Erfahrungsbericht - Universität Augsburg

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Erfahrungsbericht - Universität Augsburg
Erfahrungsbericht – Carleton University in O8awa, Ontario, Kanada
Ma#hias Holder
14. Mai 2012
Vorwort
Ich studiere englische und spanische Sprachwissenscha< im Magisterstudiengang und ha#e im Studienjahr 2011/12 die Gelegenheit, im Rahmen des Austauschprogramms mit der Universität Augsburg für ein akademisches Jahr als graduate student an der Carleton University in O#awa zu studieren. Der vorliegende Erfahrungsbericht soll Spiegel meiner Erfahrungen in Kanada sein und somit kün<igen TeilnehmerInnen dieses Austauschprogramms bei der Bewerbung, Planung sowie als Wegbegleiter dienen. Einige Angaben wie etwa Eintri#s-­‐ und Fahrkartenpreise, Links zu Webseiten oder auch die Regelungen für Visa unterliegen periodischen Änderungen und könnten zum Zeitpunkt der Lektüre dieses Berichts bereits nicht mehr zutreffend sein. Dies bi#e ich zu beachten und in jedem Fall nachzuprüfen. O8awa
Die zweisprachige Hauptstadt Kanadas liegt in der Provinz Ontario direkt an der Grenze zu Québec und schlägt somit im wahrsten Sinne des Wortes – sowohl geographisch als auch symbolisch – eine Brücke zwischen der anglophonen und frankophonen Bevölkerung Kanadas. Mit mi#lerweile knapp 900.000 Einwohnern gehört sie zu den kleineren Großstädten Kanadas und muss sich in puncto Bevölkerung hinter Toronto, Montréal und Calgary einreihen. Gerade diese „kleine Größe“ ist es aber, die dieser Stadt ihren einzigaregen und doch bisweilen gegensätzlichen Charakter als poliesches und kulturelles Zentrum mit Kleinstadflair sowie als Tourismusziel und Emblem kanadischer Tradieon verleiht. Oder anders ausgedrückt: Während Toronto Toronto ist, so sieht man in O#awa eher das gesamte Land repräseneert. Die Landeshauptstadt beherbergt zahlreiche Museen, Galerien und imposante Regierungsgebäude, deren Besuch sehr anzuraten ist (nähere Informaeonen hierzu findet ihr unter dem Punkt „Freizeitakevitäten“). Neben dem kulturellen Aspekt finden sich auch Grünflächen und Parkanlagen in Stadt und Umgebung, wie etwa das Arboretum in unmi#elbarer Nähe der Carleton University oder auch der relaev nahe gelegene Ga3neau Park.
Was die Zweisprachigkeit anbelangt ist O#awa sicherlich ein Musterbeispiel in und für Kanada: Nahezu überall kann man sowohl auf Englisch als auch auf Französisch bedient werden, sei es bei Behörden, in Gaststä#en oder auch in Einzelhandelsgeschä<en. Alle Verkehrsschilder sowie Hinweisschilder in Gebäuden sind zweisprachig. Auf der Straße hört man beide Sprachen gleichermaßen mit einer Tendenz zu Englisch, was sich jedoch drasesch ändert, sobald man die Brücke in Richtung Ga3neau oder Hull (und somit Québec) überschreitet. Dort hört man dann eher Französisch, kann aber in der Regel mit Englisch „überleben“. Diese sprachlichen Gegebenheiten machen O#awa daher zu einem idealen Studienstandort für Anglisten, Romanisten aber auch Soziolinguisten (Forschungen im Bereich der Zweisprachigkeit). Abgesehen von der Sprachsituaeon ist O#awa durch eine starke Präsenz führender Hochtechnologiekonzerne – O#awa trägt den Beinamen „Silicon Valley des Nordens“ – sowie den Sitz der kanadischen Regierung natürlich auch für Studierende der Ingenieur-­‐ und Poliekwissenscha<en hervorragend geeignet.
