Wirtschaft unter Strom

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Wirtschaft unter Strom
Wirtschaft
unter Strom:
W ie U n t e r n e h m e n s ic h u n a b h ä n g ig e r u n d k o s t e n g ü n s t ig e r
s e lb s t m it E n e r g ie v e r s o r g e n
Inhalt
Energiewende in
den Unternehmen
Seite 3
Die Suche nach Kosten­entlastungen,
Planbarkeit und Versorgungssicherheit
Seite 4
Stromspeicher und Photovoltaik –
warum besonders relevant?
Seite 5
Stromspeicher – vielfältige Einsatzbereiche
und Geschäftsmodelle für Erzeuger, Netze und
Verbraucher
Seite 6
Eigenstrom­erzeugung 2020:
Wie haben wir gerechnet?
Seite 8
Was unberücksichtigt bleibt: staatliche Anreiz­
programme und gesetzliche Restriktionen
Seite 10
Einsparpotenziale Gewerbe, Handel
und Dienstleistungen
Seite 13
Einsparpotenziale
Industrie
Seite 16
Energieversorger
im Fokus
Seite 20
Goldene Zeiten für
Hersteller und Ausrüster
Seite 21
Weitere Potenziale einer
dezentralen Eigenerzeugung
Seite 22
Schritte zu einer kostengünstigen, nachhaltigen
und sicheren Stromversorgung
Seite 23
E n e r g ie w e n d e
in d e n
U n te rn e h m e n
Eingebettet in die internationale Klimapolitik hat sich Deutschland ehrgeizige Ziele
zur Reduktion klimaschädlicher Emissionen gesetzt. Die Dekarbonisierung soll im
Wesentlichen durch den Umstieg auf
erneuerbare Energieträger bei gleichzeitiger Abschaltung von Kern- und fossilen
Kraftwerken und durch die Erhöhung der
Energieeffizienz erreicht werden.
Der komplette Umbau der Energieversorgung hat auch für die Wirtschaft, die insgesamt rund zwei Drittel des Stroms in
Deutschland verbraucht, gravierende
Auswirkungen. Die Strompreise erhöhen
sich zumindest temporär durch die Kosten
des Umbaus der Energieversorgung, ganz
prominent die EEG-Umlage, und weitere
Elemente der CO2-Besteuerung wie den
europäischen CO2-Emissionszertifikatehandel ETS.
Zur Sicherstellung der Wettbewerbsfähigkeit ist es zum einen unabdingbar, dass die
bestehenden Möglichkeiten der Kostenentlastung wie die Allokation von CO2-Zertifikaten oder Strompreiskompensation zur
Vermeidung von Standortverlagerungen
(carbon leakage) genutzt werden. Die
Energiewende ist aber kein rein deutsches
Phänomen, sondern ein globales. Regulierung, Kundenanforderungen und vorgegebene wie selbst gesetzte Effizienzziele
sorgen dafür, dass Unternehmen Kosten,
Klimaverträglichkeit und Sicherheit ihrer
Energieversorgung auch international neu
justieren müssen. Hierbei gilt es, die bestehende Energieversorgung um emissionsärmere Energieträger sowie um Energieeffizienz- und Lastmanagementmaßnahmen
zu ergänzen oder ganz zu ersetzen. Das
setzt einen Ausbau der dezentralen integrierten Energieversorgung voraus.
Durch die bereits erreichten und noch zu
erwarteten Kostensenkungen bei dezentralen, klimaschonenden Energietechnologien löst sich der Zielkonflikt zwischen
Kosten, Klimaverträglichkeit und Energiesicherheit auf. Wie unsere Studie zeigt,
birgt dies ein hohes Potenzial für Unternehmen und hat weitreichende Auswirkungen auf die gesamte Energiebranche
und die künftige Energiepolitik.
Diese Studie ist entstanden, um speziell
die wirtschaftlichen Potenziale durch
Eigenerzeugung aus Blockheizkraftwerken
(BHKWs), Photovoltaik (PV) und Stromspeichern im Jahr 2020 für Unternehmen
in 20 Ländern darzustellen. Die betrachteten Länder umfassen knapp drei Viertel
der Weltwirtschaft und sind aus den Aktivitäten internationaler Konzerne nicht wegzudenken.
Wirtschaft unter Strom |
3
D ie S u c h e n a c h K o s t e n e n t la s t u n g e n , P la n b a r k e it u n d
V e r s o r g u n g s s ic h e r h e it
Unseren Schätzungen zufolge werden
Unternehmen in den in unserer Studie
betrachteten 20 Ländern im Jahr 2020
1.600 Mrd. US-Dollar für Strom ausgeben.
Diese Zahl könnte sogar noch höher ausfallen, wenn Kosten für Energieträger,
Steuern und Umlagen, Netztransport oder
von Umweltschutzauflagen und CO2-Zertifikaten schneller ansteigen. Die Volatilität
der fossilen Energiepreise steigt und reduziert die Planbarkeit. Manager müssen
daher ihre künftigen Aktivitäten kostenoptimal planen und gleichzeitig Versorgungssicherheit und Umweltverträglichkeit
sicherstellen.
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Die sinnvollste und oftmals auch günstigste Alternative ist eine verbesserte
Energieeffizienz, also weniger oder gar
keine Energie zu verbrauchen. Obwohl hier
seit der ersten Ölkrise viel erreicht wurde,
gibt es durch sich ständig weiterentwickelnde Technologien und Verfahren wei| Wirtschaft unter Strom
terhin sehr viel Potenzial. Nachlässigkeiten
bei der Nachweisführung von Energieeffizienzfortschritten sind jetzt in der EU mit
der Umsetzung der Energieeffizienzrichtlinie sogar sanktionierbar geworden.
