2013-12-19 Antwort auf Anfrage Fr. Kern 1

Transcrição

2013-12-19 Antwort auf Anfrage Fr. Kern 1
REGIERUNGSPRÄSIDIUM STUTTGART
ABTEILUNG UMWELT
Regierungspräsidium Stuttgart · Postfach 80 07 09 · 70507 Stuttgart
Stuttgart 19.12.2013
Name Michael Braunmiller
Frau Barbara Kern
Stuttgart
Durchwahl 0711 904-15410
Aktenzeichen 54.18823.81/EnBW/RMHKW/Mün
/ Allg.
(Bitte bei Antwort angeben)
Müllverbrennungsanlage (Restmüllheizkraftwerk - RMHKW) Stuttgart-Münster,
Heizkraftwerk Stuttgart-Gaisburg
Ihre Mail vom 23.11.2013
Anlagen
Immissionsprognose für das RMHKW Stuttgart-Münster
Sehr geehrte Frau Kern,
Ihre Fragen vom 23.11.2013 kann ich nach Abstimmung mit der EnBW wie folgt beantworten:
Zum Restmüllheizkraftwerk (RMHKW) Stuttgart-Münster:
Die Hauptkomponenten des RMHKW sind der Gesamtmüll- und der Restmüllbunker,
drei Müllkessel, das Abgasreinigungssystem sowie die Reststofflager- und -verladeeinrichtungen. Das Abgasreinigungssystem des RMHKW setzt sich aus folgenden
Teilsystemen zusammen:
• Staubabscheider,
• vierstufige abwasserfreie Nasswäsche (Abgaswaschanlage) zur Abscheidung
•
von organischen und anorganischen Schadstoffen,
Katalysatoranlage zur Reduktion von Stickoxiden und dem Abbau von organischen Verbindungen (insbesondere Dioxinen und Furanen).
Dienstgebäude Ruppmannstr. 21 · 70565 Stuttgart · Telefon 0711 904-0 · Telefax 0711 782851-15001 / 0711 904-11190
[email protected] · www.rp.baden-wuerttemberg.de · www.service-bw.de
Haltestelle Bahnhof Stuttgart-Vaihingen · Parkmöglichkeit Tiefgarage
-2-
Die Staubabscheider sind integraler Bestandteil der Müllkessel. Die Abgaswasch- und
Katalysatoranlage ist dreilinig ausgeführt. Jede Linie kann die Abgasmenge mindestens eines Müllkessels aufnehmen.
Das Abgasreinigungssystem gewährleistet, dass die realen Emissionskonzentrationen üblicherweise deutlich unter den Grenzwerten liegen, siehe hierzu die Information
der Öffentlichkeit, die jährlich durch den Betreiber zu erstellen ist und unter folgender
Adresse im Internet abrufbar ist:
http://www.enbw.com/unternehmen/konzern/energieerzeugung/fossile-energie/standorte.html
Im Betriebsjahr 2012 wurden folgende Jahresfrachten emittiert (Quelle: Emissionserklärung der EnBW nach 11. BImSchV - Verordnung über Emissionserklärungen):
Schwefeldioxid:
Chlorwasserstoff:
Fluorwasserstoff:
Stickstoffoxide:
18,70
7,91
0,26
130,87
t
t
t
t
Distickstoffmonoxid:
Ammoniak:
Kohlenwasserstoffe (Gesamt-C):
Feinstaub PM10:
1,89
0,61
2,75
0,11
t
t
t
t
Quecksilber:
Dioxine/Furane:
5,3 kg
0,053 g
Als Filterstäube werden die Feststoffpartikel bezeichnet, die in den Staubabscheidern
der Müllkessel abgeschieden werden. Die Filterstäube sind ein feinkörniger weitgehend mineralisierter Rückstand. Die Filterstäube bestehen im Wesentlichen aus einer
wasserunlöslichen Calcium-Aluminiumoxid-Silikat-Matrix, die wasserlösliche Alkaliund Erdalkaliverbindungen, vornehmlich Calcium- und Kaliumchloride, enthält. Die
Filterstäube weisen verschiedene Übergangsmetalle wie die Elemente Titan, Eisen
und Zink auf. In Spuren („ppm-Bereich“) sind des Weiteren Schwermetalle wie auch
organische Schadstoffe enthalten.