Universität und Studium
Der Campus der Carleton University liegt etwas abseits von Downtown O#awa zwischen dem Rideau Canal und dem O;awa River am Rande einer freundlichen und schönen Nachbarscha< namens The Glebe. Neben zahlreichen Grünflächen bietet die CU auf dem Campus ein eindrucksvolles Sportzentrum mit eigenem Eishockeystadion sowie einen imposanten, 22-­‐
stöckigen Büroturm. Ein weiteres Highlight auf dem Campus – oder eher darunter – ist mit Sicherheit das Tunnelsystem, durch das man im Winter und generell bei schlechtem We#er ohne We#erschutz jedes Gebäude auf dem Campus erreichen kann. Somit kann man sogar bei -­‐20 Grad Außentemperatur im Pyjama in den Unterricht gehen. Davon abgesehen ist die Universität aber auch gut an die Außenwelt angeschlossen. So findet man etwa im Glebe anstelle der sonst typischen shopping malls zahlreiche schöne Cafés, Restaurants, Eisdielen, Bäckereien, ein Kino und eine ganze Reihe von Einzelhandelsgeschä<en. In die Innenstadt fährt man nur etwa 30 Minuten mit dem Bus oder dem O-­‐Train (mit Bus im Anschluss), der einem gleich bekannt vorkommen wird, wenn man mit deutschen S-­‐Bahnen vertraut ist. Dieser Zug bringt einen auch innerhalb weniger Minuten zu einem Einkaufszentrum, das zahlreiche Großmärkte wie etwa Walmart, Loblaws (höherwerege Lebensmi#el, jedoch ein wenig teurer als WM), Staples und Future Shop (ähnlich Mediamarkt) beherbergt.
Das Studium an der Carleton University unterscheidet sich nicht nur hinsichtlich unterschiedlicher Semesterzeiten (Herbst-­‐ und Wintersemester ansta# Sommer-­‐ und Wintersemester) deutlich vom Studium an der Universität Augsburg. In den meisten Kursen wird man zahlreiche assignments wie Referate, Readings und Seminararbeiten (sowohl mid-­‐term als auch final papers) mit klar definierten deadlines mit geringem bis nicht vorhandenem Spielraum vorfinden. Neben einem (Gruppen-­‐)referat muss man teils von Woche zu Woche einen Aufsatz über das Kursmaterial schreiben, um sich akev damit auseinander zu setzen, was meines Erachtens auch zu einem besseren Verständnis der Materie beiträgt. Man wird außerdem insgesamt etwas mehr an die Hand genommen und so bleibt nicht viel Zeit für das Selbststudium neben dem eigentlichen Studium. Dies mag zunächst etwas ungewohnt erscheinen, hat aber auch den sehr posieven Nebeneffekt einer intensiven Betreuung durch Dozenten bzw. Tutoren. Gerade gegen Mi#e bis Ende eines jeden Semesters besemmen die genannten Deadlines einen Großteil des studeneschen Lebens und Seminararbeiten müssen in den meisten Fällen noch vor der exam period im Dezember (fall term) bzw. April (winter term) abgegeben werden. Wie ihr also seht ist ein Semester an einer kanadischen Universität relaev arbeitsintensiv, weshalb ich euch empfehlen würde, nicht mehr als 4 Kurse mit jeweils 0.5 credits zu nehmen. Hierbei ist es jedoch sehr hilfreich, dass man bei den kanadischen Studenten sehr schnell Anschluss findet, da sie sehr offen und herzlich auf ausländische Studierende zugehen und diese auch akev in etwaige Gruppenarbeiten integrieren. Zu keinem Zeitpunkt bin ich mir nur wie ein Gast in einem Kurs oder an der Universität vorgekommen. Man fühlte sich ganz im Gegenteil als vollwereges Mitglied der Carleton community und somit auch irgendwie der kanadischen Gesellscha<, so überraschend das auch klingen mag.
Die Bibliothek der Carleton University ist in puncto Lehrmi#el sehr gut ausgesta#et, aber natürlich kann ich diese Aussage nur für mein Studienfach treffen. Auch die sehr großzügige Aussta#ung mit Computern und Arbeitsplätzen, die zugegebenermaßen ein wenig an die cubicles in Großraumbüros erinnern, verdient Lob. Doch selbst wenn ihr mal ein Buch nicht findet, so könnt ihr u.U. in der Bibliothek der University of O#awa fündig werden. Meines Wissens besteht auch eine Partnerscha< zwischen den beiden Bibliotheken, sodass man sich Bücher mit dem Carleton Studentenausweis ausleihen dür<e. Da dies in meinem Fall aber nicht erforderlich war, solltet ihr in einer der beiden Bibliotheken nachfragen. Diese Partnerscha< zwischen der University of O#awa und der Carleton University ermöglicht weiterhin Carleton-­‐Studenten Kurse an der erstgenannten zu besuchen. Dies muss man jedoch zuvor beantragen – klärt die Formalitäten also am besten vorab mit dem ISSO (Interna3onal Student Services Office) ab. Zur O;awa U, wie sie liebevoll genannt wird, gelangt ihr am besten mi#els des kostenlosen Shu#lebusses.