Für Unternehmen heißt das: Es sind konkrete Schritte vorzunehmen, z. B. die
Durchführung von Energieaudits pro
Standort. Potenziale sind vorhanden,
durch überschaubare Investitionen und
oftmals reine Verhaltensänderungen
können regelmäßig 15 bis 20 Prozent
Einsparungen erzielt werden.
Doch auch in der Eigenerzeugung liegen
aufgrund der veränderten Rahmenbedingungen deutliche und, wie wir denken,
steigende Potenziale. Zudem ist eine
dezentrale Erzeugung in vielen Entwicklungs- und Schwellenländern mit unzuverlässigen Stromnetzen eine kosteneffektive
Maßnahme, um den Betrieb aufrechtzuhalten.
W e lc h e w e s e n t lic h e n T e c h n o lo g ie a lt e r n a t iv e n h a b e n U n t e r n e h m e n
in u n s e r e r M o d e llie r u n g f ü r d ie d e z e n t r a le E n e r g ie v e r s o r g u n g ?
• Gasmotor-BHKW stellen lokal mit hohem Gesamtwirkungsgrad und wetterunabhängig Strom zur Verfügung und erlauben die thermische Nutzung ausgekoppelter
Wärme.
• Photovoltaik-Dachanlagen ermöglichen Eigenverbrauch und sichern dem Anlagenbetreiber konstante Stromgestehungskosten über die Lebensdauer.
• Lithium-Ionen-Speicher ermöglichen Lastverlagerung, ein optimiertes Spitzenlastmanagement, die Speicherung von Strom aus Photovoltaik und stellen netzunabhängig Notstrom und netzfernen Strom zur Verfügung.
• Dieselgeneratoren stellen, vor allem in Schwellenländern, derzeit eine gängige
Lösung für Notstrom oder netzferne Anwendungen dar; sie sind mit geringen
Investitionskosten, aber mit sehr hohen Betriebskosten und Emissionen verbunden.
S t r o m s p e ic h e r u n d
P h o t o v o lt a ik – w a r u m
b e s o n d e r s r e le v a n t ?
Historisch lag der Fokus bei der Eigenerzeugung auf mit fossilen Energieträgern
befeuerten Blockheizkraftwerken (BHKWs)
und, in Schwellenländern, auf Dieselgeneratoren. Die in den letzten Jahren erzielten
drastischen Kostensenkungen machen
aber eine Nutzung erneuerbarer Energien
möglich.
Während Stromspeicher für die Industrie
und den Gewerbe-, Handels- und Dienstleistungssektor (GHD) heute nur in einigen
Ländern und für bestimmte Anwendungen
wirtschaftlich sind, ist es die Photovoltaik
bereits an vielen Standorten. Beide Technologien werden dank kontinuierlicher
Fortschritte in der Breite eine rentable
und kostengünstige Lösung darstellen.
Die Kombination aus Photovoltaik (PV)
und Stromspeichern wird enorm an Bedeutung gewinnen; schon in den nächsten fünf
Jahren, und erst recht darüber hinaus,
wird sich die globale Energielandschaft
dadurch wesentlich verändern.
Die Systemkosten für Photovoltaik
(gemessen in Kosten je installierte Leistungseinheit Watt Peak [Wp]) sind seit
2007, je nach Land, um 60 bis 80 Prozent
gefallen. Langfristige Lernkurveneffekte
von 21 Prozent tragen zu dieser Entwick-
lung maßgeblich bei. Für Lithium-IonenStromspeicher entwickelt sich zurzeit eine
ähnliche Dynamik – hier gehen wir, je nach
Komponente, von Lernkurveneffekten
von 20 bis 27 Prozent aus. Da die Herstellungsvolumina von Lithium-Ionen-Speichern
sehr stark ansteigen, werden sich demnach die Kosten für eine gespeicherte Kilowattstunde Strom bis zum Jahr 2020
ebenfalls halbiert haben. Gleichzeitig
werden auch die benötigte Leistungselektronik und das Energiemanagement preiswerter.
Während die Kosten für PV und Stromspeicher stark sinken, ist der Ausblick auf
zukünftige Stromtarife unsicher. Eine weitere Unsicherheit stellen regulatorische
Eingriffe verschiedener Länder, um den
Energiesektor zu dekarbonisieren, dar.
Umlagen für Netztransportkosten steigen
in Deutschland stark an. Die politischen
Gestaltungsmöglichkeiten, die Industrie
von Abgaben und Stromsteuern zu
befreien und dafür die Haushalte stärker
zu belasten, hat ebenfalls Grenzen: Im
Durchschnitt der betrachteten 20 Länder
haben die Privathaushalte einen Anteil von
nur 25 Prozent des gesamten Stromverbrauchs.
Wirtschaft unter Strom |
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S t r o m s p e ic h e r
v ie lf ä lt ig e E in s a
G e s c h ä fts m o d e
N e tz e u n d V e rb
–
t z b e r e ic h e u n d
lle f ü r E r z e u g e r ,
ra u c h e r
Stromspeicher sind flexibel einsetzbar und
ermöglichen daher in verschiedenen
Anwendungsbereichen einen vielfältigen
Nutzen (s. Abb. 1).
6
Dies ist nach unserer Analyse die Ursache
für die steigenden Wachstumsraten für
stationäre Speicher. Bestimmte Segmente
wie z. B. die Kombination von PV-Dachanlagen mit Batteriespeichern sind bereits
heute relevante Märkte. Aufgrund der
weiter fallenden Kosten kommen in absehbarer Folge neue Anwendungsgebiete
hinzu.
| Wirtschaft unter Strom
Ein weiterer Wachstumstreiber ist die
steigende Nachfrage aus der Automobilindustrie. Durch die zunehmende Nutzung
von Batterien im Automobilsektor steigen
Wachstumsraten und Lernkurveneffekte
weiter an. Zudem stehen nach der mobilen
Nutzungsdauer für Altbatterien alle stationären Zweitnutzungsmöglichkeiten offen.
