Fälle und Lösungen zur Abrechnung in Familiensachen
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Fälle und Lösungen zur Abrechnung in Familiensachen
AnwaltsGebühren Schneider/Thiel Fälle und Lösungen zur Abrechnung in Familiensachen Inhaltsübersicht Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 §1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 §2 Beratung, Gutachten und Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 §3 Prüfung der Erfolgsaussicht eines Rechtsmittels . . . . . . . . . . . . . . . . 29 §4 Außergerichtliche Vertretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 §5 Mahnverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 §6 Selbstständiges Beweisverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 §7 Selbstständige Familiensachen der Freiwilligen Gerichtsbarkeit . . . . . . . 99 §8 Familienstreitsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 §9 Ehesache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 § 10 Verbundverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367 § 11 Einstweilige Anordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 457 § 12 Arrestverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 493 § 13 Verfahren mit Auslandsbezug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 507 § 14 Vollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 521 § 15 Teilungsversteigerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 553 § 16 Beratungshilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 567 § 17 Besonderheiten bei der Verfahrenskostenhilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . 589 § 18 Übergangsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 621 7 A. Überblick C. Beschwerden gegen den Rechtszug beendende Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gegenstandswert . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Gebühren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verfahrensgebühr . . . . . . . . . . . . . . 2. Terminsgebühr . . . . . . . . . . . . . . . . A. §7 3. Einigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379 356 356 358 367 367 372 D. I. II. III. Rechtsbeschwerde . . . . . . . . . . . . . Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gegenstandswert . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Gebühren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381 381 383 384 E. Aufhebung und Zurückverweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388 Überblick Die Vergütung in Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit richtet sich nach Teil 3 1 VV. Erstinstanzlich gelten die Nrn. 3100 ff. VV. In Beschwerdeverfahren gegen Endentscheidungen wegen des Hauptgegenstands 2 gelten gem. Vorbem. 3.2.1 Nr. 2 Buchst. b) VV die Gebühren eines Berufungsverfahrens (Nrn. 3200 ff. VV). In Rechtsbeschwerdeverfahren gegen Endentscheidungen wegen des Hauptgegen- 3 stands gelten gem. Vorbem. 3.2.2 Nr. 1 Buchst. a) VV die Gebühren eines Revisionsverfahrens (Nrn. 3206 ff. VV). Für sonstige Beschwerden bleibt es dagegen bei den Nrn. 3500, 3513 VV, also insbe- 4 sondere für Beschwerden gegen Kostenentscheidungen, Beschwerden im Richterablehnungsverfahren oder gegen sonstige Neben- oder Zwischenentscheidungen.1 Der Gegenstandswert richtet sich nach § 23 Abs. 2 S. 1 RVG und ist nach § 33 RVG auf Antrag festzusetzen, da im gerichtlichen Verfahren keine von einem Wert abhängigen Gebühren erhoben werden. Beispiel 1 Beschwerde gegen Kostenentscheidung Der Anwalt erhebt gegen die Kostenentscheidung des FamG in einem Umgangsrechtsverfahren Beschwerde zum OLG. Der Gegenstandswert beträgt 400,00 EUR. Es gilt nicht Vorbem. 3.2.1 Nr. 2 Buchst. b) VV, sondern Teil 3 Abschnitt 5 VV. Abzurechnen ist nach den Gebühren der Nr. 3500 VV. 1. 0,5-Verfahrensgebühr, Nr. 3500 VV (Wert: 400,00 EUR) 2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV Zwischensumme 3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV Gesamt 22,50 EUR 4,50 EUR 27,00 EUR 5,13 EUR 32,13 EUR 1 OLG Köln AGS 2012, 462 u. 563 = JurBüro 2012, 653 = FamRZ 2013, 730 = NJW-Spezial 2012, 540 = RVGreport 2012, 420; OLG Hamm AGS 2013, 171 = JurBüro 2013, 421 = NJW-Spezial 2013, 284 = MDR 2013, 816 = RVGreport 2013, 317. 101 §7 Selbstständige Familiensachen der Freiwilligen Gerichtsbarkeit 5 Im Übrigen gelten die Allgemeinen Gebühren nach Teil 1 VV. Insbesondere kann der Anwalt grundsätzlich in allen Angelegenheiten eine Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV verdienen. 6 Theoretisch kommt auch die Zusatzgebühr für besonders umfangreiche Beweisaufnahmen (Nr. 1010 VV) in Betracht. In der Praxis hat diese Gebühr jedoch in Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit keine Bedeutung, so dass von deren Darstellung hier Abstand genommen wird. 7 Die Auslagen richten sich nach Teil 7 VV. Der Anwalt erhält auch hier ■ Dokumentenpauschalen nach Nr. 7000 VV, ■ Ersatz seiner Post- und Telekommunikationsentgelte, wahlweise konkret (Nr. 7001 VV) oder pauschal (Nr. 7002 VV), ■ Reisekosten (Nrn. 7003–7006 VV), ■ Umsatzsteuer (Nr. 7008 VV) und ■ Ersatz sonstiger Aufwendungen (Vorbem. 7 Abs. 1 VV i.V.m. §§ 675, 670 BGB). 8 Im Übrigen sind die sonstigen Gebührentatbestände des Vergütungsverzeichnisses auch in Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit anzuwenden. 9 So gelten für Terminsvertreter, Verkehrsanwalt und Vertreter in Einzeltätigkeiten die Nrn. 3400 ff. VV. 10 Ein Verkehrsanwalt erhält für seine Tätigkeit eine Gebühr in Höhe der Gebühr des Verfahrensbevollmächtigten, höchstens jedoch eine 1,0-Verfahrensgebühr. Der vor Ort tätige Verfahrensbevollmächtigte erhält seine gewöhnliche Vergütung. Beispiel 2 Verkehrsanwalt im erstinstanzlichen Verfahren In einem Verfahren vor dem FamG Hamburg über das Umgangsrecht beauftragt die in München ansässige Antragstellerin einen ortsansässigen Anwalt, der den Verkehr mit dem Hamburger Verfahrensbevollmächtigten führen soll. Die Vergütung des Verfahrensbevollmächtigten richtet sich nach den Nrn. 3100, 3104 VV. Der Verkehrsanwalt erhält eine Gebühr in Höhe der Verfahrensgebühr des Verfahrensbevollmächtigten nach Nr. 3100 VV, allerdings begrenzt auf 1,0 (Nr. 3400 VV). 102 A. Überblick I. Verfahrensbevollmächtigter 1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV (Wert: 3.000,00 EUR) 2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV (Wert: 3.000,00 EUR) 3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV Zwischensumme 4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV Gesamt II. Verkehrsanwalt 1. 