1 Usa Rundbrieftölle
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1 Usa Rundbrieftölle
Liebe Freunde und Verwandte, ich bin nun schon seit mehr als 5 Monaten in den Vereinigten Staaten von Amerika. Um genauer zu sein: In Lancaster (Pennsylvania). Pennsylvania ist der von der Bevölkerung her der sechstgrößte Staat in den USA und liegt geographisch im Osten der USA (rot markiert). Lancaster liegt wiederum im Süden von Pennsylvania und ist damit unweit vom US Staat Maryland entfernt. Lancaster County hat mehr als 500.000 Einwohner. Die Stadt selbst hat knapp 60.000 Einwohner und eine überschaubare Downtown: Eine Hauptstraße (Prince St) führt südlich auf den Highway, die andere (Queen St) nach Norden. An diesen One-Way-Straßen und deren Querverbindungen reihen sich Cafés und kleinere Geschäfte, Galerien, Restaurants und Bars; Lancaster ist eine sehr künstlerische und kulturelle Stadt. Jeden ersten Freitag im Monat haben alle Galerien bis spät geöffnet und haben freien Eintritt und jeden zweiten Freitag im Monat wird überall auf den Straßen der Innenstadt musiziert, d.h. Bands oder Straßenkünstler treten auf und es werden alte Klaviere über die Stadt verteilt und jeder der Lust hat kann sich hinsetzen und anfangen zu spielen. An diesen Tagen ist Lancaster sehr gut besucht und die Straßen sind bis spät in die Nacht gefüllt mit Menschen. Ansonsten gleicht Lancaster einer normalen Stadt, wobei ich Lancaster nicht als Kleinstadt beschreiben würde da sie großstädtische Einflüsse aufzeigt: Höhere Gebäude und ein allgemein mehr pulsierendes Stadtleben als viele deutsche Städte mit ähnlicher Einwohnerzahl. Außerdem ist der Übergang zu anderen Vororten und Städten innerhalb Lancaster County fließend was ein größeres Stadtgefühl erzeugt. Es wird eigentlich nie langweilig hier. Ich wohne unweit der Prince St entfernt in einer durchschnittlichen neighbourghood (Nachbarschaft/Viertel). Ich habe von meiner Organisation ein eigenes Haus inklusive Auto gestellt bekommen, aber dazu später mehr. Erst einmal zu meinem Projekt. Mein Projekt, dem ich nach 3-wöchiger Orientation in New Windsor, Maryland, zugeteilt wurde, heißt „Habitat for Humanity“; frei übersetzt heißt das so viel wie „Heimat für die Menschheit“. Der Slogan von Habitat lautet: [Creating] a world where everyone has a decent place to live, also zu versuchen jedem Menschen auf der Welt ein menschenwürdigen Lebensplatz zu ermöglichen. http://www.habitat.org/ Habitat ist eine sehr große und angesehene Organisation in den USA und hat viele Einsatzorte in den USA sowie auch in der ganzen Welt. Habitat hat seine Zentrale für die Lancaster Area in Lancaster City, um genau zu sein: direkt neben dem Haus in dem ich wohne. Um ihrem Ideal näher zu kommen macht Habitat im Grunde hauptsächlich eines: Häuser bauen- Für Familien mit niedrigem Einkommen die es sich auf anderem Wege nicht leisten können in eine angemessene Lebenssituation zu gelangen. Geld für den Bau wird größtenteils durch Spenden und Wohltätigkeitsveranstaltungen eingenommen. Habitat hat außerdem eine Kette von Baumärkten, genannt „ReStore(s)“. In so einem ReStore arbeite ich 5 Tage in der Woche jeweils von 9am -5pm. Im Prinzip ist der ReStore ein normaler Baumarkt und bietet vor allem Baumaterialien und Möbel an. Jedoch sind alle Gegenstände die man im ReStore kaufen kann Spenden d.h. der Store kauft selbst keine