Die Filterstäube sind nach der Abfallverzeichnisverordnung als gefährliche Abfälle
klassifiziert (AVV-Schlüssel 190107*). Sie werden deshalb auf Basis der Verordnung
über den Versatz von Abfällen unter Tage (Versatzverordnung) einer Verwertung als
-3-
Versatzmaterial zugeführt. Jährlich fallen gegenwärtig zwischen 15.000 und 17.000 t
Filterstäube an.
Der Müll, der im RMHKW Stuttgart-Münster verbrannt wird, stammt ausschließlich
aus Baden-Württemberg. In Stuttgart-Münster wird kein Müll aus dem Ausland entsorgt. Im RMHKW Stuttgart-Münster werden Hausmüll und hausmüllähnlicher Gewerbeabfall verbrannt. Bezogen auf den Nennheizwert von 11 MJ/kg variierten die
verbrannten Müllmengen in den letzten Jahren zwischen 385.000 t und 417.000 t.
Im Genehmigungsverfahren für den Bau der zwei Ersatzkessel 21 und 22 wurde anhand einer Immissionsprognose ermittelt, welche Luftschadstoffimmissionen im Umfeld des RMHKW Stuttgart-Münster zu erwarten sind. Die Ausbreitungsrechnung
wurde nach TA Luft (im Jahr 2001 lag die neue TA Luft erst im Entwurf vor) vorgenommen. Die Ergebnisse sind im Gutachten des Ingenieurbüros Technischer Umweltschutz Dr. Ing. Frank Dröscher vom 21.08.2001 mit Ergänzung vom 10.10.2001
dargestellt, das wir Ihnen wie gewünscht zusenden.
Das Gutachten weist aus, dass an den Orten mit den maximalen Immissionsbeiträgen
die Irrelevanzschwellen für alle betrachteten Schadstoffe deutlich unterschritten werden. Für Schwebstaub PM10 wird als max. Immissionsbeitrag ein Wert von 0,02 µg/m3
ausgewiesen (Tabelle 12, Seite 41). Bezogen auf den Immissionsgrenzwert für das
Jahresmittel von 40 µg/m3 (Nr. 4.2.1 TA Luft) ist das ein Anteil von 0,05%.
Das RMHKW Stuttgart-Münster hat nur einen geringen Anteil am Feinstaubaufkommen in Stuttgart. Das Emissionskataster fürs Jahr 2010 der Landesanstalt für Umwelt,
Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) weist für das Stadtgebiet
Stuttgart folgende PM10-Jahresemissionen aus:
Biogene Systeme (einschl. Landwirtschaft)
Kleine und mittlere Feuerungsanlagen
3t
198 t
Industrie und Gewerbe
Sonstige technische Einrichtungen
Verkehr
Summe der PM10-Emissionen 2010 in Stuttgart
18 t
10 t
209 t
438 t
Das RMHKW Stuttgart-Münster verursacht damit ca. 0,02% der gesamten PM10Emissionen in Stuttgart.
-4-
Das Heizkraftwerk Stuttgart-Münster mit seinen 3 Kohlekesseln hat im Jahr 2012
nach der Emissionserklärung der EnBW ca. 1,2 t Feinstaub PM10 emittiert. Das gesamte Kraftwerk Stuttgart-Münster (mit RMHKW) hatte also PM10-Emissionen von ca.
1,3 t. Bezogen auf die Gesamtemissionen in Stuttgart ist das ein Anteil von etwa
0,3%.
