SPD und Streikrecht - Mein Herz schlägt links

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SPD und Streikrecht - Mein Herz schlägt links
SPD und Streikrecht
Geschrieben von: Rudolf Homann
Dienstag, 23. November 2010 um 17:13 Uhr
In der Sozialdemokratie wie in der Gewerkschaftsbewegung spielte die Massenstreikdebatte zu
Beginn des vorigen Jahrhunderts eine wichtige Rolle.
Massenstreik bedeutete den Einsatz des Streiks zu politischen Zwecken.
August Bebel formulierte auf dem Mannheimer Parteitag von 1906:
„Wir wollen vor allem Frieden und Eintracht zwischen Partei und Gewerkschaften herbeiführen."
Damit hatte sich letztlich die Generalkommission der Gewerkschaften durchgesetzt, die aus
Sorge vor politischen Repressionen um die Existenz der Gewerkschaften fürchtete und deshalb
politische Streiks ablehnte.
Und heute?
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SPD und Streikrecht
Geschrieben von: Rudolf Homann
Dienstag, 23. November 2010 um 17:13 Uhr
Mit der jüngsten Forderung nach der Legalisierung des Generalstreiks hat Verdi-Chef Frank
Bsirske eine wichtige Debatte wieder angestoßen.
Wer ins Grundgesetz schaut, wird die merkwürdige Entdeckung machen, dass es ein
verfassungsmäßig garantiertes Streikrecht wie in den europäischen Nachbarstaaten bei uns
nicht gibt.
Vielmehr wird es aus Verfassungsvorschriften (Tarifautonomie) oder aus allgemeinen
Grundsätzen - freiheitlich-soziale Grundordnung, Koalitionsfreiheit - abgeleitet.
Zwar zeigen die Diskussionsprotokolle der "Grundgesetzväter", dass man damals das
Streikrecht, nicht aber das Recht auf Aussperrung wollte.
Die Verwirklichung dieser Absicht scheiterte jedoch an dem Konflikt, wie der politische Streik
und das Streikrecht im öffentlichen Dienst gehandhabt werden sollte.
Allein in die Hessische Verfassung wurde das Aussperrungsverbot aufgenommen, spielt jedoch
in der Rechtssprechung so gut wie keine Rolle.
So verblieb es dem Richterrecht, Regelungen zu fixieren.
Und die bilden ein enges Rechtskorsett.
Durch das Verbot des politischen Streiks wurden die Streikziele auf tarifierungsfähige
Gegenstände beschränkt, sowie durch die Forderung nach "Sozialadäquanz" und
"Verhältnismäßigkeit" weiter festgelegt.
Als übergreifendes Ziel von Arbeitskämpfen gilt die "Wiederherstellung des Arbeitsfriedens",
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Dienstag, 23. November 2010 um 17:13 Uhr
und überhaupt dürfen Arbeitskämpfe nur als "letztes Mittel" eingesetzt werden werden - sonst
kann die Gewerkschaft schadensersatzpflichtig gemacht werden.
Zugleich wurden mit der Bindung der Streikfähigkeit an dei Gewerkschaften und mit der
Bindung an tarifierungsfähige Gegenstände eine Vielzahl von Konflikten - Abbau von
übertariflichen Leistungen und alle konkreten Konflikte in einzelnen Betreiben - dem
Arbeitskampf entzogen.
Im Laufe der Zeit wurde die "Kampfparität" zwischen Gewerkschaften und Unternehmen u.a.
durch die Rechtssprechung des BAG zur Aussperrung und gesetzliche Maßnahmen wie die
Änderung des §116 Arbeitsförderungsgesetz immer weiter zugunsten der Unternehmen
verschoben.
Die Folge war u.a. ein immer weiterer Rückgang der Lohnquote, der nur durch
Lohnsteigerungen oberhalb der Produktivitätssteigerungen zu bekämpfen ist.
Wir sollten also im Sinne von August Bebels Forderung nach "Frieden und Eintracht mit den
Gewerkschaften" sehr intensiv debattieren.
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