In unseren Berechnungen betrachten
wir ausschließlich neue stationäre Stromspeicher, gehen aber davon aus, dass
nachgenutzte Automobilbatterien ein
wesentlicher Bestandteil des Marktangebots werden.
Abbildung 1: Mögliche Vorteile von stationären Stromspeichern nach Einsatzgebieten
E rz eug ung
Ü b ertrag ung s- und V erteil netz e
Stromv erb raucher
• Ausgleich von Erzeugungsschwankungen
• Unterstützung des Leistungsgradienten
• Reduzierung des sog. Must-run-Sockels
• Stützung von Netzrandgebieten
• Blindleistung
• Vermeidung oder zeitliche Verschiebung von Netzinvestitionen
Wirtschaft ( I nd ustrie und G H D )
• O p t im ie r u n g d e s L e is t u n g s p r e is e s
( P e a k S h a v in g )
• E in s p a r u n g e n a m A r b e it s p r e is
• E r h ö h u n g d e r E ig e n v e r s o r g u n g /
A u t a r k ie
• u n t e r b r e c h u n g s f r e ie S t r o m v e r s o r g u n g
(U S V )
• R e d u z ie r u n g v o n S t r o m -A u s f a llg e s a m t k o s t e n ( V a lu e o f L o s t L o a d ; V o L L )
• Sicherstellung der Versorgungssicherheit durch Schwarzstartfähigkeit
• Bereitstellung von Systemdienstleistungen:
• Frequenzhaltung (Regelleistungsmärkte)
• Spannungshaltung (Blindleistungsbereitstellung)
• Erhöhung der gesicherten Leistung
• Sicherstellung der Versorgungssicherheit durch Schwarzstartfähigkeit
(nur Stromspeicher)
• Netzentlastung (Redispatching)
• Ermöglichung netzferner
Anwendungen
• Imagepflege und Innovation
• CO2-Fußabdruck
• Kompensation von Blindleistung
H aushal te
• Erhöhung der Eigenversorgung/
Autarkie
• Stromkosteneinsparungen und langfristige Absicherung des Strompreises
• USV und Autarkie
• CO2-freie Stromversorgung
Wirtschaft unter Strom |
7
Eigenstrom­erzeugung 2020:
Wie haben wir gerechnet?
Wir haben die jeweils zehn größten OECDund Nicht-OECD-Volkswirtschaften für
unsere Modellierung ausgewählt. Ge­
mein­sam stellen sie 73 Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts und eine
Bevölkerung von 4,4 Milliarden Menschen
im Jahr 2020. Für diese Länder wird eine
Potenzialabschätzung für den Ausbau der
dezentralen Eigenversorgung für die
Industrie und den GHD-Sektor vorgenom­men. Wir haben die Strommärkte, die
Erzeugungskosten für Dieselgeneratoren,
Erdgasmotor-BHKWs, Photovoltaik-Dachanlagen und die Speicherkosten für
Lithium-Ionen-Speicher im Jahr 2020 für
jedes Land projiziert. Unser Modell unterscheidet zwischen gewerblichen und industriellen Abnehmern und betrachtet pauschal sektorenspezifische, klimatische und
technische Limitierungen für den Umfang
des selbst erzeugten Stroms.
Untersuchungsgegenstand ist die Abschätzung der Potenziale für eine Reduzierung
der Energiekosten. Diese kann durch eine
Optimierung des Leistungspreises
erfolgen, das sogenannte peak shaving.
Damit ist eine Verbrauchsglättung bzw.
Reduzierung der maximal benötigten elektrischen Leistung gemeint, die durch
zusätzliche Nutzung des gespeicherten
Stroms in Spitzenlastzeiten erreicht wird.
Darüber hinaus kann tatsächlich auch am
Arbeitspreis gespart werden, indem überschüssiger Photovoltaikstrom eingespeichert und später selbst genutzt wird.
8
| Wirtschaft unter Strom
Somit wird in Summe weniger Strom aus
dem Netz gezogen. Photovoltaikanlagen
und Stromspeicher werden im Modell ohne
staatliche Förderung und auch ohne
Erlöspotenziale für Netzeinspeisung
gerechnet. Die Erbringung von Systemdienstleistungen für den Netzbetrieb bleibt
ebenfalls unberücksichtigt. Bei der Modellierung von BHKWs haben wir Einsparpotenziale aus gekoppelter Wärmeerzeugung
berücksichtigt, jedoch beruht die Entscheidung für die BHKW-Technologie einzig auf
dem Wert des Stroms. Der Wärmewert orientiert sich an der Klimazone sowie an den
günstigsten verfügbaren fossilen Energieträgern pro Land.
Im Modell werden länderspezifische
Arbeits- und Leistungspreise für Strom
angesetzt. Die Leistungspreiskomponente
kann dank der Reduzierung von Spitzenlasten durch Stromspeichersysteme
vor Ort begrenzt werden. Wir nehmen
dabei an, dass die selbst erzeugte Energie
von PV-Anlagen und BHKWs oder eine
geänderte Betriebsführung des Verbrauchs
(Demand-Side Management) für die Reduzierung von Spitzenlasten nicht zur Ver­
fügung steht. Stromspeicher werden zur
Reduzierung von Spitzenlasten im Modell
nur gewählt, wenn das Einsparpotenzial
höher ist als die Speicherkosten. Das
Modell wählt insgesamt aus Sicht der Unter­
nehmen den kostenoptimalen Strommix im
Jahr 2020 unter Berücksichtigung der
oben genannten Randbedingungen.