1,0-Verfahrensgebühr, Nrn. 3400, 3100 VV (Wert: 3.000,00 EUR) 2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV Zwischensumme 3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV Gesamt §7 261,30 EUR 241,20 EUR 20,00 EUR 522,50 EUR 99,28 EUR 621,78 EUR 201,00 EUR 20,00 EUR 221,00 EUR 41,99 EUR 262,99 EUR Ein Terminsvertreter erhält nach Nr. 3401 VV zunächst einmal eine Verfahrensge- 11 bühr in Höhe der Hälfte der Verfahrensgebühr, die dem Verfahrensbevollmächtigten entsteht bzw. ihm entstehen würde. Zu fragen ist also danach, welche Verfahrensgebühr ein Verfahrensbevollmächtigter erhält oder erhalten würde. Hiervon erhält dann der Terminsvertreter die Hälfte. Eine Begrenzung ist hier im Gegensatz zu Nr. 3400 VV nicht vorgesehen. Erstinstanzlich entsteht also regelmäßig eine 0,65-Verfahrensgebühr. Erledigt sich der Auftrag vorzeitig, so reduziert sich die Verfahrensgebühr der 12 Nr. 3401 VV nach Nr. 3405 Nr. 2 VV auf 0,5. Neben der Verfahrensgebühr erhält der Terminsvertreter nach Nr. 3402 VV zusätzlich 13 eine Terminsgebühr in Höhe der Terminsgebühr, die ein Verfahrensbevollmächtigter erhalten würde. Erstinstanzlich entsteht also die Gebühr nach Nr. 3104 VV. Beispiel 3 Terminsvertreter im erstinstanzlichen Verfahren In einem Verfahren über das Umgangsrecht bestellt die in München wohnende Antragstellerin neben dem Verfahrensbevollmächtigten aus München für den auswärtigen Termin vor dem FamG Köln einen Anwalt mit der Wahrnehmung des Verhandlungstermins, den dieser auch wahrnimmt. Der Verfahrensbevollmächtigte erhält nur die 1,3-Verfahrengsgebühr nach Nr. 3100 VV. Der Terminsvertreter erhält seine Vergütung nach den Nrn. 3401, 3402, 3104 VV. 103 §7 Selbstständige Familiensachen der Freiwilligen Gerichtsbarkeit I. Verfahrensbevollmächtigter 1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV (Wert: 3.000,00 EUR) 2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV Zwischensumme 3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV Gesamt II. Terminsvertreter 1. 0,65-Verfahrensgebühr, Nrn. 3401, 3100 VV (Wert: 3.000,00 EUR) 2. 1,2-Terminsgebühr, Nrn. 3402, 3104 VV (Wert: 3.000,00 EUR) 3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV Zwischensumme 4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV Gesamt 261,30 EUR 20,00 EUR 281,30 EUR 53,48 EUR 334,75 EUR 130,65 EUR 241,20 EUR 20,00 EUR 522,50 EUR 99,28 EUR 1.621,78 EUR 14 Einzeltätigkeiten werden nach Nr. 3403 VV mit einer 0,8-Gebühr vergütet. 15 Im Übrigen wird auf die Darstellung in Fälle und Lösungen zum RVG § 21 und § 20 Rn 7 ff. Bezug genommen. 16 In Verfahren über die Bewilligung, Aufhebung oder Abänderung von Verfahrenskostenhilfe gelten Nr. 3335; Vorbem. 3.3.6 S. 2 i.V.m. Nr. 3104 VV. Beispiel 4 Verfahrenskostenhilfebewilligungsverfahren ohne Termin Der Anwalt wird von der bedürftigen Ehefrau beauftragt, Verfahrenskostenhilfe für einen beabsichtigten Antrag auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung für die Ehewohnung während der Zeit der Trennung zu beantragen. Das Gericht weist den Antrag zurück. Der Gegenstandswert beläuft sich gem. § 23a Abs. 1, 1. Hs. RVG i.V.m. § 48 Abs. 1 FamGKG auf 3.000,00 EUR. 1. 1,0-Verfahrensgebühr, Nrn. 3335, 3100 VV (Wert: 3.000,00 EUR) 2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV Zwischensumme 3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV Gesamt 201,00 EUR 20,00 EUR 221,00 EUR 41,99 EUR 262,99 EUR 17 Kommt es zu einem Termin i.S.d. Vorbem. 3 Abs. 3 VV, so entsteht nach Vorbem. 3.3.6 S. 2 VV eine Terminsgebühr in Höhe der Terminsgebühr, die auch im Hauptsacheverfahren anfallen würde. 104 A. Überblick Beispiel 5 §7 Verfahrenskostenhilfebewilligungsverfahren mit Termin Der Anwalt wird von der bedürftigen Ehefrau beauftragt, Verfahrenskostenhilfe für einen beabsichtigten Antrag auf Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge Verfahrenskostenhilfe zu beantragen. Das Gericht beraumt einen Erörterungstermin an und weist sodann den Antrag zurück. Zu der 1,0-Verfahrensgebühr kommt eine 1,2-Terminsgebühr nach Vorbem. 3.3.6 S. 2 VV i.V.m. Nr. 3104 VV hinzu. Der Verfahrenswert beträgt nach § 23a Abs. 1, 1. Hs. RVG i.V.m. § 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG 3.000,00 EUR. 1. 1,0-Verfahrensgebühr, Nrn. 3335, 3100 VV (Wert: 3.000,00 EUR) 2. 1,2-Terminsgebühr, Vorbem. 3.3.6 S. 2 i.V.m. Nr. 3104 VV (Wert: 3.000,00 EUR) 3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV Zwischensumme 4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV Gesamt 201,00 EUR 241,20 EUR 20,00 EUR 462,20 EUR 87,82 EUR 550,02 EUR Kommt es im Verfahrenskostenhilfeprüfungsverfahren zu einer Einigung, fällt auch hier 18 eine Einigungsgebühr an. Zu beachten ist, dass bereits der Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zur Anhängigkeit i.S.d. Nr. 1003 VV führt (Anm. Abs. 1 zu Nr. 1003 VV), so dass sich die Gebühr nur auf 1,0 beläuft. Beispiel 6 Verfahrenskostenhilfebewilligungsverfahren mit Termin und Einigung Der Anwalt wird von der bedürftigen Ehefrau beauftragt, Verfahrenskostenhilfe für einen beabsichtigten Antrag auf Überlassung der Ehewohnung für die Zeit der Trennung zu beantragen. Das Gericht beraumt einen Erörterungstermin an, in dem eine Einigung erzielt wird. Zu der Verfahrens- und der Terminsgebühr kommt eine 1,0-Einigungsgebühr nach Nrn. 1000, 1003 VV hinzu. Der Gegenstandswert beträgt gem. § 23a Abs. 1, 1. Hs. RVG i.V.m. § 48 Abs. 1 FamGKG 3.000,00 EUR. 105 §7 Selbstständige Familiensachen der Freiwilligen Gerichtsbarkeit 1. 1,0-Verfahrensgebühr, Nrn. 3335, 3100 VV (Wert: 3.000,00 EUR) 2. 1,2-Terminsgebühr, Vorbem. 3.3.6 S. 2 i.V.m. Nr. 3104 VV (Wert: 3.000,00 EUR) 3. 1,0-Einigungsgebühr, Nrn. 1000, 1003 VV (Wert: 3.000,00 EUR) 4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV Zwischensumme 5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV Gesamt 201,00 EUR 241,20 EUR 201,00 EUR 20,00 EUR 663,20 EUR 126,01 EUR 789,21 EUR 19 Wird Verfahrenskostenhilfe bewilligt und der Anwalt für das Hauptsacheverfahren beigeordnet, gehen die Gebühren des Verfahrenskostenhilfeverfahrens in den Gebühren der Hauptsache auf, da das Verfahren über die Verfahrenskostenhilfe und das Verfahren, für das die Verfahrenskostenhilfe beantragt worden ist, dieselbe Angelegenheit sind (§ 16 Nr. 2 RVG). 20 Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Darstellung in Fälle und Lösungen zum RVG § 12 Bezug genommen. 21 In Verfahren über die Gehörsrüge gelten die die Nrn. 3330, 3331 VV. Insoweit wird auf die Darstellung in Fälle und Lösungen zum RVG § 22 Bezug genommen. B. I. Erstinstanzliche Verfahren Überblick 22 Im erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahren richten sich die Gebühren des Anwalts nach Teil 3 Abschnitt 1 VV nach den Nrn. 3100 ff. VV. Hinzukommen kann eine Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV. 23 Der Gegenstandswert richtet sich gem. § 23 Abs. 1 S. 1 RVG nach den Wertvorschriften des gerichtlichen Verfahrens, also den besonderen Wertvorschriften der §§ 45 ff. FamGKG und den allgemeinen Wertvorschriften der §§ 33 ff. FamGKG. Insoweit ist der Anwalt gem. § 32 Abs. 1 RVG an die gerichtliche Wertfestsetzung gebunden. 24 Der Anwalt erhält zunächst einmal für das Betreiben des Geschäfts (Vorbem. 3 Abs. 2 VV) eine 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV. 25 Die Gebühr kann sich unter den Voraussetzungen der Nr. 3101 Nr. 1 und 2 VV auf 0,8 ermäßigen. 26 Darüber hinaus tritt eine Ermäßigung nach Nr. 3101 Nr. 3 VV ein, wenn die Familiensache nur die Erteilung einer Genehmigung oder die Zustimmung des Familiengerichts zum Gegenstand hat. 106 §9 § 9 Ehesache Inhalt A. