Referenzwerte für das fetale Nasenbein im ersten

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Referenzwerte für das fetale Nasenbein im ersten
I. Staboulidou 1
A. Steinborn 2
P. Schmidt1
H. H. Günter1
P. Hillemanns1
A. Scharf1
Referenzwerte für das fetale Nasenbein im ersten
Trimenon in einem Normalkollektiv
Eine prospektive Studie
Zusammenfassung
Abstract
Fragestellung: Der sonographische Nachweis des fetalen Nasenbeins (NB) gewinnt als Prädiktor einer fetalen Euploidie zunehmend an Bedeutung. Hinsichtlich der sonographischen Darstellbarkeit und des Wachstumsverhaltens finden sich unzureichende Angaben. Ziel war die Erstellung von Wachstumskurven des
NB für ein norddeutsches Schwangeren-Normalkollektiv und
ihr Vergleich mit publizierten Daten. Material und Methodik:
In einem prospektiven Studiensetting wurde in einem low-riskKollektiv von 122 Schwangeren für jede Schwangere die früheste
sonographische Darstellbarkeit und das Wachstumsverhalten
des NB zwischen der 8 + 1. Schwangerschaftswoche (SSW) und
12 + 6 SSW sowie in der 20. SSW bestimmt und statistisch ausgewertet. Ergebnisse: Das NB läût sich in der Regel ab der 9. SSW
nachweisen. Die Darstellung des fetalen Nasenbeins gelang bei
allen Feten in der 12. SSW. Die durchschnittlichen Messwerte betragen in der 9. SSW 0,29 mm, in der 10. SSW 0,96 mm, in der 11.
SSW 1,73 mm, in der 12. SSW 2,25 und in der 20. SSW 6,18 mm.
Die Standardabweichung relativ zum Mittelwert ist dabei zu Beginn des Messfensters am gröûten. Schlussfolgerung: Das beobachtete sonographische Wachstumsverhalten des fetalen NB
deckt sich mit den publizierten Daten. Erst die Kenntnis des normalen Wachstumsverhaltens lässt Rückschlüsse und klare Aussagen bezüglich dem Kriterium ¹nasal bone absent/presentª
bzw. einer Hypoplasie des Nasenbeins zu. Gegenwärtig scheinen
noch weitere Untersuchungen notwendig zu sein, um eine hinreichend definierte Datenbasis für die klinische Anwendbarkeit
Background: Examination of the fetal nasal bone by ultrasound
between 11 and 14 weeks gestation has been proposed as an additional tool in the detection of trisomy 21. However, the variability in the identification and the normal length of the fetal nasal
bone have not been investigated sufficiently as yet. The aim of
this study was to evaluate this parameter and to establish normal ranges for nasal bone length. Method: Ultrasound examinations were carried out in 122 fetuses at 9, 10, 11, 12 and 20 weeks
gestation. On the scans, the fetal profile was examined for the
possibility of identification of the nasal bone. Normal nasal
bone length reference ranges were generated using prenatal
measurements. Results: The fetal profile was successfully
examined in all cases. The nasal bone could first be visualised at
9 weeks gestation. The identification of the fetal nasal bone in all
cases was achieved at 12 weeks gestation. The median nasal
bone length was 0.29 mm at 9 weeks gestation, 0.96 mm at 10
weeks gestation, 1.73 mm at 11 weeks gestation, 2.25 at 12 weeks
gestation, and 6.18 mm at 20 weeks gestation. Conclusion: The
reference ranges for the measurement of the fetal nasal bone
length are similar to the findings in the published literature.
Only with a knowledge of reference ranges for nasal bone length
in normal fetuses can conclusions be drawn about the presence/
absence of the bone or the presence of a hypoplastic nasal bone.
Further studies are necessary to confirm these results and to obtain larger datasets to assess nasal bone as a quantitative marker.