Vor der Abreise
Visum: Ein so genanntes study permit benöegt man in Kanada nur, wenn man länger als 6 Monate in diesem Land studiert und dieses ist bei der Botscha< von Kanada in Berlin zu beschaffen. Die Beantragung ist relaev aufwändig, da einige Dokumente – wie etwa Führungszeugnis, Nachweis der Liquidität in Form eines Kontoauszuges – vorgelegt werden müssen. Die Kosten beliefen sich in meinem Fall auf 85 Euro. Es berechegt zum Studium an einer kanadischen Universität sowie zur Annahme eines Jobs on campus. Für das Arbeiten off campus würde man ein off-­‐campus work permit benöegen, jedoch scheint dieses für exchange students, was ihr im Rahmen dieses Austauschprogrammes nämlich seid, nicht beantragbar zu sein. Dazu müsstet ihr zahlende interna3onal students sein. Weitere Informaeonen zu den Visa-­‐
Kriterien findet ihr unter folgender URL: h#p://www.canadainternaeonal.gc.ca/germany-­‐allemagne/
visas/index.aspx?lang=deu&menu_id=72&view=d
Reisepass: Überprü< unbedingt rechtzeiFg, ob euer aktueller Reisepass noch güleg ist oder beantragt einen, sofern ihr noch keinen habt. Für die Einreise benöegt ihr ebenso unbedingt den le;er of acceptance, der euch von der Carleton University zugesandt wird. Diesen also auf jeden Fall mitnehmen.
Krankenversicherung: In Kanada ist man als ausländischer Student dazu verpflichtet, eine kanadische Krankenversicherung für Studenten namens UHIP abzuschließen, die derzeit mit $60 CAD pro Monat zu Buche schlägt. Zu beachten ist hierbei:
‣ Diese Versicherung kommt weder für zahnmedizinische Eingriffe noch für Medikamente (auch nicht für verschriebene!) auf. Darum bietet die CUSA (Carleton University Student Associa3on) zwei separate Zusatzversicherungen namens dental plan und health plan an, welche ihr dann vor Ort an der Uni in bar bezahlen könnt. Weitere Informaeonen sowie die aktuellen Preise findet ihr hier: h#p://www.cusaonline.com/health_plan.html ‣ Ich würde zumindest zur Anschaffung des dental plans ansta# einer deutschen Zusatzversicherung raten, weil das durchaus die günsegere Wahl sein kann. Was Medikamente (ob verschrieben oder nicht) betri|, so sind diese relaev preiswert. Der health plan kann sich natürlich lohnen, falls ihr spezielle, hochpreisige Medikamente benöegt, die ihr nicht aus Deutschland mitbringen könnt.
‣ Was Leistungen wie Auslandsrückholung im Nofall usw. betri|, so bietet sich eine Fördermitgliedscha< beim Roten Kreuz an. Diese ist schon ab 18 Euro jährlich, gilt als Spende für das RK und wird somit auch einem guten Zweck zugeführt.
Zahlungsmi8el: Eine Kreditkarte ist für einen längeren Aufenthalt in Kanada eigtl. fast schon Pflicht, da man damit wirklich (fast) überall (sogar jeglichen Kleinbetrag) bezahlen kann. Selbst wenn man lieber mit Bargeld bezahlen möchte, spätestens in einem kanadischen Hotel muss man eine als Sicherheit hinterlegen. Man sollte hierbei aber aufpassen, dass man sich eine Kreditkarte besorgt, die keine Auslandseinsatzgebühren (für Transakeonen in Fremdwährung) berechnet. Meistens bieten Banken zu diesem Zwecke eine Mastercard Gold oder das Visa-­‐
Pendant dazu an. Alternaev kann man sich bei der Campus-­‐Filiale der Scoeabank ein kanadisches Bankkonto mit EC-­‐Karte (debit) zulegen, was sich aber wirklich nur bei 8 Monaten Aufenthalt lohnt, oder aber wenn man einen kanadischen Mobilfunkvertrag (etwa für ein Smartphone mit Datentarif) abschließen möchte. Sowohl Kontoeröffnung als auch -­‐schließung sind äußerst unkompliziert und innerhalb weniger Minuten erledigt. Man sollte beachten, dass man für das Konto $1.25 CAD pro Monat bezahlen muss, wenn der Kontostand weniger als $2000 CAD beträgt. Außerdem sollte man um die Partnerscha< der Scoeabank mit der Deutschen Bank wissen, die es Kunden beider Banken ermöglicht, mit der EC-­‐Karte an den Geldautomaten der Scoeabank gebührenfrei Bargeld zu beziehen.