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 B. Gegenstandswert . . . . . . . . . . . . . . . . I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ehesache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Berücksichtigungsfähige Kriterien . . . a) Einkommensverhältnisse . . . . . . . . b) Vermögensverhältnisse . . . . . . . . . c) Lebensgestaltung der Beteiligten . . d) Bedeutung der Sache . . . . . . . . . . . e) Umfang der Sache . . . . . . . . . . . . . f) Einverständliche Scheidung . . . . . . g) Verfahrenskostenhilfe . . . . . . . . . . 5 5 6 6 9 9 10 11 12 13 14 15 A. III. Hilfsantrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Wechselseitige Anträge . . . . . . . . . . . . . . V. Aussöhnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 17 19 C. Die Gebühren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Erstinstanzliche Verfahren . . . . . . . . . . . . 1. Verfahrensgebühr . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Terminsgebühr . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Einigungsgebühr . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Aussöhnungsgebühr . . . . . . . . . . . . . . III. Beschwerdeverfahren . . . . . . . . . . . . . . . IV. Rechtsbeschwerde . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Aufhebung und Zurückverweisung . . . . . 20 20 21 21 26 33 34 40 45 49 Überblick Ehesachen sind Verfahren auf ■ Scheidung der Ehe (§ 121 Nr. 1 FamFG), ■ Aufhebung der Ehe (§ 121 Nr. 2 FamFG), ■ Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens der Ehe (§ 121 Nr. 3 FamFG). 1 Als isolierte Verfahren kommen Ehesachen in der Praxis selten vor, da in der Regel der 2 Amtsverbund (§ 137 Abs. 1 FamFG) greift und zumindest der Versorgungsausgleich mit zu regeln (§ 137 Abs. 2 S. 2 FamFG), jedenfalls zu tenorieren ist (§ 224 Abs. 3 FamFG). In den folgenden Abrechnungsbeispielen soll jeweils von einem solchen Fall der isolier- 3 ten Ehesache ausgegangen werden. Zur Abrechnung des Verbundverfahrens siehe § 10. Die Gebühren des Anwalts richten sich nach den Nrn. 3100 ff. VV. Hinzukommen kann 4 eine Aussöhnungsgebühr nach Nr. 1001 VV. Eine Einigungsgebühr in der Ehesache selbst ist ausgeschlossen Anm. Abs. 5 S. 1 zu Nr. 1000 VV. B. I. Gegenstandswert Überblick Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit richtet sich nach § 23 Abs. 1 S. 1 RVG 5 i.V.m. § 43 FamGKG. Dieser Wert gilt auch für die Aussöhnungsgebühr (Nr. 1001 VV). 351 §9 Ehesache II. Ehesache 1. Überblick 6 Abzustellen ist auf die Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Ehegatten (§ 43 Abs. 1 FamGKG). 7 Der Gesetzgeber hat die Einkommensverhältnisse der beteiligten Ehegatten in § 43 Abs. 2 FamGKG legal definiert. Danach ist das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen der Ehegatten einzusetzen. Was Nettoeinkommen ist, beantwortet die Rechtsprechung unterschiedlich und ist insbesondere im Hinblick auf die Berücksichtigung von Leistungen nach dem SGB II streitig (zum aktuellen Meinungsstand siehe § 10 Rn 9). Zu den Umständen des Einzelfalls, die herangezogen werden können, siehe die nachfolgende Darstellung unter Rn 9 ff und ausführlich § 10 Rn 9 ff. Die Bewertung in Ehesachen wird von Gericht zu Gericht verschieden gehandhabt. Eine verbindliche Bewertungsmethode gibt es nicht. Das liegt daran, dass alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden dürfen und müssen.1 Die Gerichte haben daher hier einen großen Spielraum, den sie allerdings nur eingeschränkt nutzen. Es wird daher empfohlen, sich mit der jeweiligen örtlichen Rechtsprechung vertraut zu machen und gegebenenfalls durch Verfahrenswertbeschwerden zur Rechtsfortbildung beizutragen. 8 Der Wert beträgt mindestens 3.000,00 EUR und höchstens 1 Mio. EUR (§ 43 Abs. 1 S. 2 FamGKG). 2. Berücksichtigungsfähige Kriterien a) Einkommensverhältnisse 9 Hinsichtlich der Einkommensverhältnisse ist auf das dreifache Nettoeinkommen der Ehegatten abzustellen (§ 43 Abs. 2 FamGKG). Maßgebend ist das Nettoeinkommen der Ehegatten bei Einreichung des Scheidungsantrags (§ 34 S. 1 FamGKG). Nachträgliche Veränderungen bleiben grundsätzlich außer Ansatz. b) Vermögensverhältnisse 10 Die Vermögensverhältnisse sind nach überwiegender Auffassung erst zu berücksichtigen, wenn es den vermögenssteuerfreien Betrag2 für jeden Ehegatten und jedes unter- 1 OLG Brandenburg NZFam 2014, 1005. 2 Vgl. § 6 VermögStG a.F., Vermögenssteuer wird seit 1997 nicht mehr erhoben. 352 B. Gegenstandswert haltsberechtigte Kind übersteigt.3 Einigkeit besteht in der obergerichtlichen Rspr, dahingehend, dass das aktive Vermögen regelmäßig nach Schuldenabzug und unter Berücksichtigung von Freibeträgen nach bestimmten Prozentsätzen in die Bestimmung des Verfahrenswerts für die Ehesache aufgenommen wird. Die von der Rspr. berücksichtigten Freibeträge variieren4 (siehe ausführlich § 10 Rn 9 ff.). KG5 je Ehegatte mindestens 30.000,00 EUR; 10 % vom Restbetrag, davon 20 % Abschlag; 60.000,00 EUR allgemeiner Freibetrag und 25.000,00 EUR Altersfreibetrag je Ehegatte, 5 % vom Restbetrag OLG Bamberg6 70.000,00 DM je Ehegatte (heute 35.000,00 EUR) OLG-Bezirk Brandenburg 30.000,00 EUR je Ehegatte und 20.000,00 EUR je Kind; 5 % vom Restbetrag OLG Braunschweig7 70.000,00 DM je Ehegatte (heute 35.000,00 EUR) OLG Bremen ./. OLG Celle8 30.000,00 EUR je Ehegatte und 10.000 EUR je Kind; 5 % vom Restbetrag OLG Dresden9 30.000,00 EUR je Ehegatte und 10.000,00 EUR je Kind; 5 % vom Restbetrag OLG Düsseldorf10 70.000,00 EUR je Ehegatte und 70.000,00 EUR je minderjähriges Kind; 10 % vom Restbetrag bei hohem Privatvermögen 3 KG JurBüro 1965, 297; OLG Düsseldorf JurBüro 1975, 504; OLG Oldenburg Nds.Rpfl. 1979, 242; OLG Bamberg JurBüro 1982, 286; OLG Nürnberg KostRsp. GKG § 12 Nr. 104 m. Anm. E. Schneider = FamRZ 1986, 194 = JurBüro 1986, 414; KostRsp. GKG § 12 Nr. 137 = JurBüro 1989, 1723; OLG Köln JurBüro 1975, 503; OLG Hamm KostRsp. GKG § 12 Nr. 79 m. Anm. E. Schneider = MDR 1984, 765 = JurBüro 1984, 1543; OLG Düsseldorf KostRsp. GKG § 12 Nr. 158 = FamRZ 1994, 249 = OLGR 1993, 184; OLG München JurBüro 1992, 349. 4 Schneider/Herget, Rn 7223a. 5 FamRZ 2010, 829; FuR 2014, 598; FuR 2014, 598. 6 JurBüro 1987, 1694. 7 NdsRpfl 1979, 272. 8 FamRZ 2013, 149. 9 FamRZ 2006, 1053. 10 FamRZ 1994, 249. 353 §9 §9 Ehesache OLG Frankfurt11 30.000,00 DM (heute jeweils 15.000,00 EUR); 5 % vom Restbetrag OLG Hamburg ./. OLG Hamm ./. OLG Jena ./. OLG Karlsruhe12 15.000,00 EUR je Ehegatte, 7.500,00,00 EUR je Kind 5 % vom Restbetrag OLG Koblenz13 60.000,00 EUR je Ehegatte; 5 % vom Restbetrag OLG Köln14 70.000,00 DM je Ehegatte und 70.000,00 DM je minderjähriges Kind (heute jeweils 35.000,00 EUR); 5 % vom Restbetrag OLG München15 120.000,00 DM je Ehegatte (heute 60.000,00 EUR), 60.000,00 DM je minderjähriges Kind (heute 30.000,00 EUR); 5 % vom Restbetrag OLG Naumburg ./. OLG Nürnberg16 30.000,00 DM (heute 15.000,00 EUR) je Ehegatte und 15.000,00 DM (heute 7.500,00 EUR) je Kind; 5 % vom Restbetrag OLG Oldenburg ./. OLG Rostock ./. OLG Saarbrücken17 kein Vermögensfreibetrag OLG Schleswig18 30.000,00 EUR je Ehegatte; 5 % vom Restbetrag 11 EzFamR aktuell 2002, 141; FPR 1996, 311 = FamRZ 1994, 250; FamRZ 2009, 74. 12 AGS 2013, 472 = NJW-RR 2014, 68 = FamRZ 2014, 1226 = FamFR 2013, 494 = FamRB 2014, 57 = FuR 2014, 187; AGS 2013, 472 = NJW-RR 2014, 68 = FamRZ 2014, 1226 = FamFR 2014, 494 = FamRB 2014, 57 = FuR 2014, 187. 13 FamRZ 2003, 1681 = FamRB 2003, 353. 14 FamRZ 1997, 37. 15 OLGR 1998, 169. 16 JurBüro 1989, 1723. 