1
Institutsangaben
Frauenklinik der Medizinischen Hochschule Hannover, Hannover
2
Universitätsfrauenklinik Heidelberg, Heidelberg
Korrespondenzadresse
Dr. med. Ismini Staboulidou ´ Frauenklinik der Medizinischen Hochschule Hannover ´ Abteilung I für
Geburtshilfe und Gynäkologie ´ Carl-Neuberg-Str. 1 ´ 30625 Hannover ´ Tel. 0511-532-6144 ´
Fax 0511-532-6145 ´ E-mail: [email protected]
Eingereicht: 3.5.2006 ´ Angenommen nach Überarbeitung: 27.9.2006
Bibliografie
Z Geburtsh Neonatol 2006; 210: 173±178 Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ´ New York
DOI 10.1055/s-2006-951741
ISSN 0948-2393
Originalarbeit
References Values for the Fetal Nasal Bone in the First Trimenon of Pregnancy in a
Normal Collective. A Prospective Study
173
des Markers und somit einen endgültigen Umgang mit diesem
Sonomarker zu erreichen.
Key words
Fetal nasal bone ´ aneuploidy ´ Down syndrome ´ sonography
Schlüsselwörter
Fetales Nasenbein ´ Aneuploidie ´ Down-Syndrom ´ Sonographie
Einleitung
Originalarbeit
In den letzten 10 Jahren wurde eine Reihe von sonographischen
und biochemischen Markern beschrieben, die bezüglich der Unterscheidung von normalen und aneuploiden Schwangerschaften diskriminatorische Eigenschaften haben. Das Screening in
den 80er Jahren basierte vorwiegend allein auf dem mütterlichen Alter, später kamen noch biochemische Parameter wie das
freie beta-HCG und PAPP-A dazu. Heute ist die Messung der fetalen Nackentransparenz ein wichtiger Marker, der alleine in der
Lage ist, über 70 % der Schwangerschaften mit Trisomie 21 zu erkennen, in Kombination mit den biochemischen Parametern nahezu 90 % [1].
Der Stellenwert des neuesten sonographischen Markers, als Kriterium fehlendes fetales Nasenbein, wird aktuell diskutiert.
174
Unlängst wurde eine Studie durchgeführt, in denen das fetale
Nasenbein (NB) bei 701 untersuchten Feten in 75 % der Feten
mit Down Syndrom (DS) nicht nachgewiesen werden konnte,
wohingegen dieses nur bei 0,5 % der Feten mit normalen Chromosomensatz der Fall war. Die Nachweisbarkeit des Nasenbeins
schien dabei unabhängig von anderen fetalen oder maternalen
Variablen zu sein. Die Autoren schlussfolgerten daraus, dass das
NB als neuer Marker dienen könnte [2]. Weitere Studien ergaben,
dass die Untersuchung des fetalen Nasenbeins als zusätzlicher
Marker das Screening auf Trisomie 21 verbessern könnte [3, 4].
Betrachtet man die Datenlage hinsichtlich der Darstellbarkeit
und des Wachstumsverhaltens des fetalen Nasenbeins, so existieren bislang nur wenige systematische Untersuchungen, die
keine ausreichenden Angaben dazu liefern:
So zeigte eine Untersuchung durchschnittliche Werte des fetalen
Nasenbeins in der 12. Schwangerschaftswoche (SSW) von
2,3 mm, in der 20. SSW 6,7 mm und in der 35. SSW 10,9 mm [5].
Vergleichswerte einer anderen Studie ergaben einen durchschnittlichen Wert von 6,8 mm in der 20. SSW [6]. Eine weitere
Untersuchung zeigte ein Wachstum des Nasenbeins von 4 mm
auf 12 mm während der 14. bis 35. SSW. Dabei lieû sich eine lineare Korrelation mit dem Biparietalen Durchmesser und der Femurlänge errechnen [7].
Eine andere Studie bestätigte den linearen Anstieg der Nasenbeinlänge bei euploiden Feten mit dem Schwangerschaftsalter,
während sie bei DS-Feten im Verlauf der 15.-20. SSW auffallend
stagniert (3,5 mm). 62 % der DS-Feten hatten in dieser Schwangerschaftsperiode sonographisch entweder kein nachweisbares
Nasenbein oder aber ein hypoplastisches Nasenbein (< 2,5 mm).
Die Inzidenz der Nasenbeinhypoplasie lag bei Feten mit Trisomie
18 bei 7 %, euploide Feten zeigten in 1,2 % eine Nasenbeinhypoplasie [8]. Eine weitere Arbeitsgruppe [6] konnte den Zusam-
menhang zwischen Nasenbeinhypoplasie und DS demonstrieren.