O E C D - L ä nd er
Vereinigte
Staaten
Japan
Deutschland
Frankreich
Vereinigtes
Königreich
Italien
Kanada
Australien
Spanien
Südkorea
N icht- O E C D L ä nd er
China
Brasilien
Indien
Russland
Indonesien
SaudiArabien
Taiwan
Vereinigte
Arabische
Emirate
Kolumbien
Argentinien
Abbildung 2: Studienländer
Wir definieren Einsparpotenziale für
U nternehmen al s d ie Summe fol g end er
Komponenten:
• Energiekosteneinsparungen
• Reduzierung von Leistungspreiskosten
• Einsparungen durch Reduzierung des
Value of Lost Load (VoLL; gesamtbetriebliche Kosten von Stromausfällen)
• nutzbarer Wärmewert aus den BHKWs
Die zusammengefassten Werte summieren
die Einsparpotenziale für gewerbliche und
industrielle Unternehmen für jedes
betrachtete Land im Verhältnis zu den
unterstellten Stromkosten bei 100 Prozent
Netzbezug.
Bei der Modellierung haben wir vier Szenarien definiert. Neben dem Basisszenario
werden in drei weiteren Szenarien unterschiedliche Annahmen für die wesentlichen
Parameter Kapitalkosten, technologischer
Fortschritt und Energiepreise gewählt:
B asissz enario
N ied rig es Z insniv eau
H ö here I nv estitionsk osten
Niedrigere Kosten für fossile
E nerg ieträ g er
beruht auf der Wiederherstellung langfristiger historischer
Durchschnittszinssätze je
Land.
beruht auf der Annahme, dass
das aktuelle Zinsumfeld fortbesteht, d. h. extrem niedrige
Zinsen in vielen OECD-Ländern
und nur teilweise niedrige
Zinsen in den Nicht-OECD-Ländern, wobei viele Nicht-OECDLänder auf einem sehr hohen
Zinsniveau verharren.
beruht auf der Annahme, dass
die Kostensenkungen für Photovoltaik und Stromspeicher langsamer eintreten. Dort haben
wir die Investitionskosten für
Photovoltaik und LithiumIonen-Speicher im Jahr 2020
um 20 Prozent höher angesetzt
als in den anderen Szenarien.
beruht auf der Annahme, dass
Netzstrom und fossile Energieträger günstiger werden. Hier
haben wir angenommen, dass
Erdöl, Erdgas und Diesel sowie
Netzstrom im Jahr 2020 um
30 Prozent günstiger sein
werden als in anderen Szenarien.
Abbildung 3
Wirtschaft unter Strom |
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W a s u n b e r ü c k s ic h t ig t b le ib t :
s t a a t lic h e A n r e iz p r o g r a m m e
u n d g e s e t z lic h e R e s t r ik t io n e n
Selbst innerhalb der EU ist die genaue Ausgestaltung der Energiepolitik den Mitgliedstaaten vorbehalten, d. h., bei der Realisierung der abgeleiteten Potenziale sind eine
Vielzahl nationaler Regeln, Standards und
Gesetze und die Relevanz für das jeweilige
Unternehmen zu beachten.
Unsere Studie ist eine Potenzialabschätzung; inwieweit diese Potenziale im Projektionsjahr 2020 tatsächlich ausgeschöpft
werden, hängt auch vom Rechtsrahmen
und der Förderlandschaft ab. So ist nicht
gesichert, dass Unternehmen in allen
betrachteten Ländern eine Photovoltaikoder eine BHKW-Anlage genehmigungsfrei
bauen und betreiben können oder gar wie
1 0
| Wirtschaft unter Strom
hoch die Erlössituation bei einer Netzeinspeisung sein wird. Denkbar ist die Ausweitung von Umlagen auf den Eigenverbrauch
von Photovoltaikstrom, wie bereits in
Deutschland und Spanien praktiziert. Noch
viel weniger konturiert ist die Gesetzeslage
bei Stromspeichern. Netzgekoppelte
Stromspeicher für Letztverbraucher
werden derzeit in einigen Ländern nicht
genehmigt. Die Unsicherheit wird durch
Netznutzungsgebühren, Umlagen und
Genehmigungen verschärft. Hier muss für
jedes Land eine gesetzeskonforme Gestaltung der Anlage gesichert und Sicherheit
über die Erlös- und Kostenseite erlangt
werden.
Deshalb lassen wir in unserer Modellierung
alle Formen staatlicher Restriktionen, aber
auch staatlich induzierter Anreize unberücksichtigt, da sich dieses Feld politisch
determiniert und von Land zu Land höchst
unterschiedlich bis 2020 entwickeln wird.
Netzstrompreise verstehen wir immer
als die Erzeugungskosten, Transportkosten sowie die nicht erstattungsfähigen
Umlagen und Steuern auf Strom aus dem
Netz für den GHD- und den Industriesektor.
Bei Strompreisen herrscht weltweit keine
Vergleichbarkeit. Es gibt höchst unterschiedliche Preise je nach Netzanschlussspannungsebene, Strommix im Land, regi-
onalen Faktoren sowie Angebot und Nachfrage. Die Leistungspreiskomponenten
variieren stark nach der Netzqualität, Netzanschlussebene, Verbrauch, Lastkurve
und Jahresbenutzungsstunden der Unternehmen. Arbeitspreise variieren nach
Abnahmemengen und Verhandlungsposition. Entlastungstatbestände für stromintensive Unternehmen, exportorientierte
Unternehmen oder Unternehmen bestimmter Branchen machen diese Preisbildung noch vielschichtiger. Wir haben für
jedes Land und jeden Sektor für die Modellierung eine Preisspanne des Arbeitspreises gebildet, um die Komplexität zu
abstrahieren.