17 JurBüro 1982, 421. 18 SchlHA 2014, 495 = NZFam 2014, 801. 354 B. Gegenstandswert OLG Stuttgart19 60.000,00 EUR je Ehegatte; 5 % vom Restbetrag OLG Zweibrücken20 20.000,00 EUR je Ehegatte, 10.000,00 EUR je Kind, 5 % vom Restbetrag Beispiel 1 §9 Berücksichtigung des Vermögens nach OLG Köln Die Ehefrau beantragt die Scheidung der Ehe der Beteiligten. Die Eheleute haben ein gemeinsames monatliches Nettoeinkommen i.H.v. 5.000,00 EUR. Ihr Vermögen nach Abzug der Verbindlichkeiten entspricht 500.000,00 EUR. Nach den Einkommensverhältnissen beträgt der Wert der Ehesache Vom Vermögen sind je Ehegatten Freibeträge in Höhe von jeweils 35.000,00 EUR abzuziehen. Vom Restbetrag sind 5 % für das Vermögen der Eheleute hinzuzurechnen, also Der Verfahrenswert beträgt somit nach § 43 FamGKG 15.000,00 EUR 500.000,00 EUR – 70.000,00 EUR 430.000,00 EUR 21.500,00 EUR 36.500,00 EUR c) Lebensgestaltung der Beteiligten Weicht die Lebensgestaltung der Eheleute von durchschnittlichen Verhältnissen ab, so 11 kann dies ebenfalls bei der Bemessung des Verfahrenswerts zu berücksichtigen sein. d) Bedeutung der Sache Bei der Bedeutung der Sache können sich die Lebensstellung der Eheleute und die 12 Dauer der Ehe auf die Bemessung des Verfahrenswerts auswirken (siehe ausführlich § 10 Rn 9 ff.). e) Umfang der Sache Eine ungewöhnliche Härte in der Verfahrensführung, Auslandsbezüge, außergewöhnli- 13 cher Arbeitsaufwand etc. können ebenfalls in die Verfahrenswertbemessung einfließen. f) Einverständliche Scheidung Eine einverständliche Ehescheidung stellt den Durchschnittsfall dar, so dass dieses 14 Kriterium keine Auswirkungen auf die Bemessung des Verfahrenswerts haben sollte. 19 AGS 2015, 133. 20 FamRZ 2008, 2052. 355 §9 Ehesache g) Verfahrenskostenhilfe 15 Auch wenn beiden beteiligten Ehegatten Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden ist, ist regelgerecht nach den Kriterien des § 43 FamGKG zu bewerten. Der pauschale Ansatz lediglich des Mindestwerts ist nicht gerechtfertigt.21 III. Hilfsantrag 16 Wird primär Aufhebung der Ehe beantragt und hilfsweise die Scheidung, gilt § 39 Abs. 1 S. 2 FamGKG. Der Wert der Scheidung wird dem Wert der Aufhebung hinzugerechnet, wenn darüber entschieden wird. Es gilt nicht § 39 Abs. 1 S. 3 FamGKG. Aufhebung und Scheidung betreffen nicht denselben Gegenstand i.S.d. § 39 Abs. 1 S. 3 FamGKG. Beispiel 2 Aufhebung der Ehe, hilfsweise Scheidung Die Ehefrau beantragt die Aufhebung der Ehe und hilfsweise die Scheidung. Das FamG hält den Aufhebungsantrag für unbegründet und spricht die Scheidung aus. Die Eheleute haben ein gemeinsames monatliches Nettoeinkommen i.H.v. 5.000,00 EUR. Sowohl der Wert des Aufhebungsantrags als auch der des Scheidungsantrags beträgt 15.000,00 EUR. Der Gesamtwert beträgt somit nach § 39 Abs. 1 S. 2 FamGKG 30.000,00 EUR. IV. Wechselseitige Anträge 17 Werden wechselseitig Scheidungsanträge gestellt, so gilt § 39 Abs. 1 S. 3 FamGKG. Die Werte beider Anträge werden nicht zusammengerechnet; es gilt der höhere Wert, wobei hier wegen § 34 S. 1 FamGKG unterschiedliche Werte kaum denkbar sind, da alle Ehesachen auf den Zeitpunkt der ersten Antragstellung zu bewerten sind. Beispiel 3 Wechselseitige Scheidungsanträge Der Ehemann reicht den Scheidungsantrag ein. Der Wert wird bezogen auf die Einkommensverhältnisse zum Tag der Einreichung mit 6.000,00 EUR festgesetzt. Später stellt die Ehefrau ebenfalls den Scheidungsantrag. Zwischenzeitlich haben sich die Einkommen der Ehegatten erhöht. Die Werte der beiden Scheidungsanträge werden nicht addiert; gem. § 39 Abs. 1 S. 3 FamGKG gilt der höhere Wert. Da nach § 34 S. 1 FamGKG aber immer auf den „ersten 21 Thiel, Verfassungswidrigkeit des Mindeststreitwerts in Ehesachen, AGS 2009, 257. 356 C. Die Gebühren §9 Zeitpunkt“ der Antragseinreichung abzustellen ist, bleiben die geringeren Einkommensverhältnisse maßgebend. Der Wert beträgt also 6.000,00 EUR. Wird wechselseitig einerseits Scheidung und andererseits Aufhebung der Ehe bean- 18 tragt, gilt § 39 Abs. 1 S. 1 FamGKG. Die Werte werden zusammengerechnet, da es sich um verschiedene Gegenstände handelt. Aufhebung und Scheidung sind nicht derselbe Gegenstand i.S.d. § 39 Abs. 1 S. 3 FamGKG. Soweit der Scheidungsantrag allerdings als Hilfswiderantrag geltend gemacht wird, gilt § 39 Abs. 1 S. 2 FamGKG, so dass der Antrag bei der Bewertung nur zu berücksichtigen ist, wenn darüber entschieden wird. Beispiel 4 Wechselseitige Scheidungsanträge Der Ehemann reicht den Scheidungsantrag ein. Später beantragt die Ehefrau im Wege des Widerantrags die Aufhebung der Ehe. Die Eheleute haben bei Einreichung der jeweiligen Anträge ein gemeinsames monatliches Nettoeinkommen i.H.v. 5.000,00 EUR. Die Werte von Scheidungs- und Aufhebungsantrag (jeweils 15.000,00 EUR) werden zusammengerechnet (§ 39 Abs. 1 S. 1 FamGKG). Der Wert beträgt also 30.000,00 EUR. V. Aussöhnung Kommt es zu einer Aussöhnung, so ist dafür der gleiche Wert anzusetzen wie für die 19 Ehesache. Nach OLG Frankfurt22 soll der Gegenstandswert der Aussöhnungsgebühr sogar höher liegen, wenn neben der Aussöhnung noch weitere Verpflichtungen übernommen werden. Zutreffend dürfte es jedoch sein, insoweit eine Einigungsgebühr nach den Nrn. 1000, 1003 VV zu gewähren (siehe dazu § 10 Rn 102). C. I. Die Gebühren Überblick Die Gebühren des Anwalts im erstinstanzlichen Verfahren richten sich nach Teil 3 20 Abschnitt 1 VV, also nach den Nrn. 3100 ff. VV. Hinzukommen kann eine Aussöhnungsgebühr nach Nr. 1001 VV. 22 AnwBl 1970, 136. 357 § 10 § 10 Verbundverfahren Inhalt A. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 B. Gegenstandswert . . . . . . . . . . . . . . . I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ehesache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Scheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wechselseitige Scheidungsanträge . . 3. Sonstige Ehesachen . . . . . . . . . . . . 4. Mehrere Ehesachen . . . . . . . . . . . . . III. Folgesachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Versorgungsausgleich . . . . . . . . . . . 2. Kindschaftssachen . . . . . . . . . . . . . 3. Güterrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zugewinnausgleich . . . . . . . . . . aa) Zahlungsforderung . . . . . . . bb) Negativer Feststellungsantrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Antrag- und Widerantrag . . . dd) Stufenantrag . . . . . . . . . . . . ee) Zahlungsforderung und Anspruch auf Übertragung bestimmter Gegenstände . . . . . ff) Zahlungsforderung und Stundungsantrag . . . . . . . . . b) Gütergemeinschaft . . . . . . . . . . . 4. Ehewohnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Haushalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Kindesunterhalt . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Ehegattenunterhalt . . . . . . . . . . . . . IV. Unzulässige Anträge . . . . . . . . . . . . . . . V. Mehrwertvergleiche . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Bloße Verhandlungen über nicht anhängige Gegenstände . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 7 9 9 13 14 15 16 16 26 35 35 35 36 37 38 39 40 41 42 44 46 50 54 56 IV. 59 C. Die Gebühren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 II. Erstinstanzliche Verfahren . . . . . . . . . . . 