Wachstumsdynamik bei Pilzen
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Wachstumsdynamik bei Pilzen
096_116_BIOsp_0107.qxd 102 31.01.2007 11:22 Uhr Seite 102 KA R R IE R E , KÖP FE & KON Z EPTE PREISTRÄGERBEITRÄGE Andrea Walther beendete ihr Biologie-Studium an der Universität Jena im Oktober 2002 mit dem Diplom. Bis November 2005 promovierte sie am Leibniz Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie e. V. – Hans-Knöll-Institut in der Nachwuchsgruppe von PD Dr. Jürgen Wendland. Seit Juli 2006 ist sie Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Carlsberg-Laboratorium, Abteilung „Yeast Biology“ in Kopenhagen. Nachwuchspreis der Leibniz-Gemeinschaft Wachstumsdynamik bei Pilzen ANDREA WALTHER CARLSBERG L ABORATORY „YEAST BIOLOGY“, VALBY KOPENHAGEN, DENMARK ó Pilze wachsen entweder in einer zelligen Form wie die Bäckerhefe Saccharomyces cerevisiae oder in filamentöser Form wie Aspergillus nidulans oder Ashbya gossypii. Einige humanpathogene Pilze wie Cryptococcus neoformans und Candida albicans sind dimorphe Pilze, die unter bestimmten Umweltbedingungen einen Wechsel von der Hefe- in die Hyphenphase vollziehen können[2]. Wir untersuchen die molekularen Mechanismen, die bei diesen Prozessen eine Rolle spielen. C. albicans gehört zu einer Gruppe fakultativ humanpathogener Pilze, die als Kommensalen vorkommen und hauptsächlich bei Menschen mit geschwächtem Immunsystem zu schweren Erkrankungen führen. Dabei spielt der Wechsel zwischen hefeartigem und filamentösem Wachstum eine wichtige Rolle als Virulenzfaktor. Die Hyphenmorphologie wird von einem Netzwerk an Proteinen koordiniert, die polares Wachstum aufrechterhalten[5]. In der pilzlichen Zelle spielt die GTPase Ras1p eine zentrale Rolle. Ras1p aktiviert zwei nachgeordnete Signalwege, eine MAPKinase-Kaskade und den cAMP-Weg[4]. Dies aktiviert die Transkriptionsregulatoren und damit die Aktivierung hyphenspezifischer Gene[1]. Signale dieser GTPase-Module werden auf Effektorproteine übertragen, die die BIOspektrum | 01.07 | 13. Jahrgang 096_116_BIOsp_0107.qxd 31.01.2007 11:22 Uhr Seite 103 103 Assemblierung von Aktinfilamenten regulieren. Dazu gehören Proteine der IQGAP-, Formin- und Wiskott-Aldrich-Syndrom-Protein-(WASP)-Familien, die in der Evolution zwischen Pilzen und Menschen konserviert sind. Wir haben die Funktion des WASPHomologen WAL1 in C. albicans untersucht. Eine C. albicans wal1-Mutante weist deutliche Defekte im polaren Zellwachstum auf und unterscheidet sich durch ihre abgerundete Form vom Wildtyp. Darüber hinaus können diese Mutanten keine Hyphen ausbilden. Im in vivo-Mausmodell zeigte der wal1-Stamm verglichen mit Wildtypstämmen eine deutlich reduzierte Virulenz. Die Beeinträchtigung der Virulenz wurde mit einem neuen ex vivoModell unter Verwendung von Schweinedarm-Epithel verglichen. Zellen des Wildtyps zeigten sehr starke Adhärenz an dieses Epithel und wurden zu einer intensiven Hyphenbildung angeregt. Im Gegensatz dazu adhärieren wal1-Zellen nur schwach und sind auch unter diesen Bedingungen nicht in der Lage, Hyphen zu bilden. Endozytose beschreibt den generellen Prozess der Plasmamembraneinstülpung und der Bildung intrazellulärer Vesikel oder Endosomen[3]. Vesikeltransport, Vesikelsortierung und der zelluläre Membranfluss sind hochdynamische Prozesse, an denen das Aktinzytoskelett beteiligt ist. Die Verwendung der in vivo-Fluoreszenz-Zeitraffer-Mikroskopie erlaubt mithilfe des lipophilen Farbstoffes FM4-64, den Verlauf der Endozytose zu beobachten. Dabei wird die dynamische Verteilung kleiner Endozytosevesikel und großer Vakuolen in C. albicans sichtbar. Die Defekte im Aufbau des Aktinzytoskeletts führen in der wal1-Mutante zu einer verzögerten Aufnahme des Farbstoffes und später auch zu Defekten in der Beweglichkeit und Fusion von Vakuolen. Die Bedeutung des WASP-Homologen in C. albicans für die Hyphenausbildung und Endozytoseprozesse sowie das Fehlen einer ˚ Abb. 1: In vivo-Fluoreszenz-Zeitraffer-Aufnahmen einer Vakuolenfusion in einem Hyphenabschnitt des phytopathogenen Pilzes Ashbya gossypii. Zwei Vakuolen im unteren Teil des Hyphenabschnitts, die zum Zeitpunkt 0⬙ deutlich getrennt voneinander vorliegen, sind nach 108 