Hinsichtlich der sonographischen Darstellbarkeit und des
Wachstumsverhaltens finden sich unzureichende Angaben. Der
sonographische Nachweis des fetalen Nasenbeines gewinnt als
Prädiktor einer fetalen Euploidie zunehmend an Bedeutung. Angesichts dessen besteht ein definierter Bedarf die Messung des
fetalen Nasenbeins als Methode im Hinblick auf einer potenziellen Bedeutung eines Markers weiter prospektiv zu evaluieren.
Des weiteren bedarf die sonographische Untersuchung bzw. der
sonographische Nachweis und die Messung des fetalen Nasenbeins einer Standardisierung.
Ziele der vorliegenden Studie war es, zu evaluieren, ab welchem
Zeitpunkt der Schwangerschaft das fetale Nasenbein hinreichend genau sonographisch darstellbar und damit beurteilbar
ist. Des weiteren wurde aus den ermittelten Daten eine Wachstumskurve des fetalen Nasenbeins für ein norddeutsches
Schwangeren-Normalkollektiv erstellt.
Material und Methodik
In einem prospektiven Studiensetting wurden 122 kaukasische
low-risk- Schwangere ohne Aneuploidie aufgenommen und untersucht, wobei die Daten des fetalen follow up durch Entbindung an der eigenen Klinik oder bei auswärts Entbundenen anhand Datenerfragung von den behandelnden Gynäkologen bei
Einverständnis der Schwangeren ermittelt wurde. Für jede
Schwangere wurde die früheste sonographische Darstellbarkeit
und das Wachstumsverhalten des fetalen Nasenbeines zwischen
der 8 + 1 und der 12 + 6 SSW sowie in der 20. SSW bestimmt.
Zur Darstellung des fetalen Nasenbeins wurde der Fet in der
mittlere Sagittalebene eingestellt. Das fetale Nasenbein wurde
bei sicherer Darstellung und Abgrenzung gegenüber der Haut
und dem Nasenknorpel, welche sich ebenfalls als echogene
Strukturen darstellen, ausgemessen.
Die Untersuchung erfolgte durch denselben Untersucher, der
durch die FMF (Fetal Medicine Foundation) zertifiziert war. Die
Messungen des Nasenbeins erfolgten an einem high-end-Ultraschallgerät der Firma GE (Voluson 730 Pro).
Die statistische Analyse wurde mit Hilfe des Statistikprogrammes SPSS for Windows im Institut der Biometrie der Medizinischen Hochschule Hannover durchgeführt. Die Daten wurden
mittels deskriptive Analysen, Regressions- und Korrelationsanalysen sowie unter Verwendung des t-Tests ausgewertet.
Staboulidou I et al. Referenzwerte für das ¼ Z Geburtsh Neonatol 2006; 210: 173 ± 178
Die schwangeren Frauen wurden über die Studie aufgeklärt und
deren Einverständnis vor Studienbeginn eingeholt. Die Ethikkommission der MHH genehmigte die Studie.
Ergebnisse
Es wurden insgesamt 122 low-risk- Schwangere untersucht. Das
durchschnittliche Alter in dem untersuchten Kollektiv lag bei
28,8 Jahren. Das Durchschnittsgewicht betrug 68,63 kg, die
durchschnittliche Körpergröûe 1,66 m.
Die durchschnittlichen Messwerte des Nasenbeins betragen in
der 9. SSW 0,29 mm, in der 10. SSW 0,96 mm, in der 11. SSW
1,73 mm, in der 12. SSW 2,25 mm und in der 20. SSW 6,16 mm.
(Tab. 1, Abb. 2). Die Standardabweichung relativ zum Mittelwert
ist dabei zu Beginn des Messfensters am gröûten.
Aus den durchschnittlichen Messwerten wurden Wachstumskurven ermittelt. Dabei wurde das fetale Nasenbein einmal ge-
Abb. 2 Darstellung der durchschnittlichen Messwerte des Nasenbeins.
gen die Schwangerschaftswoche (Abb. 4), angegeben in Schwangerschaftstagen (Abb. 3) und einmal gegen die Scheitel-SteiûLänge (Abb. 5).
Für die Scheitel-Steiûlänge (SSL) sowie für den Biparietalen
Durchmesser (BIP) ergaben sich folgende Daten:
Die Scheitel-Steiûlänge betrug im Durchschnitt in der 9. SSW
19,04 mm, in der 10. SSW 26,83 mm, in der 11. SSW 38, 20 mm
sowie in der 12. SSW 61,78 mm.