Wirtschaft unter Strom |
1 1
12
| Wirtschaft unter Strom
GHD: Eigenstrompotenzial 2020
Stromspeicher
PV
BHKW
1,5 %
14,3 %
30,5 %
4 6 ,3 %
B asissz enario
E in s p a r p o t e n z ia le
G e w e rb e , H a n d e l u n d
D ie n s t le is t u n g e n
Unsere Berechnungen für unser Basisszenario zeigen, dass in den meisten
Ländern vor allem im GHD-Sektor eine
teilweise Eigenversorgung sehr attraktiv
ist. Dies gilt insbesondere in Ländern mit
hohen Strompreisen und niedrigen Kapitalkosten. Ein nachrangiger Faktor ist aber
auch die Verfügbarkeit hoher Einstrahlungswerte oder unsicherer Netze. Je
nach Szenario haben wir Potenziale für
PV-Strom errechnet, die zwischen 4,1 und
19,7 Prozent des gesamten sektoralen
Stromverbrauchs liegen. Im Bereich der
Stromspeicher ist zu beobachten, dass je
nach Szenario, zwischen 0,9 und 2,7 Prozent der Verbräuche über Stromspeicher
abgedeckt werden könnten. Dabei konzentriert sich das Potenzial in allen Szenarien
außer bei niedrigem Zinsniveau in der
Spitzenlastkappung, also der Bereitstellung von Leistung. Im Szenario mit niedrigem Zinsniveau werden aufgrund niedrigerer Kapitalkosten die Stromspeicher hingegen zusätzlich zur Bereitstellung von
Stromarbeit genutzt.
2,7 %
19,7 %
5 2 ,2 %
N ied rig es
Z insniv eau
29,8 %
0,9 %
11,6 %
32,6 %
4 5 ,1 %
H ö here I nv estitionsk osten
0,9 %
4,1 %
25,5 %
30,5 %
N ied rig ere
Kosten für fossile
E nerg ieträ g er
Abbildung 4
Wirtschaft unter Strom |
1 3
Gesamteinsparpotenzial für gewerbliche Akteure*
1 7 1
1 4 1
130
6 4
B a s is s z e n a r io
N ie d r ig e s
Z in s n iv e a u
H ö h e r e In v e s t it io n s k o s t e n
N ie d r ig e r e
K o s t e n f ü r f o s s ile
E n e r g ie t r ä g e r
Abbildung 5
*Angaben in Mrd. US-Dollar
Einsparpotenzial Eigenerzeugung 2020 - GHD
Basisszenario
Niedriges Zinsniveau
60 %
Höhere Investitionskosten
Niedrigere Kosten für fossile Energieträger
40 %
20 %
1 4
| Wirtschaft unter Strom
di
en
Ru
ss
la
nd
In
do
ne
sie
Sa
n
ud
i-A
ra
bi
en
In
Br
as
ili
en
Ch
in
a
Ka
na
da
Au
st
ra
lie
n
Sp
an
ie
n
Sü
dk
or
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n
Ta
Ar
iw
ab
an
is V
ch e
r
e e
Em in
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Ko ate e
lu
m
bi
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Ar
ge
nt
in
ie
n
Abbildung 6
Ja
pa
De
n
ut
sc
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an
d
Ve
Fr
re
an
in
kr
ig
ei
te
ch
sK
ön
ig
re
ic
h
US
A
0%
Im Basisszenario steht in rund einem
Drittel der Länder (Japan, Deutschland,
Italien, Spanien, China, Indien und Taiwan)
die Photovoltaik sogar an der Spitze der
Merit-Order-Kurve für dezentrale Energieversorgung. Fossil befeuerte BHKWs
werden in einem weiteren Drittel der
Länder als günstigste dezentrale Energietechnologie ausgewählt (Vereinigtes
Königreich, Kanada, Australien, Indonesien, Saudi-Arabien und Kolumbien). In
dem verbleibenden Drittel der Länder
stellt Netzstrom die günstigste Versorgungsalternative dar.
Wegen der hohen Stromgestehungskosten
finden Dieselgeneratoren in keinem Land
Eingang in die Merit-Order-Kurve. Von
daher bleibt diese Technologie im Weiteren
auch unberücksichtigt.
Die abgeleiteten Potenziale für Speichereinsatz beziehen sich im Basisszenario fast
ausschließlich auf die Peak-shaving-Komponente. Einzig in Japan lohnt es sich,
Speicher zur Erhöhung des Eigenverbrauchs zu installieren. In Japan stehen
hohen Netzstrompreisen auch sehr hohe
Gaspreise gegenüber, daher sind hier Speicher in Kombination mit PV eine günstigere Alternative als Gasmotor-BHKWs. In
der Modellierung weiterer Einsparpotenziale aus der Reduzierung der Spitzen-
lasten könnten aber in 16 weiteren Ländern Speicher zugebaut werden, sodass
Speicher in der Breite der Länder wirtschaftlich Anwendung finden könnten.
Basierend auf diesen Ergebnissen sehen
wir die Erstanwendung für Speicher im
GHD-Sektor klar bei der Leistungspreisoptimierung. Die Optimierung des Arbeitspreises und die damit verbundene Erhöhung des Eigenverbrauchs mit Speichern
finden erst im günstigen Szenario statt.
In der Realität wird diese Anwendung
daher mit einigen Jahren Verzögerung
folgen, wenn die Kosten für Speicher
weiter gesunken sind.
Gerade in den Schwellenländern Indien
und Indonesien bieten sich dem GHDSektor große Einsparpotenziale. Der
wesentliche Grund dafür ist die schlechte
Verfügbarkeit der Versorgungsnetze: Die
signifikanten Folgekosten von Stromausfällen (VoLL) können durch Eigenversorgung reduziert werden. In Kolumbien
stehen sehr hohen GHD-Netzstrompreisen
zwar hohe Kapitalkosten, aber auch niedrige Gaspreise und hohe Einstrahlungswerte gegenüber. Dies führt im Ergebnis
zu einem hohen BHKW- und Photovoltaikpotenzial, das in diesem Sektor und Land
das Potenzial besitzt, Netzstrom vollständig zu verdrängen.