TelekommunikaFon: Die euch aus Deutschland bekannte Unterscheidung zwischen Festnetz und Mobiltelefon gibt es in Kanada (preislich sowie in puncto unterschiedlicher Vorwahl) nicht. Sta#dessen unterscheidet man zwischen long-­‐distance calls und local calls. Erstgenannte sind je nach Tarif relaev kostspielig und es ist hilfreich zu wissen, dass ein long-­‐distance call nichts mit der tatsächlichen Distanz zwischen Anrufer/in und Angerufenem/r zu tun hat, sondern schlichtweg davon abhängt, wo der/die Angerufene seine/ihre Nummer beantragt hat. Wicheg ist auch zu wissen, dass man sowohl für ausgehende als auch eingehende(!) Anrufe sowie SMS-­‐
Nachrichten zur Kasse gebeten wird. Die Buchung einer SMS-­‐Flatrate-­‐Zusatzopeon ist daher unbedingt anzuraten, da fast jeder dort aufgrund der o.g. long-­‐distance-­‐Regelung SMS-­‐
Nachrichten bevorzugt.
Führerschein: Meinen Informaeonen zufolge gilt der deutsche Führerschein in Ontario nur für 6 Monate ab dem Einreisezeitpunkt. Nach Ablauf dieser 6 Monate benöegt man einen internaeonalen Führerschein. Sofern ihr also Kanada mit dem Auto erkunden wollt, informiert euch bi#e gut vor eurer Abreise über die gesetzlichen Besemmungen in Ontario, Kanada und den Provinzen, in denen ihr fahren möchtet.
Die Kosten
Studium: Im Rahmen des Austauschprogrammes enfallen die tui3on fees, für Wohnen und Lebensunterhalt muss man allerdings selbst au}ommen. Die Lebenshaltungskosten in Kanada sind als recht hoch einzustufen, was sich inbesondere bei Milch und jeglichen Milchprodukten (auch Schokolade) aber auch Wurst, Fleisch und Fisch zeigt.
Bücher: Richeg gelesen. Lehrbücher muss man sich in Kanada selbst kaufen und können nicht aus der Bibliothek entliehen werden. Je nach Studienfach können so durchaus um die $200 bis $500 CAD anfallen. Es empfiehlt sich daher, die Bücher gebraucht zu kaufen und hierbei muss man natürlich sehr schnell sein. Erste Anlaufstelle hierfür ist ein von Studenten betriebener Buchladen namens Haven Books, den man auch zu Fuß innerhalb von 10 Minuten vom Campus der CU aus erreichen kann (Kreuzung Sunnyside/Seneca). Die zweite Anlaufstelle wäre der unieigene Carleton Book Store, der sich im University Centre-­‐Gebäude befindet. Beide Bücherläden kaufen am Ende eines Semesters auch Bücher an, wobei man beim Erstgenannten tendenziell bessere Preise erzielen kann. Das Kopieren von Büchern ist seit kurzem an der Carleton University nicht mehr gesta#et.
Wohnen: Auch dies ist relaev hochpreisig in O#awa. In der Carleton University Residence bezahlt man ohne meal plan ungefähr $800 CAD pro Monat. Abseits des Campus sollten die Kosten um die $600 CAD liegen, allerdings sollte man Vor-­‐ und Nachteile gut abwägen. Mehr Informaeonen hierzu findet ihr im Abschni# „Living in Res – Das Leben im Wohnheim“.
Flug: Empfehlenswert ist ein Direkflug von Frankfurt am Main nach O#awa mit der kanadischen Fluggesellscha< Air Canada. Bucht diesen am besten direkt über www.aircanada.com, denn Lu<hansa bietet genau diesen von Air Canada ausgeführten Flug ebenfalls an, verlangt jedoch natürlich einen Aufpreis. Der Flug schlug in meinem Fall mit etwa 800 Euro (hin und zurück) zu Buche. Auch sollte man u.U. Gebrauch von der relaev günsegen Opeon (derzeit wohl $70 CAD pro Strecke) machen, ein zweites Gepäckstück mit 23 kg mitzunehmen (empfindlich teuer wird es erst ab dem Dri#en). Pakete per Lu<post nach Kanada zu versenden ist per DHL sehr günseg (ca. 90 Euro für ein Paket mit max 31,5 kg Gewicht und entsprechend weniger bei niedrigerem Gewicht) und dauert nur 6-­‐10 Tage. Anders sieht es da beim Rückversand per Canada Post aus, da eigtl. nur ground shipping per Schiff (ergo 4-­‐6 Wochen Laufzeit) bezahlbar ist und dabei dennoch deutlich über dem Preis von DHL in Deutschland liegt. Versucht also am besten alles in 2 Koffern unterzubringen bzw. bei geplanten Käufen vor Ort mit einem leeren Koffer in Kanada anzukommen.