64 1. Verfahrensgebühr . . . . . . . . . . . . . . 64 a) Volle Verfahrensgebühr . . . . . . . 64 b) Ermäßigte Verfahrensgebühr . . . 72 aa) Überblick . . . . . . . . . . . . . . 72 A. III. V. VI. VII. bb) Nur ermäßigte Verfahrensgebühr . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Volle und ermäßigte Verfahrensgebühr . . . . . . . . . . . . . 2. Terminsgebühr . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Einigungsgebühr . . . . . . . . . . . . . . . 4. Aussöhnungsgebühr . . . . . . . . . . . . 5. Aussöhnungs- und Einigungsgebühr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Zusatzgebühr für besonders umfangreiche Beweisaufnahmen . . . . . 7. Abrechnungshilfe . . . . . . . . . . . . . . 8. Anrechnung vorangegangener Geschäftsgebühren . . . . . . . . . . . . . . . 9. Abtrennung einer Folgesache aus dem Verbund . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Grundsatz: Keine Lösung aus dem Verbund . . . . . . . . . . . . . . . c) Ausnahme: Lösung aus dem Verbund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Verfahrenstrennung bei Anhängigmachen einer „Nicht-Folgesache“ . . 11. Aufnahme in den Verbund . . . . . . . Beschwerde gegen den Rechtszug beendende Entscheidung betreffend den Hauptgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verfahrenswert . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Gebühren . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsbeschwerde gegen eine den Rechtszug beendende Entscheidung betreffen den Hauptgegenstand . . . . . . . . . Aufhebung und Zurückverweisung . . . . Wiederaufnahme abgetrennter Versorgungsausgleichsverfahren nach altem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Änderung des Gebührenrechts nach Art. 111 Abs. 5 FGG-ReformG . . . . . . . 76 78 81 90 102 103 104 106 107 115 115 117 122 127 128 131 131 134 140 145 149 156 166 D. Auslagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 Überblick Das gesamte Verbundverfahren, also die Ehesache und die Folgesachen, ist gem. § 16 1 Nr. 4 RVG eine Angelegenheit i.S.d. § 15 RVG, so dass der Anwalt seine Gebühren nur einmal aus den nach § 44 Abs. 2 S. 2 FamGKG zusammengerechneten Verfahrenswerten erhält. 367 § 10 Verbundverfahren 2 Auch die Auslagen entstehen nur einmal; insbesondere entsteht im gesamten Verbundverfahren nur eine Postentgeltpauschale (siehe Rn 171). Soweit Dokumentenpauschalen abzurechnen sind, ist für das gesamte Verfahren einheitlich durchzuzählen (siehe Rn 170). 3 Zu den Sonderfällen der Abtrennung aus dem Verbund und der Aufnahme in den Verbund siehe Rn 114 ff. u. 127 ff. 4 Ebenfalls nur eine Angelegenheit ist gegeben, wenn der Scheidungsantrag vom FamG zurückgewiesen worden ist, das OLG diese Entscheidung nach § 146 FamFG aufhebt und die Sache an das FamG zurückverweist (§ 21 Abs. 2 RVG) (siehe Rn 148 ff.). 5 Die Gebühren des Anwalts richten sich nach den Nrn. 3100 ff. VV. Hinzukommen können eine Einigungsgebühr (Nr. 1000 VV) und/oder eine Aussöhnungsgebühr (Nr. 1001 VV). 6 Denkbar ist hier auch eine Zusatzgebühr für besonders umfangreiche Beweisaufnahmen (Nr. 1010 VV). B. I. Gegenstandswert Überblick 7 Der Gegenstandswert eines Scheidungsverbundverfahrens bemisst sich gem. § 23 Abs. 1 S. 1 RVG i.V.m. § 44 Abs. 2 S. 2 FamGKG nach der Summe der Werte von Ehe- und Folgesachen. Die Werte von Ehe- und Folgesachen sind zunächst gesondert zu ermitteln und dann zusammenzurechnen (§ 44 Abs. 2 S. 2 u. 3 FamGKG). 8 Für die Ehesache und die einzelnen Folgesachen gelten die Wertvorschriften, die für die isolierten Verfahren gelten. Lediglich für bestimmte Kindschaftssachen als Folgesachen ist im Verbundverfahren ein von den isolierten Verfahren abweichender Wert vorgesehen (§ 44 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 FamGKG). II. Ehesache 1. Scheidung 9 Der Wert der Scheidungssache ist in § 43 FamGKG geregelt. Der Verfahrenswert ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache sowie der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Ehegatten, nach Ermessen zu bestimmen (§ 43 Abs. 1 S. 1 FamGKG). Nettoeinkommen der privaten Haushalte bezeichnet Einkünfte, die dem Einzelnen nach Abzug aller Abgaben und Steuern für den privaten Verbrauch zur Verfügung stehen. Zu den Einnahmen zählen danach alle tatsächlich monatlich zufließenden Einkünfte einschließ- 368 B. Gegenstandswert lich der Sachbezüge und geldwerten Vorteile. Für Abzüge, insbesondere Kinderfreibeträge etc., ist dabei nach der hier vertretenen Auffassung weder in Ehe- noch in Versorgungsausgleichssachen Raum.1 „Netto“ meint die steuerbereinigten Einkünfte. Eine Orientierung an § 2 EStG zur Ermittlung des zur Verfügung stehenden Einkommens ist zulässig.2 Auch sonstige Einkünfte nach § 22 EStG sind maßgeblich. Ist das Nettoeinkommen nach Abgaben und Steuern ermittelt, kommen weitere Abzüge nicht mehr in Betracht. Das Kostenrecht selbst enthält keine Definition des Nettoeinkommens. Auch dem materiellen Recht ist der Einkommensbegriff nicht bekannt.3 Nach § 43 Abs. 1 S. 1 FamGKG ist der Verfahrenswert aber in der Ehesache unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nach Ermessen zu bestimmen. Das ist dann der Grund dafür, dass – je nach örtlicher Rechtsprechung – ein pauschaler Abzug für den Unterhalt minderjähriger Kinder angenommen wird. Ob dies sachgerecht ist, erscheint zweifelhaft. Das OLG Celle geht deshalb zutreffend davon aus, dass es auch keinen Grund dafür gebe, in den Fällen, in denen Eheleute von Sozialleistungen leben, für die Verfahrenswertbemessung einen anderen Maßstab anzulegen als bei Eheleuten, die Erwerbseinkünfte lediglich in Höhe der ihnen zustehenden Grundsicherung oder Arbeitslosengeld I oder II erzielen.4 Die Einkommensquelle ist nicht entscheidend. Dennoch werden je nach örtlicher Rechtsprechung Abzüge vom Nettoeinkommen als zulässig angesehen:5 Kindergeld Dafür: OLG Jena,6 OLG Karlsruhe,7 OLG Dresden;8 OLG Brandenburg,9 OLG Hamm10 Arbeitslosengeld I Dafür: OLG Oldenburg13 Dagegen: OLG Dresden,11 OLG Celle12 1 OLG Stuttgart AGS 2010, 399 m. Anm. Thiel = FPR 2010, 359 = NJW-RR 2010, 1376 = FamRZ 2010, 2098 = RVGreport 2010, 396. 2 Groß, Gebühren in Familiensachen, § 8 Rn 20. 3 Strohal, Unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen bei Selbstständigen, ABC der Einzelfragen zum Stichwort „Einkommensbegriffe“, S. 239. 4 OLG Celle NJW 2010, 3587 = FF 2011, 44. 5 Tabelle angelehnt an Schneider/Herget/Thiel, Rn 7169a. 6 AGkompakt 2010, 91 m. Anm. Thiel = FF 2011, 44 = FamRZ 1934. 7 OLGR 2008, 422 = RVGprof. 2008, 102. 8 OLG-NL 2005, 234 = FamRZ 2006, 1053. 9 MDR 2007, 1321 = FamRZ 2008, 1206 = NJ 2007, 561; FamRZ 2008, 2052 = OLGR 2008, 747. 10 FamRB 2012, 149. 11 FamRZ 2010, 1939 = FF 2011, 44. 12 NZFam 2014, 173 = JurBüro 2014, 244 = FamRZ 2014, 1802 = RVGreport 2014, 164. 13 AGS 2009, 129 = OLGR 2009, 278 = FPR 2009, 251 = FamRZ 2009, 1177 = RVGreport 2009, 116. 