Kurzinterpretation „Der Panther“ (Rainer Maria Rilke, ca

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Kurzinterpretation „Der Panther“ (Rainer Maria Rilke, ca
Kurzinterpretation „Der Panther“ (Rainer Maria Rilke, ca. 1909)
Es handelt sich hier um ein Gedicht von Rainer Maria Rilke (1875 – 1926), der als wichtigster
deutschsprachiger Dichter des 20. Jahrhunderts und Hauptvertreter des Symbolismus gilt. "Der
Panther" gehört zu seinen so genannten "Dinggedichten", welche durch penible Beobachtung des
Äusseren versuchen dem Inneren des Objekts Ausdruck zu verleihen.
Das Gedicht beschreibt die Gefangenschaft eines Panthers im Pariser Jardin des Plantes, der in
majestätischer Manier einer Raubkatze geschmeidig im Kreise wandert. Die letzte Strophe setzt sich dann
vertiefter mit dem traurigen Dasein, welches der Panther eingesperrt fristet, auseinander und betont die
Leere im Herzen des Tiers.
Sprache und Form sind einfach und wohl geordnet. Das Gedicht ist in drei Strophen von je 4 Zeilen
unterteilt, welche allesamt einen reinen Kreuzreim bilden. Metrum ist ein fünfhebiger Jambus bis auf
Ausnahme des letzten Verses. Der dort leicht verkürzte vierfüssige Jambus hat einen direkten Bezug
zum Inhalt. Wie das aufgenommene Bild im Herzen des Panthers aufhört zu sein, so hört auch das
Gedicht noch "unvollendet" auf. Der Zeilenstil wird in Zeile 9 unterbrochen durch ein Enjambement,
mit dem Effekt eines Spannungsaufbaus der sich über das Zeilenende hinweg zieht, von den nächsten
Präpositionen verstärkt wird und in der letzten Zeile seinen Höhepunkt findet. Die dreifache
Wiederholung des Wortes "Stäbe" und die Hyperbel ("tausend" Stäbe) in der ersten Strophe betonen
zusätzlich seine hoffnungslose Gefangenschaft.
Rilke errang mit diesem Gedicht zu Recht grosse Aufmerksamkeit und Erfolg noch bis zum heutigen
Tage (siehe: http://www.rilke-projekt.de/). Die objektive und exakte Tierbeschreibung in wunderschöner
Anwendung der deutschen Sprache war dabei wohl gleichbedeutend, wie die empathische Wiedergabe
des Gefühlslebens dieser majestätischen Raubkatze. Der Dichter stellt hier die anmutende, im Gehege
stolzierende Fassade dieses eingesperrten Tiers, der im Inneren gefangenen, wilden Seele gegenüber, die
durch keinerlei Reize von Aussen mehr erreicht werden kann. Somit übt Rilke auf seine eigene Art und
Weise Kritik an der unartgerechten Haltung von wilden Tieren in Gefangenschaft und auch
allgemein an Situationen, in denen der eigene Wille betäubt durch äussere Enflüsse an seiner
Entfaltung gehindert wird.
Autor: Lee Muritu
Quelle: http://lyrikonline.hep-verlag.ch (27.5. 2014) 

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