Öffentlicher Nahverkehr: Zur kostengünsegen Nutzung der Fahrzeuge von OC Transpo bietet die Carleton University ein Semesterecket (U-­‐PASS) an, das zur Zeit $145 CAD pro Semester kostet. Das Ticket deckt so ziemlich alles ab (außer die weissen Busse der STO aus Gaeneau), d.h. OC Transpo-­‐Busse und O-­‐Train.
Tax: Wie in Nordamerika üblich ist auch in Kanada die Mehrwertsteuer nicht in den Preisen enthalten, weil sie von Provinz zu Provinz unterschiedlich ausfällt. So wird auch in Ontario auf die meisten Produkte (außer z.B. Grundnahrungsmi#el) eine Steuer in Höhe von derzeit 13% erhoben.
Living in Res – Das Leben im Wohnheim
Was das Wohnen anbelangt, so hat man bei einem Auslandsstudium natürlich zwei grundlegende Opeonen: Eine WG außerhalb des Campus oder ein Studentenwohnheim (university residence) auf dem Campus. Der Nachteil der letztgenannten Variante liegt leider in den vergleichsweise hohen Kosten (vgl. Punkt „Kosten – Wohnen“). Meiner Meinung nach überwiegen aber die Vorteile und so habe ich mich dafür entschieden, auch weil ich mir davon mehr und intensiveren Kontakt zu den kanadischen Studenten erho|e. Und diese Erwartung wurde in keinster Weise en#äuscht. Gerade wenn ihr nur für ein Semester – also knapp 4 Monate – nach Kanada geht, würde ich euch das Wohnheim empfehlen, da der Kontakt zu den Kanadiern/innen schlichtweg intensiver ist und man sich schon bald vollständig integriert fühlen wird. Diejenigen, die off campus wohnten, hat man nach den ersten Einführungs-­‐ und Orieneerungsveranstaltungen allenthalben sporadisch gesehen. Zum Integraeonsprozess in die residence community trugen im Schuljahr 2011/12 auch regelmäßige gemeinsame Akevitäten wie etwa die Fahrt zu einer sugar shack (Herstellung und Verkauf von Ahornsirup und entsprechenden Produkten) oder der Besuch eines Eishockeyspiels im Sco3abank Place bei. Die geographische Nähe zu den Unterrichtsgebäuden ist ebenfalls insbesondere an kalten Tagen von Vorteil und dies gilt in gleichem Umfang für das campuseigene Tunnelsystem.
Exchange students wird meist das Leeds House zugewiesen, das so ziemlich das schönste und vom Platzangebot her größte Wohnheim sein dür<e. Allerdings kann man bei der Bewerbung dennoch auch andere Wohnheime auswählen. Aus diesem Grund möchte ich an dieser Stelle die Empfehlung aussprechen, unbedingt Leeds zu wählen. Nicht nur ist es nicht so eintönig gestaltet wie die undergraduate Wohnheime, sondern es ist auch eines der wenigen Wohnheime, in dem man sich selbst etwas kochen kann und in dem man auch von Nachtruhe sprechen kann. Als graduate student kommt man entweder in den 5. oder 6. Stock, die beide in puncto Geräuschkulisse sehr erträglich sind. Wenn man sehr empfindlich ist, kann man auf Wunsch auch im 4. Stock, dem silent floor, unterkommen. Im Einzelzimmer einer suite residence (z.B. Leeds, Frontenac) teilt man sich eine relaev große gemeinsame Küche mit Tisch sowie das Badezimmer mit nur einem/r Mitbewohner/in, hat aber ein eigenes Zimmer. Zur Aussta#ung gehören neben einem für europäische Verhältnisse überdimensionierten Kühlschrank mit Gefrierfach auch zwei Herdpla#en mit Dunstabzugshaube, ein Spülbecken und zahlreiche Schränke zum Verstauen von Nahrungsmi#eln und Küchenutensilien. Bereitet euch darauf vor, so ziemlich alles, was man in einer Küche braucht, neu kaufen zu müssen. Teller, Töpfe, Besteck etc. findet man bei Walmart relaev günseg. Im Badezimmer findet man eine recht geräumige Dusche mit fest moneertem Duschkopf sowie Waschbecken, Toile#e und Spiegel. In eurem Zimmer befindet sich ein sehr großes Be#, ein Standregal, ein offener Kleiderschrank sowie natürlich ein Schreibesch mit Schubladen. Be#zeug wird nicht gestellt und muss am Ankun<stag gekau< werden, wenn ihr nicht eure erste Nacht in Kanada auf der bloßen Matratze verbringen möchtet (Die Größe des Be#s ist übrigens „Double“). Auch hierfür ist Walmart eine ganz gute Adresse.
