Fragenkatalog des BUND Regionalverbandes Stuttgart vom 06.10

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Fragenkatalog des BUND Regionalverbandes Stuttgart vom 06.10
Fragenkatalog des BUND Regionalverbandes Stuttgart vom 06.10.2015 zu den
Quecksilber (Hg)-Emissionswerten der Heizkraftwerke in der Region
Wie lauten die Grenzwerte von Quecksilber beim Heizkraftwerk Gaisburg, beim Heizkraftwerk Altbach/Deizisau, beim Heizkraftwerk Stuttgart-Münster? Wurden die jeweiligen Grenzwerte in der Vergangenheit überschritten?
Die aktuellen Hg-Emissionsgrenzwerte, deren Überwachung sowie Angaben zur Grenzwerteinhaltung für die genannten Heizkraftwerke sind in der folgenden Tabelle aufgelistet:
Anlage
HKW Altbach,
Kohleblöcke
HKW 1 und
HKW 2
HKW StuttgartGaisburg,
Kohlekessel 22
HKW StuttgartMünster,
Kohlekessel
12, 15, 25
RMHKW Stuttgart-Münster,
Müllkessel
21, 22, 26
3
Hg-Grenzwerte in mg/m
TMW
HMW
MPZ
0,03
0,03
0,04
0,03
)
0,03 *
0,05
Überwachung
Einzelmessungen
alle 3 Jahre
(ab 2016 kontinuierliche Messungen)
Kontinuierliche
Messungen
Einzelmessungen
alle 3 Jahre
(ab 2016 kontinuierliche Messungen)
Kontinuierliche
Messungen
Grenzwerteinhaltung
in den letzten Jahren
Grenzwert wurde bei den vergangenen Einzelmessungen stets
sicher eingehalten.
Grenzwerte wurden stets sicher
eingehalten. Die JMW der HgKonzentration lagen in 2013 und
3
2014 unter 1 µg/m .
Grenzwert wurde bei den vergangenen Einzelmessungen stets
sicher eingehalten.
In 2012 und 2013 wurden die
Grenzwerte stets sicher eingehalten. In 2014 lagen am 09.07.2014
4 HMW über dem Grenzwert,
ansonsten keine Grenzwertüberschreitungen. In 2015 traten bis
zum 22.09.2015 keine Grenzwertüberschreitungen auf. Der JMW
der Hg-Konzentration lag in 2012
3
3
bei 2 µg/m , in 2013 bei 1 µg/m
3
und in 2014 bei 4 µg/m .
Legende:
TMW: Tagesmittelwert, kontinuierliche Messung
HMW: Halbstundenmittelwert, kontinuierliche Messung
MPZ: Mittelwert über die Probenahmezeit, Einzelmessung
3
*): ab 2019 ist zusätzlich ein Jahresmittelwert (JMW) von 0,01 mg/m einzuhalten
HKW: Heizkraftwerk
RMHKW: Restmüll-Heizkraftwerk (Müllverbrennungsanlage)
Wie hoch waren die Quecksilberwerte beim Heizkraftwerk Stuttgart-Münster vom
22. September 2015 (Störfall) bis zum 1. Oktober 2015?
Durch einen illegalen Eintrag von Quecksilber über den angelieferten Müll kam es am
22.09.2015 gegen 18.30 Uhr zu einem schlagartigen Anstieg der kontinuierlich überwachten Quecksilberemissionen (Hg-Emissionen) im RMHKW Stuttgart-Münster. Die Emissionen lagen über dem Messbereichsendwert (0,100 mg/m 3 = 100 µg/m3) des Hg-Messgeräts
-2zur kontinuierlichen Überwachung der Hg-Emissionen. Oberhalb des Messbereichsendwerts ist keine gesicherte Messung mehr möglich, das Messgerät zeigt allerdings noch die
aktuellen Messwerte an. Nach Angaben der EnBW lagen die Hg-Emissionen zwischen 100
und 200 µg/m³. Nachdem diese hohen Emissionswerte über 4 Stunden nicht zurückgingen,
wurde die Anlage am 22.09.2015 abends abgefahren.
Die Überprüfung des Messgerätes am 23.09.2015 ergab, dass dieses ordnungsgemäß
funktioniert. Die Abgasreinigungsanlage arbeitete auch störungsfrei. Als Ursache für die
stark erhöhten Hg-Messwerte verblieb somit nur ein illegaler Eintrag von Quecksilber über
den angelieferten Müll.
