raum. Dr. Halbe: „Rein rechtlich wäre das ´Krankenhaus ohne angestellte Ärzte´ möglich. Ich finde es aber nicht empfehlenswert, da das Bundessozialgericht sehr konservativ urteilt.“ Handlungsbedarf sieht Dr. Andreas Hartung, General bevollmächtigter der Region Südost Sana Kliniken AG, in jedem Fall. „Die fetten Jahre im Gesundheitswesen vorbei sind. Die Ressourcen werden knapper, die Förderung sinkt um 20 Prozent und es gibt einen Investitionsstau von 50 Milliarden Euro. Vor allem aber herrscht Fachkräftemangel, der sich, glaubt man den zahlreichen Studien, noch verschärfen wird.“ Ursachen sieht der Manager auch darin, dass Krankenhäuser häufig sehr tradierte Strukturen mit parallel laufenden Fachabteilungen haben. „Kleine Kliniken sind zunehmend für die Erstversorgung in der Fläche zuständig, darüber hinaus verlieren sie Patienten: Wer VERSORGUNG UND KRANKENHAUSMANAGEMENT krank ist schaut zunehmend nach Expertise, geht also in die großen Zentren,“ so Hartung. Sein Fazit: Krankenhaus muss definitiv neu gedacht werden. „Schon heute sind relevante Teile wie Apotheken, Labor, Reinigung, Wäsche oder Essen fremdvergeben. Zukünftig müssen auch die Kernleistungen von Medizin und Pflege in einem neuen Kontext gesehen werden.“ Ein solches, stufenweises und flexibles Modell lebt die Sana Kliniken Solln Sendling bei München bereits. HONORARARZT ÜBERNEHMEN SIE! Wichtig für die Zusammenarbeit von Honrarärzten und angestellten Klinikärzten ist nach Ansicht von Dr. Nicolai Schäfer, Vorsitzender des Bundesverbandes der Honorarärzte e. V., das öffentliche Bild. „Der Honorararzt ist nicht nur Vertretungsarzt“, betonte Schäfer. „Meist sind Honorarärzte erfahrene Fachärzte, die lange in Krankenhäusern gearbeitet haben.“ Viele der professionellen Honorarärzte sind Experten mit umfassenden Zusatzqualifikationen oder Ärzte im Ruhestand, die über umfangreiches Wissen auch außerhalb der Medizin verfügen und innovative Ideen haben. Waren die meisten Honorarärzte bisher Anästhesisten, zeichnet sich seit 2011 ein neuer Trend ab: Internisten und Allgemeinmediziner sind zunehmend gefragt. Zudem ist die Auftragslage im reinen Vertretungsbereich rückläufig. „Das Potenzial der Honorarärzte muss erkannt und genutzt werden. Wer sektorenübergreifende Strukturen umsetzten möchte, kommt am Honorararzt nicht mehr vorbei“, so Schäfers Fazit. 3 Kontakt Asklepios Kliniken GmbH Geschäftsführung Rübenkamp 226 22307 Hamburg Tel.: 040 – 18 18 82 66 96 www.asklepios.com Bundesverbandes der Honorarärzte e. V. Flemmingstraße 9 12163 Berlin Tel.: 030 – 51 65 55 88 www.bv-honoraraerzte.de Institut für innovative Arbeitsbedingungen im Krankenhaus Sarrazinstraße 11–15 12159 Berlin Tel.: 030 – 859 94 83 21 www.iniak.de Dr. Halbe Rechtsanwälte Kaiserin-Friedrich-Haus Robert-Koch-Platz 7 10115 Berlin Tel.: 030 – 78 71 86 73 www.medizin-recht.com 37 4 KAPITEL PREIS FÜR GESUNDHEITSNETZWERKER Vom Alterszahnmedizinschen Pflegenetzwerk bis Zuweisermarketing: Netzwerker haben viele gute Ideen. Das haben die eingereichten Projekte wieder einmal gezeigt. Ingesamt waren es 47 Projekte, die sich im dritten Jahr um den Preis für Gesundheitsnetzwerker beworben haben, davon 14 im Bereich der Idee, 33 als Projekte in der Umsetzung. Mit jeweils 10.000 Euro wurden die „Digitale Arztvisite“ und „IV Beckenbodensenkung und Inkontinenz“ dotiert. 38 4 NETZWERKERPREIS 47 Bewerber – zwei ausgezeichnete Projekte Und eine Vielzahl innovativer Projekte „Netzwerker haben viele gute Ideen. Das haben die eingereichten Projekte wieder einmal gezeigt“, so die Vorsitzende der Jury, Gudrun Schaich-Walch, in ihrer Laudatio zum Preis der Gesundheitsnetzwerker. So deckten sie denn auch ein breites Spektrum der Gesundheitsversorgung ab: Vom Alterszahnmedizin schen Pflegenetzwerk bis hin zum Zuweisermarketing. weise durch Festlegung und Messung von medizinischen Parametern. Die Vernetzung über die Sektoren hinweg war ein weiterer Punkt, den fast alle Netzwerker hervorragend erfüllten. „Dass hier nicht an den Sektoren innerhalb des Gesundheitswesens Halt gemacht wird, sondern mittlerweile über die Grenzen hinaus bis zu Pflegeleistungen, Leistungen der Arbeitslosenversicherung und der Kommunen geschaut wird, ist eine interessante und notwendige Entwicklung“, sagte Schaich-Walch. Erwartungsgemäß zeigten sich regionale Versorgungsideen im Netz als besonders praktikabel. Gudrun Schaich-Walch Im dritten Jahr seiner Auslobung haben sich 47 Projekte um den Preis für Gesundheitsnetzwerker beworben, 14 im Bereich der Idee, 33 als Projekte in der Umsetzung. Mit jeweils 10.000 Euro wurden die „Digitale Arztvisite“ und „IV Beckenbodensenkung und Inkontinenz“ dotiert. Auf die Shortlist schafften es in diesem Jahr insgesamt 12 Projekte. „Allesamt hätten sie den Preis verdient“, so das Fazit der ehemaligen Staatssekretärin. Allen Projekten gemein war der Anspruch, die medizinische Versorgung qualitativ zu verbessern, idealer- Eine Überraschung gab es bei der diesjährigen Preisverleihung. „Die Ideen waren alle gut, aber wir konnten kein einstimmiges Votum erzielen“, so Gudrun Schaich-Walch. „Und das streben wir innerhalb der Jury immer an.“ Doch statt das Preisgeld in der Kategorie zu sparen, erklärte sich die Preisstifter BERLIN- CHEMIE AG bereit, zwei Sieger in der Umsetzung zu küren. Schaich-Walch: „Das hat uns sehr gefreut, denn die Vielzahl von innovativen Projekten und deren ökonomischer Erfolg brauchen einen Raum und Rahmen, in dem sie sich präsentieren können. Diesen finden sie bei den Gesundheitsnetzwerkern.“ „Die Qualität der Einreichungen spricht für sich. Nun ist es an uns, die ausgezeichneten Ideen und Projekte nicht nur bekannt zu machen, sondern diese in die Regelversorgung zu bringen. Wie das gehen kann, darüber sollten wir im nächsten Jahr konkret sprechen“, sagte Gudrun Schaich-Walch. 39 4 NETZWERKERPREIS Wir gratulieren den Preisträgern 2014! MuM: Elektronische Arztvisite Live-Übertragung vom Pflegeheim in die Praxis Immer mehr älteren Patienten in Pflegeheimen und zu Hause stehen immer weniger Pflegekräfte und versorgende Ärzte gegenüber. Das Ärztenetz MuM – Medizin und Mehr in Bünde hat das Problem in sei ner Region angepackt. Seit Ende 2013 setzt das nordrheinwestfälische Netzwerk in Zusammenarbeit mit dem Softwareunternehmen LaWell GmbH die elektronische Arztvisite im Rahmen einer Pilotphase für eine bessere Kooperation zwischen Pflege und Medizin ein. 40 Visite im Pflegeheim, der Arzt kommt per Live-Übertragung zum Krankenbesuch ins Behandlungszimmer. Keine Utopie. Möglich macht es die elektronische Arztvisite. „Quasi wie beim Internet-Anruf via Skype stellt die hierfür entwickelte Software mittels einer am Laptop angeschlossenen Digitalkamera die direkte Verbindung zwischen Pflegekraft beim Patienten und Arbeitsplatz des Arztes her“, erklärt Jens Gabriel, Geschäftsführer der ärztlichen Genossenschaft „Medizin und Mehr“ (MuM), das System. „Nach wenigen Sekunden hören und vor allem sehen sich die Beteiligten. So kann dank Kamera gezielt auf den Patienten und beispielsweise eine Wunde gefilmt werden. Das macht etwa eine erste Einschätzung der Patientensituation beziehungsweise eine gezielte Nachsorge in jedem Fall möglich.“ zunehmend zu einer direkten Einweisung ins nächst gelegene Krankenhaus. Durch die elektronische Arztvisite und deren gezielter Anwendung im Sinne einer ersten Einschätzung der Versorgungssituation, lassen sich solche Situationen inklusive der damit verbundenen Kosten für Transport und stationärem Aufenthalt vermeiden.“ Zur Zeit kooperiert MuM mit drei Pflegeheimen in der Region. „Die elektronische Arztvisite ist kein arztersetzendes, sondern ein arztunterstützendes Medium. Gerade in den Abendstunden oder am Wochenende kann so die Versorgung der Patienten in Pflegeheimen maßgeblich verbessert werden“, erklärt Dr. Hans-Jürgen Beckmann, Vorstandsvorsitzender des Netzes. Durch das System lassen sich zudem unnötige Krankenhauseinweisungen von Patienten am Wochenende oder zu Unzeiten vermeiden. Beckmann: „Bislang ruft die Pflegekraft in der Nacht oder am Wochenende den Bereitschaftsdienst der KVen an. Da dieser jedoch oftmals mit einem fachfremden Arzt besetzt ist kommt es Nicht zu unterschätzen für das Gelingen des Projekts war die Akzeptanz der Technik im Pflegealltag. Die Hürde der Anwendung für die entsprechenden Netzwerkpartner musste so niedrig wie möglich gehalten werden. „Vor allem ältere Pflegekräfte ohne eine große Computeraffinität sollten problemlos mit der elektronischen Arztvisite arbeiten können. Das ist uns in Zusammenarbeit mit dem Softwareunternehmen LaWell gelungen“, so Geschäftsführer Gabriel. Das Programm startet alle Routinen wie die Webcam und das Mikrofon von selbst, so dass nur noch die Kamera auf den Patienten, den Wundbefund oder die Tablettenschachtel gelenkt werden muss. „Über den Benefit Die Übertragung des Gesprächs erfolgt per WLAN via Internet. „Das System ist sicher, denn die Kommunikation erfolgt in einer geschlossenen Benutzergruppe“, betont Jens Gabriel. Der Patient muss dieser Form der Behandlung natürlich zustimmen. Zudem kann die Sitzung zur Dokumentation gespeichert werden, was auch der Pflegekraft die notwendige Rechtssicherheit garantiert. 4 NETZWERKERPREIS sind sich alle Beteiligten einig: Die Telemedizin spart Zeit sowohl auf Pflege- als auch auf Arztseite. Die steht für den Patienten zur Verfügung. Das macht die Arbeit befriedigender.“ MuM schreibt seit 16 Jahren erfolgreiche Versorgungs geschichte: Die einstige Interessengemeinschaft aus 44 niedergelassenen Ärzten aus der nordrheinwest fälischen Region Bünde, Kirchlengern und Rödinghausen ist bis heute zu einem hoch professionell organisiertem Zusammenschluss von über 50 niedergelassenen Haus- und Fachärzten avanciert. Rund 300 nichtärztliche Mitarbeiter unterstützen das Netzwerk und sorgen gemeinsam mit den Medizinern für die Versorgung von etwa 72.000 Bürgern des Kreises. Die elektronische Arztvisite soll im Netz ausgeweitet werden. Gabriel: „Wir führen gerade Gespräche mit dem ortsansässigen Krankenhaus. Und denken darüber hinaus auch an die Einbindung von Spezialkliniken oder Diabeteszentren in die elektronische Arztvisite.“ Kontakt: Ärztenetz MuM – Medizin und Mehr eG Jens Gabriel, MBA Viktoriastraße 19 32257 Bünde www.mum-buende.de Mail: [email protected] 41 4 NETZWERKERPREIS Raus aus der Tabuzone, rein in die bestmögliche Therapie Integrierte Versorgung – Beckenboden und Inkontinenz Laut WHO ist Inkontinenz ein größtenteils vermeidbares und behandelbares Krankheitsbild und sicherlich keine unausweichliche Konsequenz des Alterns. Aber Inkontinenz ist ein Tabuthema. Über Inkontinez sprechen, gezielte Therapien anbieten und damit Frauen ihre Lebensfreude zurückgeben, ist das Ziel der Netzwerker im Beckenbodenzentrum Südhessen. Hier arbeiten niedergelassene Gynäkologen, Urologen, Chirurgen und Hausärzte mit Kliniken und Spezialisten erfolgreich zusammen. Einlagen statt Lebensqualität: Für Dr. Erika Ober, Initiatorin des Beckenbodenzentrums Südhessen, war das keine Option für ihre Patienten. „Trotz der teilweise deutlichen Beeinträchtigung im Alltag, trauen sich nur wenige Patienten Hilfe einzuholen“, weiß die Gynäkologin im Odenwald. Das Beckenbodenzentrum Südhessen ist Anlaufstelle für betroffene Patienten mit Beckenbodensenkung und Inkontinenz. Dr. Erika Ober: „Die Patienten werden einer spezialisierten Therapie zugeführt. Dazu werden die in den Partnerpraxen selektierten Patienten von mehreren Spezialisten in einer Beckenbodensprechsunde untersucht. Die Fälle werden neben der täglichen Kommunikation über das Patienteninformationssystem ePat in monatlichen interdisziplinären Treffen mit Beteiligung des Beckenbodenspezialisten besprochen.“ Mit Dr. Ralf Bentler konnte hier einer der besten Mediziner für die rekonstruktive Beckenbodenchirurgie der Frau gewonnen werden. Er führt seit Januar 2007 monatlich mindestens an einem Tag im Gesundheitszentrum Odenwald, im Alice Hospital in Darmstadt und in Kassel spezifische Operationen im Bereich des Beckenbodens der Frau durch. Das Therapie-Spektrum des Beckenbodenzentrums Südhessen reicht von der konservativen bis hin zu den neuesten operativen Therapien. Zur den konservativen Behandlungen zählt unter anderem das gezielte Training mit einem Physiotherapeuten. Wenn die konservativen Möglichkeiten ausgeschöpft sind, kommt bei Belastungsinkontinenz und/oder Sen- 42 kungszuständen eine Operation in Betracht. Wenn die Senkung schon weit fortgeschritten ist, werden hier häufig Netze genutzt, um das Bindegewebe zu ersetzen – das Spezialgebiet von Dr. Bentler. „Egal welcher Therapieplan, wichtig ist, dass die Patienten von Beginn an bis hin zu möglichen Reha-Maßnahmen betreut sind. Im Beckenbodenzentrum übernimmt die fach- und sektorenübergreifende Koordination und Patientenführung eine Case Managerin“, so die Initiatorin. Das Beckenbodenzentrum Südhessen will mit seinem Angebot dazu beitragen, das Thema Inkontinenz zu enttabuisieren und die noch immer weit verbreitete Sprachlosigkeit bei Patienten und Medizinern zu durchbrechen. „Inkontinenz ist keine Krankheit, mit der man leben muss. Sie ist heilbar.“, betont Erika Ober. „Aber die Betroffenen müssen ermutigt werden, ihre Beschwerden zu thematisieren und die richtigen Ansprechpartner und Therapien vorfinden.“ Hier haben die Netzwerker mit dem Beckenbodenzentrum einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung getan! Kontakt Beckenbodenzentrum Südhessen Dr. med. Erika Ober Friedrich-Ebert-Straße 24 64720 Michelstadt Tel.: 06061 – 2630 Mail: [email protected] www.beckenbodenzentrum-suedhessen.de 4 SHORTLIST Ehre, wem Ehre gebührt Shortlist Auch in diesem Jahr gab es wieder reichlich Bewerber, die in die engere Wahl für die Auszeichnung der Gesundheitsnetzwerker gekommen sind. An dieser Stelle würdigen wir die Projekte mit einem Kurzpor trait. SHORTLIST IDEE Ambulant-psychiatrisches Kriseninterventionssystem Oberbayern Seelische Notlagen bedeuten für Betroffene und Angehörige Leid und Gefahr. Menschen haben in diesen Extremsituationen Anspruch auf Hilfe. Und zwar schnell, professionell und rund um die Uhr. Krisendienste, wie sie das „Ambulant-psychiatrische Kriseninterventionssystem Oberbayern“ organisieren will, können genau diese Unterstützung qualifiziert anbieten. Die Erfahrungen haben gezeigt, dass es für Menschen mit schweren und chronischen Erkrankungen mittlerweile ein breites Spektrum ambulanter Hilfen gibt. Diese Gruppe von Patientinnen und Patienten kann heute trotz erheblicher Schwankungen ihres Gesundheitszustandes in der Regel gut ambulant betreut werden. Doch um stationäre (Wieder-) Aufnahmen bei dieser Patientengruppe zu vermeiden ist es allerdings wichtig, für die gelegentlich auftretenden krisenhaften Zuspitzungen niederschwellige, möglichst rund um die Uhr erreichbare, flexible Krisenhilfe vorzuhalten. Das ist vor allem im ländlichen Raum nicht gegeben: Es gibt keine hinreichend qualifizierte Soforthilfe für Menschen mit seelischen Krisen. Betroffenen und Angehörigen bleibt häufig nur die Telefonseelsorge oder der allgemeine ärztliche Bereitschaftsdienst – mit der Folge, dass die Hilfesuchenden oft stationär eingewiesen werden müssen. Dieses will das ambulant-psychiatrische Kriseninterventionssystem Oberbayern vermeiden und organisiert professionelle regionale Strukturen. Ziel des Projekts ist es, die Chancen und Potenziale einer regionalen Krisenversorgung aufzuzeigen und Wege zur Kooperation, einschließlich einer angemessenen Finanzierung anzubahnen und anzustoßen. Dazu entwickeln die kbo Kliniken des Bezirks Oberbayern regionale Netzwerke und Kooperationsstrukturen in angrenzende Versorgungsbereiche mit allen Akteuren. Zudem vereinbaren sie verbindliche Kooperation mit den Akteuren wie vor allem den Institutsambulanzen der psychiatrischen Kliniken, Sozialpsychiatrischen Dienste und niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten der regionalen Versorgungsstrukturen. www.kbo.de Was hab‘ ich? Jeder Beruf hat seine Sprache. Mediziner-Sprache, geprägt von lateinischem Vokabular, ist von Laien kaum zu verstehen, eine Kommunikation zwischen Arzt und Patient auf Augenhöhe ist daher schwer. Diese zu verbessern, ist Ziel des Internetportals „Was hab‘ ich?