Verpflegung
Sobald ihr euch für eine Wohnung im Wohnheim bewerbt, wird euch auch die Buchung eines meal plans nahegelegt oder ihr seid dazu verpflichtet, sofern ihr in einem Wohnheim ohne Kochgarnitur landet. So einfach und toll das alles zunächst klingen mag, ein Wort der Warnung ist angebracht. Zum einen sind die meal plans, wie ich finde, je nach Bedarf hoffnungslos überteuert und zum anderen muss man sich im Klaren sein welche Art Mahlzeit man in der Mensa (Fresh Food Company) man möchte. Für figurbewusste Menschen ist das kanadische Frühstück bestehend aus Pfannkuchen mit Ahornsirup, Eiern und Bacon eher weniger geeignet. Ähnlich verhält es sich mit dem Dinner, das in puncto Menge und Gehalt etwa dem deutschen Mi#agessen entspricht. Natürlich sollte man auch nicht die soziale Komponente außer Acht lassen, da die kanadischen Studenten/innen sich doch überwiegend für einen meal plan entscheiden (müssen).
Davon abgesehen gibt es auch off campus meal plans, die entgegen ihres Namens von jedem Studenten beantragt werden können. Unter Umständen kann die Anschaffung eines off campus meal plans mit 50 Mi#agessen oder sogar einfach jedes Mal einzeln zu bezahlen deutlich günseger als ein Essensabonnenment sein. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn ihr abends lieber nur eine kalte Brotzeit ansta# eines sehr gehaltvollen Dinners esst und zum Frühstück lieber eine Schüssel Müsli oder ein Marmeladenbrot hä#et. Lange Rede, kurzer Sinn: Rechnet euch genau durch, was ihr an Mahlzeiten benöegen werdet und entscheidet euch je nachdem – es lohnt sich. Die Preise pro meal kann man unter folgender Internetadresse einsehen: h#p://www1.carleton.ca/dining/locaeons/fresh-­‐food-­‐company/.
Ich würde euch daher empfehlen, zunächst keinen meal plan zu buchen und euch die Mensa vor Ort erst mal anzusehen. Es ist zudem deutlich einfacher die Gebühr für einen meal plan nachzuzahlen als auf eine Rückersta#ung wegen Wechsel oder Stornierung zu warten.
Die Essensqualität – das Angebot nur bedingt – in der Fresh Food Company verdient Lob. Dies ist nicht zuletzt dem Umstand geschuldet, dass einem an diversen Staeonen Gerichte frisch und nach gusto zubereitet werden (wie etwa Omele#es oder Pasta). An den einzelnen Staeonen kann man sich nach dem all you can eat-­‐Prinzip holen was das Herz begehrt, wie etwa Pizza, gekochtes/
gebratenes Gemüse, Omele#es, Eintöpfe, Suppen, Salat etc. Die Mensa an der Carleton University ähnelt hinsichtlich der Staeonen der Augsburger Mensa nach dem Umbau (also seit März 2012). Menschen mit Gluten-­‐ oder Laktoseunverträglichkeit kommen ebenfalls auf ihre Kosten, aber leider wurde nur selten Fisch und dann teils in Form eines Fish Burgers angeboten, was mich als Fischliebhaber etwas außen vor ließ.
FreizeitakFvitäten
Damit es auch neben dem Studium nicht langweilig wird, wollte ich euch noch ein paar Tipps für die Freizeitgestaltung mit auf den Weg geben.
Arboretum:
Gleich neben dem Campus auf der anderen Seite des Rideau Canals befindet sich ein Arboretum, das mehr als 100 verschiedene Baumarten, eine Schme#erlingswiese und natürlich eine reichhalege Fauna beherbergt. Mit anderen Worten: Ein idealer Ort in unmi#elbarer Nähe der Uni für den kleinen Spaziergang zwischendurch oder auch eine (kleinere) Wanderung. Im Winter kann man je nach Höhe des Schnees Schneeschuhlaufen und auch auf einem Hügel, der sich relaev zentral in diesem Gebiet befindet, Schli#en fahren.