Nach Diskussion, welche Möglichkeiten es gibt, die Hg-Emissionen beim erneuten Anfahren möglichst gering zu halten, wurde mit der EnBW vereinbart, dass 1 Müllkessel nach
Austausch des Wäscherwassers der Abgasreinigungsanlage wieder angefahren werden
kann. Sollte nach 4 Stunden Müllbetrieb keine deutliche Tendenz zu fallenden HgEmissionen gegeben sein, sei die Anlage wieder außer Betrieb zu nehmen.
Am 24.09.2015 wurde die Anlage unter den vereinbarten Bedingungen in Betrieb genommen. Da nach 4 Stunden Müllbetrieb keine Emissionsminderung erkennbar war, wurde die
Anlage erneut abgefahren. Nach Angaben der EnBW lagen die vom Hg-Messgerät angezeigten Hg-Messwerte am 24.09.2015 im Bereich 100 bis 200 µg/m3 mit Spitzen bis
400 µg/m3.
Am 28.09.2015 fand dann eine Besprechung mit der EnBW statt, um zu klären, wie weiter
vorgegangen werden soll. Am 30.09.2015 legte die EnBW dem RP Stuttgart einen Antrag
auf Wiederinbetriebnahme des Kessels 26 und der Rauchgasreinigungslinie 1 (Wiederinbetriebnahme 1. Schritt) vor, der folgendes beinhaltete:
-
-
-
Genaue Beschreibung, wie die Anlage mit Kessel 26 und der Abgasgasreinigungslinie 1 wieder angefahren wird,
Angaben zu den Maßnahmen, die zusätzlich zum Regelbetrieb zur Minderung der
Hg-Emissionen ergriffen werden sollen, u. a. Wiederanfahren des Kessels 26 und
der Abgasreinigungslinie 1 mit frischem Hausmüll, d.h. erst nach dem 22.09.2015
angelieferten Hausmüll, zusätzlicher Einsatz eines Schwermetall-Fällungsmittels im
Kreislaufwasser des Abgaswäschers und Einsatz von schwefelsäureimprägnierter
Aktivkohle als Maßnahmen zur zusätzlichen Minderung der Hg-Emissionen,
Beschreibung eines begleitenden Messprogramms zur Überwachung der HgGehalte
- im Abgas an verschiedenen Stellen im Abgasweg
- im Waschwasser des Abgaswäschers
- in den Reststoffen
Immissionsbetrachtung
Da auf Grund der 2001 erstellten Immissionsprognose des Ingenieurbüros Dr. Dröscher, in
der auch der Ausfall einer Abgasreinigungslinie mit erhöhten Quecksilberemissionen betrachtet wurde, eine Gesundheitsgefahr für die Nachbarschaft auch bei zeitweise erhöhten
Hg-Emissionen ausgeschlossen werden konnte, stimmte das RP Stuttgart dem Antrag zu.
Am Freitag, 02.10.2015, wurde der Kessel 26 und die Abgasreinigungslinie 1 wieder in Betrieb genommen. Die von der EnBW stündlich zugesandten Unterlagen wurden vom RP
Stuttgart gesichtet und bewertet. Zunächst wurde die Abgasreinigungslinie 1 auf Betriebstemperatur erwärmt. Ab ca. 12.30 Uhr wurde der Kessel 26 mit Erdgas aufgeheizt. Nach
-3einem anfänglichen Anstieg der Quecksilberemissionen auf kurzzeitig knapp über
200 µg/m³ gegen 14.30 Uhr stabilisierten sich die Hg-Werte nach Beginn der Müllaufgabe
(14.58 Uhr) bis 16.30 Uhr bei ca. 100 µg/m³ Danach fielen die Werte stetig und lagen bereits am Freitag, 02.10.2015, 17.30 Uhr unter 50 µg/m³.
Der zulässige Halbstundenmittelwert von 50 µg/m³ konnte am 02.10.2015 bereits ab
18:00 Uhr wieder eingehalten werden. Der zulässige Tagesmittelwert von 30 µg/m³ wurde
ab Samstag, 03.10.2015 sicher eingehalten. Die von der EnBW vorgelegten Messungen
belegten, dass sich die Hg-Werte im Laufe des Sonntag, 04.10.2015 und Montag,
06.10.2015 weiter stabilisiert haben und am Montag Abend 22.00 Uhr unter 5 µg/m³ auf
dem Niveau wie vor der Betriebsstörung am 22.09.2015 lagen.