Artikel sondern nimmt Spenden an solange sie in brauchbarem Zustand sind und wiederverkauft diese. Die dadurch erlangten Einnahmen werden dann dem Häuserbau zur Verfügung gestellt. Mein Job ist es unter anderem Spenden anzunehmen und einzuräumen, Social Media Seiten up to date zu halten oder Kunden zu beraten. Meistens fahre ich jedoch mit einem meiner Mitarbeiter in einem mittelgroßen Truck (den auch ich hier ohne besondere Lizenz fahren darf) durch Lancaster County und sammle Spenden ein. Manchmal sind es kleinere Möbelspenden von Privatleuten oft aber auch Projekte von größeren Firmen die einige Truck Ladungen an Baumateriealien an den ReStore spenden. Ansonsten Kühlschränke, Herde, Mikrowellen, Schränke, Küchenplatten aus Granit, Möbel aller Art, Teppiche und Haushaltsgegenstände, Türen, Werkzeuge, Elektrik- und Klempnermaterialien, Gartenutensilien etc. Ich in einem unserer Trucks Es ist eine sehr körperliche Arbeit, was mir gefällt. Die Arbeit kann manchmal etwas eintönig sein aber die sehr netten Mitarbeiter machen das wieder Wett. Des öfteren bekommen wir auch größere Spenden die viel Hilfe benötigen. In einem Fall haben wir den Inhalt eines ganzen Möbelhauses gespendet bekommen. Die Möbelhauskette ist umgezogen und wollte wohl den Aufwand und die Kosten für den Transport sparen und hat uns deswegen einfach alles gespendet. Es hat uns zwei verlängerte Arbeitstage und mehr als 10 Truck- und 5 LKW-Ladungen gebraucht um das gesamte Möbelhaus auszuräumen, und das mit ca. 15 Mann. Mein Haus Baltimore Downtown Habitat stellt mir ein Haus(!) und ein Auto zur Verfügung und alle Haushaltskosten (Strom, Wasser etc.) werden von Habitat gedeckt. Selbst Benzin für mein Auto wird mir bezahlt. Eine volle Tankfüllung hier Kostet nebenbei 35$, das sind umgerechnet nicht einmal 26€… Dazu bekomme ich noch ein 300$ Stipendium für Lebensmittel. Normalerweise leben in dem Haus bis zu drei Freiwillige, momentan bin ich jedoch der einzige und habe deshalb mehr als genug Platz. Ich versuche in meiner Freizeit so viel wie möglich in den USA herum zu kommen. Bis jetzt habe ich Städte wie Baltimore, Washington und Philadelphia besucht und es werden noch weitere folgen. Ich habe hier viele Freunde am nahe gelegenen College gefunden und ich mache viel mit zwei Freunden die in Baltimore ihren Freiwilligendienst absolvieren. Meine Chefin ist sehr nett und hat mich über ein langes Wochenende zum Surfen nach Chincoteague in Virginia eingeladen. Über die Weihnachtszeit war ich New York City besichtigen, dazu später mehr. Was ich bis jetzt von den USA und deren Einwohner kennengelernt habe kann ich als fast ausschließlich positiv bezeichnen. Amerikaner sind sehr offene, höfliche und freundliche Menschen und man kommt schnell mit Leuten ins Gespräch. Oft werde ich auf meinen deutschen Akzent angesprochen und was ich hier mache. Wenn ich erzähle das ich aus Deutschland komme und bei Habitat for Humanity arbeite sind viele Leute begeistert und wünschen mir viel Glück und Erfolg. Deutschland ist als Land sehr angesehen in der Region hier und in Lancaster County leben viele Menschen mit deutschen Wurzeln, was man vor allem an den Nachnamen vieler Amerikaner erkennt (z.B. Geiger, Eckmann, Steinmetz oder ähnliches).Ansonsten nehmen in Pennsylvania die „Amish people“ einen besonderen Stellenwert ein. Die Amish people sind eine protestantische