“ Auf dem Portal können Patienten ihre ärztlichen Befunde anonym einschicken. Medizinstudenten übersetzen ihnen das Papier in eine laienverständliche Sprache. Der Service ist kostenlos. Das Portal ist gemeinnützig und finanziert sich über Spenden. Das inzwischen bundesweit aufgestellte, ehrenamtliche Team aus 1.000 geschulten Medizinern übersetzte seither nahezu 18.000 Befunde. Nun soll das Angebot um den „Patientenbrief“ erweitert werden: Eine patientenorientierte Version des Entlassungsbriefes, die dem Patienten und seinen Angehörigen direkt nach dem Krankenhausaufenthalt nachlesbare und individuelle Informationen über Krankheitsbild, die während des Aufenthaltes durchgeführten Untersuchungen und Therapien sowie die weiteren Schritte liefert. Der Patientenbrief wird teilautomatisiert erstellt. Er ist dadurch viel schneller erstellbar als die vollständig individuellen Erklärungen der ehrenamtlichen Übersetzer bei „Was hab’ ich?“. Durchschnittlich braucht ein Mediziner dort drei bis vier Stunden für die Erläuterung eines Befundes. Der als Dienstleistung für Krankenhäuser gedachte Patientenbrief soll nur einen Bruchteil der Zeit einnehmen. Der Patientenbrief wird die ehrenamtliche Arbeit bei „Was hab’ ich?“ ergänzen, aber nicht ersetzen. Denn der Lerneffekt durch das Übersetzen ist für die Mediziner enorm, die Rückmeldungen der Nutzer hochmotivierend: 85 Prozent der Nutzer geben an dank der Übersetzung des eigenen Befundes mehr Mut zu haben, ihrer Erkrankung entschlossener entgegenzutreten. www.washabich.de Regionales Versorgungskonzept Lippe Vor zehn Jahren wurde eine stationäre Geriatrie im kommunalen Klinikum Lippe eröffnet. Grund: Es wurde den Beteiligten immer bewusster, dass die interdisziplinäre Versorgung von Seiten des Klinikums nicht an der Haustür des Patienten aufhören darf. Die Überlegungen, wie sich die Versorgung älterer Patienten über die Schwelle der Klinik hinaus verbessern lässt, mündeten in ein schriftlich formuliertes Konzept, die Geburtsstunde des „Regionalen Versorgungskonzeptes Lippe“. Das Klinikum Lippe und 43 4 SHORTLIST das Ärztenetz Lippe haben dazu eine strategische Partnerschaft geschlossen: Wo ehemals getrennt wirkende Akteure verschiedene Gesundheitsthemen bearbeitet haben, stimmen sie sich nun eng miteinander ab. Dreh- und Angelpunkt des Konzeptes ist der Aufbau eines sektorübergreifenden Casemanagements für ältere, multimorbide Patientinnen und Patienten. Teil der Allianz ist das „Regionale Versorgungskonzept Geriatrie”. Dies beinhaltet die enge Anbindung der klinischen an die hausärztliche Versorgung. Zur Koordination werden examinierte Pflegefachkräfte als Gesundheitshelferinnen eingesetzt, die die Patienten in ihrem Leben zwischen ambulantem und stationärem Sektor betreuen. In einem ersten Hausbesuch erfassen die Gesundheitshelferinnen die gesamte Versorgungssituation, inklusive Medikation und Eigenmedikation. Die Durchführung geriatrischer Assessments, das Erkennen von Sturzgefahren in der Wohnung, die Beratung zu Fragen bezüglich Krankheit und Präventionsmöglichkeiten sowie die Information über spezielle Seniorenangebote im Kreis Lippe und Informationen bei sich abzeichnender Pflegebedürftigkeit runden den Hausbesuch ab. Gemeinsam mit den Patienten und auf Wunsch auch ihrer Angehörigen wird ein Hilfeplan erarbeitet. Der Hausarzt erhält nach dem ersten Hausbesuch immer eine Rückmeldung, ansonsten bei sich abzeichnenden Veränderungen. Je nach Versorgungsproblematik erfolgt ein mehr oder weniger engmaschiges Monitoring durch die Gesundheitshelferinnen, die zudem in engem Kontakt mit Leistungserbringern, Kostenträgern und Beratungsdiensten stehen. Seit 2010 wurden bzw. werden knapp 800 ältere Menschen aus Lippe im Rahmen dieses sektorenübergreifenden Projektes betreut. Der Erfolg auf Projektebene soll langfristig in der Gründung einer gemeinsamen CasemanagementGesellschaft münden. www.gesundheitshelferin-lippe.de SHORTLIST UMSETZUNG Aufbau einer sozialmedizinischen Nachsorge für Frühgeborene 44 Nicht nur die Frühchen brauchen Starthilfe ins Leben. Auch ihre Familien benötigen beim Start in das neue Leben mit einem frühgeborenen Kind Unterstützung. Diese Hilfe organisiert die sozialmedizinische Nachsorge für Frühgeborene des Klinikums Westbranden burg Potsdam. Was vor zwei Jahren als beste integrierte Versorgungsidee bei den Gesundheitsnetzwerkern vorgestellt und ausgezeichnet wurde, ist heute fester Bestandteil des nachstationären Betreuungskonzepts. Im ersten Quartal diesen Jahres hat die sozial medizinische Nachsorge für Frühgeborene bereits 31 Kinder und ihre Familien in der Nachsorge. Etwa 155 Familien wurden seit Beginn des Projektes 2012 durch das Nachsorgeteam zu Hause betreut. Durch die Fusion der Kinderklinik des Klinikums „Ernst von Bergmann“ Potsdam und der Kinderklinik des Städtischen Klinikums der Stadt Brandenburg zur Kinder- und Jugendklinik „Klinikum Westbrandenburg“ hat das Projekt die Möglichkeit, einen zweiten Standort in der Stadt Brandenburg aufzubauen. Das Nachsorgeangebot kann so noch weiter in die brandenburger Fläche gebracht werde. Bisher war es auf einen Radius von 50 Kilometer um die Stadt Potsdam beschränkt. www.klinikumevb.de Best-AG – Patientencoaching an der Schnittstelle zwischen Arbeitsmarkt und Gesundheitssystem Jeder dritte Hartz-IV-Empfänger ist so krank, dass er nicht vermittelbar ist, so Erhebungen der Bundesagentur für Arbeit. Obgleich verschiedene Studien auf den Zusammenhang zwischen Gesundheit beziehungsweise Krankheit und Arbeitslosigkeit hinweisen, werden die Bereiche in der Sozialgesetzgebung getrennt voneinander geregelt. Die Beratungsstelle für Arbeit und Gesundheit (Best-AG) will genau an dieser Stelle eine Brücke bauen. Ziel der Best-AG ist es, langzeitarbeitslosen Personen ihre Möglichkeiten im Rahmen der Regelversorgung des SGB V aufzuzeigen, die Hemmschwelle für eine Inanspruchnahme der ihnen zustehenden Leistungen zu senken, sie bei der konkreten Zuführung zu unterstützen und so zu einer Verbesserung ihres gesundheitlichen Zustandes beizutragen. Darüber hinaus sollen Daten zu Versorgungssituation, -bedarf und -hemmnissen von langzeitarbeitslosen Menschen in München gewonnen werden. Langfristig will die Best-AG ein Netzwerk von Ärztinnen und Ärzten, Therapeutinnen und Therapeuten und Beratungsstellen aufbauen, das sich um die Gesundheit von langzeitarbeitslosen Menschen kümmert. Das Projekt wird umfassend wissenschaftlich begleitet. Die Ergebnisse der Evaluation sollen in moderne Konzepte der vernetzten Versorgung integriert werden. www.algesiologikum.de Flächendeckende Überwindung von Sektorengrenzen im Bereich Integrierter Versorgung (IV) psychisch Kranker Ziel des IV-Projekts zur flächendeckenden Überwindung von Sektorengrenzen ist es, eine patientenorientierte Versorgungsstruktur für psychisch Kranke zu schaffen, die das starre Regelleistungssystem durch flexiblere Leistungsangebote ersetzt. In den Bundesländern Niedersachsen, Bremen und Thüringen ist in den letzten Jahren ein flächendeckendes ambulantes Versorgungsnetzwerk aufgebaut worden. Die IVPNetworks GmbH hat gemeinsam mit regionalen Leistungsanbietern eine intelligente Versorgungssteuerung realisiert, die den Arzt entlastet und die Qualität der Versorgung erhöht: Im Rahmen der integrierten Versorgung schließen sich Facharzt, Krankenkassen und psychiatrischer Fachdienst zusammen, um gemeinsam die Versorgung psychisch kranker Menschen im vertrauten häuslichen Umfeld zu ermöglichen. Maßgeb licher Baustein ist die Entwicklung eines bedarfsorientierten Behandlungspfades, der die Abfolge einzelner ambulanter Behandlungsmodule und die Verantwortlichkeiten der Netzwerkpartner für jeden dieser Schritte festlegt. Die Auswahl der Module obliegt dem behandelnden Facharzt in Abstimmung mit dem Patienten und dem multiprofessionellen Behandlungsteam. Konkret heißt das: Regelmäßig besucht ein sogenannter Bezugstherapeut den Patienten und steht ihm in Absprache mit dem Facharzt für alle Fragen rund um die Behandlung zur Verfügung. Als ausgebildete psychiatrische Fachkraft koordiniert er unter fachärztlicher Leitung die Behandlungsmodule und entlastet damit den Arzt. Kurzfristige Facharzttermine werden schnell realisiert. Zudem gibt einen Krisendienst, der 24 Stunden am Tag erreichbar ist und so in akuten Krisen parat steht. Eine IT-Plattform vernetzt alle Leistungserbringer im System und ermöglicht so eine gesicherte Steuerung der Patienten in dem lokalen Netzwerk. www.ivpnetworks.de 4 SHORTLIST INDIKAtionsspezifische regional koordinierte nachstationäre Langzeitversorgung von Menschen mit Schlaganfall und Menschen mit Demenz nach Schlaganfall (MmS/D) in Berlin Pankow Für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen bedeutet der Übergang vom stationären ins ambulante Versorgungssystem oft erhöhte Belastung. Informations- und Reibungsverluste an den Schnittstellen zwischen den Leistungsanbietern zu vermeiden, Synergieeffekte zu nutzen ist die Kernidee des regionalen Versorgungsverbundes QVIVA e.V. Speziell für Schlaganfallpatienten und von einer Demenz nach einem Schlaganfall Betroffene hat das Netzwerk das Projekt INDIKA ins Leben gerufen. INDIKA sattelt auf die bereits in Berlin-Pankow bestehenden Netzwerkstrukturen des regionalen Gesundheits- und Versorgungsverbundes auf. Neben den bereits bestehenden Netzwerkpartnern aus den Bereichen Pflege, Beratung und Therapie wurden zur Zusammenarbeit Haus- und Fachärzte sowie Rehabilitationseinrichtungen gewonnen. INDIKA hat zum Ziel, die nachstationäre pflegerische Versorgungs- und Beratungsqualität von Menschen mit Schlaganfall und Menschen mit Demenz nach Schlaganfall (MmS/D) und ihrer Angehörigen regional, wohnortnah und qualitätsgesichert zu vernetzten und damit zu verbessern. Kernstück des Projektes INDIKA ist es innerhalb des regionalen Gesundheits- und Versorgungsnetzes einen transsektoralen pflegerischen Versorgungspfad zu entwickeln und verbindlich umzusetzen. Beteiligt sind alle relevanten Akteure, die für die Behandlung von Schlaganfallpatienten und von einer Demenz nach einem Schlaganfall betroffen sind. Innerhalb des Projektes werden Gesundheitsziele im Rahmen einer gegründeten Gesundheits- und Pflegefachkonferenz entwickelt und notwendige Maßnahmen zur verbesserten Sekundärprävention und Langzeitversorgung im Großbezirk Pankow abgeleitet. Ein weiteres Handlungsfeld des Projekts INDIKA ist die Fallkoordination: Bis zu 300 Patienten und ihre Angehörigen können in das Projekt eingeschrieben werden und von den Angeboten profitieren. Insgesamt 150 Patienten werden zusätzlich von den Fallmanagern betreut und deren Versorgung so koordiniert, dass die Patienten möglichst lange autonom in der häuslichen Umgebung leben und ihre Lebensqualität erhalten können. www.qvnia.de Integrierte Versorgung für zur Lungentransplantation gelistete Patienten und lungentransplantierte Patienten Das Projektkonzept „Integrierte Versorgung für zur Lungentransplantation gelistete Patienten und lungentransplantierte Patienten“ sieht vor, dass ein Patient, von dem Moment an, in dem er für eine Transplantation gelistet wird, eine lebenslange, koordinierte Versorgung erhält. Diese beinhaltet die Prä-Transplantations(TX)-Versorgung, den stationären Aufenthalt mit Transplantation, Rehabilitation sowie lebenslange Nachsorge. Die Prä-TX-Leistungen bestehen aus Evaluation, vorgeschalteter Rehabilitationsmaßnahme zur körperlichen Stabilisierung und allen Untersuchungen, die notwendig sind. Der Patient wird zu diesem Zeitpunkt bereits durch das in die Lungentransplantationsambulanz eingegliederte Fallmanagement gesteuert. Die Post-TX-Leistungen enthalten die Anschlussheilbehandlung, lebenslange Nachsorge inklusive eines Surveillance-Programms und der jährlichen Schulungen „Lungenwoche“ an der Kooperations-Klinik Fallingbostel. Der Versorgungs- pfad wurde in gemeinschaftlicher Arbeit von der MHH und der Klinik Fallingbostel erarbeitet und gliedert sich in unterschiedliche Module. Der Ablauf wird durch die Koordination des Fallmanagements in der TX-Ambulanz der MHH sicher gestellt. Eine gemeinsame elektronische Patientenakte erlaubt der MHH und der RehaEinrichtung einen reibungslosen Informationsaustausch. Auch der Informationsaustausch zwischen niedergelassenen Ärzten und anderen Krankenhäusern ist durch das Fallmanagement jederzeit gegeben. Seit 2007 wurden 83 IV-Patienten eingeschrieben. www.mh-hannover.de Kinderpalliativteam Ostbayern Vier Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerinnen, sechs Ärzte, eine Seelsorgerin und eine Psychologin des Klinikum St. Marien in Amberg kümmern sich seit einem Jahr um sterbenskranke Kinder. Das speziell ausgebildete, multiprofessionelle Kinderpalliativ-Team Ostbayern ist für die spezialisierte ambulante pädiatrische Palliativ versorgung – kurz SAPPV – für die Oberpfalz zuständig. Es betreut Kinder und Jugendliche, die an einer unheilbaren Krankheit leiden, und begleitet sie und ihre Familien auf ihrem letzten Weg zu Hause. Damit Kinder und Jugendliche gerade in der Endphase ihres Lebens im häuslichen Umfeld so gut wie möglich betreut werden können, hat das bayrische Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit 2009 in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft Pädiatrische Palliativmedizin in Bayern ein Konzept zur spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPPV) von Kindern und Jugendlichen erstellt. In Bayern sollen danach sechs sogenannte Palliativ-CareTeams aufgebaut werden. Dafür sollten die Palliativ-Teams so ausge stattet werden, dass das Konzept einerseits tragfähig, andererseits für die Kostenträger akzeptabel ist. Dies ist gelungen und Amberg ist das dritte von fünf bis sechs Teams, die in Bayern vorgesehen sind. Das Klinikum St. Marien sichert eine ambulante medizinische, pflegerische und psychologische Versorgung von sterbenskranken Kindern und deren Familie durch eine umfassende netzwerkübergreifende und multiprofessionelle Versorgungsstruktur im ländlichen Raum. www.klinikum-amberg.de Landarztnetz Lahn Dill GmbH – Sicherstellung der Landärztlichen Versorgung im Lahn Dill Kreis Im Lahn Dill Kreis wird echte integrierte Versorgung im Schulterschluss zwischen Klinik, Regionalpolitik und Arztnetz gelebt. Die KV Hessen ist als Trägerin des Sicherstellungsauftrages kurzfristig nicht im Stande, die Bedarfslücke (bestehende oder drohende Unterversorgung) zu schließen. Die Gesundheitsregion Lahn Dill GmbH hat Überlegungen angestellt, notwendige Aktivitäten zur „Sicherstellung aus der Region“ zu entwickeln. Die Überlegungen mündeten in der Gründung der Landarztnetz Lahn Dill GmbH. Die Gesellschaft will dazu Praxen von den in Rente gehenden Ärzten übernehmen und dort junge Hausärzte anstellen. Dazu werden die Alt-Praxen in Satelliten-MVZ überführt und an ein bestehendes MVZ angeschlossen. Das Angebot des Landarztnetzes Lahn Dill richtet sich an Praxen, die keinen Nachfolger finden, damit diese nach Möglichkeit weiter betrieben werden können. Die nachfolgen den Ärzte werden bei der Landarztnetz Lahn Dill GmbH zu einem Festgehalt angestellt. Mit dem Angebot kommen die Initiatoren den Bedürfnissen der jungen Mediziner entgegen, denn es gibt zwar 45 4 SHORTLIST genug angehende Ärzte, die sich vorstellen können, als Hausarzt zu arbeiten, aber sie wollen oft nicht das Risiko für eine selbstständige Unternehmung übernehmen. Zudem ist es als Landarzt aufgrund des hohen zeitlichen Aufwands häufig schwierig, Beruf und Familie zu vereinbaren. Dies ist in einem Angestelltenverhältnis leichter umsetzbar, zumal das Landarztnetz Lahn Dill die angestellten Ärzte bei der Praxisorganisation unterstützt und ihnen so mehr Freiräume schafft. Wenn sie dann doch wollen, haben die Nachfolger die Möglichkeit, die Praxis nach zwei Jahren als freiberufliche, selbstständige Hausärzte zu