Der Biparietale Durchmesser lag in der 9. SSW bei 8,16 mm, in
der 10. SSW bei 11,81 mm, in der 11. SSW bei 15,42 mm und in
der 12. SSW bei 22,60 mm.
Diskussion
Abb. 1 Nachweisrate fetales Nasenbein in den jeweiligen Schwangerschaftswochen.
Tab. 1 Darstellung der Mittelwerte sowie der Standardabweichung
des fetalen Nasenbeins
Schwangerschaftswoche
Nasenbein
Mittelwert (mm)
Standardabweichung
9
0,29
 0,45
10
0,96
 0,66
11
1,73
 0,48
12
2,25
 0,45
20
6,16
 0,48
Originalarbeit
Das Nasenbein lieû sich im untersuchten Kollektiv frühestens ab
der 9. SSW (8 + 1 bis 9 + 0) nachweisen. Die Nachweisrate des NB
im Zeitfenster 8 + 1 bis 9 + 0 SSW betrug 42/122 (33 %). In der 10.
(9 + 1 bis 10 + 0) SSW konnte in 26 Fällen (21,3 %) das NB nicht
dargestellt werden. Der Nachweis gelang bei fast allen Feten
(120/122) in der 11. SSW (10 + 1 bis 11 + 0), bei allen Feten erst
in der 12 (11 + 1 bis 12 + 6) SSW (Abb. 1).
Das beobachtete sonographische Wachstumsverhalten des fetalen Nasenbeins deckt sich weitgehend mit publizierten Daten. Es
liegt eine physiologische Streuung des Beginns der NB-Ossifikation bei euploiden Feten von 3 ± 4 Wochen vor. So lässt sich das
Nasenbein in der Regel zwar ab der 9. SSW nachweisen, allerdings zu diesem Zeitpunkt in der Mehrheit der Fälle nicht adäquat für eine messbare Darstellung nutzen. Diese Beobachtung
deckt sich mit bereits publizierten Daten, die eine Darstellung
ab der 10. SSW beschrieben [9].
Der Nachweis des fetalen Nasenbeins bei allen Feten gelang in
der vorliegenden Untersuchung erst in der 12. SSW, so dass zu
diskutieren ist, ab wann das Nasenbein als Aneuploidiemarker
sonographisch nutzbar wäre.
Die Länge des NB in dieser Studie entspricht weitgehend den gemessenen Längen in vorangegangenen Untersuchungen [5, 6].
Eine Erstellung eigener Normwertkurven innerhalb derselben
Ethnie erscheint somit nicht notwendig. Die Reliabilität der Un-
Staboulidou I et al. Referenzwerte für das ¼ Z Geburtsh Neonatol 2006; 210: 173 ± 178
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Abb. 3 Darstellung des Wachstumsverlaufs für das NB 9.±12. SSW (in Schwangerschaftstagen angegeben).
Originalarbeit
Abb. 4 Wachstumskurve NB inclusive der
20. SSW.
176
tersuchung unterliegt bei Beginn ihrer Durchführbarkeit einer
nicht unerheblichen Unschärfe, vor allem für die 9. und 10. SSW,
welche nicht zuletzt daran liegt, dass lediglich in 20 Fällen in der
9. SSW eine messbare Darstellung des NB gelang.
Es gibt eine Reihe von Faktoren, die die Rate an einer erfolgreichen Darstellung des fetalen NB limitieren. Dazu gehören: Eine
ungünstige fetale Position, die falsche Einstelltechnik, aber auch
maternale Adipositas erschweren die korrekte Messung des NB
und können zur Verwechslung desselben mit der Haut über der
Nase, die sich ebenfalls echogen darstellt, führen.
Diese Problematik wurde bereits mehrfach dargestellt [2, 4, 6]. Es
konnte in einer Studie gezeigt werden, dass wie bei der NT-Messung auch, 40 ± 120 Übungsmessungen (im Durchschnitt 80) des
NB notwendig sind, um die Messung akkurat ausführen zu können [9,10].