Wirtschaft unter Strom |
1 5
E in s p a r p o t e n z ia le
In d u s t r ie
Die Industrie hat aufgrund ihrer großen
und grundlasttypischen Verbrauchsvolumina sowie niedrigerer Strompreise naturgemäß geringere Einsparpotenziale als der
GHD-Sektor. Durch die Nutzung von
BHKWs, Speichern und Photovoltaik
könnten Industriekunden länderabhängig
aber dennoch bis zu 38 Prozent ihrer
Stromkosten einsparen. In den meisten
Ländern werden laut unserer Analyse Einsparpotenziale durch erhöhten Eigenverbrauch mit Photovoltaik und BHKWs
(Arbeitspreis) getrieben. Wenngleich nur
im Szenario mit niedrigen Kapitalkosten
(niedriges Zinsniveau) auch in Speicher
zur Erhöhung des Eigenverbrauchs investiert würde, gibt es zur Optimierung des
Leistungspreises mit Speichern auch in
weniger günstigen Szenarien ein erhebliches Potenzial.
In China könnten Industrieunternehmen je
nach Szenario bis zu 34 Prozent ihrer
Stromkosten einsparen. Der chinesische
Industriestrommarkt wird in unserer Projektion im Jahr 2020 in etwa so viel Strom
verbrauchen wie die gesamten Vereinigten
Staaten. Durch die Höhe der Nachfrage
und die relativ hohen projizierten Industriestrompreise in China hat dies, bei entsprechend positiven regulatorischen Weichenstellungen durch Peking, enorme
Auswirkungen auf das Wachstum der globalen Photovoltaik- und Speicherindustrie.
Bemerkenswerterweise können in sieben
Ländern – Japan, Deutschland, Italien,
Spanien, China, Indien und Taiwan – durch
Photovoltaik die günstigsten Stromgestehungskosten erreicht werden. BHKWs
werden dagegen in fünf Ländern (Vereinigtes Königreich, Kanada, Australien,
1 6
| Wirtschaft unter Strom
Industrie: Eigenstrompotenzial 2020
Stromspeicher
1,5 %
PV
BHKW
3,3 %
8,2 %
33,3 %
43,0 %
B asissz enario
1,3 %
9,4 %
0,2 % 4,9 %
7,9 %
31,5 %
33,6 %
35,7 %
4 8 ,3 %
4 2 ,8 %
N ied rig es
Z insniv eau
3 6 ,6 %
H ö here I nv estitionsk osten
N ied rig ere
Kosten für fossile
E nerg ieträ g er
Abbildung 7
40
30
%
%
%
20
%
10
Hohe prozentuale Einsparpotenziale ergeben sich in Italien, Australien, im Vereinigten Königreich und in Kanada. Hier
sollten Industrieunternehmen im Basisszenario stark in BHKWs investieren.
Gleichzeitig erreichen die Investitionen in
PV oftmals das Maximum des im Modell
möglichen Werts. Die Investitionen in Speicher konzentrieren sich in den meisten
Szenarien auf die reine Leistungspreisoptimierung, d. h. auf die Ein- und Ausspeicherung zur Glättung von Verbrauchsspitzen.
Insbesondere aufgrund der günstigeren
Industriestrompreise werden Speicher zur
Reduzierung des aus dem Netz insgesamt
bezogenen Stroms im Basisszenario nicht
realisiert; allein Italien bildet wegen des
hohen Strompreisniveaus eine Ausnahme.
Nur bei anhaltend niedrigen Kapitalkosten
(niedriges Zinsniveau) gibt es zusätzliches
Potenzial in den Ländern Japan, Deutschland, Großbritannien, China und Taiwan.
0%
Saudi-Arabien und Kolumbien) als günstigste Stromerzeugung gewählt. Im Basisszenario werden für Industrieunternehmen
große Einsparpotenziale errechnet:
70 Mrd. US-Dollar in 19 der 20 betrachteten Länder und für das Ausnahmeland
China den gewaltigen Betrag von 228 Mrd.
US-Dollar. Der wesentliche Grund für die
Bedeutung Chinas liegt in dem erwähnten
Volumen des Industriestromverbrauchs,
der Höhe des Arbeitspreises, einem sehr
günstigen Industriegaspreis und den weltweit günstigsten Photovoltaik-Systempreisen im Jahr 2020. Weiterhin bewegen
sich die projizierten Kapitalkosten in China
auf einem für Schwellenländer günstigen
Niveau.