übernehmen. www.landarztnetz-lahn-dill.de Modul Polypharmazie in der Gesundheitsregion Siegerland (GRS) Mit dem Projekt „Arzneimittelmanagement in der Gesundheitsregion Siegerland“ will die KVWL gemeinsam mit dem Praxisnetz Siegerland ein strukturiertes, arztgestütztes Arzneimittelmanagement durchführen. Ziel ist die Verbesserung der Therapiesicherheit und -treue von Versicherten der kooperierenden Krankenkasse in der Region Siegen-Wittgenstein, die zugleich fünf oder mehr Wirkstoffe erhalten (Polypharmazie). Polypharmazie-Patientinnen und -patienten können ihre Hausärztin beziehungsweise ihren Hausarzt beauftragen, eine arztübergreifende Prüfung ihrer Medikation auf mögliche Wechselwirkungen, Doppelverordnungen oder andere Risiken durchzuführen. Nach Teilnahme- und Datenfreigabeerklärung der Patientinnen und Patienten erhält der niedergelassene Hausarzt eine Übersicht der Verordnungen aller beteiligten Ärztinnen und Ärzte der letzten 12 Monate mit gezielten Hinweisen zu potenziellen Interaktionen und anderen Verordnungsinformationen. Die Übersicht erleichtert es, die Medikation in der Gesamtschau zu bewerten und die Therapie bei Bedarf im Gespräch mit Fachkollegen anzupassen. Das Projekt ist im August 2013 zusammen mit der BARMER GEK als Kooperationspartner gestartet. Seit Mai 2014 ist die Techniker Krankenkasse dabei, weitere regionale Krankenkassen sind interessiert. Derzeit werden die Medikationslisten und Hinweistexte als PDF erstellt. Im nächsten Schritt werden ab Herbst 2014 die arztübergreifenden Übersichten von der KVWL als Onlinedienst für die Netzärztinnen und -ärzte zur Verfügung gestellt. Dazu tauschen die beteiligten Ärztinnen und Ärzte die strukturierten Informationen zur patientenbezogenen Medikation im KV SafeNet aus. Zudem wird in dem Projekt an der Erprobung des „Medikationsplan BMG“ gearbeitet. www.kvwl.de Optimierte Behandlung chronisch erkrankter Patienten durch vernetzte Versorgungsstrukturen Zwischen den Teilnehmern des Regionalen Gesundheitsnetzes Leverkusen eG soll eine vernetzte Versorgungsstruktur etabliert werden, durch die die niedergelassenen Ärzte, nichtärztlichen Leistungserbringer und die weiteren Gesundheitsdienstleister aktiv in die gemeinsame Versorgung von Patienten eingebunden werden und Gesundheitsdaten, sowie Parameter zum Gesundheitszustand, Hinweise auf möglichen Risiken und weitergehende Therapievor- 46 schläge austauschen können. Die Leistungserbringerebene kann dabei flexibel an die jeweiligen Erfordernisse angepasst werden. Die teilnehmenden Praxen sind durch die vernetzte IT-Infrastruktur potenziell miteinander in Verbindung. Informationen zu gemeinsam behandelten Patienten werden standardisiert ausgetauscht und dadurch eigene Behandlungsinformationen in die jeweiligen anderen beteiligten Praxen gespiegelt. So entsteht in jeder Praxis eine dezentrale elektronische Patientenakte, die immer eine aktuelle Sicht auf den Patienten ermöglicht. Übergeordnetes Ziel ist die Schaffung einer Win-Win-Win-Situation für alle Beteiligten. Das inkludiert sowohl die Versicherten und Patienten, die behandelnden Ärzte und nichtärztlichen Leistungserbringer, als auch die vertragschließenden Kostenträger. Konkret sollen durch das vernetzte Arbeiten nicht gehobene Effizienzpotentiale bei der Behandlung erschlossen, kostenseitige Einsparungen erzielt und vor allem die Behandlungsqualität gesichert bzw. weiter ausgebaut werden. www.gesundheitsnetz-leverkusen.de WundZentren zur ambulanten Komplettversorgung von Patienten mit chronischen Wunden Die gvw – Gesellschaft für Versorgungskonzepte in der Wundbehandlung mbH – hat sich seit 2008 der gezielten Behandlung von Wundheilungsstörungen verschrieben. Hinter dem Konzept steht das von dem Österreicher Gerhard Kammerlander entwickelte Behandlungskonzept „Pellegrinus“. Kern des Konzepts ist eine fachliche Spezialisierung der Behandlungseinrichtung mit standardisierten Leistungen zur Wundversorgung, ein striktes Qualitätsmanagement und der Einsatz von hochqualifiziertem Fachpersonal unter ärztlicher Leitung. Zudem werden modernste Produkte zur Wundbehandlung eingesetzt. Diabetes, Gefäßerkrankungen, vermehrte Operationen sowie Wundliegen in Folge von Bettlägerigkeit sind mögliche Ursachen solcher Wunden. So komplex wie die Krankheiten sind auch die Diagnosen und Behandlungen. Umso wichtiger ist für eine effektive Therapie das Zusammenwirken von Fachärzten und Pflegefachkräften, aber auch von Podologen, Orthopädietechnikern, Ernährungsberatern, Physiotherapeuten und Schmerztherapeuten. Hier schaffen die WundZentren professionelle Strukturen. Neben modernen Methoden und Therapien ist es die praktizierte Bündelung aller benötigten Leistungen, von denen die Wundpatienten profitieren. Ein spezialisiertes Behandlungsmanagement erreicht eine erheblich höhere Therapietreue. Dabei werden alle behandelnden und pflegenden Stellen in die Therapie mit einbezogen. Ein ausgeklügeltes IT-System sorgt für eine eingehende Dokumentation und reduziert den administrativen Aufwand externer Ärzte und Pflegedienste. Die gvw – Gesellschaft für Versorgungskonzepte in der Wundbehandlung mbH betreibt inzwischen neun WundZentren zur ambulanten Komplettversorgung chronischer und sekundär heilender Wunden. Ziel ist es, bis 2015 in 30 Wundzentren deutschlandweit interdisziplinäre und transsektorale Dienstleistungen für Wundpatienten anzubieten. www.wundzentren.de 4 NETZWERKERPREIS Netzwerker gesucht Preis für Gesundheitsnetzwerker 2015 Auch 2015 werden engagierte Gesundheitsnetzwerker gesucht. Sowohl Konzepte zu aktuellen Problemständen, als auch langjährig erfolgreiche Versorgungsnetze sind aufgerufen sich um den Preis für Gesundheitsnetzwerker zu bewerben. Ausgelobt werden: € 10.000,– für die beste IDEE eines integrierten Versorgungsprojekts € 10.000,– für die beste UMSETZUNG eines integrierten Versorgungsprojekts DIE PREISVERLEIHUNG Die Vorsitzende der Jury, Gudrun Schaich-Walch, Staatssekretärin a. D., wird die beiden Preise zu je 10.000 Euro im Rahmen des Kongresses für Gesundheitsnetzwerker 2015 verleihen. Weitere Mitglieder der Jury sind: Prof. Dr. Volker Amelung (BMC), Prof. Dr. Dr. Alexander Ehlers (Ehlers, Ehlers & Partner, Rechtsanwaltssocietät), Dr. Jan Helfrich (DAK), Dr. Veit Wambach (QuE eG und Agentur deutscher Arztnetze e. V.) und Susanne Eble (BERLIN-CHEMIE AG). KRITERIEN FÜR DIE PREISVERGABE SIND: Vernetzung vormals getrennt agierender Akteure (fach- und sektorübergreifende Ansätze) Medizinischer Inhalt auf dem aktuellen wissenschaftlichen Stand (medizinische Qualität) Innovationsgehalt des Projektes Informationsaustausch (Datenschutzes, Zugang zu Information) Intelligente Prozesse (Prozessqualität) Evaluation (medizinische, ökonomische Erfolgsmessung, Untersuchung von Patientennutzen) Mehr Informationen zum Preis der Gesundheitsnetzwerker finden Sie unter www.gesundheitsnetzwerker.de 2015 WER KANN SICH BEWERBEN? Netze oder solche, die es werden wollen, Ärzte/innen, Netzwerkmanager/innen, Managementgesellschaften, Kliniken, Krankenkassen, Rechtsanwälte/innen, Pflege einrichtungen, Arzthelfer/innen, Diabetesassistenten/ innen, Ernährungsberater/innen, Physiotherapeuten/ innen und verwandte Berufe, die an einem Projekt beteiligt sind oder ein Projekt planen. Auch 2015 wird der Preis für Gesundheitsnetzwerker aus gelobt. Genauere Informationen finden Sie ab November 2014 auf www.gesundheitsnetzwerker.de 47 KAPITEL 5 KOOPERATIONEN DER ZUKUNFT Egal welche Formen von Kooperation in Netzwerken gewählt werden, ihnen geht die gleiche Einsicht voraus: dass nämlich die gemeinsame Leistungsfähigkeit der Partner größer ist als die Summe der Einzelleistungen. Auf dem Netzwerkerkongress stellten Akteure ihre Projekte vor. Sie zeigten, wie sie erfolgreich Synergien nutzen und sich effektiv organisieren. 48 KOOPERATIONEN DER ZUKUNFT 5 Moderation der Inhalte und basisnahe Kommunikation als Erfolgsfaktoren Umsetzung der Netzförderung gemäß § 87b SGB V „Ärztenetze brauchen einen langen Atem“ lautete das einleitende Statement von Dr. Carsten Jäger, stellvertretender Vorsitzender des Vorstands der Agentur deutscher Arztnetze. Der § 87b wurde mit dem Versorgungsstrukturgesetz im Januar 2012 Bestandteil des SGB V und erst über zwei Jahre später wur den die ersten Ärztekooperationen als förderungswürdige Praxisnetze anerkannt. Darüber hinaus warten die Akteure in der Netzlandschaft weiterhin auf den Leistungserbringerstatus für Praxisnetze. Facharzttöpfen denken, werden wir auch in Zukunft am Nasenring durch die Arena geführt“. In der weiteren Entwicklung sieht Dr. Beckmann für Arztnetze eine zunehmende Bedeutung in der Sicherstellung ärztlicher Versorgung und sogar den Leistungserbringerstatus. Da, wo es keine Arztnetze gäbe, würden andere „Player“ es übernehmen, Versorgung zu gestalten. Dr. Carsten Jäger, Dr. Hans-Jürgen Beckmann, Dr. Martin Mansfield, Dr. Mark Barjenbruch, Markus Knöfler „Auf dem Weg zur Zertifizierung stand sehr viel Arbeit“, bestätigte Dr. Hans-Jürgen Beckmann, Vorstand des Ärztenetzes Medizin und Mehr (MuM), Bünde. Dies solle aber nicht abschrecken, sondern vielmehr alle Netze ermutigen, die sich auf diesem Wege befinden. Eine Zertifizierung bewirke in der KV Westfalen-Lippe (KVWL) zwar noch keine gesonderte Vergütungsregelung für vernetzte Praxen, sie ermögliche aber Verhandlungen mit Kostenträgern auf Augenhöhe, zumal die Leistungsfähigkeit eines Netzes anerkannt wurde. Dabei legt Dr. Beckmann besonderen Wert auf die Zusammenarbeit zwischen Haus- und Fachärzten: „Wenn wir weiterhin in Hausarzt- und Die Gesundheitsregion Siegerland wurde von der KVWL als erstes Netz in Westfalen-Lippe gemäß der Richtlinie § 87b SGB V als förderungswürdiges Netz anerkannt. Dr. Martin Mansfeld, Ärztlicher Leiter der Gesundheitsregion Siegerland GbR, sieht das regionale Versorgungsmanagement seiner Kooperation als zukunftsweisenden Entwicklungsprozess aber auch als Entwicklungslabor für sektorenübergreifende medizinische Versorgung. „Pro-aktives und perspektivisches Handeln ist in dem Zusammenhang ein herausragender Punkt, die gezielte, verbale Kommunikation fernab von Internetmedizin weiterhin der höchste Standard“, so Mansfeld. Die Rahmenbedingungen bilde eine Kooperation mit der KVWL und ein kassenartenübergreifender Strukturvertrag nach §73a SGB V, wobei es sehr wichtig sei, einen stabilen Vertrags- und Verhandlungspartner darzustellen. Auch die umfassende, kompetente medizinische Versorgung durch Haus- und Facharzt im Team habe eine herausragende Bedeutung. Eine gute Moderation der Kooperations49 5 KOOPERATIONEN DER ZUKUNFT mitglieder sei zudem entscheidend für die Motivation im Netz. „Durch gezielte Moderation der Inhalte und basisnahe Kommunikation lebt das Netz aus der Basis“, so Dr. Mansfeld. Für Dr. Mark Barjenbruch, Vorstandsvorsitzender der KV Niedersachsen (KVN), stellt die KVN ein KollektivNetz dar, das wiederum ohne Konkurrenzgedanken als Pfeiler und Fundament für Exklusiv-Netze mit besonderen Versorgungszielen dienen solle. Einer Förderung von Praxisnetzen nach §87b stehe er aus mehreren Gründen kritisch gegenüber. Zum einen werde seiner Erfahrung nach Geld nicht gerecht, sondern demokratisch nach Mehrheiten verteilt. Ohne eine Mehrheit von Netzvertretern in den Gremien werde es daher keine Netzförderung geben. Zum anderen würden sich zu wenige Netze für eine Förderung nach den Kriterien des § 87b qualifizieren. Daher habe die KVN einen anderen Weg eingeschlagen und 1 Million Euro auch für Netze ausgelobt, die nicht die Kriterien erfüllen aber in den Augen der KVN förderungswürdig sind. Das Projekt werde durch die KVNetzwerkstatt unterstützt, die als Ansprechpartner, Berater und Vertragspartner bestehende sowie neue Netze begleiten und vertragsfähig machen soll. „Ein Netz wird gegenüber den Kollegen nur bestehen, wenn es neues Geld aus Verträgen hereinbekommt. Wenn sie als Netz in die Honorarverteilung gehen und im Grunde von dem Geld nehmen, was die Gesamtärzteschaft ohnehin schon als zu wenig einstuft, werden sie auf Ablehnung stoßen,“ erklärt Mark Barjenbruch. Es werde maximal 50.000 Euro pro Netz als Zuschuss zu vorhandenem Eigenkapital ausgezahlt, die Nachfrage sei aber noch verhalten. Hier gelte es auch, das Vertrauen zwischen Netzen und der KVN zu stärken. In der KV Schleswig-Holstein (KVSH) ist mit Dr. Monika Schliffke die ehemalige Vorstandsvorsitzende des Praxisnetz Herzogtum Lauenburg e.V. (PHL) zur Vorstands vorsitzenden gewählt worden. Zudem gibt es eine Mehrheit an Netzärzten in der Vertreterversammlung der KVSH. Das Ärztenetz Eutin-Malente erhielt als erstes zertifiziertes Praxisnetz bundesweit Fördergelder, das 2004 gegründete PHL erfüllte als zweites Netz die Förderkriterien der KVSH nach 87b SGB V. 50 Entsprechend sieht Markus Knöfler, Geschäftsführer der PHL Management GmbH, die größte Netzentwicklung in Schleswig-Holstein. Seitens der AOK Nordwest sei zudem signalisiert worden, dass Projekte, die in der Gesundheitsregion Siegerland funktionieren, auch von den zertifizierten Netzen in der KVSH übernommen werden könnten. „Wir sehen, da entsteht ein Qualitätsbewusstsein auf Kassenseite“, bemerkt Markus Knöfler. Das PHL erhalte seit dem 01.02.2014 100.000 Euro pro Jahr von der KVSH, dafür seien die Kriterien zur Anerkennung aber härter gewesen als von der KBV vorgeschlagen. Die Richtlinien der KVSH träfen die Erwartungen und Notwendigkeiten von Netzen recht gut, wobei die geforderten Kriterien teils ambitioniert aber erfüllbar seien. Ferner müsse jährlich die Zielerreichung und Mittelverwendung in einem Netzbericht dargelegt werden. „Die Zielsetzung unseres Netzes ist, da gehen wir auch mit der KV konform, in den nächsten Jahren durchaus über eine Sicherstellung und ein regionales Budget zu sprechen“, so Markus Knöfler. Kontakt Ärztenetz MuM – Medizin und Mehr eG Viktoriastraße 19 32257 Bünde Tel.: 05223 – 98 56 20 www.mum-buende.de Gesundheitsregion Siegerland KV Westfalen-Lippe Robert-Schlimrigk-Str. 4-6 44141 Dortmund Tel.: 0231 – 94 32 31 52 www.kvwl.de KV Niedersachsen Berliner Allee 22 30175 Hannover Tel.: 0511 – 380 03 www.kvn.de KV Schleswig-Holstein Bismarckallee 1-6 23795 Bad Segeberg Tel.: 04551 – 88 30 www.kvsh.de Praxisnetz Herzogtum Lauenburg e.V. Dechower Weg 4 23909 Ratzeburg Tel.: 04541 – 879 09 11 www.praxisnetzlauenburg.de Agentur deutscher Arztnetze e.V. Chausseestraße 119b 10115 Berlin Tel.: 030 – 288 77 40 www.deutscheaerztenetze.de KOOPERATIONEN DER ZUKUNFT 5 Polymedikation – Projekte gegen zu viele Pillen Mit Tabletten zählen ist es nicht getan Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen (SVR) stellte in seinem Sondergutachten von 2009 fest, dass laut Daten aus dem Jahr 2005 etwa 35 Prozent der Männer und 40 Prozent der Frauen im Alter von über 65 neun und mehr Wirkstoffe in Dauertherapie bekämen. Laut einer Studie in Großbritannien erfolgten 6,5 Prozent der Aufnahmen in Krankenhäuser wegen unerwünsch ter Arzneimittelwirkungen (UAW), wobei 72 Prozent dieser Ereignisse vermeidbar gewesen wären. Von den UAW sei mehr als die Hälfte auf Arzneimittel-Interaktionen zurückzuführen. Erhebungen regionaler Pharmakovigilanzzentren zeigten auch für Deutschland ähnliche Ergebnisse. „Die Arzneimittel-Therapie ist die am häufigsten angewendete therapeutische Intervention. Und richtig angewendet gehört sie auch zu den effizientesten“, so Prof. Dr. Gerd Glaeske, Professor für Arzneimittelanwendungsforschung an der Universität Bremen. Mit dem demografischen Wandel und der stärkeren Verlagerung der medizinischen Versorgung in den ambulanten Sektor werde der Umfang der Arzneimittel-Therapie (AM-Therapie) weiter ansteigen. Zudem steige die Multimorbidität mit dem Alter, wohingegen Leitlinien zur Behandlung von Multimorbidität fehlten. Monomorbiditätsorientierte Leitlinien führten in der Addition der AM-Therapie schnell zur Polypharmazie bei Multimorbidität. Eine Priorisierung der Therapieziele fehle laut Prof. Gerd Glaeske, obwohl das Interaktionsrisiko von 13 Prozent bei der Einnahme von zwei AM auf 82 Prozent bei sieben Arzneimittel steige. „Die