Die EnBW reichte am 06.10.2015 einen Antrag zur Wiederinbetriebnahme des Kessels 21
und der Abgasreinigungslinie 3 ein (Wiederinbetriebnahme 2. Schritt). Die im Antrag aufgeführten Maßnahmen für die Wiederinbetriebnahme waren die gleichen wie für die Wiederinbetriebnahme des Kessels 26 und der Abgasreinigungslinie 1. Das RP Stuttgart hat dem
Antrag am gleichen Tag unter den o. a. Voraussetzungen zugestimmt.
Der Kessel 21 und die Abgasreinigungslinie 3 wurden gegen 6.30 Uhr am Mittwoch,
07.10.2015 wieder in Betrieb genommen (Brennerstart Kat-Anlage Abgasreinigungslinie 3).
Um 12.04 Uhr wurden die Gasbrenner des Kessels 21 gestartet, nach Erreichen der erforderlichen Verbrennungstemperatur von 850°C wurde um 14.30 Uhr mit der Müllaufgabe
begonnen. Bereits kurze Zeit nach dem Start der Gasbrenner des Kessels 21 stiegen die
Hg-Emissionen stark bis auf knapp 70 µg/m3 an (blaue Linie in nachfolgendem Diagramm).
Bis zum Beginn der Müllaufgabe um 14.30 Uhr waren die Hg-Emissionen bereits wieder
auf etwa 17 µg/m3 abgefallen. Nach dem Start der Müllaufgabe stiegen die Hg-Emissionen
nochmals kurzzeitig auf etwa 20 µg/m3 an, danach erfolgte eine kontinuierliche Abnahme.
Bereits um 18.00 Uhr lagen die Hg-Emissionen wieder unter 10 µg/m3.
-4Inzwischen (Stand 04.11.2015) sind alle 3 Müllkessel und Abgasreinigungslinien wieder in
Betrieb. Auch der Altmüll, also der vor dem 22.09.2015 angelieferte Müll, ist inzwischen
vollständig verbrannt. Die Emissionsgrenzwerte konnten seit dem 08.10.2015 jederzeit
wieder sicher eingehalten werden.
Wie hoch ist der Anteil der Kohleverbrennung beim Heizkraftwerk Münster?
Die Fernwärme- und Stromerzeugung im Heizkraftwerk Stuttgart-Münster wird primär
durch die Müllverbrennungskessel sichergestellt. Im Winter sind zusätzlich ein oder mehrere Kohlekessel im Einsatz.
Gibt es einen Grund dafür, dass die Werte auf der thru.de-Seite seit 2013 mehr nicht
aktualisiert worden sind?
Die Seite thru.de wird vom Umweltbundesamt (UBA) veröffentlicht. Dort findet man aktuell
folgende Ausführungen zu den PRTR-Daten aus 2013:
„Seit dem 31.03.2015 stehen sie nun auf thru.de bereit: die neuen Daten für das Berichtsjahr 2013
und die korrigierten Daten aus den Berichtsjahren 2007 bis 2012 aus dem Schadstofffreisetzungsund Verbringungsregister „Pollutant Release and Transfer Register“ (kurz: PRTR).Mehr als 5.000
Betriebe in Deutschland haben für 2013 pflichtgemäß ihre Daten zu Schadstoffen und Abfällen gemeldet, da sie die für die Berichtspflicht festgelegten Mindestmengen überschritten haben.“
Das heißt, dass die Daten für 2014 voraussichtlich erst Anfang 2016 in thru.de eingepflegt
werden. Die längere Zeitdauer bis zur Veröffentlichung erklärt sich aus dem Umstand, dass
die Betreiber die PRTR-Erklärung bis zum 31.05. des Folgejahres abgeben müssen. Danach müssen die Daten von den Genehmigungsbehörden überprüft werden. Gegebenenfalls müssen inplausible Daten von den Betreibern korrigiert werden. Die von den Genehmigungsbehörden freigegebenen Daten werden in Baden-Württemberg von der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) dann ans UBA
weitergeleitet.
gez. M. Braunmiller
Referat 54.1, 05.11.2015