Sekunden miteinander fusioniert. Hyphenphase in der wal1-Mutante führten dazu, dass die Analyse der Hyphenmorphologie und Endozytose auf den filamentösen Ascomyzeten Ashbya gossypii ausgedehnt wurde. Die A. gossypii-WASP-Mutante weist ein langsames Wachstum und angeschwollene Hyphen verglichen mit denen des Wildtyps auf. Weiterhin zeigte sich, dass hochmobile Vesikel in den Hyphenspitzen des A. gossypii-Wildtyps vorhanden waren, die in der A. gossypii-wal1-Mutante gänzlich fehlten (Abb. 1). Durch die vergleichende Charakterisierung von WAL1-Homologen in zwei verschiedenen pathogenen Pilzsystemen konnte nachgewiesen werden, dass WASP-Proteine für die Aktinassemblierung während der Endozytose benötigt werden. Die Fehllokalisierung von Aktinpatches in WASP-Mutanten weist darauf hin, dass durch die Lokalisierung der Patches die Position der Endozytose bestimmt wird. Im Weiteren wurde der Zusammenhang zwischen dem Ras1-Signalweg und Wal1 untersucht. Dabei sollte geklärt werden, ob eine konstitutive Aktivierung von RAS1 dazu führen kann, den C. albicans-wal1-Defekt in der Hyphenmorphogenese zu supprimieren. Dazu wurde in die wal1-Mutante ein konstitutiv aktives RAS1-Allel integriert. Die Expression dieses aktiven RAS1 in wal1 lieferte kei- Wachstumskontrolle pathogener Pilze Andrea Walther aus Jena ist am 23. November 2006 mit dem Leibniz-Nachwuchspreis 2006 ausgezeichnet worden. Die Biologin, die mittlerweile am Carlsberg-Laboratorium in Kopenhagen arbeitet, untersuchte in ihrer Doktorarbeit molekulare Mechanismen, die zunächst harmlose Hefepilze dazu bringen, beim Menschen schwere Infektionen auszulösen. So fand sie heraus, dass durch das Abschalten eines speziellen Proteins das gefährliche fadenförmige Wachstum unterbrochen wird. Damit bildet ihre Arbeit die Grundlage für die Forschung nach Wirkstoffen, die das Umschalten vom hefeartigen ins fadenförmige Wachstum verhindern. Andrea Walther erhielt für ihre Dissertation bereits das Prädikat „summa cum laude“, den Promotionspreis der Biologisch-Pharmazeutischen Fakultät der Universität Jena sowie den Wissenschaftspreis des Beutenberg-Campus Jena 2005. Der Leibniz-Nachwuchspreis würdigt jährlich eine herausragende Doktorarbeit aus einem Leibniz-Institut und ist mit 3.000 Euro dotiert. (stö) BIOspektrum | 01.07 | 13. Jahrgang ne morphologischen Veränderungen, sodass diese Mutanten nicht befähigt waren, Hyphen auszubilden. Diese Arbeit in zwei unterschiedlichen Pilzsystemen belegt, dass sowohl die Organisation und korrekte Lokalisierung des Aktinzytoskeletts als auch endozytotische Prozesse eine wesentliche Rolle für polares Wachstum in Pilzen spielen. Der methodische Ansatz, Wachstumsprozesse in unterschiedlichen Systemen nahe verwandter Arten vergleichend zu untersuchen, erwies sich als sehr erfolgreich und wird auch in Zukunft neue Einblicke in die molekularen Mechanismen von morphogenetischen Netzwerken liefern. Dieser Ansatz hat neue Wege aufgezeigt, durch vergleichende biologische Untersuchung von Protein-Netzwerken eine systembiologische Komponente in die Analyse evolutiver Veränderungen innerhalb von Netzwerken einzubringen. Literatur [1] Berman, J., Sudbery, P. E. (2002): Candida albicans: a molecular revolution built on lessons from budding yeast. Nat. Rev. Genet. 3(12): 918–30. [2] Brown, A. J., Gow, N. A. (1999): Regulatory networks controlling Candida albicans morphogenesis. Trends Microbiol. 7: 333–338. [3] Engqvist-Goldstein, A. E., Drubin, D. G. (2003): Actin assembly and endocytosis: from yeast to mammals. Annu. Rev. Cell. Dev. Biol. 19: 287–332. [4] Leberer, E., Harcus, D., Dignard, D., Johnson, L., Ushinsky, S., Thomas, D. Y., Schroppel, K. (2001): Ras links cellular morphogenesis to virulence by regulation of the MAP kinase and cAMP signalling pathways in the pathogenic fungus Candida albicans. Mol. Microbiol. 42(3): 673–87. [5] Lo, H. J., Kohler, J. R., DiDomenico, B., Loebenberg, D., Cacciapuoti, A. und Fink, G. R. (1997): Nonfilamentous C. albicans mutants are avirulent. Cell 90(5): 939–49. Korrespondenzadresse: Dr. Andrea Walther Carlsberg Laboratory: „Yeast Biology“ Gamle Carlsberg Vej 10 DK-2500, Valby Copenhagen Denmark [email protected] www.crc.dk