369 § 10 § 10 Verbundverfahren Arbeitslosengeld II Dafür: OLG Köln,14 OLG Schleswig,;15 OLG Düsseldorf,16 OLG Frankfurt,17 OLG Zweibrücken,18 OLG Celle19 Dagegen: AG Vechta36 Grundsicherung BAföG-Leistungen Unterhaltsvorschuss Dagegen: OLG Schleswig,20 OLG Jena,21 AG Lüdenscheid,22 OLG Köln,23 OLG Oldenburg,24 OLG Hamm,25 OLG Dresden,26 KG,27 OLG Köln,28 OLG Düsseldorf,29 OLG Saarbrücken,30 OLG Brandenburg,31 OLG Hamm,32 OLG Celle,33 OLG Naumburg,34 OLG Stuttgart35 Dafür: KG37 Dagegen: OLG Düsseldorf38 10 Für die Einkommensverhältnisse ist also das in den drei Monaten vor Antragseinreichung erzielte Nettoeinkommen der Ehegatten einzusetzen (§ 43 Abs. 2 FamGKG) (siehe auch § 9 Rn 9). Je nach örtlicher Rechtsprechung werden Kinderfreibeträge abge14 FamRZ 2009, 638 = OLGR 2009, 369 = FPR 2009, 380. 15 SchlHA 2008, 319 = OLGR 2008, 608 = FamRZ 2009, 75; OLGR 2009, 119 = AGS 2009, 130 = JurBüro 2008, 594 = RVGreport 2008, 476. 16 ZFE 2008, 389 = FamRZ 2009, 453 = OLGR 2009, 412 = FF 2009, 176. 17 FamRZ 2008, 535 = NJW-RR 2008, 310 = OLGR 2008, 418 = FamRB 2008, 178. 18 AGS 2011, 142 m. Anm. Thiel = NJW 2011, 1235 = FamRZ 2011, 992 = RVGreport 2011, 192 = FamRB 2011, 217. 19 NJW 2010, 3587 = FF 2011, 44. 20 SchlHA 2010, 411 = FamRZ 2010, 1939 = RVGreport 2010, 312 = FF 2011, 44; OLGR 2009, 793 = Familienrecht kompakt 2009, 220; SchlHA 2009, 91 = OLGR 2008, 951 = JurBüro 2009, 193 = FamRZ 2009, 1178 = FuR 2009, 179 = FuR 2009, 229 = FF 2009, 176. 21 AGkompakt 2010, 91 m. Anm. Thiel = FF 2011, 44 = FamRZ 1934. 22 FamRZ 2010, 225. 23 JMBl NW 2009, 235 = OLGR 2009, 538 = FamRZ 2009, 1703. 24 AGS 2009, 129 = OLGR 2009, 278 = FPR 2009, 251 = FamRZ 2009, 1177 = RVGreport 2009, 116; MDR 2014, 1154 = FuR 2014, 491 = FamRZ 2014, 1802. 25 OLGR 2009, 15 = JurBüro 2009, 33 = FamRZ 2009, 543 = FF 2009, 176; MDR 2011, 1385 = FamRZ 2012, 239 = FamFR 2011, 518; FamRZ 2012, 897. 26 FamRZ 2010, 1939 = FF 2011, 44. 27 KGR 2009, 780 = FamRZ 2009, 1854 = RVGreport 2009, 36. 28 AGS 2013, 588. 29 FamRZ 2014, 1802 = FF 2014, 512. 30 MDR 2013, 1231 = FamRZ 2014, 1227 = RVGreport 2013, 444 = FuR 2013, 666. 31 AGS 2014, 188 = FamRZ 2013, 2009 = MDR 2013, 1043 = FuR 2013, 721. 32 FamRB 2012, 149. 33 FamRZ 2012, 240. 34 FuR 2012, 207. 35 FamRZ 2011, 1810 = Justiz 2011, 292 = FamRB 2011, 217 = FF 2012, 43. 36 AGS 2008, 37 = FamRZ 2008, 535. 37 KGR 2009, 780 = FamRZ 2009, 1854. 38 FamRZ 2006, 807 = OLGR 2006, 358 = FuR 2006, 316 = RVGreport 2006, 478. 370 B. Gegenstandswert § 10 zogen.39 Abzüge kommen nach dem Wortlaut der Vorschrift allerdings grundsätzlich vom Nettoeinkommen nicht in Betracht. Abzüge sind nur möglich, soweit die Umstände des Einzelfalls unter Einbeziehung der Vermögensverhältnisse der Eheleute diese rechtfertigen. Die Vermögensverhältnisse als solche sind unter Berücksichtigung von Freibeträgen in die Wertberechnung einzustellen:40 KG41 je Ehegatte mindestens 30.000,00 EUR; 10 % vom Restbetrag, davon 20 % Abschlag; 60.000,00 EUR allgemeiner Freibetrag und 25.000,00 EUR Altersfreibetrag je Ehegatte, 5 % vom Restbetrag OLG Bamberg42 70.000,00 DM je Ehegatte (heute 35.000,00 EUR) OLG-Bezirk Brandenburg 30.000,00 EUR je Ehegatte und 20.000,00 EUR je Kind; 5 % vom Restbetrag OLG Braunschweig43 70.000,00 DM je Ehegatte (heute 35.000,00 EUR) OLG Bremen ./. OLG Celle44 30.000,00 EUR je Ehegatte und 10.000 EUR je Kind; 5 % vom Restbetrag OLG Dresden45 30.000,00 EUR je Ehegatte und 10.000,00 EUR je Kind; 5 % vom Restbetrag OLG Düsseldorf46 70.000,00 EUR je Ehegatte und 70.000,00 EUR je minderjähriges Kind; 10 % vom Restbetrag bei hohem Privatvermögen OLG Frankfurt47 30.000,00 DM (heute jeweils 15.000,00 EUR); 5 % vom Restbetrag OLG Hamburg ./. OLG Hamm ./. 39 40 41 42 43 44 45 46 47 Schneider/Herget/Thiel, Rn 7170 ff. Tabelle angelehnt an Schneider/Herget/Thiel, Rn 7180a. FamRZ 2010, 829; FuR 2014, 598; FuR 2014, 598. JurBüro 1987, 1694. NdsRpfl 1979, 272. FamRZ 2013, 149. FamRZ 2006, 1053. FamRZ 1994, 249. EzFamR aktuell 2002, 141; FPR 1996, 311 = FamRZ 1994, 250; FamRZ 2009, 74. 371 11 § 10 Verbundverfahren OLG Jena ./. OLG Karlsruhe48 15.000,00 EUR je Ehegatte, 7.500,00 EUR je Kind 5 % vom Restbetrag OLG Koblenz49 60.000,00 EUR je Ehegatte; 5 % vom Restbetrag OLG Köln50 70.000,00 DM je Ehegatte und 70.000,00 DM je minderjähriges Kind (heute jeweils 35.000,00 EUR); 5 % vom Restbetrag OLG München51 120.000,00 DM je Ehegatte (heute 60.000,00 EUR), 60.000,00 DM je minderjähriges Kind (heute 30.000,00 EUR); 5 % vom Restbetrag OLG Naumburg ./. OLG Nürnberg52 30.000,00 DM (heute 15.000,00 EUR) je Ehegatte und 15.000,00 DM (heute 7.500,00 EUR) je Kind; 5 % vom Restbetrag OLG Oldenburg ./. OLG Rostock ./. OLG Saarbrücken53 kein Vermögensfreibetrag OLG Schleswig54 30.000,00 EUR je Ehegatte; 5 % vom Restbetrag OLG Stuttgart55 60.000,00 EUR je Ehegatte; 5 % vom Restbetrag OLG Zweibrücken56 20.000,00 EUR je Ehegatte, 10.000,00 EUR je Kind, 5 % vom Restbetrag 12 Der Wert darf nicht unter 3.000,00 EUR und nicht über eine 1 Mio. EUR angenommen werden (§ 43 Abs. 1 S. 2 FamGKG). 48 AGS 2013, 472 = NJW-RR 2014, 68 = FamRZ 2014, 1226 = FamFR 2013, 494 = FamRB 2014, 57 = FuR 2014, 187; AGS 2013, 472 = NJW-RR 2014, 68 = FamRZ 2014, 1226 = FamFR 2014, 494 = FamRB 2014, 57 = FuR 2014, 187. 49 FamRZ 2003, 1681 = FamRB 2003, 353. 50 FamRZ 1997, 37. 51 OLGR 1998, 169. 52 JurBüro 1989, 1723. 53 JurBüro 1982, 421. 54 SchlHA 2014, 495 = NZFam 2014, 801. 55 AGS 2015, 133. 56 FamRZ 2008, 2052. 372 B. Gegenstandswert § 10 2. Wechselseitige Scheidungsanträge Die Werte wechselseitiger Scheidungsanträge werden nicht addiert (§ 39 Abs. 1 S. 3 13 FamGKG) (siehe § 9 Rn 17). Beispiel 1 Wechselseitige Scheidungsanträge Die Ehefrau reicht die Scheidung ein. Das monatliche Nettoeinkommen des Ehemannes beträgt 2.000,00 EUR, das der Ehefrau 1.000,00 EUR. Vermögen und Kinder sind nicht vorhanden. Ein halbes Jahr später stellt der Ehemann einen Widerantrag auf Scheidung der Ehe. Das monatliche Nettoeinkommen des Ehemannes beträgt zu diesem Zeitpunkt 3.000,00 EUR, das der Ehefrau 2.000,00 EUR. Der Wert des Scheidungsantrags der Ehefrau ist mit (2.000,00 EUR + 1.000,00 EUR) x 3 = 9.000,00 EUR zu bewerten. Da der Widerantrag des Ehemanns denselben Gegenstand betrifft, ist gem. § 39 Abs. 1 S. 3 FamGKG nicht zu addieren; es gilt vielmehr der höhere Wert. Für den Wert des Widerantrags gilt jetzt aber nicht § 34 S. 1 FamGKG mit der Folge, dass auf die Einkommensverhältnisse zum Zeitpunkt des Widerantrags abzustellen wäre, also (3.000,00 EUR + 2.000,00 EUR) x 3 = 15.000,00 EUR. Maßgebend ist nach § 43 Abs. 1 S. 1 FamGKG der Zeitpunkt der ersten Antragstellung, so dass es auch für den Widerantrag auf Scheidung bei dem Wert von 9.000,00 EUR bleibt und damit insgesamt nur ein Verfahrenswert von 9.000,00 EUR festzusetzen ist. 3. Sonstige Ehesachen Sonstige Ehesachen (§ 121 Nr. 2 und Nr. 3 FamFG) können nicht im Verbund geführt 14 werden (§ 137 Abs. 1 FamFG), wenngleich sich ihre Bewertung im isolierten Verfahren ebenfalls nach § 43 FamGKG richtet. Es gelten insoweit die gleichen Bewertungskriterien wie zur Scheidungssache. Auf die Ausführungen zu § 9 Rn 5 ff. wird deshalb Bezug genommen. 4. Mehrere Ehesachen Sind Gegenstand des Verbundverfahrens mehrere Ehesachen (z.B. Aufhebung der Ehe 15 und Scheidung), so sind die Werte jeder Ehesache bezogen auf den Zeitpunkt ihrer Antragstellung gesondert zu bewerten (§ 34 S. 1 FamGKG). Anschließend sind die Werte zusammenzurechnen,57 es sei denn, einer der Anträge ist nur hilfsweise gestellt. Dann wird nur addiert, wenn über den hilfsweise gestellten Antrag entschieden wird (§ 39 Abs. 1 S. 2, 3 FamGKG) (siehe § 9 Rn 16). 