Tickets, Duschen und Rollerblades

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Tickets, Duschen und Rollerblades
Flughafen
Zürcher Landzeitung / ZU / NBT Samstag, 21. November 2009
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Kloten Das Service Center am Airport bewältigt 30 000 Kundenkontakte pro Monat
Tickets, Duschen und Rollerblades
Das Service Center am Flughafen hat sich von der einfachen Parkhauskasse zum
Dienstleistungsbüro entwickelt. Eva Bugmann-Gautschi
und ihr Team wissen auf fast
alle Fragen eine Antwort.
Grossmünster oder Titlis?
Man überlege sich immer wieder,
welche Dienstleistungen vor und nach
einem Flug gefragt sein könnten, erklärt
Bugmann. So kommt es, dass beim Service Center drei Duschkabinen inklusive frischer Frottiertücher und Shampoo
bereit stehen, die für 15 Franken benützt werden können. «Aber wir tätigen
auch Hotelreservationen in der ganzen
Schweiz, buchen Sightseeing-Touren
auf den Titlis oder eine Stadtrundfahrt
durch Zürich.» Auch Bustranfers in
manche Skiorte habe man im Angebot.
Auch Extrawünsche bringen Eva Bugmann-Gautschi nicht aus der Ruhe. (ost)
«Einmal kam ein amerikanischer Passagier in kurzen Hosen, aber mit Skischuhen an den Füssen direkt vom Flugzeug
zu uns und fragte: «Where shall I go skiing?» (Wo soll ich Ski fahren gehen?)
Gerade diese lustigen Begegnungen
(siehe Kasten) sind für Eva Bugmann
das Salz in der Suppe. «Mein Beruf ist
sehr abwechslungsreich und bringt mich
immer wieder in unerwartete Situationen.» Auch das internationale Flair
und der kulturelle Mix der Kundschaft
am Flughafen haben es ihr, die zuvor 15
Jahre lang als Swissair-Flight-Attendant
in der Luft war, angetan.
Fahrräder und Konzerttickets
Das Team des Service Centers besteht aus zehn Personen, die allein oder
zu zweit im Schichtbetrieb arbeiten.
«Wir haben täglich von 6 bis 23.30 Uhr
geöffnet, das macht uns auch für Flughafenangestellte zu einer beliebten An-
laufstelle», hat Bugmann festgestellt.
Am Schalter kann man faxen und kopieren, im Internet surfen, Telefonkarten, Einkaufsgutscheine und AirportSouvenirs erstehen sowie Rollstühle,
Kinderbuggys und -autositze mieten.
Daneben werden Tickets für Konzerte
und Sportveranstaltungen, ZVV-Tageskarten oder Eintritte fürs Verkehrshaus
in Luzern verkauft.
Doch damit nicht genug. Um den
vielen Ausflüglern ebenfalls etwas bieten zu können, verleihen Bugmann und
ihre Kolleginnen auch Fahrräder, Rollerblades und Nordic-Walking-Stöcke
zur Erkundung der Rad- und Wanderrouten rund um den Airport. «Wir versuchen, bei allen Wünschen auf irgendeine Art weiterhelfen zu können», fasst
Bugmann zusammen. Die meisten Kunden wüssten dies zu schätzen. Zuweilen raste aber auch jemand aus, weil
er für ein verlorenes Parkingticket 30
Das Team des Service Centers wird
immer wieder mit ausgefallenen Wünschen und kuriosen Fragen konfrontiert. Die lustigsten Anekdoten werden notiert und gesammelt. Nachfolgend ein paar Müsterchen:
• Eine Dame aus Deutschland, begleitet von ihrem etwa zwölfjährigen
Sohn, bezahlt ihr Parkingticket am
Schalter. Als der Junge das Geld sieht,
fragt er umgehend: «Und wann bekomme ich meine Schweizer Euros?»
• Frage eines Passagiers: «Auf welchem Gleis kommt das Flugzeug aus
Budapest an?»
• Frage eines anderen Passagiers:
«Wo bitte ist das Check-in Eindrittel?»
Verständlich, denn auf der Reservationsbestätigung der Swiss steht tatsächlich «Check-in 1/3».
• Ein kleiner Junge reckt sich zum
Schalter hoch und fragt ernsthaft: «Do
you have Chicken McNuggets?»
• Ein älterer Herr hingegen will
nichts Essbares, sondern Souvenirs
einkaufen. Daher die logische Frage:
«Wo finde ich hier Victor Nox?»