Wie bei anderen sonographischen Messungen, wie z. B. die NTMessung, setzt die reproduzierbare Anwendung der Messung
des NB eine Standardisierung durch adäquates Equipment sowie
ausreichende Expertise (Schulung, Training, zertifizierte Untersucher) voraus.
Bei 43 % der DS-Feten zwischen 15. und 20. SSW lieû sich in einer
Untersuchung [11] sonographisch kein Nasenbein nachweisen,
während nur bei 0,5 % der Feten mit normalem Chromosomensatz kein Nasenbein darstellbar war. Die Abwesenheit des NB erhöhte das Risiko für ein Down-Syndrom um den Faktor 83 [11],
in einer weiteren Studie bei einem Untersuchungskollektiv zwischen der 11.±14. SSW um den Faktor 31 (8). Resultate aus Folgestudien [12,13] zeigten, dass bei 70 % der Feten mit DS das NB
fehlte und in 0,2 % der gesunden Feten [12]. Eine weitere Analyse
[13] entdeckte in 80 % der DS-Feten ein fehlendes NB. Somit
konnte in diesen Folgestudien die Wirksamkeit der NB-Messung
bestätigt werden.
Staboulidou I et al. Referenzwerte für das ¼ Z Geburtsh Neonatol 2006; 210: 173 ± 178
Abb. 5 Darstellung des Wachstumsverlaufs für das NB 9.±12. SSW gegenüber der
Scheitel-Steiû-Länge (SSL).
Originalarbeit
Bislang existiert eine Studie [14], welche die bereits durchgeführten Untersuchungen nicht bestätigen konnte. Hierbei konnte
an groûen prospektiv erhobenen Untersuchungszahlen bei einer
relativ gemischten Population (64,8 % Kaukasier, 25,6 % Hispanic,
4,6 % Afro-Amerikanern, 4 % Asiaten) in keinem der 11 Fälle von
Trisomie 21 sonographisch das Nasenbein als fehlend oder hypoplastisch dargestellt werden. In neun Fällen wurde hierbei das
NB als vorhanden beschrieben, in 2 Fällen als ¹unable to determineª. Die Sensitivität des NB zur Entdeckung fetaler Aneuploidie
lag hier bei lediglich 7,7 %, der positive Vorhersagewert bei 4,5 %.
In einer weiteren Untersuchung [5] wurde die Nasenbeinlänge
zu unterschiedlichen Zeitpunkten des Schwangerschaftsalters
in verschiedenen Populationen, nämlich zwischen Afro-Amerikanern und Kaukasiern verglichen. Die fetale Nasenbeinlänge
schien mit dem Schwangerschaftsalter zu korrelieren, wobei es
in dieser Untersuchung keinen signifikanten Unterschied zwischen den untersuchten Kollektiven zu geben scheint. Dies steht
in Widerspruch mit neueren Ergebnissen [15], die einen statistisch signifikanten Unterschied zwischen der Nasenbeinlänge
verschiedener ethnischen Gruppen (non-Hispanic White, nonHispanic Black, Hispanic, Asian) zeigten.
Die durchschnittlichen Gröûe des fetalen Nasenbeines [5] lagen
in der 11. SSW bei 2,3 mm, in der 12. SSW bei 2,8 mm, 13. SSW
3,1 mm, 14. SSW 3,8 mm und in der 20. SSW bei 6,7 mm. Die Autoren schlussfolgern, dass die An- bzw. Abwesenheit des fetalen
Nasenbeins für ein Screening während der 11. ± 14. SSW auf
Down-Syndrom und anderen Aneuploidien sinnvoll sein könnte.
Die Darstellung des fetalen Nasenbeins könnte somit möglicherweise als diagnostischer Marker Verwendung finden [5].
Die Abwesenheit des fetalen Nasenbeins in der 11.±14. SSW
scheint das Risiko für ein DS zu erhöhen [16]. Allerdings sollte
der Einsatz und letztendlich die Bedeutung des fetalen Nasen-
beins als Marker im Ersttrimesterscreening in weiteren Untersuchungen noch weiter evaluiert und in multizentrischen Studien
überprüft werden. Dabei scheint das optimale Zeitfenster, tatsächlich passend zum Prinzip der einzeitigen Messung, zwischen
der 11.±14. SSW und bei einer SSL von 65 ± 74 mm zu liegen [16].