medizinische Versorgung ist nicht auf die Versorgung älterer Menschen vorbereitet“ stellt Prof. Gerd Glaeske fest. Grundsätzlich sei in der AM-Versorgung eine Kooperation mit qualifizierten Apothekern unerlässlich, zumal der Anteil der Selbstmedikation bei fast 50 Prozent liege. Des weiteren könne die Berücksichtigung der PRISCUS-Liste mit Einschrän51 5 KOOPERATIONEN DER ZUKUNFT kungen helfen, den besonderen Anforderungen an die AM-Versorgung unter dem Aspekt der Polypharmazie gerecht zu werden. Eine verpflichtende Gesundheitskarte, auf der alle verordneten und erworbenen Arzneimittel gespeichert sind, könnte einen weiteren wichtigen Beitrag leisten. Ferner seien mehr Studien und Studien der Versorgungsforschung unter Berücksichtigung älterer Patienten sowie ein „DMP Multimorbidität“ nötig. Das größte Potential habe jedoch das Zukunftskonzept des SVR zur populationsorientierten und sektorübergreifenden Versorgung. „Vieles was die Polypharmazie betrifft, kann in diesem Konzept auch geregelt werden“, so Prof. Glaeske. Dr. Veit Wambach Im Gesundheitsnetz Qualität und Effizienz eG (QuE) sei laut Dr. Veit Wambach, Vorsitzender des QuE, immer die Trias „Verbesserung von Humanität, Qualität und Wirtschaftlichkeit“ das ausgesprochene Ziel, weshalb man sich auch mit dem Thema Polypharmakotherapie befasst habe. Im Sinne des Qualitätsmanagements habe man eine Bedarfsanalyse erstellt und anschließend die Umsetzung von Maßnahmen geplant. Dazu gehörten regelmäßige Referate von Experten der deutschen Arzneimittelkommission, die Förderung von (intersektoralen und fachübergreifenden) Qualitätszirkeln und finanzielle Anreize im Rahmen von IV-Verträgen. Die ersten Auswertungsergebnisse zeigten einen tendenziellen Rückgang der Patienten mit mehr als 8 verordneten Wirkstoffen an. Ferner konnte durch Pharmakotherapieberatungen eine deutliche Umstellung bzw. Reduzierung der Wirkstoffe nach stationärem Aufenthalt bewirkt und der Anteil an AOK-Patienten ohne PRISCUS-Verord52 nung gesteigert werden. Die Sensibilisierung der Kollegen sei dabei ein entscheidender Punkt gewesen. „Viele Kollegen fürchten sich davor, dass ein Abweichen von einer Leitlinie justiziabel sein könnte. Ich halte es dagegen für wesentlich gefährlicher, einem Patienten, der bereits 14, 15 oder 16 Arzneimittel nimmt noch ein weiteres zu geben“, warnt Dr. Wambach. Eine weitere große Herausforderung in der AMTherapie sei die Optimierung der medikamentösen Adhärenz, zumal diese vor allem für chronische Krankheiten häufig unbefriedigend sei. Die aktive Einbindung der Patienten in die Therapie, die partizipative Entscheidungsfindung, scheine als Grundlage des Verordnungsgesprächs als empfehlenswert. „Mit Tabletten zählen ist es nicht getan. Die inadäquate Arzneimitteltherapie, ist die Folge unabgestimmter therapeutischer Maßnahmen“, erläutert Sonja Laag, Leiterin Versorgungsprogramme der BARMER GEK, „und dabei werden Schäden wissend in Kauf genommen“. Nur mit Selektivverträgen werde man die Probleme nicht bewältigen können, vielmehr sei der von Prof. Glaeske angesprochene Systemwechsel notwendig und der sei alles andere als leicht. Bei dem Projekt für Strukturierte Arzneimitteltherapie für multimorbide Senioren (SAmS) habe man beispielsweise sehr großen Aufwand betrieben, einen Behandlungsalgorithmus von Ärzten für Ärzte zu entwickeln und zu etablieren. Nach einem Jahr hatten lediglich 10 Praxen 90 Patienten eingeschrieben. Ein neuer Ansatz sei die Entwicklung von Prozesskennzahlen, da Kennzahlen alleine über Arzneimittel, Kosten, DDD oder Diagnosen nicht aussagekräftig seien. Vielmehr interessiere beispielsweise der Anteil an Versicherten mit einem aktuellen Medikationsplan, regelmäßige Überprüfungen der Gesamtmedikation oder Instrumente zur Abstimmung der Therapie über Sektorengrenzen. Das strukturierte Arzneimittelmanagement in der Gesundheitsregion Siegerland soll in Kooperation mit der BARMER GEK und der KVWL arztgestützt für mehr Sicherheit in der Arzneimitteltherapie sorgen, so Frank Meyer, Referent des Zentralstabs Unternehmensentwicklung der KVWL. Es sei ein rein innerärztliches Projekt, da Veränderungen in der AM-Verordnung da beginnen sollen, wo das Arzneimittel verordnet wird. Ziel sei ein strukturiertes Management der KOOPERATIONEN DER ZUKUNFT Pharmakotherapie unter dem Aspekt der Arzneimittel therapiesicherheit und Polypharmazie. In der konkreten Umsetzung seien ohne Altersbegrenzung fünf oder mehr Medikamente über zwei Quartale als Aufgreifkriterium für Polypharmazie bei der Patientenselektion mit der Krankenkasse abgestimmt worden. In dem nächsten Schritt werde dem Netzarzt eine pseudonymisierte Vorschlagsliste zugestellt, der wiederum darüber entscheide, welcher Patient für das Projekt in Frage kommt. Wenn die Teilnahmeerklärung des Patienten vorliegt, erhalte der Netzarzt die arztübergreifende Medikationsliste mit ausgewählten ABDAInformationen zu den Wirkstoffen, um anschließend das Medikationsmanagement und das Patientengespräch durchzuführen. Von bisher 180 vorgeschlagenen Patienten seien nach einem halben Jahr bereits 110 Patienten eingeschrieben worden. Wie sich die Verordnung im Zuge dessen verändert hat, werde die KVWL später evaluieren, weitere Entwicklungen des Projekts sind geplant. Die optimierte Arzneimitteltherapie mit Hilfe von pharmazeutischen Aufnahmegesprächen werde am St. Franziskus-Hospital in Münster durchgeführt. Die Medikation im Krankenhaus sei ein Prozess, der an vielen Stellen fehleranfällig sei, so Dr. Susanne Meseke, Stationsapothekerin des St. Franziskus-Hospitals in Münster. Auf Grund unterschiedlicher Maßnahmen habe man zwar viele Gefahrenquellen im Krankenhaus beseitigen können, es sei jedoch deutlich geworden, dass Fehler viel früher im Medikationsprozess erfolgen und zwar wenn der Patient kommt. Bei der zentralen pharmazeutischen Aufnahme werde mit sehr einfachen Mitteln die Schnittstelle bei der prästationären Aufnahme aus AM-Therapiesicht sicherer gestaltet. Die pharmazeutische Aufnahme befinde sich direkt neben der administrativen Aufnahme, so dass der Patient nur kurze Wege zurücklegen muss. Dort werde dann durch einen Apotheker die systematische Erfassung der Patientenmedikation mit dem Ziel durchgeführt, eine vollständige Übersicht aller Medikamente zu erhalten. Anschließend erfolgten eine pharmakologische Überprüfung und die Umstellung auf die Krankenhausmedikation. Die Reduktion der administrativen Aufgaben von Ärzten und Pflegepersonal bei der adäquaten AM-Versorgung der Patienten gebe den Beteiligten mehr Zeit für ihre originä- 5 ren Aufgaben. Das primäre Ziel sei aber mehr Patientensicherheit durch Arzneimittel-Therapiesicherheit. Kontakt Universität Bremen, Zentrum für Sozialpolitik UNICOM-Gebäude Mary-Somerville-Straße 5 28359 Bremen Tel.: 0421 – 21 85 85 67 www.zes.uni-bremen.de Gesundheitsnetz Qualität und Effizienz eG Vogelsgarten 1 90402 Nürnberg Tel.: 0911 – 95 66 32 80 www.que-nuernberg.de BARMER GEK Axel-Springer-Straße 44 10969 Berlin www.barmer-gek.de Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe Robert-Schimrigk-Str. 4-6 44141 Dortmund Tel: 0231 – 943 20 www.kvwl.de St. Franziskus-Hospital Münster Hohenzollernring 72 48145 Münster Tel.: 0251 – 93 50 www.sfh-muenster.de Gesundheitsregion Siegerland GbR Marburger Tor 4 57072 Siegen Tel.: 0271 – 77 01 75 80 www.gesundheitsregion-siegerland.de Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesenim Bundesministerium für Gesundheit Rochusstraße 1 53123 Bonn Tel.: 0228 – 994 41 22 90 www.svr-gesundheit.de 53 5 KOOPERATIONEN DER ZUKUNFT „Mit einer Hand lässt sich kein Netz knüpfen!“ Kooperation zwischen ärztlicher und pflegerischer Versorgung Es steht außer Frage, dass eine effiziente und effektive Gesundheitsversorgung nur durch die enge Zu sammenarbeit der Gesundheitsberufe zu gewährleisten ist. Doch wie gut ist die Kooperation zwischen ärztlicher und pflegerischer Versorgung tatsächlich? Wer übernimmt Tätigkeiten, die niemandem eindeu tig zugeordnet werden können? Welche Beispiele für die Integration der Pflege in die medizinische Ver sorgung gibt es? „Mit einer Hand lässt sich kein Netz knüpfen“, sagt Sabine Hochstadt, Teamleiterin der Pflege-Versorgungsprojekte der AOK Nordost. Deshalb sind es viele Hände, die sich in den careplus-Einrichtungen für die Patienten engagieren: Feste Heimärzte, das heißt angestellte Ärzte oder Niedergelassene als feste Kooperationspartner und das Pflegepersonal organisieren die medizinische und pflegerische Betreuung gemeinsam. Das Projekt besteht seit 1998 und ist die Weiterentwicklung des sogenannten „Berliner Projekt – Die Pflege mit dem Plus“. Dabei stand vor allem die Optimierung der Arzneimittelversorgung im Fokus: Vier hoch motivierte Pflegeeinrichtungen beteiligten sich an der Verbesserung der Zusammenarbeit. Dafür wurde jedes Medikament und jede Dosierung hinterfragt, Prozesse und Zuständigkeiten überprüft und neu gestaltet. Es zeigte sich: Vieles kann bereits in der Pflegeeinrichtung geklärt werden, bevor ein Arzt hinzugezogen wird. 54 An dem Projekt careplus sind heute 165 Pflegeeinrichtungen mit 6.200 AOK-Versicherten beteiligt, die von 188 Ärzten betreut werden. Das entspricht zwei bis drei Ärzten pro Pflegeeinrichtung, wobei auch die Hausärzte ihre Patienten weiterbetreuten und eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung anbieten. Im Rahmen der Regelvisite ist der Arzt einmal in der Woche in der Pflegeeinrichtung. Zusätzlich ist dieser Arzt im Rahmen der Rufbereitschaft auch außerhalb der Sprechzeiten erreichbar. Pflegekräfte sind daneben ständige vertraute Kontaktpersonen der Bewohner. Sie motivieren, an Aktivitäten teilzunehmen, fördern die Kommunikation mit anderen Bewohnern, spenden Mut, Optimismus und auch Trost. Neben Ärzten und Krankenhäusern werden auch Kranken- und Pflegekassen, Apotheken, Therapeuten sowie Krankentransportunternehmen in die Betreuung eingebunden. „Die effiziente Verzahnung der Pflegeleistungen nach SGB XI und der ambulanten medizinischen Versorgung nach SGB V vermeidet nachweislich Krankenhauseinweisungen um ein Drittel“, so Sabine Hochstadt. „Die optimierte Arzneimittelversorgung führte zur Senkung der Morbidität und zu einer höheren Selbstständigkeit der Betreuten. Natürlich gab es auch einen finanziellen Erfolg: Die Ersparnis lag bei 300 Euro pro Jahr und Teilnehmer.“ Für den Erfolg der Kooperation von Pflege und Medizin machte Michael Uhlig, Leiter Entgelte und Vertragswesen der CURA Seniorenwohn- und Pflegeheime Dienstleistungs GmbH, drei Aspekte verantwortlich: Erstens sollen bereits vernetzte Strukturen vorhanden sein, zweitens muss die Koordination klappen und drittens ist unabdingbar, die spezifischen lokalen Aspekte zu berücksichtigen. Auf allen drei Ebenen ist jedoch der menschliche Faktor entscheidend: Es muss definiert werden, wer sich kümmert und wer verantwortlich ist. Ohne eine verbindliche Klärung dieser grundsätzlichen Fragen scheitert jede Zusammenarbeit. Untersuchungen, wie oft und wie KOOPERATIONEN DER ZUKUNFT lange Patienten aus Pflegeeinrichtungen aufgrund eines Krankenhausaufenthaltes abwesend sind, hätten gezeigt, dass Einrichtungen mit Versorgungsmodellen besser abschneiden als Einrichtungen, in denen es derartige Modelle nicht gibt. Interessanterweise zeigte sich bei der Untersuchung auch, dass zusätzliche ärztliche Bereitschaftsdienste kaum messbare Vorteile bringen. „Wesentlich wichtiger ist es hingegen, dass der Arzt im Rahmen seiner Visite nicht nur mit Bewohnern der Einrichtung, sondern auch mit dem Pflegepersonal spricht. Denn kurze und direkte Wege vermeiden Missverständnisse und Informationsverlust“, so Uhlig. Auch Dr. Jürgen Oldenburg, Geschäftsführer der DeltaMed Nord GmbH & Co. KG, belegt anhand einer Befragung zur Qualität von Pflegediensten und Ärztenetzen, wie immanent wichtig für das Patientenwohl die Kommunikation und der Informationsaustausch zwischen Pflege und Medizin sind: Im Fokus der Befragung standen die Erwartungen von Netzärzten gegenüber Pflegediensten. Schwerpunkte der Befragung waren Kommunikation, Strukturqualität, gemeinsame Zielsetzungen von Ärzten und Pflegediensten sowie die allgemeine Zufriedenheit. „Eine entscheidende Erkenntnis der ersten Befragung war, dass die schnelle Rückmeldung durch Pflegedienste über Gesundheitszustand, Krankenhausaufenthalt oder Entlassung der Patienten die Qualität der Betreuung entscheidend beeinflusst“, so Oldenburg. Aus eigener Erfahrung stellte Dr. Jürgen Flohr, Geschäftsführer der Leipziger Gesundheitsnetz Management GmbH und Vorstandsvorsichtender der Leipziger Gesundheitsnetzes e. V., klar: Ärzten fehlt oft die Zeit für einen intensiven Bereitschaftsdienst in einem Pflegeheim. Flohr: „Es geht nicht in erster Linie ums Geld.“ Unter dieser Prämisse wurde vor einem Jahr in Leipzig die erste Praxis für Altersmedizin gegründet. Sie ist Naht- und Schnittstelle eines fachübergreifenden Ärtztenetzes, denn geriatrische Patienten sind oft multimorbide. Den entscheidenden Faktor für den Erfolg der Praxis für Altersmedizin sieht Dr. Flohr darin, dass die Vereinbarungen nicht von oben gedacht und gemacht, sondern direkt mit den Beteiligten erarbeitet und beschlossen wurden. Zudem wurde für Ärzte, Krankenhaus, Pflegepersonal und weitere Beteiligte der sogenannte Angelina-Fragebogen entwi- 5 Dr. Jürgen Flohr ckelt. Er ermöglicht es, geriatrischen Patienten schnell und eindeutig zu identifizieren und konkrete (manchmal nur kleine, aber wirkungsvolle) Maßnahmen einzuleiten. So ist Sturzgefährdung das mit Abstand größte Risiko geriatrischer Patienten, doch Stürze im Haushalt über Kabel oder Teppichkanten lassen sich vermeiden, wenn man die Wohnsituation der Patienten kennt. „Das Leipziger Gesundheitsnetz ist als regionales Modell innerhalb der Stadtbezirke, in denen sich Haus- und Fachärzte ebenso kennen wie die Care- und Case Manager ihre Patienten, erfolgreich – und nachahmenswert“, so Flohr. Kontakt AOK Nordost – Die Gesundheitskasse Friedrich-Ebert-Straße 113 14467 Potsdam Tel.: 0800 – 265 08 00 www.aok.de/nordost CURA Seniorenwohn- und Pflegeheime Dienstleistungs GmbH Französische Straße 53 10117 Berlin-Mitte Tel.: 030 – 657 98 00 www.cura-ag.com DeltaMed Nord GmbH & Co. KG Otto-Hahn-Straße 9 25337 Elmshorn Tel.: 04121 – 78 88 80 www.deltamed24.de Leipziger Gesundheitsnetzes e. V. Holzhäuser Straße 81 04299 Leipzig Tel.: 0341 – 877 58 32 www.gesundheitsnetz-leipzig.de 55 5 KOOPERATIONEN DER ZUKUNFT Theoretisch ja, praktisch selten Behandlungspfade im Einsatz Behandlungspfade haben im Rahmen der Anerkennungskriterien nach § 87b SGB V eine neue Brisanz erhalten, werden aber immer noch sehr kontrovers diskutiert. Theoretisch sind sie in großer Zahl vorhan den, praktisch werden sie jedoch selten gut gelebt, obwohl sie sehr variabel und effizient in der Versor gung eingesetzt werden können. Das Zentrum für Altersmedizin in Ueckermünde befindet sich in einem Hausarztzentrum deren ärztliche Leiterin Dr. Sabine Meinhold ist. In den letzten 10 Jahren habe man sich vermehrt um ältere Patienten gekümmert und die Ärzte zu Geriatern sowie das Personal zu altersspezifischen Spezialisten ausgebildet. In Kooperation mit dem Ärztenetz HaffNet GbR biete das Zentrum eine ambulante geriatrische Komplexbehandlung an. In 20 Tagen würden dabei 50 Behandlungen durchgeführt, während es in der stationären Geriatrie nur 20 Behandlungen seien. Ziel sei es, die älteren Patienten möglichst lange im häuslichen Umfeld lassen zu können, „Lieber daheim als im Heim“ laute dabei das Motto. Der Patient werde für die Behandlungen zu Hause abgeholt, im Zentrum mit Frühstück sowie Mittagessen verpflegt und im Anschluss wieder zurück gebracht. Die Zuweisungen erfolgen vorwiegend von den 40 Kollegen aus dem HaffNet. Die Koordination der erforderlichen Einzelschritte sei über Einrichtung und qualitative Implementierung von Behandlungsmodulen bzw. -pfaden erfolgt. Die Evaluation habe gezeigt, dass der Effekt der Komplexbehandlung nicht nur direkt im Anschluss messbar sei, sondern sich auch darüber hinaus fortsetze. In Nürnberg gebe es zirka 1.000 niedergelassene Ärzte von denen über 40 Prozent in einem der zwei Praxisnetze der Stadt organisiert sind, so Dr. Michael Bangemann, Vorsitzender des Praxisnetzes Nürnberg Süd 56 e.V. (PNS). Von den 213 Mitgliedern des PNS profitierten 50 von einem elektronischen Vernetzungssystem, das so flexibel sei, dass alle Praxisverwaltungssysteme aber auch Krankenhäuser, Apotheken, Pflegedienste und Labore angeschlossen werden können. Es gebe für wichtige Erkrankungen 43 Behandlungspfade, die alle so formuliert worden sind, dass sie auch auf IT-Ebene problemlos dargestellt d. h. alle Fragen mit ja oder nein beantwortet werden können. Die richtige Umsetzung der Behandlungspfade werde zudem individuell elektronisch abgeprüft und entsprechend honoriert. Darüber hinaus gebe es weitere honorarrelevante Prüfläufe, die über nicht durchgeführte Behandlungsoptionen oder fehlende Kodierungen informieren. Bedauerlich sei jedoch, dass trotz allem 60% der Nürnberger Ärzte nicht vernetzt seien. Man müsse aber feststellen, dass man nicht alle Ärzte mit in die Zukunft nehmen kann. „Es gibt Ärzte, die sind nicht zukunftsfähig“, so Dr. Bangemann. Dr. Thomas Scholz, niedergelassener Internist und Diabetologe DDG aus Berlin, sieht in der strukturierten Dokumentation eine wichtige Voraussetzung für einen erfolgreichen Behandlungspfad. Es sei unabdingbar, beispielsweise diabetesrelevante Informationen zu bündeln und durch eine ausgeklügelte Vernetzung der Parteien mehr Effizienz in allen Belangen zu erreichen. Strukturierte Datenerfassung und -auswertung sei die Grundlage für eine bessere Behandlungs- KOOPERATIONEN DER ZUKUNFT 5 Dr. Sabine Meinhold, Andreas Meinhold, Dr. Michael Bangemann, Dr. Anna Katharina Trocha qualität gerade im Kontext der interdisziplinären Betreuung von Patienten. Ein Benchmarking ermögliche dabei die Darstellung der Qualitätsoptimierung in Versorgungsprozessen. Die Prozessorientierung ermögliche die Definierung und Messung von Prozesszielen im Verlauf eines Behandlungspfades. Die Voraussetzungen für einen erfolgreichen Praxiseinsatz sei aber die Implementierung einer flexiblen und leistungsfähigen IT-Infrastruktur. Dr. Thomas Scholz arbeite derzeit erfolgreich mit der Dokumentationssoftware VisioDok©. „Was hat Demenz mit Diabetes zu tun?