So macHt`S dEr NacHBar: GartENlUSt UNd BlUmENKUNSt

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So macHt`S dEr NacHBar: GartENlUSt UNd BlUmENKUNSt
Marketing
Geheimtipp
So macht’s der Nachbar: Gartenlust und Blumenkunst
Witzige Inszenierungen, natürliche Floristik und eine große Blumen- und Pflanzenauswahl,
das sind die Stärken des „Bauerngartens“ von Ute Segger in Groß Hehlen. Frische, Saisonalität und heimische Produktion sind beim Einkaufen auf dem Großmarkt und bei Kollegen
die entscheidenden Kriterien.
Text und Fotos: Katrin Klawitter, Wedemark
B
lumen und Pflanzen pur, wenig
Schnuckischnacki und Firlefanz,
kaum Stecker, hauptsächlich natürliche Materialien“, so beschreibt Ute
Segger fröhlich das Angebot ihres rund
100 m² großen Fachgeschäfts „Bauerngarten“ in Celle-Groß Hehlen. Wenn Accessoires dabei sind, dann haben sie immer
mit Natur zu tun, vor allem mit Tieren.
Neben fertigen Sträußen sind auch Arrangements aus Pflanze und Gefäß vorrätig.
Etwa 70 % des Gesamtumsatzes kommen
über die Floristik, die übrigen 30 % über
Trauerfloristik, einige Hotels vor Ort und
über Outdoorpflanzen, außerdem betreut
das Team 100 Pflegegräber. Von Februar
bis Juli werden in den alten Gewächshäusern hinter dem Laden Beet-, Balkon- und
Sommerpflanzen produziert und verkauft.
„Ein wesentlicher Pluspunkt für mein Geschäft, denn ich kann auch dann noch
gute Ware und Besonderheiten anbieten,
wenn Baumärkte und Gartencenter längst
ausverkauft sind“, betont die gelernte
Gärtnerin, Floristin und Gartenbauingenieurin. Den Rest des Jahres dominiert im
Bauerngarten die Floristik.
Neue Gestaltungsideen sammelt Ute Segger in Geschäften, auch anderer Branchen,
und auf Kunstausstellungen. „Wir riskieren auch ungewöhnliche Sachen, im letzten Advent zum Beispiel einen alten Autoreifen mit vier Rotlicht-Astra-Flaschen mit
Kerzen. (Rotlicht Astra ist eine norddeut-
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sche Biermarke.) Oder einmal ein ganzes
Regal mit 100 chinesischen Winkekatzen,
die alle Kunden im Gleichtakt begrüßten.“
Solche Ideen würdigen auch die jungen
Kunden. „Wir bleiben im Gespräch“, freut
sich die Chefin.
Im Herbst kommen die alten Gewächshäuser dann noch einmal zu Ehren: Dann
nämlich, wenn Ute Segger und ihr Team
zur Adventsausstellung laden. „Es ist immer eine Menge Arbeit, das große Gewächshaus so aufwendig zu dekorieren,
aber es ist auch unser Highlight im Jahr
für die Kunden.“
Betriebsübernahme
vor 13 Jahren
Nicht nur dadurch hat es die Geschäftsfrau
geschafft, sich in den 13 Jahren des Bestehens einen kaufkräftigen Stammkundenkreis aus den umliegenden Ortschaften zu
sichern. „Nur von unserem Dorf würde ich
arm werden“, lacht sie.
Den rund 1700 m² großen Betrieb hat Ute
Segger kurz nach dem Studium zusammen mit einem Freund gefunden. „Mit
35 Jahren, in einer mir völlig unbekannten
Gegend“, beschreibt sie den Start. Noch
vor dem Kaufabschluss zerbrach die Geschäftsbeziehung. Seitdem „schmeißt“ die
Powerfrau den „Bauerngarten“ als Alleinunternehmerin. „In den ersten Jahren habe ich alles alleine gemacht, stand tagein
tagaus im Laden, nur unterstützt von einem Gärtner in der Produktion.“ Das Wagnis, Mitarbeiter einzustellen, hat Überwindung gekostet.
Mittlerweile arbeitet ein Team aus einer
Vollzeit- und drei Teilzeitkräften im Laden, und ein guter Freund mit gärtnerischem Herzblut fungiert als männliche
Stütze in der Gärtnerei, als Fahrer und
Computerspezialist. Die beiden gelernten
Gärtnerinnen des Teams helfen im Frühjahr im Wechsel in der Produktion und im
Laden.
Die gute Teamarbeit ermöglicht der Chefin mittlerweile alle zwei Wochen ein freies Wochenende (der Laden hat auch sonntags für zwei Stunden geöffnet) – und
auch mal Urlaub. „Das ist nicht einfach,
aber ich halte das durch, obwohl ich direkt
über dem Laden wohne.“ Für gemeinsame
Unternehmungen, die den Zusammenhalt
stärken, gibt es eine Kaffeekasse, die auch
mal aufgefüllt und mit einem MallorcaTag oder zwei Tagen in Rom gemeinsam
aufgebraucht wird. Auch Besuche von Floristikshows, beispielsweise in Belgien oder
auf dem Hamburger Großmarkt, finden
gemeinsam statt.