Glaubensgemeinschaft, die ein Leben ohne den Gebrauch technischen Fortschritts führt. Wer mehr in an der Amishen Kultur interessiert ist: Der Film „Der einzige Zeuge“ beschäftigt sich mit den Unterschieden von Amish people und „Stadtleuten“ und ist nur zu empfehlen! Sonnenuntergang in Virginia Vor kurzem war ich in New York City. Ich war noch nie in einer Stadt die mich dermaßen überwältigt hat. NYC ist mit keiner Stadt zu vergleichen. Die schiere Größe und die Menschenmengen (vor allem am Time Square) führen zu einen regelrechten „Mindblow“. Der Big Apple ist zu schön und zu riesig um ihn zu beschreiben. Ich kann nur sagen das NYC seinem Ruf gerecht wird und mich jeden Tag aufs Neue überrascht und umgehauen hat. Man muss diese faszinierende Stadt persönlich erleben um die Euphorie derjenigen zu verstehen die bereits dort waren. Wir (3 Freunde + Ich) waren für 4 Tage in New York und damit meine ich nur Manhattan (!) und ich habe das Gefühl wir haben nur an der Obersten Schicht New Yorks gekratzt. Um sich ganz New York zu erschließen, also auch Brooklin, Queens, Staten Island, Bronx (ok die Bronx vielleicht nicht), brauch man Jahrzehnte. Eine vage Statistik besagt das wenn man jeden Tag in New York in einer anderen Bar/Kneipe/Restaurant essen gehen würde, bräuchte man ca. 20 Jahre um in jeder Lokalität gewesen zu sein. Soviel dazu. Der berühmte Times Square Ich auf einer Fähre vor der New Yorker Skyline Ein Teil der New Yorker Skyline bei Nacht von der Brooklyn Bridge aus gesehen Thanksgiving mit einem von 5(!) Golden Retrievers auf meinem Schoß Ich möchte mich außerdem noch dafür entschuldigen dass ich mich erst jetzt melde. Bitte nicht böse nehmen! Die USA haben mich einfach von Anfang an gefesselt und ich habe das Gefühl ich lebe in einer anderen Welt. Manchmal vergesse ich was in Deutschland passiert und dass ihr natürlich erfahren möchtet was ich hier mache. Ich bin euch als meinen Unterstützerkreis sehr dankbar, denn ihr ermöglicht mir diesen wundervollen Aufenthalt in den USA. Ohne euch hätte ich nie die Möglichkeit all diese Erfahrungen zu machen, all diese großartigen Städte zu sehen. Doch am wichtigsten ist das Projekt. In dem ihr meine Arbeit bei Habitat vor Humanity unterstütz helft ihr Menschen in Not. Armut in Amerika ist trauriger Weise eine ganz andere Sache als Armut in Deutschland. Armut bedeutet hier nicht von einem Hartz IV Konzept aufgefangen zu werden sondern jeden Tag am Existenzminimum zu leben auf die Gefahr hin Obdachlos zu werden. Wenn solche Menschen in unserem ReStore für 5$ einen Sessel oder für 15$ einen Schreibtisch für ihr Kind kaufen können ist das für Viele ein Segen. Nicht zu vergessen dass das eingenommene Geld in den Häuserbau fließt. Eine Win-Win-Situation sozusagen. Ein amerikanisches Diner in Lancaster Und damit erst einmal Schluss, der nächste Brief wird schneller kommen! Ich liebe es hier und ich möchte hier eigentlich nicht wieder Weg… Doch um mütterliche Herzinfarkte zu vermeiden werde ich natürlich wieder nach Deutschland zurückkommen. (Mein schriftliches Deutsch hat sich übrigens aufgrund seltener Anwendung massiv verschlechtert deswegen sorry für etwaige Fehler). Greetings from „the Land of the Free” Johann Eine typische Amerikanische Landstraße Im Football-Stadion der Baltimore Ravens (die es leider nicht in die NFL Playoffs geschafft haben) Ein bisschen Patriotismus muss sein ;)