“ fragt Dr. Anna Katharina Trocha, Stellvertretende Leiterin des Diabetes-Zentrums des Elisabeth-Krankenhaus Essen. Für Diabetiker werde Demenz zum doppelten Problem, da sie vergessen, sich regelmäßig Insulin zu spritzen oder doppelt spritzen, erklärt Dr. Trocha. Bei der Behandlung von Diabetespatienten stehe allerdings der Erwerb der Selbstbehandlungskompetenz im Vordergrund, weshalb der Behandlungspfad „Diabetes-Patienten mit Demenz“ entwickelt wurde. Es sei bekannt, dass das Risiko für eine vaskuläre Demenz bei Diabetikern vervierfacht und bei der Alzheimer Demenz verdoppelt ist. Für diese Patienten müssten die Schulungen angepasst bzw. die Demenz müsse vor der Schulung erkannt werden. Ein Uhrentest sei da ein sehr einfacher und zuverlässiger Test. Bei Verdacht auf Demenz erfolge eine Weiterleitung zur Memory- Clinic, welche auf Demenz spezialisiert ist. Bei Demenzdiagnose schließe sich eine dreiwöchige teilstationäre Behandlung an, die Wiedereinbestellung erfolge nach drei bzw. sechs Monaten. „Vernetztes Arbeiten ist eine Frage der Übung“, stellt Dr. Trocha fest aber man habe durch die Kooperation schon viel für Patienten mit Demenz und Diabetes erreicht. Inwiefern sich das Projekt genau auf Lebensqualität und Komplikationshäufigkeit auswirkt, werde sich noch zeigen. Kontakt Hausarztzentrum Uckermünde Pattenserstrasse 1 17373 Ueckermünde Tel.: 039771 – 591 20 www.hausarztzentrumueckermuende.de Praxisnetz Nürnberg Süd e.V. Nibelungenstr. 19 90461 Nürnberg Tel.: 0911 – 815 16 10 www.pns-nbg.de HaffNet Belliner Straße 21 17373 Ueckermünde Tel.: 039771 – 232 54 www.haffnet-online.de Elisabeth-Krankenhaus Essen GmbH Klara-Kopp-Weg 1 45138 Essen Tel.: 0201 – 89 70 www.elisabethkrankenhaus.contilia.de 57 5 KOOPERATIONEN DER ZUKUNFT Not macht erfinderisch: Gemeinden gestalten Gesundheit Wege aus der Unterversorgung – Kommunen als Partner Versorgungslücken auf dem Land werden immer größer. Künftig müssen die Kommunen die Versorgungs strukturen sehr viel stärker mitgestalten. Manche tun es schon heute. Dirk Schnack, Dr. Uta Barkusky , Steffen Hampel, Jörg Freese Versorgungsprobleme in ländlichen Regionen nehmen kontinuierlich zu. Um die medizinische Versorgung ihrer Bürger gewährleisten zu können, müssen Kreise, Städte und Gemeinden erfinderisch sein und eine größere Verantwortung auf diesem Gebiet übernehmen. „Landkreise haben sich schon immer um die medizinische Versorgung gekümmert“, sagte Jörg Freese, Beigeordneter für Jugend, Schule, Kultur und Gesundheit des Deutschen Landkreistags. Zusammen mit den Ländern haben sie einen Sicherstellungsauftrag für die stationäre Versorgung, sind Träger von Krankenhäusern, beteiligen sich häufig finanziell an der Investitionsfinanzierung der Länder, betreiben den Öffentlichen Gesundheitsdienst und organisieren den Rettungsdienst. Künftig werden die Kommunen aber auch die ambulanten Versorgungsstrukturen mitgestalten müssen. Denn viele Gemeinden spüren, dass die ambulante Versorgung in der bislang gewohnten Form in einigen Jahren nicht mehr aufrechterhalten werden kann. „Kommunen können sich nicht 58 mehr aus der Verantwortung ziehen, weil gute medizinische Versorgung bei der Frage, ob Menschen im Landkreis bleiben oder wegziehen, mitentscheidend ist“, betonte Freese. Die Not macht erfinderisch: So könnten an der Nordseeküste bald die ersten Ärztezentren als kommunale Eigeneinrichtungen entstehen. In der Region sind drei von vier Hausärzten älter als 60 Jahre, ein Nachfolger für sie ist nicht in Sicht. Und so sind drei vom Ärzte mangel besonders betroffene Kommunen Büsum, St. Michaelisdonn und Lunden, bereit, Zulassungen zu übernehmen und die Ärzte anzustellen. Zwei Gemeinden haben bereits der Gründung einer Betreibergesellschaft für eine Eigeneinrichtung in 100prozentiger Trägerschaft der Gemeinde zugestimmt. Möglich ist dies seit 2012, das Sozialgesetzbuch V § 105 Absatz 5 liefert die gesetzliche Grundlage. Die Kassenärztliche Vereinigung Schleswig-Holstein will das Vorhaben aus dem Sicherstellungsfonds finanziell fördern. KOOPERATIONEN DER ZUKUNFT „Die nachrückende Ärztegeneration will nicht in Einzelpraxen und häufig nicht in Selbstständigkeit arbeiten“, erklärte Thomas Rampoldt, Geschäftsführer der Ärztegenossenschaft Nord eG. Das Konzept der Eigeneinrichtung kommt den Vorstellungen der Nachwuchsgeneration entgegen. Es ermöglicht Teamarbeit und flexible Arbeitszeiten, entlastet Ärzte von Managementaufgaben und wirtschaftlichem Risiko und bietet die Option, später einmal freiberuflich tätig zu sein. Thomas Rampoldt Die Kommunen an der Westküste hätten laut Rampoldt ein hohes Eigeninteresse hausärztliche Strukturen zu erhalten, nicht nur um die Versorgung der eigenen Bevölkerung zu sichern, sondern auch den Badeort-Status zu erhalten. Das Know-how für das Praxismanagement soll die Ärztegenossenschaft Nord als Dienstleister einbringen. Allerdings geht Rampoldt davon aus, dass die kommunalen Ärztezentren defizitär arbeiten werden. „Die Gehälter, die gezahlt werden müssen, damit sie für Ärzte attraktiv sind, werden wahrscheinlich nicht aus der ärztlichen Tätigkeit erwirtschaftet werden können.” Wie lange die Kommunen, deren finanzielle Lage überall in Deutschland angespannt ist, sich dieses Zuschuss geschäft leisten können, ist daher fraglich. Dass nicht alle in der Theorie vielversprechenden Ideen auch in der Praxis erfolgreich sind, zeigt das Beispiel des Patientenbuses, den der Landkreis Märkisch-Oderland, die Stadt Müncheberg und das 5 Amt Märkische Schweiz vor zwei Jahren ins Leben gerufen haben. „Von Müncheberg aus steuert der Kleinbus mit acht Sitzplätzen einmal in der Woche mehrere Orte an und bringt die Bewohner zu ihren Ärzten“, erklärte Dr. Uta Barkusky, Bürgermeisterin der Stadt Müncheberg, das Konzept. Vor allem älteren und nicht mehr mobilen Patienten sollte so der Weg zum Arzt erleichtert werden. Umgekehrt müssten Ärzte zu weniger Hausbesuchen ausrücken. Die Kosten, die sich jährlich auf 24.000 Euro belaufen, übernahmen der Landkreis, die Stadt Müncheberg und das Amt Märkische Schweiz. Die Kassenärztliche Vereinigung Brandenburg und die Krankenkassen AOK Nordost sowie BARMER GEK bewerben das Projekt. Allerdings blieb der Bus hinter den Erwartungen deutlich zurück. Pro Monat wurden laut Barkusky durchschnittlich nur 32 Karten verkauft. Nach einjähriger Testphase wurde der erste Patientenbus Brandenburgs als Pilotprojekt eingestellt. Als Dienstagsbus rollt der ehemalige Patientenbus aber vorerst weiter. Im August 2014 wollen die drei Partner über sein weiteres Schicksal entscheiden. Dennoch ist Steffen Hampel, Leiter des Gesundheitsamtes MärkischOderland, überzeugt, dass Kommunen sich auch in Zukunft stärker in die medizinische Versorgung vor Ort einbringen können und sollten. Kontakt Deutscher Landkreistag Ulrich-von-Hassell-Haus Lennéstraße 11 10785 Berlin Tel.: 030 – 590 09 73 09 www.landkreistag.de Gesundheitsamt Märkisch-Oderland Puschkinplatz 12 15306 Seelow Tel.: 03346 – 85 00 www.maerkisch-oderland.de Stadt Müncheberg Rathausstraße 1 15374 Müncheberg Tel.: 033432 – 810 www.stadt-muencheberg.de 59 5 KOOPERATIONEN DER ZUKUNFT Netze als Gesundheitsunternehmen Partner bei der Umsetzung von Betrieblichem Gesundheitsmanagement Das beständig steigende Durchschnittsalter der Arbeitnehmer in Deutschland macht betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) inzwischen zu einem strategischen Faktor mit unmittelbarem Einfluss auf den Unternehmenserfolg. Die Notwendigkeit von Prävention am Arbeitsplatz ist unstrittig, die An sätze für eine tatsächliche Umsetzung sind vielfältig. Für Gesundheitsnetze stellt sich das BGM als Chance für dauerhafte Geschäftsbeziehungen mit Unternehmen dar. Das Gesundheitsnetz östliches Holstein (GöH) wurde 2010 neben dem Ärztenetz Eutin-Malente (ÄNEM) gegründet, um als Katalysator für sektorenübergreifende und vernetzte Gesundheitsversorgung zu wirken. „Dabei schließt regionale Gesundheitsversorgung natürlich die Gesundheit am Arbeitsplatz ein“, so Dr. Thomas Schang, Vorsitzender des ÄNEM. Praxisnetze könnten durch die Beteiligung am BGM zusätzliche Einnahmequellen generieren, die Vernetzung mit anderen Leistungsanbietern sowie der regionalen Wirtschaft vorantreiben und die Positionierung als regionalen Gesundheitsanbieter stärken. Den Weg in die Betriebe finde das GöH über betriebliche Gesundheitstage, an denen die Kompetenzen des Netzes im Rahmen von betriebsärztlicher Betreuung, Gesundheitsförderung aber auch Teamentwicklung direkt vor Ort dargestellt werden könnten. „Es besteht seitens des ÄNEM nicht der Anspruch, ein komplettes Gesundheitsmanagement anzubieten, vielmehr wollen wir im Rahmen der eigenen Kompetenzen ein Partner bei der Umsetzung sein“, so Dr. Schang. Erfolgskriterien eines BGM seien laut Hans Peter Nocker, Geschäftsführer der SalveoMed GmbH in Unna, die Integration aller Unternehmensbereiche, die Partizipation aller Beschäftigten und eine Ganzheitlichkeit, 60 die verhaltens- und verhältnisbezogene Maßnahmen kombiniert. „Die Durchführung muss im Sinne eines Projektmanagements erfolgen, entgegen einer unverbindlichen Streuung von Maßnahmen“, so Nocker. Dieses schließe selbstverständlich den Gedanken der kontinuierlichen Verbesserung ein, in dem unter anderem Zieldefinition, Evaluation und Optimierung berücksichtigt werden. „Wenn allerdings Führungskräfte und nicht Führungspersönlichkeiten ein Unternehmen leiten, wird niemals gesunde Führung entstehen“, sagte der SalceoMed-Chef. Im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF) könne ein Arztnetz, abhängig von vorher zu leistenden Investitionen, in drei Kategorien agieren. Die Diagnostik erfordere dabei den geringsten Zeitaufwand und in der Regel entstehen keine Kosten für Zusatzausbildungen. In der zweiten Kategorie befänden sich Angebote wie Tabakentwöhnung und Rückenschule während sportmedizinische Untersuchungen, autogenes Training und Ernährungsmedizin die umfangreichsten Qualifikationsmaßnahmen benötigen. Nocker: „Bei den Kunden muss allerdings kommuniziert werden, dass ein Fehlzeitenrückgang frühestens nach drei Jahren durchgehender Aktivitäten zu erwarten ist.“ KOOPERATIONEN DER ZUKUNFT Die Gewährleistung der Therapietreue im betrieblichen Umfeld steht in dem Modell von Dr. Heinz Giesen im Vordergrund. Während für den Arbeitgeber die großen Potentiale auf der Hand lägen müssten aber für Kostenträger und Leistungserbringer Anreize zur Teilnahme geschaffen werden. In einem intersektoralen Gesundheitsmanagement werde daher vertragsärztliche Leistung einbezogen und extra vergütet. Der eigene Gesundheitsnutzen des Mitarbeiters soll zudem im Vordergrund stehen, damit nicht der Eindruck der alleinigen Fehlzeitenreduktion entstehe. „Der blaue Apfel“ sei in dem Zusammenhang die Marke, unter der die Kooperation regional nachhaltig etabliert und der Mehrwert dargestellt werden solle. Er beinhalte Programme zur Bonifizierung, zu ManagedCare und zu Telemedizin-Produkten. Im Rahmen des BGF-Anreizprogrammes erhielte der Arbeitnehmer Geldprämien, bevorzugte Terminvergaben, geringe Wartezeiten, Terminerinnerungen per App und umfängliche Beratungen zur Prävention. In der Praxis werde „Der blaue Apfel“ erstmals im Ärztenetz MuM in Bünde eingesetzt. 5 Kontakt Ärztenetz Eutin-Malente e.V. Hospitalstraße 3 23701 Eutin Tel.: 04521 – 830 85 05 www.aerztenetz-eutin.de SalveoMed GmbH Nordring 35 59423 Unna Tel.: 02303 – 962 47 94 www.salveomed.com Medcoo GmbH Zuhornstraße 26 48147 Münster Tel.: 0251 – 133 98 90 www.derblaueapfel.com 61 5 KOOPERATIONEN DER ZUKUNFT Lernen von anderen Professionen Wie kommen Innovationen ins System? Wie können Neuerung im Gesundheitssystem eingeführt werden, wo kommen frische Ideen her, wie kann man Entwürfe weiterentwickeln, wie kann man sie professionalisieren und welche Finanzierungs möglichkeiten gibt es? Drei Beispiele zeigen, wie aus einer Innovation ein Produkt wird. Dr. Thomas Schang „Innovationen brauchen Treiber!