Basisszenario
USA
Niedriges Zinsniveau
Höhere Investitionskosten
Japan
Niedrigere Kosten für
fossile Energieträger
Deutschland
Frankreich
Vereinigtes
Königreich
Italien
Kanada
Australien
Spanien
Südkorea
China
Brasilien
Indien
Russland
Indonesien
Saudi-Arabien
Taiwan
Vereinigte
Arabische Emirate
Kolumbien
Argentinien
Abbildung 8
Wirtschaft unter Strom |
1 7
Abbildung 9: Einsparpotenziale in Mrd. US-Dollar
GHD*
Industrie
Grafische Darstellung des Basis­szenarios
$4,5
$20,1
$6,7
Kanada
USA
Kolumbien
Brasilien
Einsparpotenzial der Wirtschaft
in Mrd. US-Dollar
> 20 Mrd. US-Dollar
10,1–20 Mrd. US-Dollar
*GHD= Gewerbe, Handel und Dienstleistungsunternehmen
18
| Wirtschaft unter Strom
$5,7
$2,1
Frankreich
$0,2
$3,8
Spanien
$1,2
$0,8
$0,2
< 2,5 Mrd. US-Dollar
UK
$0,0
$2,1
2,5–10 Mrd. US-Dollar
$5,3
$0,2
Argentinien
$0,0
$0,7
$2,6
$9,3
Deutschland
$7,8
$9,2
Italien
$9,2
$0
Russland
$0,2
$37
Südkorea
$0
$228
China
$18,7
$0,0
$1,4
Saudi-Arabien
VAE
Japan
$10,1
$0,0
$0,3
$6,6
Indien
$3,7
$1,3
$17,5
Indonesien
Taiwan
$2,8
$1,2
$13
Australien
$5,9
Wirtschaft unter Strom |
19
E n e r g ie v e r s o r g e r
im F o k u s
Durch die zunehmende Dezentralisierung
werden Energieversorger, die weiter ausschließlich auf konventionelle und zentrale
Systeme setzen, empfindliche Umsatz- und
Gewinneinbußen erleiden. Die Umsatzverluste entwickeln sich dabei dynamisch:
Je teurer der Netzstrom im Verhältnis zur
Kostensituation bei Eigenerzeugung ist,
desto gravierender sind die Auswirkungen
über die Zeit.
Aufgrund dieser Dynamik erwarten wir
verschiedene Strategien bei Energieversorgern:
• Kosten- und Preisanpassungen
• Stilllegung von Großkraftwerken
• Entwicklung neuer Geschäftsmodelle
zur Bereitstellung dezentraler Energien
beim Kunden und zur netzdienlichen
Steuerung dezentraler Erzeugungsanlagen
• Diskussionen mit Gesetzgebern, um die
dezentrale Erzeugung stärker an den
Kosten des Stromsystems zu beteiligen
2 0
| Wirtschaft unter Strom
Gravierend sind letztlich auch die Auswirkungen auf die Übertragungs- und
Verteilnetzbetreiber. Mit dem Ausbau
der Eigenerzeugung wird immer weniger
Strom über die Netze fließen. Damit
werden die Planungsgrundlagen für das
Geschäftsmodell der Netzbetreiber
wesentlich berührt, da Kapazitätsplanungen gegebenenfalls angepasst
werden müssen. Und auch das herkömmliche Preismodell mit einer
Umlage der Netzkosten auf den Arbeitspreis wird letztlich aus Tragfähigkeitsgründen um einen Leistungspreis für die
Infrastruktur- und Reservekapazitätsvorhaltung ergänzt werden müssen.
G o ld e n e Z e it e n f ü r
H e r s t e lle r u n d A u s r ü s t e r
Durch die Reduzierung von Kosten bei
Photovoltaik und Stromspeichern steigen
die Absatzpotenziale für die Hersteller
dynamisch an. Wird auch nur ein Teil des
Potenzials realisiert, wird ein positiver
Zyklus in Gang gesetzt: Die oben beschriebenen Lernkurveneffekte kommen zum
Tragen und durch die einsetzenden Senkungen der Systempreise wiederum
werden immer mehr Projekte rentabel.
Das von uns skizzierte Gesamtpotenzial
der Szenarien übersteigt die aktuelle Lieferfähigkeit der Industrie um ein Vielfaches, was entsprechendes Wachstum für
die Speicher- und PV-Industrie auslösen
wird. Denn Potenzial für Stromspeicher
gibt es in allen untersuchten Szenarien.
Wirtschaft unter Strom |
2 1
Weitere Potenziale einer
dezentralen Eigenerzeugung
Viele Anwendungsbereiche wurden in
dieser Studie nicht untersucht. Auch
wurden Folgewirkungen der Dezentrali­
sierung aus volkswirtschaftlicher Sicht,
z. B. ein geringerer Ausbaubedarf für die
Stromübertragungs- und –verteilnetze,
nicht quantifiziert. Im Folgenden werden
wesentliche weitere Einsparpotenziale
beschrieben.
Dieselgeneratoren und
Dieselwasserpumpen
Eine dezentrale Erzeugung ist bereits
heute in vielen Unternehmen zwingend
erforderlich, z. B. im Bergbau oder im Telekommunikationssektor. Hier werden heute
noch vorwiegend Dieselgeneratoren eingesetzt. Die Bewässerung erfolgt häufig mit
Dieselwasserpumpen, weitere Potenziale
existieren durch deren Ersatz.
Um wesentliche Beispiele zu nennen:
In den zehn Nicht-OECD-Ländern stehen
ungefähr 500.000 Basisstationen für
Mobilfunknetze, die im Wesentlichen durch
Dieselgeneratoren versorgt werden und
dabei geschätzt 2,3 Mrd. Liter Kraftstoff
pro Jahr verbrauchen. Dies wiederum be­­
deutet Emissionen von 6,1 Mio. Tonnen CO2.
Dieselbetriebene Wasserpumpen für die
Bewässerung verbrauchen nach unser
Schätzung in den 20 Studienländern
4,4 Mrd. Liter jährlich, davon 58 Prozent
allein in Indien, mit Emissionen von
11,7 Mio. Tonnen CO2.
Des Weiteren wird in Indien und Indonesien, aber auch in Saudi-Arabien sehr viel
Diesel für Notstrom oder die Netzstützung
verbraucht. Der gesamte von uns ge-­
schätzte Dieselverbrauch hat im Status
quo einen lokalen Gegenwert von 31,8 Mrd.
US-Dollar im Jahr 2020, die Kosten der
Generatoren selbst und mögliche Kosten
für CO2-Zertifikate sind dabei gar nicht
eingerechnet.