Parliament Hill:
Den neugoeschen Parlamentsgebäuden auf dem Parliament Hill einen Besuch abzusta#en darf auf keinen Fall auf eurer Liste fehlen. Die kostenfreien Führungen werden in englischer und französischer Sprache angeboten und sind vom Informaeonsgehalt her sehr empfehlenswert. Im Anschluss an die Führung darf man auch mi#els Aufzug den Peace Tower erklimmen und einen wundervollen Ausblick über Downtown O#awa genießen. Meistens bietet das ISSO noch Experience O;awa Day gleich an einem der ersten Tage des Herbstsemesters, für den man sich noch vor Abreise in Deutschland anmelden muss.
GaFneau Park:
Der Gaeneau Park liegt in Gaeneau (QC) und ist leider sehr schwer mit öffentlichen Verkehrsmi#eln zu erreichen, aber sehr lohnenswert im Herbst während des berühmten Indian Summers. Die einfachste Alternaeve wäre es sich mit ein paar Leuten zusammenzutun und vom Rideau Centre oder auch vom Campus aus (nur unwesentlich teurer) ein Taxi dorthin zu nehmen. Eine Taxifahrt sollte im Bereich $30 CAD liegen (einfach). Im Wintersemester bietet das ISSO manchmal in Zusammenarbeit mit der Na3onal Capital Commission einen kostenfreien snowshoeing trip dorthin an. Wenn ihr die Gelegenheit sowie die Zeit dafür habt: Unbedingt mitmachen! Weitere Informaeonen zum Park sowie Öffnungszeiten des Visitor Centre‘s findet ihr hier: h#p://www.canadascapital.gc.ca/places-­‐to-­‐visit/gaeneau-­‐park
O8awa Farmers‘ Market:
Der Farmers‘ Market findet von Mai bis Dezember 2012 jeden Sonntag im sehr nahegelegenen Brewer Park sta# und ein Besuch ist unbedingt anzuraten. Man kann sich diesen in etwa wie einen deutschen Bauernmarkt vorstellen: Es wird großer Wert auf Nahrungsmi#el aus der Region gelegt und das Angebot reicht von Bioobst und -­‐gemüse, frisch gepresstem Apfelsa< und leckerem Brot bis hin zu selbstgemachtem Eis. In der Regel findet ihr dort auch echten kanadischen Ahornsirup in drei verschiedenen Varianten (light, medium, amber) und nicht das Zeug, das man uns hierzulande als solches verkaufen möchte. Zum Frühstück oder Mi#agessen gibt es beim Farmers‘ Market zahlreiche Leckereien wie etwa gebackene Süßkartoffeln oder auch Elk chili. Schaut mal vorbei. Es lohnt sich!
Weitere Infos: h#p://www.o#awafarmersmarket.ca/
Museums:
O#awa beherbergt als Hauptstadt Kanadas auch einige der schönsten Museen des Landes. Auf keinen Fall entgehen lassen sollte man sich das Canadian Museum of Civiliza3on, das Canadian War Museum, das Canadian Avia3on Museum sowie die Na3onal Gallery of Canada. Natürlich gibt es noch einige mehr. Informiert euch einfach online oder beim ISSO. Donnerstags ist der Eintri# in den meisten Museen O#awas ab 17 Uhr (teils ab 16 Uhr) frei.
Rideau Centre und Byward Market:
In puncto Shopping sind die in der Überschri< genannten Orte die ersten beiden Anlaufstellen. Das Rideau Centre ist ein recht großes Einkaufszentrum mit zahlreichen Geschä<en aller Art und kann durchaus als klassische nordamerikanische Mall durchgehen. Der Byward Market ist hingegen eher ein Art Markthalle mit interessanten Geschä<en rund um selbige herum. Ein kleiner Tipp für einen Snack oder auch europäische Spezialitäten (wenn man etwa doch mal Heimweh nach europäischem Käse bekommt...) wäre La Bo;ega, die sich direkt gegenüber der Markthalle befindet – insbesondere deren italienische Sandwiches sind sehr überzeugend. Vergesst aber auch nicht die kleineren Geschä<e O#awas, die immer ein wenig im Scha#en der Mall stehen, z.B. im Glebe in unmi#elbarer Nähe des Campus und die Sparks Street Mall, die entgegen des Namens eine Einkaufsstraße unter freiem Himmel ist und doch an einen europäischen Marktplatz erinnert.