“, so Dr. Thomas Schang, Vorsitzender des Ärztenetzes Eutin-Malente e. V. (ÄNEM). Aber Innovationen seien nicht immer wirklich neue Dinge, sondern auch ganz alte Forderungen der integrierten Versorgung, die bis heute noch nicht richtig umgesetzt wurden. Was das deutsche Gesundheitssystem dringend brauche seien Koordination und Kooperation, RightCare, zielorientierte Finanzierung und bedarfsgerechte Planung. „Auch wenn die beiden letzten Punkte von meinen Kollegen ungern gehört werden“, so Schang. Ein Ärztenetz könne in dem Zusammenhang nicht die ganze Welt retten, vielmehr müsse es in der Region die einzelnen „Innovationen“ nach und nach etablieren. Das ÄNEM entwickle beispielsweise Behandlungspfade, Case Management und Prozessmanagement im Rahmen einer besseren Koordination. Ein sektorenübergreifend vernetzter Pflegestützpunkt stehe für eine ver62 besserte Kooperation. RightCare, im Sinne der richtigen Behandlung für den richtigen Patienten, werde durch standardisierte Diagnosestellung und Behandlung von Depression im Depressionsnetz umgesetzt und führe somit zu Indikations- und Ergebnisqualität. Die Vision einer zielgerichteten Finanzierung stelle sich als ein Regionalbudget gemäß Bedarfsanalyse und Vergütung nach Leistung bzw. Qualität dar. Wünschenswert sei auch statt einer Bedarfsplanung eine sektorenübergreifende, bedarfsgerechte Planung anhand gesicherter Erkenntnisse. „Versorgungsforschung ist kein Luxus“, bekräftigt Dr. Schang. Die Treiber für Innovationen seien vielfältig. Sie könnten aus Zwängen und Frust, demografischen und wirtschaftlichen Gründen oder politischen Hemmnissen erwachsen. „Veränderungen stoßen selten auf Begeisterung“ so Dr. Schang, daher sei es besonders wichtig, dass zumindest einer mit der Umsetzung von Innovationen anfängt. Dr. Klaus Steinmeyer-Bauer KOOPERATIONEN DER ZUKUNFT Unter dem Titel „Traumhafte Innovationen in traumatischer Umgebung“ beschreibt Dr. Klaus SteinmeyerBauer, Mitglied der Geschäftsleitung der VAMED Management und Service GmbH Deutschland, das neue Intensivbett-Zimmer der Charité. Die initiale Idee für das Intensivbetten-Zimmer der Zukunft hatten Prof. Maria Deja, Intensivmedizinerin der Charité, der Architekt Thomas Willemeit und Dr. Steinmeyer-Bauer 2010 auf einem Kongress zum Thema „Hospital und Hospitality“. Die Ausgangssituation waren Intensivstationen mit kalter und unpersönlicher Umgebung sowie die Hypothese, dass Architektur eine messbare Auswirkung auf den Krankheitsverlauf haben könne. Als beeinflussbare Parameter seien die Akustik, Raumatmosphäre, Klimatisierung und das Licht identifiziert und in die Umbauplanung einbezogen worden. Die tatsächliche Umbauplanung startete allerdings erst Anfang 2013, denn im Laufe des Projekts wurden neue Ideen unterschiedlicher Professionen eingebunden. Diese Tatsache stellte sich im Nachhinein als größte Herausforderung aber auch als größter Treiber heraus. Die Bauphase erfolgte dann zwischen April und September 2013. Rückblickend komme die Innovation dadurch ins System, dass eine initiale Idee vorhanden war, über den Tellerrand geblickt und von anderen Professionen gelernt wurde – ohne dabei das Rad neu erfinden zu wollen. Die Peppermint VenturePartners GmbH beschäftigt sich mit medizinischen Innovationen in Form von neuen Medizingeräten aber auch neuen Geschäftsmodellen und der Frage, was neben Geld noch an Know-how benötigt werde. „Bestimmte Innovationen hätten ohne dieses schlaue Geld aus dem privaten Bereich niemals den Markt erreicht“, so Dr. Klaus Stöckemann, geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens. Projekte von Peppermint Venture Partners beschäftigten sich vorwiegend mit einem ungelösten medizinischen Problem, das durch enge Zusammenarbeit mit Medizinern zu einer Innovation führen solle, die neue oder verbesserte Resultate erzielt. Diese Innovation dann weiterzuführen, erfordere öffentliches und privates Venture Capital aber auch unternehmerische Gründer sowie Investoren mit Branchenwissen, Mut und Netzwerken. Dabei handele es sich um hoch riskante Projekte, in der sich Unternehmen und Investoren vollständig mit ihren Kompe- 5 Dr. Klaus Stöckemann tenzen einbringen müssen, um zum Erfolg zu führen. „Venture Capital ist essentiell für disruptive Ideen“, dass bedeutet für durchschlagende Neuerungen und keine mee-toos, betont Dr. Stöckemann. Der perkutane Herzklappenersatz sei ein Beispiel für eine disruptive Idee aus dem medizinischen Bereich mit hohem Marktpotenzial. Für Investitionen von VentureCapital benötige man immer Märkte die wachsen, unlimitiert erscheinen und die man über die Zeit durchdringen kann. Andererseits solle man Investoren haben, die an eine Sache glauben und auch Rückschläge überstehen. „Gute Venture Capital Firmen verstehen sich als Unterstützer aber vor allen Dingen als Herausforderer der Gründer“, betont Dr. Stöckemann. Kontakt Ärztenetz Eutin-Malente e.V. Hospitalstraße 3 23701 Eutin Tel.: 04521 – 830 85 05 www.aerztenetz-eutin.de VAMED Management und Service GmbH Deutschland Schicklerstraße 5 10179 Berlin Tel.: 030 – 246 26 96 00 www.vamed.de Peppermint VenturePartners GmbH Neues Kranzler Eck Kurfürstendamm 21 10719 Berlin Tel.: 030 – 590 06 44 00 www.peppermint-holding.de 63 6 REFERENTEN UND MODERATOREN Referenten und Moderatoren des 9. Kongresses für Gesundheitsnetzwerker in Berlin 64 René Adler · Seit 2014 freier Redakteur für Klinik Markt inside; seit 1988 freier Journalist, Neuss, u. a. bei Tageszeitungen wie der FAZ, der Nachrichtenagentur dpa, dem öffentlichrechtlichen und privaten Hörfunk, für TV und Internet (Onlineredaktion von RTL aktuell); Crossmedia-Spezialist. Bürgermeisterin Dr. Uta Barkusky · Seit 2009 Bürgermeisterin der Stadt Müncheberg; zuvor freiberufliche Honorardozentin in der Erwachsenenqualifizierung und Wissenschaftliche Mitarbeiterin des Forschungszentrums für Bodenfruchtbarkeit, Müncheberg; Dipl.-Ökonomin. Dr. Alexander Alscher · 2008 Gründung und seitdem Geschäftsführer der samedi GmbH, Berlin, der SaaS-Plattform für hochsichere Patientenkoordination/Vernetzung; zuvor bei McKinsey, Barclays Capital, Haniel und an der Universität St. Gallen/Schweiz sowie University of California, Los Angeles/ USA, tätig. Dr. Franz-Joseph Bartmann · Vorstandsmitglied, Vorsitzender Telematikausschuss und Weiterbildungsgremien, Stv. Vorsitz ender des Dt. Senats für ärztl. Fortbildung der Bundesärztekammer, Berlin; seit 2001 Präsident der Ärztekammer Schleswig-Holstein; seit 1989 Oberarzt des St. Franziskus-Hospitals Flensburg; Facharzt für Chirurgie, Unfall-, Viszeralchirurgie. Dr. Tom Anwand, MSc · Seit 2004 Referent im Gesundheitsmanagement der BERLIN-CHEMIE AG; Auditor für Qualitätsmanagement; zuvor Stellvertreter des Leiters in verschiedenen Apotheken, Ausbilder für Pharmaziepraktikanten bei der Apothekerkammer Berlin, Mitglied der Arbeitsgruppe Arzneimittelepidemiologie der Humboldt-Universität zu Berlin. Dr. Hans-Jürgen Beckmann · Seit 2012 Vorstand und seit 1997 Vorstandsmitglied des Ärztenetzes Medizin und Mehr (MuM) Bünde eG; Vorstandsmitglied der Agentur deutscher Arztnetze e. V., Berlin; 2002 Gründung und seitdem Geschäftsführer der Lawell GmbH; seit 1997 niedergelassener Chirurg, Durchgangsarzt und Phlebologe in Gemeinschaftspraxis, Bünde. Ingo Bach · Seit 1998 Redakteur beim Tagesspiegel, Berlin, Schwerpunkte: Gesundheitspolitik, medizinische Servicethemen; verantwortlich für die Verlagsprojekte Berliner Klinik-, Pflegeheim und Praxisführer sowie für das Such- und Beratungsportal www.gesundheitsberater-berlin.de; bis 2001 Redakteur im Wissenschaftsressort beim Tagesspiegel. Jessica Beyer · Prokuristin, zuvor Referentin Gesundheitsmärkte und -politik der Deutschen Apotheker- und Ärztebank eG, Düsseldorf; zuvor Referentin für Parlaments- und Regierungskontakte der Bundesärztekammer und in der Rechtsabteilung der Bundeszahnärztekammer zuständig für europäische und nationale Gesundheitspolitik; Rechtsanwältin. Dr. Stephan Balling · Seit 2013 Hauptstadtkorrespondent der Bibliomed Medizinische Verlagsgesellschaft mbH, Berlin; zuvor währungspolitischer Korrespondent der Börsen-Zeitung in Frankfurt/Main sowie Volontär im Wirtschaftsressort des Rheinischen Merkur; Bankkaufmann, Dipl.-Volkswirt. Markus Bönig · Gründer und Geschäftsführer der ordermed GmbH, Buchholz; zuvor Strategy Manager Public Sector von Cisco Systems Deutschland, Sales Manager Public Sector der Bechtle AG, Sales Manager der ECS AG, Key Account Manager von GE Compunet und Unit Manager Purchase & Logistics von Center Parcs Deutschland. Dr. Michael Bangemann · Vorsitzender des Praxisnetzes Nürnberg Süd e. V.; Stellvertretender Vorsitzender des Ärztlichen Kreisverbandes Nürnberg und des Hausarztvereins Nürnberg e. V. Jochen Brink · Seit 2013 Präsident der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen e. V., Düsseldorf; Geschäftsführer der Valeo-Kliniken GmbH, Hamm, sowie der Evangelischen Krankenhäuser in Lippstadt und Münster; Aufsichtsratsvorsitzender des Valeo-Klinikverbundes; Dipl.-Volkswirt. Mark Barjenbruch · Seit 2011 Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen, Hannover, zuständig für die Bereiche Recht, Sicherstellung sowie Honorar und Vertrag, Schwerpunkt: Verhandlungen mit Krankenkassen und anderen Stakeholdern des Gesundheitswesens; zuvor dort Hauptgeschäftsführer und als Rechtsanwalt in Hannover tätig. Prof. Dr. Stephan Burger · Seit 2010 Leitender Direktor der MedicalContact AG, Essen; Leiter des Geschäftsbereichs Verbandspolitik des BKK Bundesverbandes, Essen, und der Geschäftsstelle des Wissenschaftlichen Beirats der Betrieblichen Krankenversicherung; Lehrbeauftragter für Gesundheitsökonomie an der Fachhochschule Braunschweig/Wolfenbüttel. REFERENTEN UND MODERATOREN 6 Nils von Dellingshausen · 2012 Gründung und seitdem Managing Director der BetterDoc GmbH, Köln; zuvor Marketing Director und P&L-Verantwortlicher für eine Auslandstochter von T-Mobile sowie Associate der Cambridge Strategic Management Group. Dr. Dr. Heinz Giesen · Inhaber des med.iq Verlags; Geschäftsführer der Medcoo GmbH, Münster; seit 2013 Schwerpunkt „Telemedizin in der Pflege“ (www.der-blaue-Apfel.de) und BGF; zuvor Leiter Verträge der Vereinigten IKK („Mein Arzt“ als erste bundesweite HVZ) und der Hauptabteilung Integratives Leistungsmanagement der AOK Hessen. Michael Eiffert, MD · 2010 Gründung und seitdem Geschäftsführer von DoctorCom – Unified Healthcare Communication Solutions, Inc., Redwood City/USA, Schwerpunkte: Healthcare Information Technology, datenschutzkonforme Kommunikationslösungen im Gesundheitswesen; praktizierender Facharzt für Innere Medizin in der San Francisco Bay Area/USA. Prof. Dr. Gerd Glaeske · Seit 2007 Co-Leiter der Abteilung für Gesundheitsökonomie, Gesundheitspolitik und Versorgungsforschung, seit 1999 Professor für Arzneimittelanwendungsforschung am Zentrum für Sozialpolitik (ZeS) der Universität Bremen; zuvor Leiter pharmakologischer Beratungsdienste bei Kassen (AOK, BARMER) und Verbänden (VdAK). Torsten Flöttmann · Seit 2003 Marketingleiter Deutschland der BERLIN-CHEMIE AG; zuvor dort Produktgruppenleiter und -manager, Produktmanager von Schwarz Pharma sowie für ASTRA Chemicals tätig; Studium der Biologie. Torsten Grätz · Seit 2013 Mitglied der Geschäftsführung von VAMED Deutschland, Berlin; zuvor Referent im Gesundheitsmanagement der BERLIN-CHEMIE AG, Geschäftsführer des Johanniter Krankenhauses im Fläming, Belzig, und Geschäftsführer bzw. Leitender Angestellter der Kreiskrankenhaus Belzig GmbH. Dr. Jürgen Flohr · Seit 2011 Geschäftsführer der Leipziger Gesundheitsnetz Management GmbH; seit 2009 Vorstandsvorsitzender des Leipziger Gesundheitsnetzes e. V.; Facharzt für Allgemeinmedizin, seit 2002 niedergelassen in Leipzig; Betriebswirt (FH/SRH). Dr. Ursula Hahn · Geschäftsführerin der OcuNet Verwaltungs GmbH, Düsseldorf, einem Zusammenschluss großer ambulanter augenchirurgischer Zentren; zuvor Gesundheitspolitische Referentin der DKV und Geschäftsführerin des Berufsverbandes der Augenärzte; Studium von Volkswirtschaft und Medizin. Jörg Freese · Seit 2008 Beigeordneter im Bereich Jugend, Schule, Kultur und Gesundheit des Deutschen Landkreistags, Berlin; zuvor Stellvertretender Geschäftsführer des Landkreistags Mecklenburg-Vorpommern und bei der Landeshauptstadt Kiel tätig; Dipl.-Verwaltungswirt (FH). Dr. Bernd Halbe · Fachanwalt für Medizinrecht; Gründer der Kanzlei Dr. Halbe – Rechtsanwälte, Köln und Berlin; Lehrbeauftragter für Medizinrecht der Universität zu Köln; Justiziar mehrerer Berufsverbände; Schwerpunkte: Kooperationen im Gesundheitswesen, Krankenhausrecht, Medizinische Versorgungszentren, Compliance-Beratung, Selektivverträge. Lutz O. Freiberg · Seit 2011 Unternehmensbereichsleiter Verträge, Forschung und Entwicklung der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg, Potsdam, sowie Geschäftsführer der ARGE Innovative Gesundheitsversorgung in Brandenburg (IGiB); zuvor Geschäftsführer der Sana Gesundheitszentren Berlin-Brandenburg GmbH. Lutz Hammerschlag · Seit 2013 Geschäftsführer der Dr. Horst Schmidt Kliniken GmbH, Wiesbaden; Leiter des Instituts für innovative Arbeitsbedingungen im Krankenhaus, Stv. Hauptgeschäftsführer und Leiter des Referats Tarifpolitik des Marburger Bund Bundesverbandes und für den Marburger BundLandesverband Nordrhein-Westfalen/Rheinland-Pfalz tätig. Dr. Bernard Frieling, MBA · Mitgründer der Medivision/Endokrinologikum Gruppe, Hamburg; Mitgründer der VANGUARD AG, Berlin; zuvor bei Asta Medica AG, Arthur D. Little International und Schering AG tätig; Arzt. Steffen Hampel · Seit 2008 Leiter des Gesundheitsamtes Märkisch-Oderland und Amtsarzt, zuvor Stellvertretender Amtsarzt im Landkreis MOL, Seelow; zuvor als Facharzt für Kinderund Jugendmedizin im Landkreis MOL und Kinderarzt des Krankenhauses Rüdersdorf tätig; Dipl.-und Sozialmediziner, Facharzt für Öffentliches Gesundheitswesen. Jakob Futorjanski · Geschäftsführer der Synaptikon GmbH, Betreiber der Gehirntrainingsplattform NeuroNation.de, Berlin; zuvor Advisor im Bereich Informationsmanagement der Pricewaterhouse-Coopers AG; Dipl.-Wirtschaftsinformatiker. Dr. Andreas Hartung · Designiertes Mitglied der Konzerngeschäftsführung der Asklepios Kliniken GmbH, Hamburg; bis dahin Generalbevollmächtigter und Prokurist der Region Südost der Sana Kliniken AG, Ismaning bei München; zuvor Geschäftsführer der Sana Kliniken des Landkreises Cham, des Krankenhauses Rummelsberg und des Sana Klinikums Hof. Kirsten Gaede · Seit 2013 Kommissarische Chef-, seit 2004 Redakteurin von kma – Das Gesundheitswirtschaftsmagazin, Berlin; zuvor Wissenschaftliche Mitarbeiterin der Forschungsgruppe Geriatrie der Charité, Krankenschwester in England, Journalistin für die Pressestelle der Bundesärztekammer, Berliner Morgenpost und Oranienburger Generalanzeiger. Rouwen Hirth · Wissenschaftlicher Leiter der Synaptikon GmbH, Betreiber der Gehirntrainingsplattform NeuroNation. de, Berlin; zuvor Wissenschaftlicher Mitarbeiter des Consumer Research Lab der Fakultät für Psychologie der Universität Wien/Österreich und des FB für strategische Kommunikation der Zeppelin Universität, Friedrichshafen; Dipl.-Psychologe. 65 6 66 REFERENTEN UND MODERATOREN Sabine Hochstadt, MHA · Teamleiterin der Pflege-Versorgungsprojekte sowie Pflegefachreferentin der AOK Nordost, Potsdam; zuvor Pflegefachliche Leiterin in der Weiterbildung Onkologie und Pflegeberaterin im Bereich SGB XI, Kinderkrankenschwester der Klinik für Kinderonkologie der Charité sowie der Abt. Knochenmarktransplantation der Uniklinik Ulm. Franz Knieps · Seit 2013 Vorstand des BKK Dachverbandes e. V., Berlin; zuvor Partner der WMP Health Care GmbH und der Wiese Consult GmbH, Berater Sozialpolitik und Gesundheitssystementwicklung für WHO, EU und Bundesregierung, Leiter der Abteilung Gesundheitsversorgung, Krankenversicherung, Pflegeversicherung des Bundesministeriums für Gesundheit. Thomas Hommel · Seit 2011 Chefreporter des Magazins G+G (Gesundheit und Gesellschaft), Berlin; zuvor Redakteur im Hauptstadtbüro der ÄrzteZeitung, Pressesprecher der WISOGruppe, freier Journalist, u. a. für Financial Times Deutschland, Tagesspiegel, Journal GesundheitsWirtschaft, Magazin Heilberufe; Dipl.-Politologe. Markus Knöfler · Geschäftsführer des Praxisnetzes Herzogtum Lauenburg e. V.; seit 2005 Partner und Geschäftsführer der Conclusys Beratungsgesellschaft mbH, Hamburg; zuvor Assistent der Geschäftsleitung der Deutschen Immobilien AG; Studium der Betriebswirtschaftslehre mit studienbegleitenden QM-Projekten in der stationären Pflege. Dr. Carsten Jäger · Geschäftsführer der ANSB Consult GmbH – Ärztenetz Südbrandenburg, Elsterwerda, u. a. für das Management populationsorientierter Selektivverträge zuständig; Stellvertretender Vorsitzender des Vorstands der Agentur deutscher Arztnetze e. V., Berlin. Christian Kraef · Seit 2014 Präsident, zuvor Bundeskoordinator für Gesundheitspolitik der Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland e. V. (bvmd), Berlin; Medizinstudent im 8. Semester an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster; 2013 Auslandssemester für Doktorarbeit am AlbertSchweitzer-Krankenhaus Lambaréné/Gabun. Ansgar Jonietz · Seit 2012 Geschäftsführer der „Was hab’ ich?“ gGmbH, Dresden; 2011 Mitgründer der Übersetzungsplattform „Was hab’ ich?“, die Medizinerlatein in Patientendeutsch übersetzt; seit 2010 Geschäftsführer der Netzmanufaktur GmbH; selbstständiger IT-Berater, Dipl.-Informatiker. Christoph Kranich · Seit 1995 Leiter der Fachabteilung Gesundheit und Patientenschutz der Verbraucherzentrale Hamburg e. V.; Dozent für Patientenorientierung, -rechte und Beschwerdemanagement in Weiterbildungsstudiengängen; zuvor bei div. Gesundheitsinitiativen tätig und Geschäftsführender Mitarbeiter der Patienteninitiative Hamburg; Dipl.