22
| Wirtschaft unter Strom
Netzinvestitionen:
180 Mrd. US-Dollar pro Jahr
Durch den Wegfall großer Mengen an
Netzstrom, der, verbrauchsnah erzeugt,
nicht die Verteilnetze belastet, können
Investitionen in Netze gestreckt oder ganz
gestrichen werden. Wir schätzen, dass die
Netzinvestitionen in Form von Neubau und
zur Integration erneuerbarer Energien
(ohne Erhaltungsinvestitionen) im Status
quo für Übertragungsnetze und Verteilnetze zusammen jährlich 180 Mrd. USDollar über alle 20 Länder betragen wird.
Netzverluste:
bis zu 400 TWh pro Jahr
Ein weiteres Potenzial ist die Reduktion
von Netzverlusten. Die Übertragungsverluste der Netzbetreiber in Deutschland
betragen 24 TWh pro Jahr oder 5 Prozent
der vom Stromnetz transportierten Menge.
In Basisszenario würden in den betrachteten 20 Ländern insgesamt maximal bis
zu 5.738 TWh ortsnäher verbraucht
werden als zuvor. Dies ergäbe bei angenommenen Netzverlusten, die aufgrund
der international schlechteren Netzqualität
bei 7 Prozent angesetzt werden, Einsparungen von bis zu 400 TWh Verlust­
energie im Jahr 2020. Dies entspricht
in etwa dem Gesamtstromverbrauch
von Frankreich.
Systemdienstleistungen (SDL)
Weiterhin besteht die Möglichkeit, dass
Stromspeicher netzdienlich gesteuert
werden und am Markt für Systemdienstleistungen teilnehmen. Hierzu müssen
Unternehmens­speicher für den SDL-Markt
zugelassen werden.
CO2-Reduzierung
Das wirtschaftliche Potenzial für direkt
und über Stromspeicher verbrauchten
Photovoltaikstrom entspricht maximal
1.514 TWh im Basisszenario. Würde diese
Menge mit einer CO2-Belastung von nur
350 Gramm pro kWh in einem fossilen
Energiemix er-zeugt, würden 530 Mio.
Tonnen CO2 in die Atmosphäre entlassen.
Zum Vergleich: Im Jahr 2012 emittierte
Deutschland 930 Mio. Tonnen CO2.
S c h r it t e z u e in e r
k o s t e n g ü n s t ig e n , n a c h h a lt ig e n
u n d s ic h e r e n S t r o m v e r s o r g u n g
Es gibt erhebliche wirtschaftliche Potenziale bei der Dezentralisierung der Stromversorgung. Unternehmen werden in
zunehmender Weise davon profitieren
können, wenn Gesetzgeber die entsprechenden regulatorischen, förderpolitischen
und steuerlichen Hebel stellen. Wie sollten
Unternehmen vorgehen, um ihr Potenzial
zu bestimmen? Welche Schritte müssen
unternommen werden? Was sind zwingende Voraussetzungen? Welche Optionen
gibt es?
Fünf Schritte zu einem effizienten Energiemanagement:
1. Erfassen Sie Ihre Stromkosten und Lastkurven pro Standort. Unterscheiden Sie bei
den Stromkosten zwischen Arbeits- und Leistungspreiskomponenten. Wenn Sie Nachhaltigkeitsziele setzen: Erfassen Sie Ihre CO2-Emissionen. Im außereuropäischen
Ausland: Erfassen Sie Stromausfallzeiten und -kosten sowie alle Dieselgeneratoren.
In Europa bietet die Verpflichtung zur Durchführung von Energieaudits bzw. zur Einführung von Energiemanagementsystemen entsprechend der EU-Energieeffizienzrichtlinie eine hervorragende Gelegenheit, diese Verbesserungsmaßnahmen in Angriff
zu nehmen.
2. In (teil)liberalisierten Märkten: Optimieren Sie die Strombezugskosten unter Nutzung
des Wettbewerbs. Erst dann haben Sie die Opportunitätskosten erfasst; im Allgemeinen haben Energieversorger mittlerweile auch Alternativen der dezentralen
Versorgung entwickelt und ein Eigeninteresse zu unterstützen.
3. Informieren Sie sich in den für Sie wesentlichen Ländern über Steuererleichterungen
und Steuern, Netzkostenentlastungpotenziale, Ausnahmetatbestände, Umlagebefreiungen und branchenspezifische Entlastungspotenziale, aber auch über Fördermöglichkeiten.
4. Ermitteln Sie Ihr Einsparpotenzial durch peak shaving und durch eine weiter gehende
Erhöhung des Eigenverbrauchs. Bewerten Sie, ob Sie mit Energieeffizienz, Demand-Side
Management, BHKWs, Photovoltaik, Stromspeichern oder anderen Technologien
Einsparungen erzielen können. Berücksichtigen Sie hierbei den Preisverfall für PV und
Stromspeicher.
5. Hinsichtlich der Umsetzung müssen Sie nicht alles in Eigenregie bewältigen: Partner
können selbst in Anlagen investieren, als Dienstleister die Anlagen errichten (EPC –
Engineering, Procurement and Construction) oder über ein Contractingmodell
langfristige Energielieferverträge anbieten.
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Erneuerbare Energien
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Bereits seit 1992 bietet EY weltweit Beratungs- und
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Wirtschaft unter Strom |
2 3
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unsere Mitarbeiter, unsere Mandanten und die Gesellschaft, in der wir leben.
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Ernst & Young Global Limited (EYG). Jedes EYG-Mitgliedsunternehmen ist
rechtlich selbstständig und unabhängig und haftet nicht für das Handeln
und Unterlassen der jeweils anderen Mitgliedsunternehmen. Ernst & Young
Global Limited ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach englischem
Recht und erbringt keine Leistungen für Mandanten. Weitere Informationen
finden Sie unter www.ey.com.
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Ernst & Young Global Limited.
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