Montréal:
Da diese einzigarege Metropole nur 2,5 Busstunden von O#awa enfernt ist, gibt es eigentlich keinen Grund, sie nicht in die Reiseplanung mit aufzunehmen. Normalerweise wird auch Anfang Oktober vom ISSO ein sehr günseger Tagesausflug dorthin organisiert – hierfür sollte man sich dann auch möglichst schnell anmelden. Ansonsten kann man auch für $50 CAD (hin und zurück) den Greyhound nehmen. Montréal ist eine Stadt, die von Gegensätzen geprägt ist, was ihr sofort sehen werdet, wenn ihr einmal die Rue Sainte-­‐Catherine entlanggeht und danach durch die Rue Sainte-­‐Paul. Der Unterschied zwischen den beiden Straßen dür<e in etwa so ausfallen wie der Unterschied zwischen Downtown Toronto und einer Kleinstadt in Frankreich. Seht euch auch unbedingt den Vieux-­‐Port in der Altstadt Montréals an – ihr werdet es nicht bereuen!
Toronto:
Toronto ist ein sehr lohnenswertes und leicht erreichbares Ziel, wenn man in O#awa wohnt. Neben dem CN Tower bietet Downtown Toronto viele weitere A#rakeonen und Sehenswürdigkeiten wie z.B. das Eaton Centre, wenn es Shopping sein soll, oder den Nathan Philipps Square mitsamt Rathaus oder auch Chinatown entlang der Spadina Avenue. Wenn ihr die Zeit habt, schaut euch auch das ROM (Royal Ontario Museum) und die AGO (Art Gallery of Ontario) an.
Niagara Falls:
Dieses einmalige Naturschauspiel sollte man sich auf keinen Fall entgehen lassen. Von Toronto aus gibt es zahlreiche relaev preiswerte Bustouren dorthin und ein Tagesausflug (maximal zwei Tage) ist auch vollkommen ausreichend. Am besten plant ihr den Besuch noch im September ein, weil gegen Ende Oktober dieses Schiff namens Maid of the Mist, mit dem man den Fällen sehr nahe kommen kann, den Betrieb für die Saison einstellt. Informaeonen hierzu findet ihr unter h#p://www.maido<hemist.com.
Winterkleidung
Nachdem dieses Thema immer wieder sowohl in Deutschland als auch vor Ort au}am – ja, es wurden sogar shopping trips für Winterkleidung veranstaltet – habe ich mich entschieden diesem Thema einen eigenen Absatz zu widmen. Wenn ihr nur im Herbstsemester in O#awa studieren und somit Ende Dezember nach Deutschland zurückfliegen werdet, sollten eure Winterklamo#en, die ihr auch in Deutschland tragt, vollkommen ausreichend sein. An sehr kalten Tagen ab vielleicht Mi#e Dezember bleibt einem nämlich immer noch das campuseigene Tunnelsystem. Bleibt ihr jedoch für acht Monate bis April oder verbringt nur das Wintersemester in O#awa, so ist die Anschaffung einer kanadischen Winterausrüstung (Daunenjacke, gute Handschuhe) im eigenen Interesse anzuraten. Für etwa drei Monate den Campus nicht zu verlassen und auf die Tunnels zu setzen ist weder prakekabel noch eine gute Idee. Während meiner Zeit in Kanada war der Winter sehr mild, d.h. im Januar ha#en wir nur einmal -­‐23 °C und ein paar Mal -­‐19 °C. Der Durchschni#swert lag um die -­‐13 °C. Üblich sind im Januar/Februar durchaus auch mal Temperaturen um -­‐30 °C sowie ein generell eeferer Mi#elwert. Was den Monat Dezember betri|, so war auch dieser 2011 in O#awa sehr mild mit Temperaturen zwischen +15 und vielleicht -­‐7.
Fazit
Abschließend bleibt mir nur zu sagen, dass ich jeden einzelnen Tag meines Studienaufenthalts an der Carleton University genossen habe und dieses kanadische Sprach-­‐ und Kulturbad daher jedem Studenten und jeder Studenen der Kanadisek aber auch anderer Fachrichtungen mit Kanada im Fokus wärmstens empfehlen kann. Nicht nur war der Aufenthalt dort von unschätzbarem Wert für meine englischen und französischen Sprachkenntnisse, sondern er hat auch meine Kenntnisse über die Landeskultur in einer Weise bereichert, wie dies nur im Land selbst geschehen kann. In diesem Sinne wünsche ich euch eine tolle Zeit in O#awa – ihr werdet sie haben!