Elberfelder Erklärungsbibel

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Elberfelder Erklärungsbibel
Prof. Dr. Thoma Naumann
Näheres zur Elberfelder Bibel mit Erklärungen (2004)
Elberfelder Bibel mit Erklärungen – Die Elberfelder Bibelübersetzung von 1996 ist
eine sehr gute Bibelübersetzung (nahe am Urtext), die in evangelikalen und
freikirchlichen Gemeinden viel benutzt wird.
2004 ist eine Elberfelder Bibel mit Erklärungen erschienen (40 Euro). Leider blenden
diese Erklärungen auch grundlegende, bibelwissenschaftliche Fragestellungen und
Erkenntnisse dezidiert aus und vermitteln im Prinzip das (evangelikale) Dogma, dass
die biblischen Texte jeweils historisch zuverlässige Berichte zeitgenössischer
Augenzeugen sind.
Im Einzelnen bedeutet dies:
•
an der Verfasserschaft des Mose für den Pentateuch wird im Kern
festgehalten. Es gibt nur ganz wenige nichtmosaische Nachträge.
•
Es gibt nicht zwei unterschiedliche Schöpfungsberichte in Gen 1,1-2,4a; 2,4b3,25, sondern einen allgemeinen in Gen 1,1-2,4 und eine spezifische
Entfaltung in Gen 2,4b-3,25.
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Das göttliche „Lasst uns Menschen machen ...“ verweist auf das Geheimnis
der Trinität.
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Die Wiederholungen in der Sintfluterzählung sind keine hinweise auf
unterschiedliche Quellen, sondern ergänzende Stilmittel.
•
Micha 5,1-4 wird allein auf den Messias Jesus Christus gedeutet, obwohl der
erwartete König Juda nach Micha 5,5 vom Joch der Assyrer befreien soll.
Diese ausschließliche Deutung auf Jesus Christus betrifft auch die anderen
sogenannten messianischen Stellen und besonders die Gottesknechtslieder
Deuterojesajas.
•
Die Deuterojesaja-Hypothese wird abgelehnt. Die prophetischen Texte in Jes
40-55 gehen nicht auf einen Zeitgenossen des babylonischen Exils und der
persischen Befreiung (6. Jh.v.Chr.) zurück, sondern auf den Propheten Jesaja
im 8. Jh.v.Chr. Die Unterschiede in der Sprache werden wegerklärt: Warum
sollte Jesaja nicht für eine andere Zeit in einem anderen Stil geschrieben
haben? (Vgl. S. 941)
•
Die Psalmen werden nicht mehr alle auf den historischen David
zurückgeführt. Die David-Überschriften werden aber nach wie vor als
historische Verfasserangaben missverstanden. Die Psalmen haben
verschiedene Wurzeln von David bis Esra. In ihrer heutigen Form bilden sie
das Liederbuch des 2. Tempels.
•
Das Hiobbuch gehört zwar zur religiösen Dichtung, dennoch geht es auf
geschichtliche Personen und tatsächliche historische Vorgänge zurück.
Fazit: Die Herausgeber haben die Chance vertan, ihre Zielgruppe mit einigen
grundlegenden und anerkannten Ergebnissen der historischen Bibelwissenschaft und
der allgemeinen Geschichtsforschung vertraut zu machen. Das ist Zeichen entweder
einer großen Arroganz oder einer großen Ängstlichkeit. So werden Bibelleser
entmündigt.
Oktober 2008