57 OLG Zweibrücken AGS 2002, 38 = FamRZ 2002, 156 u. 255 = OLGR 2001, 492. 373 § 10 Verbundverfahren III. Folgesachen 1. Versorgungsausgleich 16 Der Wert der Folgesache Versorgungsausgleich (§§ 217 ff. FamFG) ist in § 50 FamGKG geregelt. Diese Regelung gilt auch für den Scheidungsverbund. 17 Für jedes Anrecht ist ein Betrag in Höhe von 10 % des dreifachen Nettoeinkommens beider Ehegatten anzusetzen, wenn es um Wertausgleich bei der Scheidung geht. Ausgleichsansprüche nach der Scheidung sind zwar nicht von Amts wegen Gegenstand des Verbundverfahrens. Sie sind aber auf Antrag verbundfähig, wenn ausnahmsweise zum Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung die Voraussetzungen des § 137 Abs. 2 S. 1 FamFG vorliegen.58 Für diesen Fall ist für jedes schuldrechtliche Anrecht ein Betrag in Höhe von 20 % des dreifachen Nettoeinkommens beider Ehegatten anzusetzen. Beispiel 2 Versorgungsausgleich, mehrere Anrechte Das monatliche Nettoeinkommen des Ehemannes beträgt 2.000,00 EUR, das der Ehefrau 1.000,00 EUR. Vermögen und Kinder sind nicht vorhanden. Beide Ehegatten haben jeweils eine gesetzliche Anwartschaft; der Ehemann darüber hinaus noch eine betriebliche Altersversorgung. Verfahrensgegenstand sind drei Anrechte, so dass für jedes Anrecht 10 % des dreifachen Nettoeinkommens der Eheleute anzusetzen ist. Der Wert der Folgesache Versorgungsausgleich beläuft sich somit auf 3 x 10 % x 3 x (2.000,00 EUR + 1.000,00 EUR) = 2.700,00 EUR. Der Verfahrenswert des Verbundverfahrens beträgt damit 11.700,00 EUR). 18 Abzustellen ist gem. § 34 S. 1 FamGKG auf den Zeitpunkt der Einreichung des Scheidungsantrags.59 Beispiel 3 Versorgungsausgleich, Zeitpunkt der Bewertung Bei Einleitung des Scheidungsverfahrens hatten die Eheleute ein gemeinsames Nettoeinkommen i.H.v. 4.000,00 EUR. Beide Eheleute hatten jeweils nur eine gesetzliche Anwartschaft. Zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Versorgungsausgleich ist das gemeinsame Nettoeinkommen der Eheleute a) auf 2.500,00 EUR abgesunken b) auf 5.000,00 EUR gestiegen. 58 MüKo-FamFG/Heiter, § 137 Rn 71. 59 N. Schneider, Maßgebender Zeitpunkt für die Wertfestsetzung der Folgesache Versorgungsausgleich, FamRZ 2010, 87. 374 § 16 § 16 Beratungshilfe Inhalt A. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 B. Abrechnung mit dem Mandanten . . I. Beratungshilfegebühr . . . . . . . . . . . . . . . II. Weitergehende Vergütung . . . . . . . . . . . . 3 3 6 C. Abrechnung mit der Landeskasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Umfang der Angelegenheit . . . . . . . . . . . III. Beratung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Beratungsgebühr . . . . . . . . . . . . . . . . 13 13 24 25 25 A. 2. Einigungsgebühr . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Aussöhnungsgebühr . . . . . . . . . . . . . . 4. Anrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Außergerichtliche Vertretung . . . . . . . . . . 1. Geschäftsgebühr . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Aussöhnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Anrechnung der Geschäftsgebühr . . . . 29 30 31 34 34 37 38 39 D. Inanspruchnahme des Gegners . . . . 42 Überblick Beratungshilfe kommt in Familiensachen besonders häufig vor. Daher entfällt auch der 1 Großteil der veröffentlichten Rechtsprechung zur Abrechnung von Beratungshilfesachen auf Familiensachen. Ungeachtet dessen gelten hier grundsätzlich keine Besonderheiten. Die Vergütung richtet sich – da es sich um eine außergerichtliche Tätigkeit handelt – nach Teil 2 VV und ist dort in Abschnitt 5 (Nrn. 2500 ff. VV) geregelt. Andere Gebühren entstehen nicht (Vorbem. 2.5 VV), wohl aber Auslagen nach Teil 7 VV (§ 46 RVG; Anm. Abs. 2 zu Nr. 7002 VV). Anzuwenden ist darüber hinaus die Vorschrift der Nr. 1008 VV. Dieser Tatbestand ist 2 nicht durch Vorbem. 2.5 VV ausgeschlossen, da es sich nicht um eine Gebühr handelt, sondern um eine Gebührenerhöhung. Hier ist auch nahezu der einzige Anwendungsbereich dieser Vorschrift in Familiensachen zu finden. B. I. Abrechnung mit dem Mandanten Beratungshilfegebühr Vom Mandanten kann der Anwalt zunächst einmal eine Beratungshilfegebühr in Höhe 3 von 15,00 EUR verlangen (Nr. 2500 VV). Diese Gebühr schuldet ausschließlich der Mandant (§ 44 S. 2 RVG). Die Gebühr kann erlassen werden (Anm. S. 2 zu Nr. 2500 VV). Eine Anrechnung dieser Gebühr auf die Gebühren einer nachfolgenden Angelegenheit ist nicht vorgesehen. Unabhängig davon kommt eine Anrechnung der Beratungshilfegebühr nur unter den Voraussetzungen des § 8a Abs. 2 S. 2 BerHG in Betracht. Neben der Beratungshilfegebühr können keine Auslagen erhoben werden (Anm. S. 1 4 zu Nr. 2500 VV). Da nach dem RVG auch die Umsatzsteuer als Auslagentatbestand 567 § 16 Beratungshilfe behandelt wird (Nr. 7008 VV), versteht sich die Beratungshilfe also als Bruttogebühr.1 Ungeachtet dessen muss der Anwalt die Umsatzsteuer daraus abführen.2 Eine Abrechnung wird hier in der Regel wohl nicht verlangt werden, muss aber auf Verlangen erteilt werden, da auch hier § 10 RVG gilt. Sollte eine Rechnung erforderlich sein, müsste diese wie folgt aussehen: Beispiel 1 Beratungshilfegebühr Die Mandantin erscheint mit einem Beratungshilfeschein und bittet um außergerichtliche Durchsetzung ihrer Unterhaltsansprüche. Die Mandantin schuldet die Gebühr nach Nr. 2500 VV. 1. Beratungshilfegebühr, Nr. 2500 VV 2. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV Gesamt 12,60 EUR 2,40 EUR 15,00 EUR 5 Wird der Anwalt – unabhängig von der Anzahl der Beratungshilfescheine (siehe Rn 23) – mit mehreren Angelegenheiten beauftragt, darf der Anwalt die Beratungshilfegebühr für jede Angelegenheit gesondert verlangen. Beispiel 2 Beratungshilfegebühr, mehrere Angelegenheiten Die Mandantin erscheint mit einem Beratungshilfeschein für Unterhalt, Ehewohnung und Umgangsrecht und beauftragt den Anwalt in diesen Angelegenheiten. Die Mandantin schuldet die Gebühr nach Nr. 2500 VV insgesamt dreimal, da drei verschiedene Angelegenheiten vorliegen (siehe Rn 23). An den Anwalt zu zahlen sind insoweit 3 x 15,00 EUR = 45,00 EUR. II. Weitergehende Vergütung 6 Ist dem Rechtsuchenden Beratungshilfe bewilligt worden, so erhält der Anwalt seine Vergütung aus der Landeskasse (§ 44 RVG) nach den Vorschriften der Nrn. 2501 ff. VV (§ 8 Abs. 1 S. 1 BerHG). Eine unmittelbare Inanspruchnahme des Rechtsuchenden ist – mit Ausnahme der Gebühr nach Nr. 2500 VV (siehe Rn 3) – grundsätzlich nicht möglich (§ 8 Abs. 2 BerHG). 7 Nach der Neuregelung der Beratungshilfevorschriften besteht seit dem 1.1.2014 die Möglichkeit, im Nachhinein bei Gericht die Aufhebung der Beratungshilfe zu beantra1 AnwK-RVG/Fölsch, Nr. 2500 VV Rn 1. 2 A.A. Euba, RVGreport 2009, 181. Danach ist die Beratungshilfegebühr der Nr. 2500 VV nicht umsatzsteuerpflichtig. 