-Pädagoge. Dr. Jochen Jouaux · 2001 Gründung und seitdem Geschäftsführender Gesellschafter der Facharztagentur GmbH, Bielefeld; zuvor als Arzt in Koblenz, Köln, Bad Rothenfelde sowie Großbritannien tätig; Facharzt für Anästhesie, Dipl.-Krankenhausbetriebswirt (VKD). Dr. Christian Krey · Geschäftsführer von Emperra E-Health Technologies, Potsdam; zuvor Business Unit Manager von Animas, a Johnson & Johnson Company, Produktgruppenleiter von A. Me narini Diagnostics, Produktmanager der BERLIN- CHEMIE AG sowie Sales Trainer und Pharmareferent von Lilly Deutschland. Katrin Keller · 2008 Gründung und seitdem Geschäftsführerin der samedi GmbH, Berlin, der SaaS-Plattform für hochsichere Patientenkoordination/Vernetzung; zuvor Geschäftsführerin von Havika – Real Estate/Asset Management; Dipl.-Kauffrau. Dr. Tobias Krüger-Wauschkuhn · Seit 2011 Medizinischer Berater und Vertriebsleiter der samedi GmbH, Berlin; zuvor Assistenzarzt in der Curschmann Klinik, Timmendorfer Strand. Dr. Rainer Kern · Vorstand Sales und Marketing Deutschland der BERLIN-CHEMIE AG, seit 1994 dort tätig, u. a. als Produktmanager, Group-Produktmanager, Marketingleiter Deutschland, Leiter Pharma Deutschland; zuvor Trainee, Post-Fellow und Associate an der Rockefeller University, New York/USA. Sonja Laag · Seit 2010 Leiterin Versorgungsprogramme der BARMER GEK, Wuppertal; zuvor dort in den Abteilungen Integrierte Versorgung sowie Gesundheitspolitische Grundsatzfragen tätig; Dipl.-Gesundheitswirtin, Redakteurin, Arzthelferin. Dr. Regina Klakow-Franck · Seit 2012 unparteiisches Mitglied des Gemeinsamen Bundesausschusses, Berlin; zuvor Dezernentin der Abteilung 4 – Gebührenordnung, Stellvertretende Hauptgeschäftsführerin und Dezernentin der Abteilung 3 – Qualitätssicherung in der Medizin und andere Gebiete der Bundesärztekammer, Berlin; Fachärztin für Gynäkologie. Armin Lang · Seit 2011 Inhaber der Lang Consult GmbH, Saarbrücken; Geschäftsführer der QualiGes GmbH; Vorsitzender des Bundesausschusses und Landesvorsitzender des Sozialverbandes VdK Saarland; Bundesvorsitzender der AG der Sozialdemokraten im Gesundheitswesen; ehemals Leiter der LV Saarland und Rheinland-Pfalz des vdek; 1985-2009 MdL Saarland. Dr. Manfred Klemm · Seit 2006 Vorstandsvorsitzender der Regionales Gesundheitsnetz Leverkusen eG; Geschäftsführender Vorstand der Gesundheitsverbund West eG; zuvor Geschäftsführer in einem Unternehmen im Bereich der Biotechnologie und in leitenden Positionen in Vertrieb, Marketing und Geschäftsführung für ein amerikanisches Diagnostikunternehmen tätig. Helmut Laschet · Seit 1984 Stellvertretender Chefredakteur, seit 1983 Ressortleiter Gesundheitspolitik der Ärzte Zeitung, Neu-Isenburg, seit 1982 dort tätig; zuvor Mitglied der Abteilung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie. REFERENTEN UND MODERATOREN 6 Iris Laser · Seit 2005 Referentin im Gesundheitsmanagement der BERLIN-CHEMIE AG; zuvor Key Account Managerin der BKK Gesundheit und im Vertrieb Firmen-/Privatkunden der AOK Hessen tätig. Jochen Metzner · Seit 2007 Leiter des Referats Krankenhausversorgung des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration, Wiesbaden, dort seit 2000 tätig; zuvor in der Hessischen Versorgungsverwaltung tätig, zuletzt als Justiziar im Versorgungsamt Frankfurt/Main; Jurist. Randy Lehmann · Leitstelle Gesundheitswirtschaft und Tourismus des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie des Landes Schleswig-Holstein, Kiel; Stellvertretende Vorstandsvorsitzende des NDGR e. V.; zuvor Leiterin der Gesundheitsinitiative und Pressesprecherin des Ministeriums für Gesundheit des Landes Schleswig-Holstein. Frank Meyer, MPH · Seit 2012 Referent Unternehmensentwicklung der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe, Dortmund; zuvor Projektbereichsleiter Versorgungsanalysen des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung und Vertragsreferent des GB Arzneimittel der AOK Rheinland/ Hamburg; Apotheker. Dr. Simon Lorenz · 2013 Gründung und seitdem Geschäftsführer der goderma GmbH, Berlin; zuvor in einer strategischen Unternehmensberatung tätig. Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery · Seit 2011 Präsident, zuvor Vizepräsident und Mitglied im Vorstand der Bundesärztekammer, Berlin; Radiologe und Oberarzt der Radiologischen Klinik des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf; 1989-2007 Erster Vorsitzender des Marburger Bund Bundesverbandes. Prof. Dr. Björn Maier · Seit 2008 Studiendekan BWL, Gesundheitsmanagement der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Mannheim; Vorstandsvorsitzender des Deutschen Vereins für Krankenhauscontrolling (DVKC) e. V.; Studium von Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt öffentliche BWL und Krankenhausmanagement. Johanna Müller · Seit 2012 Kommunikationsberaterin der Agentur WOK GmbH, Berlin; zuvor dort Werkstudentin, im Social Media Marketing bei einem Start-up im Bereich AboCommerce und in der Media Education bei VZnet Netzwerke Ltd. tätig; BA Medienbildung – Visuelle Kultur und Kommunikation, MA Wirtschaftskommunikation. Peter Makolla · Seit 1981 Geschäftsführer der PDE Pie Data Elektronik GmbH, Dorsten; zuvor Geschäftsführer der ISPRO GmbH, Bereichsleiter vernetzte Strukturen im Gesundheitswesen der CompuGroup Medical AG sowie leitender Angestellter und Geschäftsführer bei MedatiXX. Susanne Müller · Seit 2009 Geschäftsführerin des Bundesverbandes Medizinische Versorgungszentren – Gesundheitszentren – Integrierte Versorgung e. V., Berlin, seit 2007 dort tätig; zuvor Mitarbeiterin des Grundsatzreferats der AOK Berlin; Dipl.-Politologin. Dr. Martin Mansfeld · Ärztlicher Leiter der Gesundheitsregion Siegerland GbR, Siegen; seit 2001 Vorstand und Netzmanager der Praxisnetz Siegerland GbR; seit 1994 niedergelassener Facharzt für Innere und Allgemeinmedizin (Hausarzt); Dipl.Netzmanager (Gesundheit). Dr. Markus Müschenich, MPH · Gründer von ConceptHealth – Der Berliner Think Tank für die Gesundheitswirtschaft; Managing Partner von FLYING HEALTH – die Startup-Manufaktur; Vorstand des Bundesverbandes Internetmedizin; zuvor Vorstand der Sana Kliniken AG, Ismaning bei München. Andreas Meinhold, BSc, M. A. · Geschäftsführer der ONYX Integratives Gesundheitsmanagement GmbH und für Versorgungsmanagement der HaffNet Management GmbH, Ueckermünde; zuvor Leiter Gesundheitsmanagement der Pharm-Allergan GmbH, Ettlingen; Sozialwissenschafts- und HealthBusiness-Administration-Studium. Dr. Axel Munte · Seit 2011 Vorstandsvorsitzender des Bundes verbandes ambulante spezialfachärztliche Versorgung e. V., Grünwald; zuvor Vorstandsvorsitzender und Vorsitzender der Bezirksstelle München Stadt/Land der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns; 1978 Gründung des ersten kooperativen Ärztehauses Deutschlands; Internist, Gastroenterologe. Dr. Sabine Meinhold · Seit 2001 Vorstand der HaffNet GbR, Ueckermünde; seit 2000 Moderatorin von vertragsärztlichen Qualitätszirkeln; seit 1991 niedergelassene Fachärztin für Allgemeinmedizin mit Netzpraxis im Ärzteverbund HaffNet, Schwerpunkte: Diabetologie/Chirotherapie, Schmerztherapie/ Akupunktur und Geriatrie. Hans Peter Nocker · Seit 2012 Geschäftsführer der SalveoMed GmbH, Unna, seit 2000 der geest & nocker personalberatung und unternehmensentwicklung gmbh; zuvor Generalbevollmächtigter, Personaldirektor und Personalentwickler in größeren Unternehmen. Dr. Susanne Meseke · Stationsapothekerin des St. Franziskus-Hospitals Münster; seit 2003 als Apothekerin bei medicalORDER pharma, Ahlen, in verschiedenen Aufgaben bereichen tätig; Fach apothekerin für Klinische Pharmazie und für Arzneimittel information. Burkhard Nolte · Seit 1991 Verwaltungsdirektor und Geschäfts führer der St. Franziskus-Hospital GmbH Münster und Regionalgeschäftsführer der Franziskus Stiftung Münster; zuvor Verwaltungsleiter der Vestischen Kinderklinik Datteln sowie Prüfungsassistent der Bischöflichen Prüfungs- und Beratungs gesellschaft mbH. 67 6 68 REFERENTEN UND MODERATOREN Dr. Jürgen Oldenburg · Geschäftsführer der DeltaMed Nord GmbH & Co. KG, Elmshorn, Schwerpunkte: integrierte Versorgung, Management von Ärztenetzen, Struktur-/Prozessoptimierung in ambulanten und stationären Einrichtungen, Personalführung sowie Vortrags- und Trainertätigkeit im Praxisund Klinikbereich. Sophia Schlette, MPH · Leiterin Wissensmanagement und Projektentwicklung der Stiftung Gesundheit, Hamburg, Beratung von Führungskräften aus Politik, Selbstverwaltung und Industrie zu neuen Versorgungs- und Vergütungsformen, Bevölkerungsmanagement, Patientenorientierung, Arzneimittelpolitik, Gesundheitsinformationstechnologien. Dr. Axel Paeger, MBA/MBI (EUR) · Mitbegründer und Verwaltungsrat und seit 2003 CEO und Vorsitzender des Vorstands der AMEOS Gruppe, Zürich/Schweiz; zuvor Hauptgeschäftsführer der Asklepios Kliniken GmbH, Manager eines großen US-Verbundnetzes und Board Member der Pacific Health Corporation, Kalifornien/USA. Dr. Torsten Schmale · Gründer und Geschäftsführer der Doc Cirrus GmbH, Berlin, Schwerpunkt: Software- und IT-Lösungen für das Gesundheitswesen auf Basis modernster und hochsicherer Technologien, u. a. für die Verwaltung von Praxen und MVZ; zuvor Gründer und Vorstand der inubit AG sowie Manager des Siemens-Konzerns. Tanja Plambeck · Geschäftsführerin der enpenet GmbH, Hamburg, zuständig für den Bereich Produktentwicklung des enpevita-Gesundheitsassistenten, einem Informations- und Kommunikationssystem für Patienten, das diese in die Lage versetzt, eigenverantwortlich und gemeinsam mit ihrem Arzt Entscheidungen zu treffen; Dipl.-Ingenieurin. Prof. Dr. Christian Schmidt, MPH · Seit 2014 Vorstandsvorsitzender und ärztlicher Vorstand der Universitätsmedizin Rostock; zuvor Geschäftsführer der Kliniken der Stadt Köln gGmbH und Vorstand Medizin der Mühlenkreiskliniken, Minden, sowie Leiter Unternehmensentwicklung des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein; Facharzt für Chirurgie. Dr. Uwe K. Preusker · Seit 1998 Vorstand von Preusker Health Care OY, Vantaa/Finnland; Berater, Publizist und Moderator; Herausgeber von Klinik Markt inside; Herausgeber des Lexikons des deutschen Gesundheitssystems. Alexander Schmidtke · Seit 2014 Vorstandsvorsitzender sowie Vorstand Finanzen und Strategie des Kommunalunternehmens Klinikum Augsburg; zuvor Vorstand des Klinikums Augsburg, Hauptgeschäftsführer der St. Vinzenz-Krankenhaus gGmbH, Fulda, und verschiedener Tochterunternehmen und Vorstandsmitglied des Universitätsklinikums Erlangen. Thomas Rampoldt · Seit 2000 Geschäftsführer der Ärzte genossenschaft Nord eG, Bad Segeberg; zuvor in verschiedenen Funktionen bei der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein tätig, zuletzt in der Eigenschaft als Vorstandsreferent Mitentwickler der Idee der Ärztegenossenschaft SH eG. Dirk Schnack · Seit 1995 freier Journalist mit Schwerpunkt Gesundheitspolitik; Leitender Redakteur des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts, Bad Segeberg; Korrespondent der ÄrzteZeitung in Norddeutschland; Moderator gesundheits politischer Fachkongresse. Tom Renneberg · 2007 Mitgründung und seitdem Geschäftsführer bei esanum.de, Berlin, dem nur für Ärzte zugänglichen Onlinenetzwerk, das sich europaweit verbreitet und heute über 70.000 Ärzte mit Fachverbänden, Industrie und vor allem untereinander vernetzt; „Digital Native“ der 1. Generation; Studium der Molekulargenetik. Norbert Schneider · Seit 2010 Sprecher der Geschäftsführung der gvw – Gesellschaft für Versorgungskonzepte in der Wundbehandlung mbH, Stuttgart; zuvor Bereichsleiter Personal/Sozialwesen/ Recht der GEHE Pharma Handel GmbH, Bereichsleiter Recht und Versicherungen der TAKKT AG sowie Justiziar der Celesio AG. Dr. Nicolai Schäfer · Vorsitzender des Bundesverbandes der Honorarärzte e.V., Berlin; seit 2003 freiberuflicher Facharzt für Anästhesiologie und Notfallmedizin; zuvor in der Abteilung für Anästhesie und Intensivmedizin des St. Franziskus Hospitals, Köln, und in der Abteilung für Anästhesie der Städtischen Kinderklinik Köln tätig. Dr. Annegret Schoeller · Bereichsleiterin des Dezernats Versorgung und Kooperation mit Gesundheitsberufen und seit 1997 Mitglied der Geschäftsführung der Bundesärztekammer, Berlin, Schwerpunkte: Arbeitsmedizin, öffentlicher Gesundheitsdienst, Rehabilitation sowie ärztliche Psychotherapie; Fachärztin für Arbeits- und Umweltmedizin. Dr. Thomas Schang · Vorsitzender des Ärztenetzes Eutin-Malente e. V.; Ärztlicher Geschäftsführer der GöH GmbH; Medizinischer Leiter der Telearztzentrum/ife Gesundheits AG, Nehmten; Vorstandsmitglied der Ärztekammer SchleswigHolstein. Dr. Thomas Scholz · Vorstandsmitglied des Bundesverbandes Niedergelassener Diabetologen (BVND) e. V., Heidenheim an der Brenz; seit 1986 niedergelassener Facharzt für Innere Medizin und Diabetologe DDG, Berlin; berufspolitisch in der KV Berlin und im Hartmannbund aktiv. Prof. Dr. Thomas Schlegel · Seit 2005 Partner der Kanzlei für Medizinrecht Prof. Schlegel, Hohmann, Mangold & Partner, Frankfurt/ Main; Professor für Arzt- und Medizinrecht an der Europa FH Fresenius und für International Pharmacoeconomics & Health Care an der University of Cardiff/UK; Geschäfts führer des Instituts für Gesundheitsökonomie und -recht. Bernd Schulte · Ehemaliger Geschäftsführer der Städtisches Krankenhaus Maria-Hilf Brilon gGmbH; Begründer des 5-Phasen-Modells von der Prävention über die ambulant/stationäre Versorgung bis hin zur modifizierten Reha und Pflege inkl. Psychosomatik und ASV zur Sicherstellung der Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum. REFERENTEN UND MODERATOREN 6 Andreas Schwark · Seit 2005 Stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg, Potsdam; Facharzt für Allgemeinmedizin. Sebastian Vorberg, LL.M. · 2012 Gründung und seitdem Vorstandssprecher des Bundesverbandes Internetmedizin; 2011 Gründer und Geschäftsführer des Instituts für Qualität in der Onkologie; 2002 Gründung und seitdem Partner der Kanzlei Vorberg & Partner, Hamburg; Dozent für Krankenhausrecht an der Hochschule Hannover; Fachanwalt für Medizinrecht. Ralf Sjuts · Seit 2011 Vorstandsvorsitzender der patiodoc AG, Berlin, und Stv. Vorstandsvorsitzender im Bundesverband Managed Care e. V.; zuvor Leiter des Ganzheitlichen Gesundheitsmanagements der Volkswagen AG, Leiter GesundheitsWirtschaft der Wolfsburg AG und Vorstandsvorsitzender der Deutschen BKK. Dr. Veit Wambach · Seit 2011 Vorsitzender der Agentur deutscher Arztnetze e. V.; seit 2010 Stellvertretender Bundesvorsitzender des NAV-Virchow-Bundes, Berlin; seit 2005 Vorsitzender der Qualität und Effizienz eG, Nürnberg, seit 1997 des Praxisnetzes Nürnberg Nord e. V.; seit 1987 niedergelassener Facharzt für Allgemeinmedizin, Nürnberg. Dr. Klaus Steinmeyer-Bauer · Seit 2011 Prokurist und Mitglied der Geschäftsleitung der VAMED Management und Service GmbH Deutschland, Berlin; zuvor Kaufmännischer Leiter des CharitéCentrums 7 für Anästhesiologie, OP-Management und Intensivmedizin sowie OP-Manager und Oberarzt der Klinik für Anästhesiologie des Klinikums Leverkusen. Nicolaus Widera · Seit 2013 Geschäftsführer der Caterna Vision GmbH, Berlin; freiberuflicher Journalist; zuvor im Produktmanagement und der Unternehmenskommunikation des Caterna-Ausgründungsunternehmens der TU Dresden tätig; Studium der Kommunikations- und Kulturwissenschaften. Dr. Klaus Stöckemann, MBA · 2008 Gründer und Geschäftsführender Gesellschafter der Peppermint VenturePartners GmbH sowie Managing Partner des Peppermint Charité Biomedical Fonds, Berlin; zuvor General Partner im Healthcare Team von 3i plc., Director Business Development bei Asta Medica und Senior Manager Business Development der Schering AG. Kay Wilke-Schultz · Seit 2010 Leiter des Unternehmensbereichs Pflege – Verträge/Qualitätsmanagement der AOK Nordost, Potsdam; zuvor im Bereich Pflege und im Justiziariat der AOK Berlin sowie als Rechtsanwalt für Arzthaftung und Medizinrecht tätig. Roger Sturm · Geschäftsführender Gesellschafter der QB International GmbH; Schatzmeister von Gesundheitsstadt B erlin e.V.; Leiter des Hauptstadtbüros des Verbandes Deutscher Dental-Software Unternehmen e. V.; zuvor Direktor der Delbrück & Co. Privatbankiers, Treasurer der DaimlerChrysler UK Holding plc, London/ Großbritannien. Matthias Wöhr · Seit 2012 Manager Sales & Business Development eHealth & medicalIT der MicroNova AG, Vierkirchen; zuvor freiberuflicher Unternehmensberater im Gesundheitswesen, Schwerpunkt: Kooperationsentwicklung und Selektivverträge. Dr. Ulrich Tappe · Seit 2012 Chefarzt der Abteilung Gastroenterologie und Hepatologie und seit 2009 Departmentsleiter der St. Barbara-Klinik Hamm GmbH; seit 2007 niedergelassener Gas troenterologe des Ärztezentrums Hamm Norden; Facharzt für Innere Medizin. Martin Zausinger · Seit 2013 HR-Manager International der Parfümerie Douglas International GmbH, Hagen, Schwerpunkt: Konzeption und Implementierung globaler HR-Strategien; zuvor Personalreferent der DOUGLAS HOLDING AG und Mitarbeiter im Projektmanagement der Parfümerie Douglas; Wirtschaftswissenschaftler mit Schwerpunkt Personal und Organisation. Dr. Anna Katharina Trocha · Seit 2011 Stellvertrende Leiterin des Diabetes-Zentrums der Elisabeth-Krankenhaus Essen GmbH; seit 2010 Vorstand der AG Fuß; seit 2009 Sprecherin des Fußnetzes Essen. Michael Uhlig · Seit 2006 Team- bzw. Bereichsleiter der CURA Seniorenwohn- und Pflegeheime Dienstleistungs GmbH, Berlin, Schwerpunkte: konzeptionelle Begleitung der Pflegeeinrichtungen, Netzwerkarbeit sowie Entgelt- und Versorgungsvertragswesen. Dr. Peter Velling · Vorstandsmitglied des Bundesverbandes Medizinische Versorgungszentren – Gesundheitszentren – Integrierte Versorgung e. V., Berlin; seit 2009 Ärztlicher Leiter der MVZ gGmbH der Ev. Lungenklinik Berlin; zuvor Vertragsarzt in einer Gemeinschaftspraxis für Innere Medizin, Bonn; Facharzt für Innere Medizin. 