Unterstützung vor allem in betriebswirtschaftlichen Dingen hat sich Ute Segger
vornehmlich in den ersten Jahren über
den Beratungsring der Landwirtschaftskammer Niedersachsen und in den letzten
Jahren durch ihre Mitarbeit in einer Erfa-
Wer das blaue, spitzgiebelige Holzhaus von der
Straße aus sieht, ahnt zuerst einmal gar nicht,
was der „Bauerngarten – Gartenlust und Blumenkunst“ von Ute Segger in Groß Hehlen alles
zu bieten hat: Hinter Ladenfront und Haus verbirgt sich eine für die 90er-Jahre typische Einzelhandelsgärtnerei. Die Gewächshäuser strahlen Gemütlichkeit, Ursprünglichkeit und Ambiente aus, auch dank des großen, als Sitzplatz
und Erlebnisgarten gestalteten Innenhofs.
Ute Segger mit Lena Sander und Silke Brandes.
Das Bauerngarten-Team achtet darauf, dass
fertige Arrangements mit Blumen und Pflanzen
vorrätig sind.
Im Sortiment spielen Tiere eine große Rolle. So
wurden im September Kürbisse in Schwanenform in die Warenpräsentation integriert und
überall waren Geweihe gegenwärtig. „Die hat
mir ein Kunde vermacht“, berichtet Ute Segger.
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Das Holz der Ladenbauelemente stammt aus
einem alten Fachwerkhaus. In Eigenleistung
sind rustikale Holzregale und die trennenden
Türen zur Gemeinschaftsküche und zum
Lager und zu den Privaträumen entstanden.
Das Angebot passt vom Stil her harmonisch
zu dem Holz.
Ute Segger investiert viel Zeit zum Einkaufen,
um ihren Kunden immer frische und jahreszeitliche Blumen anbieten zu können. „Ich stehe
an den Einkaufstagen schon morgens um zwei
auf, um zum Großmarkt nach Hamburg zu
fahren.“ Wohl wissend, dass nur in den frühen
Morgenstunden die Auswahl ihren Ansprüchen
genügt.
Gruppe geholt. „Aber damit pausiere ich.
Irgendwann hat man das Gefühl, es reicht
erst mal.“ Den betriebswirtschaftlichen
Teil ihrer Arbeit möchte die Geschäftsinhaberin trotz Arbeitsdruck auch heute
noch nicht gerne aus den Händen geben.
„Das hat zur Folge, dass ich auch gefühlte
Mangelpunkte habe: Die Buchführung
oder die Umsetzung neuer Ideen dauern
mir oft zu lange“, äußert sie selbstkritisch.
Dennoch: Betriebswirtschaftlich ist sie zufrieden, der Kalkulationsfaktor ist mit den
Jahren besser geworden. „Ich kaufe nur
noch zweimal in der Woche gezielt ein,
wir werfen wenig weg“, fasst sie die Erfolge zusammen. „Mit den Umsätzen bin ich
zufrieden, die Gärtnerei ist in fünf Jahren
abbezahlt.“
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Kunden sind bereit,
weiter zu fahren
Trotzdem hadert Ute Segger immer wieder mit sich selbst: Soll sie außen stärker
zeigen, was im Geschäft so alles steckt?
Aber was passiert, wenn das Geschäft kein
Geheimtipp mehr ist? Sollte sie mehr Werbung machen, zum Beispiel auf regionalen
Veranstaltungen? „Immer, wenn ich mich
auf Veranstaltungen im nahen Städtchen
Celle präsentiere, merke ich, wie interessiert die Leute sind, und dass sie auch bereit sind, weiter zu fahren.“
Einen gut gestylten Internetauftritt hat
sich Ute Segger bereits von einer kleinen
Werbeagentur in Hannover zusammenstellen lassen. Die Einblicke beispielsweise
in Eventleistungen werden den Kunden
auch auf einem Bildschirm im Laden vorgeführt. Vielleicht, so überlegt Ute Segger,
könnte sie dazu noch einen kleinen Werbefilm drehen, der sie beim Einkaufen auf
dem entfernten Hamburger Blumengroßmarkt zeigt. Einfach, um die wesentliche
Stärke des Bauerngartens noch stärker
zu betonen: die absolut frischen Blumen
und Pflanzen, bei denen die Saisonalität
und die heimische Produktion die entscheidenden Kriterien sind. „Viele Kunden
glauben wohl eher, dass der Einkauf
schnell und einfach beim Holländer am
LKW erledigt ist, aber ich verwende sehr
viel Zeit auf die Auswahl.“ Das möchte sie
auch neuen Kunden künftig noch deutlicher machen. n