• Das Parkhaus P5 ist etwas günstiger als die übrigen Parkhäuser. Ein
Kunde, der dies offenbar missverstanden hat, kommt wutentbrannt zum
Schalter: «Soll das ein Witz sein, dass
der 5. Stock im Parkhaus billiger ist
als die anderen? Es ist wirklich mühsam, jedes Mal im 5. Stock einen freien Parkplatz zu suchen!» (zvg)
Franken bezahlen müsse – «leider werden wir dann oft mit inakzeptablem
Verhalten konfrontiert. Angriffe unter
der Gürtellinie sind keine Seltenheit.»
Ihrer Motivation tut dies aber keinen
Abbruch. «Das Positive überwiegt letztlich klar.»
Istanbul Turkish Airlines ist die viertgrösste Airline Europas
Bosporus zwischen Realität und Traumwelt
In der Türkei ticken die Uhren offenbar schneller als an
anderen Orten. Zumindest in
der Airline-Welt, wo Turkish
Airlines ehrgeizige Pläne hat.
Patrick Huber
Zwei Stunden lässt Temel Kotil die
Journalisten und seine je näher der Termin rückt immer nervöser werdende
Entourage warten, bevor der kleingewachsene CEO der Turkish Airlines zur
Audienz bittet. Wichtige Termine, entschuldigt er sich.
Umso mehr beeindruckt er mit einer
perfekten Präsentation. «You’ll feel like
a star with Turkish Airlines», ist die
Power-Point-Präsentation betitelt. Und
Kotil legt beeindruckende Zahlen vor.
Seit 1999 sei die Turkish Airlines ununterbrochen profitabel, letztes Jahr verdiente sie 598 Millionen Euro. Von der
Temel Kotil, CEO
Turkish Airlines:
«Wir sind die am
schnellsten wachsende Fluggesellschaft in Europa.»
Zürcher Unterländer
«Travel Star»-Rangliste gefunden haben: Die 700 Reisebürovertreter in der
Schweiz setzten sein Unternehmen nur
auf Rang 25, was den türkischen Stolz
empfindlich getroffen haben dürfte.
«Unser Ziel ist es, so viele Städte in
Europa wie möglich anzufliegen.» Derzeit sind es 57. Zürich sei für die Turkish Airlines eine sehr wichtige Destination. Offenbar stören Kotil auch die hohen Gebühren wenig. Man müsse sie
akzeptieren, wenn man im Markt eine
führende Rolle spielen wolle, argumentiert er. Die derzeit zwei täglichen Frequenzen Istanbul–Kloten sollen möglichst schnell erhöht werden. Mit der
Swiss strebt das Star-Alliance-Mitglied
ein Code-Share-Abkommen (gemeinsame Flüge unter gleicher Flugnummer)
an. Noch ist es allerdings nicht so weit.
Dass Temel Kotil im Gegensatz etwa
zur Swiss weiter mit der grossen Kelle
anrichten kann, verdankt er zum einen
den niedrigen (Lohn-)Kosten in der Türkei und vor allem dem türkischen Staat,
der nach wie vor mit 49 Prozent an der
Airline beteiligt ist und somit auch das
Sagen hat. Ein nicht unbedeutender
Wettbewerbsvorteil.
22,5 Millionen Passagiere beförderte
Turkish Airlines letztes Jahr, in diesem
werden es 26,8 Millionen sein, 2012 sollen es gar 40 Millionen sein. Ein sehr
ehrgeiziges Ziel. Um es umzusetzen, braucht es neue Flugzeuge. Zwölf
Boeing-777-Maschinen sind bestellt.
Zurzeit umfasst die Flotte je 60 Airbusund Boeing-Modelle. «Der A380 ist heute noch keine Thema», so Kotil.
Das viele Geld werde nicht nur in die
Vergrösserung der ohnehin schon jungen Flotte gesteckt: «Wir geben es in
erster Linie für die Passagiere aus, da-
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Reto Wild (Journalist BR)
Gebucht und bezahlt: Gut zwei Wochen vor Abflug kaufte ich am 9. Oktober auf der Internetseite von Jet
Blue Airways ein Flugbillett von New
York, John F. Kennedy Airport, nach
New Orleans. Der dreistündige Nachmittagsflug von der Ostküste zur Jazz-Metropole kostete für einen Weg
339,60 US-Dollar. Wäre ich morgens
um sieben geflogen, hätte ich 100
Dollar sparen können.
Positiv aufgefallen: Die viertgrösste
Billigfluggesellschaft der Welt, erst im
Jahr 2000 gegründet, hat im Internet
ein modernes Buchungssystem, das
auch anwendbar ist, wenn man nicht
in den USA wohnt. Das Check-in an
den aufgestellten Automaten funktioniert mit der Kreditkarte einfach und
effizient, und im Gegensatz etwa zu
American Airlines oder Delta muss
man für die Gepäckaufgabe auf dem
Inlandflug nicht zusätzlich bezahlen.