69 KAPITEL 7 AUSBLICK Und wie geht es nun weiter? Nach den ersten 99 Tagen der Großen Koalition wagte der Kongress eine Prognose über die weitere Gesundheitspolitik. Und Studierende von heute und einst diskutierten über das Berufsbild des Arztes von morgen. Denn er wird in Zukunft – im Netz und persönlich – gebraucht. 70 AUSBLICK 7 „Macht den Arztberuf wieder sexy!“ Generation Y – Zukunft des Arztberufes „Arbeitslos als Arzt – das gab es bei uns nicht“, so Prof. Dr. Christian Schmidt, Vorstandsvorsitzender und ärztlicher Vorstand der Universitätsmedizin Rostock. Und auch sonst hat sich so einiges geändert, seit Schmidt in den 90ern approbierte. Wie die Zukunft des Arztberufes aussehen kann, darüber mach ten sich bei den Gesundheitsnetzwerkern Christian Kraef, Präsident der Bundesvertretung der Medizin studierenden in Deutschland e. V., Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer, Dr. Peter Velling, Vorstandsmitglied des Bundesverbandes Medizinischer Versorgungszentren, und Prof. Dr. Christian Schmidt Gedanken. Christian Kraef gehört mit seinen 24 Jahren zur Generation Y. Der Präsident der Bundesvertretung der Medizinstudierenden e. V. fordert für sich und seine Mitstudierenden nicht einfach nur mehr Freizeit. „Unsere Generation will sich selbst verwirklichen. Der Job ist nicht nur Job.“ Der wesentliche Unterschied zu früher bestehe wohl darin, dass man heute in einer Zeit des Ärztemangels solche Wünsche und Forderungen eher artikulieren und vielleicht auch durchsetzen könne. Die Studierenden wünschen sich vernünftige Arbeitsplätze, sie wollen eine gute Medizin machen und haben auch ihre Karriere im Blick. Allerdings nicht auf Arbeitsplätzen wie dem „Einzelkämpfer auf dem Lande“, das sei einfach nicht mehr zeitgemäß. „Wir sind Teamspieler – das gilt auch im Klinikalltag in dem noch immer hierarchische Strukturen gelebt werden.“ Wenn von den älteren Kollegen vom schönsten aller Berufe geredet werde, könne er nur entgegnen: Schafft die Bedingungen dafür, macht den Arztberuf wieder sexy! Prof. Dr. Christian Schmidt, Vorstandsvorsitzender und ärztlicher Vorstand der Universitätsmedizin Rostock, sieht die junge Generation privilegiert. Ohne wesentliche Arbeitslosigkeit mit vielen früher unbekannten Selbstverständlichkeiten ausgestattet, lasse sich gut und selbstbewusst eine geregelte Arbeitszeit oder -teilzeit einfordern. Das beschleunige natürlich auch den Ärztemangel. Er beobachtet bei jungen Bewerbern folgende Prioritäten: gutes Arbeitsklima vor breiter und strukturierter Ausbildung vor Familienfreundlichkeit. „Welche Klinik das und mehr bietet, wissen die jungen Kollegen aus den PJ-Foren. Da steht, welcher Chefarzt cholerisch ist oder mit welchen Problemen man sich besser an die Schwester denn an den Oberarzt wendet“, so Schmidt. Die Kliniken täten gut daran, sich dieses Wissensvorsprungs im Klaren zu sein und daran zu arbeiten. „Der Krankenhausmarkt wird sich in Zukunft am Wettbewerb ums Personal entscheiden.“ „Die vorgelebte Begeisterung für viele Nachtdienste und 60-Stunden-Wochen waren damals schon unvernünftig und sind für die Generation Y heute unverständlich“, so Dr. Peter Velling, Vorstandsmitglied des Bundesverbandes Medizinischer Versorgungszentren. Eine Karriere müsse sich aber auch diese Generation noch abholen, die würde nicht geliefert. „Was Arbeitgeber liefern können, sind klare Ziele und Perspektiven, eindeutige und verlässliche Curriculen und eine praxisnahe Ausbildung mit Kooperationen auch in ambulanten Einrichtungen. Wir müssen den Arztberuf wieder so facettenreich darstellen und erlebbar machen, wie er ist.“ 71 7 AUSBLICK „Das sind doch unsere Kinder“, stellte Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery, Ärztepräsident, fest. Die seien genauso hoch motiviert und bereit zu arbeiten, wie die Generationen zuvor. Neu sei nur ihre Chance, die Rahmenbedingungen zu verändern. Junge Ärzte seien zu Recht nicht mehr bereit, ihr Leben allein nach den Wünschen von Kliniken oder großen Anforderungen von Praxen auszurichten. Man müsse ihnen letzt- Aus- und Weiterbildung benannten die Diskutanten unisono als eine der großen Baustellen des Medizin studiums. Christian Kraef: „Vor allem in der allgemei nmedizinschen Ausbildung kommt in der Positionierung und Selbstdarstellung schlecht weg. Dagegen dominieren Chef(fach)ärzte in der Ausbildung.“ Vor allem Jammern über schlechte Bedingungen in der Allgemeinmedizin würde wahrgenommen, Über- Dr. Uwe K. Preusker, Christian Kraef, Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery, Prof. Dr. Christian Schmid, Dr. Peter Velling lich die Arbeitsplätze schaffen, die sie haben wollen. „Unsere Aufgabe ist es, den anfänglichen Drive, mit dem die jungen Menschen ihr Studium beginnen, bis zum Ende aufrecht zu erhalten“, so der Chef der BÄK. Dazu gehöre auch die Lebensbildung der Generation Y. Montgomery: „Medizin braucht mehr als Intellekt, sondern Lebens- und Menschenerfahrung.“ So täte man gut daran nicht nur das Assesement als Auswahlkriterium für das Studium zu nutzen, sondern auch die soziale Kompetenz. „Ein Abidurchschnitt von 1,0 reicht nicht, um in diesem Beruf durchzuhalten und der Beste zu werden.“ 72 zeugung könne aber nur über Qualität erreicht werden. Pflichttätigkeiten in der Allgemeinmedizin lehnte Kraef allerdings als Gegenmaßnahme kategorisch ab. Frank Ulrich Montgomery stimmte dem jungen Kollegen zu: „Wir haben den Beruf schlechtgeredet, Themen wie Regress haben sich in die Köpfe der Generation Y eingepflanzt. Nun ist es an uns zu vermitteln, dass der Arztberuf der Beste und Schönste ist.” „Früher hieß es mal Arztkunst”, so Peter Velling. Das Arztsein war also etwas persönliches. „Wir müssen wieder dahin kommen, dass der Arzt als Person vom Patienten wahrgenommen wird. Dann haben wir auch kein Problem, Nachwuchs zu rekrutieren.“ AUSBLICK 7 Gesundheitsprognose für die Große Koalition Journalisten diskutieren über Merkels Gesundheitspolitik Am 26. März 2014 war die neue Bundesregierung 99 Tage im Amt. Die Parlaments-Korrespondenten in Berlin haben den Mitgliedern im Kabinett von Kanzlerin Angela Merkel in der Zeit genau auf die Finger geschaut und zogen für die Gesundheitsnetzwerker ein erstes Resümee. Helmut Laschet (ÄrzteZeitung), Ingo Bach (Tagesspiegel), Dr. Stephan Balling (Bibliomed), Bernhard Hoffmann (kompart Verlag) und Kirsten Gaede (kma) diskutierten auf dem Kongress-Podium Fragen wie: Gibt es eine lesbare Handschrift in der Gesundheitspolitik unter Minister Gröhe? Und welche Perspektiven und Ziele sind realisierbar? Kirsten Gaede Helmut Laschet, Ingo Bach „Die Handschrift in der Gesundheitspolitik ist sozialdemokratisch“, sagte Kirsten Gaede, kommissarische Chefredakteurin des Gesundheitswirtschaftsmagazin kma. „Die Niedergelassenen müssen etwa in der Wartezeitenregelung Einschnitte hinnehmen, das Krankenhausthema ist auf Qualität beschränkt und Kommunen können Träger von MVZ sein.“ Dass Patienten, sollten sie länger als vier Wochen auf einen Facharzttermin warten, von Klinik-Ärzten versorgt werden dürfen, kritisierte Helmut Laschet, Ressortleiter Gesundheitspolitik der ÄrzteZeitung. „Die Kliniken haben doch schon jetzt einen Facharztmangel. Wie sollen die das sichern oder Sprechstunden in einer Ambulanz organisieren?“ Ingo Bach, verantwortlicher Redakteur beim Tagesspiegel, nahm die Patientenper- spektive ein und kritisierte das Fehlen von belastbaren Zahlen in dieser Debatte: „Von der Politik wird der Facharztmangel immer in Frage gestellt. Dennoch haben die Patienten das Gefühl, sie sind nicht gut versorgt und müssen wochenlang auf einen Arzttermin warten.“ Für ihn hat die Große Koalition zumindest das Problem erkannt, dass es gravierende Unterschiede zwischen der Situation in der Stadt und auf dem platten Land gibt. „Aber ansonsten ist in der Gesundheitspolitik noch nicht viel passiert“, so sein Eindruck. „Erstaunlich ist da bespielsweise, wie problematisch etwa die Gespräche über die Haftpflichtversicherung der Hebammen geführt werden. Da frage ich mich schon, welche Lobbyarbeit betrieben wird.“ 73 7 AUSBLICK Bernhard Hoffmann, Chefredakteur Aktuelles und Internet beim kompart Verlag, begrüßte, dass die Koalition endlich das brennende Gesellschaftsthema Pflege und Qualität angegangen ist. „Wie und was dann letzt endlich ausgestaltet und umgesetzt wird, werden wir sehen.“ Genau darin sieht Stephan Balling, Hauptstadt-Korrespondent des Bibliomed-Verlags, das eigentliche Problem: Es werde viel gesagt, aber nicht wirklich etwas getan. „Die Kontinuität der Regierung wird durch Arbeitsgruppen geschaffen. Aber wie effektiv die Arbeit darin ist, ist fraglich.“ Er sehe nicht, dass in der Großen Koalition mehr als ein Bericht dabei rauskommt, statt notwendige Handlungsvorgaben zu entwickeln. Und er benannte auch den Grund dafür. „Noch ist zu viel Geld im Gesundheitssystem, um aus der Not heraus handeln zu müssen. Auch der Arbeitsmarkt wurde erst reformiert bei sechs Millionen Arbeitslosen.“ Dem wiedersprach Helmut Laschet in dem Amt“, so Kirsten Gaede. Dass Kompetenz bei der Ministerwahl keine Rolle spielt – das sei überraschend, befand Bernhard Hoffmann. „Offensichtlich sieht man das Ressort als eines, das man auch ohne Kompetenz führen kann. Ob Herr Gröhe Interesse an dem Thema hat, wird sich noch zeigen.“ Was er Gröhe zutraue sei, das Haus zu organisieren. „Gröhe war Staatssekretär. Politisches Management ist ihm daher nicht fremd.“ Es hätte nach Ansicht von Stephan Balling einen besseren Mann für das Amt gegeben: „Spahn wäre schon eine bessere Wahl als Bahr gewesen. Allerdings macht mich noch stutziger, wer in der zweiten Reihe des Ministeriums agiert. Bis auf Annette Widmann-Mauz ist dort niemand mit gesundheitspolitischem Hintergrund zu finden.“ Zumindest sei Gröhe nicht beratungsresistent, so Kerstin G aede: „Die von Gröhe ins Leben gerufene Frühstücksrunde mit Lauterbach und Spahn nutzt der Minister systema tisch.“ Das Gesundheitsresort ist ein wackeliges Parkett. Und so sei es tatsächlich fraglich, ob ein Mann wie Gröhe im Haus die richtige Unterstützung habe, so Helmut Laschet. „Viele kommen aus dem Familienministerium. Das finde ich kritisch.“ IMPRESSUM Herausgeber: BERLIN-CHEMIE AG Abteilung Gesundheitsmanagement Glienicker Weg 125, 12489 Berlin Dr. Stephan Balling, Bernhard Hoffmann , Kirsten Gaede mit dem Argument, dass in der Regierungsarbeit nicht wesentlich ist, was das Gesetz auf den Weg bringt, sondern was die Selbstverwaltung daraus mache. Hier sah er viel mehr den Grund für einen Reform stau. Über die Person des Gesundheitsministers konnte keiner der Diskutanten ein (vorschnelles) Urteil fällen, wenngleich Hermann Gröhe natürlich auch für die Journalisten eine überraschende Personalentscheidung war. „Jeder Gesundheitsminister war eine Überraschung. Oder was qualifizierte die rentenpolitische Expertin Ulla Schmidt für den Job? Selbst Philipp Rösler war eine Überraschung – als erster Arzt 74 Verantwortlich i. S. d. P.: Susanne Eble Pia Maier Tel.: 030 – 67 07 25 90 E-Mail: [email protected] www.berlin-chemie.de Redaktion: Julia Richter Fotos der Veranstaltung: Hans Wiedl Layout: Göbel + Gröner Grafisches Atelier GmbH, Berlin Druck: druckpunkt, Berlin Auflage: 2.500 Erscheinungstermin: September 2014 Vernetzen – was sagen Sie dazu, Herr Dr. Jäger? Dr. Carsten Jäger ist Kaufmännischer Leiter und Prokurist der ANSB Consult GmbH. Er ist unter anderem für das Management populationsorientierter Selektivverträge zuständig. re Vernetzen ist das Schlagwort des Kong Beenden Sie bitte folgenden Satz Wissensaustausch und kreative vielen Netz werken ... sses 2014. Satz Vervollständigen Sie bitte den : Ideen werden in hof-____ _ – ____ acht____ Geltung gebr____ in die Weg den bald fentlich finden sie auch Regelversorgung. : Schlechte Laune ... ____ ____ ____ ____ _ was ist das denn? ... ____ ____ ____ ____ ____ ____ ____ zur____ ____ ____ st richt ...er____ ____ig____ ____ Was darf in einer Kongressmappe Fall fehlen? auf keinen e _ Mitt____ s nach ____ ____ ____ ug des Kongresse en! Park ten – Hinweise zum entspann Umz dem____ Seit____ ____ ____ ____ ____ ____ Was bringt Sie beim Moderier en aus der Fassung? mer aus dem Wenn sich Diskussionsteilneh ____ ____ ____ ____ ____ _ ____ ____ ____ ____ ____ ____ en und wirkhalt aben Publikum an die Vorg en. stell en lich nur kurze Frag Was war der wichtigste Satz auf dem Kongress? e _ heut wie____ oft____ ____ ____ eines Teilnehmers: „So olstein´ habe ich die Worte ´Schleswig-H _ ____ ____ ____ ____ ____ ____ ____ ____ ____ ____ ____ rt.“ noch nie gehö Satz____ ____ ____ ____ ____ Der ____ ____ Wo ist Ihr Lieblingsplatz auf einem Kongress? teln Auss chte____ ____ _ ____ tischen neben gut besu____ e nter essa inter man lt erhä lern – nirgends ____ ____ _ ____ n. ____ ____ ____ ____ ____ ione____ mat____ Infor____ An Steh ____ ____ ____ ____ ____ ____ ____ Kongressunterlagen – als E-Pa Form? per oder in gedruckter henformat ist ltasc eutig gedruckt – das Kitte____ Eind ____ ____ ____ _ ____ ____ ____ ____ ____ ____ ____ ideal! beim nächsten Welchen Menschen würden Sie er treffen? wied e gern ss ngre Netzwerker-Ko _ will, ____ en____ ____ treff ____ er ____ t wied ____ ding unbe ____ ich____ n, die ____ ____ ____dene Bei warte ich nicht ein ganzes Jahr. Auf welche Versorgungs-Frag eine Antwort bekommen? e hätten Sie gerne liche , nichtoperative bekommen wir die fachärzt ____ ____ ____ ____ _ Wie ____ ____ ____ ____ ____ ____ ____ hin? Grundversorgung auf dem Land in Zukunft____ _ ____ ____ ____ ____ ____ ____ ____ ____ ____ ____ auf dem Kongress der Wie heißt der Vortrag, den Sie sten Jahr unbedingt näch Gesundheitsnetzwerker im en? woll n höre liche , nichtoperative bekommen wir die fachärzt ____ ____ ____ ____ _ Wie ____ ____ ____ ____ ____ ____ ____ in Zukunft hin? Land Grundversorgung auf dem Wie lautet Ihre persönliche Netz werk-Formel? er alle Vortragsskripte bereit hält. ____n____ ____dan einfach mal ____ ____ . und ____ n,.. ____n, rede ____rede ____en, Red n! ache m itt n Schr erste____ ____ _ den ____ ____ ____ ____ ____ ____ ____ ____ fang gut ist. das Buffet beim abendlichen Emp ____ ____ ____ ____ ____ ____ ____ Ein Kongress ist gut, wenn: ... er gut besucht ist. ____ ____ _ ____ ____ ____ ____ ____ _ M094826 BERLIN-CHEMIE AG Glienicker Weg 125, 12489 Berlin 76