568 C. Abrechnung mit der Landeskasse § 16 gen und anschließend mit dem Mandanten/Rechtsuchenden die gesetzliche Vergütung abzurechnen. Die Beratungsperson, also der Anwalt, kann die Aufhebung der Beratungshilfe nach § 6a Abs. 2 S. 1 BerHG beantragen, wenn der Rechtsuchende aufgrund der Beratung oder Vertretung, für die ihm Beratungshilfe bewilligt worden war, etwas erlangt hat. Dabei kann der Antrag allerdings nur gestellt werden, wenn der Anwalt 8 ■ noch keine Vergütung nach § 44 S. 1 RVG beantragt hat und ■ er den Rechtsuchenden bei der Übernahme des Mandats auf die Möglichkeit der Antragstellung und der Aufhebung der Bewilligung sowie auf die sich für die Vergütung nach § 8a Abs. 2 BerHG ergebenden Folgen in Textform hingewiesen hat. Die neue Vorschrift des § 6a Abs. 2 BerHG verschafft dem Anwalt damit nunmehr die 9 Möglichkeit, die gesetzlichen Gebühren auch vom Rechtsuchenden beanspruchen zu können. Wird die Beratungshilfebewilligung aus diesem Grunde aufgehoben, kann der Anwalt vom Rechtsuchenden seine Vergütung nach den allgemeinen Vorschriften verlangen (§ 8a Abs. 2 S. 1 BerHG), also die gesetzliche Vergütung nach dem RVG. Eine bereits bezahlte Beratungshilfegebühr nach Nr. 2500 VV ist auf den Vergütungsan- 10 spruch anzurechnen (§ 8a Abs. 2 S. 2 BerHG). Darüber hinaus kann der Anwalt mit dem Rechtsuchenden seit dem 1.1.2014 auch eine 11 Vergütungsvereinbarung treffen. Das bisherige strikte Verbot des § 8 BerHG a.F. ist aufgehoben worden. Sobald allerdings Beratungshilfe bewilligt ist, kann diese Vergütung – zunächst – nicht mehr geltend gemacht werden (§ 8 Abs. 2 BerHG). Soweit die Beratungshilfebewilligung jedoch aufgehoben wird, kann der Anwalt den Rechtsuchenden aus der – dann auflebenden Vergütungsvereinbarung – in Anspruch nehmen, wobei die Aufhebung von dem Anwalt selbst beantragt werden kann (§ 6a Abs. 2 S. 1 BerHG). Zu beachten ist ferner, dass insoweit auch das bisherige Verbot der Vereinbarung eines 12 Erfolgshonorars (§ 4a RVG) gelockert worden ist. Der Anwalt kann daher insbesondere hier auch erfolgsabhängige Vergütungen vereinbaren. Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber § 4a Abs. 1 S. 4 RVG angefügt, wonach für die Beurteilung nach § 4a Abs. 1 S. 1 RVG die Möglichkeit, Beratungs- oder Verfahrenskostenhilfe in Anspruch zu nehmen, außer Betracht bleibt. C. I. Abrechnung mit der Landeskasse Überblick Alle übrigen Gebühren und Auslagen kann der Anwalt nur mit der Landeskasse abrech- 13 nen (§ 8 Abs. 1 BerHG i.V.m. § 44 S. 1 RVG). Insoweit kann der Mandant nicht in Anspruch genommen werden (§ 8 Abs. 2 BerHG). 569 § 16 Beratungshilfe 14 Die Vergütung des Rechtsanwalts richtet sich nach den für die Beratungshilfe geltenden Vorschriften des RVG in Teil 2 Abschnitt 5 VV, den Nrn. 2501 ff. VV. 15 Zuständig für die Festsetzung der Beratungshilfevergütung ist nach § 55 Abs. 4 RVG der Urkundsbeamte des AG. Eine Sonderzuständigkeit des Familiengerichts besteht hier nicht. Zu beachten ist, dass für die Abrechnung der Beratungshilfevergütung nach § 1 Nr. 2 BerHFV3 Formularzwang besteht. 16 Gegen die Festsetzung des Urkundsbeamten ist nach § 56 Abs. 1 RVG die unbefristete4 Erinnerung gegeben, über die das nach § 4 Abs. 1 BerHG zuständige AG entscheidet (§ 56 Abs. 1 S. 3 RVG). Der Urkundsbeamte kann der Erinnerung abhelfen; anderenfalls legt er sie dem Richter vor, der darüber entscheidet. 17 Gegen die Entscheidung über die Erinnerung ist die Beschwerde zum LG gegeben. Eine Sonderzuständigkeit des OLG für Familiensachen ist hier – im Gegensatz zur Hauptsache – nicht gegeben.5 Die Beschwerde ist allerdings nur zulässig, wenn der Wert der Beschwerde den Betrag von 200,00 EUR übersteigt oder die Beschwerde in der Entscheidung über die Erinnerung zugelassen worden ist (§§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 RVG). 18 Gegen die Beschwerdeentscheidung des LG ist wiederum die weitere Beschwerde zum OLG möglich, wenn das LG diese wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen hat (§§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 6 RVG). 19 Sowohl die Beschwerde als auch die weitere Beschwerde müssen jeweils innerhalb von zwei Wochen eingelegt werden (§ 56 Abs. 2 i.V.m. § 33 Abs. 3 S. 3, Abs. 6 S. 4 RVG). 20 Eine Rechtsbeschwerde ist nicht vorgesehen und wäre zudem auch gesetzlich ausgeschlossen (§§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 4 S. 2 RVG). Möglich ist allerdings noch die Gehörsrüge nach § 12a RVG. Ebenso wenig ist eine Anschlussbeschwerde oder Anschlussrechtsbeschwerde zulässig.6 21 Neben den Gebühren aus der Landeskasse erhält der Anwalt nach § 46 RVG auch Ersatz seiner Auslagen nach den Nrn. 7000 ff. VV, also auch Ersatz der Umsatzsteuer (Nr. 7008 VV). 3 Diese Verordnung hat mit Wirkung vom 10.1.2014 die bisherige BerHVV abgelöst (BGBl I Nr. 1/2014 S. 2 ff.). 4 AnwK-RVG/Volpert, § 56 Rn 9. Wohl kommt aber eine Verwirkung in Betracht (AnwK-RVG/Volpert, § 56 Rn 10). 5 OLG Köln AGS 2011, 85 = MDR 2011, 258 = FamRZ 2011, 919; OLG Koblenz AGS 2012, 27 = JurBüro 2012, 96 = Rpfleger 2012, 154 = NJW 2012, 944 = FamRZ 2012, 652 = FamFR 2012, 37 = MDR 2012, 490 = RVGreport 2012, 179. 6 LG Halle (Saale) AGS 2012, 288 = NJW-RR 2012, 894. 570 C. Abrechnung mit der Landeskasse § 16 Umstritten war die Berechnung der Postentgeltpauschale nach Nr. 7002 VV. Zum Teil 22 wurde früher vertreten, dass sich die Pauschale nach den fiktiven gesetzlichen Gebühren des Wahlanwalts richte. Nach zuletzt h.M. war auf die Gebühren der Nrn. 2501 ff. VV abzustellen. Nach der Neufassung der Nr. 7002 VV zum 1.1.2014 ist klargestellt worden, dass sich die Pauschale aus den von der Landeskasse zu zahlenden Gebühren berechnet (Anm. Abs. 2 zu Nr. 7002 VV). Da die Umsatzsteuer als Auslagentatbestand behandelt wird (Nr. 7008 VV), erhält der 23 Anwalt nach § 46 RVG i.V.m. Nr. 7008 VV auch die auf die Vergütung anfallende Umsatzsteuer. Ob der Rechtsuchende ggf. zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, ist unerheblich, da er nicht Rechnungsempfänger ist. II. Umfang der Angelegenheit Problematisch ist insbesondere hier sehr häufig, ob eine Angelegenheit gegeben ist oder 24 ob mehrere Angelegenheiten vorliegen. Die Rechtsprechung ist früher überwiegend – jedoch unzutreffender Weise – davon ausgegangen, dass die Beratung und Vertretung hinsichtlich der verschiedenen Gegenstände in Familiensachen (Unterhalt, Haushalt, Zugewinn o.Ä.) als eine Angelegenheit i.S.d. § 15 Abs. 1 RVG anzusehen sind und die Beratungshilfegebühren daher insgesamt nur einmal ausgelöst werden.7 Zahlreiche neuere Entscheidungen lehnen jedoch einen sog. „Beratungshilfeverbund“ ab und gehen zu Recht hinsichtlich verschiedener Familiensachen im Rahmen der Beratungshilfe auch von verschiedenen Angelegenheiten aus. Übersicht über die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte seit Inkrafttreten des FGG-ReformG KG8 Bei der Tätigkeit in den Bereichen „Ehescheidung“, „Hausrat/Wohnungszuweisung“ und „Umgangsrecht/Sorgerecht“ handelt es sich jeweils um eigene gebührenrechtliche Angelegenheiten, da zwischen diesen Angelegenheiten kein innerer Zusammenhang besteht. OLG Brandenburg9 Die Regelung von Trennungsunterhaltsansprüchen und vermögensrechtlichen Angelegenheiten während des Getrenntlebens bei noch bestehender Ehe sind als jeweils verschiedene Angelegenheiten anzusehen. 7 Siehe hierzu ausführlich AnwK-RVG/Fölsch, Vor 2.5 VV Rn 160 ff.; Hansens/Braun/Schneider, Vergütungsrecht, Teil 10 Rn 205 ff. 8 AGS 2010, 612 = RVGreport 2010, 141. 9 FamRZ 2010, 833. 571