Bei den Immissionen ist der Anteil noch kleiner, da die Emissionen der Restmüll- und
Kohlekessel über einen 180 m hohen Kamin abgeleitet werden, während beispielsweise der Straßenverkehr bodennah emittiert.
Der in Stuttgarter Betrieben anfallende Sondermüll (heutige Bezeichnung: gefährlicher Abfall) zur Beseitigung muss der Sonderabfallagentur Baden-Württemberg
(SAA) angedient werden. Der Abfallerzeuger schlägt der SAA eine Anlage vor, in der
der Abfall beseitigt (z.B. verbrannt) werden kann. Diesem Vorschlag stimmt die SAA
zu bzw. lehnt ihn ab. Die SAA lenkt also die Beseitigung gefährlicher Abfalle in Baden-Württemberg.
Zum Heizkraftwerk Stuttgart-Gaisburg:
Die wesentlichen Anlagenteile des Heizkraftwerkes Stuttgart-Gaisburg sind ein Kohleund ein Heizöllager, die drei Kesselanlagen K22, K23 und K25, eine Gasturbinenanlage sowie die erforderlichen Ver- und Entsorgungseinrichtungen. In den Kesseln 23
und 25 werden als Brennstoffe ausschließlich Erdgas und Heizöl EL eingesetzt.
Der steinkohlegefeuerte Kessel 22 verfügt über eine zirkulierende Wirbelschichtfeuerung. Das eigentlich Typische der Wirbelschichtfeuerung sind die niederen Verbrennungstemperaturen von ca. 850°C (Begrenzung der Stickstoffoxidbildung) und die Art
des Verbrennungsvorgangs („schwebendes Bett“, mehrfache Rückführung der
Verbrennungsprodukte, Zugabe von Kalkstein in den Brennraum zur Abgasentschwefelung). Daher benötigt der Wirbelschichtkessel im Gegensatz zu herkömmlichen
Kohlekesseln keine Anlagen zur Abgasentstickung und -entschwefelung.
Der Kalkstein wird bei den herrschenden Temperaturen gebrannt, so dass Branntkalk
entsteht. Dieser reagiert mit dem Schwefeldioxid und Restsauerstoff im Abgas zu Anhydrit (wasserfreier nichtkristalliner Gips). Das Anhydrit verbleibt in der Asche und
wird mit dieser ausgetragen (sogenannte Bettasche). Leichte Ascheteilchen treten
-5-
aus dem Brennraum aus. Zur Abscheidung dieses Staubes (Flugasche) ist der Kesseleinheit ein Staubfilter (Gewebefilter) nachgeschaltet.
Diese zwei Abfallfraktionen werden als Wirbelschichtaschen (WSF-Aschen) bezeichnet. Verfahrensbedingt fällt im Feuerraum (Wirbelbett) körnige Bettasche und bei der
Entstaubung der Rauchgase staubförmige Wirbelschicht-Filterasche an. WSF-Aschen
bestehen überwiegend aus Silizium-, Aluminium-, Eisen- und Manganoxiden. Sie enthalten ferner zusätzlich Calciumsulfid (CaSO4) als Entschwefelungsprodukt und unreagiertes Absorbens (CaO). In Spuren sind des Weiteren auch Schwermetalle in den
Aschen enthalten.
Die WSF-Aschen sind keine gefährlichen Abfälle. Nach der Abfallverzeichnisverordnung sind sie über den AVV-Schlüssel 10 01 02 klassifiziert. Die Restprodukte aus
der zirkulierenden Wirbelschichtfeuerung finden derzeit überwiegend als Versatzbaustoff Verwendung.
Der steinkohlegefeuerte Kessel 22 hat im Jahr 2012 nach der Emissionserklärung der
EnBW ca. 0,8 t Feinstaub PM10 emittiert.
Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen zu Ihrer Zufriedenheit beantworten konnte.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Braunmiller