Von der Ankunft am Flughafen in
New York bis zum Gate verstreichen
gerade mal 20 Minuten. Im Jet BlueTerminal hat man mit dem Laptop
kostenlosen Internet-Zugang. Wäre
das nicht auch was für den Flughafen
Kloten? Die Maschine des Typs Airbus A320-200 sieht neu aus.
Negativ aufgefallen: Ganz im Stil
einer Low-Cost-Airline ist die Verpflegung an Bord dürftig. Zur Wahl stehen salzige (Pommes-Chips) oder
süsse (Schokoladen-Guetzli) Kalorienbomben. Um die von mir gewählte
süsse Variante runterzuspülen, erhalte ich einen Becher Wasser.
Fazit: Die Verspätung bei der Landung in New Orleans beträgt 15 Minuten. Das ist bei Abflug New York
sehr gut. Jet Blue Airways hat sich an
diesem Nachmittag wohltuend von
anderen amerikanischen Fluggesellschaften abgehoben und als zuverlässige Fluggesellschaft erwiesen. Ich
buche wieder jetblue.com. Das nächste Mal nur weiter im Voraus, gibt es
doch Tickets für unter 100 Dollar.
Kloten
Flughafen Zürich
erneut lizenziert
Das Bundesamt für Zivilluftfahrt
(Bazl) hat im Rahmen einer periodischen Überprüfung festgestellt, dass die
Einhaltung der Standards und Empfehlungen der internationalen Zivilluftfahrtorganisation (Icao) in Zürich gewährleistet ist. Wie die Airport-Betreiberin Unique mitteilt, ist sie vom Bund
bezüglich operationeller Sicherheit erfolgreich rezertifiziert worden.
Die Icao-Vorgaben stellen sicher,
dass der Betrieb eines Flughafens so sicher und reibungslos wie möglich funktioniert. Für die Lizenzierung wird beispielsweise untersucht, wie die Flughafenbetreiberin die Flugzeugführung auf
dem Vorfeld, die Betankung der Flugzeuge, den Unterhalt der elektrischen
Systeme oder die Schneeräumung der
Pisten organisiert. (ZU)
Bald 40 Millionen Passagiere?
Bewertungsagentur Skytrax wird der
Bordservice der Fluggesellschaft mit
vier Sternen versehen – was nur wenigen Airlines vergönnt ist. Mittlerweile
ist die Fluggesellschaft die viertgrösste
in Europa, die schnellstwachsende in
der europäischen Vereinigung, vergisst
der türkische CEO nicht anzufügen.
Weniger Gefallen dürfte er an der neuen
Blaues Wunder
«Wo finde ich denn
hier Victor Nox?»
Oliver Steimann
Die Arbeit macht ihr sichtlich Spass.
Als Leiterin des Service Centers ist Eva
Bugmann-Gautschi täglich mitten drin
im Flughafenrummel. Passagiere, Airport-Angestellte und Shopping-Kunden
aus der Region – sie alle nehmen ihre
Dienste in Anspruch, im Schnitt rund
30 000 Mal pro Monat.
Noch vor zehn Jahren war der Schalter beim Parkhaus 2 eine simple Zahlstelle. «Heute macht dieser Bereich nur noch
einen kleinen Anteil unserer Dienstleistungen aus», so Bugmann. Zwar helfe man nach wie vor Kunden, die mit
dem Ticketautomaten nicht zurecht kämen oder ihr Auto nicht mehr fänden.
Auch kann, wer am Flughafen für über
60 Franken eingekauft hat, hier einen
Parkingrabatt von einer Stunde beziehen. «Aber unsere anderen Aufgaben
nehmen stetig zu.»
Testflug
Unbescheidener Auftritt: das Hauptquartier der Turkish Airlines in Istanbul. (zvg)
mit sie vermehrt mit uns fliegen und wir
so mehr verdienen», lautet die türkische
Philosophie. Das kann zu delikaten
Situationen wie 2004 führen, als in einem Jahr gleich 24 neue Destinationen
ins Turkish-Netz eingegliedert wurden.
«That was crazy», ist sich der CEO im
Nachhinein bewusst.
Vom Feinsten ist die Verpflegung an
Bord der Turkish-Maschinen. Auch Passagiere in der Economy-Class kommen
auf dem knapp dreistündigen Flug von
Istanbul nach Zürich in den Genuss eines warmen Essens. Man müsse die
Langeweile an Bord vertreiben, lautet
die simple Erklärung.
Redaktion Flughafen
Patrick Huber (ph), Tel. 044 854 82 84
Oliver Steimann (ost), Tel. 044 854 82 85
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