Untersuchungen zeigten, dass die Integration des Nasenbeins in
gängige Suchstrategien am Ende des ersten Trimenon als Screening nach Vorhandensein oder Fehlen des NB die Sensitivität ansteigen lieûe [2,16]. Die Nackentransparenz und das NB scheinen
voneinander unabhängige Faktoren zu sein und damit in ein sequentielles Screening integrierbar zu sein. In Kombination mit
der Nackentransparenz und der SSL könnte die Darstellbarkeit
bzw. die Länge des fetalen Nasenbeins die Sensitivität des Tests
auf bis zu 97 % erhöhen [16,17]. Neuere Studien bestätigen diese
Ergebnisse (18, 19, 20). Daraus würde so gesehen ein deutlicher
Nutzen für die Schwangere entstehen, da dadurch die Rate an invasiver Diagnostik und damit auch die Abortrate sinken könnte.
In einer weiteren Untersuchung [21] von 632 Feten konnten die
bislang evaluierten Ergebnisse bestätigt werden. Dabei wurde
bei 12 von 29 aneuploiden Feten das Nasenbein als nicht vorhanden bzw. hypoplastisch beschrieben, darunter in 8 von 18 Fällen
(44 %) mit Trisomie 21. Eine Hypoplasie wurde dabei definiert als
Wachstum unter der 2,5. Perzentile [21].
Die Definition des hypoplastisches Nasenbeins ist derzeit problematisch, da keine ausreichende Datenlage zur physiologischen
Nasenbeinlänge existiert. Cicero et al. definieren ein hypoplastischen Nasenbein bei einer Länge < 2,5 mm während einer Zeitspanne von der 15 ± 22. SSW [16]. Basierend auf diesen Studienergebnisse, die nicht nur ein Fehlen des fetalen Nasenbeins bei
Trisomie 21 zeigten, sondern auch das Vorliegen von Hypoplasien, sind weitere Untersuchungen notwendig, die das normale
Wachstumsverhalten des fetalen Nasenbeins erfassen.
Staboulidou I et al. Referenzwerte für das ¼ Z Geburtsh Neonatol 2006; 210: 173 ± 178
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Die Integration dieses Sonomarkers als qualitatives Merkmal
(vorhanden ± nicht vorhanden) erscheint allerdings gemäû dem
Prinzip der Bildung von Wahrscheinlichkeitsquotienten problematisch, da der fehlende Nachweis des Nasenbeins, z. B. durch
eine falsche Messeinstellung, zu einem falsch pathologischen
Wert (NB absent) führt, was eine starke Risikoerhöhung bedeutet, mit der Gefahr einer unerwünschten Steigerung der falsch
Testpositivrate und damit in Konsequenz zu einer erhöhten
Punktionsrate führt.
Originalarbeit
Des weiteren hat der FMF-Algorithmus bisher quantitative
Parameter auf der Basis von Häufigkeitsverteilungskurven betrachtet. Solche Kurven liegen bisher nicht vor. Im Rahmen der
vorliegenden Arbeit wurden solche Kurven erstellt. Diese sollte
für das gesicherte Zeitfenster 11 + 0 bis 13 + 6 SSW durch nachfolgende Untersuchungen weitergeführt sowie ergänzt werden
und in Analogie zur klassischen FMF- Vorgehensweise dann pathologischen Fällen gegenübergestellt werden.
Eine methodenimmanente Schwäche der Messung des NB könnte darin bestehen, dass dieser Ultraschallmarker in seiner Merkmalsausprägung nicht unerheblich von ethnischen Faktoren abhängt. So fand sich in einer Untersuchung an chromosomal gesunden Feten bei Weiûen (Kaukasier) in 2, 8 % ein fehlendes NB,
bei Afrikanern in 10,8 % und bei Asiaten in 6,8 % [22].
Erst die Kenntnis des normalen Wachstumsverhaltens lässt
Rückschlüsse und klare Aussagen bezüglich auf eine Hypoplasie
des Nasenbeins zu. Gegenwärtig scheinen noch weitere Untersuchungen vonnöten, um eine hinreichend robuste Datenlage für
einen endgültig sicheren Umgang mit diesem Sonomarker zu erreichen.
178
So sind weitere Studien notwendig, um die evaluierten Daten
dieser Studie und die erstellte Wachstumskurve vergleichen zu
können.
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